New Year's Wishes von Sazzzandora (Minho x Jisung) ================================================================================ Kapitel 2: 2/2: Fever --------------------- * Ich sah den Jungs noch eine halbe Stunde zu. Die erste Runde hatten Jisung und Felix haushoch gewonnen, bei der zweiten taten sie sich anfangs etwas schwer. Ähnlich wie ich. Mir wurde heiß, weshalb ich den Schal ablegte, und etwas schwindlig. Ich sah nicht mehr alles scharf, was mir etwas Angst machte. Die Wirkung meiner Tablette schien nachzulassen. Für einen Moment schloss ich die Augen und bettete das Kinn auf meinem Arm, der noch auf der Lehne lag. Mom hatte früher immer gesagt, Fieber käme immer abends, egal, was man tat. Katastrophe. Ich stand daraufhin vorsichtig auf, um mir ein Glas Wasser zu holen. Ich brauchte dringend eine neue Tablette. Irgendwo in meiner Jacke mussten sie sein. Diese hing an der Garderobe, also begab ich mich in den Flur und suchte sie heraus. Das war nicht allzu leicht, da massig andere Jacken der unterschiedlichsten Farben und Formen den Weg versperrten. Als ich sie nicht fand, fiel mir etwas ein. Sie musste oben in Chans Zimmer liegen. So ein Mist. Hyunjin und ich waren recht spät hier aufgetaucht, weshalb Felix sie hoch gebracht hatte. Also erst das Wasser holen, dann hoch zur Tablette. Etwas Ruhe vor noch mehr Leuten, die es ja ach so komisch fanden, dass ich (ja, ich von allen!) nicht tanzte, würde auch nicht schaden. Vom Tisch, an dem auch vorhin Jeongin unsere Getränke geholt hatte, nahm ich eine Flasche Wasser und goss etwas in einen Becher. Vom kurzen Gehen schon tat mein Fuß weh. Am liebsten wäre ich jetzt im Bett. Leise seufzend sah ich mich einmal um. Geplant war ein vorwurfsvoller Blick an Hyunjin, doch der Jüngere und sein Date waren weg. Wehe dem kleinen Pisser, wenn er mich hier allein gelassen hatte, dann gäbe es Ärger. Jisung und die anderen dagegen waren noch da, wobei ersterer etwas unbeholfen durch das Zimmer sah, ehe er mich erblickte und mir zulächelte. Wie süß, hatte er mich gesucht? Ich lächelte ebenfalls. Dann nahm ich meinen Becher und drehte mich um. Dabei stieß ich gegen einen jungen Mann, den ich nicht bemerkt hatte und natürlich verschüttete ich etwas Wasser auf meinen Hoodie. Das Schnalzen mit der Zunge konnte ich beim besten Willen nicht unterdrücken. Meine Grippe zehrte echt an meinen Nerven. Als auch er sich etwas erschrocken umdrehte, trat er versehentlich gegen meinen Fuß. Davon schmerzerfüllt und auch etwas erschrocken stützte ich mich auf dem Tisch ab und sah den jungen Mann an. War vermutlich ein Kommilitone, aber ich kannte ihn nicht. Er war mir auch relativ egal, es ging mir nicht gut genug, um mich jetzt noch um neue Gesichter zu kümmern. Am liebsten würde ich ihm jedoch den Hals umdrehen. „Hey, Vorsicht, Süßer“, einen kleinen Moment sah er mich nur an, „Wir sollten uns erst ein bisschen kennenlernen, findest du nicht?“ Nicht wirklich. Ich hatte keine Nerven für Anmachen. Zumal ich quasi vergeben war. Also in Gedanken. Mein Zukünftiger stand direkt in Hörweite und der Typ machte mich an? „Danke, nein… Tut mir leid, hab dich nicht gesehen, kommt nicht mehr vor“, entschuldigte ich mich einfach. Ich wollte nicht reden. Ich wollte nicht angemacht werden. Zumindest nicht von anderen Männern als Jisungie. Schließlich waren sie nicht mein Jisungie! „Schade, wir-“ Ein Arm schlang sich um meine Taille. Ich zuckte zusammen, griff aber sofort nach der Hand auf meinem Bauch. Die Hände erkannte ich doch überall. Nicht zuletzt an der kleinen Narbe auf dem Zeigefinger, für die (hoppla) ich verantwortlich war. „Minho hyung ist süß, nicht wahr?