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TETSUO

When one person changes everything
von

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Just one Job that changed everything

Ein kalter Wind zog über Neo Tokyo hinweg.

So kalt dass es ungewöhnlich war für den Juli. Manche sahen dies als böses Ohmen. Andere sahen es als Neuanfang. Je nachdem was für eine Art Auffassung man hatte. Aber selbst dieser kalte Wind änderte nicht an der Lage und Situation in der Stadt. Neo Tokyo war ein raues Pflaster. Jahre nach dem Weltkrieg hatte die Stadt noch immer mit dem Aufbau und Missgunst des Volkes zu kämpfen. Aber besonders hatte das Volk und die Stadt mit ihrem größten, selbstverzapften Problem zu kämpfen. Nämlich den PsyKI`s. PsyKI`s waren anders als normale Menschen. Klassifiziert als Menschen die künstlich erschaffen wurden und gefährlich waren. Es war kein Geheimnis mehr, dass das Militär versucht hat Soldaten mit übermenschlichen Kräften zu erschaffen. Besonders für den Krieg. Das ganze Volk Japans wusste das. Als sie aus dem Labor entkamen, was aus unbekannten Gründen zerstört wurde, fingen sie an sich zu vermehren. Die Regierung, die dieses Vorhaben für das Militär unterstützte, musste anfangen zu handeln. Mussten damit anfangen bevor der Mensch an sich durch diese neue Rasse ersetzt wurde. Bevor es zu Chaos kam. Nicht nur in Japan, sondern auch danach überall auf der Welt. Und erst recht bevor Amerika auf die Idee kam Japan erneut zu bombardieren aus Gründen der Eindämmung. Es war eine schreckliche Zeit gewesen. Menschen wurden auf der Straße abgeschlachtet wie Vieh. Vor den Augen der Bürger, die nicht mal wussten das gezielt ein SpyKI getötet wurde. Eine Starre legte sich über das Volk. Und mit den Jahren fing auch das normale Volk an zu verkümmern. Emotional zu verkümmern und kalt zu werden. Arbeit wurde schwerer zu finden durch den Wiederaufbau. Religionen fingen an ihre Lehren aus ihren Tempeln unter die Menschen zu bringen. Ihnen ihren Glauben aufzuzwingen. Und junge Menschen, verzweifelt durch die komplette Situation in Neo Tokyo waren, gründeten Banden. Biker Gangs wie sie sich nannten mit verschieden Zugehörigkeiten. Die ebenfalls dass widerspiegelten was die Stadt in seinem tiefsten Innern war, verrottet und brutal. Skrupellos und ohne Hoffnung. Es war nichts ungewöhnliches dass im Jahre 2033 hauptsächlich die Biker Gangs in Neo Tokyos Straßen das Sagen hatten. Die Meisten fuhren wie es ihnen beliebt und taten was sie wollten ohne auf das Gesetzt Rücksicht zu nehmen. Es herrschte nur ihr eigenes Gesetzt. Teils war sogar die Polizei machtlos gegen die Unmengen an Gangs die sich schreckliche Bandenkriege lieferten. Meist blutig endend mit zerstörten Straßen oder Unschuldigen die hineingezogen wurden. Das Leben war hart in Neo Tokyo und das wusste auch Shotaro Kaneda.

Auch er spürte den kalten Wind der durch die Straßen schlich. Aber auf seiner Maschine machte ihm dass nichts aus. Er saß in der Werkstatt auf seiner Süßen und bastelte an ihr rum. Sie wurde durch die letzten Male etwas in Mitleidenschaft gezogen. Ihr roter, kraftvoller Lack hatte einige Macken und die Elektronik war etwas durcheinander. Bei dem letzten Krieg mit Joker hatte sich echt mies was abbekommen und dafür sollte der Mistkerl leiden! Aber erst wenn sie wieder fit war und glänzte wie ein Juwel im Sonnenschein. Kaneda liebte sein Motorrad. Sie war auch nicht irgendwas, sie war ein Hybrid und schnurrte wie ein Kätzchen wenn sie heiß lief.

Er stiegt von ihr herab und an das hintere Rad. Er musste an die Kabel und die Verbindung überprüfen. Aber nicht nur sein Motorrad, auch Kaneda war ein echter Hingucker. Er war mit seinen 16 Jahren nun körperlich erwachsen. Ein junger, starker Kerl mit kurzen schwarzen Haaren und haselnussbraunen Augen. Nicht untypisch für einen Japaner. Er trug seine rote Lederjacke und Hose. Auf dem Rücken das Logo seiner Gang. Sie nannten sich Capsules. Warum wusste er nicht mal mehr. Er kam als Kind früh dazu und wurde irgendwann zu Anführer. Vielleicht lag es an ihrem vielem Drogenkonsum? Sie gaben sich häufiger mal Speed um für die Kämpfe gegen andere hochzukommen. Wenn das Zeug nur nicht immer so hart zu beschaffen wäre. Kaneda sonnte sich im Vertrauen und Gehorsam seiner Gang. Er war nicht nur so Anführer er hatte sich dies mit seinen Taten und seiner Art verdient erkämpft.

Er steckte das lose Kabel, hinter dem Reifen in die Öffnung. Es gab einen kurzen Knall und Funken sprühten. Aber dann schnurrte seine Süße auf schon auf. Er lächelte zu ihr hoch.

„Na das ist doch ein Sound den ich liebe. Geht’s dir besser Baby?“

Er streichelte über ihre Seite und kam auf die Beine. Rieb sich die Hände an einem Taschentuch sauber. Eine Tür knallte hinter ihm zu und er drehte sich um.

„Sprichst du wieder mit deiner Kiste Kaneda?“

Ein Junge kam herein und auf ihn zu. Er war etwas kleiner als Kaneda und hatte wildes, braunes Haar. Er trug eine grüne Bomberjacke und lächelte frech. Dieses Lächeln wurde genauso erwidert.

„Nur weil deine Kiste kein Schmuckstück ist Kai. Hör nicht auf ihn Baby. Er weis nicht was wir zwei haben.“

Er streichelte und umarmte sein Motorrad dabei. Kai kam neben ihn und sah sich die rote Schönheit an.

„Ich hätte echt nicht gedacht dass Joker zu solchen Mitteln greifen würde. Er meint es langsam ernst Kaneda.“

Kaneda sah zu ihm. Nun sichtlich wütend. Nicht auf Kai sondern auf diesen Bastard Joker. Bei ihrer letzten Begegnung vor zwei Tagen war Joker völlig außer Rand und Band gewesen. Normalerweise kloppten sie sich mit Eisenstangen oder ab und zu flog mal ne Kugel. Aber nun fing er an Brandbomben zu basteln! Und er warf in aller Öffentlichkeit damit herum! Zugegeben Kaneda war kein Verfechter des Volkes, aber er hasste es wenn Unschuldige in die Sache reingezogen wurden. Eine Eigenschaft die ihn von anderen Anführern unterschied.

„Sehr gut! Dann kann er sich darauf gefasst machen, dass ich ihm das nächste Mal den Arsch aufreißen werde! Es wird Zeit dass dieser Krieg endet! Und ich werde es beenden!“

Kai sah ihn an.

„Nichts für Ungut Chef, aber er wird immer gefährlicher. Nicht nur für uns sondern auch für unser Umfeld. Wir sollten ihn nicht versuchen in der Öffentlichkeit fertig zu machen. Besonders jetzt wo er anscheinend noch mehr auf die Mitmenschen scheißt. Man müsste zu seinem Unterschlupf fahren und ihn ausräuchern.“

Kaneda warf das Taschentuch neben sich auf den Boden und stützte sich auf seiner Süßen ab.

„Klar. Zeig mir den Weg zu seiner Bruchbude und ich fackel sie persönlich ab! Kai glaubst du ich weis das alles selber nicht? Wenn ich wüsste wo der Saftladen ist, wäre ich schon längst mit euch Jungs hingefahren um das Freudenfeuer zu entfachen!“

Er setzte sich seitlich auf den Sattel. Schien sichtlich genervt und frustriert von der Situation. Kai aber lächelte. Er war eher der Sonnenschein der Gruppe und baute meist seine Jungs wieder auf. Was er auch tat.

„Kaneda du brauchst unbedingt mal wieder etwas Abwechslung. Du bastelst jetzt seit zwei Tagen in dieser Werkstadt an deiner Kiste rum. Du wirst ja schon rammdösig. Yamagata hat nebenan bereits angefangen einige Mädels aufzureißen für heute Abend. Vielleicht bringt dich eine der Schnecken mal wieder auf andere Gedanken. Du hattest bestimmt schon lange keinen Sex mehr um mal zu entspannen.“

Kaneda sah ihn an.

„Das geht dich erstens nichts an, zweitens gibt es nur eine Süße in Rot in meinen Leben momentan und drittens hab ich keine Zeit mich mit einer auf nem Zimmer zu vergnügen, wenn um die nächste Ecke Joker mit einem Bataillon von Clowns lauern könnte! Mit den Fackeln in der Hand und der Knarre im Anschlag!“

„Kaneda, Joker weis nicht wo unser Treffpunkt ist. Entspann dich doch mal.“

Kaneda stand auf und fing an das Motorrad neu zu lackieren.

„Ich weis deine Sorge zu schätzen Kai, aber nicht nur du sorgst dich hier. Ich riskiere nicht dass einem meiner Jungs etwas passiert, nur weil ich mich mit ner Nutte gehen lasse.“

Kai verschränkte etwas muffig die Arme vor sich.

„Das sind die Mädels aus unserer Schule.“

„Sag ich doch: Nutten.“

Der Kleinere verpasste seinem Boss einen verspielten Schlag auf den Hinterkopf und lachte dabei kurz.

„Du bist echt manchmal ein Arsch Kaneda.“

Auch Kaneda grinste dabei frech, aber ließ sich nicht von seiner Arbeit abbringen. Kai steckte die Hände in die Jackentaschen und wand sich von ihm ab. Er lief einige Schritte zurück zur Tür, aus der er gekommen war und blieb dann stehen. Sah hinter.

„Wenn du es dir anders überlegst, komm einfach rüber. Jetzt muss ich Yamagata erklären dass du lieber an deiner Kiste rummachst, als an einer Frau.“

Kaneda sah zu ihm. Er grinste.

„Hey! SIE versteht mich.“

Er meinte sein Motorrad. Kai schnaufte und verließ die Werkstatt. Kurz darauf wurde es wieder sehr still. Nur das Geräusch von Kanedas Arbeit war zu hören. Als ob das so einfach wäre. Viele Dinge rannten durch seinen Kopf. Er machte sich viele Sorgen über die er nicht mal sprechen konnte. Denn er wollte niemanden damit zur Last fallen. Kai und Yamagata waren seine Familie. Sie waren seine Brüder. Wie auch der Rest seiner Leute. Eher würde er sterben, als zu zulassen dass ihnen etwas passiert. Er hatte keine zeit für Vergnügen. Aber wenn seine Jungs das brauchten sollte es ihm recht sein. Sie waren da wenn er sie brauchte. Etwas was er aus seiner Zeit im Waisenhaus nicht kannte. Eine Vergangenheit die er am liebsten auslöschen würde. Aber da konnte man nichts machen. Diese Welt hatte Kaneda immer wieder gezeigt wie scheiße sie doch war. Jeder Tag war ein knallharter Überlebenskampf. Und nicht nur unter den Gangs, auch unter den Menschen…

Er legte den Pinsel zur Seite und schnaufte aus…Vielleicht tat ihm etwas Ablenkung ganz gut. Er brauchte jetzt keinen Sex, aber etwas trinken mit den Jungs war doch keine schlechte Idee. Nur kurz um mal den Kopf etwas zu sortieren. Also stand er auf und klopfte sich die Hose vom Staub sauber. Er strich über sein Bike.

„Ich komm nachher wieder Kleine. Lass erstmal den Lack etwas trocknen.“

Und damit wand er sich ab und lief zur Tür. Er öffnete sie und verschwand in den Flur dahinter. Dieser war schmutzig und eine Ratte schlich sich schnell von einem Loch in der Wand zum Nächsten gegenüber. Kaneda lief einfach weiter über den Holzboden und öffnete die nächste Tür am Ende des Flurs. Grelles Licht stach ihm in die Augen und er blinzelte kurz, kam dann in den Raum. Er stand auch schon mitten in der Bar. Sie war düster aber das Neonlicht der Pachinkos und der Jukebox waren stechend. Harukiya war der Name dieser runtergekommen Bar, die sie als eine Art Stützpunkt nutzten. Kaneda kannte nicht mal den Namen des Barkeepers. Wusste nur dass er korrekt war und die Jungs sich hier etwas austoben durften. Natürlich nicht umsonst, war klar. Auch durfte er seine Werkstatt benutzen. Er sah sich um. Hinten in der Ecke war ein Typ gerade an seiner Freundin zugange. Daneben gaben sich zwei alte Kerle die Kante und dann sah er auch schon Kai. Er saß direkt an der Bar und trank aus seinem Glas. Und direkt neben ihm saß auch schon der etwas zu große Yamagata. Beide sahen zu ihm rüber und Kai winkte freundlich. Yamagata dagegen stand auf und fluchte los:

„Da bist du ja endlich du Penner! Ich versuch hier für uns ein riesen Ding zu drehen, mit Mädels und allem und du gammelst in der Werkstatt an deiner Karre rum! Hol dir lieber an den Damen einen runter, als an deiner Karre!“

Kaneda lächelte frech und kam näher. Das war mal wieder so typisch. Er machte sich Sorgen um seinen Boss. Das war Yamagatas Art dies zu zeigen.

„Es könnte funktionieren, wenn doch nur Mädels da wären du Trottel.“

„Ehhh es ist auch noch nicht Abend du Spinner! Würdest du öfter aus dem Bunker rauskommen, hättest du auch nicht dein Zeitgespür und vor allem deine Eier verloren! Wann hast du das letzte Mal mal den Kerl raushängen lassen?!“

Kaneda lachte und setzte sich direkt neben den freundlichen Stinker. Er klopfte ihm auf den Rücken.

„Alles klar Verkuppler, aber ich bin momentan bedient. Danke dass du dich sorgst Yamagata. Mir geht es gut. Aber warum sollte ich dann jetzt schon zu euch kommen, wenn hier noch nichts stattfindet? Wollte ihr dass ich mich zu tote langweile beim Anblick unserer freundlichen Barkeepers.“

Der alte Mann polierte eines seiner Gläser und sah ihn mürrisch an. Er könnte Kaneda in Stücke reißen, so gebaut war er, aber dazu war er etwas zu herzensgut.

