Kirschblüten im Sommerregen von Last_Tear ================================================================================ Kapitel 5: Blütengewitter ------------------------- Koichi hätte sich nie träumen lassen, seinen Bruder jemals wieder verlegen zu erleben - nicht nachdem er mit sechzehn ohne anzuklopfen in dessen Zimmer gestürmt war und prompt vergessen hatte, was es gewesen war dass er gewollte hatte, als er Sena vor dem Spiegel gefunden gehabt hatte, nur mit Tanga, Strapsen und Spitzenstrümpfen bekleidet. An dem Tag hatte er drei Dinge gelernt. Sena war schwul. Sena kannte Flüche, von denen ihm immer noch die Ohren klingelten wenn er darüber nachdachte. Und Senas Zimmer zu betreten ohne anzuklopfen konnte schwere Konsequenzen mit sich ziehen. Dieses Mal jedoch war nicht er Schuld daran, dass Sena so verlegen war. Das war Boogies Schuld, welcher Sena halb angesprungen hatte, kaum dass sie durch die Tür gekommen waren. Danach hatten die Zwei für fünf Minuten aneinander geklebt in der engsten Umarmung die er je hatte mit erleben müssen und dass Boogie dann auch noch einen Strauß mit zwölf, roten Rosen hervorgezaubert hatte, hatte dazu geführt dass Sena zuerst angefangen hatte zu weinen und jetzt eingekuschelt auf Boogies Schoß saß. Koichi tippte mit den Fingernägeln immer mal wieder auf die Platte des Küchentisches welcher zwischen ihnen stand, während er versuchte sich auf den Vertrag zu konzentrieren, welchen Sena vorgelegt bekommen gehabt hatte. Irgendetwas daran störte ihn, aber er konnte nicht sagen, was es war. Es mochte an der unklaren Formulierung liegen oder daran, dass er kein Anwalt war und sich mit Verträgen an sich nicht auskannte, aber es lief ihm eiskalt über den Rücken. „Sena…“ Dieser sah langsam auf und Koichi schüttelte stumm den Kopf. „Bitte lass es.“ Ein tiefes Seufzen entkam Senas Lippen aber er kam nicht dazu zu protestieren, weil Boogie ihm sanft in den Hals biss und Koichi wandte den Blick ab - er hatte vergessen dass die Zwei kein Problem damit hatten, auch vor Zuschauern einander näher zu kommen. Genau was er brauchen konnte. Nicht. „Was ist überhaupt so wichtig an dem Shooting, hm? Du warst davor auch nicht wild drauf dich komplett auszuziehen.“ Sena verdrehte die Augen, bevor er sich grummelnd durch die Haare fuhr und dann aufstand um sich eine Dose Grüntee aus dem Kühlschrank zu holen, diese zu öffnen und einen großen Schluck zu nehmen. „Das wäre die letzte Rate gewesen.“ So leise wie die Stimme seines Bruders geworden war, war sich Koichi im ersten Moment direkt sicher, sich verhört zu haben. „Die letzte Rate wofür?“ Sena murrte etwas und Boogie hob beide Augenbrauen. „Ich…Ach…fuck.“ Sena schloss die Augen und Koichi war sich beinahe sicher dass sie gleich irgendeine sehr dumme Entschuldigung hören würden. Wäre bei Sena schließlich auch nichts Neues. „Ich hab in zwei Wochen einen Termin mit unserem Makler. Mein nächstes Shooting durch die Agentur wäre erst nächsten Monat, dann wäre es zu spät. Außerdem wäre ich dafür wieder mindestens eine Woche im Ausland…“ Koichi runzelte die Stirn, wie gut dass er nicht verstehen musste, worüber Sena gerade redete. Boogie hingegen schien genau zu wissen, was sein Liebster meinte, denn er war mittlerweile aufgestanden und hatte Sena in seine Arme gezogen. „Du wolltest wirklich die letzte Rate für unser Haus allein zahlen, hm? Mein kleiner Sturkopf.