“, vernahm ich Jisungs Stimme mit einem scherzenden Unterton. Oh ja, das war er… Stopp - ich. Ich war süß. „Und wie, Mann. I-“ Ja, ganz recht. Und wie, Alter. Ich war purer Zucker, wenn ich wollte. Aber manchmal war ich auch Gift, nur leider nicht heute. „Ja, find ich nämlich auch“, fiel er ihm ins Wort, „Also lass die Finger von ihm, er gehört schon mir.“ Zugegeben, entweder hatte ich gerade einen Herzinfarkt vom Fieber oder mein Herz machte gerade Freuden-Bungeejumping in Richtung Erdkern. Ich drehte den Kopf zu Jisung, sah ihn über meine Schulter an und beobachtete ihn. Eine seiner Hände strich über meinen Bauch und – not gonna lie – ich liebte es, wenn man mir den Bauch streichelte. Guilty pleasure und so. Und dann war es auch noch Jisung, der mich streichelte. Das war wirklich pures Glück. Zumal er wusste, dass das meine Schwachstelle war. „Ach, seit wann seid ihr denn zusammen, hm?“ Was wollte er denn jetzt? „Gar nicht. Noch nicht – glaube ich. Trotzdem gehört er schon mir, guck dich doch um“, er deutete auf seine Arme, die er um mich geschlungen hatte, „Jetzt hau schon ab und lass meinen Freund in Ruhe. Er ist krank und hat den Fuß verstaucht. Er braucht Ruhe und die gönnst du ihm nicht.“ Mit aller Mühe streckte ich meinen Kopf demonstrativ dem Jüngeren entgegen und küsste seine Wange. Ich wollte nicht, dass er sich stritt, aber noch weniger wollte ich, dass dieser Typ meine Zeit mit Jisung ruinierte. Auch wenn es schon ein bisschen sexy war, wie er sich für mich einsetzte. Sehr sogar, zugegebenermaßen. Und es funktionierte. Selbstverständlich. Wer wollte sich mit Jisungie (und meinem bösen Blick) anlegen? Der Typ rollte genervt mit den Augen und ließ uns anschließend in Frieden. Immerhin ganz okay erzogen, scheinbar wusste er, wann Ende war. Dass er mich so schützte erinnerte mich an einen Abend, den wir uns mit unseren Freunden getroffen hatten. An dem Abend hatte ich Jisung zum… zweiten oder dritten Mal überhaupt gesehen und mich auch ganz gut mit ihm unterhalten, bis Hyunjin mich auf die Tanzfläche genötigt (eher begleitet) hatte. Etwas später war mir der Jüngere an der Bar entgegen getaumelt und hatte mir aufgeregt von seiner neuen „coolen“ Bekanntschaft erzählt. Doch dann hatten meine Alarmglocken geklingelt. Er war, als ich ihn allein gelassen hatte, nicht einmal im Ansatz so betrunken gewesen, wie nach der Dreiviertelstunde, nach der ich ihn damals gefunden hatte. Als Jisung über Übelkeit geklagt hatte, hatte seine „Bekanntschaft“ ihm angeboten, ihn entweder zur Toilette zu begleiten oder nach Hause zu fahren. An dem Punkt hatte ich… genug gehört und ihm klipp und klar gesagt, dass ich mich von da an um Jisung kümmern würde, weil er mein Freund sei et cetera. Mit gekonnt strengem Blickkontakt, den ich mir beim Tanzen angeeignet hatte und einem drohenden Unterton, hatte der Typ dann auch von uns abgelassen. Zumal zu viele Leute drum herum gestanden hätten. Dann hatte ich Jisung mit zur