Beyond the Happy Ending von MsBlueLion ================================================================================ Prolog: Prolog und was ihm folgte --------------------------------- Wenn das Monster schläft, träumt es von seiner Heimat. Seine Heimat war einst eine nicht weiter bemerkenswerte Landschaft, von nicht weiter bemerkenswerter Schönheit. Ein Teil des Landes grenzte an den weiten, ungezähmten Ozean, während sich im Norden die rauen Gipfel der Bergketten zum Horizont erhoben. Bäume, die trotz ihrer weichen Rinde groß und unbeugsam waren, säumten die weiten Flächen von üppigen Grün, ehe sie zum Meer hin in riesig rote Dornenhalme übergingen, die zu jedem Neumond in einem farbenfrohen Tanz erblühten. Ein schönes Land, ja. Ein bemerkenswert schönes Land, nein. Händler und Reisende die seine Heimat durchquerten, stimmten darin überein, dass es Besseres gäbe. So galten die umliegenden Domänen - mit ihren exotischen Anblicken und Düften, den mächtigen Herrschern und ihren prachtvollen Anhängern - als weit begehrenswerter. Heutzutage, wenn das Monster seinen Gedanken im Wachzustand gestattete zu dem einst blühenden Ort seiner Geburt zu reisen, fragte es sich, wie es je hatte ertragen können, dort zu leben. Jetzt war seine Heimat leer, ausgedorrt und in blassgraue Farben getaucht. Das Leben war verwelkt und die Überreste einer ehemaligen Zivilisation im Staub der tödlichen Wüste begraben. Die einst pulsierende Magie vergiftet jetzt das Land, gespeist aus dem trostlosen Zorn seines Herzens. Als das Monster jung war, wusste es noch nicht, dass auch die glücklichste Welt damit enden konnte, dass es sich in einem beengten Raum zwischen Bett und Fenster zusammenrollte und den Staub und den schweißgetränkten Geruch seiner eigenen Angst atmete, während der stetige Gestank nach brennenden Fleisch seine Nase flutete und ferne Schreie von getöteten Wesen seine Ohren erreichten. In jener Nacht erkannte es das erste Mal, dass Verstecken kein Spiel mehr für Kinder war. Dass die Grausamkeit keine Grenzen und keine Limits kannte. Gedanken, die nicht in seinen Kopf gehörten und Gefühle, die nicht unter seiner Haut pulsieren sollte, strömten über ihn herein und im Moment eines einzelnen Herzschlages richtete es sich auf, um das Bild des Terrors mit eigenen Augen zu erblicken. Wenn das Monster schläft, träumte es von dem Massaker. Es träumt von den verzehrten Gestalten seiner Nachbarn, die bekannte Gesichter wieder und wieder gegen eine Wand schmettern, bis alles, was das einstige Leben ausgemacht hatte, zu einem Fleck auf der gemauerten Fassade verkommen war. Es träumte von der eigenen Brutalität seiner Eltern, die die Körper seiner ehemaligen Freunde in blinder Wut zertrümmerten, von zwei Wesen die sich im Schnee und Schlamm wälzten, aufeinander einschlugen, zerrten und kratzten und den Schmerz unter jenen Wunden schon längst nicht mehr fühlen konnten. Und all das war schrecklich, all das war furchteinflößend und doch berührte in dieser Nacht nichts davon seine eigenen Geist. In jener Nacht war das alles spannend. In jener Nacht brachte es sein Herz zum Klopfen und das Blut raste durch seine Adern, während es in gespannter Beobachtung ein Spiel verfolgte, welches so aufregend war, wie das Monster es noch nie erlebt hatte. Und es wollte auch töten. Es hungerte danach. Es wollte fühlen, wie etwas Lebendiges zu etwas Totem wurde. Es wollte im Augenblick des Todes über ihm stehen, wollte die Befriedigung spüren, die in dem Wissen lag, dass er derjenige gewesen war, der dieses Wesen aus der Welt atmenden Lebens in die Welt der Dinge befördert hatte, die nur noch verrotteten. Es wollte das alles so sehr, dass das inzwischen erwachsen gewordene Monster sich tatsächlich fragen musste, ob jene Nacht nur dazu diente, einen Bruchteil seines Schicksals für die Welt offen zu legen. Ob es vielleicht anders gekommen wäre, wenn es sich nur weiter versteckt gehalten hätte. Vermieden, dass es sich die Hände mit Blut befleckte. In seinen Träumen müsste all dies nie geschehen. Es könnte die Geschichte immer neu schreiben, sie umschreiben, Dinge umformen und rückgängig machen. Nichts war in Stein gemeißelt. Aber diesem einem Traum folgten wahre Ereignisse. Dieser Traum birgt das Wissen, dass all diese Dinge schon längst geschehen sind und folglich nicht geändert werden können. Dieser Traum zelebriert den Moment, in dem es zu einem Monster gemacht wurde. Wenn das Monster schläft, träumt es von sich selbst. Denn das Monster in dem Traum fürchtete sich nicht vor dem Tod, weil es um das Monster weiß, welches aus sich heraus wachsen wird. Es fürchtete sich nicht davor ein Leben zu beenden, weil es durch die erwachsenen Augen blicken kann und weiß, dass jene Nacht seine Bestimmung war. Es fürchtete sich nicht davor, den unveränderbaren Traum immer wieder zu träumen, der die Zukunft des Monsters besiegelt hatte. Gefangen in den Momenten des Blutbades, hörte das Monster damals ein Rascheln und weiß, es ist noch jemand anderes im Raum. Es weiß, es ist jemand, den es liebt. Es weiß, er ist gekommen, um es zu töten. Es weiß, es wird ihn zuerst umbringen. Es weiß, im Augenblick seines Todes wird es ein Rausch krankhafter Glückseligkeit erleben, die keine andere Freude in seinem Leben je hervorbringen wird. Und es weiß, es wird dieses Gefühl für den Rest seines Lebens vermissen. Wenn das Monster wach ist, träumt es davon alles andere zu zerstören. