I’m Still Standing von Orophin ================================================================================ Kapitel 5: Ready As I'll Ever Be -------------------------------- „Jetzt wach doch endlich auf, Lily!", knurrte Sirius. Ungeduldig schlug er mit seinen Händen auf den Tisch. „Genau wie meine irre Cousine hat der gute, alte Schniefelus es doch gar nicht abwarten können. Und nicht nur das! So schmierig und schleimig wie er ist, hat er es tatsächlich geschafft bei diesem verblendeten Haufen in kürzester Zeit ziemlich Erfolgreich zu sein." In der Küche wurde es still als er sich eine weitere Zigarette ansteckte. James saß, die Hände vor dem Gesicht gefaltet, stumm da und sah Lily und Sirius nachdenklich an. Lily räusperte sich. „Ihr kennt ihn nicht so wie ich es tue! Er wird schon noch zur Besinnung kommen. Severus ist ein guter Mensch dem in seinem Leben bislang nicht viel Glück vergönnt war." Nach einer kurzen Pause fuhr sie wesentlich trauriger fort: „ Ihr wisst ja nicht wie es war, ihn morgens grün und blau geprügelt vor unserer Haustüre zu finden, die Augen so zugeschwollen, dass er mich kaum ansehen konnte." Sirius lachte auf: „Und ein adäquates Mittel dagegen ist rücksichtsloses Morden? Ganze Muggelstraßenzüge anzuzünden ist ein merkwürdiger Weg zu sagen, dass einen niemand je geliebt hat." Er gönnte sich eine kurze Verschnaufpause, in der einen tiefen Zug von seiner Zigarette nahm, und merkte dann wesentlich ruhiger und abgeklärter an: „Lily, du vergisst hoffentlich nicht aus welcher Art Elternhaus ich stamme." „Vielleicht hatte er als Slytherin nicht die Möglichkeit sich diesem seinem Weg zu erwehren.", erwiderte Lily, während sie ihre Tasse an die Lippen führte. „Wunder Punkt.", warf James knapp ein und sah zu Sirius. Dessen blick verfinsterte sich als er wieder an seiner Zigarette zog. Die Asche fiel unbeachtet auf den Tisch. „Man hat immer eine Wahl!", erwiderte Sirius hitzköpfig, sprang auf und ging ruhelos im Zimmer auf und ab. „Denk an deinen Bruder, Sirius. Er hat...", brachte Lily entschuldigend hervor, wurde aber von Sirius' wütendem Schnaufen unterbrochen. „Lily.", setze James sanft an und versuchte behutsam nach ihrer Hand zu greifen. „Wir wissen, dass du ein gutes Herz hast und du wolltest ihn nicht den Dementoren überlassen, aber ich finde Tatze hat recht. Du hättest ihn aufhalten sollen." Grimmig entzog Lily ihm ihre Hand, stand auf, nahm sich eine Decke und verließ einen Wutlaut von sich gebend, zuerst die Küche und dann das Haus. Draußen lies sie sich auf der Treppe vor ihrem Haus nieder. Innerlich bebend schweifte Ihr Blick über die benachbarten verschneiten Dächer und Straßen von Godrics Hollow. Schwach schien aus manchem Fenster noch das flackernde Licht einer Kerze. Ihr Umfeld wirkte wie der Inhalt einer dieser schrecklich kitschigen weihnachtlichen Schneekugel. Trotzdem vermochte der märchenhafte Eindruck es, Lilys erhitztes Gemüt etwas abzukühlen. Bibbernd zog sie ihre Decke enger um ihre Schultern und entließ einen tiefen Atemzug in die Kälte, der sich prompt in ein Wölkchen wandelte. Mit zittrigen Fingern griff sie in die seitliche Tasche ihrer Strickjacke und zog, behutsam, wie einen aus der Tiefe geborgener Schatz, ein fein säuberlich gefaltetes Foto aus ihrer Jugend hervor. Auf diesem Bild stand sie mit ihrer wilden, roten Mähne in der Küche ihrer Eltern. Sie trug ein kunterbuntes Sommerkleid am Körper und ein breites Grinsen im Gesicht. Den