Die letzte Chance von BuchTraumFaenger ================================================================================ Kapitel 13: 13. Misstrauen -------------------------- Po schaute auf, als er die Wahrsagerin aus dem Haus zurückkommen sah. „Und? Wie war es? Ist er immer noch sauer auf mich?“ Die Ziege schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Denk nicht darüber nach. Er war schon immer schlecht gelaunt.“ „Ja, sehr schlecht“, murmelte Po vor sich hin und sah sie nachdenklich an. „Und, was jetzt?“ „Ich werde versuchen seine Verletzungen zu behandeln.“ „Kann ich dabei helfen?“ „Du könntest ein paar Äste für ein Feuer sammeln.“ Nach einer Weile prasselte ein kleines Feuer vor dem Haus. In einem kleinen Topf kochte die Wahrsagerin eine Flüssigkeit. Po schnüffelte interessiert. „Was ist das?“ „Ein altes Rezept für schnelleren Federwuchs“, antwortete die Ziege. „Shens Familie pflegte es nach alter Tradition zu verwenden.“ „Oh, gut zu wissen.“ Po setzte sich nicht weit entfernt auf einen Stein und schaute ihr zu wie sie im Topf rührte. „Wird er wieder gesund?“, fragte Po nach einer Weile. Die Ziege seufzte. „Solange er nicht aufgibt weiter zu leben… ich denke, ja.“ Po bemerkte eine gewisse Sorge in ihrer Stimme. „Stimmt etwas nicht?“ Die Ziege füllte die Flüssigkeit in eine kleine Schüssel. „Alles zu seiner Zeit. Alles zu seiner Zeit.“ Nachdenklich beobachtete Po wie sie damit wieder im Haus verschwand. Shen stieß einen Seufzer aus, als er sie zurückkommen hörte und ignorierte sie. „Keine Sorge“, sagte die Ziege. „Deine Schmerzen werden bald abklingen.“ Sie stellte die Schüssel auf einen kleinen Tisch ab. „Shen, erinnerst du dich noch daran, wie du als kleines Kind versucht hast zu fliegen und dir dabei den Flügel gebrochen hast?“ Shens Gesicht verfinsterte sich. „Ich erinnere mich.“ „Nun, jetzt mache ich dasselbe wie damals.“ Sie stellte sich neben ihn ans Bett. Shen schloss die Augen. Er wollte sie nicht ansehen. Sein einziger Wunsch war einfach irgendwie wieder schmerzfrei zu werden. Er hörte wie sie einige Instrumente oder etwas ähnliches in die Hufe nahm. Anschließend schob sie die Decke beiseite. Wieder krampfte sich sein Körper zusammen, während sie seinen gebrochenen Flügel betrachtete und ihn behutsam ein Stück zu sich heranzog. Shen presste die Schnabellippen zusammen. Irgendetwas zischte, wie Wasser auf Feuer. Shen sog scharf die Luft ein, als ein Stechen auf seinem Flügel über seine blanke Haut fuhr. Für einen Moment wurde es unglaublich heiß. Die Ziege strich über seine federlose Haut mit schnellen Bewegungen. Erneut schnappte Shen zischend nach Luft. Dann war der Schmerz plötzlich verschwunden. Das gleiche machte sie mit seinem Bein. Anschließend legte sie, zu Shens Ärger, wieder ein paar gerade Stöcke an seinen Flügel und wickelte diesen Teil mit Stoffstreifen ein. Auch sein Bein wurde auf die gleiche Art und Weise einbandagiert und geschient. Shen war froh, dass sie dabei keine neue Diskussion anfing. Stattdessen fuhr sie mit ihrer Heilungsarbeit fort. „Ich werde jetzt etwas auf deine Haut auftragen, damit deine Federn etwas schneller nachwachsen.