One-Shots 2020 von Zaje (Projektsammlung) ================================================================================ Kapitel 9: Checkmate, Loki -------------------------- Wanda schlief tief und fest. Vision stand am Fenster und blickte hinaus in die dunkle Nacht. Der Android war nachts besonders aufmerksam, damit Wanda zur Ruhe kommen konnte, was seit Sokovia ohnehin ein schwieriges Unterfangen war. Das Knarzen des Holzfußbodens ließ ihn hellhörig werden und sich schnell umdrehen. Wanda stand nur mit ihrem Nachthemd bekleidet und verstrubbelten Haaren vor ihm und lächelte schwach. »Gut, du bist da«, sagte sie erleichtert und kam zu ihm. »Bleibst du bei mir?« Vision erwiderte ihr Lächeln und war innerhalb eines Blinzelns an ihrer Seite. »Ich bringe dich ins Bett«, antwortete er nur und führte sie zurück ins Schlafzimmer. Er setzte sich neben sie und hielt ihre Hand. »Hast du schlecht geträumt?« Wanda nickte schwach und seufzte tief. »Das tut mir leid. Ich muss gleich verschwinden. Aber dir passiert nichts, versprochen.« Er beugte sich vor und küsste ihre Stirn. »Mhm«, murmelte Wanda nur und war innerhalb weniger Sekunden wieder eingeschlafen. Vision lächelte, betrachtete sie noch einen kurzen Moment, bevor er sich von dem Anblick löste und das Schlafzimmer verließ. Es fiel ihm nur schwer Wanda schutzlos zurückzulassen, doch er hatte einen Auftrag zu erledigen. Loki war eine Bedrohung und Vision musste die Chance nutzen, um ihn endlich zur Rechenschaft zu ziehen. Der Gott des Schabernacks hatte so viele Unschuldige auf dem Gewissen; Vision musste sie einfach rächen. Es dauerte nicht lange, bis Visions Körper eins mit der sternenklaren Nacht wurde. Sein Informant schickte ihn in eine Militärlager und Vision fragte sich, was Loki dort vor hatte. Wollte er sich eine Armee aufbauen? Wozu? Und die wichtigste Frage von allen: Wie konnte man ihn aufhalten? So viel Zeit um darüber nachzudenken hatte Vision nicht, denn schneller als erwartet flog er über die Tundra und erreichte sein Ziel. Vision ließ sich auf einem dicken Ast nieder und scannte die Umgebung. Irgendetwas stimmte hier nicht und sofort fragte sich der Android, was Loki wohl getan haben mochte. »Keine Sorge, es sind keine Menschen hier«, hörte er plötzlich die Stimme Lokis durch den Wald schallen. Es dauerte einen Moment, bis Vision ihn ausmachte; seinen Stab schwingend und pfeifend spazierte Loki auf einem Platz, der vermutlich den Schießübungen diente, auf und ab und grinste bis über beide Ohren. Vision beschloss, sich nicht zu zeigen. Vermutlich wusste der Gott ohnehin schon wer wo auf ihn wartete. »Keine Menschen hier«, ertönte Lokis Singsang. »Was hast du mit ihnen gemacht?« Vision schwebte von seinem Platz hinunter an Lokis Seite, der endlich stehen blieb. Das dreckige Grinsen verschwand allerdings nicht von seinem Gesicht. »Was soll ich mit wem gemacht haben?«, fragte Loki dümmlich. Vision verdrehte die Augen, wie er es schon so oft bei Tony Stark gesehen hatte, und sagte mit seiner ruhigsten Androiden-Stimme: »Du weißt welche Menschen ich meine, Loki.« Ein theatralisches Seufzen entwich dem Gott. »Es macht wirklich keinen Spaß mit dir.« Er wandte sich von Vision ab und tänzelte in die Richtung eines Gebäudes. »Hier sind schon seit Jahren keine Menschen mehr gewesen, Schlaumeier.« Vision folgte ihm nach drinnen und jetzt wurde ihm endlich bewusst, was hier nicht stimmte: Das Lager war nicht nur menschenleer, es war verlassen … ausgestorben. Doch nichts deutete darauf hin, dass die Menschen, die hier gewesen waren, geordnet aufgebrochen waren. Viel mehr sah es so aus, als hätten sie flüchten müssen: Die verschiedensten Dinge lagen über den Boden verstreut, dick mit Dreck und Staub bedeckt und mit Glassplittern verziert. Unter Lokis Füßen knirschte es bei jedem Schritt, den er tätigte. Interessanterweise schien ihn das nur noch glücklicher zu machen. Vision wurde wirklich nicht aus ihm schlau. »Wieso bist du hier?