“ Oh. Sena zuckte hilflos mit den Schultern und wandte den Blick ab um noch einen großen Schluck Tee zu trinken, bevor er sich richtig an seinen Freund kuschelte. „Es wäre die perfekte Überraschung zum Jahrestag gewesen.“ Es hatte selten Momente in Koichis Leben gegeben, in denen er sich gewünscht hatte, einfach verschwinden zu können, aber dieser gehörte definitiv dazu. Es mochte romantisch sein, ja. Aber gleichzeitig erinnerte es ihn an das, was er haben wollte aber wohl nie bekommen würde. Eine stabile, liebevolle Beziehung mit einem Partner der ihn unterstützte und liebte, ganz egal was für blöde Entscheidungen er im Leben so traf. Nur wo sollte er so jemanden finden? So in Gedanken versunken, zuckte Koichi erstmal heftig zusammen, als ihm in die Wange gepiepst wurde und er drehte unwillig den Kopf zur Seite. „Und was ist mit dir, hm? Sena hat dich nicht nur mitgenommen, dass du dir seinen Vertrag durchlesen kannst, Koichi. Irgendetwas ist doch passiert.“ Er hasste es. Eigentlich sollte er sich freuen, dass Boogie sich auch um ihn sorgte, dass sie sich soweit verstanden, dass Koichi sie als Freunde sah. Aber jetzt hätte er sich gewünscht, dass sein Gegenüber ihn nicht so einfach lesen könnte, wie ein offenes Buch. Reichte es denn nicht, dass Sena das hervorragend konnte? Ein schweres Seufzen verließ Koichis Lippen, bevor er das Gesicht in den Händen vergrub und mit den Schultern zuckte. Er hatte doch nicht erwartet, dass es so einfach sein würde, Sena ein Shooting auszureden! Sein Bruder konnte stur sein wie eine ganze Herde an Eseln. Aber natürlich hatte dieser jetzt nachgeben müssen. Und er konnte sich nichtmal rausreden oder einfach so verschwinden. Sena würde ihn vorher noch packen und schütteln…“Ich hasse Menschen.“ Boogie verdrehte die Augen und er wusste ja selbst, dass das nicht das Beste war, was er hatte sagen können. Aber wo sollte er bei diesem ganzen Chaos denn anfangen? „Das sagt Sena auch immer und dann fliegt er zum nächsten Shooting und alles ist wieder gut. Gibts Ärger auf Arbeit?“ Koichi schüttelte mit einem schwachen Lächeln den Kopf, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Warum mochte er die Zwei nochmal so gern? „Arbeit ist Klasse…Aber ich hab ein Sängerproblem.“ Der irritierte Blick, welchen er dafür erntete, ließ ihn leise auflachen und schlussendlich hatte er begonnen zu erzählen. Wie er Ryoga kennen gelernt gehabt hatte, vom Konzert und dem seltsamen Verhalten, welches Ryoga schon in Tokyo in den Tag gelegt gehabt hatte, von ihrem Kuss und wie es in Osaka zur Katastrophe gekommen war. Als er geendet hatte, ließ er den Kopf auf die Tischplatte sinken und schloss die Augen. „Total bescheuert, nicht? Da hab ich mal Glück und find nen Kerl der mich nicht gleich als Mädchen abstempelt und dann ist der so ein großer Idiot, dass es besser wäre, wenn ich nie auf dieses Konzert gegangen wäre…“ War doch alles für den Arsch. „Oh, Koichi. Die dummen Entscheidungen liegen bei euch wohl in der Familie.“ Damit hatte Boogie ihm auch schon einen Arm um die Schultern gelegt und ihn kurz an sich gedrückt, allerdings zuckte dieser zurück als ein zweistimmiges „HEY!“ Ertönte und Koichi tauschte einen Blick mit seinem Bruder, bevor sie beide lachen mussten und Koichi sich langsam die restlichen Tränen weggewischt hatte. „Und ab jetzt nur noch konstruktive Vorschläge, bitte! Ich mag den Idioten immerhin. Irgendwie. Ich muss mich nur noch entscheiden, ob es das wert ist, ihn zu behalten oder ob ich ihn einfach zusammen schlagen und dann vergessen soll!