Paper Umbrella Moon von YoungMasterWei ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Wei Ying raufte sich die Haare und donnerte darauf seinen Kopf etwas zu hart auf die Tischplatte, das es ihn leidlich murren ließ.   Sie hatten sich über die letzten Wochen nun regelmäßig in der Bücherei getroffen, hielt Lan Zhan tatsächlich an seinem Vorschlag fest und er war dankbar für die bereitwillige Hilfe.   Zudem war er immer froh wenn er sich irgendwo aufhalten konnte, wo es eine gut funktionierende Klimaanlage gab. Wenn es nicht die bloße Hitze war die ihm zu schaffen machte, dann die Luftfeuchte. Den Luxus solch eines kältespendenden Geräts hatte er in seinem kleinen, ärmlichen Apartment bedauerlicherweise nicht und sein alter Ventilator machte zudem auch den Eindruck als würde er bald den Geist aufgeben wollen.   „Sei vorsichtig.“, mahnte ihn Lan Zhan, welcher ihm gegenüber saß und seine Übungsbögen korrigierte. Er hatte eindeutig schon zu oft etwas markiert das nicht nach einem „Korrekt“ aussah.   Es war wirklich zum Verzweifeln!   Früher hatte er keine Probleme gehabt sich solche Dinge wie chemische Formeln oder physikalische Gesetze zu merken und darauf aufzubauen, egal wie kompliziert es manchmal auch erschienen war.   Aber nun…   Egal wie viel er lernte und egal wie oft er dachte er habe es abgespeichert, sobald er dann erneut damit konfrontiert wurde, waren nur noch Fragmente übrig die er abermals mühevoll zusammen zu puzzeln hatte und es ihm in einem Test kostbare Zeit stahl.   Es frustrierte in jedes Mal auf ein Neues, dass es ihm oft genug auch noch den letzten Rest an Konzentration kostete und er wiederholt keinen Erfolg verbuchen konnte.   Er hatte sich nicht nur einmal schon gefragt, ob es das überhaupt wert sei.   Wer brauchte schon ein Abschluss, wenn er eh nichts weiter werden würde als ein simpler Angestellter in irgendeinem Laden?   Doch dann erinnerte er sich auch stets wieder daran, was ihn eigentlich dazu animiert hatte es noch einmal versuchen zu wollen. Oder vielmehr, es versuchen zu müssen.   Er hatte eine immense Schuld zu begleichen, auch wenn es ihm niemand direkt vorhielt.   Dennoch hing es über der Familie, die ihn damals aufnahm und der er unzählige Probleme bereitet hatte mit seinem jugendlichen Übermut.   Nicht das er bereute für andere eingestanden zu haben, als es niemand sonst tun wollte, nur hätte er nie gedacht das die Konsequenzen sein Leben derart weitreichend beeinflussen würden.   Es hatte ihn beinahe alles gekostet.   „Wei Ying?“ Etwas irritiert über die leichte Besorgnis die er in Lan Zhan Stimme vernehmen konnte, schaute er ihn wieder an und bemerkte erst jetzt wie sehr er sich verspannt hatte. Seine rechte Hand lockerte sich um den Stift den er so fest umfasst hielt, das die Plastik leise ächzte und er einmal tief durchatmete, schien er dies über seine missmutigen Gedanken beinahe vergessen zu haben.   „Schon Ok.“ Er lächelte müde. „Es ist nur nicht einfach motiviert zu bleiben, wenn man merkt, dass man anscheinend nicht vorankommt, egal wie sehr man sich müht.“ Er erhob sich kurzerhand und entschuldigte sich mit einem Gang zum Waschraum.   