Eien ni von MAC01 (Bis in alle Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 2: Der Neue ------------------- Jonouchi saß auf seinem Platz in der Klasse und hatte den Kopf auf seinen verschränkten Armen gebettet. Gedankenverloren blickte er aus dem Fenster: Draußen schien die Sonne und sie hatten jetzt schon angenehme Temperaturen, obwohl es erst Anfang Mai war. In einem Baum, dessen Krone sich direkt vor den Fenstern des Klassenraums entfaltete, beobachtete er, wie ein kleiner Vogel ein Nest baute. Wenn Jonouchi nicht irrte, war das ein Spatz. Dann bemerkte er, wie sich ein Schatten über ihn legte und er blickte verschlafen nach oben. Vor seinem Pult stand der Klassensprecher. Jonouchi musste erst in seinem Gedächtnis kramen, bevor er auf dessen Name kam: Tanaka. "Kann ich dich mal kurz vor dem Klassenraum sprechen?", fragte er streng und klang dabei wie ein Chef, der seinen Angestellten maßregeln wollte. Jonouchi erwiderte nichts und stand langsam auf. Es war nicht so, dass er seiner Bewegung eine gewisse Theatralik verleihen wollte, sondern es ging einfach nicht schneller. Ihm tat der Rücken unglaublich weh, was wohl von dem großflächigen Bluterguss herrührte, der diesen überzog und dank der Schuluniform nicht zu sehen war. Anders wie sein lädiertes Gesicht: Sein rechtes Auge war fast zugeschwollen und die Lippe auf der gleichen Seite aufgesprungen und frisch verkrustet. Er folgte dem Klassensprecher nach draußen vor die Tür und konnte die Blicke der anderen Klassenkameraden in seinem Rücken spüren. "Hör mal, Jonouchi. Wir wollen eine ordentliche und vorbildliche Klasse sein und du fällst irgendwie völlig aus dem Rahmen. Dein blondes Haar, die unordentliche Schuluniform und wie du immer wieder aussiehst. Das wirft alles kein gutes Licht auf uns. Daher möchte ich dich stellvertretend für die Klasse bitten, dich in Zukunft aus Handgreiflichkeiten rauszuhalten und dir vielleicht die Haare dunkel zu färben... und deine Schuluniform... nun ja... vielleicht wäre es das Beste, wenn du dir mal eine neue zulegen würdest.", kam es von dem Gleichaltrigen und Jonouchi stöhnte innerlich auf. Es war nicht so, dass er nach der Schule loszog und den Ärger suchte. Der Ärger suchte ihn. Wenn es nicht Ushio mit seinen Kumpels war, der ihm auflauerte bezog er von seinem Vater Prügel, der sich meist an der bloßen Existenz seines Sohnes störte. Zugegeben, seine Schuluniform hatte schon bessere Tage gehabt, aber Jonouchi gab sich alle Mühe sie in Schuss zu halten. Aber wenn man nur eine besaß war das schwierig, vor allem wenn man immer wieder zusammengeschlagen wurde. Der Stoff war an vielen Stellen schon ziemlich dünn und die Angst, dass sie irgendwo riss war der ständige Begleiter des Blonden. Und sein Haar... er war es leid. So leid, immer wieder darauf angesprochen zu werden. Wenn er es gekonnt hätte, dann hätte er sich einen anderen Vater ausgesucht. Einen, der nicht aus Amerika stammte und ursprünglich als Soldat hier stationiert worden war. Der sich in eine Einheimische verliebte, sie geheiratet und ihren Namen angenommen hatte. Der kein verdammter Säufer war. Doch wie hätte Jonouchi das alles dem Klassensprecher verständlich machen sollen, der sich für diese Details nicht interessierte? "Sorry, kann dir nicht behilflich sein.", meinte er schlicht, wandte sich ab und wollte zurück in die Klasse, als er unerwartet an der Schulter gepackt wurde. Ein rasender Schmerz durchzog ihn und er zog zischend die Luft ein. "Alter, lass mir meine Ruhe.", fauchte er ungehalten. Dann kehrte er zurück z u seinem Platz, die Augen aller Mitschüler auf sich gerichtet. Wie er es hasste... Der Klassenlehrer, Herr