Bey Watch von lady_j ================================================================================ Kapitel 1: Bey Watch -------------------- Ein wohliger Laut entwich Maos Kehle, als sie sich auf dem Liegestuhl zurücklehnte. Oh, das hatte sie so was von verdient. Lai und Rei trainierten irgendwo und Gao und Kiki hatten das Angebot der BBA, eine Sightseeingfahrt durch Sydney zu machen, angenommen. Auf ihrer Reise gab es immer mal wieder solche kleinen Ausflüge, zu denen meist aber nicht mehr als eine Handvoll Blader zusammenkam, weil die meisten jede freie Minute für das Training nutzten. Heute hatte Mao endlich die Gunst der Stunde genutzt und sich an den Hotelpool gelegt. Es ging schon auf Mittag zu und sie war nicht die einzige hier: Ein paar Liegen weiter hatte Rick alle viere von sich gestreckt und schnarchte, Raul und Romero waren da und auf der gegenüberliegenden Seite veranstaltete die BBA Revolution eine Wasserschlacht. Wahrscheinlich würde bald jemand kommen und sie stoppen, sie waren wie immer viel zu laut. Das Volleyballfeld neben dem Pool war leer, doch von den Tennisplätzen klang das regelmäßige Ploppen der Aufschläge herüber. “Hallo, Mao.” Sie wandte sich um und erblickte Giulia und Mathilda, die Handtücher und Strandtaschen in den Händen hielten. Giulia lief bereits nur im Bikini herum, Mathilda trug noch ein luftiges Sommerkleid darüber. “Dürfen wir uns zu dir setzen? Das ist die einzige freie Liege.” “Oh, na klar”, antwortete Mao und setzte sich wieder auf, während die beiden es sich auf der zweiten Liege unter ihrem Sonnenschirm gemütlich machten. Sie hatte nicht gewusst, dass Giulia und Mathilda sich angefreundet hatten und war deswegen etwas unsicher: sollte sie ein Gespräch anfangen? Eigentlich wollte sie ein wenig in dem Magazin blättern, das sie sich extra für diesen Anlass gekauft hatte, aber sie wollte auch nicht unhöflich sein. Lange musste sie nicht überlegen, denn schon ergriff Giulia das Wort: “Nun sag mir doch mal, wie du die krassen Wenden machst, die ich neulich bei eurem Training gesehen habe. Kannst du mir das beibringen?” Die Spanierin machte es ihr leicht, sich mit ihr anzufreunden. Sie redete viel, und weil ihr Englisch so gut war, kam Mao manchmal nicht richtig mit. In der Regel war ein Lächeln und Nicken aber die adäquate Reaktion. Sie bemerkte, wie sehr sie es mochte, Giulia zuzuhören und auch mal über Dinge zu plaudern, die nichts mit dem Beybladen zu tun hatten. Binnen weniger Minuten brachte sie so ziemlich viel über Giulia in Erfahrung. Der Clinch, in dem ihre beiden Teams vor nicht allzu langer Zeit noch gelegen hatten, rückte mehr und mehr in Vergessenheit - es war ja sowieso schon alles in der Bowl gesagt worden und sie hatten fair and square gekämpft. Mathilda saß schweigsam wie immer neben ihnen und hörte ebenfalls aufmerksam zu. Manchmal schweifte ihr Blick ab und sie musterte ihre Umgebung, bevor sie sich wieder den anderen zuwandte. Nur sehr selten warf sie etwas ein, doch Mao merkte, wie Giulia ihr sofort ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte und sie ausreden ließ, obwohl Mathilda sehr langsam sprach. “Was liest du da eigentlich?”, fragte Giulia irgendwann und griff nach Maos Magazin. “Ach, das ist nur eine Frauenzeitschrift”, antwortete sie, “Da sind ganz lustige Quizzes drin.” “Oooh!” Giulia hatte das Magazin durchgeblättert und blieb auf einer Seite hängen. “Die Strandkörper der Stars: Das sind die heißesten Anblicke des Sommers”, las sie vor und studierte die Doppelseite, auf der viele kleine halbnackte Leiber zu erkennen waren, ganz genau. “Meh”, urteilte sie dann, “Rick da drüben hat definitiv einen besseren Sixpack als Tom Cruise.” Wie zur Antwort kam von Rick ein weiterer, sehr lauter Schnarcher. Sie spähten zu ihm hinüber und Mao musste zugeben, dass er ziemlich aufgepumpt war. Im Vergleich zu seinen Schultern war seine Hüfte jedenfalls winzig, fast wie bei einem Schwimmer. “Hm, naja, ich steh nicht so auf Muskelberge”, meinte sie schließlich. “Das stimmt. Ich würde trotzdem gerne mal anfassen”, sagte Giulia, dann zählte sie an den Fingern ab. “Dinge, die ich gerne anfassen würde: Ricks Sixpack. Reis Haare. Kais Arme. Takaos Hintern.” “Takaos Hintern?” “Sicher. Der hat so einen süßen Apfelpo. Ist euch das nicht aufgefallen? Oh, und Yuriys Haare würde ich auch gerne anfassen. Die sind doch echt, oder? Und nicht gefärbt, meine ich.” Mao, die die Diskussion über Takaos Kehrseite schon aus dem Konzept gebracht hatte, war ein bisschen verdutzt von Giulias Direktheit. “Äh, ich glaube schon”, meinte sie schließlich, auch wenn sie nicht wusste, ob die Fragen zu Yuriys Haaren nicht eher rhetorisch waren. Giulia schien darüber noch eine Weile nachzudenken, dann hob sie die Schultern. “Keine Ahnung. Müsste ich nackt sehen”, urteilte sie dann mit einem wölfischen Grinsen, das Mao nun doch die Schamesröte ins Gesicht trieb. Vielleicht war sie naiv, aber sie sah die meisten Blader nicht als Objekte der Begierde. Wahrscheinlich, weil sie sie nun schon seit Jahren kannte. Und außerdem hatte sie eigentlich nur Augen für Rei. Der Gedanke an ihn, halbnackt unter dem Wasserfall, ließ ihr Herz allerdings höher schlagen. “Ich habe Yuriy mal nackt gesehen”, erklang da Mathildas leise Stimme. Giulia und Mao fuhren aus ihren jeweiligen Gedanken. “WAS?” Mathilda wirkte kurz so, als würde sie ihre letzten Worte bereuen, doch dann fügte sie sich und erzählte: “Es war nur Zufall. Ich bin auf dem Weg zu meinem Zimmer gewesen. Es war im selben Stock wie die von Neo Borg. Naja. Boris hat vor Yuriys Zimmer gestanden und geklopft wie verrückt. Und irgendwie herumgeschrien. Ich glaube, es war nur ein Scherz, aber ich habe nichts verstanden. Jedenfalls hat Yuriy die Tür aufgemacht, als ich gerade an Boris vorbei wollte. Und er war… naja… wahrscheinlich gerade unter der Dusche und… nur in Unterwäsche…” Sie wurde immer leiser. “Dann war er doch gar nicht richtig nackt”, sagte Mao freundlich und hoffte, Mathilda so ein wenig von ihrer Verlegenheit nehmen zu können. “Ja”, sagte Mathilda und blickte auf ihre Hände, “Ein Glück…” “Ach was!”, rief Giulia dazwischen, “Viel wichtiger ist doch” Sie legte ihre Hand auf Mathildas und kam ihr sehr nahe. “Ist er überall rothaarig?” Spätestens jetzt bildeten sich leuchtende Flecken auf dem Gesicht der Jüngeren. Mao sah sich um und versuchte, irgendetwas zu finden, womit sie Giulia ablenken und Mathilda aus dieser prekären Situation befreien konnte. Just in diesem Moment sah sie Max und Kai aus dem Hotel kommen, gefolgt von den anderen Neo Borgs. Boris warf im Gehen einen Volleyball in die Luft und fing ihn, dann warf er ihn wieder. Keiner von ihnen war in die üblichen Bladerklamotten gekleidet, stattdessen trugen sie kurze Hosen und Shirts. Allein Yuriy hatte noch ein helles Hemd übergeworfen. “Ah, sieh mal, Giulia.” Mao stieß sie an