Woods von Silberstrich ================================================================================ Kapitel 26: for better or for worse ----------------------------------- Lukas war Pierre so unendlich dankbar, dass dieser ihn vorgewarnt hatte, denn andernfalls hätte er hier und jetzt wahrscheinlich den heftigsten Schock seines Lebens bekommen und wäre völlig am Ende gewesen. "Wir sollten wirklich Schluss machen.", wiederholte Ben. Lukas verpasste ihm eine Ohrfeige, was bei Ben's Größe gar nicht so einfach war, dann sagte er überraschend ruhig: "Lass uns kurz spazieren gehen..." "Hast du gehört was ich gerade gesagt habe?" "Ja, komm.", Lukas lies Ben's Hand nicht los und ging mit ihm nach draußen. Es dämmerte bereits. Aber das war egal. er brauchte jetzt frische Luft und einen kühlen Kopf. "Ich glaube einfach, dass ich dir mehr Kummer und Stress mache als alles andere und dass du ohne mich besser dran wärst..", sagte Ben leise. Über ihnen gingen flackernd die ersten Straßenlaternen an. "Ich liebe das an dir dass du immer das richtige tun und die, die du liebst beschützen möchtest Ben." "Aber?" "Aber für mich gibt es keinen besseren als dich. Ja klar es hat mich fertig gemacht solange auf dich zu warten und ich mach mir auch jetzt noch Sorgen und ich weiß auch, dass du mir noch Sachen nicht sagst ....aber ..das was du mir gibst ...das ist es mir wert. Dafür warte ich auf dich , dafür wach ich Nachts um 3 gerne jede Nacht mit dir auf....man bekommt im Leben nichts gutes geschenkt Ben....und ohne dich....geht nicht mehr....ich kann mir das nicht vorstellen und es würde mir auf keinen Fall besser gehen ...Du musst nicht immer stark sein ....ich will auch mal für dich stark sein. Ben ich will das. Ich will dass du dich auf mich verlassen kannst und auch dir darf es mal schlecht gehen. Ich...", Lukas Stimme versagte etwas weil er schon länger mit den Tränen kämpfte. Ben blieb stehen und nahm ihn in den Arm. "Ich bin so ein Idiot...", flüsterte er. "Ben wenn die Situation anders wäre und der ganze Ärger wäre nicht da...was wäre dann der nächste Schritt für dich? Sei ehrlich ...was willst du wirklich?", fragte Lukas und hoffte, dass ihn sein Bauchgefühl nicht täuschte. Ben zögerte, weil er wusste, dass das von vorletzter Nacht wieder passieren könnte. Doch dann hörte er auf sein Herz: "Dann würde ich dich bitten bei mir einzuziehen..weil ich dich am liebsten jeden Tag sehen würde. Und jetzt wo ich so nah an der Kaserne wohne kann ich ja auch wirklich abends nach Hause...noch...das könnte sich natürlich mal ändern.." Lukas zögerte keine Sekunde: "Lass es uns einfach tun..." "Aber es ist ja nicht alles gut. Was wenn .." "Darüber denken wir jetzt nicht nach. Wir geniessen es solange es gut ist und setzten uns mit Problemen erst auseinander wenn sie wirklich da sind....Ben ich möchte mein Leben mit dir teilen und ....", jetzt musste Lukas doch noch schluchzen, "und ohne dich geht das nich'..." "Ich dachte du wolltest stark für mich sein.....", lächelte Ben und küsste auf Lukas' Wange. Durch die Tränen schmeckte es leicht salzig. "Ja dann halt erst ab Morgen...", schniefte Lukas und beide lachten leise. Dann küssten sie sich richtig. "Du bist das beste was mir je passiert ist..", stellte Ben fest. Er war so dankbar für Lukas' Entscheidung. Denn ein Leben ohne den Anderen konnte auch er sich eigentlich gar nicht richtig vorstellen. Er wollte einfach nur das beste für Lukas und das richtige tun. Ihn wirklich verlieren wollte er doch niemals. Eine Weile war es ganz still, dann lies Lukas die Bombe platzen: "Ben ...darf ich dich meiner Familie vorstellen..?" "Ist das dein