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Mein zweites Leben

von

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Meine neue Bleibe

Musste ich sein Handeln jetzt verstehen? Naja, impulsiv war er schon immer. Oder hatte sein Verhalten etwas mit seinem Job bei meinem Vater zu tun? Falls das stimmen sollte, als was arbeitet er bei meinem Vater? Ich konnte ihn mir nicht in einem Büro über Akten sitzend vorstellen. Soweit ich mich erinnern konnte, wollte er immer einen sportlichen Beruf ausüben.
 

Taichis Köperhaltung entspannte sich deutlich. Kurz schaute er mich über seine Schulter hinweg an und gab dann die Sicht auf mich frei.

Ich hielt den Atem an, als ich zur Tür sah.

Um Himmelswillen, konnte der Tag nicht noch schlimmer werden?

Was sollte ich jetzt machen? Wieso musste ich mich ihm schneller stellen, als mir lieb war? Als er den Raum betrat spürte ich seine enorme Macht und Autorität. Ich versuchte irgendeine Gefühlsregung in seinem Gesicht zu erhaschen. Nichts – seine Mimik war ausdruckslos. Im Kontrast dazu war seine angespannte Körperhaltung. Wo war das Loch im Boden, damit ich darin versinken konnte? Er sah mich an und sein strenger Blick wich einem liebevollen, fast leiden Blick.
 

Taichi verbeugte sich leicht vor ihm und trat einen weiteren Schritt von meinem Bett weg. Leise fragte er meinen Vater ob er den Raum verlassen sollte. Dieser verneinte seine Frage. Daraufhin ging er an das Fenster und sah in den Krankenhauspark.

Mein Vater zog sich einen Stuhl an mein Bett.

Oh, oh, jetzt würde das große Donnerwetter kommen. Mir wurde schlecht. Ob von der Gehirnerschütterung, oder vor Nervosität konnte ich nicht sagen. Ich sackte in meinem Bett weiter zusammen. Resigniert warf ich meinem Kopf auf das Kissen.

„Na los, mache mir Vorwürfe. Sag mir, dass du mir schon immer gesagt hast, dass er nicht der Richtige für mich ist. Dass die Ehe mit ihm ein Fehler ist. Dass er der Falsche für mich ist. Das du mir schon immer gesagt hast, dass das nicht gut gehen kann.“
 

Ach du Schreck! Hatte ich das alles wirklich laut gesagt? Ich bin so doof. Ich hatte wirklich einen an der Waffel. Vielleicht sollte ich Joey mal fragen, was für einen Drogencocktail an Medikamenten er mir verabreichen ließ. Ich sprach mit meinem Vater verdammt noch mal.
 

„Ich wollte dir eigentlich sagen, dass ich mich freue, dich endlich mal wieder zu Gesicht zu bekommen. Auch wenn die Umstände besser sein könnten.“

Mein Vater sah mir in die Augen. Sein Blick war frei von Vorwürfen oder Anschuldigungen. Das Einzige was ich sehen konnte war der Schmerz den er fühlte. So hatte er mich früher immer angeschaut, wenn ich mich verletzt hatte.

Er wollte mich umarmen, als er aber meine Reserviertheit merkte streichelte er mir beruhigen über meinen Handrücken. „Mimi höre mir bitte zu. Es wird bald ein Polizist hier auftauchen und dich nach deinen Verletzungen fragen. Bitte sei nicht zu stolz und verschweige dir Wahrheit. Sage was wirklich passiert ist.“ Er versuchte über meine lädierte Wange zu streicheln. Erschrocken zuckte ich zusammen. Sofort nahm mein Vater seine Hand von mir. „Was hat er dir nur angetan?“, murmelte er vor sich her.

Verschämt drehte ich meinen Kopf weg. „Er ist nicht so weit gegangen, wie du denkst“, flüsterte ich.

„Er ist viel zu weit gegangen, Mimi“, rief er aufgebracht. Ich merkte, wie er die Luft scharf einzog.

„Ich hoffe, wir sind uns beide darüber einig, dass du nicht mehr zu deinem Ehemann zurück gehst.“

„Ich sehe so aus, weil er mitbekommen hat, dass ich ihn verlassen habe, Papa. Mich bekommen keine zehn Pferde mehr in diese Wohnung, oder auch nur in seine Nähe.“

„Das freut mich zu hören. Trotzdem kannst du nicht nach Hause zurück.“
 

Ich fühlte mich im freien Fall. Da war sie, meine Bestätigung, dass mein eigener Vater nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Meine Freunde, wenn sie es noch die meinigen waren, würden genauso regieren.