und deutete auf Kai, “Da sind deine Lieblingsarme.” “Oooh”, machte Giulia und sah hin, “Und sie kommen direkt auf uns zu.” Max setzte zu einem kurzen Lauf an, bevor er vor Rick zum Stehen kam. “Hey Ricky!”, rief er und sein Tagteampartner zuckte, bevor er blinzelnd erwachte. “Spielst du mit Volleyball? Wir brauchen noch jemanden!” “Vor allem jemand großes, damit ihr an Seryoga vorbeikommt”, ergänzte Boris, “Nicht, dass es euch was nützt.” “Ja, verlass dich ruhig auf Sergeij”, sagte Kai, “Du kriegst die Bälle ja eher nicht. Ich freu mich schon drauf, dich wieder in den Sand beißen zu sehen.” “Wer im Glashaus sitzt, Hiwatari…” “Hör auf zu kläffen.” “Kinder, ihr macht mir Kopfschmerzen”, ging Yuriy dazwischen, “Lasst uns das auf dem Spielfeld klären.” Max hatte Rick inzwischen überredet, oder viel eher überrumpelt, jedenfalls gähnte er noch, als sein Teamkollege ihn hoch- und zu Kai zog. Dann wurde er jedoch schlagartig wach, als er nämlich die Herausforderung in den Gesichtern ihrer Gegner sah. Die beiden Dreierteams standen sich gegenüber und es hätte Mao nicht gewundert, wenn sie statt eines Volleyballs gleich ihre Blades gezogen hätten. Wie auch immer es dazu gekommen war, zwischen den Jungs herrschte urplötzlich eine Rivalität, die sie nur von Beybattles kannte. Aber vielleicht war das auch einfach ganz natürliches Alphaverhalten, sie hatte das nie so richtig verstanden. Der verbale Schlagabtausch jedenfalls schien ein festes Ritual zu sein, das einem Kampf, gleich welcher Art, vorausging. Und so war auch auf Yuriys Seite noch nicht das letzte Wort gesprochen, denn er grinste und meinte: “Du wirst dir schon noch die Finger schmutzig machen müssen, Master Kai.” Er gab Boris und Sergeij einen Wink und machte Anstalten, zum Volleyballfeld zu gehen. “Drohst du mir?”, rief Kai ihm hinterher, wahrscheinlich hatte sein Teamchef einen Nerv getroffen. “Was willst du tun, hm? Meine Seele rauben?” In diesem Moment schlug die Stimmung um. Mao spürte es. Von ihrer Position aus konnte sie die Auseinandersetzung verfolgen wie einen Film im Kino, und spätestens jetzt wünschte sie sich eine Tüte Popcorn. Die Neo Borgs hatten innegehalten und Yuriy drehte sich sehr, sehr langsam wieder zu seinem Tagteampartner um. “Was hast du gesagt…?” Seine Stimme war bedrohlich leise und spätestens jetzt merkte Kai, dass sein Spruch ihn in die Bredouille gebracht hatte. Er wich ein wenig zurück. “Oh shit.” Max und Rick warfen sich einen verwirrten Blick zu, entschieden dann aber wohl, sich nicht einmischen zu wollen. Boris hingegen war plötzlich Feuer und Flamme. “Überlässt du ihn mir, Yura? Bitte!” Er schien ganz genau zu wissen, was als nächstes kommen würde, und Kai schien es zumindest zu dämmern, denn er wirkte zusehends nervöser. Mao allerdings hatte keine Ahnung. “Komm schon, Yuriy”, sagte Kai und es klang tatsächlich etwas flehend, “Das war doch nur ein Witz…” Yuriy schnalzte mit der Zunge und Mao fühlte sich auf einmal sehr an den Paten erinnert. “Aber Kai”, meinte er, “Du weißt doch ganz genau: Der einzige, der Witze über Rothaarige machen darf, bin ich.” Und mit diesen Worten gab er Boris und Sergeij ein Zeichen. Kai riss die Augen auf und wirbelte herum, um zu fliehen, aber Rick und Max waren ihm im Weg. Sie sprangen zur Seite, doch die Verzögerung reichte aus, um Kais Flucht zu stoppen. Boris war schneller als man ihm zutraute. Schon nach wenigen Schritten packte er Kai, dann