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Die geheimnisvolle Insel

von

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Kapitel 1
 


 


 

„Habt ihr das auch gehört?“, fragte Joey neugierig, als er seine Freunde am Montagmorgen vor der Schule traf.
 

„Was denn?“, gähnte Tristan.
 

„Was denn?.....“, äffte der Blondschopf, verständnislos den Kopf schüttelnd, nach. „.... ich rede von dem Flugzeugabsturz.... Kaiba ist mit an Bord gewesen.“
 

„Armer Mokuba“, kam es von Tea. „Es muss sehr hart für ihn sein, er hat doch niemanden mehr außer seinem Bruder.“
 

„Das klingt so, als wäre Kaiba tot“, bemerkte Bakura trocken. „Was mich allerdings nicht wundern würde. So einen Absturz kann man nicht überleben.“
 

„Ist er nicht“, widersprach Yugi sofort. „Ich hab mit Mokuba telefoniert. Kaiba ist zwar schwer verletzt, aber er ist am Leben.“
 

„Mag jetzt herzlos klingen...“, räumte Joey ein, wurde dann ziemlich ironisch. „... aber das wird ohne den großen Seto Kaiba eine ruhige Zeit.“
 

„Ha... wetten das du nach mindestens einer Woche jammerst, weil dir die Zankerei mit ihm fehlt?“, lachte Tristan gemein.
 

„Spinnst du....“, empörte sich Joey. „.... ich werde seine ständigen Beleidigungen sicher nicht vermissen.“
 

„Die Wette halte ich“, grinste Bakura. „Du sagst eine Woche....“, dabei sah er Tristan an, der bestätigend nickte. „.... ich sage, dass unser lieber Joey deswegen schon nach drei Tagen schlechte Laune kriegt.“
 

„Spinnt ihr jetzt total?“, empörte sich der Blondschopf und blies sich eine Strähne aus dem Gesicht.
 

„Nö....“, kam es von Tristan und Bakura gleichzeitig, die ihn breit grinsend ansahen.
 

„Ich brauch unbedingt mehr Freundinnen“, stöhnte Tea, griff sich an ihre Stirn und rieb sich diese, als würde sie das eben gehörte einfach beiseite wischen können.
 

„Um was wetten wir?“, fragte Tristan unbeeindruckt seinen weißhaarigen Klassenkameraden.
 

„Um Hausaufgaben.... gewinnst du, machst du für zwei Wochen meine und umgekehrt“, schlug dieser vor.
 

„Als ob du Hausaufgaben machen würdest“, kam es trocken von Joey.
 

„Einverstanden...“, stimmte Tristan zu und beide Schüler besiegelten ihre Wette mit einem Handschlag.
 

„Wer solche Freunde hat braucht keine Feinde“, murrte der Blondschopf, nahm seine Schultasche und verzog sich ins Schulgebäude.
 


 


 

********
 


 

Spät am Montagabend im Krankenhaus...
 

„Komm Mokuba, ich bring dich nach Hause“, forderte Roland sanft den Bruder seines Chefs auf.
 

„Nein... ich bleibe hier“, weigerte sich der Teenager sofort. „Seto braucht mich, ich lasse ihn nicht im Stich.“
 

Trotz der rotgeweinten Augen, war deren Blick fest entschlossen. Die Nachricht von Setos Absturz war ein Schock für ihn gewesen, aber der Anblick seines, an Maschinen angeschlossenen Bruders, riss ihm den Boden unter den Füßen weg. Seto war immer stark, hatte sich immer um alles gekümmert und dafür gesorgt, dass es seinem kleinen Bruder an nichts mangelte. Ihn jetzt so auf der Intensivstation zu sehen war fast zu viel für ihn. Die Ärzte sagten, dass Seto ohne die vielen Gerätschaften nicht überleben würde und dass es unklar sei, ob er jemals wieder vollkommen gesund werden würde.
 

Das war jetzt fast eine Woche her, jeden Tag hoffte Mokuba, dass sein Bruder die Augen öffnete und alles wieder gut wurde, aber dem war nicht so. Nur widerstrebend ließ er sich Abends nach Hause bringen, in ein Zuhause welches jetzt so kalt und leer war.