“ Koichi hätte schwören können, dass Senas Augen zu leuchten begannen bei der Vorstellung den Mann zu verprügeln, welcher seinem Bruder weh getan hatte, aber geholfen wäre ihnen allen damit nicht. Eigentlich schade, aber er wollte einem aufgebrachten Management auch nicht erklären müssen, wieso Ryoga seine Tour abbrechen musste. Wobei es sicherlich praktisch wäre, wenn er Konzertverbot für Born bekommen würde, dann würde er sich das Tourfinal nicht antun. Gut, Machiko wäre sicherlich wahnsinnig enttäuscht, aber wieso interessierte es ihn, was sie von ihm dachte? Sie war nur eine Konzertbekanntschaft. Und doch eine der wenigen Personen in seinem Leben mi denen er sich gern unterhielt, außerdem fand sie seine Schminkkünste toll und es war harte Arbeit gewesen so gut zu werden. Eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf versuchte ihm außerdem einzureden, dass er nur auf Ryoga und Tsuzuku sauer war. Er konnte Machiko nicht einfach so die Freundschaft kündigen, nachdem sie so nett zu ihm gewesen war. Sie hatte ihn immerhin ihrem Freundeskreis vorgestellt, anderen Fans, dass er sich nicht so allein und verloren fühlen musste. Es wäre grausam ihr so weh zu tun. „Koichi? Wäre es für dich ok, wenn wir aufs nächste Konzert gehen und uns den Kerl mal näher ansehen?“ Kurz zögerte er, dann hatte Koichi genickt und sich müde durch die Haare gefahren. „Solang ich nicht mit muss, könnt ihr tun und lassen was ihr wollt.“ Dass Boogie und Sena daraufhin grinsend Blicke austauschten, ließ ihn schwer seufzen, aber was wollten die Zwei schon anrichten? Er hatte eh nichts mehr zu verlieren. Der restliche Tag verlief überraschend bedeutungslos, aber es mochte auch daran gelegen haben, dass Sena immer noch angespannt und gestresst war nach dem Rückflug aus Paris und dementsprechend nicht in Stimmung auch nur irgendetwas zu tun, das nicht überlebenswichtig war und so hatte sich Koichi erstaunlich schnell mit seinem Bruder und Boogie auf dem Sofa im Wohnzimmer wieder gefunden, wo sie sich in eins von Senas neuen Spielen vertieft hatten. Das war noch etwas, dass sie gemeinsam hatten, aber Koichi hatte seit Monaten keine Zeit mehr gehabt um seine Konsole anzuschalten. Umso mehr genoß er die Ablenkung jetzt, welche verhinderte, dass er an irgendetwas denken musste, was mit Ryoga oder Tsuzuku oder Kifumi zu tun hatte. Vielleicht konnte er sich ja morgen wieder auf der Arbeit blicken lassen, ohne dass sein Chef ihn direkt wieder zurück nach hause schicken würde. Als Koichi irgendwann den Controller sinken ließ, war es bereits dunkel draußen und sein knurrender Magen erinnerte ihn deutlich daran, dass er seit Stunden nichts mehr gegessen hatte. Wie wahnsinnig peinlich. Sena warf ihm einen amüsierten Blick zu, während er den Controller ebenfalls sinken ließ und sich dann ordentlich streckte. „Boogie, was gibts eigentlich zum Abendessen?“ Angesprochener gab ein Murren von sich, hatte dann aber ein Einsehen gehabt, das Spiel gespeichert und die Augen verdreht. „Nachdem ich heute fest eingeplant hatte mit dir essen zu gehen, müssen wir entweder einkaufen oder bestellen.“ Boogie zuckte mit den Schultern, hob dann jedoch abwehrend die Hände als er von zwei Seiten ein einstimmiges „Bestellen!“ Zu hören bekam. Koichi hätte schwören können, dass er noch so etwas wie „Verwöhnte Biester!“ ausmachen konnte, während Boogie in die Küche verschwand und er drehte sich schief grinsend zu seinem Bruder.“Er hat dich wirklich vermisst, hm?