Lan Zhans Unterstützung war nicht sinnlos, im Gegenteil. Dieser hatte eine Art Dinge zu erklären die es ihm einfacher machten sie sich zu merken oder den Weg dahin abrufen zu können.   Trotzdem fühlte es sich so an als würde er nur dessen Zeit verschwenden und es ließ erneut Frust in ihm aufsteigen.   Auf der anderen Seite war es wirklich bewegend jemanden zu haben, der so viel Geduld und Einsatz für ihn aufbrachte.   Er freute sich stets auf ihre Treffen, darauf den anderen zu sehen. Zeit mit ihm verbringen zu können.   Es war ein Beisammensein, das eine ganz eigene Art von Harmonie in ihm heraufbeschwören konnte.   Wenn es zwischen all dem Lernen die Möglichkeit gab, dann versuchte er den anderen etwas eingehender zu studieren, hatte er schon lange vorher herausgefunden, dass es bei ihm die kleinen, unscheinbaren Gesten waren die dieser für sich sprechen ließ.   Es machte Lan Zhan zu einem Menschen mit einer Persönlichkeit die faszinierend wertvoll und rein erschien.   Mister Jade.   Es war nun nicht mehr nur dessen Erscheinung, so konnte Wei Ying feststellen und es ließ ihn trotz aller Sorgen leicht lächeln.   Wie dieses eine Mal, als sie nach dem Besuch in der Bibliothek zusammen zurück zu Lan Zhans Wagen gelaufen waren und ihnen aus irgendeiner Ecke ein entlaufener Hund entgegen kam und Lan Zhan sich sofort vor ihm positioniert hatte, um ihm irgendeine Art von Kontakt mit dem pelzigen Vierbeiner zu ersparen.   Wei Ying hatte zuerst etwas verblüfft auf diese Aktion gewirkt, doch dann erinnerte er sich daran das er in all ihren Gesprächen einmal erwähnte, das er durch ein traumatisches Ereignis aus Kindertagen Angst vor Hunden hatte. Er hatte später eine Therapie deswegen gemacht, war es nicht von Vorteil sich jedes Mal in ein panisches Desaster zu verwandeln, sobald ihm ein Hund begegnete. Was in einer Stadt wie dieser täglich und unerwartet vorkommen konnte. Dennoch hatte er sich den angeeigneten Respekt diesen Tieren gegenüber beibehalten und wenn möglich dann hielt er wirklich lieber Abstand zu ihnen.   Er hatte nicht gedacht, dass der andere sich diese Story tatsächlich gemerkt hatte. Generell hatte er zu diesem Zeitpunkt noch angenommen das Lan Zhan ihm meist gar nicht zuhörte, sondern einfach nur höfflich erscheinen wollte indem er so tat. Er wusste, dass er sich des Öfteren in seinem Gequassel verlieren konnte und hätte es ihm nicht einmal verübelt.   Es gab weitere Situationen die ebenso bestätigten, dass man ihn nicht schlicht ignorierte. Wie, als er meinte das er frische Lotussamen einer schnöden Tüte Kartoffelchips zum Snacken vorziehe, nur um ein paar Tage später mit einer Schale eben dieser frischen Lotussamen überrascht zu werden.   „Sie sind gut für das Gedächtnis.“, hatte Lan Zhan simpel gemeint und er sie sich dann auch über das Brüten von Gleichungen schmecken lassen.   Oder als er Lan Zhan erzählte, das er einmal den Gedanken gehegt habe Künstler werden zu wollen und dieser ihn einige Zeit darauf zu einer Gallery einlud. Keine Nobel-Ausstellung zu der er eh nichts zum Anziehen, noch sich wirklich wohl, bei solch einer, gefühlt hätte. Nein, es war eine Gallery die Werke junger, freier Künstler zeigte. Etwas genau nach seinem Geschmack. Am Ende war es Lan Zhan, der dort ziemlich hervorstach. Nicht nur mit seiner eleganten Garderobe, sondern auch durch seine Ausstrahlung. Der Gedanke das Lan Zhan auf seine Art, selbst ein Kunstwerk war, hatte vorwitzige Wärme in seine Wangen steigen lassen.   