„Hey langsam Beachboy. Oder soll ich dich mit deiner Bande rauswerfen?“

Kam es mürrisch. Kaneda grinste freundlich.

„Alles gut hab dich auch lieb.“

Er sah zu Yamagata.

„Nein aber mal ehrlich, was soll ich schon hier?“

Kaneda hatte für sowas einen sechsten Sinn entwickelt. Er spürte wenn seinen Jungs was auf der Seele brannte und genau das war der Fall. Kai und Yamagata warfen sich kurze Blicke zu und dann nickte der Kleinste. Kurz darauf zückte auch schon der Größte einen Zettel aus seiner Brusttasche seiner Jacke. Er war gefaltet und wurde auf den Tisch geknallt. Und dann zu Kaneda geschoben. Dieser nahm den Zettel etwas verwirrt an sich. Er faltete ihn vor sich auf und fing an zu lesen. Er wusste doch es war was im Busch. Und Yamagata erzählte:

„Den Flyer hat Kai vorhin mitgenommen. Die Dinger sind in allen möglichen Gettos aufgehängt wo wir waren. Ist ein Steckbrief.“

„Ja das lese ich auch gerade Kapitän Offensichtlich.“

Und Kaneda gefiel es nicht was er da las. Er legte den Zettel hin und sah ernst zu Yamagata.

„Warum bringst du mir diesen Wisch?“

„Es ist gutes Kopfgeld.“

„Ja das sehe ich auch! 10000 Yen sind nicht übel. Und?“

Yamagata wurde ernster.

„Was heißt hier und?! Willst du dir das durch die Lappen gehen lassen Chef?!“

Kaneda setzte einen Finger auf den Zettel und wurde etwas lauter:

„Hast du eigentlich gelesen um WAS es hier geht?! WAS das Ziel ist?!“

Kai fühlte sich hinter Yamagata etwas unwohl. Er hatte diese Diskussion verursacht. Also sagte er etwas leise hervor:

„Ich dachte wir könnten etwas Geld gebrauchen und…“

Yamagata schaltete sich ein:

„Kai du musst dich nicht rechtfertigen, denn du hast damit völlig recht! Shotaro…!“

„Nenn mich nicht so.“

Kam es schon verdammt kühl von seinem Gegenüber.

„…Kaneda. Wir sind blank okay? Wir brauchen wieder ne Welle die uns hochträgt und DAS hier, ist genau das was wir brauchen!“

Er nahm den Zettel und zeigte ihm diesen ausgefaltet. Sofort schlug Kaneda den Zettel auf den Tisch zurück und sprach leiser:

„Fuchtel mit dem Ding nicht so rum, wer weis wer noch so lauscht…“

Er sah sich kurz in der Bar um und dann wieder zu den Jungs.

„Jungs. Ich habe bei der Jagd nach einem PsyKI schon einmal Leute verloren. Ich mach das nicht nochmal. Auf keinen Fall!“

„Dann gehen eben nur wir drei!“

Kam es von Yamagata ziemlich entschlossen. Kaneda schnaufte.

„Tse! Zu dritt gegen einen PsyKI? Bist du wahnsinnig Yamagata? Oder schon betrunken?“

„Leicht angetrunken, aber voll dabei! Kaneda wir drei sind die besten Fahrer in unserer Gang. Und ich kenne jemanden der uns die Ausrüstung für die Jagd leihen würde. Wir könnten vor den Mädels wieder hier sein.“

Kaneda wand sich auf dem Stuhl ab und trank einen Schluck Cola aus seinem Glas.

„Ja, oder irgendwo draußen am Rande Neo Tokyos in Stücke gerissen liegen.“

Er sah in sein Glas. In Gedanken.

„Ich verstehe dass nicht…Man hat seit Monaten keinen PsyKi mehr gesehen. Geschweige denn von einem gehört auf den ein Kopfgeld ausgesetzt war. Wo kommt das so plötzlich her?...Und du bist dir sicher der ist aktuell Kai?“

Der Keine sah an Yamagata vorbei.

„Zu 100 Prozent. Ich hab mich mal umgehört, viele Kopfgeldjäger sind scharf auf die Kohle. Ist momentan das Thema in den Gettos.“

„Und warum ist noch keiner losgefahren und hat sich den geschnappt?“

„Also von dem was ich höre Kaneda, liegt dass daran dass sie nicht gut ausgerüstet sind. Und angeblich…soll der es auch ganzschön draufhaben.“

Kaneda drehte sich zu ihnen.

„Ein Junge also, ja?“

„Wenn man dem Getuschel Glauben schenkt, dann ja.“

Kaneda sah auf den Zettel.

„…Irgendwelche Merkmale? Haare, ungefähres Alter, oder Kleidung?“

Yamagata verzog seine Mundwinkel langsam zu einem breiten Grinsen. Sein Boss schien angebissen zu haben. Kai überlegte.

„Naja…ich hörte nur schwarzes Haar. Aber er trägt ein auffällig rotes Cape heißt es.“

„Ein Cape?...Ist nicht viel, aber stimmt wirklich ein auffälliges Merkmal. Sollte leicht zum aufspüren sein.“

Yamagata stand auf und war voller Freude.

„Ja! Unser Boss ist dabei! Ich sattel die Pferde und los geht es! Ich fahr sofort zu meinen Kumpel wegen der Knarren!“

Noch bevor Kaneda etwas sagen konnte rannte der Große aus der Bar und schlug die Tür hinter sich zu.

„Ey! Yamagata! Ich hab nicht JA gesagt!!“

Aber das stießt auf bereits verschwundenes Gehör. Kai lächelte zu seinem Chef, der sich genervt auf die Stirn gefasst hatte.

„Er muss auch mal was anderes machen Kaneda. Nicht nur du bist seit Tagen hier und tippelst auf der Stelle. Es wird schon nichts passieren. Wir drei schaffen das locker.“

Kaneda war sich aber da anschneiden nicht so sicher. Er trank sein Glas schnell leer und sprach:

„Wenn ich auch nur EINEN und ich meine das auch so, nur EINEN Moment das Gefühl habe, dass es aus dem Ruder läuft oder zu gefährlich wird, dann blasen wir die Sache ab! Hast du verstanden?!“

Er zeigte mit dem Finger auf ihn, wie wenn ein Vater zu seinem Kind sprach. Kai legte die Hand in militärischer Weise an die Stirn und antwortete:

„Ja Chef!“

Und dann sprang er von dem Stuhl und rannte ebenfalls aus der Bar. Kaneda erhob sich ebenfalls und trottete nach. Seine Motivation war nicht so hochgefahren. Er sah da zu viele Gefahren am Horizont. Er verließ die Bar. Der Barkeeper schrie hinterher:

„HEY! Und wer bezahlt jetzt von euch?!“
 

Draußen auf den vierten Highway aus Neo Tokyo hatten sich Kaneda und seine Jungs mit ihren Motorrädern abgesetzt.

Kai las sich den Steckbrief nochmal in aller Ruhe durch und verband dies mit den Gerüchten die er aufgeschnappte hatte in seinem Kopf. Yamagata dagegen geilte sich etwas an den Knarren auf, die er von seinem Dealer-Freund bekommen hatte. Kein schlechtes Zeug. Definitiv geeignet für die Jagt nach einem PsyKI. Laserwaffen vom feinsten. Etwas abgenutzt aber diese Teile funktionierten. Die waren quasi für die Ewigkeit gemacht worden. Außerdem hatten sie schon einmal diese Waffen benutzt und kannten sich damit aus. Kaneda sah etwas genervt von seiner Maschine zu Yamagata rüber, der schon anfing mit der Knarre auf seinem Motorrad zu posieren. Es war etwas peinlich.

„Alter wenn du Model werden willst bist du hier an der falschen Adresse.“

Yamagata hörte auf und sah zu Kaneda, der das etwas spitz gesagt hatte. Er grinste zu seinem Boss.

„Du bist doch nur eifersüchtig weil die Mädels nicht genug von mir großen, taffen und muskulösen Kerl bekommen können. Und ich zeige was ich habe.“

Kaneda schüttelte den Kopf.

„Nicht jeder ist eben so leicht zu haben wie du Yamagata.“

„Schnauze! Was soll dass denn heißen!?“

Kai warf etwas ein:

„Okay Jungs ich glaube ich weis wo wir hinfahren.“

Er setzte sich wieder auf sein Motorrad und faltete dabei den Zettel zusammen. Yamagata wand sich wütend an ihn:

„Das wurde aber auch langsam mal Zeit!“

Der Jüngste sprang aber nicht auf diese Stichelei an und zeigte den Highway hinunter. Um Neo Tokyo herum befanden sich noch alte Stadtteile von früher. Früher bevor der Krieg war und dieser schreckliche Laborunfall. Die neue Stadt wurde quasi im Herzen wieder aufgebaut, aber viele Teile darum wurden verlassen zurückgelassen. Es war wie ein gespenstisches Ödland. Zeuge einer Vergangenheit der man nicht entkommen konnte. Japaner waren anders in der Hinsicht als der Rest der Welt. Anstatt die Apokalypse versuchen abzuwenden, versuchen sie eher damit klarzukommen. Einen Weg zu einem Neuanfang zu finden. Reste des alten Tokyo wurden deshalb nicht abgerissen, weil es zu viel Geld und Arbeit kosten würde. Vielleicht auch als eine Art Mahnmal an früher. Aber wer wusste das schon? Der dritte Weltkrieg war schuld an der Zerstörung gewesen und man konnte ihn nicht vergessen. Sollte ihn vielleicht auch nicht vergessen. Fakt war dass diese gespenstischen äußeren Teile von Neo Tokyo nicht bewohnbar waren. Keiner wollte freiwillig dort leben. Allein schon wegen dem unfruchtbaren Land und der teils radioaktiven Verseuchungen. Im Herzen der Stadt war das nicht der Fall gewesen, darum wurde dort neu erbaut.

Der vierte Highway, den Kai hinunter zeigte war übersät von Gestrüpp. Die Natur hatte sich über die Jahrzehnte langsam die alte Stadt zurückgeholt. Risse waren im Asphalt und in der Ferne sah man die alten Gebäude, die wie Schatten am Horizont unheilvoll still waren. Noch dazu führte der Highway über den großen Fluss der Neo Tokyo umgab. Damit wirkte die neue Stadt noch mehr wie eine Festung.

„Wir fahren den vierten Highway hier runter. Am Ende müssten wir im Stadtteil Shima rauskommen. Laut den Gerüchten die ich aufgeschnappt habe und dem Steckbrief, scheint er sich in diesem Stadtteil herumzutreiben.“

Langsam schob sich Kaneda mit seinem Motorrad direkt neben den Jüngsten und sah den Highway ebenfalls runter.

„Wäre gut möglich. Ich war schon mal in Shima. Schien damals ein altes Industriegebiet gewesen zu sein. Dort kann man sich gut verstecken und gegeben falls sogar noch was zu Essen finden. Soweit ich gehört habe hat es auch keinerlei Schaden durch Strahlung im Krieg abbekommen.“

Kai sah ihn an.

„Wann warst du denn schon mal in Shima?“

Sein Boss grinste etwas frech zu ihm.

„Wenn ich mal etwas Auszeit von euch Jungs brauche, mach ich halt ne Spritztour durch das alte Tokyo.“

Der jüngste schnaubte etwas und sah zu Yamagata hinter. Der rollte auch endlich neben ihn und zog sich seine Schutzbrille auf. Er schien abflugbereit zu sein und grinste breit. Schön dass einer Spaß an einer Jagd hatte. Ehrlich gesagt war Kai selber noch etwas erstaunt dass Kaneda überhaupt zugesagt hatte. Immerhin hatte er mit seinen Sorgen nicht unrecht gehabt. Einen PsyKI zu jagen war kein Zuckerschlecken. Einen Löwen oder Tiger zu jagen war etwas anderes. Das waren Tiere. Tiere waren nicht intelligent genug um gewisse Manöver zu durchschauen. Ein PsyKI war in gewisser Weise ein Mensch. Auch wenn die Regierung sie nicht mehr als sowas ansah. Ein Mensch konnte intelligent handeln, planen und abwenden. Sie mussten also versuchen schlauer zu sein als er und ihn überlisten. Ein Mensch…Kai erinnerte sich noch an den anderen…An den PsyKI den sie damals gejagt haben. Es war ein junger Mann gewesen aber er war…

„Also! Was machen wir Kaneda?“

Kai riss es aus seinen Gedanken, als Yamagata neben im auf grölte. So sehr dass er sogar etwas zusammen zuckte. Kaneda zog endlich auch seine Fahrbrille auf und legte die Hände an das Lenkrad seiner Hübschen.

„Wir machen es wie Kai sagte. Wir fahren nach Shima rein und klappern die Gegend ab. Keiner dreht hier sein eigenes Ding! Wir bleiben zusammen, ihr zwei hinter mir und ich vorne weg. Habt hier eure Walkies an?“

Kai und Yamagata sahen auf ihre Brust. Jeder hatte ein kleines Walkie-Talkie an seiner Jacke angebracht und stellte die Frequenz ein. Dann nickten sie zustimmend.

„Gut Jungs. Wir bleiben ständig in Kontakt. Haltet Ausschau nach einem Jungen mit rotem Cape. Auf keinen Fall wird sofort losgeballert! Ich will erst wissen womit wir es zu tun haben, bevor die Fete losgeht!“

Was verständlich war. Er wollte die Gefahr ausmachen und ob es dass Risiko wert war. Nach dem Vorfall mit dem anderen PsyKI vor einem Jahr war Kaneda vorsichtiger geworden. Dieser Irre hatte drei seiner Jungs umgebracht und weitere fünf verletzt bevor sie ihm endlich den Kopf von den Schultern geschlagen hatten. Unter anderem auch Kai. Der Kleine hatte deswegen heute noch eine Narbe über den Rücken. Er war auch nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen in dieser Nacht. Dieses Massaker wollte Kaneda nie wieder erleben. Aber der Grund warum er zugestimmt hatte war der Selbe warum auch andere Menschen dass machen würden…Er wollte seine Familie ernähren. Es war wirklich eine schnelle Möglichkeit an Geld ranzukommen. Aber es war nicht den Preis wert jemanden dafür zu verlieren…Bei der Geringsten Gefahr würden sie umdrehen, dass war sicher wie das Amen in der Kirche.

