Werte von _Supernaturalist_ ================================================================================ Kapitel 20: Der Schiffszimmermann und die Feder ----------------------------------------------- Sie lässt ihn zappeln – den blonden Prinzen. Es verzehrt ihn nach ihrer Nähe. Nach ihrer sanften Umarmung. Ihrem weichen, warmen Körper. Das Sehnen in seinen Augen wird mit jedem Tag größer und die junge Frau weiß, dass er sich die Intimität zurück wünscht, die da bereits zwischen ihnen war.   Doch sie lässt ihn nicht an sich heran. Natürlich – eine kleine Berührung ihrer Hand, ein vorsichtiger Kuss auf ihr Haupt, einen zärtlichen Blick – das lässt sie zu, bietet ihm diese kleine Form der Nähe selbst an. Nicht mehr.   Was soll sie denn auch tun – sie kann diese Hemmung nicht von einem Tag zum nächsten beiseite legen und einfach vergessen. Das kann sie nicht und er scheint es trotz allem auch zu verstehen.   Dass sie zudem ein gewisses Interesse daran gefunden hat den jungen Prinzen zappeln zu lassen, will sie nicht leugnen.    Und außerdem… ja… Sanji gibt ihr die Zeit, die sie von ihm verlangt hat. Er drängt sie nicht. Gibt ihr keine Befehle.   Bleibt stets freundlich dabei.   Es hilft ihr ein wenig, diese gewisse Angst zu überwinden – jeden Tag ein wenig mehr.   So ist es nun nach etwas mehr, als einer Woche, seit diesem Vorfall, als er sie fragte, ob sie nicht auch einen kleinen Landgang unternehmen wollte. Sie könne kaufen, was sie wollte – die Insel sei doch schließlich für die exquisiten Läden bekannt. Kleider, Schuhe, Schmuck. Und natürlich könnte sie sich auch etwas zum Zeichnen besorgen – wenn sie einen Schreibtisch bräuchte, würde er einen in ihr Zimmer bringen lassen.   „Du weißt doch selbst, was du zum Zeichnen benötigst und welche Marken von geeigneter Qualität sind. Und die Koordinaten von unseren befahrenen Inseln kann ich dir, als eine Kopie der Abschriften des Navigator, geben. Das wird niemanden auffallen!“   Der blonde Prinz will sie bestechen. Mit Geschenken und dass sie ihr eigenes Steckenpferd zu jeder Zeit ausführen kann. Ja… er will, dass sie sich absolut wohlfühlt. Und vielleicht sollte sie selbst ein wenig Bestechlichkeit zu lassen, wenn es ihn nur glücklich macht.   Es gibt definitiv schlimmere Dinge, die er von ihr verlangen könnte, damit sie sich ihm wieder fügt.   So ist es nun also, dass er ein dickes Bündel aus Geldscheinen in Hänsels Hände drückt, kurz bevor sie das Schiff verlassen.   Ein wenig fragend blickt sie ihn an - was er gleich mit einem müden Lächeln und den Worten „Keine Zeit - Aufträge von Vater. Hänsel und Gretchen werden dich begleiten und auf dich aufpassen…“, beantwortet.   Es ist… seltsam…    Sofort weiß sie, dass er ihr noch nie so sehr vertraut hat. Zu keinem Zeitpunkt und nun lässt er sie einfach frei auf einer Insel umher laufen – mit der Gefahr zu entkommen. Er wird kaum glauben, dass Hänsel und Gretchen für sie eine Gefahr darstellen. Er wird wissen, dass sie nach Hilfe suchen wird – Marinesoldaten, oder nach gefährlichen Piraten. Dass sie nach einem Fluchtweg Ausschau halten wird…    Und doch… würde sie es nicht tun… wenn nur etwas schief ging – man sie entdeckt, oder einer seiner Männer sie später wieder gefangen nimmt – dann wäre doch eh alles vorbei! Und das kann sie nicht riskieren – nicht jetzt, wo sie sich dem Ziel so nahe scheint.   