Eien ni von MAC01 (Bis in alle Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 6: Aussicht ------------------- "Was soll'n das jetzt?", kam eine schrille, unangenehme Stimme, als die Wohnungstür geöffnet wurde. "Hey, von 'nem zweiten Typ war nie die Rede." Überrascht wandte sich Jonouchi um, der in der Küche gestanden hatte und gerade das Abendessen für seinen Vater und sich zubereitete. Die Frau, die ihm nicht bekannt war und in ihrer Wohnungstür stand, war bestimmt schon an ihrer vierzig vorbei geschrammt. Dennoch trug sie einen Rock, der kaum über den Schritt reichte und knallig gemustert war, grobmaschige Netzstrümpfe, die von schwarzen Strapsen gehalten wurden, Hochhakige, sowie ein Top, dass mehr erahnen ließ, als es verbarg. Darüber trug sie eine Kunstfelljacke mit Leopardenmuster und war auffällig aggressiv geschminkt. Sie verzog angewidert die Mundwinkel, in der eine Zigarette gerade noch so Halt fand. In diesem Moment trat sein Vater zu der Frau und blickte verwirrt in die Wohnung. "Ach, das ist nur der Nichtsnutz von Sohn, den ich durchfüttere.", meinte er lallend und lachte, als hätte er einen besonders guten Witz gemacht. Doch die Frau war gar nicht amüsiert. "Neee ... ich geb keine Lehrstunden.", meinte sie zickig. "Dachte, du wolltest so richtig loslegen." "Ist kein Problem.", meinte der Alte, löste sich von der Frau und ging zu seinem Sohn. Unsanft packte er ihn am Kragen seines Shirts, was den Blonden kurz schreckhaft zusammenzucken ließ, zerrte ihn mit sich zur Wohnungstür und schob ihn unsanft aus der Wohnung. "Gönn deinem Alten mal 'ne Nacht um Druck abzubauen.", meinte sein Vater lallend zu ihm und schlug ihm dann die Wohnungstür vor der Nase zu. Während Jonouchi noch perplex vor der Tür stand konnte er aus dem Inneren der Wohnung das amüsierte Kichern der Frau hören, die wohl diese Nacht mit seinem Vater verbringen würde. "Oh ... das riecht aber gut...", hörte er durch die Tür, bevor er das Klappern der bereit gestellten Schalen hören konnte. Das Essen hatte gerade so für zwei Portionen gereicht und er bezweifelte, dass die beiden ihm etwas raus reichen würde. Frustriert presste der Blonde die Lippen fest aufeinander und ballte seine Hände zu Fäusten. Doch dann atmete er tief durch und lief den Gang Richtung Aufzug. Nur in Jeans und Shirt, ohne Schuhe oder Jacke saß der Blonde auf dem Dach, den Kopf in den Nacken gelegt und an die Wand des Dachzugangs gelehnt. Er schaute in die Sterne, die um diese Zeit, nachdem das Licht der Stadt gedimmt worden war, gut sehen konnte. Es war nicht das erste Mal, dass er eine Nacht hier oben verbrachte oder vor seinem Vater und dessen gewalttätige Natur sich hier hoch geflüchtet hatte. Eigentlich hatte er hier eine Kiste deponiert, in der er eine Decke und ein paar Müsliriegel gebunkert hatte. Doch als er heute hier hochgekommen war, war die Kiste verschwunden gewesen. Obwohl es schon fast Ende Mai war waren die Nächte immer noch ziemlich kühl, um nicht zu sagen kalt. Daher hatte er sich hinter das kleine Aufgangshäuschen, in dem die Treppe nach unten führte, gesetzt. Hier gab es einige Lüftungsschlitze, durch die warme Luft zu ihm kam. Während er weiter in die Sterne blickte und die Arme eng um sich schlang, wurden seine Augenlider immer schwerer und drohten zuzufallen. Doch wenn das geschah, dann würde er morgen früh verschlafen und zu spät zur Schule kommen. Das konnte er sich nicht leisten. Ein Tag unentschuldigtes Fehlen und die Schule hätte ihn in der Hand. Dann hätte er wieder vor dem Direktor zu Kreuze kriechen müssen. Darauf konnte er echt verzichten. Plötzlich wurde die Tür zum Dach so heftig aufgestoßen, dass sie gegen die Wand des Aufstieges prallte. Schlagartig war Jonouchi wieder wach, während das Adrenalin durch seinen Körper schoss. Er hatte ihn gefunden, war das erste, was ihm durch den Kopf ging. Doch dann hörte er hastige, rennende Schritte. Vorsichtig lugte er um die Ecke und sah Kaiba quer über das großflächige Dach zu einer Seite rennen. Was war denn mit dem los? Aber die viel wichtigere Frage war, was hatte sein Klassenkamerad vor? Als Kaiba an die Brüstung des Daches kam umfasste er sie fest mit seinen Händen und setzte zum Sprung