Ernst?" "Du bist der erste mit dem ich mir das zu traue.." "Lukas...", Ben war total perplex. "Du wirst mich nie wieder los...das muss dir klar sein", lächelte der Kleinere, um zu verbergen wie aufgeregt ihn dieser Entschluss eigentlich machte. Aber er wollte sein Leben mit diesem Mann teilen. So richtig. Er wollte ihn zeigen und nicht verstecken und wenn das hieß dass er auch sich selbst öffentlich zeigen und akzeptieren musste wie er tief im inneren war ...dann war es eben so. Ben war der erste für den sich sich das Risiko lohnte und für den es sich lohnte seine Angst vielleicht endlich zu überwinden und auch mal zu sich zu stehen. Ben gab ihm einfach jeden Tag das Gefühl, dass er richtig war wie er war und niemand zuvor hatte es geschafft Lukas soviel mehr Selbstvertrauen zu geben. Ben war einfach ein toller Mann. Klingt bescheuert aber es war eben so.. er sah sehr gut aus, war sportlich, klug, stark, beschützend aber auch sehr hilfsbereit, einfach gutherzig....und dieser Mann interessierte sich für ihn. Wie konnte man da nicht selbstbewusster werden. Ben musste erkennen, wie gut er ihm tat und für Lukas überwog das gute. Egal was sie schon durchgemacht hatten und noch durchmachen würden. Das Gute war stärker weil es einfach ...die wahre Liebe war. "Ich werde irgendwie einen Weg finden damit klar zu kommen...", sagte Lukas und meinte damit die Aussicht darauf, dass Ben ihn irgendwann wieder allein lassen könnte. "Kann es sein, dass du vorhin schon wusstest was ich bei dir wollte....?" "Pierre hat mich angerufen..Er kennt dich halt besser als jeder andere. Manchmal bin ich fast etwas eifersüchtig." "Er darf nie erfahren, dass er heute vielleicht unsere Beziehung gerettet hat.", sagte Ben ernst. "Das würde er uns nie vergessen lassen." Sie lachten. "Aber Ben...?", Lukas wurde wieder ernst. "Was denn?" "Manche Sachen musst du mir schon sagen....nicht alles...aber manches schon..." "Was meinst du..?" Lukas legte seine Hand auf Ben's Rücken. Genau auf die Stelle an der unter dessen Hemd die riesige Narbe begann. "Du sagst es wäre nichts schlimmes passiert....Ich will nicht, dass du mich anlügst...Ben...das ist kein kleiner Kratzer...muss ich noch was wissen...?" Ben sah runter. "Okay du musst noch nicht antworten....nur verheimliche mir bitte nicht sowas...." "In Ordnung...", sagte Ben knapp. Lukas umarmte ihn. Er spürte dass da noch mehr war. Er hatte Ben noch nie so erlebt. Heute blieb Ben bei Lukas, er war noch freigestellt. Dieses Mal wachte er mit rasendem Herzen um 2:15 Uhr auf. Wenigstens schlief Lukas noch. Aufgekratzt stieg Ben leise aus dem Bett und ging ans Fenster. Angestrengt versuchte er seine Gedanken wieder umzulenken und sich zu beruhigen. Seine Hände zitterten. Ein paar Minuten später wachte Lukas auf und tastete über die Matratze. Da war niemand. Sofort saß er senkrecht im Bett und entspannte sich wieder, als er Ben am Fenster sah. Fast geräuschlos krabbelte er ebenfalls aus dem Bett und ging leise von hinten auf Ben zu. Zu leise. Was als nächstes geschah passierte so schnell, dass Lukas überhaupt nicht reagieren konnte. Ben schaffte es gerade noch seine Faust kurz vor Lukas' Gesicht zu stoppen. Schnell lies er den Arm wieder sinken: "Scheiße es tut mir leid..." Lukas musste sich kurz an die Brust fassen.Jetzt war er zumindest hellwach. "Es tut mir leid...", wiederholte Ben. Lukas erholte sich von seinem Schreck und legte die Arme um seinen Freund. "Wir schaffen das..", flüsterte er. 6 Wochen später standen sie vor der Tür von Lukas' Eltern. "Bereit?", fragte Ben. "Ich glaub ich kann das doch nicht....", bekam Lukas weiche Knie. "Meinst du nicht sie