„Ich kann verstehen, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest“, flüsterte ich so leise, dass mein Vater meine Worte eigentlich nicht hören konnte.

Eigentlich!

„So ein Quatsch möchte ich nie wieder hören, Mimi.“

„Warum-“

„Mimi, bei deiner Mutter und mir wird Hiroaki dich als erstes suchen. Daher möchte ich nicht, dass du bei uns wohnst. Das wäre zu gefährlich für dich. Außerdem kann ich es Tai nicht zumuten, bei uns im Haus zu wohnen.“

Und schon wieder Taichi! Was zum Geier geht hier vor sich?

„Was hat er damit zu tun?“

Ich sah, wie mein Vater den Blickkontakt zu Taichi aufnahm. Dieser nickte ihm zu.

„Ich bin der Sicherheitschef in der Kanzlei deines Vaters. Seit heute Nachmittag ist es meine Aufgabe für deine Sicherheit zu sorgen. Das heißt, dass wir die nächste Zeit zusammenwohnen werden. Damit es mir leichter fällt dich zu schützen.“
 

Moment!

Halt!

Stopp!

Ich habe mich verhört, oder?

Ich sollte was?

Die Beiden wollten mich verschaukeln!
 

Ich habe mich von meinem Ehemann getrennt und nicht von dem Yakuza Boss höchstpersönlich. Warum sollte ich einen persönlichen Bodyguard brauchen? Und falls ich einen brauchen sollte, warum musste es ausgerechnet Taichi sein? Wegen ihm musste ich so manche harten Schläge von meinem Ehemann einstecken. Nur weil ich es gewagt habe seinen Namen auszusprechen. Noriaki war immer der Meinung, dass ich mal etwas mit ihm hatte. Auf diesen abwegigen Gedanken kam er, weil Taichi und ich immer eine sehr spezielle Form der Unterhaltung pflegten. Deswegen hatte ich mir angewöhnt gar nicht mehr über ihn zu sprechen, oder an ihn zu denken. Ich wollte ihn einfach vergessen, damit mein Leben einigermaßen ertragbar war.

Das er jetzt wieder in mein Leben getreten ist und an mich glaubt schmeichelt meiner geschundenen Seele. Er war höchstwahrscheinlich mit meinem Vater der Retter in der weißen Rüstung für mich. Aber musste ich deswegen gleich mit ihm zusammenziehen?

Ich bleibe dabei: Die Beiden haben einen Knall.
 

„Du spinnst wohl! Warum sollte ich das machen?“

„Vielleicht, weil du einen Platz zum Schlafen benötigst? Oder etwas zu Essen? Damit du so weit wie möglich weg bist von dem Mistkerl, der dir das alles angetan hat. Das sind nur ein paar Gründe, soll ich weiter machen, Prinzessin?“ Taichi sah mir eindringlich in die Augen.
 

„Mimi, ich habe mich für Tai entschieden, weil du ihn kennst und vertraust“, redete mein Vater auf mich ein.

„Vertrauen? Ich kann mir noch nicht einmal selbst vertrauen. Wie sollte ich das bei einem anderen Menschen können? Ich war in Tais Augen immer das verwöhnte Prinzesschen. Immer wenn wir aufeinandergetroffen sind haben wir uns gestritten.“

„Ich diskutiere nicht mit dir. Den Fehler, den ich vor so vielen Jahren gemacht habe, werde ich jetzt nicht wiederholen.“ Die Stimme von meinem Vater klang aufgebracht.

Erschrocken sah ich meinen Vater an. „Welcher Fehler war das? Ich habe mich freiwillig für das Leben entschieden, dass ich bis jetzt geführt habe.“

„Und das war mein Fehler“, kam es leise von ihm. „Dieses Mal wirst du auf mich hören. Tai ist für deine Sicherheit zuständig. Deswegen führt kein Weg daran vorbei, dass ihr zusammenwohnt.“
 

„Du bist immer eine sehr gute Freundin von mir. Ich werde dich nicht im Stich lassen. Nicht noch ein mal.“
 

Irrte ich mich, oder machten sich beide Männer Vorwürfe?
 

„Was sollte Norikai so gefährlich machen?“ Diese Frage war naiv von mir, aber ich wollte Antworten. Ich verstand das Handeln der Männer nicht. Für mich war das viel zu übertrieben.
 