Nein – wenn sie geht, dann soll er sie dazu auffordern – und wenn Reiju es verlangt, dann soll er eben mit ihr kommen!   Sie glaubt kaum, dass es noch lange dauern wird – etwas sagt ihr, dass sie Sanji bald vollends in ihr kleines Netz gesponnen hat.   Trotzdem genießt sie jede Sekunde dieser gewissen Art von Freiheit – es ist schließlich schon einige Zeit her, dass sie eine ihr unbekannte Insel betreten konnte. Dass sie die frische Luft einatmen konnte. Dass der Wind frei mit ihren Haaren spielen darf und dass sie die warme Sonne auf der Haut genießen kann.   Sie weiß schon gar nicht mehr, wie sich all das anfühlt und fast hätte sie auch ihre beiden Begleiter vergessen, die mit einigen Abstand, hinter ihr laufen – natürlich noch immer mit ihren vertrauten Chirurgenmasken, was natürlich sämtliche Blicke auf das bizarre Duo zieht.   Nami will sich davon nicht beirren lassen – denn es lenkt die Leute von ihren eigenen Eisenbänder ab.   Schließlich ist es doch hier viel zu warm, um sie mit irgendeinem Kleidungsstück zu verdecken.   „Das ist ja wirklich bizarrer Modeschmuck!“, zetert da eine ältere Dame, die eine kleine Boutique in der geschäftigen Ladenstraße führt. Sie betrachtet es genau durch ihre schmale Brille und schnaubte schon ein wenig verächtlich. Natürlich – der Alten gefallen die Eisenbänder gar nicht, passen sie doch kaum in der Bilder ihrer schillernden Modewelt.   Nami versucht die Alte nur zu ignorieren, geht flugs wieder in die kleine Umkleidekabine und lässt das ihre werden Begleiter regeln – schließlich will sie ihre kleine, freie Zeit mit unnötigen Diskussionen vergeuden.   „Diese Kreationen sind im South Blue so angesagt!“, hört sie Hänsel da schon auf der anderen Seite sagen. „Jede Frau, die Etwas auf sich hält, trägt das dort. Wirkt wundervoll zu Abendkleider!“   „Sie wirken rustikal!“, gibt die Alte empört zurück.   „Das sind sie auch…“, brummt Gretchen und Nami muss schon fast ein wenig grinsen, als sie sich vorstellt, wie die Blonde ihre Augen bei diesen Worten verdreht.   „Und was ist mit diesen Masken? Seid ihr krank? Es ist etwas ansteckende, nicht?“   „Die – meine Liebe – sind ein todschickes Accessoires. Sie betonen die Augen und die Wangenknochen. Sehen Sie meine Wangenknochen?“   „… Ja?“   „Sind die nicht wundervoll betont?“   „… komische Leute im South Blue…“   Trotzdem würde sie über diese modischen Neuheiten nachdenken, sagte sie den dreien später, als eine gute Menge an Geld von der einen Hand zur anderen wanderte – wobei Nami sogar einen kleinen Rabatt aushandeln konnte – nachdem sie noch einmal im Spiegel nachgesehen hat, ob ja nichts von dem Make-Up an Hals und Handgelenk abgerieben ist. Ein wenig fürchtet die junge Frau sich davor schon für einige Zeit – will sie doch nicht unnötig Aufmerksamkeit erregen.    Außerdem würde zu jeder Zeit die Erinnerung an diesen Tag – an Sanjis kräftigen, gefährlichen Griff – zurück kommen und sie will während ihren wenigen, freien Stunden unter der strahlenden Sonne nun wirklich nicht daran denken…    Doch nein – die Schminke sitzt nach wie vor perfekt und denkt noch immer die blassen, blauen Stellen ab.    