Angelo von Maginisha ================================================================================ Kapitel 5: Mittelmeerblau ------------------------- Als sie in die Straße einbogen, in der sein Haus lag, ließ Michael den Wagen langsamer werden. Es war, als wäre ihm jetzt erst klar geworden, was er gerade im Begriff war zu tun. Er sah die Häuser der Nachbarn mit den gepflegten Gärten und den großen Doppelgaragen. Vor einem halben Jahr waren an der Ecke eine Familie mit Kindern eingezogen. Die Gegend war dafür prädestiniert. Es gab Schulen, ein Schwimmbad, einen Park, in dem man sich am Wochenende zum Picknick traf, und natürlich eine Kirche. In Salt Lake City gab es immer eine Kirche. Man konnte quasi keine zwei Straßen weit fahren, ohne wieder auf eine zu stoßen. Immerhin stellte die Stadt das Glaubenszentrum der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ dar, wie sich die Anhänger des Buches Mormon selbst betitelten. Michael hatte mit all dem nie viel am Hut gehabt. Es lies sich allerdings nicht leugnen, dass sie als Nachbarn sehr angenehme Leute waren. Und mitten unter diese netten Menschen mit ihrem Gerede von Liebe, Harmonie und Rechtschaffenheit brachte er jetzt einen barfüßigen Jungen, den er irgendwo auf einem Hinterhof in Las Vegas aufgelesen hatte. Mit dem er Sex gehabt hatte. Zweimal. Hätte er sich rot angemalt und hätte nackt mit Teufelshörnern auf dem Kopf durch die Straße getanzt, hätte es vermutlich nicht schlimmer sein können. Er warf einen Blick zu Angelo. Der Junge sah aus dem Fenster und betrachtete seine Umgebung ganz genau. Michael räusperte sich. „Also wenn wir gleich ankommen, wäre es vielleicht gut, wenn du zuerst einmal im Wagen bleibst. Ich werde meine Frau erst ein wenig darauf vorbereiten müssen, dass ich einen … Gast mitgebracht habe.“ Michael hätte gerne noch hinzugefügt, dass er keine Angst zu haben brauchte, aber es wäre eine Lüge gewesen. Er hatte ja selbst eine Scheißangst davor, wie Gabriella reagieren würde. Diese Frau war sein Ein und Alles, sein Lebensglück. Nur dass er jetzt gerade vorhatte, dieses Glück mit einem Schlaghammer zu bearbeiten. Michael stoppte den Wagen vor der Garage und stellte den Motor ab. Er konnte sehen, dass sie zu Hause war. Die Fenster im ersten Stock waren geöffnet und er bildete sich ein, dass er von irgendwo Musik hörte. „Ich … ich bin gleich wieder da“, versprach er Angelo, bevor er ausstieg und die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Mit langsamen Schritten ging er auf das Haus zu. Es war im Grunde genommen zu groß für sie zwei. Mit vier geräumigen Schlafzimmern, von denen sie eines in ein Büro und eines in einen Fitnessraum umgebaut hatten, den zwei Badezimmern und dem riesigen Wohnzimmer mit der offenen Küche, von dem man einen wunderbaren Blick auf den Garten mit dem eingelassenen Pool hatte, hätte es locker die doppelte Personenzahl beherbergen können. Gabriella hatte es über Beziehungen bekommen. Als Immobilienmaklerin musste man sich über so etwas natürlich keine Sorgen machen, auch wenn der Mann nicht eben die große Kohle nach Hause brachte. Michael öffnete die Haustür und ging hinein. Es war ein gutes Gefühl nach Hause zu kommen trotz allem. Er ging durch den kurzen Flur und fand Gabriella in der Küche, wo sie sich gerade etwas zu trinken eingeschenkt hatte. Als sie seine Schritte hörte, drehte sie sich um. „Michael.“ Das Erstaunen in ihrem Gesicht wich sogleich einem strahlenden Lächeln. „Du bist schon zurück?“ „Ja.“ Er blieb am Rand der Küche stehen und betrachtete sie für einen Augenblick. Sie war eine schöne Frau, zierlich, aber weiblich, mit langem, dunkelbraunem Haar, das ihr normalerweise in sanften Wellen um die Schultern fiel. Jetzt hatte sie es hochgebunden und auch ihre Kleidung ließ Michael vermuten, dass sie gerade Sport getrieben hatte. Die auberginefarbene Hose, die eine Handbreit über ihrem Knöcheln endete, fiel locker um ihre Hüften und ließ ihre Taille, die unbedeckt unter dem engen, schwarzen Top saß, noch schlanker wirken. Ihre festen Brüste wurden von dem Oberteil leicht angehoben und Michael kam nicht umhin, ihnen einen kurzen, bewundernden Blick zu schenken, bevor er ihr wieder in die Augen sah. „Ich hatte noch gar nicht mit dir gerechnet“, sagte Gabriella und stellte das Glas ab, bevor sie zu ihm herüberkam und ihm einen Kuss auf den Mund drückte. Er musste sich dafür zu ihr herunterbeugen und legte automatisch den Arm um sie, um sie an sich zu ziehen. „Ich habe dich vermisst“, murmelte er in ihr Haar und sog ihren Duft in sich auf. Es stimmte wirklich. Er hatte sich danach gesehnt, sie wiederzusehen. An anderen Tagen hätte er sie jetzt vielleicht auf den Arm genommen und ins Schlafzimmer entführt, aber heute ging das nicht. Heute hatte er noch eine andere Verpflichtung. „Wie war die Reise?