Yamagata nickte entschlossen und brüllte:

„Zeig uns den Weg Chef!“

Und das war das Stichwort gewesen. Kaneda schmiss seine Karre an. Sie schnurrte auf wie ein Kätzchen, leichte Funken sprühten am Vorderreifen los und dann zischte sie auch schon los wie ein Pfeil von der Schnelle. Im Gegensatz zu manch anderen Motorrädern kam sie schnell in Fahrt. Kai und Yamagata brauchten einige Sekunden mehr um wegzukommen, aber bald hatten sie auch schon ihren Abstand zu ihm erreicht. In Formation fuhren sie den langen, düsteren Highway hinab. Keine Lampen leuchteten mehr. Das Stromnetzwerk war abgeschaltet worden, logischer Weise. Aber Neo Tokyo hinter ihnen strahlte so hell, dass es locker den Himmel erhellte, obwohl es bereits schon dunkel war. Nicht gerade leise fuhren die Jungs auf den Stadtteil zu. Das war aber auch okay so. Sie wollten Aufsehen erregen, immerhin mussten sie ihre Beute ja aus ihrem Versteck locken. Wenn ein Mensch eines war, dann war es neugierig. Das traf auch auf PsyKI`s zu. Mal sehen ob ihre Beute sein anscheinend neues Revier verteidigen würde und aus seinem Loch gekrochen kam.

Als Kaneda das Schild mit der verrotteten Aufschrift: Shima las, stellte er einen Gang runter. Seine Süße kam zwar gerade erst auf Hochtouren aber in den Straßen wäre es zu riskant gewesen so schnell zu fahren. Immerhin waren die Straßen im Gegensatz zu Neo Tokyo schmaler gebaut gewesen. Sie schossen an dem Schild vorbei und befanden sich auch schon zwischen den ersten Wohnhäusern. Nichts besonders großes, aber in wenigen Metern vor ihnen erstreckten sich auch schon die gewaltigen Hochhäuser von einer längst vergessenen Welt. Eins war sogar umgefallen und nur das Hochhaus daneben stützte und hielt noch das ganze Gewicht davor ab umzufallen. Fenster waren zersprungen und die Natur hatte sich alles zurückgeholt. Es war ein unglaublicher Anblick. Vergessen. Aber auch ungezähmt und Wild…Einfach frei. Kaneda fasste sich ans Walkie auf der linken Brust.

„Wir fahren ins Zentrum!“

Gesagt getan. Sie bogen nach rechts ab in die nächste Straße, denn die vor ihnen war durch Bauchschutt blockiert gewesen. Und dann bogen sie wieder nach links ab und direkt auf das Zentrum zu. Als sie an den Häusern und Straßen vorbeizogen hielten sie die Augen offen. Es war nichts zu sehen. Niemand mit einem roten Cape, geschweige denn überhaupt jemand. Dieser Ort war komplett verlassen. An seinem Fahrstil bemerkte Kai das Yamagata zu seiner Linken ungeduldiger wurde. Er schlug leicht aus mit dem Motorrad und wieder in die Reihe zurück. Machte er immer wenn er ungeduldig wurde. So dass Kai ins Walkie sprach:

„Bleib konzentriert Yamagata!“

Kaneda horchte ebenfalls auf, als er das hörte.

„Wo steckt dieser Blödmann denn?! Ich hab keine Lust die ganze Nacht hier rumzufahren! Bis der Trottel vielleicht mal auf die Idee kommt uns seine Nasenspitze zu zeigen!“

Kaneda fasste an sein Walkie.

„Hey! Du reißt dich zusammen Alter! ICH sage wann es vorbei ist, klar!?“

Er spielte seine Autorität aus. Und Yamagata würde die auch nie hinterfragen. Sofort hörte er mit dem Scheiß auf und fuhr wieder normal. Was aber keiner von ihnen wusste war…dass sie während sie die Straßen runter rasten, bereits beobachtet wurden…

Nach einer guten halben Stunde hob Kaneda plötzlich seinen rechten Arm hoch. Ein Zeichen dass die Jungs anhalten sollten. Auf Kommando kamen die Motorräder zum Stehen. Sie drifteten noch etwas aus und Kaneda sah zu seinen Jungs hinter. Er zog die Brille ab und wischte sich über das Gesicht, dass voller Dreck wegen der Luft war. Kai dagegen streckte sich nur und Yamagata stieg von seinem Motorrad ab. Er renkte sich den rechten Arm zu Recht und fragte sichtlich genervt:

„Und was jetzt?!“

Kaneda überprüfte den Ladebalken seiner Waffe. Sie war noch gut aufgeladen. Der einzige Nachteil bei diesen Waffen war, dass sie wie große Batterien waren. Sie verloren mit der Zeit Energie und mussten aufgeladen werden. Typisch Zukunft alles was Laser schießen konnte musste nen Akku haben! Er ah wieder zu den Jungs auf und sprach:

„Überprüft euren Akkustand. Ich überlege mir was.“

Er sah sich um und während Kai gehorchte fing der Größte wieder an rum zu plärren:

„Du überlegst dir was?! Boss ich stell dich wirklich nicht in Frage, ich vertraue dir blind mein Leben an, aber hättest du dir nicht schon vorher was überlegen sollen BEVOR wir hier rein gebrettert sind?!“

Aber Kaneda ignorierte ihn gekonnt. Er sah sich um. Sie standen mitten auf einer alten Kreuzung. Um sie herum alte Bürohochhäuser und zerstörte Straßen. Er konnte es nicht wirklich fassen aber…er hatte das Gefühl beobachtet zu werden. Das hatte er schon als er in diesen Stadtteil fuhr. Er nannte es selbst den sechsten Sinn des Kaneda. Und dieser hatte ihn auch nie wirklich enttäuscht. Er war da…ganz bestimmt. Und das beunruhigte ihn. Er sah zu Kai.

„Was hast du Chef?“

„Er ist hier. Ich bin mir sicher.“

„Das ist doch gut! Jetzt sag uns nur noch wo!“

Kaneda sah genervt zu Yamagata.

„Ich weis es nicht. Und genau dass ist es was mich so beunruhigt. Warum zeigt er sich nicht? Der Letzte PsyKI hatte uns sofort attackiert. Der hier ist anders. Er ist schlauer und vorsichtiger. Aber ich…ich kann ihn spüren. Es ist wie ein Schatten der sich über einen legt…“

Kaneda stand von seinem Motorrad ab und lief einige Schritte davon weg. Verwirrt sahen ihm seine Jungs nach. Was hatte er vor? Aber dann rief ihr Anführer auch schon laut:

„Hey! Ich weis dass du da bist! Und wir sind nicht zum Spaß hier, sondern wegen dir! Also wie wäre es wenn du aufhören würdest mit uns Verstecken zu spielen und wir endlich zum Hauptakt kommen würden!? Du hältst uns jetzt schon seit einer geschlagenen halben Stunde auf Trab! Komm raus uns lass es uns zu Ende bringen!“

Kaneda sagte diese Worte voller Zuversicht. Aber dann wurde es wieder verdammt still. Man hörte den Wind durch die Straßen und Häuser wehen, so still war es geworden. Zugegeben Kaneda pokerte etwas. Er hoffte darauf ihn zu provozieren und somit aus seinem Versteck zu locken. Hoffte aber anhand der Tatsache, dass er sie bisher anscheinend nur beobachtet hatte, dass er nicht gleich aggressiv und ohne Vorwahrung angreifen würde. Es war riskant, aber er musste so spielen. Rumfahren half nichts. Seine Beute war zu schlau und vorsichtig dafür. Es hieß abwarten…Yamagata lehnte sich auf seinem Motorrad auf den Lenker und sprach leise zu Kai:

„Das klappt doch nie, oder?“

Der jüngere zuckte die Schultern.

„Alter es ist als würde die Spinne zur Fliege sagen: komm und lass dich fressen! Der wird sich nicht zeigen Kaneda!“

Aber noch bevor der Größte wieder ausholen konnte schrie Kai plötzlich:

„DA! Da oben!!“

Er zeigte auf ein hohes Haus vor ihnen und die zwei Anderen sahen sofort hin. Kaneda grinste und sprach frech:

„Warum stellst du mich eigentlich immer in Frage Yamagata?“

Auf dem Haus vor ihnen war ein Junge zu sehen. Aus der Entfernung konnte man ihn nicht richtig erkennen, aber was hervorstach war das lange rote Cape, das im kalten Wind nach hinten wehte. Und die etwas längeren schwarzen Haare. Sofort rannte Kaneda zu seiner Maschine und schmiss sich drauf. Er zog die Brille auf und heizte seine süße an. Und noch bevor er loszischen konnte verschlug es ihm die Sprache. Ein Schuss zischte an ihm vorbei und direkt auf ihre Beute zu. Er sah hinter. Yamagata hatte einfach geschossen! Und er sah wieder vor. Der Schuss…hatte verfehlt. Also er hätte definitiv getroffen aber wurde abgelenkt. Er war es. Der PsyKI hatte den Schuss vor seiner Nase abprallen lassen und ihn in das Haus neben sich gelenkt. Dort schepperte der Laser ein. In der Stille ein schrecklich lautes Geräusch. Kaneda schrie zu Yamagata:

„Ich hab nicht gesagt du sollst schießen!“

„Kaneda sie doch nur!“

Schrie Kai und zeigte zu dem Fremden hoch. Und als ihr Anführer dass sah…rutschte auch ihm kurz das Herz in die Hose. Dieser Junge er…er flog plötzlich! Er schwebte über dem Haus, auf dem er noch eben gestanden hatte und man konnte fühlen wie düster er zu ihnen schaute. Yamagata nahm die Knarre runter und maulte:

„Na toll, ein bewegliches Ziel.“

Und dann flog ihnen verdammt schnellem Tempo der Junge davon. Sofort riss Kaneda das Motorrad hinter und schoss hinterher. Gefolgt von seinen Jungs. Also hatte die Jagd offiziell begonnen. Sie folgten ihm durch die dichten Straßen zwischen den Hochhäusern lang. Er flog nicht weit vor ihnen aber hoch. Sie würden in nicht verlieren! Kaneda packte sich an sein Walkie.

„Hast du sowas schon mal gesehen Kai?! Er kann fliegen!!“

Kai antwortete:

„Nein noch nie! Was machen wir jetzt Kaneda?!“

Ihr Anführer überlegte kurz…Und dann hatte er eine Idee. Er zeigte nach rechts.

„Kai! Siehst du den Highway da hinten?“

Kai sah nach rechts. Dort war ein langer Highway. Wohl eher wie eine Brücke die sich über den Rest der Stadt erhob und dicht an einem Hochhaus lag. Er sah zu Kaneda und nickte.

„Was hast du vor?!“

„Du bleibst an ihm dran Kai! Treib ihn in die Richtung des Highway auf der linken Seite zum Hochhaus! Yamagata! Du hältst ihn unter Beschuss! Mach ihm Feuer unterm Arsch! So wie es aussieht verteidigt er sich nur und will nicht angreifen! Ich fang ihn oben am Highway ab und verpass ihm eine!“

„Na das ist doch mal ein Plan nach meinem Geschmack!“

Schrie der Größte zu ihm rüber und zückte seine Knarre. Ohne zu überlegen hielt er auch schon auf den Flieger und feuerte ab. Kaneda sah noch ein letztes Mal zu Kai hinter und dann drückte er auf die Tube. Er bog bei der nächsten rechts ab. Er musste zusehen dass er vor allen anderen da oben auf der Brücke war. Aber mit seiner Süßen packte er das locker. Noch dazu kannte er sich ja etwas aus. Was ein Vorteil dass er mal dort gewesen war.

Yamagata hielt immer und immer wieder drauf. Aber jeder Schuss verfehlte sein Ziel. Oder eher gesagt wurde abgelenkt. Die Schüsse krachten einer nach dem anderen in die Gebäude um sie herum. Rissen Löcher in diese, zersplitterten Glas und ließen in den Gebäuden Wände einstürzen. Dieser so stille Teil Tokyos wurde in wenigen Sekunden zum Schlachtfeld. Aber trotz dieser Ballerrei, kam der PsyKI nicht mal auf die Idee zurückanzugreifen. Er wich den Schüssen aus, oder ließ sie ablenken. Es sah nicht mal aus als wäre eine unsichtbare Barriere um ihn oder so. Er bewegte nur den rechten Arm und lenkte wahrscheinlich damit die Schüsse von sich ab. Telekinese. Kein Zweifel. Das war ihr Markenzeichen. Aber dennoch hatte Kai noch nie gehört dass sie fliegen können. Vielleicht haben deswegen bisher alle keinen Erfolg gehabt ihn zu erlegen. Andere Kopfgeldjäger.

Ein lautes Scheppern riss ihn aus seinen Gedanken und er sah nach rechts hoch. Einer der Schüsse war so mies von ihrer Beute abgelenkt worden, dass er in das Hochhaus vor ihm knallte und sich Teile davon abrissen! Sie fielen auf die Straße direkt vor ihm! Er konnte gerade noch reagieren und das Motorrad nach links ziehen. Direkt neben ihm knallten Steine, Schutt und Glas auf den Asphalt. Es war ein schrecklich lautes Geräusch. Er schrie kurz vor Schreck auf, aber fasste sich auch gleich wieder und konzentrierte sich auf die Straße. Yamagata sah zu ihm, brüllte nach rechts:

„Alles okay!?“

Der Kleine nickte nur und zog nun mit seinem Motorrad an Yamagata vorbei. Er fuhr so schnell er konnte die Straße runter und links unter den Flüchtling. Dann zückte auch er endlich seine Waffe und schoss. Etwas überrascht schien der Junge den Schuss abzulenken. Hatte offensichtlich nicht damit gerechnet. Aber er sollte auch nicht treffen. Er sollte ablenken. Und er erfüllte seinen Zweck. Kai zwang ihn damit in die nächste Straße abzubiegen. Er lotste ihn genau auf die Brücke zu.