Zur Zeit brauchte er nicht zur Schule, wegen des Unglücks, aber in einer Woche musste er sich wieder dem Alltag stellen. Inständig hoffte er, dass Seto bis dahin aus dem Koma erwachte... überhaupt wieder aufwachte.
 

Ob sein Bruder von seinen Mitschülern vermisst wurde?
 

Wohl eher nicht, seufzte Mokuba innerlich. Es würde ihn nicht wundern, wenn sie nicht mal sein fehlen bemerkten. Keiner von ihnen hatte sich je die Mühe gemacht hinter die kalte, arrogante Fassade Setos zu blicken.

Das war nicht ganz richtig, korrigierte sich Mokuba. Es gab da schon eine handvoll Mitschüler, die sich immer wieder bemühten Setos Freundschaft zu erringen, was zugegebener weise nicht einfach war, aber sie gaben nicht auf.

Yugi hatte ihn angerufen, als er von dem Unglück hörte, seitdem hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Vielleicht sollte er das heute Abend ändern... vielleicht würde es ihm selbst dann auch etwas besser gehen.
 

Roland stand immer noch abwartend neben Mokuba, der sich jeden Abend schwer tat seinen Bruder in der Klinik zurückzulassen. Schließlich erhob sich der Teenager, trat an das Krankenbett, strich seinem Bruder sacht über den Handrücken.
 

„Ich geh jetzt, großer Bruder“, sagte er leise. „Morgen komme ich wieder, versprochen“
 

Schweren Herzens, verließ er – nach einem letzten Blick auf seinen Bruder – dessen Krankenzimmer und ließ sich von Roland nach Hause bringen. Nach dem Abendessen griff er sich sein Telefon und wählte Yugis Nummer.
 


 


 


 

*******
 


 


 


 

Es fiel Joey unerwartet schwer seine gute Laune beizubehalten, vermisste er doch tatsächlich die täglichen Streitereien mit seinem erklärten Erzfeind. Aber er wollte seinen sogenannten 'guten' Freunden beweisen, dass sie unrecht hatten.

Am dritten Tag nach Wettbeginn saßen alle schon in ihrem Klassenzimmer, plauderten noch ein wenig während sie auf die Lehrkraft warteten.
 

„Schon schlechte Laune, Joey?“, stichelte Bakura, schon allein um die Wette zu gewinnen, wollte er den Blondschopf reizen.
 

„Nein... ich bin in ausgesprochen guter Stimmung“, gab dieser flapsig zurück und streckte dem Weißhaarigen frech die Zunge heraus.
 

„Hm.... das kann sich schlagartig ändern....“, Bakura grinste böse. „.... Köter.“
 

Kurz verdunkelten sich die braunen Augen Wheelers vor Ärger, doch beherrschte er sich. Dennoch reichte es Bakura, um zu wissen, wie er seinen blonden Mitschüler aus der Reserve locken konnte und am Ende des Tages würde er es erreicht haben.
 

„Haben deine Freunde endlich erkannt was du bist?“, erklang die gewohnt kühle Stimme ihres Mitschülers, mit dem sie so überhaupt nicht rechneten.
 

Joey fuhr herum und starrte die schlanke Gestalt seines Erzrivalen entgeistert an. Halluzinierte er jetzt schon? Sollten ihm die Streitereien dermaßen fehlen? Aber wieso sah er Kaiba so real als würde er vor ihm stehen?
 

„Scheinbar hast du das Sprechen inzwischen verlernt“, spottete Kaiba.
 

„Aber.... wie.... warum bist du hier?“, stotterte Joey, der sich immer noch fragte ob er träumte oder nicht.
 

„So ungern ich es zugebe, aber ich gehe hier zur Schule“, schüttelte Kaiba den Kopf, zeigte damit deutlich, dass er erheblich an der Zurechnungsfähigkeit des Chaoten zweifelte.
 

„Das weiß ich, du Blödmann“, knurrte Joey.
 