“, fragte sie und lächelte ihn an. „Hast du was verkauft?“ „Mhm, ging so. Die Leute sind nicht eben aufgeschlossen, wenn es um deutsche Süßigkeiten geht. Ich glaube, die haben alle einen Lakritzschaden.“ Sie lachte. „Oh, mein armer, geplagter Mann. Wie wäre es, wenn wir es uns dafür heute Abend so richtig nett machen. Ich wollte nachher noch einkaufen gehen. Wenn du möchtest, kann ich was zum Barbecue mitbringen.“ „Das wäre toll“, antwortete er und wurde mit jedem Augenblick unruhiger. Er musste es ihr jetzt irgendwie erzählen, aber wie? Sie hatte inzwischen angefangen, den Inhalt des Kühlschranks zu inspizieren. Dabei summte sie vor sich hin und machte sich vermutlich im Kopf Notizen, was sie einkaufen wollte. Gabriella konnte das, während er schon einen Zettel brauchte, wenn er mehr als drei Dinge besorgen sollte. „Schatz“, begann er schließlich, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. „Ich … ich muss dir etwas sagen.“ Er sah, wie die Fingerknöchel der Hand, die sie um die Kühlschranktür gelegt hatte, weiß wurden. Hatte sie schon etwas geahnt? „Ist was passiert?“, fragte sie, ohne sich umzudrehen. „Nein“, beeilte er sich zu versichern. „Oder doch, ja, aber nichts ...“ Nichts schlimmes, wollte er sagen, aber er war sich nicht sicher, ob das auch die Wahrheit war. Als sie sich umdrehte, war ihre Miene undurchdringlich. Sie warf ihm einen Blick zu, der ihm einen Schauer über den Rücken jagte, bevor sie sich wieder um ein Lächeln bemühte. „Na dann rück mal raus mit der Sprache. Was hast du angestellt?“ Michael stand immer noch neben dem Küchentresen und kam sich seltsam verloren vor. Er wusste nicht wohin mit seinen Händen, und widerstand nur mühsam dem Drang, mit dem Autoschlüssel herumzuspielen, der neben ihm auf dem Tisch lag. Ihm fiel auf, dass er ihr normalerweise immer etwas mitbrachte, wenn er nach Hause kam. Entweder ein Mitbringsel von der Reise oder wenigstens ein paar Blumen. Das hatte er dieses Mal vergessen. Oder auch nicht, wie man es nahm. „Also weißt du, die Sache ist die. Ich war … in Vegas.“ Plötzlich hatte er Angst weiterzureden. Was, wenn sie es nicht verstand? Wenn sie ihm nicht zuhörte und ihn stattdessen rauswarf? Er dachte an Angelo, der draußen im Auto saß und straffte sich. Er konnte sich nicht verhalten wie ein Baby. Wenn sie ihn dafür hassen würde, würde es nicht besser werden, wenn er noch lange um den heißen Brei herumredete. „Ich habe dort jemanden kennengelernt.“ Als er sah, dass die Farbe aus ihrem Gesicht wich, hob er beschwichtigend die Hände. „Nein, nicht so. Ich will nicht … Ich habe nicht … Es war nur …“ „Er hat mich gerettet.“ Michael fuhr herum. Dort, mitten in seinem Wohnzimmer, stand Angelo und sah an ihm vorbei zu Gabriella. Er lächelte vorsichtig. Sie starrte den Jungen an, bevor ihr Blick zu Michael glitt. In ihrem Gesicht stand vollkommene Fassungslosigkeit. „Wer … wer ist das?“ Er atmete tief durch. „Das … ist Angelo. Seinen wahren Namen kennen wir nicht, aber irgendwie musste ich ihn ja nennen, also ...“ Er zuckte hilflos mit den Schultern. Angelo trat einen Schritt näher. „Michael hat mich gerettet“, wiederholte er. „Ohne ihn wäre ich jetzt vielleicht nicht mehr am Leben.“ „Was?“ Gabriella hatte anscheinend beschlossen, den Jungen, der nicht da sein konnte, zu ignorieren, und wandte sich wieder an Michael. „Ich verlange eine Erklärung. Was macht er hier?“ Michael hob erneut die Hand und deutete auf die Couch. „Vielleicht sollten wir uns setzen, dann ...“ „Ich will mich aber nicht setzen. Ich will wissen, was hier los ist?