Idol von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 - Ein Sturm zieht auf ------------------------------------------ Kapitel 02 - Ein Sturm zieht auf "Das kann nicht Ihr Ernst sein! Ich muss dringend von hier weg!" /Tut mir leid, aber Dank des Schneesturms sind die Wege unbefahrbar. Selbst die Hauptstraßen sind größtenteils dicht. Bitte haben Sie dafür Verständnis./ Ganz sicher habe ich das nicht! "Hören Sie. Egal was es kostet, ich brauche ein Taxi! So schnell es geht … Hallo? Hallo?!" Kein Ton mehr am anderen Ende der Leitung. "Aufgelegt!" Das gibt es doch nicht! "Die Leitung ist tot. Das passiert hier draußen öfter", meint Lucian gelassen, der gerade an mir vorbei in die Küche schlendert. "Dann bleibst du also doch?" "Scheint so", knurre ich sauer und werfe das Telefon auf den Couchtisch. "Jedenfalls für heute Nacht." Lucian füttert seinen wieder aufgetauchten, schwanzwedelnden Köter. Seit das Vieh wieder hier ist, ist Lucian wie ausgewechselt. Er scheint die Ruhe in Person zu sein, was mich nur noch mehr aufregt. "Wenn du Hunger hast, greif zu." Er deutet auf den Herd, in dem er irgendeine Art Eintopf zubereitet hat. "Danke. Keinen Hunger", lüge ich. In Wahrheit knurrt mein Magen wie Wahnsinnig, da ich seit heute Morgen nichts mehr gegessen habe. Doch ich werde einen Scheiß tun, und das zugeben! Lucian zuckt nur unbeeindruckt mit den Schultern und setzt sich an den Küchentisch, wo er zu essen beginnt. Ich muss zugeben, es riecht wirklich gut, was er da gekocht hat … So ein Mist! Gegen mein Hungergefühl komme ich nicht lange an. Ich kann sehen, wie Lucian zu grinsen beginnt, als ich mich am Eintopf bediene. Zum Glück sagt er nichts weiter, sondern futtert still vor sich hin. Schlecht gelaunt setzte ich mich zu ihm an den Tisch und fange ebenfalls an zu essen. Ich muss zugeben, das Zeug schmeckt. Was auch immer da drinnen ist. Einzig die Fleischstückchen Sortiere ich aus. "Was tust du da?" Das bleibt natürlich nicht lange unbemerkt. "Ich esse kein Fleisch." Lucian runzelt die Stirn. "Du weißt schon, dass da aber trotzdem immer noch Fleischbrühe drinnen ist?" "Hab Hunger", brumme ich und zucke mit den Schultern. In der Not esse ich auch mal etwas Fleisch. So ein strenger Vegetarier bin ich nicht. Ich finde nur, wenn es sich vermeiden lässt, sollte man nicht so viel Fleisch essen. Und wenn, dann natürlich nur vom Biobauern. Lucian zieht spöttisch eine Augenbraue nach oben. "Ein Möchtegern-Vegetarier also", schnaubt er. "Ich bin gegen Massentierhaltung. Deshalb verzichte ich meistens auf Fleisch und Wurst", erkläre ich ihm giftig. "Da ist nichts möchtegernmäßiges dran. Nur der Ekel vor dieser scheinheiligen Fleischindustrie und deren geldgesteuerten Tierquälerei!" Wenn ich nur daran denke, wie überall Tiere, lebende und fühlende Wesen, wegen Profitgier und dem Geiz der Konsumenten misshandelt und schlecht gehalten werden, werde ich richtig sauer. Das will und kann ich nicht unterstützen! "Falls es dich beruhigt, das Reh habe ich selbst im Wald geschossen", meint Lucian. Er hat was? "Du jagst?" "Wenn ich nicht verhungern möchte, ja." "Das wusste ich nicht." "Woher auch?" Er schiebt den leeren Teller von sich und steht auf. "Bin eine rauchen." Und weg ist er. Mal ganz abgesehen, dass es unhöflich ist, einfach vom Tisch