One-Shots 2020 von Zaje (Projektsammlung) ================================================================================ Kapitel 7: Frohe Weihnachten, Tom --------------------------------- Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem ich mich in sie verliebte. Ich fuhr sie nach Ripon zur Schneiderin, um ihr neues Kleid abzuholen. Sie war ganz aufgeregt es ihrer Familie zu zeigen. Offensichtlich war es etwas Extravagantes; ihre hellblauen Augen strahlten wie immer, wenn sie sich für etwas begeisterte. Sie hätte sich das Kleid schicken lassen können, doch dafür hatte sie nicht die Geduld. Auf dem Rückweg redete sie ununterbrochen davon, dass ihre Familie vermutlich den Schock ihres Lebens bekommen würde, doch das kümmerte sie nicht im Geringsten. Langsam begann ich mich dann doch zu fragen, was an diesem Kleid so besonders sein sollte, doch sie wollte es nicht verraten. An diesem Abend tat ich etwas, was ich normalerweise nicht tun würde: Ich schlich um das große Haus herum, um einen Blick in den Salon zu werfen. Und da stand sie. In einem blauen Kleid, das eigentlich kein Kleid war, denn statt eines wallenden Rockes hatte es Hosenbeine. Sie trug ein stolzes Lächeln auf den Lippen und strotzte vor Selbstbewusstsein, während die alte Lady Grantham vermutlich gerade vom Stuhl fiel. Doch auf die Reaktion ihrer Familie achtete ich gar nicht; ich hatte nur Augen für sie. Das war der Tag an dem ich mich in Lady Sybil Crawley verliebte. Heute, einige Jahre später, liebe ich sie immer noch, darf sie sogar meine Frau nennen. Und Gott weiß, wie glücklich es mich macht. Jeden Tag, wenn ich die Augen aufschlage, ist ihr Gesicht das erste was ich sehe. Jeden Abend, wenn wir zu Bett gehen, ist ihr Gesicht das letzte was ich sehe. Und manchmal treffe ich sie sogar in meinen Träumen. Das sind die besten Nächte. Ich liebe sie jeden Tag mehr und mein Herz platzt beinahe vor Glück und Liebe, wenn sie mich anlächelt. Es ist kurz vor Weihnachten und ich bin mir fast sicher, dass Sybil nach Downton zurückkehren will. Auch wenn sie es nicht sagt, aber ich sehe, wie ihr ihre Familie fehlt. Ich kann es verstehen, doch sie hätten nie akzeptiert, dass ihr - ehemaliger - Chauffeur mit ihnen am Tisch sitzt. Wir mussten das Land verlassen. Nur zu gut erinnere ich mich an Lord Granthams Reaktion, als Sybil ihnen von unsere Plänen berichtete. Ja, er hatte uns am Ende seinen Segen gegeben, doch das hieß noch lange nicht, dass er mit mir einverstanden war. Als ich an dem Abend vom Büro nach Hause gehe, fallen die ersten Schneeflocken vom Himmel. Unwillkürlich schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen. Weiße Weihnachten kündigen sich an. Als ich in unsere Wohnung komme, steht Sybil lächelnd am Fenster und bewundert das immer dichter werdende Schneetreiben. »Sieh nur, Tom. Ist es nicht wunderschön?« Sie strahlt mich an. »Wunderschön, Liebste«, bestätige ich und lege Mantel und Hut ab. Die nassen Schuhe stelle ich auf den Teppich, bevor ich in meine Hausschuhe schlüpfe. »Genauso schön wie du«, murmele ich in ihr Ohr, bevor ich sie herumdrehe und küsse. Sie zu küssen reißt mir jedes Mal wieder den Boden unter den Füßen weg. Die Welt um uns beginnt sich schneller zu drehen und ein Kribbeln erfüllt mich. Wie damals in Downton, als sie mir den ersten heimlichen Kuss schenkte. Sybils Wangen färben sich rot. »Hast du Hunger?