darüber an. Als der Blonde erkannte, dass Kaiba im Begriff war über die Brüstung und damit vom Haus zu springen. und er zu weit weg war, um den anderen erreichen zu können, nutzte er das, was er hatte. Seine Stimme. "Also ich find die Aussicht von hier drüben ja besser, als die dort.", rief Jonouchi über das Dach. Erschrocken wirbelte der Goth atemlos zu ihm rum und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Wow, dachte Jonouchi plötzlich, als er zum ersten Mal die strahlend blauen Augen richtig erkennen konnte. "W ... was?", kam es mit brüchiger Stimme von Kaiba. "Die ... Aussicht ist hier drüben wesentlich beeindruckender, als auf der Seite, auf der du da gerade stehst.", meinte Jonouchi noch einmal. Kaibas Brustkorb hob und senkte sich in einem raschen Takt, als wäre er die ganzen Treppen aus dem fünften Stock hier hoch gerannt. "Es müsste jeden Augenblick los gehen mit dem Meteorschauer." Verwirrt blickte Kaiba ihn an, dann löste er seine Hände von der Brüstung und kam langsam zu ihm rüber. Jonouchi war erleichtert. Er wusste nichts von seinem Klassenkamerad, außer, dass dieser auch hier im Haus im fünften Stock wohnte. Aber nichts davon erklärte, warum er eben vom Dach springen wollte. "B ... Bist du deswegen hier oben?", fragte Kaiba ihn kaum hörbar. Jonouchi grinste ihn verschmitzt an und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf, bevor er nickte. "Jap ... genau ... ich schau mir das jedes Jahr an.", log er und hoffte, dass der andere ihm glaubte. "Und ... da bei dir hat man eine bessere Aussicht darauf?", hakte Kaiba langsam nach. Jonouchi nickte und deutete auf die Rückwand des Treppenaufgangs. "Dort kann man bequem sitzen und kriegt ein bisschen warme Luft vom Haus ab.", erklärte er, denn obwohl Kaiba einen Rollkragenpullover mit langen Ärmel und eine normale Hose trug schien er zu frieren. Also zeigte er auf die Lüftungsschlitze und ließ dem anderen den Vortritt. Dieser musterte die Stelle kurz kritisch, bevor er sich dann doch langsam und sehr bedächtig auf den Boden an die Lüftung setzte. Jonouchi hatte Kaiba in den letzten Tagen gelegentlich in der Schule beobachtet. Der Goth mied den Blickkontakt und war immer darauf bedacht zu anderen Schülern und den Lehrern eine gewisse körperliche Distanz zu wahren. Ein oder zwei Mal hatte er Kaiba zusammenzucken gesehen, als der Klassensprecher ihn angesprochen hatte. In der Schule redete der Dunkelhaarige eigentlich nie. Tatsächlich, wenn er darüber sinnierte, war es jetzt erst das dritte Mal, dass er die Stimme des anderen gehört hatte. "Hier ist genug Platz für uns beide.", meinte Kaiba auf einmal zu ihm und rückte etwas von den Lüftungsschlitzen weg, so dass eine Hälfte frei wurde. Jonouchi setzte sich überrascht neben ihn und war dankbar für das bisschen Wärme, dass er empfangen durfte. Natürlich brannte die Frage unter seinen Fingernägeln, warum Seto so hastig auf das Dach gestürmt war und vom Dach springen wollte. Doch andererseits ... hatte er kein Recht zu fragen. Wenn der andere es ihm erzählen wollte, dann würde er ihm zuhören, doch solange würde er sich gedulden. Es dämmerte schon als Kaiba sich zu bewegen begann. Fragend blickte Jonouchi ihn an. "Hm ... der Meteorschauer hat es sich wohl anders überlegt.", meinte der Goth leise und mit einem angedeuteten, sanftem Lächeln, während er langsam aufstand. "Ja, scheint so. Vermutlich hab ich mich im Tag geirrt und es ist erst morgen soweit.", meinte Jonouchi kess. "Also wirst du morgen wieder hier oben sein?", hakte Kaiba vorsichtig nach. Jonouchi blickte zu ihm auf. Da morgen - oder eher heute - der Tag nach dem Stelldichein seines Vaters war, was bedeutete, dass er mega-üble Laune haben würde, wäre es nur ratsam für ihn nach der Schule hier hoch zu kommen und zu warten, bis sein Vater in die Stube zum Zocken oder seine Stammkneipe zum Saufen ging. Also nickte er. "Jap ... ich bin gleich nach der Schule hier.", meinte er und lächelte kurz. "Okay ...", meinte Kaiba bevor er um den Aufgang zur Tür ging. "Bis später in der Schule." Überrascht blickte Jonouchi dem Dunkelhaarigen nach. "Ja, bis später.", gab der Blonde verblüfft zurück. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)