“ In Gabriellas Augen war ein warnendes Funkeln erschienen, das Michael anzeigte, das er besser schnell redete. Das hier lief überhaupt nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte. Wobei er sich eigentlich auch davor gedrückt hatte, es sich vorzustellen. „Also schön, ich erklär's dir. Aber bitte hör mir bis zum Ende zu, bevor du nach den Messern greifst.“ Er atmete noch einmal tief durch und berichtete dann davon, was sich am Abend zuvor zugetragen hatte. Wie er nach dem Gewinn im Casino auf Umwegen in dem Hinterhof gelandet war, in dem Angelo gefangen gehalten worden war, und dass er ihn anschließend mit ins Hotel genommen hatte. An dieser Stelle unterbrach Gabriella ihn. „Aber warum seid ihr nicht zur Polizei gegangen? Die hätten sich doch darum kümmern können.“ „Weil …“ Michael warf einen Blick auf Angelo. Konnte er das erzählen oder wäre es dem Jungen peinlich? „Diese Typen hatten ihm was gegeben und er war ziemlich … neben der Spur. Ich hatte Angst, dass ihm im Gefängnis was passiert.“ „Was hätte ihm denn da passieren sollen?“ „Eine Vergewaltigung zum Beispiel?“ Gabriella klappte den Mund auf, wahrscheinlich um ihm zu sagen, dass das ausgemachter Blödsinn war, aber dann zögerte sie plötzlich. Sie sah Michael an, bevor sie in Angelos Richtung blickte. Er konnte förmlich sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Plötzlich wurden ihre Augen groß. „Sag nicht, dass ...“ „Ja. Sie hatten ihm irgendwelche Sexdrogen gegeben. Er war vollkommen willenlos. Die hätten ihn im Knast total auseinander genommen. Das konnte ich nicht zulassen.“ „Und stattdessen hast du dich um das Problem gekümmert?“ Es war vermutlich nicht so gemeint, wie Michael es verstand, aber die Wirkung des Kommentars blieb trotzdem nicht aus. Er merkte, wie seine ohnehin schon windige Verteidigung ins Wanken geriet. „Ich … ich wollte es nicht. Es ist einfach so passiert. Und dann ist am nächsten Morgen dieser Polizist aufgetaucht und ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte. Da bin ich einfach ins Auto gestiegen und losgefahren und … habe Angelo mitgenommen.“ „Du bist vor der Polizei geflohen?“ Michael schrumpfte in sich zusammen. „Er hat auf uns geschossen“, gab er kleinlaut zu bedenken, aber das zählte offensichtlich nicht besonders viel. Tiefdruckgebiet Gabriella hatte sich erfolgreich zusammengebraut und entließ nun ihre gesamte, aufgestaute Schlechwetterlage über seinem Kopf. „Was fällt dir eigentlich ein?“, fauchte sie ihn an. „Dass du mit dem Jungen ins Bett gestiegen bist, kann ich ja so gerade noch nachvollziehen, aber ihn hierher mitzubringen? In unser Haus? Und noch dazu, wo die Polizei hinter ihm her ist. Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Das wird uns in Teufels Küche bringen. Du gehst jetzt sofort ins nächste Revier und klärst das und dann ...“ „Bitte, keine Polizei.“ Angelos Stimme war leise, aber er brachte es trotzdem fertig, Gabriella für einen Augenblick aus dem Konzept zu bringen. Sie klappte den Mund auf, um noch etwas zu sagen, aber er fuhr bereits fort. „Wenn Sie möchten, dann gehe ich, Mrs. Thompson. Ich wollte ihnen wirklich keine Umstände machen. Es ist nur … ich weiß nicht, wo ich hingehen soll. Ich habe sonst niemanden.“ Angelos große, blaue Augen schienen um Verzeihung zu bitten. Gabriella blinzelte. „Wie meinst du das, du hast niemanden? Was ist denn mit deinen Eltern?“ Angelo hob die Schultern. „Ich erinnere mich nicht. Der einzige Mensch, den ich kenne, ist Ihr Mann.“ Er warf Michael einen Blick zu. Es war kein verschwörerisches Zuzwinkern sondern eher eine Art Rückversicherung. Für wen von ihnen beiden, war sich Michael in diesem Augenblick nicht ganz sicher. „Amnesie?“, fragte Gabriella jetzt. Ihr Ton schwankte irgendwo zwischen besorgt und misstrauisch. „Das kannst du doch deiner Großmutter erzählen. Raus mit der Sprache. Was hast du ausgefressen?“ „Er weiß es wirklich nicht“, kam Michael Angelo jetzt zur Hilfe. „Wenn er wenigstens eine Adresse oder irgendwas gehabt hätte, hätte ich ihn hingebracht. Stattdessen hatten wir lediglich einen schießwütigen Cop auf den Fersen. Er und sein Kollege haben uns gestern Abend ins Hotel gebracht.