Auch die Notenblätter, die dieser ihm hatte zukommen lassen, lagen fein säuberlich in einer Mappe auf seinem Schreibtisch. Nachdem er verraten hatte, das er als Kind lernte die dí zi zu spielen, aber leider nicht die Ausdauer beibehalten konnte es weiter zu führen und es nun ab und zu doch ein wenig bereute, war Lan Zhan damit eines Tages aufgetaucht.   „Es ist nie zu spät es noch einmal zu versuchen.“ Und es war seltsam, wenn Lan Zhan es so sagte, spürte er sogar die nötige Motivation in sich aufkommen, es tatsächlich noch einmal in Angriff nehmen zu wollen. Die Vorstellung Lan Zhan damit vielleicht etwas stolz auf ihn machen zu können, hatte etwas Beflügelndes.   Es waren diese Dinge die ihn nur zu deutlich spüren ließen, wie sehr er uneingeschränkte Aufmerksamkeit von einer anderen Person für sich ersehnte.   Er war zwar nicht wirklich allein, aber er war dennoch oft genug einsam in einer Weise die sich nur schwer beschreiben ließ.   Sein Smartphone vibrierte in seiner Hosentasche und mit einer Vorahnung schaute er auf das Display, das eine Nachricht von Jiang Cheng anzeigte. Er seufzte müde und tippte eine rasche Antwort ein, bevor er das Gerät gänzlich ausschaltete.   Als er wieder zurückkam las Lan Zhan in einem Buch, sein korrigierter Übungsbogen auf dem Tisch vor seinem verlassenen Platz.   Wei Ying straffte sich innerlich wie äußerlich.   Er konnte nur versuchen sein Bestmöglichstes zu geben. Sollte er danach dennoch scheitern so konnte er wenigstens behaupten es ehrlich versucht zu haben.       ***   Die Zeit war schneller verstrichen, als Wei Ying es für sich wahrgenommen hatte und der Tag für das Fest im Kinder- und Jugendzentrum war gekommen.   Es war ein bunt gemischter Anblick von Besuchern und denen die das Ganze auf die Beine gestellt hatten. Manche hatten sich der Thematik entsprechend in traditionelle Kleidung gehüllt und ganz Enthusiastische sich sogar die Mühe mit den eher aufwendigen Frisuren gemacht.   Wei Ying richtete sich seinen dunkelgrau marmorierten zhí duō und zupfte sich seinen schwarzen bàn bì, über den sich eingestickte Spinnenlilien in einem satten Rot zogen, zurecht, war es doch recht ungewohnt so etwas zu tragen. Auch wenn er schon der Meinung war, das er recht gut darin aussah.   Ein paar interessierte Blicke schienen ihm das auch nur zu bestätigen.   Aber wenn er ehrlich war, hätte er sich den Aufwand eigentlich gar nicht gemacht, hätte ihm Lan Zhan nicht gesagt, dass er in einem traditionellen Gewand zu erscheinen gedachte, war das Fest schließlich genau dafür ausgelegt.   Dass er mehr als gespannt darauf war, ihn in dessen Hanfu zu sehen, wäre untertrieben.   Jemand rempelte ihn an der Schulter an, auf das er in das Gesicht eines jungen Mannes blickte, den er für einen Moment nicht erkannte, fehlten der mordlustige Blick und das manisch wirkende Grinsen, dass dessen Züge in der Vergangenheit meist gezeigt hatte.   „Xue Yang?“ Dieser gab ein kurzes, genervtes Zischen von sich, doch grinste Wei Ying nichtsdestotrotz.   „Das nenn ich eine mehr als unerwartete Begegnung.