“ Sena gähnte leise, dann hatte er zustimmend genickt und die Augen für einige Momente geschlossen. „Wahnsinnig. Aber keine Angst, den Rest klären wir später, wenn wir dich nach hause gebracht haben. Du kommst die Nacht allein klar?“ Für diese dämliche Frage hätte Koichi seinem Bruder beinahe ein Sofakissen an den Kopf geworfen. Andererseits wusste er, dass Sena sich Sorgen machte, weswegen das Kissen liegen geblieben und er aufgestanden war um Sena zu umarmen. „Natürlich. Notfalls schreib ich dir, ok?“ Dass er nicht vor hatte, sich bei Sena zu melden, egal wie schlimm die Nacht werden würde, musste er ihm ja nicht auf die Nase binden. Immerhin wusste Koichi genau, wie der restliche Abend verlaufen würde. Sena würde nach dem Abendessen noch am Tisch einschlafen, dann würde Boogie ihn ins Schlafzimmer tragen, umziehen und während sein Bruder fröhlich vor sich hin schnarchte, würde Boogie ihn nach hause fahren. Und er wollte Sena wirklich nicht um seinen wohl verdienten Schlaf bringen. Koichi hatte zwar keine Ahnung wie heftig so ein Jetlag aus Frankreich werden konnte, aber er hatte auch nie gefragt. Alles was er wusste, war dass es anstrengend war als Model zu arbeiten und nicht nur innerhalb Japans Aufträge anzunehmen. Das war etwas, wofür er seinen Bruder bewunderte, denn Sena schien daran unglaublich großen Spaß zu haben. Allerdings war es Sena schon immer leichter gefallen, von sich aus auf Menschen zu zu gehen. Bevor Koichi jedoch noch weiter in Gedanken versinken konnte, war Boogie zurück gekommen und hatte ihm einen Flyer in die Hand gedrückt und er hatte sich mit Sena darin vertieft. Die Entscheidung für ihr Abendessen war schnell gefallen und nachdem Boogie bestellt hatte, hatte Sena sich entschuldigt um schnell duschen zu gehen. Beinahe hätte Koichi ja erwartet, dass dessen Freund ihm folgen würde, aber als hätte er seine Gedanken gelesen, schüttelte Boogie nur amüsiert den Kopf. „Wir wollen dich nicht fürs Leben verstören. Aber was hältst du von einem Bier in der Zwischenzeit?“ Koichi erinnerte sich verschwommen daran, wie Boogie ihm die Treppe zu seiner Wohnung nach oben geholfen gehabt, ihm die Tür aufgeschlossen und sich dann amüsiert verabschiedet hatte. Direkt danach musste er wohl durch den Flur gestolpert und in sein Bett gefallen sein. Immerhin ging er sonst nie mit Schuhen ins Bett. Während er murrend versuchte, diese los zu werden, fragte er sich, was ihn geweckt hatte. Es dauerte einige Minuten und mehrere Versuche sich von seinen Schuhen zu befreien, bevor ihm sein Handy auf dem Nachttisch auffiel, welches fröhlich vor sich hin vibrierte und beinahe schon davor war sich auf den Boden zu stürzen. Wer verdammt konnte das denn jetzt sein? War es nicht mitten in der Nacht? Nachdem er die Schuhe in Richtung Zimmertür geworfen hatte, hatte sich Koichi erst noch von Jeans und Oberteil befreit, bevor er unter die Decke gekrabbelt war. Ihm war kalt und er fühlte sich wahnsinnig schwindelig. Fast wäre er wieder eingeschlafen, dann jedoch hatte er beschlossen, Mitleid zu haben, mit der Person welche so verzweifelt versuchte ihn zu erreichen. Es musste ja immerhin wichtig sein. Ohne noch einen weiteren Blick aufs Display zu werfen, hatte er sein Handy entsperrt, den Lineanruf entgegen genommen und sich im nächsten Moment gewünscht, er wäre wieder eingeschlafen. „Koichi…Endlich. Es tut mir so wahnsinnig Leid, dich zu stören, aber ich kann das nicht so zwischen uns stehen lassen.