“ Gabriella runzelte die Stirn und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. „Das heißt, die Polizei weiß von ihm?“ „Ja.“ „Und sie haben unsere Adresse?“ „Ja.“ „Und es ist euch niemand gefolgt? „Nein.“ „Mhm.“ Gabriella begann, in der Küche auf und ab zu laufen. Dabei murmelte sie auf Italienisch vor sich hin. Michael verstand kein Wort davon, aber als sein Blick auf Angelo fiel, zeigte der ein leichtes Lächeln. Als er Michaels Blick bemerkte, wurde es breiter. „Tua moglie è una pirata.“ Gabriella blieb stehen und sah ihn erstaunt an. „Tu parli italiano?“ „Sì.“ Es war nicht abzusehen, ob diese Eröffnung Gabriella irgendwie beeinflusste. Die Tatsache, das sein Kopf noch auf seinen Schultern saß und auch noch kein Mobiliar zu Bruch gegangen war, nahm Michael aber als ein gutes Zeichen. Offensichtlich kam Gabriella besser damit klar, als er zu hoffen gewagt hatte. Das hieß jedoch nicht, dass sie ihm nicht später noch die Hölle dafür heiß machen würde. Als hätte sie seine Gedanken gehört, lächelte sie Angelo zuckersüß an. „Würdest du vielleicht gerne etwas trinken? Du kannst dich auf die Terrasse setzen.“ „Vielen Dank.“ Angelo nahm das Glas entgegen, das sie ihm reichte, und tappte dann in Richtung der große, Glastür. Dort angekommen, sah er sich noch einmal nach Michael um. Der hätte ihn am liebsten zurückgerufen. Es war eigenartig, ihn so weit weg von sich zu wissen. Aber Michael wusste, dass er sich jetzt zunächst einmal Gabriella stellen musste. Also nickte er Angelo zu, der ihm ein kleines Lächeln schenkte, bevor er sich durch den schmalen Türspalt nach draußen schob. Michael sah, wie er auf einem der Gartenstühle Platz nahm. „Du magst ihn.“ Gabriellas Stimme war schwer zu deuten. Sie war ruhig, aber irgendwo darunter lag eine leichte Anspannung, die Michael fast entgangen wäre, wenn er nicht diesen Zug um ihren Mund bemerkt hätte „Ich … ja“, gab er zu. „Ja, ich mag ihn sehr. Was total bescheuert ist, weil ich ihn ja im Grunde genommen kaum kenne, aber ...“ Er brach ab, als er den Ausdruck in Gabriellas Gesicht sah. Mit einem Schritt war er bei ihr und zog sie in seine Arme. Sie wollte sich wehren, aber im nächsten Augenblick lehnte sie sich gegen ihn und ließ die Umarmung zu. „Du hast es versprochen“, hörte er sie leise sagen. „Du hast mir versprochen, dass es zwischen uns nichts ändert. Und jetzt bringst du diesen Jungen mit. Was hast du dir nur dabei gedacht?“ Michael war wie vor den Kopf geschlagen. Was sollte er dazu sagen? Sie hatte ja recht. Aber hatte doch nichts Böses im Sinn gehabt. Langsam strich er ihr über den Rücken. „Baby, ich liebe dich. Ich … ich wollte dir nicht wehtun. Ich wollte doch nur helfen. Aber wenn du willst, dann bringe ich ihn zurück. Ich schwöre es. Ich fahre gleich los und bringe ihn zurück nach Vegas und dann reden wir nie wieder ein Wort darüber.“ Gabriella schüttelte nur langsam den Kopf und seufzte. „Er ist kein Welpe, Michael. Du kannst ihn nicht einfach in der Zoohandlung umtauschen, nur weil mir die Farbe der Schleife um seinen Hals nicht gefällt.“ „Aber du hast doch gesagt ...“ „Ich habe nicht gesagt, dass er gehen soll.“ Michael wagte kaum zu atmen. „Dann darf er bleiben?“ Sie wand sich aus seinem Arm und sah ihn an. „Ich sage nicht, dass ich glücklich damit bin. Aber ich denke, ich bekomme es hin, ihn ein paar Tage hier zu ertragen. Er kann im Gästezimmer wohnen.“ „Danke!“ Ohne auf ihren Protest zu hören, hob Michael sie hoch und wirbelte sie einmal im Kreis herum. „Ich schwöre, dass er dir nicht zur Last fallen wird. Er ist wirklich ganz pflegeleicht. Das Einzige, was er in unglaublichen Mengen vertilgt, sind Süßigkeiten.“ Gabriella zog eine Augenbraue hoch. „Süßigkeiten?“ Michael lächelte schief. „Ja, schräg oder? Er hat auf dem Weg hierher eine ganze Halloween-Portion an Zuckerzeug vertilgt.“ Gabriella seufzte tief. „Ich würde sagen, dann muss ich die Einkaufsliste erweitern.“ Sie lächelte kurz, bevor sie wieder ernst wurde. „Aber du hast nicht vor, hier mit ihm …“ Sie beendete den Satz nicht. „Nein, natürlich nicht“, beeilte er sich zu versichern. „Ich … nein … nein wirklich nicht.