aufzustehen, bevor der andere aufgegessen hat, Lucian ist wirklich so verdammt anders, als ich ihn mir vorgestellt habe. Und vor allem so gegensätzlich. Einerseits kommt er mir wie ein Eigenbrödler vor. Dann wiederum, geht man nach der Einrichtung seines Hauses, wie eine Frau mittleren Alters. Er scheint sehr Naturverbunden zu sein, andererseits steckt sein Haus voller technischem Schnickschnack. Allein in der Küche tummeln sich unzählige elektronische Küchenhilfen. Schlimmer als bei meiner Mutter! Und was soll das mit diesem blonden Fickstück? Als wäre er der größte Playboy auf Erden. Bestellt sich Blondchen zum Vögeln her und danach verschwindet es wieder? Was soll man davon nur halten? Was soll ich nur von ihm halten? Meinem absoluten Lieblingsautor, der inzwischen scheiße sauer auf mich ist, auch wenn er jetzt ziemlich handzahm tut. Und natürlich bin ich auch richtig sauer auf ihn. Besonders wegen des Fickstücks … Ist das Eifersucht? Der Gedanke lässt mir meinen Hunger vergehen. Eifersüchtig? Ich? Auf 'Blondchen mit den weit spreizenden Beinen'? Leck mich am Arsch! Soweit kommt's noch! Das ist keine Eifersucht. Kann ja auch gar nicht. Auf was sollte ich eifersüchtig sein? Allerhöchstens darauf, dass Lucian diesen Fickfrosch mir vorgezogen hat, obwohl ich, nur wegen ihm, hier her gegondelt bin. Mitten im dicksten Winter und das auch noch in eine weit abgelegene Einöde, in der ich jetzt auch noch feststecke. Ich hatte mir diesen Trip ganz anders vorgestellt … Dass wir uns über seine Werke unterhalten, Ideen austauschen und ich mit ihm zusammen noch an meinen Entwürfen arbeiten würde … Aber stattdessen passiert sowas! Die Terrassentür schwingt auf. Lucian kehrt zurück. Ich weiche seinem Blick aus, stehe auf und nehme meinen Teller, den ich auf die Küchenspüle stelle. Schweigend räumt er den restlichen Tisch ab. "Bin müde", murmle ich. "Wo kann ich schlafen?" Eigentlich bin ich noch hellwach. Komisch, angesichts des langen, beschwerlichen Tages, doch ich will nicht länger in Lucians Nähe sein. "Komm mit." Er marschiert die Treppe hinauf. Ich schnappe mir meinen Koffer, der immer noch neben der Eingangstür steht, und folge ihm. Wie erwartet führt er mich in das Zimmer gleich vorn links. "Hier ist ein kleines Badezimmer", sagt er gefühllos und deutet auf eine sehr schmale Tür gegenüber des Bettes. "Du brauchst also nicht meins zu benutzen." Der sarkastische Unterton entgeht mir wieder nicht. "Keine Sorge", blaffe ich. "Dort werde ich keinen Fuß mehr hineinsetzen." Als ob ich mir das nochmal geben würde! Wer weiß, welche Betthäschen er dort noch gebunkert hat. "Gute Nacht", wünscht mir Lucian mit einem kalten Tonfall, dreht sich um und lässt mich allein im Gästezimmer zurück. "Nacht." Was für ein Idiot! *** Mitten in der Nacht bekomme ich riesigen Durst. Auf Leitungswasser stehe ich nicht besonders, also schleiche ich mich aus meinem Zimmer und stehle mich leise über den Flur zur Treppe. Auf halben Weg nach unten bemerke ich einen schwachen, orangenen Schimmer. Der Kamin? So leise es geht nehme ich eine Stufe nach der anderen. Auf der fünfletzten Stufe bleibe ich stehen und hocke mich hin, sodass ich gerade so durch die Holzstreben des Geländers neben mir schauen kann. So habe ich den perfekten Blick Richtung Wohnzimmer. Lucian sitzt