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Die Zeit war eine seltsame Sache, entschied Inu Yasha , als er sich in den Ästen des Goshinboku zurücklehnte und das milde Sonnenlicht durch die Blätter beobachtete. Der alte Baum hatte ihn wie so oft in seine Zweigen zurückkehren lassen und hieß ihn nun in seinem fünfzigjährigen Zuhause willkommen, um in seiner beruhigenden Gegenwart in allen Ebenen seines Bewusstseins Frieden und Akzeptanz zu finden, denn hier war sein Platz, der ihm einst als schützendes Heim diente und jetzt zu einem Ort der Freiheit wurde. Der laue Wind des bevorstehenden Herbstes strich träge durch die Baumkrone, ließ sein weißes Haar sich verspielt kräuseln und brachte den Geruch der umliegenden Felder mit sich. Seine Nasenflügel bebten leicht, die Welpenohren auf seinem Kopf zuckten und mit einem breiten Gähnen rollte er sich auf dem massiven Ast herum, um eine bessere Position einzunehmen. Die vergangenen Monate waren seltsam ruhig, fast schon trügerisch friedlich und es juckte ihn danach, diese Stille absichtlich zu zerstören. Irgendetwas zu tun, um dieses nagende Gefühl des Unbehagens aus seinem Kopf zu bekommen. Sicher ließ sich irgendwo ein Yokai finden, der ihm einen guten Kampf liefern würde, oder? Inu Yasha blinzelte langsam und ließ seinen Kopf auf das Holz unter sich sinken. Er lag in einer katzenähnlichen Position auf dem Bauch, Beine und Arme an den Seiten von sich gestreckt und unterdrückte ein weiteres Gähnen. Nein, es würde kein ernstzunehmender Gegner kommen, denn es schien, als wären alle starken Dämon wie von Zauberhand von der Landkarte verschwunden und hatten ihn hier in seinem eigenen Elend zurückgelassen. Eine halbe Ewigkeit war es jetzt her, dass er eine wirklich herausfordernde Schlacht geschlagen hatte und selbst diese war in seinen Augen nicht sehr anspruchsvoll. Er langweilte sich. Seit Narakus Tot vor knapp vier Jahren, schien alles um ihn herum in eine glückliche Normalität verfallen zu sein. Sango und Miroku hatten ihre kleine Familie, Shippo war fast am Ende seiner Ausbildung und Kohaku durchstreifte das Land, um sich als Dämonenmörder zu beweisen. Selbst das kleine Mädchen Rin hatte sich unter Kaedes Aufmerksamkeit erstaunlich gut entwickelt, bevor sie vor einigen Wochen entschied, dass es für sie Zeit wurde zu Sesshoumaru zurückzukehren. Sollte jemand verstehen was das Kind an dem stoischen Yokai-Lord fand oder warum der kalte Bastard eines Bruders sie mit sich reisen ließ. Am Ende war es nur er, der irgendwie nicht anzukommen schien. Sein Leben war zu einem kreischenden Stillstand gekommen und bewegte sich seitdem in einer merkwürdig eintönigen Spirale um ihn herum. Als Kagome nach drei Jahren des Wartens endliche wieder auftauchte, hatte er tatsächlich gehofft, dass er endlich zur Ruhe kommen könnte, fernab von der Jagd nach Juwelensplittern des Shikon no Tamas. Sie könnten sich im Dorf niederlassen, den Menschen helfen und einfach gemeinsam ihr Leben verbringen. Aber wie so oft wurde er eines besseren belehrt. Sicher, die junge Miko war zurück, aber sie musste dafür eine Menge opfern, viele von ihr geliebte Menschen zurücklassen und das lastete schwer auf ihrem gutmütigen Herzen. Es war ein langsamer und schleichender Prozess, aber jeder konnte sehen, dass es ihr von Tag zu Tag schlechter ging. Ihre einst so blühende Lebensfreude, begann unter den dauerhaften Umständen zu brechen und diesmal gab es für sie keinen einfachen Weg zurück in ihre Welt, um sich sorglos von den Strapazen für ein paar Tage zu erholen und die Dinge einfach zu vergessen – „Urlaub machen“, wie sie es damals nannte. Denn Kagomes Weg zur einer richtigen Priesterin war schwer, schwerer noch, als sie es zu Beginn vermutete hatte und Kaede war nie wirklich nachsichtig mit ihr. Es war nun einmal so, wie es alle angehenden Mikos lernen mussten und es gab keine Bevorzugung oder Rücksichtnahmen, keine „niedrigere Punktzahl“ wie zu ihrer Zeit. So wie es Kikyo und Kaede vor ihr taten, musste sie die harte Ausbildung nun ebenfalls durchlaufen, ganz gleich, ob sich ihr Reiryoku schon während des Kampfes mit Naraku weiterentwickelt oder sie durch ihre gemeinsame Reise neue Fähigkeiten erlernt hatte. Kagome hatte lange versucht mit den Veränderungen klar zu kommen, sich auf das einfache Leben ohne ihr neumodischen Dinge einzustellen und ihre eigene Zeit hinter sich zu lassen. Aber sie war nur ein Mensch und einige Monate nach ihrer Rückkehr brach sie unter der Last und dem schmerzenden Verlust zusammen. Sie hatte in dieser Nacht lange geweint und ihr Herz ausgeschüttet, während Inu Yasha still neben ihr saß und ihren schluchzenden Entschuldigungen und selbst auferlegten Qualen lauschte. Es gab nichts was er hätte tun können. Er liebte sie und sie liebte ihn, aber für beide war an diesem Tag klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Denn das wäre erst der Anfang ihrer Probleme, dass wussten sie beide. Kagome würde älter werden, während Inu Yasha in seinem derzeitigen Aussehen verweilen und in ihrer Lebensspanne nie die Erscheinung eines