“ Gabriella sagte nichts darauf und das fühlte sich an, als hätte sie stattdessen ein Messer aus der Schublade genommen und es durch sein Herz gebohrt. Er wollte nicht, dass sie so von ihm dachte. Er wollte nicht, dass sie dachte, dass er so von ihr dachte. Er wollte, dass sie glücklich war. Dass sie wusste, wie sehr er sie liebte. „Soll ich einkaufen gehen?“, fragte er vorsichtig. Gabriella wusste, dass er es hasste, sich an Samstagen durch das Einkaufszentrum zu quälen zusammen mit der Hälfte der restlichen Bevölkerung. Aber vielleicht … konnte er so wenigstens ein bisschen wieder gutmachen. Er lächelte ein wenig schief. „Du könntest hierbleiben und … keine Ahnung. Dir ein Bad einlassen oder so. Ich könnte Angelo mitnehmen …“ Er korrigierte sich schnell, als er ihren Blick sah. „Oder ich lasse ihn hier bei dir, damit ihr beide euch ein bisschen näher kennenlernt. Was hältst du davon?“ Sie schenkte ihm noch einen letzten, finsteren Blick, bevor sie Zettel und Stift hervorzog. „Ich mache dir eine Liste.“ Er lächelte. „Okay, ich sage nur Angelo schnell Bescheid.“ Als Michael auf die Terrasse kam, war Angelo nicht mehr da. Er sah sich um und entdeckte ihn im Schatten eines großen Baumes, wo er stand und nach oben sah. „Was suchst du da?“, fragte Michael, als er näher kam. „Da war ein Vogel“, erklärte Angelo. „Ich wollte sehen, ob er hier wohnt.“ „Hier in der Gegend gibt es eine ganze Menge Vögel. Liegt vermutlich am Park.“ „Mhm.“ Angelo legte den Kopf schräg und sah ihn an. „Deine Frau ist nicht glücklich“, stellte er fest. Michael seufzte leise. „Nein, sie … es war ein bisschen viel. Aber sie hat gesagt, dass du bleiben darfst.“ Angelo lächelte und wollte ein Stück auf Michael zukommen, doch der wich zurück und sah zu Boden. „Ich fürchte, das wird nicht gehen. Wir … wir können nicht miteinander … du weißt schon. Es wäre nicht richtig. Das hier ist ihr Zuhause.“ Für einige Augenblicke sagte niemand etwas. Schließlich ergriff Angelo wieder das Wort. „Ich verstehe“, sagte er leise. „Ich werde deinen Wunsch respektieren.“ Es tat Michael in der Seele weh, Angelo so zu sehen. Am liebsten hätte er ihn ebenso wie Gabriella in die Arme genommen und getröstet. Es war verrückt. Wann immer er bei einem der beiden war, fühlte er sich zu ihm hingezogen. Aber Gabriella war nun einmal seine Frau. Das war er ihr einfach schuldig. „Ich gehe einkaufen. Soll ich dir was mitbringen?“ Hoffnungsvoll sah Michael Angelo an. Er wusste, dass das nur ein schwaches Trostpflaster war für das, was sich der Junge eigentlich wünschte, aber mehr konnte, mehr durfte er ihm einfach nicht anbieten. Angelo wandte sich wieder dem Baum zu. „Ja, gerne.“ Michael fragte nicht weiter, was er wollte. Die leere Tüte im Wagen sprach für sich. Er widerstand dem Bedürfnis, Angelo noch einmal durch die Haare zu fahren, und drehte sich stattdessen abrupt um, um die Autoschlüssel von drinnen zu holen. Er wusste, dass er eigentlich froh sein sollte, dass alles bisher so glimpflich über die Bühne gegangen war, aber er fühlte sich jetzt schon wie ein Gummiband, das zu straff zwischen zwei Stühle gespannt war. Vielleicht hätte ich ihn doch nicht mitbringen sollen, dachte er noch, bevor er den Wagen aus der Ausfahrt setzte und in Richtung Einkaufszentrum davonfuhr. Gabriella hörte, wie das Auto in der Ferne verschwand. Sie wusste immer noch nicht so recht, was sie von all dem halten sollte. Es sah Michael nicht ähnlich, so kopflos zu reagieren. Eine Flucht vor der Polizei … das klang so gar nicht nach ihm. Michael hielt sich normalerweise an die Regeln. Andererseits hatte er ihr erzählt, dass er Cops grundsätzlich für dumm und unfähig hielt seit dieser Sache mit seinem besten Freund damals. Aber ob das wirklich der Grund war? Sie wusste es nicht. Alles, was sie wusste, war, dass da jetzt ein blonder Jüngling in ihrem Garten saß und die Grashalme auf ihrem Rasen zählte. Langsam ging sie zur Terrassentür. „Angelo?“ Er hob den Kopf. Jetzt, wo sie ihn näher betrachtete, fielen ihr zum ersten Mal die großen, blauen Augen auf. Die Farbe war wirklich außergewöhnlich. Sie erinnerten sie an das Mittelmeer an einem Sommertag. „Ich … ich werde mich ein wenig frischmachen. Wenn du also etwas brauchst, dann …“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, vielen Dank Mrs. Thompson. Ich werde einfach hier sitzenbleiben, wenn ich darf.