auf der Couch, den Laptop vor sich. Er tippt mit schnellen Schlägen auf die Tastatur ein. Arbeitet er etwa an einem neuen Band? Aufgeregt versuche ich mehr zu erhaschen und wage mich noch eine Stufe weiter nach unten. Auf dem Tisch kann ich meine Skizzen erkennen. Er hat sie sich anscheinend angesehen! Meine Aufregung steigt. Auch wenn er ein totaler Arsch ist, hoffe ich trotzdem, dass ihm meine Entwürfe gefallen. Teils aus Stolz, teils deshalb, weil ich dennoch ein riesiger Fan seiner Arbeit bin. Das eine schließt das andere ja nicht aus. Angestrengt versuche ich irgendwelche Hinweise zu erkennen, wie ihm meine Zeichnungen gefallen haben. Sie liegen auf zwei Stapel verteil. Daneben ein beschriftetes Blatt, doch ich kann beim besten Willen nicht erkennen, was er sich darauf notiert hat. Ich bräuchte ein Fernglas … Wuff! Himmel! Lucians Köter steht vor der Treppe und sieht mich schwanzwedelnd an. Logisch, dass Lucian nun auf mich aufmerksam wird. Er sieht mich überrascht an und - ich fasse es nicht! - trägt eine Brille! "Entschuldigung." Ich räuspere mich. Lucian mit Brille! "Ich hatte Durst. Ich wollte nicht stören." Da ich jetzt entdeckt wurde, laufe ich die letzten Stufen nach unten und bleibe neben dem weißen Schäferhund stehen, der sich neben mich setzt und immer noch neugierig mustert. "Neben dem Kühlschrank. Bedien dich." Lucian nickt Richtung Kühlschrank. Ich schnappe mir eine Flasche und eins der sauberen Gläser, die auf dem kleinen Regal über der Spüle stehen und schenke mir ein. Lucian ist wieder voll und ganz in seine Arbeit vertieft. Ob ich zu ihm rüber gehen soll? Schließlich hat er sich meine Zeichnungen angesehen. Es ist somit mein gutes Recht, ihn deshalb zu befragen. Ich nehme all meinen Mut zusammen und nähere mich dem Wohnbereich. Neben der Couch bleibe ich stehen. Entweder, er ist so vertieft in seine Arbeit, dass er mich nicht bemerkt, oder es ist ihm schlicht weg egal. "Du hast dir meine Skizzen angesehen?", wage ich einen Versuch. Lucian nickt aber bloß, was in mir schon wieder die Wut aufsteigen lässt. "Und?" Sag schon was! "Gut." Gut? Einfach gut? "Bitte etwas mehr Input", bitte ich ihn gereizt. Der Typ bringt mich echt auf die Palme! Seine Hände hören auf, auf die Tastatur einzudreschen. Ich überfliege kurz die paar Textzeilen, die auf dem Bildschirm zu lesen sind, aber Lucian klappt den Laptop zu. Was ich jedoch noch erkennen konnte, er schreibt tatsächlich an der Geschichte von Slate und Neil weiter. Trotz des Ärgers, den mir dieser Autor immer wieder beschert, macht mein Fanherz einen riesigen Satz. "Du hast mir unfertige Skizzen gebracht", meint Lucian plötzlich und lässt die Freude über seine Schreiberei verblassen. "Zur Ansicht, ja", bestätige ich, zugegeben, nervös. "Aber sie sind nicht unfertig. Das sind die ersten Entwürfe." Lucian seufzt und mein Zornlevel steigt abermals an. "Ich hätte gern richtige Zeichnungen von dir gesehen." "Das sind richtige Zeichnungen! Nur eben im Rohentwurf." Himmel noch eins! Soll ich etwa Hochglanzabzüge mitbringen?! Obwohl ich noch gar nicht weiß, ob sie ihm gefallen? Bei Auftragsarbeiten mache ich das oft. Und wenn die Entwürfe den Vorstellungen entsprechen, arbeite ich sie aus. Das ist ganz normal! Doch anstatt ihm das um die Ohren zu schmettern, versuche ich mich