Toilette genommen. Er war mir einfach lächelnd gefolgt, hatte sich nicht einmal im Ansatz gewehrt. Wie betäubt. Wahrscheinlich hätte er das auch gar nicht gekonnt. Um ehrlich zu sein, machte mir sein Zustand von damals noch heute Angst. Zum Glück war es aber auch das erste und bisher einzige Mal gewesen, dass ich selbst Drogen in Clubs erlebt hatte. Jedenfalls war ich mit ihm zusammen in eine Kabine gegangen und- wenn ich so drüber nachdachte, hatte er mich da schon schwach gemacht. Er hatte sich mir dümmlich lächelnd genähert… aber ich hatte ihm an dem Abend bloß recht gnadenlos meine Finger in den Hals gesteckt, sodass er ausgespuckt hatte, was auch immer er genommen hatte. Unsere Beziehung hatte sich erst ein oder zwei Wochen später geändert. Regelmäßig in Schutz genommen hatte ich ihn aber seit dem Vorfall immer. Das fühlte sich auch gut an, ebenso, wie jetzt von ihm beschützt zu werden. In seinen Armen und mit meinem Becher in der Hand, drehte ich mich vorsichtig zu ihm um. Die Arme legte ich um seinen Hals und küsste seine Wange, seinen Kieferansatz und sein Ohr. Sein Griff in meinen Pullover wurde einen Augenblick fester. „Ich geh hoch. Chanie hyungs Zimmer, okay?“ Er sah mir in die Augen und nickte. Dann streckte er sich mir entgegen und gab mir einen Kuss. Dabei umschloss ich seine Unterlippe mit meinen und saugte etwas an ihr, ehe ich abließ. Jisung unterdrückte sein Grinsen, wenn auch etwas erfolglos, ehe er über seine Lippen leckte und mir erneut zunickte. „Beeilt euch.“ „Klar, hyung.“ Am Kragen zog ich ihn noch einmal an mich, als er mich losließ. Ich küsste ihn erneut und blieb noch einen Moment direkt vor ihm. „Wenn du mich zu lang warten lässt-“ „Kriegst du keinen mehr hoch?“, witzelte er. Locker schlug ich seine Brust. Ein Lachen konnte ich aber nicht unterdrücken. „Nein, Blödmann, dann schlaf ich wahrscheinlich ein und du musst mich heim tragen.“ „Das würde mich zwar nicht stören, aber ich beeil mich trotzdem lieber, Süßer.“ Ich gab ihm noch einen liebevollen Stoß in die Seite. Mit dem Becher in der Hand lief ich nun aus dem Raum und an ein paar (betrunkenen) Studierenden vorbei. Im Obergeschoss gab es noch vier weitere Räume – ein Badezimmer, Felix‘ Zimmer, Chans Zimmer und das eines Mitbewohners, dessen Name mir nicht wichtig genug war. Jaemin oder so. Oder Jeno? Mark? Whatever. Als ich das Zimmer von Chan betreten wollte, erklang daraus ein Lachen, das ich unter Tausenden erkennen würde. Kurz darauf ein Seufzen und- großer Gott, jetzt wusste ich, wohin mein liebster Mitbewohner mit seinem zukünftigen (?) Freund verschwunden war. Ach Scheiße. Irgendwie wollte ich die zwei stören, weil Kinder keinen Sex haben sollten und Hyunjinnie war doch mein Baby, aber irgendwie wollte ich auch nicht stören, schließlich schlief ich ja mit Jisung, der sogar noch jünger war als Hyunjin und- und– naja. Sie waren ja doch alle schon alt genug. Ich wollte ja auch niemanden verschrecken. Also begab ich mich ins Badezimmer. Irgendwo mussten die… wie viele Mitbewohner hatte die WG von Chanie hyung eigentlich? Jedenfalls musste es hier ja wohl irgendwo eine Kopfschmerztablette geben, die Fieber senkte. Im Bad schloss ich die Tür des Spiegelschrankes wieder, da ich nicht fündig wurde, und schrie vor Schreck auf, als ich Jisung hinter mir sah. Der Jüngere schloss die Arme um meine Taille und küsste meinen Nacken und die Schulter. „Rate, wer gewonnen hat.