ahnen das schon irgendwie?" "Nein auf keinen Fall da hab ich leider alles für getan...ob ich vielleicht doch erstmal alleine mit ihnen sprechen sollte? Wärst du sauer?" "Quatsch das versteh ich....ich warte im Auto. Lass dir Zeit. Mir macht das nichts aus wirklich." "Danke..", Lukas gab Ben einen Kuss und klingelte dann als Ben wieder zum Auto zurück ging. 30 Minuten später... Ben war überrascht, dass es nicht länger gedauert hatte. Lukas kam mit gesenktem Kopf ziemlich schnell zum Auto zurück gelaufen. Er vermied es Ben anzusehen und sagte nur leise: "Fahr schnell los." Ben kam der Bitte sofort nach und fuhr aus der Parklücke. "Alles gut?", fragte er als sie an der nächsten Kreuzung vor einer roten Ampel stehen bleiben mussten. Lukas sah weiter aus dem Fenster, damit Ben nicht gleich sah, dass seine Lippe aufgeplatzt und seine Wange rot war. Er hatte zu große Angst davor, dass Ben sofort umdrehen würde. Sein Vater war immer schon zu impulsiv gewesen, dass ihm die Hand ausgerutscht war überraschte ihn gar nicht er war verletzter von der distanzierten Reaktion seiner Mutter und Schwester. "Ja...", sagte er leise. Sie fuhren eine Weile. "Es war nicht wirklich gut, oder?", Ben sah kurz zu Lukas rüber, doch der sah weiter aus dem Fenster. "Nein...gut dass du draußen geblieben bist." "Ich weiß nicht was sie gesagt haben aber ...ich glaube es ist trotzdem besser wenn es jetzt raus ist..", murmelte Ben. "Das glaube ich auch. Es war schon ok. ich ....hatte mir nur etwas anderes erhofft.", Lukas leckte vorsichtig über die Stelle an seiner Lippe und schluckte schwer. Bei Ben angekommen stiegen sie beide aus und Lukas wollte schnell vor und zur Wohnung laufen doch Ben hielt ihn sofort zurück und drehte ihn zu sich um. "Scheiße....", sagte er leise und strich über Lukas' Wange. "Es ist in Ordnung..", lächelte Lukas und wischte sich eine einzelne Träne weg. "Nein.", sagte Ben nur und nahm seinen Freund in den Arm, "Nein, das ist nicht in Ordnung." "Ich weiß es ist erst 21 Uhr aber...können wir ins Bett gehen?", nuschelte Lukas gegen Ben's Brust und war dankbar, dass er nicht mehr allein zu sich nach Hause musste. Seine Sachen waren alle bereits bei Ben und die, die es nicht waren hatte er verkauft oder verschenkt. Seine Wohnung bezahlte er noch aber wohnte schon nicht mehr darin. "Lukas ich kann das doch nicht zulassen....und einfach so tun als wäre nichts passiert...", sagte Ben und sah mit schwerem Herzen Lukas' Gesicht an. "Es ist schon eskaliert....du würdest es schlimmer machen...ich will dich lieber bei mir haben, okay?" "Aber .." "Ben mir geht es gut. ich will bitte einfach nach Hause und ins Bett." "Okay...", sagte Ben und man konnte ihm deutlich ansehen, dass es ihm sehr schwer fiel. Kurz darauf machten sie sich bettfertig und kuschelten sich dann unter die Decke. "Willst du drüber reden ....was haben sie denn gesagt?" "Kannst du mich einfach festhalten?" "So schlimm?" Lukas antwortete nicht mehr sondern schmuste sich einfach nur an Ben ran und hielt sich fest. Dann weinte er. Ben streichelte Lukas' Rücken bis dieser irgendwann einschlief und ärgerte sich, dass er nicht mehr machen konnte. Es musste schlimm gewesen sein. Und für ihn persönlich war es unverständlich wie man jemanden wie Lukas derart ablehnen konnte. Nachdenklich lies er Lukas Haare durch seine Finger gleiten und sah auf dessen schlafendes Gesicht. Er hätte mit reingehen und ihn beschützen sollen. Jetzt fühlte er sich wie ein Versager. Oder hatte Lukas recht? und er hätte es nur schlimmer gemacht?... Diese Gedanken hielten ihn noch stundenlang wach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)