Mein Vater sah mir traurig in die Augen, als er sprach: „Was weißt du über das Berufsleben von ihm?“
 

Oje, musste diese Frage kommen? Mit meiner Antwort werde ich den Beiden beweisen, wie blauäugig ich durch mein bisheriges Leben gegangen bin.
 

„Ähm … Ich … Eigentlich … Nichts. Ich weiß nur, dass er Geschäftsmann ist.“

„Das habe ich mir gedacht. Hast du dich nie gefragt, wie er in so jungen Jahren eine eigene Firma aus dem Nichts erschaffen konnte?“

„Ich sollte mir nie Gedanken darüber machen. Falls ich gefragt habe, kam immer die Antwort ‚Darüber musst du dir nicht deinen Kopf zerbrechen.‘“

Mein Vater seufzte, „In seiner Jugend hat er sich auf die falschen Menschen eingelassen. Zurzeit läuft es nicht gut in seiner Firma. Kurz gesagt er steht vor der Pleite. Daher bekommt er Druck von seinen Geldgebern. Du sollst ihm helfen, seine Schulden zu tilgen. Mehr werde ich nicht sagen. Je weniger du von den Geschäften deines Ehemannes weißt, desto besser ist es für dich.“
 

Ich merkte, wie das Blut in mir absackte. Alles drehte sich um mich herum, mir wurde speiübel und endlich kam es.

Die Erleichterung.

Ich merkte noch wie einer der Beiden mir in einer raschen Handbewegung die Nierenschale vor den Mund hielt. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, wie die saure Flüssigkeit meinen Mund verließ.

Zwar fühlte ich mich jetzt erleichtert, trotzdem würde ich am liebsten im Erdboden versinken.

Oh man, ich habe vor meinen Vater und Taichi gekotzt. Hoffentlich habe ich keinen erwischt. Ultra peinlich.

Eine warme Hand strich mir beruhigend über den Rücken. Ich wusste sofort zu wem diese gehörte, da er der Einzige war, den ich zurzeit so nah an mich heranließ.
 

„Es tut mir so leid, dass ich für dich nicht da war, als du mich gebraucht hattest. Jetzt werde ich immer auf dich aufpassen. Nicht weil es mein Job ist, sondern weil du eine Freundin bist. Ich verspreche dir, dass er nicht mehr in deine Nähe kommt. Dein Vater, sein Anwalt und ich werden daran arbeiten, dass er dir nie wieder etwas antun kann. Die anderen und vor allem ich werden dich in allem unterstützen, dass du wieder in dein Leben zurückfinden kannst. Du solltest dich ausruhen, die ganze Aufregung war zu viel für dich.“
 

Ich spürte, wie Taichi mich in eine innige Umarmung zog und mir einen kleinen freundschaftlichen Kuss auf meinen Haarschopf drückte. Diese Geste löste so viel in mir aus:

Hoffnung, Zuversicht, Sicherheit, Geborgenheit, Vertrauen, den Mut neu anzufangen und eine Wärme durchzog mein Körper. Diese irritierte mich ein wenig.

Meine innere Stimme sagte mir, dass ich ihm vertrauen konnte. Immerhin hatte ich dies schon getan, bevor ich mich an seinen Namen erinnern konnte. Zaghaft legte ich meine Arme um seinen Oberkörper. Diese Nähe zum ihm tat mir so gut.
 

Diesmal seufzte ich ergeben auf, wenn es der Wunsch der beiden Männer war, dann sollte es so sein. Immerhin hatte ich so ein Dach über den Kopf und etwas zu essen. Ich sollte jetzt nicht zu stolz sein und die Hilfe, die mir angeboten wurde ausschlagen.

In mir wuchs die Hoffnung, dass ich endlich das Leben, leben konnte, dass ich mir gewünscht hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tasha88
2020-01-28T04:07:17+00:00 28.01.2020 05:07
Hallo Glitzersteinchen,
Ein schönes Kapitel. Du schreibst wirklich toll in der ich-Form.
Und mehr bekomme ich um die Uhrzeit nicht raus 🙈🙈🙈
Ganz liebe Grüße <3
Antwort von: abgemeldet
03.02.2020 00:04
Hallo kleiner Geist :)

Oh, da wurdest du aber früh aus dem Bett geschmissen. >.< Ich hoffe es war früh und nicht immer noch wach.

Danke für deine lieben Worte. Sie haben meine Seele gestreichelt. :)
Ganz liebe Grüße und eine schöne Woche >3


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