Kaneda dagegen stand bereits auf der Brücke und hielt Ausschau nach seinen Jungs. Er stieg von seinem Motorrad ab und legte sich auf die Lauer. Schaltete die Waffe ein und wartete. Ein Schuss. Es musste ein gezielter Schuss sein. Brust. Am besten das Herz. Kehle oder Kopf. Direkt auf die Stirn. Es gab keinen zweiten Versuch. Wenn er ihn nicht tödlich traf war er schutzlos auf der Brücke einen Gegenangriff ausgeliefert. Er atmete tief ein und wieder aus. Und dann hörte er auch schon die Motorräder seiner Jungs. Er drehte sich um und sah zur Straße, die direkt unter der Brücke durchführen würde. Er sah noch immer das Dauerfeuer von Yamagata, das wie Blitze durch die Nacht schoss und das Umfeld leicht erhellte. Die Zwei machten ihre Sache perfekt, so wie immer. Und dann sah er auch schon sein Ziel…Er flog direkt auf ihn zu. Perfekt! Kaneda ging in die Hocke und sah durch das Visier. Er zielte. Sie waren noch gute 200 Meter entfernt…Noch 100 Meter…Und dann hatte er ihn perfekt im Visier. Er zielte auf die Stirn und…

„Frohe Weihnachten mein Freund!!“

Und er drückte ab! Der gebündelte Strahl aus Energie verließ den Lauf seiner Waffe und raste auf sein Ziel zu. Das gab einen Treffer! Garantiert! Und dann geschah es. Erschrocken schien der PsyKI erfasst zu haben, dass auf ihn von vorne geschossen wurde. Aber es war zu spät. Kaneda blieb der Schock jedoch in der Brust stecken, als er sah wie sein Ziel den rechten Arm hochhob und damit den Laser abblocken konnte! Aber der Schuss war nicht perfekt geblockt gewesen. Er hörte einen Schrei und sah wie der Junge aus seiner Flugbahn gelenkt wurde. Nach links ablenkte und direkt in das Hochhaus neben ihn bretterte. Glas krisch durch die Nacht und die Jungs unten blieben mit ihren Motorrädern stehen. Sahen ebenso entsetzt rauf. In wenigen Sekunden verwandelte sich das Schlachtfeld in Shima zu einem Friedhof. Es war unheimlich still geworden und erdrückend. Aber… er hatte getroffen! Nur war es nicht genug gewesen!

„Scheisse!!“

Schrie Kaneda und stand auf. Sah den Weg neben sich rauf und rannte dann auf das Hochhaus rechts von sich zu. Kai sah das und schrie:

„Kaneda! Was hast du vor!?“

Der Brüllte zu ihm runter:

„Ich geh und geb ihm den Rest! Er ist nicht erledigt!“

Und dann rannte er weiter. Er sah nach links von sich und fand eine perfekte Stelle um in das Haus zu kommen. Ein großes Loch klaffte in der Seite zur Brücke hin. Da würde er rein springen. Also holte er Schwung und sprang rüber. Furchtlos wie er eben meist spontan war. Seine Jungs sahen ihm erschrocken zu und Yamagata schrie:

„Bleib hier du Spinner! Kaneda!!“

Er kam von seiner Maschine runter und fasste die Knarre fest. Kai stieg ebenfalls ab und schrie:

„Yamagata!“

Der sah zu ihm.

„Er wird nicht allein da rein gehen! Der reißt ihn in Stücke Kai! Wir müssen helfen!“

Damit hatte er endlich mal recht. Auch der Kleine fasste seine Waffe. Er rannte zu ihm und gemeinsam machten sie sich zu dem Hochhaus. Er schien im 9ten Stock abgestürzt zu sein, es war ohne Aufzug ein etwas längerer Marsch von unten. Ihr Chef schien aber fast auf derselben Höhe gewesen zu sein…

Kaneda machte eine elegante Rolle und landete fast sanft im Gebäude. Er stellte sich hin und hielt die Waffe bereit vor sich. Er befand sich in einem Bürohochhaus. Um ihn standen kaputte Stühle und Tische. Papier lag verteilt auf dem Boden im Raum und Schimmel wucherte über die Wände. Die Tür vor ihm war aus den Angeln gerissen worden. Gab einen klaren Blick in den Flur dahinter. Langsam bewegte er sich auf die Tür zu. Er musste auf der Hut sein. Er war sich ziemlich sicher ein Stockwerk höher zu sein. Also musste er erst mal die Treppe nach unten finden. Noch dazu kam dass er aufpassen musste wohin er trat. Diese Gebäude waren morsch. Ein falscher Schritt und er befand sich ein Stockwerk tiefer mit gegeben falls einer Stange im Körper. Wenn er ganz schlecht landete. Oder er brach sich ein Bein oder so. Er sah raus in den Flur und nach rechts. Nichts. Es war totenstill. Er hörte wenn dann nur Tropfen von Wasser oder den Wind der durch pfiff. Und dann sah er nach links. Dort war auch schon das Schild für das Treppenhaus. Vorsichtig bewegte er sich darauf zu und öffnete die Tür in das Treppenhaus. Als würde ihn jeder Schritt verraten lief er die Treppen runter in den achten Stock. Dort war er. Ganz bestimmt. Ar stärkte den Griff um die Waffe und öffnete leise die Tür. Trat in den Flur dahinter. Es sah wie im neunten Stock aus mit einem kleinen Unterschied, und einer der ihm gefiel. Er sah Blut. Er kniete sich hin und fasste rein. Es waren nur Tropfen, aber die Spur war frisch.

„Da hat sich wohl jemand weh getan, hm? Bei der Bruchlandung hätte es ruhig mehr sein können…“

Er sah der Spur nach und stand wieder auf. War wohl an der Zeit den Fisch an Land zu ziehen. Er folgte vorsichtig der Spur. Sie ging bis zum Ende des Flures und bog dann links in eines der Zimmer ab. Er schluckte. Griff die Waffe erneut fester. Jetzt kam es darauf an ob ihn seine Verletzungen, durch die Landung, nicht vielleicht doch umgebracht hatten, oder wenigstens so geschwächt dass Kaneda nur schneller abdrücken musste. Er stellte sich an die Tür rechts und holte Luft. Horchte kurz und lief dann vorsichtig durch den Türrahmen,

da die Tür fehlte. Er hielt die Waffe vor sich und hatte den Finger am Abzug. Sah durch sein Visier. Sprach überheblich:

„Das Spiel ist vorbei. Du hast verloren…“

Die Blutspur zog sich von seinen Füßen weiter nach vorn. Und direkt am Ende des Raumes war ein Loch in der Decke. Durch dieses Loch fiel das Mondlicht, was darauf zurückzuführen war, dass wahrscheinlich die letzten zwei Stockwerte ebenfalls Löcher in der Decke hatten. So kam es bis in den achten Stock. Und genau an dieser Stelle sah Kaneda ein rotes Tuch. Wohl eher ein großes Cape unter dem sich jemand verbarg und schnell atmete. Kaneda schluckte erneut und zielte, sprach dabei:

„…Endstation…“

Und dann rührte sich sein Opfer unter dem Cape. Langsam hob es sich und rutschte von dem Kopf seines Gegenübers. Verblieb auf den Schultern und Kaneda bekam einen Blick zugeworfen. Einen Blick über die linke Schulter zu ihm hinter. Einen Blick den er nie vergessen würde…Und der ihn innehalten ließ. Er nahm das Auge vom Visier der Waffe und sah an dieser vorbei. Er musste mit seinen eigenen Augen sehen. Er war…fasziniert. Vor ihm saß ein Junge. Er schien kleiner zu sein und vielleicht sogar etwas jünger. Sein Haar war schwarz und etwas länger. Stand ihm wild nach hinten ab und offenbarte eine etwas hohe Stirn. An dessen linke Schläfe Blut runter lief. Das Cape sackte weiter hinab und Kaneda erkannte weiße Kleidung. Die Arme waren frei, muskulös aber zart und auch seine Hose war weiß und etwas länger. Alles leicht getränkt in Blut. Er sah ihn einfach nur an und sein gegenüber sah zurück. Es war ein komischer Moment. Kaneda kam sich vor als würde die Zeit stillstehen. Er spürte aber keine Anspannung mehr, oder andere Gefühle dieser Art. Nur…Verzückung. Er konnte es nicht fassen er war wie…verzaubert von diesen ebenfalls braunen Augen die ihn schon beinahe auf eine Art ansahen als würden sie flirten. Und das Mondlicht gab ihm einen Schimmer als wäre er ein Engel. Oder etwas göttliches…Und ohne es zu merken senkte er langsam die Waffe. Dieser Moment sollte für ihn plötzlich anhalten…

Doch in der nächsten Sekunde schrak der Kleine vor ihm auf. Der Ausdruck verschwand von seinem Gesicht und der drehte sich, wenn auch auf dem Boden sitzend vollständig zu seinem Peiniger um. Durch diese Reaktion hob auch Kaneda instinktiv wieder die Waffe und hielt auf ihn. Er war so dumm! Er hätte nie…! Aber es geschah nichts. Sein Gegenüber hielt den linken Arm an seine Brust und atmete schwer. Er sah auch plötzlich woher die Anstrengung kam. Der rechte Arm des Kleinen war schrecklich verletzt. Er war blutüberströmt. Glassplitter hingen aus dem Fleisch und tiefe Schnitte zierten die zarte Haut. Es sah verdammt schmerzhaft aus. Und daran war Kaneda schuld gewesen…Und es tat ihm plötzlich leid.

„…Denk nicht mal…daran….“

Die Stimme des Jungen war schwach, aber zuversichtlich. Woran sollte er nicht mal denken? Abzudrücken? Kaneda schmunzelte etwas.

„Du scheinst mir nicht in der Lage zu sein mit Drohungen um dich zu werfen Kleiner. Wer hält hier wem die Knarre an den Kopf?“

„Bist du dir da sicher…dass du das bist…?“

Kaneda wusste erst nicht worauf er hinaus wollte. Aber es dauerte auch nicht lange dann fiel endlich der Groschen. Es war nur ein kurzer Blick nach oben von ihm gewesen, der ihm weismachte dass er vielleicht doch in der Klemme saß. Bedrohlich wie ein Damoklesschwert schwebte etwas über seinen Kopf. Es war ein gewaltig großer Riss in der Decke. Es brauchte nur eine kleine Erschütterung und er war in der nächsten Sekunde platt wie eine Flunder. Schon leicht nervös sah er wieder zu dem Verletzten, der sich offensichtlich ein mieses Grinsen nicht verkneifen konnte. Mit einer frechen Stimme antwortete er selbstsicher zu Kaneda:

„Ich muss nur kurz daran denken…und die Decke fällt auf dich hinab. Da bleibt es nicht bei Knochenbrüchen…“

Warum kam ihm das so vor als würde er pokern? Diese Art erinnerte ihn leicht an sich selbst.

„Heh netter versuch. Wenn du die Decke herab krachen lässt, drück ich ab.“

Es war eine klassische Pattsituation. Egal wer zuerst am Zug war er zog den anderen mit sich in den Tod. Kaneda sah ihn stillschweigend an. Ihre Blicke lagen aufeinander. Es war einfach komisch…Da saß dieser Junge vor ihm. Er wusste genau was er war, hatte vor wenigen Minuten ihm noch den Gnadenschuss geben wollen, warum also zögerte er abzudrücken wenn er ihn sah? Es war nicht das Gefühl dass man hatte wenn etwas falsch war. Es war etwas anderes, es war…er wollte ihn nicht erschießen. Warum wollte er ihn nicht mehr erschießen? Warum verlor er sich in den braunen Augen seines Gegenübers so sehr? Dieser Junge war so anders als der letzte PsyKI den sie getötete hatten. Er konnte es nicht leugnen er war schon irgendwie…süß. Er schien ne freche und überhebliche Klappe zu haben, aber er war ein echter Hingucker…Er schlug sich innerlich selbst ins Gesicht. Warum dachte er so über einen Jungen?! Kurz schüttelte er den Kopf und sprach dann:

„Ach verdammt!“

Und dann senkte er die Waffe. Es war ein schrecklicher Fehler gewesen, da war er sich sicher. Aber er konnte einfach nicht. Er konnte diesen Jungen nicht erschießen. Und wenn er ihn ansah…wusste er auch warum. Sein Gegenüber dagegen schien sichtlich verwirrt deswegen. Er runzelte die Stirn und legte den Kopf nach rechts schief. Er hatte offensichtlich auch nicht mit solch einer Reaktion gerechnet. Kein Wunder sie war auch unglaublich dumm gewesen. Er könnte einfach die Decke einbrechen lassen und es beenden…

„…Verschwinde von hier.“

Er sah Kaneda verwirrt an, der diese Worte sehr leise und unglaublich ruhig gesagt hatte. Und als diese Worte ihr Ziel erreichten herrschte noch mehr Verwirrung als zuvor. Das Sein Gegenüber ihn doch tatsächlich fragte:

„…Was?“

Kaneda sah ihn ernst an.

„Ich sagte du sollst verschwinden!“

„KANEDA!!“

Dieser Schrei kam von Kai und erschrocken sah der Große hinter sich. Dann wieder zu dem PsyKI und wieder zurück. Verdammt! Was sollte er tun!? Wenn seine Jungs gleich reinkamen würden sie sofort…! Instinktiv zückte er seine Waffe und schoss hoch an die Decke. Erschrocken sah auf sein Gegenüber hoch. Er verstand nicht was vor sich ging. Ein lautes Krachen erschütterte das Gebäude. Der Laser riss die Decke ein und Geröll fiel herab. Dann schrie er zu dem Jungen:

„Jetzt hau ab! Und kommt nie wieder!“

Er rannte aus dem Raum und ließ einen stark verwirrten Jungen zurück, der einfach noch da saß und ihm hinterher sah. Und das alles während langsam der Raum zusammenbrach. Kaneda sprang raus in den Gang und sah auch schon seine Jungs auf sich zu rennen. Kai sichtlich erleichtert und wieder seinen Namen schreiend. Er deutete ihnen an umzudrehen und brüllte:

„Wir müssen hier raus! Die Bruchbude stürzt ein!“

Sofort bremsten Kai und Yamagata ab und drehten um. Noch nie zuvor waren sich so schnell aus einem Stockwerk verschwunden. Kaneda hatte es anscheinend echt geschafft einen Stützpfeiler oder so zu treffen, denn kreischend und laut gab das Stockwerk über ihnen nach. Und dann das Nächste. Und dann wieder eins. Es war eine Kettenreaktion der Extraklasse. Und während all dem rannten sie immer schneller das Treppenhaus hinab. Kai stolperte sogar einmal, so dass Yamagata ihn sich einfach schnappte und über seine Schulter warf. Er trug ihn mit sich bis nach unten. Kaneda kickte die große, morsche Eingangstür auf. So stark das auch etwas das Glas an ihr splitterte. Und sie waren endlich im Freien. Sie rannten auf die Straße und zu den zwei Motorrädern. Yamagata ließ Kai ab und der sprang auf seine Maschine. Kaneda hinten auf die des Größeren und sie fuhren aus der Reichweite des Gebäudes, das inzwischen noch bedrohlicher anfing zu wackeln. Es fiel nicht zur Seite und zum Glück auch nicht auf die Brücke, wo noch immer Kanedas Motorrad stand. Es sackte mehr in sich zusammen. So laut dass es sicher bis nach Neo Tokyo gehört wurde. Und als der Staub sich lichtete und das schreckliche Donnern vorbei war, fuhren sie hoch auf die Brücke um die Rote abzuholen. Kaneda stand neben seiner Maschine und sah auf das nun tiefer liegende Hochhaus neben ihnen runter. Yamagata stand von seiner Karre auch ab und stellte sich neben den träumenden Kerl. Aufgeregt fragte er:

„Und?! Hast du wenigstens etwas von ihm mitnehmen können?!“

„Was ist denn passiert?“

Fragte Kai dagegen sanft und Kaneda sah zu ihm.

