Immer wieder Sonntags... von Seelendieb (Ein Möchtegernkrimi) ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Kay hörte schweigend zu, als Jan ihm alles erzählte, was in den Akten stand. Der Psychologe runzelte die Stirn. „Das kann doch nicht wahr sein, Jan!“, rief er aus, während er auf seine Armbanduhr schaute. „Es geht hier um Mord an mehreren Personen mit der gleichen Handschrift und nicht um den Diebstahl eines Lollys! Vor allem wenn man bedenkt, was im familiären Hintergrund der jeweiligen Opfer abgelaufen ist, käme Valentine irgendwann als letzter als Verdächtiger in Frage!“ Jan blickte aus dem Fenster des Raumes. „Ganz meine Meinung. Wenn ich mir das alles so anschaue, da wurden einige Punkte einfach ausgelassen. Das macht alles auf mich den Eindruck einer Hexenjagd. Mich würde mal interessieren, warum sie alle so erpicht darauf sind, Valentine als schuldig zu verurteilen. Das Einzige, was ich bis jetzt herausgefunden habe, ist die Tatsache, dass er damals vergewaltigt worden ist und die Täter nicht verurteilt wurden. Ja, und dass Slade, Hiller und Valentine zusammen zur Schule gegangen sind und dann zusammen studiert haben. Ich verstehe das nicht.“ Kay nickte nachdenklich vor sich hin. „Du könntest juristische Wege gegen den ganzen Bockmist einleiten, aber so lange wie wir die Unschuld von ihm beim letzten Mord nicht beweisen können, wird er in U-Haft bleiben beziehungsweise werden sie auf ein psychologisches Gutachten bestehen. Und dann ist die Frage, ob sie darauf hören“, meinte er nachdenklich. Jan musterte Kay. „Verdammt nochmal, es ist doch ganz natürlich, dass man durchdreht, wenn das passiert, was sie mit Valentine machen. Wer würde da still und ruhig bleiben? Vor allem, wenn quasi alles daran hängt?“ Kay blickte zu dem Fenster. „Wie Risikofreudig bist du?“, wollte er wissen. Jan blickte fragend auf. „Bitte?“ - „Ich überlege, dass du ihn versuchen sollst ohne das psychologische Gutachten hier raus zu bekommen. Ich werde versuchen bei dem anzusetzen, mit dem man ihm den Strick versucht zu drehen, um eben diesen Strick zu lösen.“ Jan legte den Kopf leicht schief. „Du willst mit ihm die Vergewaltigung aufarbeiten?“ Kay nickte. „Ja. Vielleicht ergeben sich da Informationen, die ihn entlasten.“ Jan überlegte und da hörte er Schritte. „Einverstanden. Ich hole ihn auch so hier raus. Aber dafür werde ich das volle Programm durchziehen!“ Kay nickte. „Gut, dann werde ich versuchen ihn psychisch stabil zu halten, falls man versucht sich an ihn auszulassen...“ Die Tür wurde geöffnet und Valentine wurde reingeführt. Jan klappte der Kiefer runter. Valentine war blaß, taumelte und trug Hand- und Fußfesseln. Er holte bereits Luft, um etwas zu sagen, doch schoss ihm Kay dazwischen. „Danke. Sie können die Fesseln abnehmen. - Herr Valentine, bitte setzen Sie sich.“ Van kam der Aufforderung nach, nachdem man ihn von den Fesseln befreit hatte. Als die Tür zu viel, musterte er Jan und musste schmunzeln. „Gemach. Das sind alles Arschlöcher. Da kann jeder falsche Atemzug dein Verhängnis sein“, meinte er leise. „Aber die haben dir Fesseln angelegt!“, echauffierte sich Jan. „Und sie haben mich in eine Isolationszelle gesteckt und mir mein Schlafmittel verweigert, der Toilettengang wurde mir nur zwei oder dreimal täglich gestattet. Essen gab es nur einmal täglich und trinken, wenn ein Schließer sich dazu herabließ, mir was zu geben“, nickte Valentine ruhig. „WAS?! Aber warum?!