erwachsenen Mannes erreichen würde. Sie würden nicht heiraten können, denn als Priesterin war es ihr verboten und ob sie jemals Kinder zusammen gehabt hätten, war eine Frage, die sie nie beantwortet hatten. Und selbst wenn sie alles irgendwie überwanden, wäre sie gemeinsam mit dem Rest ihrer Freunde im Alter gestorben und es wäre seine Aufgabe gewesen, sie alle zu begraben. So begleitet er sie wenige Wochen später zurück zu der Lichtung, auf der sie sich das erste Mal getroffen hatten, zurück zu Goshinboku und dem Knochenfresserbrunnen. Es waren nur sie beide, die Hände miteinander verschränkt und in eine bedrückende Stille getaucht. Worte würden nicht über ihre Lippen kommen, stattdessen verblasste alles um sie herum in den Hintergrund, als sie sich gegenseitig in die Augen starrten, wissend, dass es kein Zurück geben würde. Keinen Ausweg, keine Rettung. Vielleicht hätte es an diesem Tag regnen sollen, aber der Himmel würde nicht weinen. Stumm verbrachten sie ihren letzten gemeinsamen Moment, zu viel war noch zu sagen und die Zeit würde nie ausreichen, um alles erfassen zu können. Schlussendlich stellte sich Kagome mit Tränen in den Augen auf die Zehenspitzen und er senkte den Kopf, damit sich ihre ihre Lippen zu einem letzten Kuss treffen würde. Ein Kuss für die endlose Ewigkeit, der all ihre Empfindungen in diesem Sekundenaugenblick vermitteln würde. Und damit öffnete sich der Brunnen ein letztes Mal und sie kehrte zu ihrer Familie zurück, bevor sich ihre Verbindung zueinander für immer verschloss und die einstige Magie aus der Welt verschwand. Die Miko gehörte niemals in diese Zeit und auch wenn es sie beide schmerzte, sie mussten voneinander loslassen. Und Inu Yasha war wieder allein. Er hätte sich aufregen, wütend oder verzweifelt sein können, aber er nahm an, dass es egoistisch wäre, wenn er ihre Entscheidungen in Frage stellen würde. Also akzeptierte er wie so oft sein Schicksal, verbannte die Trauer irgendwo weit in die Tiefen seines Herzens und beruhigte sich damit zu wissen, dass Kagome in Sicherheit und glücklich war. Die erste Zeit über war er fast immer am Brunnen gewesen. Er kam mit der aufgehenden Sonne und blieb, bis sich die tröstende Nacht über ihn spannte, wie er es in den drei Jahren schon so oft tat. Manchmal schlief er sogar tagelang zwischen den feuchten Steinen und dem kalten Moos, hatte in der verzweifelten Hoffnung dort gesessen und darauf gewartet, dass er irgendwann das sanfte Leuchten am Boden wieder entdecken würde. Ihr Geruch verweilte noch immer in dem alten Holz und schenkte ihm in einer Vielzahl von schlaflosen Nächten eine tröstende Umarmung. Doch die Zeit hörte nicht auf sich zu bewegen und während er dort unten im fahlen Licht hockte, zog die Welt an ihm vorbei, ohne das er sich darum kümmerte. Es vergingen Tage, Woche, sogar Monate, bis er sich endlich aufrappelte und in das Leben zurückkehrte. Es war ein Abschied, an der er heute kaum noch denken wollte. Denn damit war alles vorüber, was ihm einen konstanten Halt, eine feste Verbindung, zu den Menschen selbst gab. Und es tat höllisch weh. Wieder musste er jemanden gehen lassen und ähnlich wie bei Kikyos Tod, tat er das einzig Richtige, um jegliche Verbindungen zwischen ihnen zu trennen und damit den Abschied leichter zu machen. Er hatte Kikyo eine friedliche Ruhe gegeben und Kagome eine bessere Zukunft. Das Letzte was er jetzt tun wollte, war dem Rest seiner Freunde zur Last zu fallen, indem er mit ihnen abhing, als wäre er verzweifelt auf der Suche nach einer Art der Aufmerksamkeit ihrer gemeinsamen Tage. Sie alle hatten nun ein eigenes Leben und während er in der Vergangenheit schwelgte, gingen sie immer voran. Seine Hand fand die kühlen Perlen des Rosenkranzes und er rollte die glatten Kugeln langsam zwischen seinen Fingern hin und her. Er hatte nie daran gedacht Kagome nach ihrer Rückkehr zu fragen, ob sie die Kette entfernen würde. Jetzt war sie endgültig seine persönliche Fessel der Ewigkeit, die sich um seinen Hals schlang und niemals mehr entfernt werden konnte. Es war nicht unbedingt gut, aber irgendwie hatte er sich daran gewöhnt. Er mochte es so. Bullshit!, spuckte ein brodelnder Teil in ihm brutal aus. Du hast es vorher gehasst und hasst es jetzt immer noch. Es war nur so lange in Ordnung, wie sie alle noch um dich herum waren. Aber jetzt ist Kagome ebenfalls weg und du hast jede Chance auf deine Freiheit verpasst. Du wirst nun für alle Zeit der gezeichnete Schoßhund einer Priesterin bleiben. Die Gedanken stürmten heftig durch seinen Kopf und er fragte sich, in wie weit das wohl der Wahrheit entsprach. Sicher, Kagome fühlte sich wohler um ihn herum, wenn er das Schmuckstück trug, aber sie hätte ihn doch genauso behandelt, wenn er die Kotodama Perlen nicht getragen hätte, recht? Warum nur verschwand dann dieses seltsame Gefühl nicht? Ein lautloses Stöhnen entkam seinen Lippen und er schloss träge die Augen, als er versuchte das dumpfe Pochen in seinem Kopf zu ignorieren. Er sollte einfach nicht so viel Zeit mit Nachdenken verbringen. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Sesshoumaru würde den Geruch auch nach all den Jahren überall wieder erkennen. Er wusste nicht warum, aber er empfand den Duft so seltsam frustrierend penetrant, wie den Rest der Person selbst - ganz zu schweigen von einer Macht, auf die jener keinen Anspruch haben sollte. Denn dessen gesamte kriegerische Existenz war in nur einer einzig kurzen Brise gefangen, die vage mit dem Geruch von Erde und Geißblatt durchzogen und irgendwo dazwischen von der unverkennbaren Spur eines der mächtigsten Yoki berührt wurden war, bevor das dämonische Blut fast sprunghaft im sprudelnden Fluss von verdorbenen Menschenblut wieder ertrank. Inu Yasha. Diesen unhöflichen Halbdämon mit lautem Mund zu sehen oder auch nur zu hören, brachte seinen eigenen Verstand zum kochen und wenn er nur an diese lächerlichen Welpenohren und die Tirade an Beleidigungen, die der Jüngere nur allzu gern preisgab, dachte, hatte er das Gefühl Kopfschmerzen zu bekommen. Inu Yasha war eine so völlig irritierende Art, dass Sesshoumaru noch nie verstanden hatte, wie sie vom selben Vater stammen konnten. Selbst nach den letzten Jahren war es unvorstellbar, dass eine solch undisziplinierte und unhöfliche Persönlichkeit in irgendeiner Weise mit ihm selbst verwandt sein könnte. Und doch entsprach diese Tatsache der Wahrheit und er könnte nichts daran ändern, bis einer von ihnen starb - vorzugsweise sein kleiner Bruder. „Wie ich sehe war ich falsch in der Annahme zu glauben, dass selbst ein Hanyo ein gewisses Maß an Würde besitzen könnte, anstatt wie eine streunende Katze auf einem Baum zu hocken.“ Goldene Augen schnappten überrascht auf, bevor sie vor Benommenheit blinzelten und sich schlussendlich auf den Daiyokai konzentrierten. Krallen bohrten sich instinktiv in den Stamm des Baumes, der Körper richtete sich schlagartig auf und Inu Yasha starrte misstrauisch zu Sesshoumaru, seine freie Hand schwebte wartend über Tessaigas Griff. „Es ist mir herzlich egal was du von mir hältst, du Idiot! Du störst meine Ruhe!“ Der Halbdämon spannte sich an, während er dem verdammt kaltäugigen Blick seines Bruders begegnete. Ob sie über die Jahre zu einem unausgesprochenen Waffenstillstand gekommen waren oder einfach keiner von ihnen wirklich die Chance nutzen wollte wieder anzugreifen, wussten sie nicht. Ihre Begegnungen waren steht´s spärlich und nur von kurzer Dauer, selten wurden Worte gewechselt, denn ein kurzes Treffen ihrer Augen reichte meist aus. Das Bedürfnis die Schwerter zu kreuzen, schien im Laufe der Zeit irgendwie weniger geworden zu sein und es überraschte sie daher beide, dass heute eine so angespannte Aura in der Luft zu verweilen schien. „Dein Mangel an Respekt gegenüber deines älteren Bruders ist wirklich abscheulich. Aber ich denke, ich kann nichts anderes von dir erwarten.“ Obwohl die Worte eisig und ohne jegliche Emotion gesprochen wurden, hatte sich der Daiyokai noch immer nicht von seinem Platz bewegt oder eine Bewegung in Richtung seines Schwertes angedeutet. Er starrte einfach nur berechnend zu dem Hanyo hinauf, fast so, als wäre er sich nicht sicher, ob dieser seine Zeit wert war. „Keh, wie es mich interessiert. Ich habe besseres zu tun, als dir irgendwelche Höflichkeiten entgegen zu bringen, Eisprinzessin. Was willst du? Suchst du einen Kampf?“ Inu Yasha sprang von dem Ast auf den Boden, Tessaiga bereits halb aus seiner Scheide gelöst und seine Lippen zuckten nach oben. Endlich, nach Monaten des nichts tun, ohne Kämpfe oder einer guten Jagd, gab es endlich einen allerletzten Faden den er ergreifen und festhalten konnte, bevor seine Existenz an Bedeutung verlieren könnte. Eine Schlacht. Mit Sesshoumaru. Egal wie man es drehte oder wendete, es hatte doch immer etwas aufregendes, gegen seinen reinrassigen Bruder zu kämpfen. Vielleicht weil er am eigenen Leib erfahren hatte, wie stark der Yokai-Lord war. Vielleicht weil er darauf hoffte, endlich beweisen zu können, dass er ihm ebenbürtig war. Vielleicht weil er wusste, dass in all ihren Kämpfen keiner von ihnen je den letzten Schlag ausgeführt hatte. Und auch wenn alles um ihn herum verschwinden würde - Sesshoumaru war immer noch da, ein fester Bestandteil seines Lebens. Immer noch auf ihn herabschauend und endlich sein eigenes Schwert in einer flüssigen Bewegung enthüllend. Inu Yasha grinste wild, als das reine, metallische Singen von Tessaigas wahrer Form seine Ohren erreichte und er verstärkte seinen Griff, als er sich gegenüber von Sesshoumaru positionierte. Einige Dinge würden sich wohl nie ändern. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Sesshoumaru beobachtete mit milden Interesse, wie sein jüngerer Bruder das Erbes ihres Vaters schwang, ähnlich wie ein wütendes Kind sein Spielzeug schleudern würde. Unkontrolliert, Unpräzise und Wild - denn das war alles, was er in Wahrheit war. Ein Kind. Noch nicht einmal ansatzweise aus dem Welpenalter entwachsen. Inu Yasha mag vielleicht älter und - sicherlich aus der Gnade der Götter heraus - weiser geworden sein, aber nichts änderte jemals etwas daran, dass er noch immer vollkommen unbeholfen wirkte. Für einen Augenblick hatte er das seltsame Bedürfnis zu seufzen, als er dem provokanten Herumgehüpfe des Jüngeren folgte. Sein kleiner Bruder schien offenbar besonders schlechte Laune zu haben, wenn er so schnell auf seinen Köder angesprungen war. Oder steckte vielleicht etwas anderes dahinter? Nun, es könnte ihn nicht weniger