„Ich hab…ich hab geschossen und der Mistkerl er…naja er lenkte den Schuss ab und in die Decke…Dann brach auch schon die Hütte zusammen. Er wurde vor meinen Augen…zerquetscht…“

Er brauchte etwas um sich diese Lüge zur recht zu legen. Yamagata fragte erneut:

„Konntest du wenigstens irgendetwas als Beweis mitnehmen, dass er tot ist?!“

Kaneda sah wütend zu ihm.

„Nein konnte ich nicht, okay?!“

Aber dann holte er tief Luft und wurde wieder ruhiger. Er sah ein letztes Mal zu dem Gebäude und wand sich dann zu seinem Motorrad um. Lief darauf zu.

„Lasst uns einfach verschwinden.“

Und es wurde auch nichts mehr gesagt. Er hatte recht. Es war verdammt viel Aufregung gewesen und so gesehen auch ein Spiel auf Leben und Tod. Kaneda stieg auf seine Maschine und warf sie an. Als er die Brücke wieder runterfuhr war er teils wie weggetreten. Was war da passiert? Er wusste warum er nicht abdrücken konnte, aber da waren noch so viele andere Dinge gewesen. Ganz besonders dieses Gefühl…Dieses Gefühl der…Ihm wurde warum ums Herz. Es war ganz komisch und er musste wieder an diese Augen denken. Diese verfluchten Augen die ihn in Sekunden in ihren Bann gezogen hatten. Diese Augen die er…ehrlich gesagt gerne wiedersehen wollte. Und um ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl…ist es dass was man Liebe auf den ersten Blick nannte…? Es würde nicht lange dauern und die Bullen waren da. Der Einsturz des Gebäudes war unmöglich zu überhören gewesen. War nur ne Frage der Zeit bis die auftauchen würden, oder gegeben falls sogar das Militär. Bevor dass geschah mussten sie weg sein. Wieder rauf den Highway vier und nach Neo Tokyo. Auch wenn er sich was Neues überlegen musste um an Geld zu kommen, er konnte gerade nicht. Musste nur an IHN denken. Und kam sich schon etwas blöd dabei vor. Sie schossen den Highway hoch und verschwanden im Dunkel…
 

Tetsuo stand auf einem Hochhaus und sah den Lichterstreifen zu wie sie in der Ferne immer kleiner wurden.

Auch das Geräusch der Motorräder wurde immer leiser und noch immer griff er sich an den rechten Arm. Die Wunden fingen bereits schon an sich zu schließen, aber dass änderte nichts daran dass der Schmerz noch immer da war. Er hatte sich vor wenigen Minuten erste die Glassplitter aus dem Fleisch gerissen. Musste, sonst hätte es nicht angefangen zu heilen. Auf seiner Stirn die Wunde war schon bereits verschwunden, als hätte sie nie existiert. Das Einzige was in wenigen Minuten noch von den Verletzungen übrig bleiben würde, waren die Flecken getrockneten Blutes auf seiner Kleidung. Seine Regeneration war vorbildlich und schnell, selbst unter den anderen seiner Art. Er stand einfach nur da und sah zu wie die drei Kerle verschwanden. Er spuckte vom Haus runter und sprach schlecht gelaunt zu sich:

„Tse! Idioten.“

Als ob er nicht wüsste warum sie da gewesen waren. Aus genau demselben Grund wie auch alle anderen zuvor. Es ging immer nur ums Geld. Widerliche Kopfgeldjäger. Er hätte sie alle in Stücke reißen können! Aber was brachte ihm das? Stärke musste er sich selbst nicht beweisen. Er wusste was er drauf hatte und das vom Feinsten. Und die meisten flohen auch schon nach wenigen Minuten wieder, wenn sie nicht an ihn rankamen. Zugegeben…diese waren taffer gewesen. Besonders dieser…Er konnte sich noch an seinen Namen erinnern. Dieser eine Junge hatte ihn ziemlich häufig geschrien. Kaneda…Warum steckte ihm dieser Name so sehr im Kopf? Aber das war nicht das einzige was ihn beunruhigte. Oder vielleicht besser gesagt beschäftigte. Nämlich die Tatsache…dass er nicht geschossen hatte. So ungern Tetsuo sich es auch eingestehen wollte, er saß in der schlechteren Position. Dieser Kaneda hätte viel schneller abdrücken können, als dass er die Decke zum Einsturz brachte. Und dennoch hatte er nicht geschossen…Warum hatte er ihn verschont? Besonders nachdem er ihn zu dieser äußerst unangenehmen Bruchlandung gezwungen hatte. Er hatte ihn doch eigentlich wo er ihn haben wollte. Warum hat er nicht abgedrückt? Vielleich weil…

Er konnte auch nicht verleugnen dass da ein komischer Moment gewesen war. Dieser Moment als sie sich ansahen. Auge in Auge. Sowas hatte er noch nie erlebt. Er hatte schon mit vielen seiner Art diese Verbindung gespürt. Dieser Moment wen sich die Blicke treffen und man aufpassen musste nicht seine Gedanken preiszugeben. Aber dieses Gefühl zwischen ihm und dem Menschen war etwas anderes gewesen. Es packte ihn direkt in der Brust und ließ nicht los. Es fiel ihm auch unglaublich schwer sich aus dieser…schon beinahe Trance zu reißen. Was auch immer da passiert war, dieser Junge hatte ein unsichtbares Lasso um ihn gelegt. Eines aus dem er sich gerade noch befreien konnte. Aber anscheinend hatte es Spuren hinterlassen. Welche die er nicht deuten konnte.

Er griff sich an die Brust und war in Gedanken. Und sah auch nach wenigen Sekunden wieder nach oben. Er musste wissen warum. Er sah zu Neo Tokyo rüber und nickte entschlossen. Sicher es war riskant und er kannte einige die ihm dafür den Arsch aufreißen würden, wenn sie wüssten was er vor hatte. Aber er konnte dieses Gefühl nicht abschütteln. Etwas an diesem Kaneda hatte ihn berührt. Und er wollte rausfinden was das war. Als sprang er von Dach und flog los. Sie waren noch nicht lange weg gewesen. Vielleicht einige Minuten voraus. Wenn er sich beeilte könnte er sie wieder sehen und verfolgen. Das einzige Problem war, dass er fliegend ziemlich auffallen würde. Er sah hinter zu seinem Cape, das im Wind flatterte, als er über den Fluss flog. Er schnaubte und riss es von sich ab. Ließ es hinter sich die die Tiefe fallen. Das Ding mochte er eh noch nie, außerdem war es auffällig gewesen. Vielleicht hatte er so bessere Chancen nicht sofort aufzufallen. Er durfte am Besten gar nicht auffallen. Wenn er in der Stadt drin war und ihn dort die Leute erkannten, dann saß er echt in der Patsche. Er könnte in Sekunden wütende Massen haben die auf ihn schossen. Oder im schlimmsten Falle sogar das Militär. Keiner seiner Art würde das Risiko eingehen. Aber er wusste wie gut er war. Also machte er sich keine Sorgen. Und wie gesagt sah er auch schon nach wenigen Minuten seine drei eben noch gewesenen Peiniger vor sieh her fahren. Sie fetzten mit ihren Maschinen über den Highway und waren gleich am Rande der Stadt angekommen. Ganz vorne weg fuhr sein Ziel. Dieses rote Fahrzeug war ja mal nicht unauffällig. Heh, fast wie sein Cape. Es hatte sogar denselben Farbton. Er kam etwas vom Tempo runter und hielt sich hoch oben über ihnen, wenn auch etwas nach hinten versetzt. Er hielt sich nicht umsonst so hoch. Dieser Kaneda wusste vorhin dass er ihn beobachtet hatte. Und wie gesagt Tetsuo war nicht schlecht im stillen Beobachten. Dennoch hatte er ihn bemerkt. Er schien unglaublich wachsam zu sein, auch wenn er erst nicht den Anschein machte. Er war anders…

Sie bogen nach rechts ab und fuhren die Lange Straße um die Stadt lang, direkt rechts von ihnen war der Fluss. Tetsuo tat es ihnen gleich und blieb dran. Er musste sich was einfallen lassen. Er wollte ihn allein stellen. Er musste ihn irgendwie abfangen und von den anderen Beiden trennen. Sicher wäre dass unter voller Nutzung seiner Kräfte kein Problem, aber dass stand leider nicht zur Auswahl. Also würde er erst mal dranbleiben und schauen was sie vorhaben…

Er musste ihnen auch nicht mehr lange folgen, denn sie bogen recht früh in eine Gasse ab. Perfekt, da fiel er nicht mit seinem Fliegen auf. Er folgte ihnen links in die Gasse und stellte sich oben auf einen kleinen Rand an eines der Häuser. Er stand direkt an der Wand und sah zu ihnen runter. Er kam sich vor wie ein Spion. Die Drei hielten an, direkt unter einem Schild wo der Name Harukiya stand. Eine Bar? Typisch. Er dachte sich schon dass es sich um Drogenkinder oder so handeln würde. Allein schon wie die gekleidet waren. Er sah die Drei kurz sprechen, aber eigentlich war nur der Größte von den laut und deutlich zu verstehen:

„Da die Karre so elegant an die Wand gefahren wurde, bin ich froh dass wir wenigstens noch für die Mädels rechtzeitig da sein konnten!“

Mit den Worten verschwand er auch schon die Treppen unter den Schild nach unten und man hörte eine Tür knallen. Eine Karre an die Wand gefahren?...Meinte er diese unmenschliche Jagt auf ihn? Stimmt sie war nicht erfolgreich gewesen. Zum Glück. Aber dass hatte der Knilch da unten zu verantworten. Er sah zu Kaneda, der sich noch mit dem kleinen Jungen unterhielt. Vorsichtig kam Tetsuo an der Wand ein Stück weiter runter und drückte sich dann wieder an diese. Er wollte lauschen, also musste er tiefer.

„Mach dir nichts daraus Kaneda. Du kennst ihn er kriegt sich wieder ein.“

„Er ist nicht der Grund warum ich mir Gedanken mache. Ich vertraue Yamagata, er ist mein Bruder, genau wie du. Aber jetzt können wir uns wieder um andere Dinge sorgen. Das mit Joker ist noch nicht vom Tisch und das Geld wächst auch nicht auf Bäumen.“

Hah, Drogen und Geldprobleme he? Typisch.

„Aber…das Wichtigste ist, dass euch beiden nichts passiert ist. Ich denke wir sollten den Abend erstmal ausklingen lassen und feiern. Morgen können wir uns in der Schule noch Gedanken darüber machen was als nächstes zu tun ist.“

Und das schien Tetsuo etwas zu überraschen. Ein Anführer mit Herz? Waren diese Banden nicht dafür bekannt dass ihre Anführer engstirnige und egoistische Brocken waren? So hatte er zumindest immer den Eindruck gehabt. Und er war schon von vielen Banden attackiert worden, seit er sich um Neo Tokyo aufhielt. Dieser Kaneda war ganz sicher der Anführer. So wie er sich verhielt allein schon. Der Kleinere von den Zwei machte sich plötzlich auf den Weg zu der Treppe, die runter in die Bar führte. Kaneda trottete langsam nach. Das war er! Sein Moment! Wenn er ihn jetzt nicht von ihm trennte, musste er auf die nächste Chance warten! Tetsuo sah sich hektisch um. Irgendwas dass er…Rechts von der Bar war ein weiter Gang in die nächste Gasse. Tetsuo flog schnell rüber und sah runter. Perfekt. Er donnerte mit seinen Gedanken eine Mülltonne um und sah zu Kaneda. Dieser blieb echt stehen und sah kurz hin.

„Was ist los Kaneda?“

„Hm? Ach da ist ne Mülltonne umgefallen.“

„War bestimmt nur ne Katze, komm schon.“

Nein komm nicht! Tetsuo schmetterte noch eine um. Sah wieder zu Kaneda. Komm schon! Lass dich nicht so feiern und schwing den Arsch in die Gasse! Und es schien echt als würde der Junge unten überlegen…

„Ich komme gleich Kai. Ich check das mal kurz ab. Nicht dass da noch so ein Penner lauert und versucht meine Süße zu klauen.“

Seine Süße? Tetsuo sah zum Motorrad. Ach der meinte bestimmt das. Wie…seltsam. Sicher es war ein cooles Teil, aber musste man deswegen…Er sah wie sich Kaneda in die Gasse bewegte. Sehr gut. Sein Plan konnte aufgehen. Er sah zu wie der Junge bis hinten in die Gasse lief. Diese bog dann nach rechts in ein Ende rein. Dort standen nur ein größerer Müllcontainer und weitere kleine Tonnen. Kaneda hatte die Hände in den Hosentaschen und sah sich um. Gut kein Penner. Wenigstens etwas.

„Jetzt werde ich auch noch leicht paranoid. Ich glaub ich muss mal wieder ordentlich schlafen…Oder vielleicht hatten die Jungs auch nicht mal unrecht wegen dem Sex. Vielleicht bringt dass mich mal wieder auf andere Gedanken…“

Er drehte sich um und erstarrte sofort auf der Stelle. Denn vor ihm stand direkt Tetsuo. Vielleicht 2 Meter von ihm entfernt. Kaneda war so baff dass nur unüberlegt aus ihm rauskam:

„…Fast wie gerufen, wenn du ein Mädel wärst.“

Und in der nächsten Sekunde drückte ihn eine Kraft zu Boden! Er ging ungewollt auf die Knie und seine Arme wurden ebenso von unsichtbaren Kräften auf den Rücken gedrückt. Es kam so ruckartig und schnell, dass er kurz auf keuchte vor Schmerz und dann sah er auf. Tetsuo hatte den rechten Arm leicht zu ihm gestreckt und kam langsam näher. Okay, klarer Fall, er machte das. Und es dauerte auch nur eine Sekunde und Kaneda erinnerte sich natürlich an sein Gegenüber.

„Du?! Was zum Geier machst du hi…?“

„Sei still! Gib mir nur einen Grund und ich brech dir sofort beide Arme oder reiß dir die Zunge raus, solltest du auch nur versuchen zu schreien!“

Wow die Worte waren spitz und kalt gewesen. Kaneda aber grinste ihn nur an.