“ Seine Finger glitten unter meinen Hoodie. Gott, waren die kalt! „Ob ich da jemals drauf komme? Du und Lixie vielleicht?“ „Mhm“, raunte er, „Hundert Punkte für dich, Baby.“ „Danke, danke. Wo hast du deine Kappe gelassen?“ „Hat Binnie“, murrte er gegen meinen Nacken, den er zärtlich biss. Scharf atmete ich ein. Jisung drehte mich zu sich um. Allerdings war mir das etwas zu schnell, weshalb ich einen Moment blinzelte und mich an seinen schmalen Schultern festhielt. „Oh, geht’s? Du fühlst dich heiß an, also~ körperlich, weißt du? Hast du doch Fieber?“ „Weiß nicht ganz sicher… Ich glaube, ich würde mich aber in der Horizontalen wohler fühlen“, murmelte ich. Jisung grinste mich schief an. Ich wusste zugegebermaßen nicht, wie genau ich das selbst gemeint hatte. Wahrscheinlich 50:50, aber Jisungs Unterton und sein Grinsen trugen dazu bei, dass ich es im Endeffekt genauso verstand, wie er. Sein Alkoholpegel und mein Fieber spielten sich gegenseitig in die Hände. Das war nicht gut. Oder? „Lässt sich einrichten, Schönheit.“ Er nahm mich an die Hand und mit in Felix‘ Zimmer. Mein Becher blieb unbenutzt im Bad. Angekommen schloss ich die Tür hinter uns. Mein (hoffentlich) Zukünftiger zog mich zum Bett und wir setzten uns. Für eine kleine Weile sah ich ihn nur an. Er zog eine Braue hoch. „Hm? Ha-Hab ich was an mir?“ Fuck, ich liebte den Jungen so sehr. „Gott, du bist so süß“, seufzte ich dann und beugte mich vor. Auch wenn ich mich nicht gerade gut fühlte, konnte ich nicht anders, als Jisung anzufassen und zu küssen. Irgendwas in mir hatte ihn die letzten zwei Stunden sehr vermisst, obwohl er doch im gleichen Raum gewesen war. Vielleicht erschien es etwas (sehr) verzweifelt, wie ich ihn an mich zog und seine Lippen förmlich malträtierte. Der Jüngere zog auch mit… und schlussendlich meinen Hoodie über meinen Kopf. Einen Moment sah ich ihn an, seine leicht geröteten Wangen, die fast schwarzen Augen, die feuchten und angeschwollenen Lippen. Dann schob ich Felix‘ Bettdecke zur Seite und rutschte bis ans Kissen, auf dem ich es mir bequem machte. Dorthin folgte Jisung mir und stützte sich, zwischen meinen Beinen sitzend, über mich. Wir küssten uns weiter. Mir wurde heißer als sowieso schon und ich seufzte gegen seine Lippen, als ich seine Hand in meinem Schritt spürte. Etwas ungeduldig zog ich am Saum seines Shirts. Leise kichernd legte er es ab und nahm gleich wieder meine Lippen in Beschlag. Jisung legte sich nun mehr oder weniger auf mich. Ein Bein zwischen meinen, einen Arm um meinen Nacken und die zweite Hand, die mich im Schritt unter der Jogginghose massierte – es machte mich echt wahnsinnig. Aber es tat so gut und ich fühlte mich wie auf Wolken. Für die brillante Idee, mein Becken gegen seine Hand zu bewegen, beglückwünschte ich mich beinahe selbst. Wenn da nicht mein Fieber wäre. Nervös streichelte ich seine weichen Haare und klammerte mich förmlich an ihm fest. Ich stöhnte leise. Gott mir war so heiß. Auf zwei Arten. Einmal, weil Jisung mich gerade total fertig machte, auch wenn er nicht sonderlich viel tat. Dann noch, weil mein verdammtes Fieber so langsam überhandnahm. Es gefiel mir, dass und vor allem auch wie er mich anfasste, wirklich. Deshalb hatte ich selbst mein leises Wimmern auch schon mit Lust verwechselt. Bis ich merkte, dass mir schwindlig wurde. „Jisung, ich kann nicht mehr“, jammerte ich und zog sachte an seinen Haaren. Der Blonde brummte leise, während er sich meinen Hals zum Schlüsselbein entlang küsste. „Das sagst du immer, Baby.