“, keuchte Jan geschockt. „Ich bin in ihren Augen schuldig und sie meinen, dass das was Kay angeordnet hat eine Sonderbehandlung wäre. Und wenn ich eine Sonderbehandlung wünsche, dann solle ich eine bekommen... Ihre Worte.“ - „Wo ist das denn eine Sonderbehandlung gewesen? Das war doch alles normal und nach Vorschrift!“ Valentine lächelte müde. „Sei optimistisch. Du wirst die letzten beiden Tagen nirgendwo schriftlich festgehalten finden. Sie haben mich alle in dem Moment verurteilt, wie ich hier hergezogen bin.“ Jan schluckte. „Das kann doch nicht sein. Das wirkt alles wie in einem Film!“ Da musste Van schmunzeln. „Glaub mir, Jan. Die Realität ist meist noch fantastischer als ein Film. Das reale Leben schreibt Geschichten, die sich ein Filmemacher oder ein Schriftsteller nie ausdenken könnte.“ - „Ja, aber...“ - „Kennst du Sherlock Holmes und was er immer gesagt hat?“ - „Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag?“ - „Und damit hast du deine Antwort“, sagte Valentine nur. Kay beobachtete während dem Gespräch nicht Van sondern Jan. Dieser wirkte geschockt und ungläubig über das, was Van da sagte und dennoch schien irgendwo in Jans Augen ein Funkeln zu sein, was Kay sich nicht erklären konnte. Er war sich sicher: Zimmermann sollte man auf gar keinen Fall unterschätzen! Nun wandte er sich an Valentine. „Van. Wir haben uns geeinigt, dass wir versuchen werden dich ohne diesem psychologischen Gutachten hier rausholen. Daher würde ich gerne mit dir über das reden, weswegen sie dir alle einen Strick drehen wollen.“ Valentine blickte zu Kay und nickte müde. „Wenn es was bringt“, murmelte er leise. Dann atmete er tief durch und begann monoton zu erzählen: „Ich weiß nicht mehr, wann und wie wir uns kennengelernt haben. Wir waren eigentlich wie eine Clique während meiner Studienzeit. Es war sehr erfrischend auch mal mit anderen Leuten abzuhängen, als mit Slade oder Hiller. Ich meine, man hat da auch andere Sichtweisen und vor allem was von der Außenwelt kennengelernt. Denn auch wenn es so von Außen aussah, mir fiel das Studium nicht leicht. Ich musste lernen und sah eigentlich nur die beiden, da wir ja auch in einer WG wohnten. Und so tat das wöchentliche Treffen mit den anderen richtig gut. Ich kann nicht mehr wirklich sagen, wann es genau war und wie es dazu gekommen ist. Ich weiß nur noch, dass wir sehr viel getrunken hatten und eigentlich auf den Weg zum Bahnhof waren. Und da lief uns eine junge Frau über den Weg. Nun ja.. notgeile, schwanzgesteuerte Teenies und dann der Anblick einer wirklich heißen Kirsche mit Modelmaßen... sie wollten sie abschleppen und sie zierte sich. Sie setzte dann bei einem sogar Pfefferspray ein, weil er ihr an die Wäsche ging. Daraufhin bin ich dazwischen gegangen. Sie konnte abhauen und ich hatte natürlich den Unmut der Anderen auf mich gezogen, was ich nur mit einem Schulterzucken abtat. Wir liefen weiter und plötzlich wurde ich gepackt. Irgendwann waren wir irgendwo in einer Seitengasse oder so. Und ich dachte noch, wie klischeehaft das doch wäre. Sie ließen ihren Unmut freien Lauf und ich musste einige Schläge einstecken und da kam einer auf die Idee, dass ich ja Schadensersatz leisten könne...