“ Xue Yang raunte ergeben und rückte sich den stattlichen Stapel Bücher den er in seinen Händen trug etwas zurecht.   Es war so ein ungewohnter Anblick, das Wei Yings Ausdruck automatisch sanfter wurde.   „Dir geht es gut bei Xiao xiān sheng?“ Xue Yang bedachte ihn mit einem kritischen Blick, nickte dann aber kurz.   Es war nicht so, dass sie Freunde gewesen wären. Von Xue Yang hielt man sich zu jener Zeit lieber fern, wenn man Ärger aus dem Weg gehen wollte.   Doch wusste er ebenso, wie sehr traumatische Erlebnisse einen zu prägen vermochten.   Der andere war einige Jahre jünger als er, doch hatte er sich über Jahre hinweg nur mit Aggressionen und Gleichgültigkeit durchgeschlagen.   Es ging ebenso das Gerücht um, das dieser schon jemanden umgebracht hätte, doch gab es dafür nie einen tatsächlichen Beweis. Am Ende jedoch glaubte jeder was er glauben wollte und wenn man Xue Yang damit zu einem größeren Monster machte, als er es eigentlich war, nahm man dies gern als die nötige Rechtfertigung ihn feindzählig gegenüber zu stehen.   Bis er auf Xiao xiān sheng traf. Der Einzige der ihn nicht komplett aufgeben wollte, egal wie widerspenstig sich Xue Yang auch zeigte.   Es war ein beschwerlicher Weg für beide Seiten gewesen und sicherlich war es das für Xue Yang ab und an noch immer, war sein alter Ruf etwas das er nicht so einfach abschütteln konnte.   Wei Ying klopfte ihm mit einem Grinsen auf die Schulter.   Er entschuldigte zwar nicht was dieser in der Vergangenheit verschuldet hatte, aber es war deutlich das dieser seine zweite Chance zu nutzen versuchte. Etwas das er würdigte, wusste er ebenso das solch einem Unterfangen auch Rückschläge beiwohnten und man schnell daran zweifeln konnte, ob man die Mühe und die Unterstützung anderer wirklich wert war.   „Wenn du Zeit hast, dann lass uns Mal nen Happen essen gehen. Wie wär´s? Ich kenn da ein paar lohnenswerte Lokale.“ Erneut schaute ihn Xue Yang skeptisch an, doch brachte es Wei Yings Grinsen nicht ins Wanken.   „Du meinst das tatsächlich ernst, oder? Dào Zhǎng zieht sich wirklich die schrägsten Persönlichkeiten ran.“ Er klang genervt, was sich aber nicht komplett in seinem Ausdruck widerspiegelte und es erinnerte Wei Ying ein wenig an Jiang Cheng und seine nach außen raue Art, wenn er im Inneren doch einfach nur zu unbeholfen war sich zugänglicher zeigen zu können.   „Klar. Wir sind ja quasi Nachbarn. Und so von einem schrägen Typ zum anderen.“ Es stimmte, da Xue Yang von Xiao xiān sheng aufgenommen wurde, trennten sie so gesehen nur drei, vier Blocks.   Dann hörten sie auch schon Xiao xiān shengs Stimme, die sich über ein paar Köpfe hinweg erkundigte, wo der andere denn bleiben würde und Xue Yang wandte sich wieder von Wei Ying ab.   Er ging davon aus, dass man ihn nun einfach stehen lassen würde.   „Ich werds mir überlegen.“, vernahm er jedoch noch und konnte nicht anders als ein erfreutes „Tu das.“ zu erwidern, bevor dieser sich wieder in Bewegung setzte.   Nun musste er aber erst einmal herausfinden, wo Lan Zhan sich versteckt hielt.       Es gestaltete sich etwas umständlich sich durch die Menge an Leuten zu bewegen, aber irgendwann hatte Wei Ying den Raum erreicht von dem er gesagt bekam, das Lan Zhan dort seinen Platz hatte.   