“ Ich schniefte. Er stockte. „Jisungie“, gab ich erneut von mir, diesmal sogar noch wehleidiger, dass ich mich selbst um mich sorgte, „Jetzt ernsthaft, ich kann nicht mehr. Ich brauch ‘ne Pause.“ „Was ist denn los, Süßer- oh Gott, ist alles okay?!“ Er richtete sich augenblicklich auf. Vorsichtig nahm er mein Gesicht in die Hände und strich mit seinen Daumen über meine Wangen. Ich wischte selbst über meine Augen. Bei Fieber hatte ich eine dumme… Angewohnheit? Ich weinte. Grundlos. Einfach, weil ich Fieber hatte. Es gab da keinen Grund. Das Fieber war einfach der Grund. „Nein, mir ist schwindlig.“ „Hast du Tabletten dabei? Oder irgendwas anderes? Hast du nichts genommen?“ Ich schüttelte den Kopf und rieb mir die Tränen aus den Augen. Sie hörten aber nicht auf zu laufen. „In meiner Jacke, die liegt in Chans Zimmer, aber da waren Hyunjinnie und Jeongin drin und hatten Sex oder so.“ „Ja und? Ich geh sie holen, warte kurz. Ich bring dir auch Wasser mit.“ Als er aufstehen wollte, schaltete was auch immer für eine fiebrige Dummheit in mir und ich hielt ihn fest. „Kannst du bitte bleiben? Ich will nicht alleine sein und ich will nur ein bisschen schlafen, okay?“ Er seufzte. Dann angelte er nach seinem Shirt und meinem Hoodie, zog erst sich an und half mir daraufhin zurück in meine Klamotten. Noch einmal sah er mich skeptisch an. Er gab mir ein Taschentuch von Felix‘ Nachttisch. Besonders der Alkohol, aber auch sein besorgtes, liebevolles und leicht naives Gemüt, glaubte meinen feuchten, traurigen Augen, dass ich jetzt bloß nicht allein sein konnte, weshalb er letztendlich die Bettdecke über mich zog. „Na gut. Dann komm her, damit ich mich endlich um dich kümmern kann, hyung.“ „Wir holen das nach, wenn ich wieder fit bin“, erklärte ich leise. Jisung schenkte mir ein liebevolles Lächeln und winkte ab. Meine Tränen ließen wieder nach. „Und wenn schon. Gesund werden ist erst mal das wichtigste, Süßer.“ Er legte sich neben mich und nahm mich in die Arme. Ich kuschelte mich sofort an ihn und bettete den Kopf auf seiner Schulter. Eine kleine Weile herrschte Ruhe, in der er mir nur den Kopf streichelte und seine kalten Finger auf meine Stirn legte. „Fühlt sich gut an?“, fragte er nah an meinem Ohr. Ich nickte. Seine kühlen Finger fühlten sich auf meiner Stirn göttlich an. Ein leises Seufzen verließ meine Lippen, als seine Finger kurz darauf über meine Schläfen massierten. „Sungie?“ „Minho?“ „Wieso daten wir eigentlich nicht?“, schniefte ich. Mit dem Taschentuch wischte ich über meine Augen. „Wie?“, verwirrt sah er mich an. Ja, wow Minho, wieso gerade jetzt? Wieso musstest du das jetzt ansprechen? Allerdings änderte sich sein Ausdruck nun und ich beobachtete, wie er schnell wegsah. Wenn er nervös wurde, rötete sich sein Nacken, den Hals hoch zu den Wangen und über die Ohren. Zeitgleich kaute er auf seinen Lippen herum. Er hatte wohl genauso keine rationale Antwort auf meine Frage, wie ich. „Wieso hatten wir noch kein Date? Oder warum führen wir keine Beziehung? Und wieso sehen wir uns nur so selten? Weil, wir mögen uns doch… oder nicht? Ich meine, ich mag dich, weißt du, und du mich doch auch, oder? Ich hab nicht nur gerne Sex mit dir, ich mag dich doch wirklich.