“ „Natürlich.“ Sie wollte schon hineingehen, als ihr noch etwas einfiel. „Sag mal, warum hast du mich vorhin eine Piratin genannt?“ Er lächelte. „Weil Sie eine sind.“ Sie lachte auf. „Ach? Und wie ist eine Piratin so?“ „Na so wie Sie. Wild und frei und wunderschön.“ Gabriella blieb für einen Augenblick der Mund offenstehen. Hatte er das jetzt gerade wirklich gesagt? Sie sah in sein Gesicht, ob sie dort irgendein Anzeichen für einen Scherz oder etwas in der Art sehen konnte, doch da war nichts. Es war für ihn anscheinend nur eine einfache Feststellung. Zögernd wandte sie sich zum Gehen. „Ich glaube, ich gehe dann besser rein.“ Er sah sie noch für einen Augenblick an, bevor er sich wieder dem Rasen zuwandte. Gabriella atmete noch einmal tief durch, bevor sie ins Haus ging. Im oberen Badezimmer stellte sie die Dusche an und begann sich auszuziehen. Sie wollte schon unter den warmen Wasserstrahl treten, als ihr Blick an dem großen Spiegel hängen blieb, der sie fast bis zur Hüfte hinab zeigte. Sie blieb stehen und betrachtete sich. Wild und frei und wunderschön.Die Worte geisterten durch ihren Kopf und sie stellte sich gerade vor den Spiegel hin. Sie wusste natürlich, dass sie nicht hässlich war. Sicherlich, da waren die ersten Fältchen um die Augen, das eine oder andere Kilo, das sie über die Jahre zugelegt hatte, aber sie mochte ihre Brüste, ihre Haare und Michael wurde nicht müde ihr zu sagen, wie bezaubernd er ihr Lächeln fand. Aber wunderschön das klang nach etwas, das man einer Geliebten sagte und nicht der Frau, die einen notgedrungen in ihr Haus aufgenommen hatte. Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht liegt es an der Sprache“, überlegte sie. „Er weiß wahrscheinlich gar nicht, was er da sagt.“ Mit diesem Gedanken betrat sie nun endlich die Dusche. Als Gabriella wieder nach unten kam, war Michael noch nicht zurückgekehrt. Vermutlich würde er auch noch eine Weile brauchen. Angelo hingegen saß immer noch draußen im Garten. Sie überlegte. Vielleicht … vielleicht sollte sie schon einmal anfangen, das Essen vorzubereiten. Zutaten für einen Salat waren noch vorhanden. Sie begann, die Schränke zu öffnen und alles herauszunehmen, was sie für die Zubereitung brauchte. Als sie gerade das Gemüse aus dem großen Kühlschrank nahm, hörte sie hinter sich eine Stimme. „Signora Thompson?“ Angelo stand auf der anderen Seite des Küchentresens. „Posso esserle d'aiuto?“ Sie zögerte kurz, dann setzte sie ein schmales Lächeln auf. „Ja, das kannst du“, antwortete sie auf Italienisch. „Ich muss den Salat schneiden. Du kannst das Gemüse waschen. Weißt du, wie man das macht?“ Er nickte und war offensichtlich froh, dass sie seine Hilfe nicht abgelehnt hatte. Gabriella beobachtete, wie er ein Stück nach dem anderen unter das fließende Wasser hielt und dann beiseite legte, um das nächste in Angriff zu nehmen. Er behandelte alles mit einer Sorgfalt, die pedantisch hätte wirken können, aber es irgendwie nicht war. Stattdessen war er nur … aufmerksam. Ja, das war das Wort, das sie suchte. Eigenartigerweise musste sie dabei an ihren Großvater denken. „Wenn du etwas tust“, hatte er immer gesagt, „dann sei mit allen Sinnen dabei. Denke nicht an den nächsten oder gar den übernächsten Schritt, sondern nur daran, was du gerade tust. Nur so kann es richtig werden.“ Gabriella musste zugeben, dass das nicht ihre Art war. Natürlich war sie konzentriert bei ihrer Arbeit, aber es gab einfach zu viel zu tun in ihrem Leben. Ein Kunde, ein Angebot, das Haus, der Garten. Letzteren versorgte zwar ein Gärtner, aber Gabriella musste darauf achten, wann er kam und dass die Arbeiten richtig ausgeführt wurden, dass die Rechnung stimmte. Das Gleiche mit der Putzfrau, die zweimal die Woche kam. Am Montag das nächste Mal. Wenn Angelo dann noch da war, müsste sie sie anrufen, um ihr abzusagen. Oder sie müsste den Jungen derweil aus dem Haus schaffen. Oder sich eine Geschichte ausdenken, warum er hier war. Oder … „Ich bin fertig mit dem Waschen. Kann ich noch etwas helfen?“ Gabriella schreckte aus ihren Gedanken hoch. Sie hatte noch keinen Handschlag getan. „Ähm ... ja, du kannst die Paprika putzen, wenn du willst. Den Abfall tust du einfach in die Spüle.