Später – als sie so durch die überfüllten Straßen dieser kleinen Stadt schlenderten - musste sie feststellen, dass diese Fragen noch öfter an sie gerichtet wurden und zu jeder Zeit gelang es dem jungen Mann die Leute umzustimmen. Und irgendwie belustigt es sie ein wenig, wenn diese Leute in geraumer Zukunft mit Chirurgenmasken und blinkenden Eisenbändern als Ketten und Armbänder herum laufen würden und es dazu noch Tod-schick nennen.    Makaber ist es schon – muss sie bald feststellen, da Nami weiß, wie tödlich die Originale sein können…    Während sie an kleineren Ständen vorbei kommen, dem Wasser in den unzähligen Kanälen lauschend, stellen sie bald fest, dass die Leute hier und da auch einige Reparaturen unternehmen – an Schäden, die von einem Unwetter stammen. Wohl auch von einem Hochwasser, dass sich erst kürzlich zurück gezogen hat.    Nami spürt die Erleichterung der Menschen hier, da es wohl keine größeren Schäden gegeben hat und sie ist dankbar dafür, ihren freien Tag bei solch schönem Wetter erleben zu dürfen.   Und sie hofft, dass es auch Hänsel und Gretchen gut tut, einmal unter normalen Leuten zu sein…    „Gleich um die Ecke befindet sich ein kleines Schuhgeschäft. Das müssen wir noch unbedingt besuchen!“, hört sie Hänsel hinter sich sprechen, der bereits einen großen Teil ihrer Einkaufstaschen trägt. „Ohne Schuhe die Insel wieder zu verlassen, wäre doch ein ungeheures Verbrechen!“   „Wenn es sein muss…“, murmelt Gretchen, die gerade einmal drei kleine Schachteln mit Schmuck trägt.    Natürlich – Schuhe sind etwas Wunderbares – die junge Frau kann sich schließlich nicht erinnern, wann sie sich selbst das letzte Mal ein neues Paar gegönnt hat. Dennoch erhascht ihr Blick das Plakat für ein anderes Lädchen, was für sie wesentlich interessanter ist.    Und es scheint auch nicht weit entfernt zu sein…   „Dort will ich noch hin!“, sagt sie gleich noch strahlend und deutet auf das bedruckte Banner.   Hänselns fein gezupften Augenbrauen heben sich, ein wenig verwundert, und er runzelte die Stirn.   „Die Zeit ist bedauerlichster Weise sehr knapp. Und Schuhe sucht man sich mit Bedacht aus!“   „Also nein…“, brummt Gretchen.   Nami seufzt, fast schon ein wenig verzweifelt, bevor sie wehmütig noch einmal die Buchstaben ließt, nur um dann mit einem Grinsen die Hand in die Richtung des jungen Mannes zu strecken.   „Gib mir einfach die Hälfte von dem, was wir noch übrig haben! Ihr geht für mich Schuhe shoppen und ich besorge mir einfach meinen Kram. Dann treffen wir uns wieder hier!“   „Du willst fliehen…“, murmelt die Blonde, unbeeindruckt.   „Jetzt mal doch den Teufel nicht gleich an die Wand! Hier wird heute keiner fliehen!“, versucht Hänsel seine Kollegin gleich wieder zu beschwichtigen, blickt dann gleich die junge Frau mit einem kleinen Funkeln in den Augen an, bevor er zustimmend nickt.   „Okay! Aber sei pünktlich zurück. Wir wollen doch nicht, dass Eure Hoheit einen von uns einen Kopf kürzer macht, nicht?“   Endlich lässt Hänsel die Taschen auf den Boden sinken, greift dann in seine Tasche und holt das Geldbündel hervor, das nach wie vor eine beachtliche Größe hat. Schnell zählt er die Scheine ab, überreicht der jungen Frau die eine Hälfte und steckt die zweite wieder zurück.   „Genügt dir eine Stunde? Nicht, dass wir das Schiff verpassen…“   „Natürlich! Ich bin gleich wieder zurück!“   Schnell dreht sich Nami um und folgt der Beschreibung auf dem Plakat, um schon in wenigen Minuten zu einem kleinen, unscheinbaren Geschäft zu kommen. Es wirkt dunkel und alt, aber ein kleines Schild im Fenster begrüßt sie mit dem Wort ‚Geöffnet‘.   