„Wow komm mal runter. Spricht man so mit dem der dich verschont hat? Dir Rotzlöffel hat wohl schon lange keiner mehr ordentlich in den Arsch getreten.“

Der Griff festigte sich plötzlich um seine Arme am Rücken und Kaneda könnte schwören dass er leicht seine Kochen hörte. Er verzog das Gesicht schmerzhaft und sprach frech und leicht lachend:

„Okay, okay du hast gewonnen! Hör auf dass tu weh mann!“

Es war komisch aber er konnte in der Situation nicht wirklich ernst bleiben. Er nahm es etwas spielerisch denn irgendwie…hatte er nicht das Gefühl wirklich in Gefahr zu sein…Der Griff lockerte sich erstaunlicher Weise etwas. Und Tetsuo stand direkt vor ihm. Sah auf ihn herab. Er bekam ein freches Lächeln hochgeworfen.

„Alter du bist ja nicht zimperlich was?“

Er war so von sich überzeugt! Definitiv der Unterlegende in dem Moment und er veraschte Tetsuo dennoch vor seinen Augen! Wie konnte man so zuversichtlich in sich selbst sein? Allein in der Situation. Er schien…keine Angst zu haben. Das war…beeindruckend. Der PsyKI fing an um ihn herum zu laufen. Er wanderte um Kaneda als würde er ihn von oben bis unten begutachten. Er war gut gebaut. Stark und groß. Aber er wirkte nicht anders als andere Menschen. Zumindest nicht äußerlich. Kaneda blieb es nicht verborgen dass er von oben bis unten begutachtet wurde, fast wie ein Hund bei einer Ausstellung und deswegen sprach er frech:

„Und? Gefällt dir was du siehst?“

Tetsuo sprang dieses Mal aber nicht darauf an und kam direkt vor ihm runter in die Hocke. Sah ihm in die Augen. Kaneda wurde ganz leicht unwohl. Nicht weil er Angst oder ähnliches hatte eher mehr weil…er so nah war. Sein Herz pochte einmal kurz auf und ihm wurde etwas warm. Sie blickten sich für einige Sekunden nur an. Und dann unterbrach der Kleine vor ihm auch schon den Blickkontakt und kam wieder hoch. Er kratzte sich am Hinterkopf.

„Nichts. Das ist doch komisch.“

Was meinte er denn damit? Sein Gegenüber wand den Rücken zu ihm und Kaneda musste anfangen ihn zu löchern:

„Meinst du nicht auch es wäre echt nett, wenn du mir erklären würdest, was das hier soll? Du verfolgst mich. Du lauerst mir auf. Und jetzt fesselst du mich mit…was auch immer du tust und redest nicht mal mit mir? Weis du ich bin ein Mensch mit mir kann man reden. Wo ist eigentlich dein auffälliges rotes Cape hin? Und was ist mit deinem Arm passiert? Du warst schwer verwundet.“

Tetsuo sah zu ihm hin. Ihm war es also aufgefallen, das er sich schneller heilte…Aber…bitte was? Das Cape? Ernsthaft? Warum fällt ihm denn sowas auf? Und was tat das zur Sache? Komischer Kerl. Er antwortete kühl:

„Halt einfach den Rand.“

Kaneda sah ihn einfach nur an…und dann schmunzelte er.

„Ah verstehe taffer kleiner Keks was? Aber auch du kannst es nicht verleugnen. Dir ist genau dass passiert, was jedem passiert wenn er mich das erste Mal sieht.“

Verwirrt drehte sich Tetsuo um und sah ihn an.

„Hä was? …Sprich weiter.“

Kaneda grinste überheblich und frech.

„Du kannst vom Kaneda einfach nicht genug bekommen.“

Diese Worte schlugen bei seinem Gegenüber so ein, dass der sogar leicht rot anlief vor Scharm. Sogar schützend die Arme vor sich verschränkte und ihn nur ansah. Aber Kaneda drehte noch weiter frech auf:

„So geht es einfach den Meisten, wenn sie mich das erste Mal sehen. Obwohl dass eher bei den Ladys der Fall ist. Sie können meinen Charme einfach nicht wiederstehen.“

Plötzlich kam Tetsuo auf ihn zugerstürmt und direkt zu ihm runter auf die Knie. Er brüllte ihn beschämt und sichtlich sauer an:

„Nenn mir nur einen Grund warum ich dir nicht sofort beide Beine und Arme brechen sollte du überhebliches Arschloch!?“

Kaneda grinste ihn an.

„Sieh mich an, deswegen. Du könntest doch nicht einfach dem Objekt deiner Begierde sowas antun, oder?“

Doch in der Sekunde hielt er plötzlich inne. Kaneda wurde selber bewusst was er in dem Moment tat und er stockte, so wie auch sein Gegenüber. Moment mal…flirtete er etwa gerade mit ihm?! Wo kam das denn her?! Warum flirtete er mit ihm?! Er sah ihn wieder an und dann fragte er sichtlich entsetzt sein Gegenüber:

„Was…macht du mit mir?“

Tetsuo stand erschrocken und schnell auf, ging einige Schritte zurück, fauchte dann:

„Ich mit dir?! Nicht mal ich bin in der Lage die Emotionen der Menschen zu manipulieren wie es mir beliebt du Trottel! DU bist doch der der zu mir kam! Der mich angriff als wäre ich Freiwild und der mir den Arm fast abgerissen hätte…!“

„Ach komm du warst lediglich gelöchert mehr nicht. Jetzt überdramatisier mal nicht.“

Tetsuo festigte wieder seinen mentalen Griff um Kaneda und dieser jammerte kurz auf deswegen. Noch ungeduldiger fragte ihn der Kleinere:

„WARUM hast du nicht abgedrückt?!“

Kaneda sah ihn an. Ach darum ging es also? Er machte sich also darüber auch Gedanken. Er musste kurz überlegen und zuckte dann einfach mit den Schultern.

„Warum hast du nicht zurück attackiert?“

„Man antwortet nicht mit einer Gegenfrage!“

„Man fesselt auch nicht einfach Leute mit seinen Gedanken und bedroht sie.“

„Ach aber auf mich schießen war okay?!“

„Nein das war es nicht!“

Brüllte ihn Kaneda dann plötzlich an, so dass Tetsuo leicht zusammenzuckte und ihn erstaunt ansah. In seinen Augen lag…Ehrlichkeit und Entschlossenheit.

„Du willst wissen warum ich nicht abgedrückt habe? Aus demselben Grund warum du wahrscheinlich nicht zurückattackiert hast.“

Tetsuo verschränkte die Arme vor sich.

„Und der wäre Schlaumeier?“

„Weil du genauso viel Angst hattest wie ich. Und auch gemerkt hast dass es nicht richtig war.“

Und da wurde es still. Sie standen einfach nur da und sahen sich an. Der Wind in den Gassen wärmte sich langsam auf und aus der Ferne dröhnte das Geräusch von Autos auf den Straßen und lauter Musik die aus Restaurants kam und anderen Bars. Und Kaneda fragte entschlossen:

„Würdest du mich jetzt bitte loslassen? Wenn ich dir was antun wollte, hätte ich es vorhin getan.“

Tetsuo sah ihn nachdenklich an. Es war ein fairer Punkt. Aber wer gab ihm Gewissheit?

„Warum sollte ich dir vertrauen? Du wolltest mich vor kurzer Zeit noch umbringen, aus niedrigen Gründen wie Geld. Was wolltest du dann machen? Mir den Kopf abschlagen und abgeben um die Kohle zu kassieren? Ihr widert mich an! Ihr tötet uns zum Spaß und Profit! Behandelt uns wie Tiere! Als hätten wir keine Gefühle.“

„Und genau deswegen hab ich es nicht getan! Ich…ich hab in der Sekunde als ich dich sah gesehen was du bist. Und so sah meiner Meinung nach kein Monster aus. Und glaub mir…ich hab schon viele Monster gesehen. Und dass mehr unter uns Menschen…Ich habe dir vertraut als ich meine Waffe dir gegenüber senkte…Vielleicht schenkst du mir dieses Vertrauen jetzt einfach auch…“

Es vergingen einige Sekunden…und da lockerte sich plötzlich der feste Griff um seine Arme. Verwirrt sah Kaneda hinter sich und dann wieder vor. Er ließ ihn…echt los? Danach hatte er auch wieder die Kraft auf die Beine zu kommen und stand auf. Er rieb sich über die Handgelenke und den Schmerz vom Druck weg. Sah zu seinem Gegenüber der etwas Abstand nahm, aber noch immer finster drein schaute. Anscheinend war er sehr unsicher. Und überspielte das mit Wut und Aggressivität… Kaneda sprach dann offen und ehrlich:

„Danke. Das mein ich ernst.“

Er schenkte ihm ein Lächeln, aber dieses wurde nicht erwidert. Stattdessen kam ein muffiges:

„Am besten vergessen wir alles was passiert ist. Und gehen wieder unsere eigenen Wege.“

Er drehte sich weg und lief einige Schritte in Richtung der anderen Gasse. Wirklich? Er wollte einfach weggehen und alles vergessen? Aber Kaneda konnte das nicht. Instinktiv sprach er ihm zu:

„Und wenn ich das nicht möchte?“

Verwirrt drehte sich Tetsuo zu ihm um.

„Was?“

„Was wenn ich mehr über dich erfahren möchte. Ich meine…ich habe noch nie mit einem PsyKI gesprochen. Könnte interessant werden.“

Da bekam er plötzlich einen sehr verdutzten Blick zugeworfen. Und darauf hin sofort eine Frage:

„Bitte was bin ich? Was ist ein PsyKI?“

Kaneda zeigte auf ihn.

„Du bist ein PsyKI. Also…so nennt die Regierung euch zumindest. Oder Freaks kam auch schon vor, aber dass ist eure offizielle Artenbezeichnung.“

Tetsuo konnte nicht glauben was er da hörte und schüttelte den Kopf.

„Das klingt nach totalen Scheißdreck. Echt so nennt ihr uns?“

„Wie nennt ihr euch denn sonst?“

„Menschen, du Blödmann.“

Kaneda kam einen Schritt auf ihn zu und Tetsuo machte instinktiv einen nach hinten. Er blieb also weiterhin sehr vorsichtig…Kluger Junge. Ein Schmunzeln kam über seine Lippen und er fragte locker, mit den Händen in den Hosentaschen:

„Wie ist dein Name?“

Tetsuo blockierte sofort.

„Das geht dich überhaupt nichts an.“

„Ich bin Kaneda.“

Er reichte ihm die Hand. Er wusste dass er sie nicht nehmen würde, aber er machte es aus Vertrauen. Er wollte Vertrauen aufbauen denn er hatte…er hatte Interesse an diesem Jungen vor sich gefunden. Er wollte ihn näher kennen lernen. Und ehrlich gesagt war sich Kaneda auch schon ziemlich sicher dass er sich…dass er sich in ihn leicht verguckt hatte. So wie er da stand war er zwar sehr abweisend, aber auch verdammt hübsch. Das struppige schwarze Haar das ihm nach hinten lag. Die zarten Muskeln unter der Haut seiner Oberarme. Der etwas kleinere Körperbau der im Gegensatz zu ihm schon zart wirkte und seinen Beschützerinstinkt hoch fuhr. Auch sah er bestimmt wahnsinnig süß aus wenn er mal lächeln würde…Tetsuo blieb aber auf Abstand und wand sich langsam ab. Ihm war die Sache irgendwie nicht geheuer wie dieser Kaneda ihn ansah…Er wollte gerade losfliegen als Kaneda fragte:

„Treffen wir uns morgen?“

Tetsuo sah verwirrt über seine linke Schulter hinter.

„Wir treffen uns morgen in der Grundschule in Shima, okay? Sagen wir wenn es dunkel wird.“

Warum sollte er das tun? Warum sollte er überhaupt sich nochmal mit ihm treffen? Unsicher blickte Tetsuo kurz weg und dann wieder zu ihm. Und mit endlich mal nicht aggressiven Worten sprach hinter:

„Tetsuo…Mein Name ist Tetsuo.“

Und da erhob er sich auch schon in die Lüfte und flog schnell davon. Kaneda sah ihm noch erstaunt nach und musste plötzlich lächeln. Der erste Schritt war schon mal getan. Es war echt verrückt…dass er sich anscheinend in einen Jungen verliebt hatte. Er war sich nun sicher. Es erklärte sein Zögern wegen dem Schuss und wenn er an ihn zurück dachte…wie er im Mondlicht saß, da wurde ihm warm ums Herz. Nie wäre Kaneda auch nur auf die Idee gekommen, dass mal ein Junge ihn so verzaubern würde. Das hatte kein Mädel mit der er je Sex hatte geschafft. Und jetzt wusste er auch warum. Und er freute sich schon tierisch darauf ihn hoffentlich morgen wieder zu sehen.

Und dieser Kalte Wind wurde endlich zu einer warmen Sommerbrise...

Friends and Brothers

Am nächsten Morgen schlich sich langsam die Sonne über die hohen Häuser in Neo Tokyo.

Schatten spielten auf dem kalten Marmor der Gebäude und ein neuer Tag brach an. Einer der nicht wirklich anders sein würde für die Bewohner der Stadt. Es würde sein wie immer. Aber auch wenn sich an der Regierung und der Verdorbenheit nichts geändert haben würde, für einen hatte sich bereist etwas verändert in der letzten Nacht.

Kaneda schlief in seiner Wohnung tief und fest auf der Couch. Er schnarchte dabei sehr laut und hing halb mit dem Oberkörper von der Couch runter. Ein Klaps und er küsste den Boden. Seine Decke, die eigentlich eher ein dünner Lumpen war, hing von seinen Beinen runter und halb auf dem Boden. Da es Sommer war lag er meist nachts auch nur mit Boxershorts und Muskelshirt bekleidet rum. Seine Wohnung war nicht die Größte. Sie bestand aus einem Wohnzimmer das in Kombi mit der Küche war, einem Bad und einem Schlafzimmer. Da aber seine Couch sein Bett war, war das Schlafzimmer eher eine Rumpelkammer mit allem möglichen Scheiß. Teils waren darin Teile von seinem alten Motorrad, ein kaputter Schreibtisch und ein eingebrochenes Bett. Mehr sollte lieber nicht erwähnt werden… Seine Küche war ein Schweinestall. Dennoch fand er noch immer dort etwas zu essen und es stank nicht trotz der teils gespülten Teller ect. Auf seinem Balkon hingen Klamotten zum trocknen über dem Geländer. Die Sonne schien langsam in sein Wohnzimmer. Meistens zuerst morgens bei ihm, da seine Wohnung sehr hoch in einem Apartmentblock lag. Er hatte eigentlich einen schönen Blick über sein Viertel. Wenn es nur nicht das reinste Getto wäre. Versifft und mit Graffiti bemalt.