hatte Sergeij die beiden auch erreicht. Maos Augen weiteten sich erstaunt, als der große Russe Kai ohne große Anstrengung hochhob und über seine Schulter warf. Boris hatte den Spaß seines Lebens, doch Sergeijs Miene war wie versteinert, als er Yuriy noch einmal fragend ansah. Sein Leader nickte in Richtung Pool. Kai, der ein paar derbe Flüche ausgestoßen hatte, verstummte, als er merkte, was passieren sollte, dann fing er wirklich an zu flehen: “Yuriy, bitte! Es tut mir leid, wirklich! Sag ihm er soll aufhören! Yuriy! Ich schwöre, ich werde -” Der Rest seiner Worte ging in einen Schrei über, denn Sergeij hatte inzwischen den Beckenrand erreicht und schleuderte Kai wie eine Puppe von sich weg ins Wasser. Selbst die Mädchen auf ihren Liegen bekamen dabei ein paar Tropfen ab. “HEY!”, rief Giulia aufgebracht und Sergeij blickte kurz zu ihnen hinüber. “Sorry”, nuschelte er. “Holy shit!”, entfuhr es Max und er sprach damit aus, was Mao dachte. Einen Augenblick später tauchte Kai hustend wieder auf. Seine Frisur war komplett zerstört, die grauen und blauen Strähnen bildeten einen Mob, den er unwirsch zurückstrich. In seinen Augen glomm der Durst nach Rache. Boris lachte noch immer, erst recht bei Kais Anblick, und selbst Yuriy grinste schief, als er nun zum Pool ging. Kai tauchte ab und schwamm die paar Meter zum Beckenrand zurück. “Ich hoffe, das war dir eine Lehre”, meinte der Rothaarige und streckte die Hand aus. Kai ergriff sie und lächelte so zuckersüß, dass Mao ein kalter Schauer über den Rücken lief. Es hätte Yuriy eine Warnung sein sollen, doch dafür war es jetzt zu spät. “Natürlich”, sagte Kai, dann ließ er sich nach hinten fallen und brachte Yuriy aus dem Gleichgewicht, sodass der nun ebenfalls kopfüber ins Wasser fiel. Giulia war plötzlich neben Mao, ihre Stirn lag in konzentrierten Falten. “Wenn seine Haare nicht abfärben, sind sie echt!”, flüsterte sie, “Rote Haare färben immer ab, wenn sie nass sind!” Gebannt wartete sie, bis Yuriy wieder auftauchte, und tatsächlich hinterließen seine Haare keine Spuren auf dem (im Übrigen ziemlich transparent gewordenen) Hemd. “Ha! Ich wusste es!”, stieß Giulia triumphierend aus. Kai war schneller als sein Leader. Er stemmte sich gerade am Beckenrand hoch, als Yuriy bemerkte, was passierte. Mit einem beherzten Griff zog er ihn wieder zurück ins Wasser, wobei Kai ein weiterer Fluch entfuhr. “Nicht so schnell, Freundchen!” Yuriy tauchte ihn unter. “Stiiiirb!” Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte angefangen, irre zu lachen. Dafür hatte er aber wohl zu viel Wasser im Mund, denn Kai wehrte sich heftig. Schließlich konnte er sich befreien und stieß nach Luft schnappend durch die Wasseroberfläche. Yuriy machte, dass er davonkam. Behände zog er sich aus dem Becken und brachte etwas Abstand zu seinem im wahrsten Sinne schäumenden Teamkollegen. “Nu pagadi!”, rief Kai und jetzt brach Yuriy doch in Gelächter aus. “Nu sayats!”, entgegnete er. “Ich könnte mir das den ganzen Tag lang ansehen”, meinte Giulia. Ihr Blick hing an Kais Oberkörper, denn er kletterte just wieder ins Trockene und sein durchnässtes Shirt ließ nun wirklich keine Fragen mehr offen. In diesem Moment unterbrach ein zeternder Bademeister das Theater. “Erst die Kinder, die sich die ganze Zeit bespritzen und jetzt ihr! Ja bin ich hier im Zirkus? Und außerdem - nicht mit den Klamotten in den Pool!” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)