Doch zur Klinke zu reichen schafft sie nicht, denn sie erschrickt, als jemand hinter ihr anzüglich pfeift und nach ihr ruft:   „Hey Baby – lange nicht mehr dein schönes Gesicht gesehen!“   „Oder deinen Arsch!“   „Und die Titten!“   Sie erstarrt und ihr armes Herz beginnt wie wild zu schlagen. Ihr wird schlecht und schwindelig – auch wenn sie weiß, dass Männer dank der Handschellen ihr nichts anhaben können.   … auch nicht Sanjis Brüder, die sich da hinter ihr versammelt haben…   Zitternd dreht sie sich um, presst dann ihren Rücken gegen die kalte, hölzerne Tür hinter ihr.   Und tatsächlich – da stehen sie hinter ihr – die drei Prinzen in all ihrer zweifelhaften Pracht.   Stolz stehen sie vor der jungen Frau. In feinste Kleider und einen samtenen Umgang gehüllt, der zu ihren Haarfarben passt. Ja… sie sind attraktiv – zumindest für die vorbeigehenden Damen, die gleich die Schönheit der Drei bewundern.   Fast hätte sich die junge Frau gewünscht, dass sie diese Blicke wahrnehmen würden, damit sie von ihr wieder ablassen, doch leider haben sie einmal mehr die Piratin als ihr Opfer gewählt.   Und dieses Mal ist Sanji nicht in ihrer Nähe, der sie hätte beschützen können…   Trotzdem versucht Nami all ihren Mut zusammen zu nehmen, hebt den Kopf ein wenig, spannt die Schultern und ballt die Fäuste.   … sie können ihr schließlich nicht weh tun – sie nicht einmal berühren – ohne von einem gefährlichen Stromschlag erfasst zu werden.   Ob dieser wohl auch für die drei Prinzen tödlich wäre?    „Ichiji, Niji und Yonji…“, grüßt sie mit einem dezenten und gespielt freundlichen Nicken. „Wenn Ihr mich entschuldigt – ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen! Und Sanji wird es nicht gefallen, wenn ich nicht pünktlich zum Schiff zurückkehre!“   „Geil~ Die Süße kennt noch unsere Namen!“, feixt Niji gleich und reibt sich die Hände. „Wie gern ich mit dir das Bett teilen würde, damit du meinen immer wieder schreien kannst!“   Nami rümpft vor Ekel ihre Nase – ihr hätte doch klar sein sollen, dass ihr gespielter Stolz die Prinzen nicht beeindruckt – wahrscheinlich nur noch mehr erregt.   Ihre Augen suchen auch hastig zwischen den Menschen, in der Hoffnung den blonden Prinzen zu entdecken, damit er ihr zur Hilfe eilen kann. Bedauerlicherweise kann sie Sanji nicht entdecken.   „Bett? Bah! Fußboden, Tisch und gegen die Wand gefällt mir da besser!“, schnaubt Ichiji verächtlich und stemmt die Hände auf seine Hüften. „Und das tagein und tagaus. Aber das wirst du von der Schabe nicht kennen. Armes Püppchen, poppt den, der nicht einmal ein Drittel der Ausdauer im kleinen Zeh hat, die wir im ganzen Körper besitzen! Wo ist denn dein kleiner Schoßhund überhaupt? Dass der dich überhaupt hier so frei rumlaufen lässt ist… ziemlich dumm von ihm…“   Da ist es wieder – das flegelhafte Verhalten, während die drei über sie wie ein Stück Fleisch sprechen – und über Sanji, als sei er einfach nur ein Stückchen Müll.    Sie nutzen ihre ‚Kosenamen‘. Die widerwärtige, chauvinistische Sprache, von der ihr schlecht wird. Ihre betäubende Blicke. Das anzügliche Grinsen.   Auch wenn sie die drei Prinzen schon einige Wochen nicht mehr sehen musste, so sind sie doch der gleiche, menschliche Abschaum geblieben. Sie wollen nur ihren Körper und denken nur an all die perverse Sachen, die man mit diesem anstellen könnte.   