“ So wie Ryoga klang, war er noch viel betrunkener als er selbst und wenn Koichi das leise Schluchzen richtig deutete, weinte der Sänger sogar. Und es schnitt ihm ins Herz. So sehr er das nicht wollte, es tat weh. „Ich hab mir Tsuzukus Handy geklaut…rufst du mich bitte zurück wenn ich dir meine ID gebe?“ Er hatte Nein sagen wollen. Auflegen. Ryoga eine Standpauke halten, aber so verzweifelt wie der Sänger klang, brachte er es nicht über sich. „Ok.“ Mit einem leisen „Danke, Koichi“ wurde das Telefonat damit auch schon beendet und keine zehn Sekunden später traf eine Nachricht ein. Koichi fuhr sich müde durch die Haare, er war nicht in der Lage um sich jetzt mit Ryoga auszusprechen, nicht wenn sie Beide getrunken hatten und längst schlafen sollten, aber irgendetwas sagte ihm, dass Ryoga so schnell nicht schlafen würde, solange er niemanden hatte mit dem er reden konnte und er war zu müde um nachzufragen was mit den restlichen Membern der Band war oder wieso Tsuzuku mit auf Tour gekommen war. Wollte diese Ryoga etwa erneut um den Fingern wickeln und ihn noch mehr verletzen? Ein leises Murren entkam ihm allein bei dem Gedanken daran und schließlich hatte Koichi mit zitternden Fingern die ID eingegeben und eine Anfrage an diese geschickt. Vermutlich sollte er das nicht tun, aber er konnte nicht mehr klar denken, außerdem tat es wider Erwarten gut, Ryogas Stimme zu hören. Dementsprechend hatte Koichi es sich etwas mehr im Bett bequem gemacht und auf Anruf gedrückt, kaum dass die Anfrage angenommen worden war. Ryoga meldete sich sofort und für einige Sekunden herrschte Stille zwischen ihnen, bevor ein geschluchztes „Koichi. Bitte rede mit mir.“ Durch die Leitung kam. „Ryoga.“ Beinahe hätte Koichi hilflos mit den Schultern gezuckt, bevor ihm eingefallen war, dass sein Gegenüber das nicht sehen konnte. War vielleicht auch besser so. „Was ist denn passiert?“ Es war schwer, sich auf Worte zu konzentrieren, während sein Kopf versuchte ihm einzureden, dass Schlaf die bessere Alternative war, aber Ryoga schien ihn verstanden zu haben. Immerhin entkam diesem ein erneutes Schluchzen, gefolgt von einem heiseren Lachen. „Ich hab Tsuzuku abgewiesen.“ Für einen Moment war Koichi sprachlos, dann hatte er sein Handy angestarrt wie einen Geist. Das musste ein Traum sein. Von allem was Tsuzuku ihm erzählt hatte, hatte es geklungen, als ob Ryoga sich jederzeit bereitwillig in den Staub zu dessen Füßen geworfen hatte. „Hab ihm gesagt, dass ich es nicht mehr ertrage, wie er mich behandelt. Dann hat er mir ins Gesicht gelacht und gesagt, dass ich selbst daran Schuld bin, weil ich mich verliebt habe. Weißt du, was das Schlimmste ist?“ Koichi schwieg, aber Ryoga schien das als Zeichen der Zustimmung zu sehen. „Er ist direkt danach mit Kifumi essen gegangen. Arm in Arm. Als wäre ich nie mehr für ihn gewesen als ein lästiges Insekt.“ Ab dem Punkt begann Ryoga wieder zu weinen und Koichi suchte nach den passenden Worten für eine Antwort. Was für ein verdammtes Arschloch Tsuzuku war. Er hätte ihm das letzte Mal eine reinhauen sollen. Jedoch begann der Nebel in seinem Kopf sich langsam zu lichten und Koichi fuhr sich gähnend durch die Haare. Wieso redete er überhaupt mit Ryoga? War er nicht sauer auf ihn gewesen? „Ryo, woher hast du eigentlich Tsuzukus Handy wenn der einfach abgehauen ist?