Ein lautes Scheppern setzte ein. Schrill und nervtötend. Es war Kanedas Wecker der klingelte und ihn aus seinem Bett reißen wollte. Aber anstatt vor Schreck aufzuzucken schlug er einfach müde nach rechts von sich auf den Tisch, dort wo der Wecker tanzte. Er traf ihn zwar, aber das Teil ging nicht aus. Noch immer mit geschlossenen Augen griff er ihn dann und feuerte ihn an die nächste Wand rechts von ihm. Und endlich war Ruhe im Raum. Kurz darauf machte er langsam die Augen auf und gähnte, streckte sich genüsslich dabei. Es brauchte echte Überwindung von seiner Seite aus um sich hinzusetzten, aber er schaffte das wie ein großer Junge. Am Hinterkopf kratzend und noch etwas verschlafen sah er zum Balkon und bekam die ersten Sonnenstrahlen ab. Er lächelte. Ein schöner Tag. Wenigstens etwas. Momentmal…TAG?! Er war schlagartig wach und rannte zu seinem Wecker rüber. Das Ding war im Eimer aber zeigte ihm dennoch noch die Uhrzeit.

„SCHEIßE!! Ich komm zu spät!“

Er schmiss den Wecker wieder zurück in die Ecke und rannte auf den Balkon. Griff sich mit schnellen Handgriffen die trockenen Klamotten und zog sofort sein rosa Hemd an. Dann die weiße, lange Hose und seine rote Lederjacke natürlich. Danach rannte er ins Wohnzimmer, pfefferte die Balkontür zu und flitze zur Küche. Sofort riss er den Kühlschrank auf. Die Ödnis die darin herrschte war krass, aber dennoch fasste er sich ein Stück Käse und biss zu. Schloss den Schrank wieder und setzte sich auf die Couch. Während er aß zog er die Stiefel an. Wie konnte er nur so krass verpennen?! Naja er konnte nicht leugnen dass er eine sehr lange Nacht hinter sich hatte. Aber nicht was sich die Meisten denken würden. Er war nicht mehr in der Bar gewesen. Ehrlich gesagt hatte es seine Jungs, nach der Sache mit dem PsyKI, an dem Abend hängen lassen. Er fuhr danach noch einige Stunden durch die Straßen. Er wusste selber nicht warum. Um vielleicht runter zu kommen? Es war riskant gewesen, denn immerhin waren auch die Clowns nachts auf Patrouille. Hätten die ihn gesehen, gab es Ärger. Vielleicht wäre er dann sogar schon tot. Fakt ist er musste sich abregen. Er war noch immer komplett aufgewühlt gewesen wegen dem Treffen mit Tetsuo...Er war jetzt nicht extrem verrückt nach ihm, aber er musste halt viel an ihn denken. Was noch immer bizarr war. Kaneda hätte nie gedacht dass es wirklich sowas wie Liebe auf den ersten Blick gab. Und dann auch noch unter Jungs. Er hielt das immer für bescheuertes, romantisches Geschwätz. Etwas was Leute sagten, wenn sie einfach nicht in der Lage waren eine Beziehung zu beenden und abhängig davon waren. Aber nicht mal dieser lange Ritt mit seiner Süßen brachte ihn aus seiner Ekstase und teils Erregung. Das musste er dann abends auf der Couch anders regeln…

Er war fertig und stand von der Couch auf. Er war viel zu spät dran. Die Jungs würden genervt sein. Er flitzte zu der Eingangstür, griff seinen Schlüssel rechts vom Brett an der Wand und verließ die Wohnung. Er knallte die Tür zu und schloss ab. Diese Tür abzuschließen war jeden Tag eine neue Herausforderung. Sie klemmte wenn man sie öffnen wollte und das Schloss ebenso wenn man es zuschließen wollte. Bruchbude. Deswegen fummelte er auf gut Glück daran rum. Während er das machte kam eine alte Frau den Gang runter gelaufen. Wie bei den meisten Apartments in Neo Tokyo waren die Gänge zu den Aufzügen und Treppen außerhalb an der Hauswand. Und da er hoch oben war, bekam er auch gleich eine frische Sommerbrise ab. Die alte Frau die sich ihm buckelig von rechts näherte sprach krächzend und lieb zu ihm:

„Guten morgen Shotaro. Auch schon so früh wach?“

Er sah lächelnd zu ihr. Fummelte noch immer am Schloss dabei.

„Hey Frau Nakamura! Alles fit?“

Und dann klackte es vor ihm. Er hatte endlich die Tür abgeschlossen und drehte sich zu der Alten. Er mochte sie echt. Sie war eine alte, kleine, krumme Frau mit einem Herz aus Gold. Die Haare kurz und Grau und sie trug immer diesen selbst gestrickten, bunten Pullover und einen langen Rock in schwarz. Meist dachte Kaneda ihre Garderobe bestand nur aus den Teilen. Er wusste nicht mal mehr wie oft sie ihm Kuchen oder was zu essen vor die Tür gestellt hatte. Sicherlich wäre er ohne die Geste definitiv oft hungernd ins Bett gegangen. Sie stand vor ihm, sah zu ihm hoch und fragte lieb:

„Musst du schon so früh zur Schule Shotaro?“

Sie hatte nicht unrecht es war früh, nämlich 6 Uhr morgens. Er schüttelte den Kopf und sprach freundlich zurück.

„Ich treffe mich noch vorher mit Freunden und wir fahren dann zusammen hin.“

War nicht mal gelogen. Sie lachte herzlich wie eine gute alte Oma.

„Ach du bist so ein guter Junge Shotaro. Ich verstehe nicht warum du nicht eine nette Freundin hast. Du bist immer so alleine in der Hinsicht. Dabei bist du doch so ein hübscher junger Mann.“

Daraufhin musste er leicht lachen und kratzte sich teils verlegen am Hinterkopf. Wenn sie manchmal wüsste…Guter Junge was?

„Ach wissen sie, ich bin eben noch nicht der Richtigen über den Weg gelaufen. Aber ich muss jetzt auch los! Bis dann Frau Nakamura!“

Er rannte den Gang runter und winkte ihr noch freundlich zu. Dann verschwand er in den Treppengang und rannte runter. Unten angekommen stolperte er fast aus dem Apartment und rannte den Hof rechts runter. Unter einem großen Tuch stand seine Karre. Er zog es runter, schmiss es zur Seite und warf sich auf die Süße drauf. Fühlte sich einfach gut an. Er zog seine Schutzbrille auf und schmiss sie an. Danach feuerte er auch schon aus dem Hof und auf die Hauptstraße. Er riss dabei fast Leute um, die gerade noch zur Seite springen konnten. Schrie dabei:

„Aus dem Weg!!“

Und dann zog er auch schon in schnellem Tempo die Straße runter. Er überholte wie es ihm gefiel und fühlte sich total beflügelt an diesem Morgen. Und ganz besonders freute er sich schon wieder auf den Abend. Doch erst musste er sich mit seinen Jungs treffen. Er kam nach einigen Minuten in der Gasse zu Harukiyas an. Sah auch bereits vor der Bar Yamagata, Kai und noch drei weitere seiner Bande stehen. Alle auf ihren Maschinen und wartend. Kaneda war nicht zu überhören und alle sahen zu ihm. Als er elegant vor ihn ausbremste schrie Yamagata auch wieder los:

„Na? Ausgeschlafen Dornröschen? Musste gestern Abend echt anstrengend gewesen sein, sich so allein einen runter zu holen was?“

Kaneda schmunzelte etwas verlegen. Oh mann er hatte ja echt keine Ahnung…Aber er spürte schon was los war. Es kamen bestimmt Fragen wo er noch war.

„Wo zur Hölle warst du gestern Abend Kaneda?! Du bist nicht mal mehr aufgetaucht, die Mädels waren echt enttäuscht gewesen!“

Kaneda schob seine Brille hoch. Hach er wusste es.

„Na wenn dass alles war was dich bedrückt.“

„Ehrlich gesagt nicht Kaneda.“

Kai sagte das sehr ernst und wenn der Kleine ernst wurde, dann wollte das schon was heißen. Kai war dafür bekannt dass er nicht schnell die Fassung verlor und einen klaren Kopf behielt. Deswegen war er meist auch dafür zuständig die Wunden der Jungs zu versorgen. Und Kai hatte schon einiges in den Jahren versorgen müssen. Schnitte, Prellungen und Knochenbrüche. Kaneda sah ihn jetzt auch ernst und aufmerksam an. Und dann sprach der Kleinste weiter:

„Einer von Jokers Clowns kam gestern Abend in die Bar rein. Anscheinend nur ein Kurier. Er brachte eine Nachricht in zwei Teilen. Der erste Teil war: uns zu drohen er wüsste wo wir uns meistens rumtreiben würden.“

„Und der zweite Teil?“

„…Dass er jeden unserer Orte nieder brennen würde und uns einen nach dem anderen jagt, wenn wir ihn nicht in Zukunft seine Geschäfte in Ruhe machen lassen würden.“

Kaneda spuckte neben sich auf den Boden und musste sich ein Lachen verkneifen. Das meinte der Mistkerl nicht ernst!

„Hah! Geschäfte nennt er das also ja?! Der wird sich noch wünschen uns nie diesen verdammten Kurier mit seiner Drohung vorbeigeschickt zu haben!“

Er sah zu Yamagata und der nickte nur zustimmend und antwortete:

„Deswegen haben wir den Penner auch gestern ordentlich verprügelt und als schönes Paket wieder an Joker zurück gesendet!“

Kaneda lächelte böse.

„Hoffentlich auch mit Schleife und Grußkarte.“

Sein Gegenüber grinste zurück.

„Ich weis doch wie höflich du bist Boss.“

„Sehr schön. Hast du die Drogen bekommen?“

Yamagata wühlte in seiner Satteltasche und zog einen großen Beutel mit weißem Stoff heraus. Wenn er in einem besonders gut war, dann war es an Waffen und an Drogen ranzukommen. Das Zeug sollte sie erst mal gut verkaufen können und damit wieder etwas Puffer haben um über die Runden zu kommen. Das war auch der Grund warum sie sich schon so früh versammelt hatten. Sie machten eine kleine Spritztour zum Westend und gaben das Zeug ihrem lieblings Dealer auf dem Schwarzmarkt. Der zahlte immer gut. Kaneda nickte ihm zu und zog seine Brille wieder auf. Er drehte sein Bike auf der Stelle, bis es um 180 Grad gedreht hatte und er mit dem Rücken zu ihnen stand und sah hinter zu seinen Jungs, rief:

„Okay! Abflug Leute!“

Sie zischten aus der Gasse raus und die Straßen runter. Wenn sie so unterwegs waren, wurde jedem sofort klar das es sich um eine Biker Gang handelte. Kaneda fuhr als Anführer mit seiner roten Maschine vorne weg. An seiner Seite rechts und links hinter ihm waren Kai und Yamagata und dann kam in der Regel der Rest. Eine klassische Hierarchie in der Gruppe.

Und während sie auf dem Weg zu ihrem Dealer war machte sich Kaneda wieder Gedanken über alles Mögliche. Er dachte aber in dem Moment an die Worte der alten Frau Nakamura. Es war schon auffällig dass Kaneda Single war. Da hatte sie recht. In der Regel hatte jeder Anführer einer Biker Gang eine, wie sie sie nannten „ Old Lady“. So gesehen war eine Old Lady die Braut, oder Königin des Anführers. Wenn er das Alphamännchen war, war sie das Alphaweibchen. Und sie wurde von allen in der Gang auf Armen getragen und verehrt. Beschütz natürlich auch. Eigentlich war das eher ein amerikanisches Ding, aber es hatte sich in Neo Tokyo auch so eingelebt unter den Gangs. Mädels aus seiner Schule würden alles dafür geben die Old Lady einer Biker Gang zu werden. Deswegen war Kaneda nicht nur wegen seinem Aussehen, sondern auch seinen Status an der Schule oft von Mädels umgeben. Die Meisten hatten vor Jahren auch schon Sex mit ihm gehabt, aber ihm hatte es nichts bedeutet. Hey er war halt ein Kerl. Damit waren sie aber noch lange nicht zu dem Status hochgehoben worden sein zu sein. Er hatte sie eigentlich nur egoistisch benutzt. Aber das war auch schon Jahre her. Änderte aber nichts daran dass ein Anführer der Single war, ein heißer Punkt der Begierde unter den Mädels wurde. Sogar Joker hatte seine Old Lady. Er fragte sich deswegen auch oft: Wie geschmacklos musste man sein um sich mit diesem Brutalo einzulassen? Aber sie wollte sicherlich eh nur den Titel und von ihm gevögelt werden. So waren sie alle. Kaneda hatte seit Jahren keinen Sex mehr gehabt. Er war von so vielen Mädels mehr aus Sprungbrett angesehen worden, dass er sich auf keine mehr einließ. Liebe war etwas was er noch nie zuvor gespürt hatte…Auch wenn das gestern Abend vielleicht an den Level ran kam…
 

Als sie alles auf dem Schwarzmarkt erledigt hatten, standen die Jungs auf dem Schulhof in der hintersten rechten Ecke.

Kaneda zählte die Kohle und verteilte sie gerecht unter seinen Jungs. Sie hatten mit dem Kokain echt was rausgeholt. Und jeder schien endlich mal wieder beruhigt und zufrieden zu sein. Was auch ihn froh machte. Er gab immer mehr an seine Jungs und behielt weniger für sich. Es war wichtig dass es ihnen gut ging. Das würde er aber nie zugeben und hielt es deswegen auch geheim. Er wollte nicht dass sie sich sorgten. Als die Glocke zum Unterrichtbeginn ertönte machten sich alle auf den Weg in das Gebäude, wenn auch wiederwillig. Die Schule in ihrem Bezirk war das reinste Desaster gewesen. Dreckig, beschmiert, voller Graffiti und wer wusste was noch so in den Ecken wucherte. Sauber und ordentlich war etwas anderes. Auch waren die Schüler eher der Abschaum unter dem Abschaum. Im Unterricht wurde nicht wirklich gelernt. Yamagata gehörte zu denen die Zeitung lesen und Kaneda machte Spaß mit den anderen Jungs. Verarschte den Lehrer oder machte sich Pläne wegen Joker. Nur Kai versuchte etwas zu lernen, der ließ sich aber auch schnell ablenken. Der einzige Lichtblick war für die meisten Jungs auf der Schule die Krankenstation. Die Schwester die da arbeitete sah heiß aus und ließ bekanntlich mal jeden drüber rutschen. Auch Kaneda hatte mal mit ihr Sex gehabt. Er bekam nen Schock als sie dann schwanger war. Aber es stellte sich zum Glück heraus, dass es nicht sein Baby war. Ehrlich gesagt wusste man nicht von welchem Schüler es war. Nur Kaneda hatte freiwillig den Test gemacht und der war negativ gewesen. Er war halt anders und wollte Gewissheit haben. Ihm war das eben nicht so scheiß egal gewesen wie den Meisten…Sie war momentan nicht mehr auf der Schule. Aber die Neue war auch ein Hingucker…

Heute hatte Kaneda aber nicht die Lust scheiße zu bauen im Unterricht. Er saß oben in dem Raum am Fenster und sah hinaus. Er war verträumt. Eigentlich wollte er nur dass der Tag so schnell wie möglich vorbei war und er zurück nach Shima konnte. Sie würden sich in der Grundschule treffen, wenn es dunkel wurde. Was bedeutete er würde sich sofort nach der Schule auf sein Bike schwingen und dahin fahren. Musste sich allerdings noch eine Ausrede für seine Jungs überlegen. Aber da fiel ihm schon was ein. Er sah ihn wieder vor sich. Diesen Moment… Wie Tetsuo sich unter dem Cape offenbart hatte. Den Schlafzimmerblick, diese Augen, die entblößten und so zarten Schultern…Er schüttelte den Kopf. Holte sich zur Besinnung.