Dass die Menschen sich mittlerweile von ihnen angewidert abwenden – schließlich offenbaren sie doch lautstark, was sie von der jungen Frau verlangen – bemerken die Drei nicht einmal.   Nur Nami – doch mit jeden abgewendeten Blick der Menge schwindet mehr und mehr ihr Mut, bis dieser einer verkümmerten Nichtigkeit gleicht.    Sie kommen näher. Die Hände zucken bereits nach ihr. Sie lecken ihre Lippen. Sind von ihrer bloßen Angst erregt – und das paralysiert sie nur noch mehr.    Das erste Mal, seitdem sie gefangen wurde, wünscht sich nichts sehnlicher, als dass Sanji plötzlich auftaucht, um ihr zu helfen.   „Platz da!“, ruft da mit einem Mal jemand und schiebt sich unsanft zwischen Ichiji und Yonji vorbei – der Grünhaarige hat dabei viel Glück, als dass er nicht in einem der Kanäle hinter ihm landet, sondern recht ungrazil auf seinem Hintern.   Eine hünenhafte Gestalt drängt sich vor die drei, versperren den Blick auf die junge, wehrlos Frau vor ihr. Und auch wenn seine türkisfarbenen Haare, dass offene, bunte Hemd und… die knappe Schwimmhose – von deren Inhalt Nami gleich verstört den Blick abwendet – doch zusammen sehr befremdlich aussehen, so ist die dem seltsamen Mann doch recht dankbar.   … auch wenn er grimmig auf sie hinab sieht, als er seine dunkle Sonnenbrille in sein Haar schiebt.   „He! Platz da, Mädchen! Ich will da rein!“   Dennoch ist ihr Körper noch zu starr, als dass sie ihn bewegen kann und der Kerl vor ihr scheint gleich zu verstehen, was ihr solch eine Angst eingejagt hat.   Er dreht sich um und blickt auf die drei Prinzen von oben herab, wütend schnaubend, an.   „Verpisst Euch, ihr Hampelmänner! So lange ich hier bin, wird kein Mädchen belästigt! Habt ihr das verstanden?!“   „Na warte! Weißt du, mit wem du hier eigentlich redest?! Wir sind-“   „Fresse, Niji!“, befiehlt Ichiji gleich und Nami sieht dann, wie dieser den zweiten Prinzen am Kragen davon zerrt. „Kein Aufruhr veranstalten. Keine Schlägerei. Kein Gepöbel. Du kennst Vaters Befehle! Sie ist es doch eh nicht wert! Du weißt nicht einmal, ob die gut im Bett ist. Komm – lass uns dieses verdammte Bordell suchen!“   „Schon gut, schon gut!“, wehrt Niji sich gleich, schlürft dann aber, sich geschlagen gebend, hinter dem Ältesten her.   Nur Yonji verweilt noch einige Momente, richtet sich auf, starrt die junge Frau eindringlich über die Schulter des Fremden an und grinst dann bösartig, während er sich noch einmal über die Lippen leckt.   „Irgendwann werde ich dich nehmen. Das verspreche ich dir! Und dann kann dir keiner helfen!“   Dann geht auch er.   „Komische Vögel…“, brummt der Mann verstimmt. „Die sollen mir noch mal über den Weg laufen! Und jetzt geh mir aus der Bahn – ich muss ein paar Dinge erledigen!“   Nami nickt nur, die Augen noch immer weit vor Angst, bevor sie vorsichtig die Klinke nach unten drückt und den Mann hinein lässt. Sie selbst schaut den drei Prinzen noch einige Zeit nach, bevor sie dem Hünen dann in den Laden hinein folgt.   Verwundert blickt er sie an, runzelt sogar seine Stirn, doch er brummt nur etwas Unwirsches, als sie sich verbeugt und sich leise bedankt.   „Mit solchen Kerlen solltest du dich nicht abgeben…“, murrt er und schlägt dem Ladenbesitzer gar freundschaftlich zum Gruß auf die Schulter. „Gibt bessere und dein Prinz in strahlender Rüstung läuft bestimmt auch noch irgendwo rum. Wartet, dass er dich findet! In der Zeit sagst du einfach, dass du Mitglied der Franky Family bist und die Leute hier in Water 7 wissen Bescheid! Sie werden dir dann schon helfen!“   Die junge Frau hat zwar keine Ahnung, wovon ihr Retter da spricht, aber er wird wohl Recht haben. Vielleicht lässt Sanji ja dem Mann ein kleines Präsent zukommen, wenn er von dem eben Geschehenen erfährt und davon, dass er sie gerettet hat.   „Ich danke dir!“, bringt sie da gerade noch hervor.   Er grinst breit, bevor er sich dann von ihr abwendet und in den hinteren Teil des Geschäftes geht. Natürlich wäre sie ihm gern gefolgt, da allein seine hünenhafte Gestalt ihr viel Schutz verspricht, doch sie schätzt, dass ihr die Zeit eh davon rinnt.   So dreht sich Nami schnell um, lässt mit ihren Blicken die teils staubigen Regale durchsuchen.   Ja – hier gibt es alles, was ein Navigator zum Arbeiten brauchen kann und davon noch viel mehr! Zeichenmaterialien, Kompasse, Karten, Vermessungsgeräte. In günstig und in höchster Qualität. Für jeden Geschmack gibt es hier etwas.   Auch wenn sie weiß, dass sie mit dem Ladenbesitzer gut verhandeln muss, so sucht sie sich doch von allem etwas aus, bis ihre Arme schwer beladen sind und bringt alles zur Kasse hinüber und lädt es ab.    Dort sieht sie dann, in einer kleinen, staubigen Vitrine das letzte Stück, was ihr ein wenig Lebensqualität zurück gibt.   Eine Zeichenfeder – und ihre Augen erhaschen gleich die teuerste, ganz oben, die schon fast ein wenig golden im Licht schimmert.   Ja – genau die will sie haben – diese ist schöner noch, als alle Federn, die sie je besaß.    „Du kennst dich aus?“, hört sie da plötzlich wieder jemanden neben sich sprechen und sie sieht den Hünen, wie er sich neben sie gebeugt hat, die Hand im Gedanken auf sein Kinn gelegt und die Augenbrauen zusammengezogen, während auch er die Federn in Augenschein nimmt. Auch ihm scheint die Goldene es angetan zu haben.    „Ich…“, sie blinzelt verwundert und sieht ihn stutzig an. „Du nicht?“   Nami erhascht nun einen Blick auf die Kasse, wo der Mann auch seinen Einkauf abgestellt hat – sie sieht gleich, dass beide genau das Gleiche ausgesucht haben.   Sie war so vertieft in ihren Einkauf, dass sie gar nicht mitbekommen hat, wie er ihr gefolgt ist, um sich an ihr zu orientieren. Oder… um sie zu kopieren…    „Ich bin Schiffszimmermann! Mit so einem Kram kenne ich mich gar nicht aus!“   Nun ist sie es, die verwundert die Augenbrauen zusammen zieht, da sie nicht so recht verstehen will, was er hier dann genau sucht.   Er lacht gleich lautstark, so fröhlich und schallend.   „Ich bin gerade dabei das beste Schiff der Welt zu bauen! Mein Magnum Opus! Und dieses Schiff wird dann die ganze Welt umsegeln! Es wird einfach Super!“   Er beginnt zu posieren, wirft die Arme dabei in die Luft und schreit erneut das Wort „SUPER!“, was den Ladenbesitzer nur zum Kopfschütteln bringt.   „Aha…“, murmelt Nami ein wenig verlegen, als sie das sieht und weicht einen Schritt zurück. „Und jetzt bist du dabei, den Navigationsraum auszustatten?“   Er nickt eifrig.   „Genau – und weißt du, was der Clou dabei ist – der werte Herr Käpt’n hat nicht einmal einen Navigator – nur ganz viel Glück, dass er so weit auf der Grand Line gekommen ist“, plötzlich beginnt er zu schluchzen und Tränen kullern über seine Wangen „Und die Geschichte, warum er keinen Navigator hat, ist einfach zu traurig! So sehr, dass ich dir davon nicht einmal erzählen könnte, selbst wenn ich es wollte!