“ Ich drehte mich auf die Seite und zog mich etwas an ihm hoch, sodass ich mit ihm auf Augenhöhe war. „Ja und natürlich mag ich dich auch. Ich weiß es nicht, hyung. Aber wir können das nachholen. Und vielleicht, ich weiß auch nicht, mal Nummern tauschen?“ Ich zog eine Braue hoch. Tatsächlich, wir schrieben eigentlich nur über Instagram, jetzt wo er es sagte. So eine Scheiße, wieso war mir das nicht aufgefallen?! „Wieso hab ich deine Nummer nicht?!“, schluchzte ich auf. Sofort versuchte er mich wieder zu beruhigen, küsste meine Tränen weg und gab mir einen Moment und gleich noch ein Taschentuch. „Ruhig, hyung, bitte… Du hast irgendwas von einem neuen Handy gebrabbelt. Keine Ahnung, du warst nicht sonderlich nüchtern. Und danach hab ich vermutlich nicht mehr dran gedacht, weil wir uns ja auch so hin und wieder gesehen haben“, er atmete durch, „Also du… willst ein Date mit mir? Ich meine… Würdest du das wollen? Weil- also ich wusste nicht, dass du das möchtest, aber es freut mich. Als wir uns kennengelernt haben, ich weiß noch, da hattest du nicht viel Lust auf Beziehungen und das hab ich anfangs häufiger von dir zu hören bekommen.“ Vorsichtig streichelte ich über seine Wange. Meine Hand fuhr seinen Hals hinab zu seiner Brust und blieb an seiner Seite liegen. „Da… Ich bin so ein schlechter Mensch!“ „Bullshit, Minho…“ „Da hab ich dich ja auch noch nicht richtig gekannt.“ Er blinzelte. Jetzt war es gesagt. Jetzt gab es kein Zurück mehr. „Oh… Heißt dass, du- dass du mich magst? Also wirklich… magst? So wie wenn man verknallt ist oder verliebt? Weil-weil also weil das- ich fänd‘ das gut. Wirklich, das gefällt mir.“ Nun nickte ich wieder, diesmal energischer. „Ja, vielleicht auch mehr. Scheiße, ja, ich bin total verliebt in dich! In letzter Zeit hatte ich immer stärker das Gefühl, dass ich dich in meiner Nähe… brauche, weißt du? Ich hab dich vermisst, wenn wir uns nicht gesehen haben.“ Er nickte diesmal. Seine Wangen färbten sich so viel röter, als man es bei seiner gebräunten Haut erwarten würde. „Ja, ich- ich äh, ich kenn das. Schon was länger. Ich meine, ich weiß nicht, wie sehr dir aufgefallen ist, dass ich dir regelrecht nachlaufe, weil Hyunjin ja ziemlich darauf herumreitet. Zumindest hat er es so bezeichnet. Was nicht heißt, dass ich dir… wirklich nachgelaufen bin.“ Innerlich schlug ich mir die flache Hand auf die Stirn und gab mir zusätzlich die ein oder andere Ohrfeige. Ich war echt blind. Und blöd. Zu einer ersten Entschädigung schmiegte ich mich noch näher an ihn. „Boah. Scheiße. Hab schon verstanden. Tut mir leid, dass ich es nicht eher gemerkt hab, Sungie.“ Ich beugte mich vor und drückte meine Lippen gegen seine Wange. Solange es noch ging, wollte ich ihn nochmal küssen. Nicht, dass mein Fieber mich gleich gänzlich ausknockte. Meine Augenlider waren schon total schwer. „Mir nicht. Versteh das bitte nicht falsch, aber ich denke nicht, dass wir uns noch öfter gesehen hätten, wenn ich meine Gefühle für dich schon nach dem ersten Monat geoutet hätte.“ „Oh… Ja, verständlich. Sorry trotzdem. Verzeihst du mir?