Woods von Silberstrich ================================================================================ Kapitel 27: Mia 2.0 ------------------- 1 Jahr später... Ben stand vorm Wickeltisch in Pierre's und Becky's Wohnung und wünschte sich ganz weit weg. In die Antarktis vielleicht. Auf jeden Fall weg. "Becky?!", rief er, denn die hatte ihn gebeten darauf aufzupassen, dass die kleine Mia nicht vom Tisch purzelte, weil ihr im Ofen gerade etwas verbrannte. Du kannst sie auch ruhig schonmal wickeln!, waren ihre fröhlichen Worte gewesen. "5 Minuten!", rief sie jetzt aus der Küche. Mia war in den letzten Monaten ganz schön gewachsen. Besonders im motorischen Bereich machte sie rasend schnelle Fortschritte. Und sprachlich kamen zumindest schon einmal die ersten Worte zusammen. Trotzdem wirkte sie auf ihn noch wie ein zerbrechliches Püppchen. Mia beäugte ihn mit ihren großen Augen. "Mama", sagte sie. "Ben!", sagte Ben. "Mama!", quietschte Mia und strahlte ihn an. "Ben!", brummelte Ben. "En" "Ben." "En" "Ben" "En" "Ben" "En" "Ben." "EN!" "okay....", gab er auf und öffnete ihre Windel. Das...war ein Fehler... "Ach du heillige Sch-", begann er. Sie sah ihn munter an. "Sch....schalalala....", beendete er den Satz. Sie lachte ihn an. So süß....so klein....so ein bestialischer Gestank... Dann kam die Rettung in Form von Becky. "Lass mich mal.", sie stubste ihn zur Seite weg und er stand erleichtert am geöffneten Fenster und schnappte frische Luft. "Irgendwann musst du das aber auch anfangen.", lachte sie während sie gerade die frische Windel schloss, dann streichelte sie über Mia's Füße. "Ich weiß..." "Ist Lukas bei seinen Eltern? Er hat sie Monate nicht gesehen oder?" Ben's Laune veränderte sich schlagartig. "Ja...ziemlich genau ein Jahr sogar..", sagte er mit düsterer Miene. "Er wird schon seine Gründe dafür haben, dass er dich nicht dabei haben wollte..." "Letztes Mal kam er mit gerötetem Gesicht und aufgeplatzter Lippe zurück...und dann haben sie von einem Tag auf den anderen den Kontakt abgebrochen...jetzt will er es nochmal versuchen und ich mach mir halt Sorgen..." "Kann ich verstehen..", seufzte sie, "Lukas war immer ein ziemlicher Familienmensch .. das hat ihm sicher das Herz gebrochen. Sowas gibt man nicht einfach so für immer auf.." "und anstatt dass ich ihm zur Seite stehen kann zwingt er mich hier zu warten....", grummelte Ben unzufrieden. "Er meldet sich sicher bald." "Wenn es wieder so endet wie letztes Mal dann rede ich mal mit seinen Eltern.." "Ben..." "Was denn? Was glaubst du wie sich das für mich anfühlt? Und er sagt immer nur: Es ist schon okay.." "Du kannst das aber nicht gegen seinen Willen tun.." "Becky es ist einfach nicht richtig und es ist keinesfalls okay.. wenn er wieder in so einem Zustand zurück kommt platzt mir der Kragen.", Ben's sonst so unendliche Ruhe war Wut gewichen. Keiner hatte seinen Freund anzufassen und Lukas weinen zu sehen war für ihn das schlimmste. Aber er hätte Lukas ja auch nicht verbieten können den Kontakt zu dessen Eltern zu suchen.. Er war völlig hilflos gewesen und dann musste er hier auch noch dumm warten. Becky hatte ihre kleine Tochter bereits vom Tisch gehoben. Gerade klammerte Mia sich an das Bein ihrer Mutter und tapste wackelig los. "Ben", blubberte sie fröhlich, dann kippte sie um. So besorgt und wütend er auch war....in diesem Moment musste er einfach grinsen. "Du kannst es ja doch du Krümel." "Da!", sagte sie. "Willst du vielleicht einen verbrannten Keks?", lächelte Becky. "Wie könnte ich da widerstehen." 