interessieren, aber er würde diesem sinnlosen Schauspiel ein Ende bereiten. Und damit griff er an. Kraft traf auf Kraft, die ersten Obszönitäten hallten über die Lichtung und wurden im selben Atemzug von kalter Emotionslosigkeit ignoriert. Schläge wurden getauscht, der Halbdämon fluchte und Sesshoumarus Schwert schimmerte sanft rot, als es erneut die Haut des Hanyos schmeckte. Immer wieder prallte das Metall aufeinander, die Klingen surrten und summten bei jedem Aufschlag und die Luft füllte sich langsam mit dem Duft von Inu Yashas Blut. Aber keiner der beiden konnte genug Abstand gewinnen, um eine Welle an Yoki loszulassen und das Kenatsu ihrer Schwerter freizusetzen. Stattdessen drehten sie sich in einem ewigen Spiel umeinander, jagten und hetzten sich zwischen den Bäumen hindurch und weigerten sich, in irgendeiner Weise nachzulassen. Die Zeit verschwamm zu einem unbedeutenden Faktor. Langsam streifte die Sonne über den Himmel hinweg, Wolken zogen auf und verschwanden, Minuten verstrichen zu Stunden. Als sich die ersten Anzeichen des hereinbrechenden Abends zeigten, begannen die Kräfte des Halbdämons langsam zu schwinden und ein Keuchen entfloh seinen Lippen. Der Jüngere brauchte mittlerweile alles, um seinen älteren Bruder zurückzutreiben, während der Yokai-Lord selbst noch immer vollkommen makellos wirkte. Einzig seine Augen zeigten eine leichte Veränderung, als sie sich zu prüfenden Schlitzen verengten. Ohne eine wirkliche Aufgabe, niemanden den es zu beschützen galt, war der Kampf für Inu Yasha seltsam leer. Seine Angriffe wurden schlampiger, Flüchtigkeitsfehler bescherten ihm weitere Wunden und entzündeten eine neuen Schmerz in seinem Bauch. Was versuchte er eigentlich zu erreichen? Einen Kampf für Nichts und Niemanden, Blutvergießen aus seiner eigenen Sturheit und der Hoffnung heraus, dass sich Sesshoumaru vielleicht genauso gelangweilt fühlte wie er? Was nützte ihm einen Schlacht, in der er sich vermutlich nur selbst in den Tot stürzen würde, weil er keinen Anreiz zum weitermachen fand? Ein langsames, trübes Gefühl der Klarheit sickerte in seinen Geist und ließ ihn plötzlich viel zu offen und verletzlich zurück, als der Daiyokai erneut angriff, schnell und tödlich wie immer. Und der Yokai-Lord bemerkte es. Der zuvor hitzige und wilde Ausdruck in den Augen des Halbdämons verschwand schlagartig und ließ nur zwei vollkommen emotionale und plötzlich viel kindlicher wirkende Goldbecken zurück, die im Augenblick des Schlacht völlig verwirrt und resigniert wirkten. Inu Yasha würde sicher nicht zu Depressionen neigen oder den Gedanken an einen Selbstmord in Betracht ziehen, denn diese Tat hätte dem Daiyokai schon vor langer Zeit eine Menge Ärger erspart. Also musste es einen anderen Grund geben, warum sein jüngerer Bruder mitten im Kampf seine Haltung aufgeben würde, besonders gegenüber jemanden, der die Absicht verfolgte ihn zu töten. Sesshoumarus Mine wurde hart, aber er brach seinen Angriff nicht ab, sondern korrigierte lediglich Bakusaigas Schlagwinkel, als er auf den Jüngeren zustürzte. Haut riss, Blut floss, die Knochen knackten unangenehm und die Klinge bettete sich direkt unter Inu Yashas rechter Schulter ein, welcher nur einen erstickenden Schrei aus seiner Kehle loslassen konnte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zog er sich brutal von dem Schwert zurück, schlug es zur Seite und presste seine freie Hand auf die Wunde, um den roten Fluss zu stoppen. Es würde sicher nach einer Weile heilen, aber er konnte von Glück reden, dass der Ältere darauf verzichtet hatte, sein Yoki in die Klinge zu geben. Andernfalls hätte die Macht des Schwertes seinen Körper innerhalb von Sekunden zersetzt. War das mit Absicht passiert? „Verdammt... das war reines Glück!“, stieß er zähneknirschend hervor und schwankte leicht, als er sich der Tatsache bewusst wurde, dass er sich vorübergehend ablenkten ließ. Und natürlich vor Schmerz. Hölle tut der Scheiß weh. Sesshoumaru sah mit leicht gerunzelter Stirn auf Bakusaiga hinab und für Inu Yasha schien es, als sei er mit dem ganzen Hanyo-Blut überall unzufrieden. „Glück, Inu Yasha?“, fragte er seltsam sanft. „Wäre der Streik weiter links gewesen, wärst du jetzt tot. Hätte ich Bakusaigas Kraft entfesselt, wäre von dir nicht einmal genug übrig geblieben, dass es für eine angemessene Beerdigung reichen würde. Maße dir nicht an, dem Glück die Schuld dafür zu geben, dass du in all den Jahren einzig und allein wegen eines passenden Zufalls überlebt hast.“ Kalte, goldene Augen verengten sich leicht und glitten zurück zu Inu Yasha, der merklich schluckte. „Einen Kampf offensichtlich zu provozieren, nur um dann das Interesse daran zu verlieren... kleiner Bruder, solch eine Handlung ist selbst für dich äußerst töricht und schwach.“ Was auch immer Inu Yasha zu einer solchen Aktion getrieben hatte, wenn er ihn jetzt tötete, würde er sicherlich keine angenehme Befriedigung darin finden. Also würde er sich vorerst zurückziehen und seine kostbare Zeit anderswo verbringen. „Keh!“ Inu Yashas Spott fiel weitaus leiser aus, als es für ihn der übliche Fall war und der Halbdämon versuchte nicht zusammenzuzucken, als er Tessaiga erneut anhob. „Halte mir keine verdammten Vorträge. Ich und Tessaiga werden dich - Hey! Was zum Teufel tust du?