“ Angelo nahm eine der roten Schoten in die Hand und betrachtete sie. Langsam fuhr er mit dem Finger über die Schale und roch schließlich daran. Er runzelte die Stirn. Gabriella, die ihn beobachtet hatte, zog fragend die Augenbrauen nach oben. „Ist etwas damit?“ „Mhm, ich weiß nicht. Sie riecht ein wenig … eigenartig.“ „Zeig mal her.“ Sie ließ sich die Paprika geben und schnupperte. „Ich kann nichts feststellen.“ „Doch, da ist etwas. So ein … Geruch. Ich kann es nicht beschreiben.“ Er legte die beanstandete Schote beiseite und ging zum Kühlschrank. Bei seiner Rückkehr hatte er eine weitere Paprika in der Hand. Er hielt sie sich unter die Nase und schloss die Augen. Einen Moment lang passierte gar nichts. Gabriella wollte ihn schon fragen, ob alles in Ordnung sei, als er die Augen wieder aufschlug. Warmes Meeresblau. Er lächelte. „Diese hier ist besser. Hier, versuchen Sie.“ Mit einem leichten Zögern nahm sie die Paprika und roch daran. „Merken Sie es? Wenn Sie die Augen schließen, kann man ganz deutlich den Unterschied erkennen.“ Ein wenig zweifelnd schloss Gabriella die Augen. Sie konnte hören, wie Angelo sich neben ihr bewegte. Plötzlich griff er nach ihrer Hand und sie fühlte, wie er die zweite Paprika hineinlegte. „Riechen Sie zuerst an der einen und dann an der anderen“, forderte er sie auf. Seine Stimme war ganz nahe und Gabriella war kurz davor, diese Farce zu beenden, doch dann ließ sie sich darauf ein. Was sollte schon passieren? Es war ja nur Paprika. Langsam hob sie die erste Schote an die Nase. „Riecht wie Paprika“, sagte sie mit einem Schulterzucken. „Und jetzt die andere.“ Gehorsam roch sie an der zweiten Paprika. Der Duft war süßlich und leicht erdig. Er prickelte in der Nase und ließ einen an einen sonnendurchfluteten Garten denken. Die glatte Schale streifte ihre Lippen. „Riechen Sie es?“ Angelos Stimme war leise, fast beschwörerisch. „Die zweite ist viel aromatischer. Die erste lag zu lange im Kühlschrank. Die Kälte hat ihr Aroma zerstört und sie platt und künstlich werden lassen. Diese hier ist viel saftiger. Man kann sie quasi schon auf der Zunge schmecken. Die leichte Süße. Wie saftig sie ist. Knackig. Ich denke, wir sollten diese hier nehmen.“ Für einen Moment konnte Gabriella es sehen, schmecken, spüren. All das, von dem Angelo gesprochen hatte. Wie eine Erinnerung an ihre Kindheit, als sie die Früchte direkt vom Strauch gepflückt und hineingebissen hatte. Der warme Wind, der vom Meer her kam und sich in ihrer Kleidung verfing, als sie lachend mit bloßen Füßen durch den lockeren Sand des Gemüsegartens lief. Das Haar zusammengebunden mit einem roten Band. Rot wie die Paprika. Die Vision endete, als Angelo ihr die Paprika wieder aus der Hand nahm und zur anderen Seite des Tresens hinüberging. Langsam schlug Gabriella die Augen auf. Was war das gewesen? Angelo hatte sich ein Messer genommen und begonnen, die Paprika zu zerteilen. Als er ihren Blick bemerkte, sah er kurz auf und lächelte sie an, bevor er sich wieder ans Werk machte. Gabriella leckte sich über die trockenen Lippen. Sie brauchte jetzt dringend einen Schluck Wein. „Danke für den schönen Abend.“ Michael lag hinter ihr im Bett und vergrub seine Nase in ihrem Haar. „Es war wundervoll. Du warst wundervoll.“ „Ja, ich fand es auch schön.“ Sie schwieg und ließ die letzten Stunden noch einmal Revue passieren. Es war … ein wenig seltsam gewesen. Bei Abendessen hatte sie drei statt der üblichen zwei Schälchen mit Salat füllen müssen. Sie hatte Angelo fragen müssen, was er trinken wollte, statt einfach für sich und Michael ein Glas Wein hinzustellen. Sie hatte neben ihrem Mann gesessen, während auf ihrem Stuhl gegenüber ein junger Mann saß und sie aus mittelmeerblauen Augen musterte, so oft sie in seine Richtung sah. Sie hatte sich immer dagegen gesträubt, zu viel über Michaels Affären in Erfahrung zu bringen. Aus Angst es nicht ertragen zu können. Aus Angst, sich klein vorzukommen. Unwichtig. Jetzt zu sehen, dass der gesichtslose Fremde auf der anderen Seite ein ganz normaler Mensch war, der sich ihr gegenüber respektvoll und zuvorkommend benahm. Der lächelte, wenn er sie ansah oder wenn Michael