« Loki zuckte mit den Schultern. »Vielleicht wollte ich einfach nur wissen, wie lange es dauert, bis mich einer von euch findet.« Er warf Vision einen belustigten Blick zu, setzte wieder sein dümmliches Grinsen auf und führte Vision durch das Quartier. Der Android hatte immer noch keine Ahnung, was Loki vor hatte, doch er würde ihn definitiv nicht aus den Augen lassen. Loki begann eine außergewöhnliche Melodie zu pfeifen, die in Visions Augen keinen Sinn ergab. Vielleicht lag es an der ungewöhnlichen Musik, dass Vision nicht bemerkte, wohin Loki ihn führte. Erst als der Gott sich auf den Boden setzte und sagte: »Ich warte schon eine Weile auf einen Gegner wie dich« widmete sich Vision wieder der Situation. Er war zum Angriff bereit, doch Loki saß harmlos am Boden und stellte schwarze und weiße Figuren auf ein Schachbrett. »Was?« Loki sah auf und grinste schief. »Du bist doch ziemlich schlau, oder? Was ist daran so schwer zu verstehen?« Loki machte eine ausschweifende Handbewegung, bevor er die restlichen Figuren aufstellte. »Na los, setz dich endlich.« Vision zögerte einen Augenblick und setzte sich dann. So skurril die Situation auch war, auf eine spannende Partie Schach konnte er schlecht verzichten. Und so wie er den Gott einschätzte, würde es eine sehr spannende Partie werden. »Weiß beginnt«, meinte Loki gut gelaunt, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich dann gegen eine Kiste, die hinter ihm stand. Vision fixierte die Figuren und ohne sie zu berühren, führte er einen der Bauern auf seinen neuen Platz. »Oooooh, das wird grandios!«, freute sich Loki und rieb sich vergnügt die Hände. »Ich gebe es nicht gerne zu, aber …« Vision hielt inne, um über seinen nächsten Zug nachzudenken. »… aber ich denke du hast Recht.« Lokis Grinsen wurde immer breiter. Er öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch da verschwammen seine Züge plötzlich und ein lauter Schrei ertönte. Wanda schlief tief und fest. Vision stand am Fenster und blickte hinaus in die dunkle Nacht. Der Android war nachts besonders aufmerksam, damit Wanda zur Ruhe kommen konnte, was seit Sokovia ohnehin ein schwieriges Unterfangen war. Ein lauter Schrei aus ihrem Schlafzimmer ließ ihn hellhörig werden. Eine Millisekunde später stand er schon an ihrer Seite und strich ihr die verschwitzten Haare aus dem Gesicht. »Gut … du bist da«, keuchte sie und er konnte hören, wie sich ihr Herzschlag etwas beruhigte. »Hast du schlecht geträumt?« Vision setzte sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern. Wanda ließ ein Schnauben hören. »Ein Albtraum der besonderen Art«, murmelte sie und schüttelte immer wieder den Kopf. »Du gehst heute Nacht nicht mehr weg, oder?« Vision schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht.« Er drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. »Willst du mir erzählen, was du geträumt hast?« Wanda schien sich langsam wieder zu beruhigen und sank zurück in ihr Kissen. »Morgen … vielleicht … das wirst du mir nie glauben.« Vision konnte sich zwar nichts darunter vorstellen, aber er wollte es ihr mal glauben. Die Frau in seinen Armen war schnell wieder eingeschlafen und als er vorsichtig aufstand, um zu seinem Platz am Fenster zurückzukehren, hörte er sie deutlich murmeln: »Schachmatt, Loki.« Vision hielt inne und warf Wanda einen Blick zu. Vielleicht hatte sie recht … diese Geschichte würde er bestimmt nicht glauben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)