“ Sesshoumarus Gesichtsausdruck änderte sich nie, als er sein Schwert in die Scheide steckte und sich auf dem Absatz umdrehte. Dann ging er weg. Aus dem Kampf. Inu Yashas Augen weiteten sich, bevor er laut knurrte. „Sesshoumaru! Verdammte Hölle bleib gefälligst hier! Unser Kampf ist noch nicht vorbei, hörst du? Hast du Angst oder was?“ Doch es kam keinerlei Reaktion auf seine Anschuldigung, stattdessen entfernte sich der Yokai-Lord völlig geräuschlos von der Lichtung und ließ den Hanyo allein zurück. Vollkommen sprachlos starrte der Halbdämon durch seine zerzausten Haarsträhnen auf die sich zurückziehende Gestalt seines älteren Halbbruders. Tessaiga entglitt ihm und fiel schwer in das Gras, ohne das er es wirklich bemerkte. Ein unbekannter Schmerz reiner Ablehnung schoss durch seinen Körper und er fühlte eine neue Wut auf die Welt um sich herum. War er jetzt nicht einmal mehr einen Kampf wert? War seine Existenz wirklich so bedeutungslos geworden, dass selbst Sesshoumaru kein Interesse mehr an ihm zeigte? Was hattest du erwartet? Du bist allein und es ist lediglich nur schrecklich für dich. Deshalb versuchst du doch dich abzulenken, indem du Sesshoumaru in einen weiteren Kampf treibst, der niemals zu Ende gehen wird. Deshalb ist er weggegangen und hat dich wie ein verzweifelter Idiot zurückgelassen. Du bist ganz allein, Hanyo und solltest dich besser daran gewöhnen. Niemand wird für dich kommen. Die letzten Jahre waren einfach nur ein Traum. Das Knurren in seiner Brust wurde schlagartig tiefer und animalischer, ohne sein Wissen blitzen goldene Augen plötzlich rot, während dunkel gezackte Streifen seine Wangen zierten. „Das nächste Mal kommst du mir nicht so einfach davon...“, murmelte Inu Yasha und kniete sich hin, um Tessaiga aufzuheben und es wieder zu umhüllen. Aber selbst als er das Schwert ergriff, zog sich sein dämonisches Blut nicht sofort zurück und die Klinge pulsierte wütend, als sie versuchte, die herausbrechende Macht einzudämmen. Seine Gedanken hatten einen gefährlichen Sturm entfacht, der drohte, über ihn zusammenzustürzen und ihn wie eine Welle hinaus ins offene Meer zu schleudern. Sein menschliches Gewissen schwankte, taumelte durch die Flut an unterdrückten Empfindungen und versuchte verzweifelt wieder an die Oberfläche zu kommen. Und in diesem Augenblick erwachte irgendwo tief in seinem Körper die lang versiegelte Macht seines dämonischen Erbes vollkommen und wurde nun zu einem festen Teil seines Unterbewusstseins. Unkontrollierbar. Bestialisch. Tödlich. Tessaiga würde nicht mehr lange in der Lage dazu sein, Inu Yasha vor sich selbst zu bewahren. Die schützende Kraft des Inu no Taisho begann zu verblassen. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Die Nacht brach herein und der junge Halbdämon fand sich erneut an diesem Tag in den tröstenden Ästen des Goshinboku wieder, seinem eigenen kleinen Zufluchtsort. Die Wunde an seiner Schulter heilte langsam. Stück für Stück setzten sich Sehnen und Zellen wieder zusammen, Muskeln bildeten und strafften sich, um die Haut nach oben zu drückten und sein Blut begann wieder in einem stetigen Tempo zu fließen. Da niemand in der Nähe war, musste Inu Yasha weder dreist, selbstbewusst oder arrogant sein. Er musste nicht bestreiten, dass er als Mischling minderwertig oder schwach war, sich den abwertenden Blicken der Dorfbewohner entgegen stellen oder die Schwere seiner eigenen Verletzungen herunterspielen. In diesen Zeiten brauchte er kein tapferes Gesicht zu zeigen, brauchte niemanden seinen unzerbrechlichen Geist zu demonstrieren. Während das Tal um ihn herum schwieg, Bäume im leichten Wind schwankten und die Sterne sich über das dunkle Firmament zogen, war der echte Inu Yasha still und nachdenklich. Seit der Schlacht mit Sesshoumaru traf ihn ein vertrautes Gefühl, welches bis tief in das Innere seines Geistes reichte. Ein Schmerz, der weit über die physischen Aspekte von Blut, Eingeweiden oder Sehnen hinausging, viel weiter noch, als es der heilige Pfeil in seiner Brust je geschafft hätte. Seine Seele weinte vor Qualen. Es war nicht so, als hätte er nie mit diesem Ergebnis gerechnet, aber in dem Moment der Wahrheit, hatte es ein ziemlich gewaltiges Loch in sein Herz gerissen. In all seinen früheren Kämpfen gegen Naraku gab es nie eine zweifelnde Frage des Sieges, jedenfalls nicht für ihn. Zu viel stand auf dem Spiel, als das sich auch nur ein Gedanke an das Aufgeben richten konnte. Die Leben und die Sicherheit aller waren in seiner Verantwortung. Also behielt er steht’s seine übermütige Haltung bei, strotzte vor Selbstsicherheit, wenn sie auf eine Niederlage stießen. Es war einzig und allein an ihm, sich durch pure Willenskraft und falsche Haltung am Kämpfen zu halten, sich immer weiter zu fordern und sich einem körperlichen Risiko auszusetzen, damit niemand aus seinem Rudel starb - nicht solange, wie er noch sein Schwert schwingen und einen Atemzug machen konnte. In der krassen Realität hingegen, gab es immer zu viele Gründe, ein Versagen als Option zuzulassen. Die unterdrückte, aber sehr echte Angst vor dem Tod, war der erste Punkt. Die Angst vor dem erneuten Allein sein der Zweite. Die Bedeutungslosigkeit seines Daseins der Dritte. Er hatte immer geglaubt, dass sie nach dem finalen Kampf weiterhin zusammenbleiben würden. Immerhin waren sie ein Rudel - sein Rudel - und keine andere Option wäre akzeptabel. Auch wenn er nur ein Halbdämon war, folgte er den Instinkten von InuYokai und diese waren nun einmal Pack-Tiere. Doch es war alles irgendwie außer Kontrolle geraten und die Folgen waren schwerer, als irgendwelche Verletzungen, die sein physischer Körper erhalten hatte. Seine Hündchenohren zuckten, krampften und drehten sich, als sie angestrengt versuchten, irgendetwas außer seinem eigenen Herzschlag zu hören. Erinnerungen fluteten ungezwungen in seinen Kopf zurück und ließen längst vergangene Szenen plötzlich viel zu lebendig erscheinen. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Eine kleine Lichtung sollte für diese Nacht ihrem Lagerplatz dienen. Die kleine Gruppe ließ sich erschöpft, aber auch ein wenig glücklich auf der üppigen Wiese nieder und nutzte die verbliebenen Stunden des Tageslichtes, um sich auf die kommende Dunkelheit vorzubereiten. Sie hatte im Laufe des Tages einen weiteren Juwelensplitter ausfindig machen können und waren dann kurz nach dem Mittag in den entscheidenden Kampf geraten – mit Erfolg. In Kagomes kleinen Glasgefäß glimmte in einem sanften Rosa ein weiteres Fragment. „Kagome?“ Die Angesprochene hob ihren Kopf und blickte zu der jungen Jägerin, die ihren schweren Boomerang auf den Boden niederlegte. „Ich werde gemeinsam mit Miroku nach Feuerholz suchen gehen. Wir sollten spätestens in einer halben Stunde wieder zurück sein.“ Der Mönch trat neben Sango, ein vollkommen treuherziges Lächeln auf dem Gesicht. „Meine liebe Sango, ich wusste gar nicht, dass ihr so gern mit mir allein sein wollt.“ Dabei fand seine Hand ihren Weg über die Hüfte der Dämonentöterin, bevor sie langsam nach unten wanderte. „Miroku.“ Das war die einzige Warnung die der Mann erhielt, bevor ein lautes Klatschen über die Wiese hinweg hallte und seine Haut sich rot verfärbte. Irgendwo im Hintergrund ertönte das spöttische Lachen eines kleinen Kitsunes, während Kagome nur den Kopf schüttelte. „Es ist in Ordnung, Sango. Ich werde derweil Inu Yashas Wunden versorgen.“ Und mit diesen Worten verabschiedeten sich die Beiden und verschwanden im Unterholz. „Inu Yasha?“ Die leise Frage erreichte die beiden spitzen Welpenohren hoch oben auf dem Kopf des Halbdämons und sie zuckten leicht, als sie sich in Richtung der Stimme drehten. „Was ist es dieses Mal, Kagome?“ Der Hanyo hatte sich in die Äste des größten Baumes zurückgezogen und öffnete nur eines seiner goldenen Augen, um auf das Mädchen hinunterzublicken. „Ich will mir deine Wunden ansehen. Mama hat mir etwas Neues für deine Verletzungen mitgegeben.“ „Keh, kein Bedarf. Ich heile perfekt, auch ohne deine Wundermittel“ , murrte er zurück und lehnte sich an das raue Holz des Stammes. „Lass mich wenigstens einen Blick darauf werfen!“ „Ich sagte Nein.“ „Und ich sagte Ja!“ „Und ich sagte Nein!“ „Inu Yasha-“ Der Halbdämon wurde bei der Art und Weise seines Namens sofort hellhörig, aber er hatte keine Chance, um angemessen zu reagieren. „Sitz.“ „Musst du immer so brutal sein?“ , jammerte der Hanyo und starrte finster auf die Verbände an seinem Arm. Er mochte diese komische Gefühl des Stoffes auf seiner Haut nicht, aber das Mädchen bestand einfach penetrant darauf, dass es die Heilung seiner Wunden fördern würde. „Wenn du nicht jedes Mal so trotzig sein würdest, dann müsste ich auch nichts sagen.“ Antwortete die junge Miko schlicht und steckte den übrigen Rest ihrer Salben wieder in den gelben Rucksack. „Genau, Inu Yasha. Hör auf Kagome immer Probleme zu berei- AUA!“ Shippo kreischte auf, als eine feste Faust auf seinem Kopf landete und der Halbdämon leise knurrte. „Klappe du Garnele, niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt!“ schnappte der Hanyo, während der Fuchs schnell aus seiner Reichweite sprang und sich in die Sicherheit von Kagomes Armen begab. „Inu Yasha – Sitz.“ Sobald die Nacht schwer über dem Land hing und sich alle zur Ruhe gelegt hatten, blickte Kagome zu dem Halbdämon auf, dessen Gesicht den Sternen zugewandt war. „Solltest du nicht schlafen?“ Die fast schon sanfte Frage erschreckte das Mädchen, doch sie lächelte nur und folgte seiner Sicht hinauf in den funkelnden Himmel, eine entspannte Stille zwischen ihnen. „Meinst du, wir werden Naraku besiegen?“ „Was für eine dumme Frage, natürlich werden wir das! Ich werde ihm eigenhändig das Herz herausreißen.“ Ein goldenes Augenpaar starrte aus dem dunklen Baldachin zu ihr herunter, während der Rest von Inu Yashas Gestalt in der sterbenden Glut nur fahl beleuchtet wurde. „Und was machen wir danach? Wenn wir ihn besieht haben?“ Die Miko rutschte etwas bequemer in ihren Schlafsack hinein und platzierte den jungen Fuchst sanft neben sich. „Was wir danach machen?“ Wiederholte der Halbdämon nachdenklich. „Wir gehen alle ins Dorf zurück. Du kannst Kaede helfen und von ihr lernen, während ich die Dämonen fernhalte. Sango könnte die Bewohner trainieren und Miroku im Tempel arbeiten. Keh und Shippo könnte mit den andere Kindern spielen.