“ Sie nahm ein Tuch in den Huf und tunkte es in die viskose Flüssigkeit in der Schüssel, die sie dann über die gerupfte Haut rieb. Zuerst über den Brustkorb, dann über die unteren Bereiche der Flügel und den Hals. „Roll dich bitte auf den Bauch“, bat sie. Shen hob skeptisch den Kopf. „Was hast du vor?“ „Wenn du willst, dass deine langen Federn schneller nachwachsen sollen, muss ich auch an dieser Stelle etwas von der Salbe draufstreichen.“ Der Lord knurrte aufgebracht. „Das kann ich selber machen! Gib das her!“ „Du brauchst dich nicht zu schämen…“ „Hau ab!“, schrie er. Die Wahrsagerin gab nach und überreichte ihm die Schüssel. Mit seinem gesunden Flügel nahm er sie an sich. „Dreh dich um.“ „Bist du sicher, dass du nicht…“ „Dreh – dich – um!“, befahl er. Seufzend kam sie dieser Aufforderung nach und schaute stattdessen zur Tür. In der Zwischenzeit hörte sie wie Shen sich im Bett bewegte und versuchte die Salbe auf die Rückseite zu schmieren, an der Stelle, wo einst seine langen Federn gewesen waren. „Dummer Junge“, dachte sie, doch sie sprach es nicht aus. Manchmal benahm er sich immer noch wie ein Teenager. Sie sprach solange kein Wort bis Shen das Schweigen beendete. „Bitte sehr“, murmelte er ohne Dank. „Alles in Ordnung?“, erkundigte sie sich besorgt. Shen seufzte und sie wusste, dass er jetzt nichts mehr Weiteres sagen wollte. Mit warmem Blick betrachtete sie den erschöpften Pfau. „Entspann dich und versuch zu schlafen“, sagte sie gutmütig. Shen widersprach ihr nicht und schloss die Augen. Doch er schien jetzt nicht mehr ganz so unter Hochspannung zu stehen wie vorher. „Lass den Panda nicht reinkommen“, murmelte er schläfrig. Sie nickte. „Ich werde es ihm ausrichten.“ Nach diesem passierte am darauffolgenden frühen Morgen nichts mehr Besonders, während die Sonne immer höher stieg. Po hatte sich solange wieder etwas zum Schlafen hingelegt, während die Ziege etwas zu essen kochte. Sie war froh, dass der Panda schlief, sodass sie keine Fragen beantworten musste. Und während der Drachenkrieger noch vor sich hindöste, ging sie leise mit einer Schüssel Suppe wieder ins Haus hinein. Sie öffnete vorsichtig die Zimmertür. Wie sie vermutet hatte schlief er nicht. „Shen?“ Der Pfau zuckte zusammen, doch kurz darauf mied er es wieder sie anzusehen. „Was ist?“ „Dein Frühstück. Du musst etwas essen.“ „Ich hab keinen Hunger.“ Sie seufzte und kam näher. „Komm schon. Tu es für deine Eltern…“ „Komm mir nicht schon wieder damit! Das zieht bei mir nicht mehr!“ Daraufhin sagte sie nichts mehr. Sie wusste, Shen würde ihr nicht zuhören wollen. Ohne ein Wort stellte sie die Schüssel auf seinen Bauch ab, doch Shen schob sie von sich. „Ich sagte doch, dass ich keinen Hunger hab.“ „Wie du wünschst. Es sei denn dir ist es lieber, dass der Panda sie isst.“ „Mir egal.“ „Willst du wirklich, dass der Panda am Ende stärker ist als du?“ Shen knurrte. Die Ziege lächelte, als Shen versuchte nach der Schüssel zu greifen. Sie streckte ihren Huf nach ihm aus. „Soll ich…“ „Ich brauche keine Hilfe!“, fauchte er. „Wie willst du sie sonst trinken?“, fragte sie ruhig. „Ich kann das alleine.“ „Mit nur einem Flügel?“ Shen verdrehte genervt mit die Augen. „Hast du keinen Löffel?