Arm hatte sie um Freund aus Kindertagen gelegt. Der Zeitpunkt dieser Aufnahme, war eine dieser seltenen Momente, die Severus nicht betrübt, sondern glücklich, ja regelrecht euphorisch zeigten. Dies äußerte sich bei ihm freilich lediglich in einem verlegenen Lächeln, seine Augen aber grinsten verschmitzt. Er wirkte... freundlich! In seinen hageren Armen hielt er fest umschlungen ein Buch mit einem ledernen Einband. Kurz dachte Lily nach und entsann sich, dass es das Lehrbuch der Zaubersprüche der vierten Klasse war. Mit vor Kälte steif gewordenen Fingern, steckte sie das Foto wieder zurück in ihre Tasche und zog abermals die Decke dichter um ihren Leib. Er war zersplintert! Er wäre verblutet, wenn ich nichts unternommen hätte, fuhr es Lily durch den Kopf. Das hatte sie auch zur Entschuldigung vor James vorgebracht. Und dennoch: Wie konnte er dort stehen und solche Worte an sie richten, sie so erpressen? Seine Augen, die ihr einst so vertraut waren, wirkten wie die eines Fremden. Lily… du hast ein gutes Herz. Bitte… ich flehe dich an: Überlass mich nicht den Dementoren. Wütend begann sie auf ihrer Unterlippe zu kauen. Wie konnte sie nur so bescheuert sein, sich so von ihm einwickeln zu lassen? Ich liebe dich Lily. Er wird dich nicht finden, Lil. Ich werde euch beschützen. „Pah!", stieß sie mürrisch hervor und krallte sich Halt suchend an der Treppe fest. „Lily?", klang es leise hinter ihr. Sie schrak hoch und blickte auf. Für einen Moment war ihr, als würde sie Severus sehen. Doch es war Sirius, der mit gesenkten Blick hinter ihr stand, eine dampfenden Tasse Tee in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand. „Ich hät' nicht so ein Arsch sein sollen. Krone hat recht. Ihr wart ja schließlich lange befreundet...", presste Sirius entschuldigend hervor, die Tasse Tee zu ihr hinab reichend. Lily zwang sich zu einem Lächeln und klopfte neben sich auf die Treppe. Bereitwillig ließ sich Sirius ächzend neben ihr nieder. Mit einem kurzen Ruck warf sie einen Teil ihrer Decke über Sirius Schultern und lehnte sich seitlich gegen ihn. Vorsichtig nahm sie ihm die Tasse aus der Hand. Ihre eigenen Hände hießen die Wärme willkommen. Die Einsamkeit, die sich in den letzten Minuten wie ein Käfig aus Eis um ihre Brust gelegt hatte, wurde durch Sirius Wärme vertrieben. Zufrieden legte sie den Kopf auf die Schulter ihres Freundes und beobachtete mit ihm schweigend die winterliche Straße vor ihrem Haus, während es wieder anfing zu schneien. Jemand musste die wirklich sehr kitschige Weihnachts-Schneekugel genommen und sacht geschüttelt haben. Als James endlich eingeschlafen war, hatte sich Lily aus dem Bett gestohlen. Sie besah den Schlafenden mit einem sanften Lächeln und warf sich ein wärmendes Wollkleid über. An den Füßen trug sie zwei völlig verschiedene Kniestrümpfe gegen die Kälte. Zuletzt nahm sie, nicht ohne Gewissensbisse James Tarnumhang und verbarg sich darunter. Die Treppen unter ihren Füßen knackten leise, als sie hinab ging. Sie warf einen kurzen Blick in das Wohnzimmer. Sirius lag laut schnarchend auf ihrem Sofa und grunzt zufrieden auf. Schmunzelnd stellte Lily fest, dass er James Schlafanzug abgelehnt hatte. Seine schweren schwarzen Stiefel und den grauen Wollpullover hatte er zusammen neben den übervollen Aschenbecher unter das Kopfende des Sofas gestellt. Die schlaksigen Beine steckten weiterhin in seinen, an den Knien zerrissenen Jeans . Auf seinem rot-grün gestreifte T-shirt