Lan Zhan hatte ihm im Vorfeld ein wenig erklärt, um was man ihn gebeten hatte und so gesehen war es eine recht gute Idee. Allerdings zweifelte er noch etwas daran, dass sich die Kids wirklich dafür begeistern lassen würden. Er selbst hatte seine liebe Not sich mit Geschichte gütlich zu tun, egal wie interessant manches auch sein mochte.   Somit erstaunte es ihn auch ziemlich, dass der Raum tatsächlich so voll mit Kindern und Erwachsenen war, dass er kaum noch hineinkam.   Doch als er dann einen Blick auf das Zentrum der Aufmerksamkeit werfen konnte, nahm es ihm selbst kurzerhand den Atem.   Lan Zhan wirkte in all dem Trubel wie eine überirdische Erscheinung, gekleidet in einen extravaganten, weißen dà chǎng mit aufwendiger Wolkenstickerei, unter welchem er einen hellblauen yī shang mit weiß abgesetzten Kragen trug.   Seine Haare.   Er hatte sich tatsächlich nicht lumpen lassen. Die langen, dunklen Haare fielen ihm in einer sanften Woge über den Rücken, ein paar Strähnen auch über die Schultern. Sie waren zudem zu einem eleganten Knoten gebunden der von einer filigran gearbeiteten Jadespange geziert wurde.   Es mochten nicht seine echten Haare sein, aber es bestand kein Zweifel, dass es ihm ungemein gut stand.   Lan Zhan saß vor einer edlen ebenholz-farbenen gǔ qín und kaum, dass er die erste Saite zum Vibrieren gebracht hatte verstummte der Raum in ehrfürchtig anmutendem Wunder.   Dieser schien sich über sein Spiel in einen Zen-gelehrten Zustand zu versetzen und es mündete in den Zenit von Harmonie und Hingabe.   Lan Zhans Finger tanzten über das Instrument in einer Leichtigkeit die erahnen ließ wie viele Stunden dieser damit zugebracht haben musste sein Können zu perfektionieren.   Denn nichts anderes kam Wei Ying in den Sinn.   Es war ein Talent das in ausgefüllten, gehobenen Hallen zur Entfaltung kommen sollte, nicht in einem maroden Bau wie diesem, auf einem Fußboden dessen abgenutzte Dielen man einzig mit einem Vorleger kaschiert hatte.   Und trotzdem blühte sein Herz regelrecht auf über diesen Anblick. Die Melodie die sich um ihn legte wie ein warmer Mantel, an einem kühlen Herbsttag. Ihm war immer bewusst gewesen wie sehr sie sich unterschieden, sei es vom Charakter oder dem sozialen Status, doch in diesem Augenblick erschien ihm die Freundschaft mit Lan Zhan nahezu unreal.   Das Musikstück verstummte und für einen weiteren Moment verblieb der Raum in atemlosen Staunen, bevor begeisterter Applaus durch die Luft schwang.   Die ersten Mutigen gingen nun auf Lan Zhan zu und es ließ Wei Ying sich seltsam im Abseits fühlen.   Er war gerade dabei wieder zu gehen, als Wen Ning an seiner Seite auftauchte und einem hibbeligen A-Yuan auf seinen Armen hielt.   „Dà gē.“, begrüßte er ihn merklich unsicher und Wei Ying rollte etwas ergeben mit den Augen. Egal wie lange sie sich nun schon kannten, Wen Ning wirkte ihm gegenüber immer noch so verhalten, das er ihn am liebsten einmal kräftig durchrütteln würde wollen.   „Wei gē ge, ich will Yù gē ge hallo sagen.“, quengelte A-Yuan und zappelte ungeduldig, auf das er Wen Ning den Jungen abnahm.   „Tut mir leid, aber als er ihn sah und dann noch spielen hörte wollte er sich nicht mehr davon abbringen lassen.