zu beruhigen. "So kann ich noch an ihnen arbeiten", erkläre ich ihm. "Das können wir auch zusammen machen. Du sagst, was dich stört, und ich ändere es sofort." "Ich will keine Änderungen nach meinen Wunschvorstellung", grantet er mich an. "Ich will sehen, wie du dir die Szenen vorgestellt hast. Ich weiß, wie sie in meinem Kopf aussehen." Er tippt sich zur Verdeutlichung an die Stirn. "Das will ich nicht doppelt und dreifach auf deinen Zeichenblöcken sehen. DU sollst DEINE Vorstellungen umsetzen. Nicht meine." Er nimmt sich die beiden Stapel und hält sie mir hin. "Die hier sind gut", sagt er. "Wenn ich sie sehe, weiß ich sofort um welche Szene es geht. Aber die hier", er wedelt mit dem anderen Stapel "haben meiner Meinung nach keinen Bezug zum neuen Band." Bitte?! Keinen Bezug? "Ich habe hinten notiert, zu welcher Seite ich sie angedacht hatt…" "Ich will das nicht erst nachlesen müssen", unterbricht er mich rüde. "Entweder, du ändert das nochmal, oder lässt sie ganz weg." Die Skizzen landen vor mir auf den Tisch. Lucian klappt seinen Laptop wieder auf und beginnt von neuem, seine Tastatur zu malträtieren. "Du bist so ein Arsch!", platz es aus mir. "Ein Arsch, der weiß, was er will", brummt er nur und tippt weiter. Sauer schnappe ich mir meine Zeichnungen und verziehe mich wieder nach oben. Was bildet der sich eigentlich ein?! *** Am nächsten Morgen herrscht eine eisige Stimmung zwischen uns. Während Lucian in der Küche herumhantiert, versuche ich irgendwie ein Taxi hierher zu bekommen. Doch wie gestern: Ich habe damit keinen Erfolg. Heute Nacht muss ein wahrer Schneesturm gewütet haben. Alle Zufahrtsstraßen hier her sind dicht. Selbst der normale Straßenverkehr auf den Hauptstraßen kommt kaum durch. Dazu ist hier immer noch das Festnetz tot. Und mit meinem Handy habe ich nur mäßigen Empfang. Dank den hohen Bäumen rings um. Billy hat sich ebenfalls noch nicht gemeldet, oder konnte mich nicht erreichen. Wie auch immer. Ich stecke hier erstmal fest. "Shit!" Ich wische mir genervt über die Stirn und stecke mein Handy wieder ein. "Kaffee ist fertig", höre ich Lucian aus der Küche knurren. "Super!" Sarkasmus lässt grüßen. "Dann bleibe ich wenigstens wach, solange ich hier eingesperrt bin." Ich laufe rüber zur Küche und setze mich. "Sei froh, dass du nicht draußen übernachten musstest, nachdem du mich so nett als Arschloch betitelt hast." Bang! Eine volle Tasse Kaffee knallt vor mir auf den Tisch, deren Inhalt gefährlich hin und her schwappt, aber nicht über den Rand tritt. Lucian setzt sich mir gegenüber und krault den Kopf seines Hundes, der umgehend auf seinem Schoß Platz gefunden hat. "Und ich dachte wirklich, unter uns beiden würde so etwas wie ein künstlerischer Austausch stattfinden, wenn ich hier bin." Ich schüttle über meine eigene, verblendete Vorstellung den Kopf. "Hättest du nicht so pissig auf meine Kritik reagiert, hätte das sogar passieren können", kontert Lucian. "Kritik?!" Will der mich veräppeln?! "Wo, bitte schön, war das Kritik?" Er hat meine Zeichnungen nieder gemacht! Von wegen, die Hälfte meiner Entwürfe hätten keinen Bezug auf seinen neuen Band! Soll er seine Glotzaugen aufmachen und mal genauer hingucken, anstatt irgend so ein Bückstück unter der Dusche zu nageln!