Weiß von Nanjo_Koji ================================================================================ Kapitel 1: ----------- WEIß Weiß. Ist es dir je aufgefallen? Weiß. Das bin ich. Meine Hände, meine Wangen. Meine Stirn und meine Lippen. In meinem Haar liegt das weiß der Sterne. Ich bin weiß. Weiß wie ein Blatt Papier, weiß wie das Licht. Weiß wie der Schnee. Unschuld? Nein. Die Unschuld ist nicht weiß, denn in mir ist nichts dergleichen. Ich kenne keine Unschuld. Weiß wie der Tod, das bin ich. Unbeschrieben, der Anfang und das Ende. Schnee. Weiß wie der Schnee. Doch in mir ist kein Strahlen. Eine graue Sonne ertrinkt in meinem Herzen, und sie strahlt dumpf wie der Abend durch meine Haut hindurch. Ich bin weiß, ich bin grau, ich bin die Grenze, ich bin die Dämmerung. Ich bin der Tod, so weiß wie Schnee. Auch dein Tod. Auch mein Tod. Unser Tod. Die Unschuld, das bist du. Blau. Blau wie die Lilie und das Kleid der Mutter Maria. Blau ist deine Farbe, so wie der Himmel, das Meer. Der blaue Horizont. Ich weiß es noch genau, mir ist als hätte ich gerade erst die Augen geöffnet. Wie ein Sturm, Herbstblätter, und auf jedem sehe ich dich laufen, all meine Erinnerungen, all meine Momente, meine kleine Welt mit dir...Manchmal glaube ich fast, du wärest immer noch da. Aber diese Momente entfliehen mir, hinaus in diesen Sturm, hinaus in die Winternacht, und werden zu Sternen, so wie mein Atem. Ich fühle mich verloren, ganz schwach, ganz fahl, so wie ein schwindender Nebel. Ohne dich ist mir nichts geblieben. Ich bin nichts als Weiß und Grau und eine einzige Winternacht am Ende der Welt. Ich bin eine Erinnerung, ein schwindendes Lächeln einer anderen Zeit. Vor unendlich langer Zeit... Ich strecke meine Arme aus, hinaus in die Winternacht und in diesen Sturm, doch der Wind hält meine Arme leer und kalt und wiegt mich in der Stille des Todes. Weiß. Schwarz. Grau. Mehr ist mir nicht geblieben. Die Unschuld ist schon lange tot. Ich stehe, ich sterbe im Auge eines blinden Sturmes. Mein Leben wird davon gerissen und ich kann nicht einmal die Arme heben um es festzuhalten, denn ich konnte dich nicht halten. Mit einem Lächeln bist du mir entrissen worden, einem kleinen mitleidigen Lächeln. So darfst du nicht lächeln. Niemand darf so lächeln. Ich möchte stark sein. Ich möchte dies Nacht zerreißen, das gleißende Licht in deinen Augen sehen wie den neuen Morgen. Dich in meinen Armen zu halten würde ich die Welt zerbersten...Doch ach, doch ach, ohne dich ist nichts von mir geblieben. Etwas ist gebrochen, irgendwo, der Horizont oder in meinem Herzen, ich weiß es nicht genau, doch es macht auch keinen Unterschied. Die Sonne wird mich niemals mehr erreichen. Wenn ich die Augen schließe, kann ich dich in ihrem Feuer schweben sehen, eingehüllt in einen Sturm aus Licht... Tränen gefrieren auf meinen Wangen, fließen hinaus in diese Nacht, ein diffuser Nebel ohne Bedeutung. Nichts hat mehr Bedeutung, denn es gibt dich nicht mehr... Deine sanften Augen, dein lieber Blick...ich will dein Mitleid nicht, ich will doch nur dein Herz. Kannst du mich nicht mehr hören? Du bist schon weit weg, dort oben, im Himmel... Sing ein Lied für mich, wo auch immer du jetzt bist, denn ich kenne keine Lieder mehr... Der Wind hat sie mir entrissen, selbst dieses eine, an das ich mich mit letzter Kraft geklammert hielt... Wie es klang? Ich weiß nicht mehr...ich