“, erklärte Wen Ning und Wei Ying schmunzelte ein wenig über den Eifer von A-Yuan Lan Zhan "Hallo" sagen zu wollen.   „Wei gē ge.“ Er wurde merklich unruhiger und deutete auffordernd auf Lan Zhan, der noch immer von anderen Kindern und auch mehreren entzückten Damen umringt wurde.   Wei Ying seufzte unbewusst über diese Szene, auf das ihn Wen Ning fragend anschaute.   „Uhm, wenn die Bitte zu ungelegen kommt dann…“, begann er, hatte er wohl angenommen sein Seufzen, resultierte aus seinem eigentlichen Unwillen A-Yuans Drängeln nachkommen zu wollen.   „Das ist nicht der Grund.“, beruhigter er diesen, doch wirkte Wen Ning noch immer unsicher.   „Ok, A-Yuan hier müssen wir zusammen arbeiten.“ Darauf flüsterte er ihm etwas ins Ohr, auf das A-Yuan entschlossen nickte.   „Gut. Na dann los.“ Wei Ying schob sich weiter durch die Menge, die einfach nicht weniger zu werden schien, bis sie zwei, drei Meter von ihrem Ziel ankamen und wie zu erwarten, wie vor einer Mauer standen.   „Jetzt bist du dran.“ Wei Ying setzte sich A-Yuan nun auf die Schultern und kaum das dieser ausreichend Sicht auf Lan Zhan hatte, ließ dieser ein lautstarkes „Yù gē ge!“ hören, auf das sämtliche Augen auf sie gerichtet wurden. Auch Lan Zhan schaute zu ihnen und A-Yuan streckte beide Arme nach vorn in dem Verlangen zu ihm zu wollen, genau wie Wei Ying es ihm gesagt hatte.   Lan Zhan zögerte nicht weiter und tat es ihm etwas besonnener gleich, auf das sich die Menge wie auf magische Weise teilte, um sie durchzulassen.   Sein Plan war aufgegangen.   Sie erreichten Lan Zhan, dem Wei Ying ein breites Grinsen schenkte, doch zappelte A-Yuan noch immer im Bestreben zu diesem zu kommen, was er nicht erwartet hatte, war A-Yuan sonst eher der Typ der lieber an einer vertrauten Person klebte. Doch kaum hatte er ihn von den Schultern genommen, lehnte er sich zu Lan Zhan vor der ihn ihm auch gleich abnahm.   Erst jetzt schien A-Yuan mitzubekommen das Lan Zhan nicht ganz in sein Zutraulichkeitsschema gehörte und wirkte folglich verschämt, worauf er seine kleine Faust an den Mund nahm.   „Dich erst so ran werfen und nun den Schüchternen mimen.“, neckte Wei Ying A-Yuan und kniff ihn sanft in eine seiner runden Wangen.   A-Yuan drehte darauf seinen Kopf in Lan Zhans Robe, der diesen leicht auf dem Arm wippte.   „Ärgere ihn nicht.“, mahnte ihn Lan Zhan und Wei Ying blies trotzig seine Backen auf.   „A-Yuan. Wie geht es dir?“ Dieser schien noch immer etwas verschüchtert aber dann straffte er sich und gab mit einem Nicken ein „Gut.“ von sich.   Lan Zhan lächelte leicht und Wei Ying glaubte so etwas wie ein einheitliches Jauchzen durch den Raum gehen zu hören.   „Das ist erfreulich.“ A-Yuan schaute Lan Zhan mit einen pausbäckigen Lächeln an und zeigte sich darauf wieder etwas genierlich.   „Yù gē ge sieht wirklich hübsch aus heute. Wie der Held aus meinem Märchenbuch.“, hörte er diesen dann schüchtern sagen und Wei Ying grinste amüsiert. A-Yuan hatte da wohl eine kleine Schwärmerei entwickelt.   „A-Yuan, nun bin ich wirklich gekränkt. Ich habe mich heute auch extra schick gemacht, aber mir sagst du nicht das ich hübsch bin.“, zog er diesen ein wenig auf, doch zeigte sich A-Yuan davon nicht verunsichert.   Im Gegenteil.   Er verschränkte seine kurzen Arme vor der Brust und schaute ihn ernst an.   „Wei gē ge ist ein De…Densa…Desaster.“, brachte er darauf mit all der Überzeugung hervor, die ein vier Jähriger meistern konnte und Wei Ying wusste das er dieses Wort von Wen Qing aufgeschnappt hatte. Das A-Yuan das Wort Desaster beinahe ohne Probleme aussprechen konnte, war Beweis genug, wie oft ihn dessen Tante schon so bezeichnet hatte.   Wei Ying legte sich in einer theatralischen Geste eine Hand an die Brust. „A-Yuan, du weißt wirklich wo es weh tut. Lan Zhan verteidige meine Ehre.“, schniefte er darüber, auf das Lan Zhan leicht den Kopf schüttelte. Mit einem leichten Lächeln auf seinen Lippen, wandte er sich wieder an A-Yuan.   „Da kannst du ein schwieriges Wort. Du bist ein cleverer junger Mann.“, lobte er diesen stattdessen und Wei Ying seufzte dramatisch.   „Ich seh schon, ihr zwei habt euch gegen mich verschworen.“ Ein paar der anderen Kinder um sie herum machten nun auf sich aufmerksam, war ihre Neugier noch immer nicht abgeklungen, das Lan Zhan sich diesen ebenso zuwandte.   „A-Yuan möchtest du mit den anderen etwas erklärt bekommen?“ Wei Ying hätte zwar gern noch etwas mit Lan Zhan gesprochen doch drängte er sich auch nicht weiter auf. Immerhin war dieses Event in erster Linie für die Kids gedacht.   A-Yuan nickte einmal kurz aber dafür enthusiastisch und Wei Ying war schon daran ihn Lan Zhan wieder abnehmen zu wollen, als dieser ihn mit einem „Schon in Ordnung.“ davon abhielt.   Allerdings lehnte sich Lan Zhan ihm daraufhin ein Stück entgegen. „Ich finde, Wei Ying sieht hübsch aus.“, ließ er ihn in einem Wispern wissen, das ihm ein vorwitziges Kribbeln bescherte und er merkte, dass sich die Wärme auf seine Wangen stehlen wollte.   Das zufriedene Funkeln in Lan Zhans Augen, als er ihn perplex ansah, ließ Wei Ying wissen das dieser die Chance genutzt hatte zur Abwechslung auch einmal ihn mit solchen Anspielungen aus dem Konzept zu bringen. Und wahrlich, das war ihm gelungen.   Ihm fehlten tatsächlich die Worte.   Lan Zhan hatte sich indes mit seinem üblichen Pokerface wieder an seine gǔ qín gesetzt, und A-Yuan in seinem Schoß platziert, der darüber ziemlich stolz über die anderen interessierten Kinder blickte.   „Es ist ungewöhnlich, dass A-Yuan sich so schnell an jemanden gewöhnt.“ Wen Ning hatte sich wieder neben ihn gesellt und auch wenn er Recht hatte mit seinem Hinweis, so ging Wei Ying doch etwas ganz anderes durch den Kopf.   Es sah nicht gut aus für sein Herz, das er Stück für Stück an diesen unglaublich faszinierenden Mann zu verlieren schien und er darüber nur hilflos Seufzen konnte.   *** dí zi – Bambusflöte (quer) gǔ qín – chinesische Zither 5 oder 7 Saiten zhí duō – Robe mit schmalen Ärmeln, knielang bàn bì – kurzärmlige offene Robe, die über anderen Kleidungsstücken getragen wird yī shang – Oberteil mit überschlagendem Kragen + rockartigen Unterteil dà chǎng – lange, offene Robe mit weiten Ärmeln die über anderen Kleidungsstücken getragen wird gē ge – großer Bruder dà gē – großer Bruder (etwas formeller als gē ge) xiān sheng – Herr/Mister Dào Zhǎng – taoistischer Priester (ich benutze diese Anrede in meiner AU als einen Spitznamen, den Xue Yang Xiao XingCheng gegeben hat.) 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