* Man kann spüren, dass es in Lucian brodelt, doch er lässt es nicht an die Oberfläche kommen. Fast schon bewundernswert. Ich wünschte, ich könnte mich in seiner Gegenwart so zurückhalten. "Weißt du", sagt er äußerlich ruhig und trinkt einen Schluck Kaffee. Ich habe meinen noch nicht angerührt. "Ich war so gespannt auf dich und deine Arbeit. Ich bin wirklich enttäuscht." "Dito", presse ich hervor. "Dabei sind deine sonstigen Illustrationen so gut. Ich hatte mir so viel von unserem Treffen erhofft. Echt schade." Hm? Lucian trinkt den Rest seines Kaffees und steht auf. "Wo gehst du hin?" Warum haut er jetzt einfach ab? "Holz holen. Nicht, dass sich mein Gast noch verkühlt." So gern ich will, aber darauf weiß ich nichts zu erwidern. Lucian, mein einstmals so geliebtes Idol, zieht sich Stiefel und Jacke über, dann marschiert er zur Terrassentür hinaus. Sein Köter folgt ihm fröhlich und ich bin allein. Er findet meine Illustrationen gut? Und er hatte sich viel von unserem Treffen erhofft? Also ging, geht, es ihm so wie mir. In gewisser Weise sind wir beide vom anderen enttäuscht. Na super! Tolle Ausgangssituation für eine Zusammenarbeit! Wir sollten das alles schnell vergessen und … Oder? Ich genehmige mir einen Schluck vom nur noch lauwarmen Kaffee. Auch wenn er nicht mehr brühwarm ist, hilft er mir trotzdem meine plötzlich überschäumenden Gedanken besser zu sortieren. Wie war das? Ich kann keine Kritik vertragen? Eigentlich kann ich das schon. Bei Leuten, deren Meinung mir sowieso am Arsch vorbeigeht. Kunst ist und bleibt Geschmackssache. Aber Lucians Worte haben mich wahrhaftig gekränkt. So sehr, dass ich ihm plötzlich unbedingt das Gegenteil beweisen möchte. Und hatte ich zu Anfang nicht gesagt, man sollte sich nie lange auf seinen eigenen Lorbeeren ausruhen, immer weiter voran gehen, dazulernen und Dinge wagen, die man sich nicht zutraut? Und um dieses Motto noch zu erweitern: Man sollte niemals einfach aufgeben, ohne es nicht wenigstens ein weiteres Mal versucht zu haben. *** Ob Lucian mich schon vermisst? Bestimmt nicht. Womöglich glaubt er, ich würde mich jetzt so lange im Gästezimmer einigeln, bis es endlich ein Taxi hier her geschafft hat. Auch gut. So kann ich wenigstens in Ruhe arbeiten. Und zwar an meinen Zeichnungen. Er will gleich sichtbare Bezüge zu den Textpassagen in seinem Buch? Die kann er haben! Ich habe nicht umsonst meine gesamte Zeichenausrüstung mitgeschleppt. Wobei ich eigentlich gedacht habe, sie im Beisein von Lucian zu benutzen, aber nun gut. Wie heißt es so schön? Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Noch nie hat der Spruch so gut in eine meiner Lebenssituationen gepasst, wie hier. Ich zeichne wie der Teufel, bessere aus und koloriere. Es dauert den ganzen Tag, aber ich schaffe es, all meine Bilder noch einmal komplett zu überholen und auszuarbeiten. Aus den Rohentwürfen sind fertige Illustrationen geworden. Ganz nach meinen Vorstellungen, wie Lucian wollte. Und die anderen Zeichnungen, die, die angeblich keinen erkennbaren Bezug auf sein Buch haben, habe ich ebenfalls nochmal genaustens unter die Lupe genommen. Wenn er den Bezug jetzt nicht sieht, dann weiß ich auch nicht weiter. Es ist kurz nach sieben, draußen ist es bereits dunkel. Als ich alles zusammenpacke und die Zeichnungen in die Mappe lege, höre ich meinen Magen knurren. Kein