„Tatsächlich?“
 

„Argh.... was ich damit sagen wollte....“, murrte der Blondschopf ärgerlich. „.... wieso liegst du nicht halbtot im Krankenhaus?.... So wie es die Presse versprochen hat.“
 

„Genau...“, mischte sich Yugi mit ein. „... Mokuba war völlig aufgelöst, als ich ihn anrief.“
 

„Das muss ich euch nicht beantworten...“, erwiderte Kaiba kühl, er wollte die Frage wirklich nicht beantworten, wusste aber auch, dass dieser 'Kindergarten' keine Ruhe geben würde, bis er eine befriedigende Antwort hatte. „... aber ich will mal nicht so sein. Ein übereifriger.... Mensch …. gab Informationen an die Presse weiter, die noch nicht verifiziert waren.“
 

„Dann geht es dir gut?“, wagte Tea eine persönliche Frage zu stellen.
 

Sogleich wanderte eine Augenbraue höher, während Kaiba sie ansah, das Augenrollen konnte er gerade noch verhindern. Tatsächlich war er noch etwas angeschlagen, aber das würde er vor niemandem zugeben, schon gar nicht vor diesen Nervensägen.
 

„Mir geht es blendend, Gardner“, ließ er sich herab ihre Frage zu beantworten, begab sich dann zu seinem Platz und ließ sich nieder.
 

„Kaiba, auf dich ist echt kein Verlass“, grollte Bakura düster, der sich nun selbst um seine Hausaufgaben kümmern musste.

Dass er für seine Bemerkung einen der gefürchteten 'Eisblicke' erntete störte ihn keine Spur.
 

Insgeheim bereute es Kaiba schon, so kurz nach dem Absturz die Arbeit wieder aufgenommen zu haben, aber ein Rückzieher kam für ihn jetzt nicht mehr in Frage. Es war völlig indiskutabel, dass er hier Schwäche zeigte. Aus diesem Grund war er auch nicht länger als nötig im Krankenhaus geblieben, obwohl die Ärzte ihm bis zur letzten Sekunde nahelegten noch ein paar Tage in der Klinik zu bleiben.... selbst Mokuba biss in diesem Punkt bei ihm auf Granit.

Hier im stickigen Klassenzimmer wurde sein eiserner Wille, sich nichts anmerken zu lassen, auf eine verdammt harte Probe gestellt.

Ein Ärgernis waren auch die ständigen musternden Blicke seiner Mitschüler, vor allem die seines sehr speziellen 'Fanclubs'. Gut, das taten sie so gut wie jeden Tag, aber diesmal lag etwas in ihren Blicken, gerade so als würden sie jeden Moment erwarten, dass er einfach umfiel. Dabei sollten sie ihn besser kennen.

Genau deswegen warfen sie ihm – unabhängig voneinander – prüfende Blicke zu. Keiner von ihnen glaubte Kaiba dessen Geschichte. Es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder Kaiba saß gar nicht in dem abgestürzten Flugzeug und der Pressebericht war nur ein mieser PR-Trick, um die Verkaufszahlen anzukurbeln oder besagter Jungunternehmer verheimlichte etwas und das sogar vor seinem Bruder.

Nach der letzten Stunde, raffte Kaiba seine Sachen zusammen und eilte aus der Klasse und wenig später aus der Schule.
 

„Der hat das aber eilig“, wunderte sich Joey, der sich innerlich schon für eine verbale Auseinandersetzung gewappnet hatte.
 

„Doch noch schlechte Laune?“, grinste Bakura ihn provozierend an.
 

„Warum?“, tat Joey unwissend.
 

„Weil es keinen Streit mit deinem Lieblingsfeind gab“, meldete sich Tristan auch wieder zu Wort.
 

„Mir geht es so blendend wie diesem Eisklotz“, grinste Joey breit. „Wir sehen uns morgen.“
 


 

So blendend ging es Kaiba gar nicht. Für gewöhnlich fuhr er nach der Schule in die Firma, diesmal nicht. Sein Weg führte direkt nach Hause, kaum dass er seine Villa betrat, schickte er seine Angestellten nach Hause. In seinem Schlafzimmer pellte er sich aus seiner Schuluniform, schlüpfte in eine bequeme Jeans und ein einfaches T-Shirt. Unschlüssig stand er vor seinem Bett, eigentlich müsste er arbeiten und Hausaufgaben machen, aber seine äußerst bequeme Liegestatt hatte gerade eine riesengroße Anziehungskraft. Der Länge nach fiel er auf diese und beschloss einfach liegen zu bleiben. Zum Glück konnte er Mokuba davon überzeugen, dass er sich keine Sorgen um ihn machen musste und er mit ruhigen Gewissen die vierzehntägige Klassenfahrt antreten sollte, auf die er sich so sehr gefreut hatte.