prangte der dicke Schriftzug seiner Lieblingsmannschaft: Caerphilly Catapults. Lily schlich zur Wohnungstür, zog sich leise ein Paar Winterstiefel über die Füße und huschte aus dem Haus. Möglichst leise zog sie hinter sich die Tür ins Schloss. Erleichtert seufzte Lily auf. Sie hatte niemanden geweckt. Mit einem großen Schritt trat sie auf die Straße und hinterließ mit einem leisen Knacken einen Fußabdruck in die jungfräuliche Schneedecke. Ihren Zauberstab hatte sie sicher in ihrem linken Kniestrumpf verstaut. Ist das wirklich eine gute Idee?, schoss es ihr zweifelnd durch den Kopf. Sie schob den Gedanken zur Seite. Nach ein paar wenigen Schritten die Straße hinab, disapparierte sie. In der Nähe ihre Elternhauses tauchte sie wieder auf. Von hier aus kannte Sie den Weg. Sie war ihn als Kind sicherlich hunderte Male gegangen. Sie passierte eine Straßenlaterne, an der ein Schild mit der Aufschrift „Spinner's End" hing und ging zielstrebig weiter. James Umhang verbarg Sie zuverlässig vor jedermanns Augen, von denen es in diesem verlassenen Industrieviertel freilich nicht viele gab. Der lange dunkle Schatten des Industrieschornsteins schien unbeeindruckt von ihrer Tarnung auf sie zu zeigen. Hatte diese Gegend schon einmal gute Tage erlebt?, zweifelte Lily, als sie die letzten alten Backsteinhäuser passierte. Die Fensterscheiben waren schon vor geraumer Zeit eingeschlagen worden. Als sie dann durch einen schmalen Gang um die Ecke ging, konnte sie zu ihrer großen Überraschung feststellen, dass in einem seiner Fenster noch ein schwaches Licht flackerte. All ihren Mut zusammen nehmend, trat sie auf den Treppenabsatz und klopfte beherzt gegen die Türe. Schritte und lautes Rascheln war hinter der Türe zu vernehmen, kurz darauf gefolgt von einem entnervten: „Was ist denn jetzt noch?" Mit einem Mal schien ihr Mund so trocken, dass ihre Worte nicht mehr über die Lippen treten wollten. Würde James Tarnumhang nicht schützend über ihr liegen, hätte sie sich wohl umgedreht und wäre feige davon gerannt. Mit einem langgezogenen Quietschen öffnete sich die Haustüre und Severus trat mit einem prüfenden, misstrauischen Blick in die Kälte der Nacht. Seine Haare, ölig wie eh und je, fielen wild auf seine Schultern hinab. Das weiße Hemd, welches er trug, hatte er bis zu den Ellbogen hinauf umgekrempelt so, dass das eingebrannte Mal auf seiner fahlen Haut entblößt dalag. Seine Füße steckten in schwarzen Schnürschuhen. Er war wohl kürzlich erst wieder nach Hause gekommen, fuhr es Lily durch den Kopf, ehe sie erschrocken zusammenzuckte. Oder hatte er etwa Besuch?Am liebsten hätte sie sich geohrfeigt, da sie diese Möglichkeit nicht mal in Betracht gezogen hatte. Severus schwarze Stoffhose wogte im scharfen Wind leicht hin und her. Die blaue Weste aus feinem Brokatstoff war unverschlossen und ließ ihn lässig wirken. „Hm.", machte er kurz, während er mit erhobenen Augenbrauen in die Dunkelheit spähte. Sein Blick wirkte trüb und müde, seine Augen wurden von schweren Lidern umrahmt. Hinter ihm war es still, stellte Lily zufrieden fest, während sie sich leicht zur Seite beugte, um sich zu versichern, dass sie hier auf keinen weiteren Todesser treffen würde. Ehe sich ihr Gegenüber umwandte um die Tür wieder hinter sich zu schließen, nahm Lily all ihren verbliebenen Mut zusammen, griff in James Umhang, zog ihn zur Seite und sprach mit leiser Stimme: „ Severus...?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)