“ Inu Yashas Blick wurde für einen Moment ernst und Kagome beobachtete die rauen Emotionen auf seinem Gesicht. Sie wussten beide, dass es keine Sicherheit dafür gab, dass sie alle unbeschadet aus dem Kampf mit dem bösen Halbdämon hervor gingen. Aber niemand traute sich je, diese Überlegungen lauf auszusprechen. „Ich glaube -“ , setzte die junge Miko an und langsam begann ein warmes Lächeln auf ihren Lippen zu entstehen, als sich braune und goldene Augen wieder trafen. „Ich glaube, dass würde mir sehr gut gefallen.“ --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Ein kalter Luftzug, riss Inu Yasha aus seinem gedankenverlorenen Zustand und er steckte seine Hände tiefer in den Haori, um den letzten Rest der Wärme zu bewahren, auch wenn er innerlich bereits fror. Das lautloses Seufzen, welches unbewusst seinen Lippen entfloh, wurde dabei von dem traurigen Glanz in seinen Augen begleitet. Es würden keine Stimmen hinter ihm her kommen, es würde kein sanftes Klingeln eines heiligen Stabes geben oder das Schnurren einer Feuerneko, die in den Armen ihrer Begleiterin saß. Der dunkle Wald wurde von keinem warmen Feuerschein erhellt, von keinen Gerüchen des Essens überlagert oder von einem harten Schlaggeräusch gestört. Nichts davon war mehr da. Das Dorf, sein Wald, war leer von Düften, Stimmen und Auren. Und jetzt, als er begann langsam aufzuwachen, bröckelte sein einst so starker Geist in sich zusammen. In den Zweigen des Goshinboku spürte Inu Yasha zum ersten Mal den Effekt seines Kontrollverlustes. Während der Schmerz seiner heilenden Wunde in den Hintergrund rückte, war der Schmerz seiner beiden Individuen viel akuter - der Kampf zwischen Mensch und Dämon zerriss die bereits zerlumpten Enden seiner Seele nur noch weiter. Er würde wieder in das Exil gehen, vergessen und als Ausgestoßener leben, wie er es vor dem Juwel getan hatte. Keine Verpflichtungen, keine Versprechungen, keine Bindungen. Er hatte die natürliche Ordnung der Welt gesehen und Halbdämon gehörten ganz sicher nicht dazu. Vielleicht, nur vielleicht, hatte Sesshoumaru all die Jahre recht gehabt... Der Wind dreht erneut auf, peitschte durch die knorrigen Zweige und wirbelte dicht an seinem Gesicht vorbei, ehe er die weiße Mähne in kleinen Spiralen verdrehte. Die einst feurigen Augen eines Kriegers, wirkten im fahlen Licht des Mondes abgenutzt und stumpf. Die feste Linie seines Kiefers und das einst jugendliche Gesichts war gezeichnet von Furchen der Hoffnungslosigkeit. Inu Yasha war müde. Das gesamte Durcheinander sammelte sich wie ein Leuchtfeuer in seinen Gedanken, begann die vertraute Umgebung seines Waldes mit quälenden Fragen zu überziehen, ließ mit jedem Atemzug neue Zweifel in ihm aufsteigen. Doch er bewies seine Stärke, indem er keine einzige Träne vergoss. Vielleicht sollte er wieder anfangen zu reisen. Nur er allein, so wie vor langer Zeit. Wenn der erste Schnee fiel, könnte er vermutlich bereits im Süden sein. Die Ryukyu-Inseln boten im Winter wohl das angenehmste Klima und er wollte unbedingt noch einmal das Meer sehen - die Wellen dabei beobachten, wie sie sich im tosenden Sturm türmten, um mit der einzigartigen Kraft rauer Naturgewalten an den Klippen zu zerbrechen. Noch ein paar Tage, dann würde er das Dorf verlassen. Er könnte Totosai besuchen oder bei Kogas Clan vorbei schauen, wenn er Glück hatte, schaffte er es sogar noch zum Grab seiner Mutter. Es wurde Zeit, dass er erneut begann, die verbliebenen Bindungen zu seinem alten Leben zu kappen. Schließlich war angeblich alles in Ordnung mit der Welt und ein Teil von ihm schämte sich dafür, dass er dieses Ergebnis tatsächlich hasste. Und alles was er dagegen tun konnte, war zu versuchen, einen Anschein von Stärke zu bewahren, während seine menschliche Seite um die Stücke seiner verlorenen Seele trauerte. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- wichtige japanische Wörter: Ningen: abfällige Bezeichnung für Menschen Kami: Gott Reiryoku: spirituelle oder göttliche Kraft Yoki (oder auch Yoryoku): dämonische Energie und die Lebenskraft eines Yokai. Kann sowohl die körperlichen Fähigkeiten verbessern (Inu Yashas Sankon Tesso, um die Stärke und Angriffsreichweite seiner Klauen zu erhöhen), als auch Konstrukte bilden (Sesshoumarus Lichtpeitsche) oder in Form von Elementen kanalisiert werden Kenatsu: eine Fähigkeit die hauptsächlich von Yokai-Schwertern besessen wird. Wenn Yoki in das Schwert geschleudert wird, kann der Benutzer seine Feine schlagen, ohne dass die Klinge physischen Kontakt hat. (Unter solch einen Angriff fällt zum Beispiel Inu Yashas Kaze no Kizu) Yoketsu: visuelle Manifestation der dämonischen Energie in Form eines Strudels hinter einem Yokai. Wird dieser Wirbel und das damit verbundene Yoketsu durchtrennt, wird der Dämon sofort getötet. Jaki: bösartige Energie, die ähnlich der dämonischen Aura ausgestrahlt wird. Entsteht aus der dunklen Natur oder dem Willen (Yin) eines Individuums dämonisches Jaki: jeder Dämon und Mensch besitzt das Potenzial Jaki auszustrahlen. Je böser der Yokai ist, desto größer sind die Fähigkeiten in der Kontrolle, Verwendung und Stärkung des Jaki, um Objekte und Menschen zu kontrollieren Höllenjaki: entstand durch die vielen bösartigen Kreaturen in der Hölle und ist auch im Meido vorhanden Shoki: alternative Bezeichnung von Miasma oder auch Sumpfgas genannt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)