«, fragt sie mich, drückt mir einen Kuss auf die Wange und tänzelt davon in die Küche. »Ich habe etwas Neues ausprobiert«, erzählt sie stolz. Sie öffnet den Mund, um noch etwas zu sagen, doch sie tut es nicht. »Natürlich habe ich Hunger.« Grinsend folge ich ihr. Es ist schön zu sehen, wie Sybil aufblüht. Vor dem Krieg konnte sie nicht mal Tee kochen und jetzt zaubert sie die besten Gerichte auf den Tisch. Wenn ihre Eltern das wüssten! »Ist das Licht kaputt?«, frage ich, als Sybil die dunkle Küche betritt und das Licht nicht einschaltet. »Nein«, erwidert sie glücklich, kommt zu mir zurück und zieht mich hinter sich her, weil ich ihr offenbar nicht schnell genug bin. »Was ist denn heute los mit dir?« Ich muss lachen. Sybil ist einfach ein Fall für sich. »Das siehst du gleich, komm einfach mit«, kommt es ungeduldig von ihr, doch das Grinsen will nicht aus ihrem Gesicht verschwinden. Wir betreten die dunkle Küche und sofort fallen mir die brennende Kerzen auf, die im Raum verteilt worden waren. »Was ist denn hier los?«, frage ich überrascht. »Habe ich irgendeinen Feiertag vergessen?« Das wäre nicht so unwahrscheinlich. »Nein hast du nicht. Aber ich dachte mir, ich überrasche dich.« Sybil drückt mir erneut einen Kuss auf die Wange und schiebt mich auf meinen Platz. »Setz dich und lass dich bedienen.« »Lass das ja nicht deinen Vater hören«, scherze ich, wofür ich mir einen tadelnden Blick einfange. Sybil geht zum Ofen und holt selbstgebackene Brötchen heraus. Sie scheint etwas nervös zu sein und ich will aufstehen um ihr zu helfen, doch sie ermahnt mich mit einem »Bleib ja sitzen!« Ihr fällt der Brotkorb hinunter und bevor ich überhaupt aufspringen kann, ruft sie schon: »Bleib!« Überrascht sehe ich sie an, doch ich sage nichts. Langsam bekomme ich Angst, sie könnte mir den Kopf abreißen. Ich darf nicht vergessen, dass sie immer noch mit der alten Lady Grantham verwandt ist; und die hat in ihrem Leben bestimmt schon den ein oder anderen Kopf rollen lassen. Nach ein paar Minuten, in denen Sybil immer noch aufgeregt herumhantiert, unterbreche ich die Stille und sage: »Liebste, was ist denn heute los mit dir?« Ihre Unruhe erfüllt den Raum und macht mich nervös. Ich stehe auf und gehe zu ihr, um ihr das Brötchen aus der Hand zu nehmen, bevor sie es mit ihren zarten Fingern zerquetscht. »Gar nichts«, versucht sie sich mit einer viel zu hohen Stimme rauszureden, gibt aber unter meinem forschenden Blick nach. »Na gut. Aber ich sag dir nur, so war das nicht geplant!«, ruft sie trotzig aus und schiebt ihre Unterlippe nach vorne, wie ein schmollendes Kind. Dann allerdings bildet sich ein breites Lächeln auf ihren Lippen. »Tom, Schatz, es gibt einen Grund weshalb ich Weihnachten nicht nach Downton zurück will.« »Ja?« Langsam weicht meine Nervosität der Verwirrung. »Ich wollte dich heute mit einem besonderen Abend überraschen, weil … weil …« Sie hadert mit sich, weiß nicht was sie sagen soll. »Mein Schatz, ich bin schwanger!« Mir klappt der Mund auf und das Brötchen fällt mir aus der Hand. Ich bin sprachlos. »Nein!« »Doch. Wir erwarten ein Baby!« Tränen der Freude stehen in ihren Augen und in dem Moment zerspringt mein Herz beinahe vor Liebe, die ich für sie empfinde. »Liebste, das sind die großartigsten Nachrichten, die ich je erhalten habe. Ich liebe dich so sehr.« Auch mir steigen die Tränen in die Augen. Schnell ziehe ich sie an mich heran und küsse sie bevor ich sie fest an mich drücke. »Ich liebe dich auch. Frohe Weihnachten, Tom«, flüstert sie in mein Ohr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)