“ Van hielt inne und biss sich kurz auf die Lippen. Er blickte zitternd vor sich hin. Jan reichte ihm ein Glas Wasser. „Es war kein Geld, oder?“, fragte er leise und total geschockt über die beinahe beiläufige Art und Weise, wie Valentine das alles erzählte. Valentine schüttelte den Kopf und trank. „Sie zwangen mich auf die Knie und Ben wollte, dass ich seinen Schwanz in den Mund nehme. Ich spie vor ihm aus und er gab mir mehrere Ohrfeigen. Da kam Mecki mit einem Knüppel und einem fiesen Grinsen im Gesicht auf mich zu. Ich weiß nicht mehr, was er sagte, doch die Anderen gröhlten nur. Ich wurde gepackt und über irgendwas drüber gebeugt. Ich wurde so brutal fixiert von ihnen, dass ich mich nicht mehr rühren konnte. Mecki hielt mir das Ende von dem Knüppel an die Lippen. Ich sollte den Knüppel in den Mund nehmen. Doch ich dachte nicht daran. Da hielt er mir die Nase zu. Ich konnte mich nicht dagegen wehren. Sie hielten mir den Kopf so fest. Irgendwann bekam ich keine Luft mehr und so musste ich den Mund öffnen und da schob er mir den Knüppel in den Mund. Aber nicht weit. „Schön lecken und saugen!“, befahl da Mecki gehässig und ich dachte noch, ok. So schlimm ist es ja gar nicht... und dann schob er mir den Knüppel ganz tief rein... Ich weiß nicht wie oft ich mich übergeben habe... aber irgendwann konnte ich nicht mehr. Und dann bekam jeder einen Blowjob von mir und ich musste schlucken. Alles... Ich war eigentlich schon am Ende, doch sie kamen nun richtig in Fahrt. Sie rissen mir die Kleidung vom Leib. Es war kalt und ich hatte angst. Ich glaube, ich habe vorher und danach nie wieder so eine angst gehabt. Ich spürte den Knüppel an meinem Arschloch. Sie drückten dagegen und da meinte Mecki, ich würde ihn mir selber einführen. Ich weiß nicht, was er genau machte. Ich spürte nur plötzlich einen rasenden Schmerz und Panik und ich zuckte zurück. Wurde dabei losgelassen und... rammte mir dabei den Knüppel selber rein. Ich schrie vor Schmerzen auf. Es zerriss mich, es brannte, ich bekam keine Luft mehr und dann zogen sie den Knüppel wieder raus und schoben ihn rein... immer wieder. Ich weiß nicht wie lange. Irgendwann spürte ich nichts mehr. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich bekam nur noch mit, dass der Knüppel irgendwann neben mir lag und die anderen über mir wegrutschten. Und dann wurde es schwarz um mich. Das nächste, was ich weiß, da war ich in der Klinik und ich gab meine Aussage zu Protokoll. Ich bekam Beruhigungs- und Schlafmittel und dann... irgendwie... Es war wie in einer Zwischenwelt. Alles dumpf grau, ohne Schmerzen und doch mit Schmerzen. Diese Zeit ist so grau und schwarz, ich weiß nichts mehr davon. Das nächste, was ich dann wieder weiß, war die Tatsache, als man mir eröffnete, dass gegen die Schweine die Anklagen fallen gelassen wurden. Ich war geschockt und verstand nicht warum. Ich beantragte vollkommene Akteneinsicht und was ich da las, ließ mich nicht nur an meinem Verstand zweifeln. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wir konnten nachweisen, dass ich unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht wurden war, aber das spielte unterm Strich keine Rolle mehr. Ich galt und gelte als psychisch labil und somit wäre jedes Wort in diesem Fall von mir schon von Natur aus unglaubwürdig. Sie sind ohne Strafe davon gekommen. Und ich habe noch immer daran zu knabbern. Ich weiß noch nicht einmal, ob sie sich an mich erinnern können. Mein Leben ist zerstört. Ich bin dann, als ich das Studium beendet hatte, weg von hier und kam Jahre später zurück, weil nichts desto Trotz, liebe ich meine Heimat. Ich meine ich habe schon vorher immer wieder Stress gehabt, weil man mich mit irgendwelchen Verbrechen in Verbindung bringen wollte, aber seit dem ich wieder zurück bin, will man mich wegen Mordes hinter Gitter bringen. Was ich nicht verstehe, sie sind einmal straffrei damit durchgekommen. Wer sagt, dass sie es nicht noch ein zweites, drittes oder viertes Mal gemacht haben?“ Valentine schwieg nun und blickte vor sich hin. Da gab Kay ihm zwei Tabletten. „Sie wirken in einer halben Stunde. Nimm sie jetzt ein, dann wirst du in deine Zelle gebracht und dann schläfst du erst einmal.“ Van nickte dankbar. Er nahm die Tabletten anstandslos und wenige Minuten später wurde er abgeführt. Jan trat vom Fenster weg und blickte zu Kay, als Van weg war. „Ich hol ihn hier raus“, sagte er nur. Kay nickte. „Geh du schon mal. Ich muss hier noch einige Dinge ausfüllen. Wir telefonieren.“ Jan verabschiedete sich und ging ebenfalls, während Kay Formulare ausfüllte, Notizen machte und Unterlagen ordnete. Dann lehnte er sich seufzend zurück. Nach einem leisen Klopfen trat Staatsanwalt Domsch ein. „Du hast alles gehört?“, fragte Kay nur mit geschlossenen Augen. Frank nickte und setzte sich an den Tisch. Er verschränkte die Finger vor sich auf der Tischplatte. „Kannst du mir nun bitte erklären, warum du mich um Hilfe und vor allem um dieses Verhörzimmer gebeten hast? Wenn das raus kommt, dass dieses Therapiezimmer eigentlich ein Verhörraum ist...“, Domsch brach ab, als Kay die Augen aufschlug. „Erstens, ich will einen außenstehenden Zeugen oder in deinem Fall, jemanden, der eigentlich gegen Valentine ist. Du sollst dir einfach nur alles anhören, was hier drinne gesprochen wird, und mir dann einfach deine Meinung und deinen Eindruck sagen.“ Domsch nickte und blickte vor sich hin. „Valentine hat Recht. Es wurde nie in Betracht gezogen, ob es noch mehr Opfer gibt. Denn es ist nun mal so, wer einmal mit einer Straftat ungeschoren davon gekommen ist, wird es zwangsläufig mindestens ein zweites Mal machen. Ich werde mir auch die Akten der Mordopfer durchlesen, und wenn sich das bestätigt, was Jan behauptet, dann werden hier einige Köpfe rollen. Und ehrlich gesagt, Hiller hat mir schon Andeutungen gegeben, dass die Ermittlungen wohl nicht so abgelaufen sind wie sie eigentlich sein sollten. Ich werde auf jeden Fall ein kleines Team zusammenstellen und recherchieren, ob es noch mehr Opfer gab neben Valentine.“ Kay nickte dankbar. „Ich hoffe es kommt nicht falsch rüber, aber ich will die Wahrheit herausfinden. So sympathisch Valentine mir ist und so sehr leid er mir auch tut, aber wenn er der Mörder ist, muss er dafür büßen. Wenn er durch die Scheiße damals Schizophren wurde, muss er behandelt werden.“ Domsch lächelte nachsichtig. „Keine Sorge. Ich verstehe schon, was du beabsichtigst. Wir werden die Wahrheit herausfinden und den wahren Täter hinter Gitter bekommen.“ Kay erhob sich und reichte Frank die Hand. „Dann frohes Schaffen. Wir bleiben in Verbindung!“, sagte er und verließ den Raum, während der Staatsanwalt sein Handy zückte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)