“ Sie schüttelte den Kopf. Erneut versuchte Shen die Schüssel zu halten, aber um ein Haar wäre sie ihm über seinen Bauch gekippt, doch die Ziege fing es noch in der letzten Sekunde auf. Shen seufzte verärgert. „Wag es nicht zu lächeln. Ich weiß, was du jetzt denkst.“ Damit erlaubte er ihr die Schüssel an seinen Schnabel zu halten. Er beobachtete sie argwöhnisch, doch er nahm mehrere große Schlucke. Die Ziege versuchte ihm dabei nicht in die Augen zu sehen. „Das reicht“, sagte er und schob sie weg. Sie nickte. „Schon gut. Vielleicht später mehr.“ Sie drehte sich um, um den Raum wieder zu verlassen, aber Shen wollte noch etwas wissen, bevor sie ging. „Warte.“ Sie hielt inne. „Sag mir, was ist mit meiner Zukunft?“ Sie senkte den Blick und drehte sich zu ihm um. „Tut mir leid, Shen. Aber ich habe beschlossen, dir nie mehr etwas über die Zukunft zu verraten. Es ist zu gefährlich zu viel über seine mögliche Zukunft zu wissen. Vor allem solange du nicht deinen Weg änderst.“ Shen knurrte wütend. Er hasste sie, wenn sie ihm solche Dinge erzählte, was er nicht gerne hören wollte. Er richtete sich auf und schob die Beine über die Bettkante. Die Augen der Ziege weiteten sich. „Shen! Es ist nicht gut für dich…“ „Halt den Mund! Ich kann nicht die ganze Zeit nur im Bett liegen bleiben!“ Damit setzte er die Füße auf den Boden auf, er schwankte ein wenig, fand aber schnell sein Gleichgewicht wieder. Er sah nach draußen durchs kleine Fenster. Die Sonne war gerade dabei über den Horizont aufzusteigen und mittlerweile war auch Po gerade aufgewacht. Er saß auf einem Baumstamm und zupfte an einem Grashalm. Die Wahrsagerin strich sich über ihren Ziegenbart. „Warum hast du immer noch Angst?“ Daraufhin kassierte sie von Shen einen eiskalten Blick. „Ich habe keine Angst. Er bedroht mich nur nicht solange ich nicht für einen Kampf stark genug bin.“ „Wieso denkst du würde er vorhaben dich zu bedrohen?“ „Ich weiß es. Er hat es schon einmal beinahe geschafft. Ich werde ihm nie mehr die Chance geben es wieder tun zu können.“ „Denkst du nicht, dass du ihn falsch beurteilst?“ Shen knurrte und hob seinen schmerzerfüllten Flügel. „Denkst du, das hier bilde ich mir ein?! Ist das eine falsche Beurteilung?!“, schrie er. „Es war nicht seine Schuld“, widersprach sie ihm. „Nur weil du andere bedroht hattest, hat er entsprechend so gehandelt. Er wollte sie nur vor dir beschützen, weil es seine Aufgabe ist hilflose Leute zu verteidigen, die du umbringen wolltest. Und – du hast getötet.“ Shen wusste nur zu gut was sie meinte. „Ein Grund mehr für ihn mein Leben zu beenden.“ „Denkst du wirklich so?“ Shen seufzte und schwieg. „Rede mit ihm und du wirst die Wahrheit erfahren“, sagte sie. Doch Shen schüttelte den Kopf. „Er wird lügen. Ich bin vorsichtig genug, um mir das zu ersparen. Und ich werde solange warten bis ich ihn töten kann.“ Wieder schaute er aus dem Fenster. Po spürte seinen Blick und schaute nun ebenfalls in seine Richtung, sodass er auf seine kühlen Augen traf. Schüchtern winkte der Panda mit der Tatze. „Hi.“ Schnell wandte sich Shen ab. Po blieb draußen stehen und konnte sich nicht erklären was er jetzt schon wieder falsch gemacht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)