Miyatake, kam in das Zimmer und alle standen auf, wie es zur ersten Stunde eben üblich war. Der Lehrer begrüßte sie und sie grüßten im Chor zurück. Doch heute Morgen war er nicht alleine herein gekommen. Ein Schüler in ihrer Schuluniform war ihm gefolgt und stand neben ihm vor der Tafel. Der fremde Schüler hatte schwarzes Haar, war relativ blass und dürr, trug Eye Shadow auf den Unterlider und ein Nietenhalsband, dass man unter seinem Hemd deutlich sehen konnte, dass nicht bis oben zugeknöpft war. Krawatten mussten sie ja ohnehin nicht tragen. "Schüler, begrüßt bitte euren neuen Mitschüler: Kaiba Seto.", sagte der Lehrer monoton. "Möchtest du etwas über dich erzählen?" Der Neue schien sich vor der Klasse sichtlich unwohl zu fühlen und schüttelte nur stumm den Kopf. "Dann nicht... hinter Jonouchi ist noch ein Platz frei.", meinte der Lehrer, der in die Richtung des Blonden zeigte und dann stockte, als er das lädierte Gesicht seines Schülers sah. "Schon wieder, Jonouchi?" Auf die Wangen des Blonden legte sich ein Rotschimmer der Verlegenheit und aus dem Augenwinkel konnte er Tanaka sehen, der ihn streng und tadelnd musterte. Der Lehrer seufzte nur ergeben. "Hinter dem Blonden, Kaiba.", meinte Herr Miyatake schließlich. Ohne ein Wort oder den Blick mit einem der Schüler zu wechseln eilte der Neue auf seinen Platz. Als er an Jonouchi vorbei kam fiel diesem die Fingernägel des anderen auf: Sie waren größtenteils bis zum Anschlag runter gefressen und der schwarze Nagellack, der mal aufgetragen worden war, war zu großen Teilen längst abgeblättert. Dann gab der Lehrer ihnen ein Zeichen, dass sie sich wieder hinsetzen durften. Jonouchi musste sich ziemlich am Riemen reißen, um sich nicht zu dem Neuen umzudrehen und ihn gründlich zu mustern. Wenn der Klassensprecher sich schon wegen ihm echauffierte, wie würde er wohl auf jemanden, wie dieser Kaiba, reagieren? Allein das er Make up trug dürfte dem Neuen ein Verweis einbringen. Dazu waren seine Haare zu lang. Nicht so lang, wie bei den Mädels, aber doch länger, als die Lehrer es bei den Jungs gerne sah, denn sein Haar fiel ihm über das halbe Gesicht. Dann das Nietenhalsband, welches so deutlich unter dem weißen Hemd zu sehen war, und zur Krönung noch der Nagellack. Der Blonde konnte den anderen hinter sich an den Fingernägel kauen hören. Scheinbar ein reines Nervenbündel, ging es ihm durch den Kopf. Egal, das war nicht sein Bier und würde es auch nicht werden. Er verschränkte wieder die Arme vor sich auf dem Tisch und bettete seinen Kopf darauf, während er seine Gedanken wieder aus dem Fenster fliehen ließ und den Unterricht Unterricht sein ließ. Erst als es zur Pause läutete kehrte Jonouchi mit seinen Gedanken zurück. Er stand langsam auf und wollte die Klasse verlassen, sah aber dann Ushio mit seinen beiden Speichellecker vorbei laufen. Reflexartig drehte der Blonde auf dem Absatz um und wollte zu seinem Tisch zurück. Dabei sah er, wie der Neue eine sorgfältig gemachte Bentō Box aus seiner Tasche holte, sie auf den Tisch stellte und öffnete. Innerlich fluchte Jonouchi. Sein einziges Mittagessen bestand in der Schule darin zum Wasserspender zu schlendern und dort ein paar Schlucke abzugreifen. Und das hatte sich für heute erledigt, nachdem er den Drittklässler auf dem Stockwerk gesehen hatte. In seiner Verfassung hätte er keine Chance gegen Ushio gehabt... also noch viel weniger, als ohnehin schon, berichtigte sich der Blonde gedanklich selbst. Also ließ er sich wieder auf seinen Platz fallen, um dort weiter zu machen, wo er aufgehört hatte: Beim Blick nach draußen und dem Schweifen seiner Gedanken. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)