Langsam sank die Stille des Hauses auf ihn herab, nicht unangenehm, vielmehr wie eine leichte kühlende und irgendwie tröstende Decke. Seufzend drehte er sich auf den Rücken und starrte an die Decke.

Der Absturz steckte ihm noch ziemlich in den Knochen, die Angst, die er in dieser Situation empfand, raubte ihm den Atem. Er wusste immer noch nicht, wie es überhaupt zu diesem Unglück kam. Fragen hatten sie ihm gestellt, kaum dass er wieder bei Bewusstsein war, aber wirklich erinnern konnte er sich an dieses einschneidende Ereignis nur sehr, sehr verschwommen.
 


 

Unruhig wälzte sich Kaiba im Bett hin und her, die Erinnerung an den Absturz quälte ihn.

'Zeit zum Aufwachen', wehte eine dunkle Stimme durch seinen Geist, auf die er allerdings nicht reagierte.

'Steh auf!', bellte die Stimme nun klar und deutlich.

Panisch riss Kaiba die Augen auf und schoss wie von der Tarantel gestochen in die Höhe. Taumelnd sah er sich in seinem Zimmer um, sein Herz schlug ihm schwer und hart gegen die Rippen. In jedem Zentimeter seines Körpers konnte er dessen Schlag spüren.

Die Stimme war so real, dass er dachte, es wäre jemand in seinem Zimmer.... doch konnte er nichts sehen. Mit zittrigen Fingern fuhr er sich durch die Haare.

Obwohl er lange geschlafen hatte, wie ihm ein Blick auf die Uhr verriet, fühlte er sich wie erschlagen.
 

Was war nur los mit ihm?
 

Waren das die Nachwehen des Absturzes und würden bald vergehen?
 

Sicher war das so, es konnte nur der Grund sein. Mit diesen Worten beruhigte er sich und fand langsam seine Gelassenheit wieder. Ins Bad gehend schälte er sich aus seinen Klamotten, stieg unter die Dusche und genoss das heiße Wasser auf seiner Haut. Mit den Händen stützte er sich an den kühlen Kacheln ab und ließ das angenehme Nass über seinen Rücken laufen.

Beim Absturz musste er eine Armee aus Schutzengeln gehabt haben, sonst hätte er diesen nicht überleben können.
 

'Kein Schutzengel', tönte diese raue dunkle Stimme erneut durch seinen Geist. 'Das war ich.'
 

Unwillig schüttelte Kaiba den Kopf, versuchte auf diese Weise die unbekannte Stimme loszuwerden. Diese Situation erinnerte ihn an die Zeit, in der sein Körper von einer fremden 'Macht' übernommen wurde und das nicht nur einmal. Er dachte, dass er diesen Blödsinn endlich hinter sich hatte, offenbar ein Irrtum oder es lag wirklich an dieser Katastrophe, die seinen Geist vermutlich ziemlich durcheinander gebracht hatte.
 

'Quatsch', murrte die Stimme. 'Reiß dich zusammen, wir müssen arbeiten.'
 

„Arbeiten...“, wiederholte Kaiba leise, als wüsste er mit dem Wort nichts anzufangen, doch dann straffte sich seine Haltung. „Das macht Sinn.“
 

Alle störenden Gedanken in den hintersten Winkel seines Geistes verbannend, beendete er das Duschen. In den letzten Tagen hatte er seine Firma sträflich vernachlässigt, dass würde sich jetzt ändern. Keinen Gedanken an die Uhrzeit verschwendend, zog er sich an, wie von selbst wählte er einen Anzug, verzichtete allerdings auf die Krawatte, vielmehr ließ er die obersten Knöpfe seines Hemdes offen. So spät am Abend würde sich wohl kaum ein Geschäftspartner bei ihm blicken lassen, da konnte er ruhig etwas legerer sein.

