Immer wieder Sonntags... von Seelendieb (Ein Möchtegernkrimi) ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Jan murrte leise, als er am Montagmorgen zum Staatsanwalt Domsch berufen wurde. Was war denn jetzt schon wieder los? Er wollte doch eigentlich nur seine Ruhe haben! Jan hatte seinen Mentor auf Knien angefleht, damit er nicht dorthin musste, doch Richter Hergot war unerbittlich gewesen. Ohne anzuklopfen betrat er einfach das Büro von diesem Domsch und knallte fast schon die Tür hinter sich zu. Domsch musste sich ein amüsiertes Grinsen verkneifen und deutete nur auf den Stuhl vor seinem Tisch. „Ich bin erfreut, dass Sie es so schnell einrichten konnten, Herr Zimmermann“, begrüßte Domsch Jan. Dieser schnaubte leicht. „Blieb mir eine andere Wahl? - Also, was ist los!“, wollte er murrend wissen. Der Staatsanwalt nickte leicht vor sich hin. „Bitte einmal unterschreiben, dass alles, was Sie gleich lesen werden, auch hier im Büro bleibt und dann bitte einmal diese Akte hier durchlesen“, sagte er und schob Jan ein Dokument und eine Akte hin. Jan unterschrieb und begann dann die Akte zu lesen. Was ihm als erstes auffiel, war, dass der Name geschwärzt war. Dann stockte er. Es war eine Strafakte zu einem Vergewaltigungsdelikt. Jan wurde leicht blass um die Nase und blickte auf. Dann begann er zu lesen. Das Opfer wurde nackt und auf der Straße umherirrend in der Nacht gefunden. Es war verstört und über und über mit Dreck, Blut und Sperma besudelt. Es wurde ins Krankenhaus gebracht, wo es erst einmal mit starken Medikamenten ruhiggestellt wurde. Es wurden Spuren gesichert, dann wurde das Opfer gereinigt und verarztet. Keine Körperöffnung, die nicht voller Sperma war. Das Opfer konnte keine Angaben machen und wurde in eine psychiatrische Einrichtung verlegt, wo man versuchte, das Geschehen aufzuarbeiten. Nach einer dreimonatigen Behandlung machte das Opfer eine Aussage und belastete an die zehn Personen. Die Tatverdächtigen wurden festgenommen und verhört. Als es zur Verhandlung kam, zog das Opfer die Aussage zurück, beziehungsweise revidierte sie, dass es einvernehmlich war. Es kam zum Freispruch der Tatverdächtigen. Etwa drei Monate später stellte sich heraus, dass das Opfer in der psychiatrischen Einrichtung mehrfach vergewaltigt und mit Drogen ruhig gestellt worden war. Allerdings wurde der Fall nicht mehr aufgerollt oder weiterverfolgt, da dass Opfer als unglaubwürdig eingestuft wurde, weil es psychisch labil war. Jan starrte fassungslos auf die Akte und fühlte sich wie in einem dèjá-vus. Er blickte zu Domsch auf. Dieser zündete sich eine Zigarette an. „Seit etwas über einem Jahr werden Menschen ermordet und grausam verstümmelt. Sie alle haben gemein, dass sie so zugerichtet wurden, wie wenn ein Vergewaltigungsopfer sich rächt: Penis und Hoden im Mund eingenäht. Des weiteren waren das alles Menschen, die als Täter in diesem Fall, den Sie in den Händen halten, verdächtigt wurden“ Jan verengte minimal seine Augen. Blitzschnell dachte er nach. „Das Opfer hier ist oder war Valentine?“ Domsch nickte. „Genau. Er steht unter Verdacht, sie alle umgebracht zu haben, da die Morde begannen, als er hier auftauchte. Nur konnten wir ihm nie etwas beweisen oder auch nur Indizien finden, die den Verdacht so erhärtete, dass wir ihn in U-Haft setzen konnten. Bis jetzt zum letzten Opfer. Das letzte Opfer, was verstümmelt gefunden wurde – diesmal nicht in der Spree, sondern in der Elbe – trug DNA-Spuren... Blutspuren von Valentine an sich. Valentine war zur Tatzeit in Dresden und hat im Zeitfenster des Todeszeitpunkt kein Alibi. Er ist dringend tatverdächtig.