2 Stunden später stand Lukas wie ein kleines Häufchen Elend vor der Tür. Becky öffnete ihm. "Alles okay?", fragte sie. "Wo ist Ben?" "Der ist auf der Couch eingeschlafen...ich glaube Mia hat ihn kaputt gespielt..", lachte sie. "Sehr gut...sag ihm dass ich nicht übers Herz gebracht habe ihn zu wecken und mit dem Bus nach Hause bin, würdest du das machen?" "Lukas...du kannst ihm damit nicht aus dem Weg gehen...er wird dich dann eben später drauf ansprechen...." "Ich glaube das könnte unser erster richtiger Streit werden...", vermutete er unglücklich. "Was ist denn passiert?" Lukas schob den kurzen Ärmel seines Hemdes hoch und entblößte eine große rötliche Stelle auf seinem Oberarm. "Das wird noch blau...", murrte er. "Geh da nicht mehr hin...ich glaub das nicht...ich bring dir was zum kühlen ..." "Nicht nötig danke...sag Ben einfach bitte, dass alles gut ist und dass ich eben schon los bin." "Zu spät.", Ben kam zu ihnen rüber und Lukas zog seinen Ärmel runter, doch Ben hatte es schon gesehen und ging an ihm vorbei. "Warte!", Lukas stürzte hinter ihm her und hielt ihn fest doch Ben schüttelte ihn einfach ab. Wortlos ging er raus. "BEN!", rief Lukas und sprang schließlich zwischen ihn und die Autotür. "Ich klär das jetzt." "Nein! Ich will das nicht! Das ist doch nichts...vielleicht wird es ein kleiner blauer Fleck...das ist nichts!" "Geh mir aus dem Weg." "Nein." "Wenn du glaubst ich guck mir das noch weiter an..." "Ben bitte ich möchte das alleine machen." "Du gehst da nicht mehr ohne mich hin." "Das kannst du mir nicht verbieten!". protestierte Lukas und wurde von seinem Freund einfach weg gedrückt. Ben stieg ins Auto und fuhr los. "ARSCH!", rief Lukas ihm hinterher und ging zurück zu Becky um sich dafür zu entschuldigen. Zwei Stunden später kam dann Pierre von der Arbeit und fuhr Lukas nach Hause. Nervös schloss er ihre gemeinsame Wohnungstür auf und sah sich um. Ben war scheinbar noch nicht wieder zu Hause. Es dauerte tatsächlich noch weitere 3 Stunden bis sein Freund schließlich rein kam und seine Schuhe in eine Ecke pfefferte. Lukas ging sofort zu ihm: "Wie konntest du nur zu ihnen fahr-" "Bin ich nicht...", brummte Ben und schob sich an ihm vorbei. "Danke...", sagte Lukas leise. "Das ändert nichts daran, dass ich dich da nicht mehr alleine hin lasse." Lukas machte Ansätze Ben gegen die Brust zu hauen. "Mach doch.", sagte der nur. Eine Weile herrschte eine unangenehm angespannte Stille zwischen ihnen. "Wieso gehst du da hin wenn die dich wie Scheiße behandeln?!", platzte es schließlich aus Ben heraus. "Weil ich nicht glauben kann, dass ..." "Was? Dass sie nicht die Menschen sind für die du sie über 20 Jahre lang gehalten hast?" Lukas nickte traurig. Und Ben's Wut begann sich aufzulösen. "Komm her...", schnell nahm er Lukas in den Arm. "Ich dachte sie brauchen etwas Zeit und dass es jetzt besser laufen würde.." "Es tut mir leid...ich will nur nicht, dass du so verletzt wirst..", entschuldigte Ben sich. "Weiß ich doch.." "Du kannst es nicht jedem Menschen recht machen und dich wird nie jeder lieben....und manchmal verlassen einen Menschen eben auch....auch welche von denen du es nie gedacht hättest und so hart das klingt vielleicht solltest du einfach ...loslassen ....Schatz ich bin immer für dich da....", Ben gab ihm einen Kuss auf den Kopf. "Du hast wahrscheinlich recht aber...es ist so schwer....", Lukas krallte seine Finger in Ben's Hemd und schloss für einen kurzen Moment an ihn gelehnt die Augen. "Deswegen bist du aber nicht allein ...wir sind deine Familie...Pierre...Becky...Tammy...Sophie...Mia...meine Eltern...ich..." Lukas sah zu Ben auf: "Manchmal weiß ich nicht was ich ohne dich machen würde." "Das musst du auch nicht.....weil ich immer bei dir sein werde..", Ben gab ihm einen Kuss. "Danke...", Lukas drückte ihn fester. Dann grinste Ben stolz: "Sie hat heute meinen Namen gesagt." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)