Eine dreiviertel Stunde später parkte er seinen Wagen in der Tiefgarage seiner Firma. Der Fahrstuhl brachte ihn direkt auf seine Büroetage. Ruhig und friedlich breitete sich die Etage vor ihm aus, als er den Lift verließ.

„Ich sollte öfter Nachts arbeiten, dann hab ich wenigstens meine Ruhe“, seufzte er und genoss diese Stille.

Die Notbeleuchtung sorgte für genügend Licht, um problemlos sein Büro zu erreichen. Bevor er dieses betrat, machte er sich noch eine Kanne Kaffee. Die Kanne, samt Tasse, auf seinem Aktenkoffer balancierend betrat er sein Büro.
 

„Licht!“, befahl er, um die Beleuchtung einzuschalten.
 

'Dir gehorcht das Licht?' ertönte die, inzwischen nicht mehr so fremde, Stimme verwundert.
 

„Ist praktisch, wenn man die Hände nicht frei hat, um den Lichtschalter zu betätigen“, erklärte Seto mürrisch.
 

Irritiert blieb er stehen. Redete er jetzt schon mit sich selbst?
 

„Kaiba, hör auf Selbstgespräche zu führen, das ist doch nicht normal“, kritisierte er sich und setzte seinen Weg fort.
 

'Das ist kein Selbstgespräch', kicherte die Stimme.
 

„Ach nein?“, hakte Kaiba ironisch nach. „Was ist es dann?“
 

Auf seinem Schreibtisch lag ein Stapel Akten, der förmlich nach Bearbeitung schrie. Sonst lagen nie welche auf dem Schreibtisch, er arbeitete sie immer alle ab, ehe er nach Hause fuhr. Das zeigte ihm, dass er viel zu lange nicht präsent war.
 

'Das ist eine Unterhaltung', brachte sich die Stimme wieder in Erinnerung.
 

„Ja, klar...“, rollte Seto genervt die Augen. „... eine Unterhaltung zwischen mir und mir.... wirklich sehr aufschlussreich.... und jetzt reiß dich zusammen Kaiba, konzentriere dich auf deine Arbeit.“
 

Er goss sich Kaffee ein, nahm entschlossen die erste Akte und schlug sie auf. Nur nebenbei bemerkte er eine gewisse Neugier, der er keine weitere Beachtung schenkte. Immerhin war es nicht die erste Akte, der er sich widmete. Mit der Zeit verschwand dieses neugierige Interesse und machte unendlicher Langeweile platz.
 

'Wie kannst du so was nur machen?' fragte die Stimme gelangweilt. 'Das ist ja zum Einschlafen und wir haben keine Zeit.'
 

Beim Klang dieser Worte zuckte Kaiba etwas zusammen, seufzend rieb er sich die Schläfen.

„Das ist meine Arbeit“, murrte er.
 

'Das ist egal.... wir müssen endlich anfangen', widersprach die immer präsenter werdende Stimme.
 

„Was glaubst du wohl, was ich hier tue?“, fragte der Brünette genervt.
 

Wie schlecht musste es ihm gehen, wenn er schon mit sich selber stritt? Dafür war dieser blonde Chaot Wheeler zuständig, mit ihm konnte er sich immer prima streiten und somit seinen Frust abbauen.
 

'Ich bin nicht du', hallte es ungehalten durch seinen Kopf. 'Merk dir das.'
 

„Ach nein?“, giftete Seto zurück. „Ich sehe aber niemand anderen hier.“
 

So langsam wurde es wirklich absonderlich was er hier tat. Wenn das jemand mitbekam, wurde er schneller in die Psychiatrie eingewiesen, als er verhindern könnte. Saß er dort erst mal fest, würde es ewig dauern, bis er wieder rauskam.
 

'Sieh zum Fenster', forderte sein anderes ich.
 

Unwillkürlich wandte Kaiba den Kopf und erblickte sich. Die Verwirrung und Verärgerung waren ihm deutlich anzusehen, was seine Laune nicht gerade hob. Energisch stand er auf und schritt auf das Panoramafenster zu, auf den Weg dahin geriet er ins Stocken. Jetzt spielten ihm seine Augen auch noch einen Streich, denn das was er sah konnte nur seiner gerade ziemlich desolaten Fantasie entspringen.
 