weiß nichts mehr. Es ist nichts mehr von mir übrig, denn meine Welt ist auf einmal so leer... Ich habe dich berührt, einmal, tausendmal, ich weiß nicht mehr... Ich erinnere mich nicht genau daran wie du aussahst, aber ich erinnere mich an das Gefühl, dich ganz nah zu halten. Meine Finger erinnern sich an deine Formen, deinen Rücken, deine Wangen, dein Haar. Oh, dein Haar, so weich, so sanft wie ein Sommermorgen. Ich konnte nie genug davon bekommen. Und ach, deine Lippen, deine sanften warmen Lippen, es gibt keine Worte für dich, ich bin so leer, selbst die Worte sind mir entfallen... Kannst du es noch spüren? Kannst du es noch fühlen? Ich schrieb ein Wort in deine Hand, ich schrieb eine Geschichte in dein Herz. Ich malte etwas auf deine Seele. Hast du es gefunden? Sieh dich doch nur an. Wir sind eins. Du musst nicht mehr weglaufen, du musst keine Angst mehr haben, denn alle Angst ist nun in mir. Lass mich deine Schmerzen tragen und deine Nächte zu den meinen legen, denn ich kann es nicht ertragen wenn weinst. Lass mich deine Tränen weinen, ein Teil dieser Nacht werden. Soll sie mich verschlingen. Ich werde auf ewig mit dir sein. Es gibt keinen Ort auf dieser Welt, den dieses Licht noch nicht erreicht hat; es gibt keinen Ort in deinem Herzen, an dem du dich verstecken kannst. Dieser Sturm wird dich überall erreichen. Enchanté. Darf ich um diesen Tanz bitten? Ein Tanz, ein einziger, ein kurzer Moment in längst vergangener Zeit. Du wirst nie mehr alleine tanzen. Heute Abend trage ich einen weißen Frack, den Schnee auf meinen Wangen und den Mond in meinem Haar. Enchanté. Von mir ist nichts geblieben, denn alles was ich bin und war ist jetzt in deinem erzen. Alles was ich jemals sah, alles was ich getan habe, das ist alles nicht mehr wichtig. Diese graue sonne wird bald verblassen, und ich werde ein Teil der Nacht sein. Ich bin ertrunken in diesem Meer deiner Tränen. Du bist nun im Himmel, weit dort oben, und ich kann dich tanzen sehen wenn ich die Augen schließe, tanzen inmitten einer blauen Sonne. Lass mich dir noch eine Weile zusehen. Ich sehe dieses Lächeln verblassen wie das Ende eines Tages, an den ich mich nicht mehr erinnern kann. Dieses Lächeln...du bist so wunderschön... Ich bin schon nicht mehr in dieser Welt, ich bin gestorben in einer Nacht ohne Liebe, denn in deinen Augen, da ist nichts als blau...blaue Unschuld, Maria. Aber ich bin für dich gestorben, ich habe dich in den Himmel getragen. Von heute an wirst du alleine tanzen. Denn ich bin der Schnee, denn ich bin die Kälte und der Tod, und in diesem Sturm werde ich verschwinden, im nächsten Augenblick, ich weiß nicht mehr, du bist so weit weg... Aber ein kleines bisschen Liebe, ein keiner Moment wird in deinen Augen bleiben, und vielleicht wird ihn der Himmel sehen, in einem unbeobachteten Augenblick, irgendwann in deiner Ewigkeit. Ein kleines Licht wird von dieser grauen Sonne bleiben, und ich hauche dir diesen Stern entgegen. Eine letzte Berührung, wie eine Schneeflocke auf deinen Wangen schmilzt. Du wirst mich nie vergessen. Nur ein Millionstel dieses Gefühls wird diese Welt zum Bersten bringen, und vielleicht wirst du an mich denken. Einmal in diesem Augenblick. Einmal in dieser Ewigkeit. Es währte nicht lange, nicht länger als der Schnee, doch ich werde nicht vergessen. Wir haben getanzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)