“ Jisung winkte ab und sah mir in die Augen. Daraufhin legte er eine Hand an meine Wange und gab mir einen Kuss auf die Lippen. Zusätzlich schlang er seinen freien Arm um meine Taille und drückte mich einmal fest an sich. Er druckste etwas herum. Sanft stieß ich ihn an, um ihn zum Sprechen zu bringen. „Uhm… wir können ja dann endlich anfangen zu daten?“ „Und wie?“ Wow, krass dumme Frage. Die konnte echt nur einen Betrunkenen und einen Grippepatienten in Schach halten. „Mit… Mit- keine Ahnung. Ich- uhm… Mit einem symbolischen, kitschigen und natürlich traditionellen Kuss um Mitternacht? Ich weiß, du magst es, mich zu küssen, sonst würdest du mich damit nicht so oft von anderen Dingen abhalten.“ Locker schlug ich seinen Arm. „Klingt gut“, murmelte ich, „Weck mich, wenn es soweit ist, okay?“ „Auf jeden Fall, das lass ich mir nicht entgehen. Außerdem müssen wir uns doch noch was wünschen.“ „Wie?“ „Mom meinte immer, dass man sich um Mitternacht an Silvester was wünschen soll. Das geht dann im neuen Jahr in Erfüllung.“ Ich kicherte leise. Er war so süß. Seine Finger glitten weiter durch meine Haare. Er massierte weiterhin meinen Kopf und irgendwann schlief ich ein. . . . Ich wachte auf, als Hyunjin mich sanft schüttelte. Besorgt lächelte er mich an und half mir in eine sitzende Position. Mein Körper glühte förmlich und mein Kopf pochte wie wild. „Hier bist du also. Na komm, ist schon nach vier. Lass uns heim gehen.“ Müde nickte ich und stand auf. Ich hörte, wie Jisung sich bewegte. Er wachte allerdings nicht direkt auf, also ließ ich ihn liegen. Jedoch nahm ich seine Hand in meine und beugte mich vorsichtig zu ihr runter, um sie einmal zärtlich zu küssen. Er seufzte leise und drückte meine Hand leicht, ehe ich sie auf seiner Brust bettete. Dann folgte ich Hyunjin an dessen Hand auf den Flur und die Treppe hinunter. Am Fuß stand Jeongin, müde, aber zufrieden lächelnd und gab mir meine Jacke und meinen Schal. „Danke“, krächzte ich. Meine Stimme war total im Eimer, ich atmete nicht richtig und sah immer mal wieder etwas verschwommen. Dieses bescheuerte Fieber haute mich echt um. An der Tür bekamen Jeongin und Hyunjin eine Umarmung von Felix. Ich bekam ein verhaltenes Lachen und gewunken. „Komm her, gib mir ein Küsschen und hol dir die Grippe zurück, du Pisser“, murrte ich leise, aber lächelte, als er lachte. Er streichelte mir durch die Haare. Einen Moment überlegte ich, ihn anzuhusten, aber das würde vermutlich in einen regelrechten Hustanfall ausarten und nein danke. Außerdem war ich für die Aktion nun wirklich zu kaputt. Das Reden hatte mich schon angestrengt. „Hyung, du glühst, bitte geh schlafen und nimm Medizin. Du musst mir doch noch die Schritte für den nächsten Auftritt zeigen.“ Ich nickte bloß und winkte ihm knapp. Daraufhin nahm Hyunjin mich wieder an die Hand und ging mit mir raus. „Sag mal, war eigentlich alles okay, mit Jisung?“, hakte Hyunjin nach. Wieder nickte ich bloß. „Okay, weil er gerade die Treppe runter gerannt kommt-“ „Minho! Warte, warte, warte, bitte! Es tut mir leid, ich bin eingeschlafen, ich hab’s verpasst!“ Jisung rannte an Felix vorbei, stolperte fast über seine eigenen Füße und kam vor mir zum Stehen. Er nahm meine Hände. „Es tut mir so leid, ich wollte dich eigentlich wecken und dann hab ich mir einen Wecker gestellt, aber hab den Tag vergessen umzustellen und dann bin ich selbst eingeschlafen.