„Ich bin eindeutig überarbeitet“, seufzte er, schloss die Augen und rieb sich die Schläfen, in der Hoffnung, dass gleich alles wieder normal sein würde.
 

Langsam hoben sich seine Lider wieder, nur um sich gleich wieder zu schließen. Es war nicht von der Hand zu weisen, er wurde langsam verrückt.
 

'Mach endlich die Augen auf', wurde er angefahren. 'Wie kann man nur so stur sein?'
 

Unwillkürlich riss er die Augen wieder auf und starrte das Spiegelbild an.
 

„Ich bin nicht stur“, konterte Seto aufgebracht. „Ich glaube nur nicht, was mir mein übermüdetes Gehirn vorgaukelt.“
 

'Es reicht', fauchte die Stimme, gleichzeitig sah das Spiegelbild sehr wütend aus. 'Ich werde es dir beweisen, dass ich sehr real bin.'
 

Das war schon faszinierend, wie Seto feststellte. Sich mit sich zu streiten und das auch noch bildlich dargestellt war bestimmt nicht so verbreitet.
 

'Auf das Dach!... Sofort!'
 

Ohne sein Zutun setzten sich seine Füße in Bewegung, es kostete viel Kraft sich dagegen zu stemmen.
 

„Was soll ich da?“, giftete Kaiba. „Außerdem lass ich mich nicht herumkommandieren.“
 

'Ich zeige dir, dass ich keine Einbildung bin.'
 

Jetzt wurde es wirklich skurril. Es war für ihn schon befremdlich mit sich selbst zu streiten, aber sich jetzt gegen seinen eigenen Körper zu wehren, setzte dem ganzen die Krone auf.
 

„Auf dem Dach?“
 

'Ja', war die kurze und knappe Antwort. 'Aber ich kann auch hier die Scheibe zerschlagen, nur würde ich gern wissen, wie du das deinen Leuten erklären willst.'
 

Während des Wortwechsel setzte sich Kaiba gegen seinen Willen in Bewegung, an der Tür hielt er sich fest, während seine Beine in die andere Richtung strebten. Weil er das nun doch ziemlich kindisch fand, gab er nach, verschränkte seine Arme vor der Brust und schwieg beharrlich. Im Fahrstuhl hielt er den Blick gesenkt, er wollte weder mit sich reden noch sich oder das was seine Fantasie ihm vorgaukelte sehen.
 

'Warum denn nicht gleich so', tönte es zufrieden in seinem Kopf.
 

„ ...“
 

'Wieso schmollst du jetzt?'
 

„ ....“
 

'Bist du nicht neugierig?'
 

„ …“
 

'Dann eben nicht', erklang es beleidigt. 'Ich hätte dir erzählt, was gleich auf dich zukommt, aber wenn du nicht willst, dann eben auf die harte Tour.'
 

Der Fahrstuhl hielt und die Tür öffnete sich mit einem leisen Pling. Kaiba straffte seine Haltung und trat auf das Dach hinaus. Sofort zerrte der kühle Nachtwind an ihm und ließ ihn frösteln.
 

„Ich bin auf dem Dach, wie sieht dein Beweis aus?“
 

Keine Ahnung warum er hier war, da er doch nur beweisen konnte, dass er verrückt wurde, sonst nichts. Das war allerdings sehr schlimm, wenn das amtlich wurde, würde ihm das Sorgerecht für seinen Bruder entzogen und das war das schlimmste was ihm passieren konnte... von seinem Bruder getrennt werden.
 

'Magst du fliegen?'
 

„Nein, sie nerven nur“, knurrte Seto zurück.
 

'Du bist so ein ….'
 

„... Sturkopf, eingebildeter Fatzke, Mistkerl, Großkotz oder Blödmann?“, bot Kaiba einige Bezeichnungen an, die ihm Wheeler immer an den Kopf warf.
 

'Ja.... das trifft es genau', wurde ihm ironisch geantwortet. 'Ich hoffe du fliegst gern, wenn nicht hast du Pech gehabt.'
 