einen Scherz machte. Der aufsprang, wenn sie ihn bat, ihr beim Abräumen zu helfen. Der zusammenzuckte, als sie den Knopf des Abfallzerkleinerers betätigte. Und der sich mit einem glücklichen Gesicht über die Riesenportion Eiscreme hermachte, die sie ihm zum Nachtisch vor die Nase gesetzt hatte. Es war eigenartig und beruhigend zugleich. Eigentlich gab es wirklich keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Angelo war nett und sie hatte ihm im Laufe des Abends sogar angeboten, dass er sie beim Vornamen nennen konnte. Trotzdem gab es da etwas, das sie beunruhigte. Über das sie mit Michael sprechen wollte, bevor es zu groß wurde, um es in Worte zu fassen. „Woran denkst du?“ Michaels Frage schreckte sie aus ihren Gedanken hoch. „Ich denke daran, dass wir Angelo unbedingt Schuhe besorgen müssen. Hast du gesehen, wie dreckig seine Füße waren?“ „Ja, habe ich. Schon eigenartig, dass er keine hatte.“ „Wurden vielleicht gestohlen.“ „Vielleicht.“ Eine Stille breitete sich aus, die voll von all dem war, was sie nicht aussprachen. Gabriella seufzte lautlos. Genau das hatte sie nie gewollt. Dass sie aufhörten, miteinander zu reden. Sie wappnete sich für die nächste Frage, die sie stellen musste. „Empfindest du etwas für ihn?“ „Was?“ Sie drehte sich herum und sah ihn jetzt gerade heraus an. Im Dunkeln konnte sie nicht viel erkennen, aber sie bildete sich ein, dass sie so ehrlicher zueinander sein konnten. „Ich habe gefragt, ob du etwas für ihn empfindest.“ „Wie kommst du denn auf so eine Idee? Ich kenne den Jungen ja kaum einen Tag.“ „Der Junge ist genauso alt wie du damals, als du mich kennengelernt hast. Und jetzt sieh uns an. Wir liegen hier im Bett als altes Ehepaar.“ „So alt nun auch wieder nicht.“ Sie lächelte leicht. „Du hast Recht. Aber trotzdem bin ich nicht blind, Michael. Ich sehe, wie du ihn ansiehst. Und ich sehe vor allem auch, wie er dich ansieht. War es vorher auch so mit den … anderen?“ Sie hörte, wie er im Dunkeln atmete. „Nein.“ Das war sie. Die Antwort, die sie gefürchtet hatte. Es tat weh, es zu hören. „Und jetzt?“ „Ich … ich weiß es nicht. Aber ich gehe nicht weg. Niemals. Du bist meine Frau und ich liebe dich. Ich würde dich niemals verlassen.“ Sie spürte, wie er den Arm um sie legte und bettete den Kopf auf seiner Brust. Es war gut, ihn zu spüren. Langsam ließ sie ihre Hand über seinen Körper wandern. Ließ sich in einen Kuss ziehen, der schnell tiefer wurde. Spürte die Wärme, die seine Berührungen in ihm auslösten. Die Vertrautheit, die es gut machte. Die für einige Zeit jeden Gedanken an den jungen Mann, der so plötzlich in ihr Leben getreten war, verschwinden ließ, bis sie schließlich gesättigt und zufrieden wieder in die Laken sank. Noch einmal küsste Michael sie. „Ich liebe dich. Mehr als alles auf dieser Welt. Mehr als mein Leben.“ Sie lächelte. „Ich liebe dich auch.“ Mit einem letzten Kuss drehte sie sich herum, schlang die Bettdecke und Michaels Arm um sich und lauschte seinen tiefer werdenden Atemzügen, bis sie schließlich selbst einschlief. In ihren Träumen hörte sie das Meer rauschen. Als alle Laute im Haus verstummt waren und der Mond bereits am Himmel stand, kam aus dem Gästezimmer, in dem Angelo untergebracht war, ein Rascheln. Das leise Tappen von Füßen folgte und eine schmale Gestalt betrat den Flur. Angelo trug eine kurze Hose und ein T-Shirt von Michael, das ihm ein ganzes Stück zu weit war. Leise schlich er über den Flur, bis er zum Schlafzimmer kam. Er öffnete die Tür und huschte in den dunklen Raum. Vorsichtig näherte er sich dem Bett. Michael und Gabriella schliefen bereits. Angelo trat ganz nahe an Michaels Seite heran und betrachtete ihn. Langsam streckte er die Hand aus, doch noch bevor er ihn berühren konnte, zog er sie wieder zurück. Sein Blick glitt zu Gabriella, die mit dem Rücken ganz nahe an ihrem Mann lag. Angelo sah sie noch einen Augenblick lang an, bevor er sich wieder umdrehte und in das Zimmer zurückging, in dem ihm ein Bett bereitet worden war Er schlüpfte unter die Decke und zog sie bis unter das Kinn. Mit geöffneten Augen lag er in der Dunkelheit, während die Zeiger des Weckers langsam weiterrückten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)