“ Oh Gott, er sah aus, als würde er gleich weinen. Da war aber jemand noch nicht nüchtern. Tz, Tz. Eigentlich wollte ich etwas sagen, auch nichts Negatives. Im Gegenteil, ich wollte seine Entschuldigung ja annehmen, ich hielt sie ja nicht einmal für nötig, aber mein Fieber stellte mich ziemlich dumm dar. Ich blinzelte nur müde und reagierte nicht weiter. Dabei wollte ich ihn so gern einfach in den Arm nehmen und am liebsten direkt mit heim, wäre da nicht das Risiko, ihn- ach was, angesteckt hatte ich ihn doch mit Sicherheit schon. (Und wenn er hier übernachtete, hatte ich eine Chance, dass Felix die dumme Grippe zurückbekam, haha… Was natürlich keiner wollte. Wirklich.) „Uhm… I-Ich weiß, es ist zu spät. Weil… Weil, ich- eigentlich wollte ich wirklich- ich… Kann ich- Kann ich bitte endlich deine Nummer haben?“ Mit zusammengezogenen Brauen und total besorgt sah er mich an. So langsam regte sich mein Körper auch und ich nahm mein Handy aus meiner Hosentasche hervor. Ein Hoch auf den Fingerabdruckscanner, dank dem ich keinen Pin eingeben musste. Ich hielt Jisung das Smartphone vor die Nase. Sofort nahm er es und speicherte seine Nummer ein. Er wählte sie gleich darauf noch einmal an, woraufhin sein eigenes Handy zu klingeln begann. Dann legte er wieder auf und steckte es zurück in meine Hosentasche. Ich dagegen nutzte aus, dass mein Körper sich endlich wieder regte. Behutsam nahm ich seine Wangen zwischen die Hände und beugte mich schnell vor. Man schmeckte den Schlaf und den Alkohol im Kuss, aber das störte mich nicht. Es war ja nicht unser erster Kuss und würde sicher nicht der letzte sein. Außerdem war ich zu sehr davon abgelenkt, wie schnell er reagierte und den Kuss erwiderte. Zu sehr davon berauscht, dass ich wir uns mit dem Hintergedanken von Dates küssten. Oder einer Beziehung. Ach was, wir waren ja quasi schon zusammen. Seinen festen Freund zu Neujahr zu küssen hatte schon was, ja. Etwas widerwillig löste ich mich von ihm. Mir wurde nur wieder schwindlig, ansonsten hätte das ruhig noch so weiter gehen können. Ich hätte ihn gern ausgiebiger geküsst, aber meine Verfassung ließ mich partout nicht. „Mh… das war zu schnell“, jammerte ich wehleidig und hielt die Augen angestrengt geschlossen. Ich klammerte mich an Jisungs Armen fest, während er meine Taille fest in den Händen hielt. Der Jüngere kicherte leise und wartete ab, bis ich die Augen wieder aufschlug. Er war immer noch ganz nah vor mir. „Geht’s wieder?“ „Ja… frohes neues Jahr, Jisungie.“ „Dir auch, hyung.“ Er streckte sich mir für einen weiteren, kürzeren Kuss entgegen. Daraufhin ließ er mich los und küsste zum Abschied meine Wange. „Ruh dich aus, Minho. Ich schreib dir später.“ „Okay. Kommst du vorbei?“ „Das fragst du noch? In dem Zustand kann ich dich doch nicht Hyunjin überlassen. Wir haben ja gesehen, wie gut er auf dich aufpassen kann.“ „Ey!“, beschwerte sich mein Mitbewohner. Jeongin kicherte. „Lach nicht, du warst doch dafür verantwortlich. Ich hoffe, es hat sich gelohnt, mich allein zu lassen und ich gehe nicht mit zwei Jungfrauen nach Hause.“ Jeongin verstummte und errötete. Hyunjin sah mich empört an. Jisung lachte. Und Felix in der Tür stimmte mit ein. * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)