Wunder. Bis auf die Tasse Kaffee heute Morgen habe ich wieder nichts zu mir genommen. Das passiert mir aber oft, wenn ich in Arbeitsphasen bin. Dann geraten meine körperlichen Bedürfnisse komplett in den Hintergrund. So lange, bis ich fertig bin. Erst dann kümmere ich mich wieder um mein leibliches Wohl. Allerdings muss das noch eine Weile lang warten. Zu aller erst will ich Lucian zeigen, was ich die letzten Stunden über angestellt habe. Abermals nervös, wie ihm meine Illustrationen gefallen werden, gehe ich nach unten. Es duftet nach Essen. Irgendwas Leckeres steckt im Ofen, aber ich versuche das zu ignorieren. Lucian hat Vorrang. Ich finde ihn wieder unten im Wohnzimmer. Er hat sich auf der Couch lang gemacht und hält ein Buch in der Hand. Wieder mit Brille auf der Nase gibt er immer noch ein sehr ungewohntes und lustiges Bild ab, finde ich. Ich trete von hinten an die Couch heran und schiebe meine Zeichenmappe zwischen ihn und dem Buch in seiner Hand. Mit gerunzelter Stirn sieht Lucian zu mir auf. "Versuch jetzt mal, meine Arbeit zu kritisieren", sage ich nur und lasse die Mappe einfach auf seine Brust fallen. Er legt tatsächlich das Buch beiseite, setzt sich auf und öffnet die Mappe. Ich setzte mich kurzerhand neben ihn. Neugierig und nervös beobachte ich ihn dabei, wie er meine Arbeit der letzten Stunden betrachtet und versuche mir nicht allzu auffällig die Hände dabei zu kneten. Lucian nimmt sich wirklich Zeit dafür. Hoffentlich aus echtem Interesse und nicht, um mich nur noch mehr zu ärgern. Es sind auch einige Zeichnungen dabei, die eindeutig nicht für jüngere Betrachter geeignet sind. Als Lucian sie sich ansieht, werde ich noch ein wenig nervöser. Nicht, weil mir die Bilder peinlich sind. Es ist nur so, dass ich die Darstellungen unbedingt so hinbekommen wollte, dass man die ganze Liebe, die Slate und Neil füreinander hegen, auch unbedingt rüberkommt. Die wenigen Momente, die die beiden für sich haben, sind so kostbar. Gerade weil sie ihre Liebe nicht nach außen hin zeigen dürfen. Als Leser spürt man dies, aber ich will, dass man das auch meinen Bildern ansieht. Hoffentlich ist mir das gelungen. Als Lucian schließlich mit allen Zeichnungen durch ist, legt er sie geordnet vor sich auf den Tisch. Mein Herz rast, so aufgeregt bin ich über seine Meinung. Wenn er sie jetzt immer noch nicht gut findet, weiß ich nicht weiter. Besser kann ich es nicht. Ich habe all mein Herzblut und meine Bewunderung für sein Schaffenswerk hineingelegt. Zu mehr bin ich nicht fähig. "Genau so wollte ich das." Mein Herz setzt für ein paar Schläge aus. Was? Ehrlich? Hat er das gerade wirklich gesagt? Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Nach dem ganzen Desaster der letzten beiden Tage kommt mir sein Lob so unwirklich und irreal vor. "Wirklich? Es gefällt dir also?", frage ich deshalb mit dünner Stimme nach. Hinterher habe ich mich doch verhört … "Ja", meint er knapp. "Jetzt können wir an die Arbeit gehen und uns Gedanken über die Zusammenstellung machen." ****** * Da ist aber einer gekränkt, weil er nicht das Bückstück in der Dusche sein durfte xDDD Ob die beiden sich wirklich endlich zusammengerafft haben? Ihr dürft weiter gespannt bleiben ;-) Einen schönen zweiten Advent euch :-*** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)