Kaiba setzte sich in Bewegung.... gegen seinen Willen. Als er auf den Rand des Daches zusteuerte, geriet er langsam in Panik.
 

„Was wird das jetzt?“, fragte er argwöhnisch.
 

'Der Beweis, den ich dir schuldig bin', bekam er zur Antwort und deutlich konnte er das breite Grinsen aus den Worten heraus hören.

Verzweifelt krallte er sich an den Aufbauten fest.
 

„Indem du mich vom Dach wirfst?“
 

'Ich werfe dich doch nicht', kam es süffisant zurück. 'Du springst.'
 

Mit dem letzten Wort erreichte er den Dachrand und sah in die Tiefe.
 

„Nein, nein... nein... das geht nicht.... mein Bruder“, wehrte sich Kaiba verzweifelt.
 

Ein Schritt trennte ihn noch von der unendlich erscheinenden Tiefe... ein Schritt und alles wäre vorbei.
 

'Keine Sorge... vertrau mir', lockte diese Stimme.
 

„Dir vertrauen?“, ereiferte sich Kaiba. „Du zwingst mich hier an den Rand und verlangst, dass ich springe. Entschuldige, wenn ich dir gerade nicht vertrauen kann.“
 

'Dann lerne es', tönte es großzügig durch seinen Geist.
 

Zu genau fühlte er wie sich sein Fuß hob und den letzten Schritt machen wollte, mit allem Willen versuchte er das unvermeidliche zu verhindern.... vergebens.
 


 


 

*******
 


 

Das regelmäßige Piepen des Überwachungsmonitors beschleunigte sich, was sofort einen Alarm auslöste. Nur wenig später tauchte die Krankenschwester auf und überprüfte den Sitz des Sensors, der korrekt saß. Der Herzschlag des Patienten erhöhte sich noch mehr, ebenso begann der Körper zu krampfen. In diesem Moment betrat der benachrichtigte Mediziner das Zimmer, kurz darauf kämpfte er um das Leben des Jungunternehmers. Immer wieder drohte er seinen Patienten zu verlieren, bis er ihn nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder stabilisieren konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das wars wieder. Ich hoffe es hat euch gefallen.

Bis zum nächsten Mal

eure night-blue-dragon Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Karma
2019-12-19T20:01:46+00:00 19.12.2019 21:01
Als erstes ein kleines Fehlerchen: bei diesem Pling/i] fehlt die erste eckige Klammer, deshalb ist der ganze Rest kursiv.
Und auch ein winziger Kritikpunkt: Ich finde es etwas unlogisch, dass Seto von sich selbst als "Kaiba" denkt.
;)

Aber sonst: böööööööse!
>______________<
Fies und toll und genial und großartig und ... ich weiß nicht mehr, was ich schreiben soll. Das reißt total mit, ist superspannend und so herrlich verwirrend, wie ich's besonders mag.
:D
Ich bin jetzt schon tierisch gespannt darauf, wie's hier weitergeht.
*_____________*
Antwort von:  night-blue-dragon
19.12.2019 21:26
Danke für den Hinweis, habs gleich korrigiert.
Und was das mit dem Namen angeht, ich bin wohl auch etwas unlogisch, da ich mich auch mit meinem Nachnamen kritisierte - damit oute ich mich als jemand, der Selbstgespräche führt. *seufz*
Aber das ist wohl reine Ansichtssache.^^

So soll es auch sein.^^
Es wird auch noch eine Weile so bleiben... wer weiß, vielleicht auch bis zum Ende ... oder es wird schlimmer.^^

Ich freu mich jetzt erst mal auf dein nächstes Kapitel.^^
Antwort von: Karma
19.12.2019 21:40
Ah, noch jemand von der Selbstgespräche-Front.
XD
Da kann ich mich mit outen, dazu gehöre ich auch. Allerdings moppere ich mich meistens mit meinem Nick an, einfach weil der schon so lange Teil meines Lebens ist, dass der irgendwie dazugehört.
^^°
Aber du siehst, du bist nicht alleine.
;)

Uh, ich freu mich schon auf mehr Lesestoff.
*____*

Und das nächste Kapitel gibt's, aller Voraussicht nach, am Wochenende.
;)


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