“   „Weinst du schon wieder, Franky?“   „Ich heule gar nicht!“, brüllt der Mann namens Franky den armen Ladenbesitzer an, bevor er hastig mit seinen tätowierten Armen die Tränen von seinem Gesicht wischt.   „Aber – wie sieht es denn mit dir aus? Du scheinst dich ja mit Navigation auszukennen. Wenn du brav fragst, nimmt er dich bestimmt mit!“   Welch unglaublich verlockendes Angebot – das muss sie schon zugeben. Vielleicht könnte sie ja so Ruffy finden und wenn das erst einmal geschehen ist, kann sie sich endlich wieder den Strohhutpiraten anschließen. Vielleicht könnte Zorro ihr dann die Halsbänder mit seinen Schwertern vom Leib schneiden. Oder Lysop erfindet einfach etwas zum Öffnen. Und wer weiß – vielleicht nimmt Chopper sie für eine Therapie auf!    Doch… so schön, wie das alles für sie für einen winzigen Moment klingt…    … wie wahrscheinlich ist es denn, dass alles gut ging… und sie wirklich irgendwann auf Ruffy und die Anderen treffen würde…    Und ob dieser gewisse Kapitän denn einer von den Guten ist – der sie beschützt und respektiert und sie sicher zu dem Gummimenschen bringt…    … und… ob nicht dann Sanjis Leute nach ihr suchen würden – wenn man sie dann findet, würde gewiss nicht einmal Sanji noch ein gutes Wort für sie einlegen wollen. Ja dann hieße es Tod, oder Bordell für sie und all ihre Träume und ihre Freiheit könnte sie dann vollkommen vergessen.    „Danke…“, murmelt sie daher ein wenig verlegen. „Mein Prinz wird mich schon erwarten. Und keine Sorge – er ist nicht so ungehobelt, wie die drei Kerle eben… Um genau zu sein, ist er… ganz okay!“   „Oh eine Liebesgeschichte! Wie dramatisch!“ Und wieder beginnt der Hüne mit dem Namen Franky lautstark zu heulen. Sie verdreht nur die Augen, denn die letzten Monate ist sie weiter von einer Liebesgeschichte entfernt gewesen, als Ruffy vom One Piece…    Aber als Ausrede soll ihr dies erst einmal genügen.    Gespielt verlegen weicht Nami nur zurück, bevor sie dem Älteren ihr Geldbündel in die Hand drückt und die ganzen Sachen wieder auf ihre Arme lädt.   „Tja, leider habe ich auch gar keine Zeit, um dir von meiner ‚Liebesgeschichte‘ zu erzählen – ich muss wieder zurück zu meinem Prinzen und zu unserem Schiff. Aber wenn du wirklich eine gute Feder zum Kartenzeichnen suchst, so solltest auch du die Goldene nehmen! Und ich hoffe, dass dein Kapitän dann noch einen guten Navigator findet – ist wichtig, hier auf der Grandline! Und danke noch einmal, Franky – du hast mir sehr geholfen!“   Mit diesen Worten verschwindet sie schleunigst aus dem Geschäft – noch bevor beide merken, dass sie dem Verkäufer nur die Hälfte bezahlt hat.   … oder, dass sie in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit die goldene Feder entwendet hat – wobei das Vitrinenschloss schon fast eine Unverschämtheit im Angesicht ihres diebischen Stolzes ist.   Bis das jemand merkt, ist sie aber schon lange verschwunden!    Doch sie weiß, dass der Schiffszimmermann mit dem Namen Franky ihr noch lange im Gedächtnis bleiben wird.   Schließlich legt sich nicht jeder mit den drei Prinzen des Germa Königreiches an… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)