“ Jan blickte vor sich hin. „Darum habt ihr alles ausgehebelt... und warum erzählen Sie das mir?“ Domsch atmete tief durch. „Unabhängig davon, ob er schuldig ist oder nicht, ist eine Kooperation und Zusammenarbeit mit ihm leichter, als wenn er sich verweigert. Und die Kooperation und Zusammenarbeit können wir nur bekommen, wenn er einen Rechtsbeistand hat, dem er vertraut und den er an seiner Seite haben möchte, was in diesem Fall Sie sind, Herr Zimmermann. Wir werden auch einen Psychologen auf ihn ansetzen und das würde auch nur ohne Probleme funktionieren, wenn Sie mit anwesend sind. Kurz, es würde vieles leichter machen, so dass der Fall schnellstmöglich abgeschlossen wird.“ Jan blickte vor sich hin und blätterte abwesend durch die Akte. „Was heißt, ihr braucht ein psychologische Gutachten, ob er im Fall der Fälle straffähig ist....“, überlegte er und Domsch nickte. „Genau. Da er psychisch einen Treffer weg hat schon nach den drei Tagen U-Haft, liegt es in unserem Ziel, alles so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen, damit er nur so lange wie nötig im Gefängnis sitzt. Auch für das psychische Gutachten wäre es am Besten. Weil es schnellstmöglich erstellt werden kann.“ Jan nickte verstehend. „Wie stehen die Chancen, dass er aus der U-Haft rauskommt?“, wollte er wissen und Domsch musste schmunzeln. „Ihnen schwebt wieder so etwas vor wie bei der Steuerhinterziehung?“ Ertappt grinste Jan nur und zuckte mit den Schultern. „Hiller hat mir davon erzählt, Herr Zimmermann. Es war ein genialer Schachzug. Auch in diesem Fall hier ist Hiller Valentines Haftrichter. Das heißt, Sie müssen das mit ihm klären. Aber ich sag gleich, er wird auf keinerlei Vorschläge eingehen so lange das psychiatrische Gutachten nicht vorliegt. - Heißt das, ich kann Sie als Valentines Rechtsbeistand eintragen?“ Tief atmete Jan durch und nickte dann. „Ja. Können Sie. Ich werde es machen. Darf ich gleich direkt zu ihm? Damit ich mit ihm reden kann?“ Domsch nickte und setzte direkt ein Schreiben auf, was er per Fax an die JVA sendete und und im Original Zimmermann in die Hand drückte. Jan bedankte sich und blickte dann noch einmal auf die Akte. „Wie stehen die Chancen, dass der Fall von Valentine hier noch einmal aufgerollt wird... mit den verbleibenden Tatverdächtigen?“, wollte er leise wissen. Domsch folgte Jans Blick auf die Akte und atmete tief durch. „Schlecht...“ - „Aber die Verjährungsfrist beträgt 30 Jahre!“ - „Das stimmt, Jan. Nur... Sie wurden alle freigesprochen, dann die damalige Aussage von Valentine, sein jetziger psychisch instabiler Zustand. Wenn kein Geständnis vorliegt, keine Chance. Leider behandelt unser Rechtssystem das Thema Vergewaltigung sehr stiefmütterlich.“ Jan biss sich kurz auf die Unterlippe und nickte. „Was eine Schande ist...“, meinte er und erhob sich. Er verabschiedete sich und verließ das Büro. Domsch blickte Zimmermann hinterher und runzelte nachdenklich die Stirn. Seine inneren Alarmglocken schrillten und er wusste nicht so recht warum. Also zückte er sein Telefon und wählte die Nummer eines pensionierten Kollegens, um ihm einige Fragen zu stellen, während er Valentines Akte wieder zur Hand nahm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)