“ Ein bösartiges Kichern ließ ihn skeptisch auf das kleine mobile Gerät in seiner Hand starren. Entweder er hatte Halluzinationen oder Ryoga war wirklich hinüber. Immerhin, er hatte noch nie einen Mann so kichern gehört. „Ich hab dir das Beste nicht gesagt. Tsuzuku schläft bei mir im Zimmer. Eigentlich sollte er das Einzelzimmer bekommen, aber er meinte, er will Gesellschaft. Und hat sein Handy liegen lassen, als er mit Kifumi vorhin abgehauen ist. Hat wohl vergessen, dass ich seinen Sperrcode in und auswendig kenne, nachdem ich oft genug Mails für ihn beantworten musste.“ Wenigstens schien Ryoga aufgehört haben zu weinen, aber die Bitterkeit, welche jetzt in dessen Stimme lag, ließ Koichi skeptisch eine Augenbraue heben. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Es klang zum einen so verrückt, aber andererseits hatte Ryoga keinen Grund ihn anzulügen. Oder? „Und woher wusstest du, dass er meine Line ID hat?“ Dieses Mal kam die Antwort zögerlicher, fast als wäre Ryoga die Antwort peinlich. „Er hat es mir gesagt. Eigentlich war das so ziemlich der Grund, wieso alles so eskaliert ist.“ Ein Rascheln entstand am anderen Ende der Leitung und Koichi hatte sich gezwungen, sich aufzusetzen. Langsam wurde das alles spannend und er wollte um jeden Preis verhindern, dass er einschlafen würde, bevor er wusste, was das alles mit ihm zu tun hatte. Dann würde er sich morgen eben auch noch einen freien Tag machen. Sein Chef hatte schließlich gesagt, dass er sich ausruhen sollte. Zwar war von einem Kater nicht die Rede gewesen, aber er hatte den Alkohol gebraucht. „Ryoga?“ Koichi legte den Kopf schief, nachdem es immer noch raschelte, zuckte jedoch zurück als Ryogas Stimme plötzlich lauter und klarer zu hören war. „Entschuldige. Tsuzuku kam nach dem Live zu mir und meinte, dass er etwas hat, von dem er weiß, dass ich es unbedingt haben möchte und dass er sich gnädig zeigen könnte, es mir zu überlassen, falls ich mich von ihm ficken lasse. Ich hab nachgefragt, was es ist und dann meinte er dass es deine Kontaktdaten sind. Und wie verzweifelt ich sein muss um dran zu kommen, nachdem du dich nie bei mir gemeldet hast. Ich hab rot gesehen…Keine Ahnung warum…“ Ryoga lachte leise, während Koichi regungslos auf die gegenüberliegende Wand starrte. Wie konnte jemand so manipulativ sein wie Tsuzuku? „Ich hätte dich nicht anrufen sollen, oder? Ich hab ihm irgendwie genau in die Hände gespielt.“ Koichi schüttelte heftig den Kopf, wünschte sich im nächsten Moment jedoch, es nicht getan zu haben, da eine Welle der Übelkeit durch seinen Körper schoss und er sich die freie Hand auf den Mund pressen musste um sich nicht sofort zu übergeben. Er brauchte ein paar Momente um tief zu atmen, bis er den Kopf an sein Bettende sinken ließ und die Augen schloss. „Nein, schon gut. Ich bin froh, dass du mich angerufen hast.“ Sehr zu seinem Erstaunen merkte er, dass er das sogar ernst meinte als er es ausgesprochen gehabt hatte und Koichi runzelte die Stirn. „Aber Ryoga, wir sollten uns aussprechen, wenn wir beide nüchtern und ausgeschlafen sind. Können wir das morgen fortsetzen?“ So ungern er den Sänger auch abwürgte, die Übelkeit kam zurück und dieses Mal war sich Koichi sicher, dass er sich übergeben musste und es nicht aufhalten konnte. Ryoga hatte sich erstaunlich verständnisvoll gezeigt und Koichi hatte nur kurz seufzend auf sein Handydisplay gesehen, als der Anruf beendet worden war, bevor er sich aus dem Bett gequält hatte um ins Bad zu verschwinden und zitternd vor der Toilette auf die Knie zu sinken. In was für eine beschissene Situation war er da nur hinein geraten?! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)