„Reiß dich zusammen Kaneda…“

Sagte er leise zu sich selbst und wurde dann plötzlich leicht von rechts angeschupst. Er sah erschrocken zu Kai der ihn lieb anlächelte.

„Wegen was sollst du dich zusammen reißen?“

„G-Gar nichts! Alles okay.“

Er wand sich schnell ab und Kai sah ihn verwirrt an. Vielleicht war es den anderen noch nicht aufgefallen aber ihm schon. Kaneda verhielt sich seit gestern äußerst ungewöhnlich. Es fing schon damit an, als die Jagd schief ging. Er war sehr still gewesen. Dann kam er nicht mal mehr mit in die Bar und war verschwunden für den Rest des Abends. Selbst wenn er mit keinem Mädel was anfing, so würde er dennoch mit den Jungs etwas trinken. Das machte er immer. Es war also sehr komisch dass er nicht mal dies tat. Und noch dazu kam er an diesem Morgen zu spät. Wenn Kai es nicht besser wüsste würde er glatt denken sein Boss wäre verknallt. Aber das war momentan nicht möglich oder…?Er rückte etwas näher an Kaneda und fragte besorgt:

„Gibt es etwas worüber du reden willst Kaneda? Oder brauchst du Rat?“

Sein Chef sah wieder zu ihm. Er schien ruhig zu sein und lächelte kurz.

„Es geht mir gut Kai. Ich bin nur…nur noch etwas durch den Wind wegen gestern.“

„Wegen der Jagd?“

Kaneda nickte verträumt.

„Fandest du es nicht auch komisch…dass er wie ein ganz normaler Junge wirkte?“

Kai überlegte auf die Frage kurz und lehnte sich dann auf seinem Tisch vor. Der Lehrer hörte gerade eh nicht zu, weil er mal wieder mit Yamagata wegen der Zeitung diskutierte. Demnach war es auch etwas laut im Klassenraum. Er sah auf seine Hände.

„Du musst immer wieder an früher denken, oder Kaneda? An diesen PsyKI der mich auch fast getötet hätte…Aber wenn du das so erwähnst es war schon seltsam. Der Kerl damals war komplett entstellt gewesen. Ich erinnere mich noch genau daran wie sein Oberkörper pulsierte, als würde gleich etwas wie in einem Horrorfilm aus ihm schlüpfen. Und auch dass seine Beine eigentlich nur noch fleischige Masse und Adern waren mit denen er sich über den Boden bewegte. Er wirkte wie ein...“

„…Wie ein Monster.“

Beendete Kaneda und sah auch auf seine Hände. Kai sah aber wieder zu ihm. Zögerte kurz…aber er musste einfach fragen:

„Du hast den Jungen gestern gesehen Kaneda…Denkst du er wäre auch so ein Monster geworden?“

Daraufhin sah ihn der Ältere verwirrt an.

„Wie meinst du das denn?“

„Naja der Andere damals wirkte wie wild. Es schien mir beinahe so als hätte er seinen Körper nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Er schien Schmerzen zu haben und war so von Wut gelenkt dass ich…ich dachte eben darüber nach ob er vielleicht nicht auch mal normal gewesen ist. So wie der Junge gestern.“

„Was? Meinst du etwa er wäre mutiert oder so?“

„Wäre doch gut möglich…Naja…Vielleicht hast du den anderen gestern damit so ein Leiden erspart.“

Und damit wand er sich ab und schrieb in sein Heft vor sich. Kaneda aber…schien plötzlich besorgt…War es vielleicht so? Ist der Kerl damals echt aus unbekannten Gründen mutiert? Sie hatten noch nie einen PsyKI gesehen der menschlich war. In den Medien wird auch nur berichtet dass sie Monster wären. Vielleicht war aber die menschliche Gestalt ihr normales Aussehen. Es ist in den Jahrzehnten vielleicht einfach untergegangen und anders ausgelegt worden…Er kratzte sich am Kopf. Das war zu viel für ihn um sich darüber Gedanken zu machen. Immerhin…was wusste er schon über diese Rasse? Alles was er wusste war aus Medien oder der Begegnung damals. Das mit Tetsuo gestern hatte ihn so aus der Bahn geworfen, weil es alles was er kannte auf den Kopf gestellt hatte. Er war keine bösartige und unkontrollierbare Kreatur gewesen die den Planeten übervölkern wollte, um die menschliche Rasse auszurotten…Das war ein kleiner Junge mit Gefühlen wie Angst und Neugier gewesen. Dennoch war sein Arm verdammt schnell wieder verheilt…

„Yamagata nimm jetzt endlich die Zeitung vom Tisch!“

„Ich bin aber gerade erst bei der Sportschau angekommen! Wollen sie dass ich ungebildet sterbe in diesem Loch?!“

Kaneda stand plötzlich auf und lief hinter Kai und anderen Schülern vorbei. Dann wanderte er die Treppe runter und verließ den Raum einfach. Kai sah ihm noch verwirrt hinter her. Was hatte er denn wieder vor? Eine Zeitung flog durch den Raum und landete auf seinem Kopf.

„Yamagata!“

Kaneda konnte nicht noch länger in der Schule die Zeit totschlagen! Er machte sich zu seinem Motorrad und warf es an. Verließ dass Schulgelände und raste auf der Straße runter. Er raste in die Richtung des vierten Highways. Er wollte nach Shima, jetzt und sofort! Als er an diesem ankam war er auch sehr darüber erleichtert gewesen dass er nicht gesperrt war. Er hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet, dass die Polizei ihn absperren würde nach der Aktion gestern. Aber nichts hatte sich getan. Die waren wohl mehr damit beschäftigt gewesen Donuts oder Sushi sich in den Kopf zu kloppen. Er raste diesen runter. Die Sonne war noch hoch am Himmel, aber es durfte noch gute 2 Stunden dauern bis es dämmerte. Definitiv zu früh, aber vielleicht hatte er ja Glück. Die Grundschule war nicht tief im Stadtzentrum. Sie lag im Osten und er brauchte auch nur eine gute Viertelstunde bis dahin. Der warme Sommerwind pfiff ihm durch das Haar und der Geruch des Flusses vermischte sich mit diesem. Der Fluss um Neo Tokyo war stark verdreckt gewesen. Es war also kein angenehmer Geruch. Momentan kämpfte die Stadt auch mit starken Preisen für sauberes Wasser. Woher kam das wohl nur? Sarkasmus. Er sah nach rechts zu dem Decksloch dass sich Stadt nannte. Wenn er die Möglichkeit hätte würde er abhauen. Er würde alles hinter sich lassen mit seinen Jungs und einen neuen Ort zum leben aufsuchen. Aber wohin sollten sie? Wer würde einen Jungen Kerl wie ihn und seine Bande schon freiwillig aufnehmen? Ohne Ausbildung und Schulbildung vor allem. Es war schon hoffnungslos. Er musste eben einfach damit klarkommen.

Und endlich sah er auch schon die Schule. Er bremste direkt vor ihr ab und sah rechts zu ihr. Schob seine Brille dabei hoch. Still wie immer. Vor ihm ersteckte sich ein Gebäude. Es war nicht besonders hoch, aber breit gebaut. Links davon sah er schon den durch einen Zaun abgesperrten Spielplatz. Der Zaun hatte Löcher ohne Ende. Langsam stieg Kaneda von seiner Süßen ab und legte die Brille um das Lenkrad. Er schob sie einige Meter von der Straße runter und versteckte sie hinter einem hohen Gebüsch. Sicherheitshalber, nur falls die Bullen doch noch Streife fuhren wegen gestern. Dann schritt er langsam auf das Gebäude zu.

Die Eingangstür ließ sich ohne großen Aufwand öffnen. Sie knirschte laut auf und er trat in die Halle dahinter. Sie war komplett zerstört gewesen. Zerstörte Spinte, der Boden hatte Risse und Gruben und alles Holz der Bänke, zum sitzen, war mit Schimmel überzogen und morsch. Efeu rankte sich an den Wänden hoch und um alles was er in die Finger kriegen konnte. Die kindlichen Zeichnungen an den Wänden waren verschmiert durch Wasser und Witterung. Das einzig Schöne war das Sonnenlicht dass sich durch die kaputte Decke in Strahlen einen Weg ins Gebäude schlich. Er hörte Vögel zwitschern und lief tiefer in das Gebäude. Er bog den Gang links ab und lief diesen runter. Bis er an einer Glastür ankam die direkt in den Hof führte. Sie war verschlossen, aber das Glas zersplittert dass er sie nicht zu öffnen brauchte. Vorsichtig schlängelte er sich hindurch und war auf den Hof. Alle Geräte zum Spielen waren kaputt und verdreckt. Die Wippe abgebrochen, der Sandkasten leer und überwachsen mit Gestrüpp und die Schaukeln abgerissen und halb noch da hängend. Es war gespenstisch…aber auch sehr traurig. Früher hatten an diesem Ort Kinder gespielt. Hatten Spaß und machten sich noch keine Gedanken um ihre Zukunft. Hätten bestimmt auch nicht gewusst dass ihre Zukunft so aussehen würde. Gepeinigt und gezeichnet vom Krieg.

Langsam lief er auf die Schaukeln rechts von sich zu und sah diese verträumt an. Solche…hatte er auch in seinem Waisenhaus gehabt. Er musste sich um einen Platz prügeln. Jeden Tag aufs Neue. Und meist bekam er danach von den Erziehern noch ne Schelle, weil er sich geprügelt hatte. Wie oft…hatte er eigentlich geweint? Saß abends in seinem Zimmer und weinte vor Wut und Trauer über sein Leben. Seinen Eltern nach die er verloren hatte. Wie oft hatte er geweint…bis er keine Tränen mehr übrig hatte und kalt in der Hinsicht wurde? Und es wurde ihm klar…Bereits damals musste er schon lernen, im zarten Alter von 5 Jahren, dass das Leben ein bloßer scheiß Kampf war. Entweder du frisst oder du wirst gefressen. Menschen waren nicht wirklich anders wie Tiere in seinen Augen. Nur weil sie Regeln hatten, konnten sie nicht verbergen was sie im Innern wirklich waren. Raubtiere mit großen Gehirnen. Sie töteten um zu fressen, sie lebten in Rudeln mit einer Ranghierarchie und sie hatten Sex um sich zu vermehren. Arterhaltungstrieb. Er musste aber aufhören daran zu denken. Er fing an sich vor sich selbst zu ekeln.

„Du bist aber schon früh hier.“

Kaneda zuckte förmlich zusammen und drehte sich schnell um. Die freche Stimme hatte ihn erschreckt, aber als er sah wer da auf dem Kletterturm vor ihm saß musste er doch etwas frech auflächeln. Er machte die Hände cool in seine Hosentaschen und sprach zu ihm:

„Dasselbe könnte ich auch zu dir sagen Tetsuo.“

Tetsuo saß auf einem leicht kaputten Kletterturm ganz oben. Er hatte das rechte Bein über das Andere gelegt und stützte sich mit den Händen nach hinten ab. Sein Haar wehte leicht im Wind, so wie auch sein rotes Cape dass er wieder trug. Letzten Endes hatte er es doch wieder aus dem Fluss gefischt. Er mochte es zwar nicht aber er brauchte es. Immerhin war es etwas von seiner Heimat…Er wirkte dabei fast wie ein Superheld, wie es so im Wind flog. Die weiße Kleidung natürlich befleckt mit seinem Blut von letzer Nacht. Inzwischen war es aber abgezeichnet als getrocknete dunkle Flecken. Seine Mine war nicht mit Freude oder Wut erfüllt. Eher neutral und achtsam. Er war echt gekommen…Das war gut, dann musste er den nächsten Schritt einleiten. Kaneda wusste nicht genau wie er sich ihm nähern sollte, also fing er einfach mal an zu reden und stand unten vor dem Turm, sah dabei hoch:

„Ich finde es cool dass du doch gekommen bist. Nachdem du gestern Abend einfach verschwunden bist, ohne mir ein Ja oder Nein zu geben, war ich mir da nicht mehr so sicher.“

„Du hast dir meinen Namen gemerkt.“

Kaneda sah ihn verwirrt an.

„Ähm…ja. Warum auch nicht?“

Tetsuo sah ihn einfach nur an. Und dann zeigte Kaneda mit seinem rechten Zeigefinger auf sich selbst und fragte lieb:

„Weist du noch wie ich heiße, hm?“

Und wieder sah ihn sein Gegenüber einfach nur still an. Es wirkte fast als würde er gar nichts mehr sagen wollen. War er echt so introvertiert dass man ihm alles aus der Nase ziehen musste? Das konnte ja lustig werden…

„…Du bist Kaneda. Dein einer Freund hat deinen Namen oft genug geschrien letztens, du hättest ihn mir gar nicht nochmal sagen müssen.“

Und da lächelte Kaneda erfreut.

„Ja richtig das war Kai!“

„Ja genau, dass war der Bengel der mich die Straße hochgejagt hat damit du mir den Kopfschuss verpassen konntest. Und dieses große laute Arschloch war auch dabei, das mich unter Dauerbeschuss hielt.“

Kaneda lachte kurz auf:

„Haha! Ja das ist die perfekte Bezeichnung für meinen Yamagata!“

Tetsuo lehnte sich nach vorn und sprach plötzlich ernster:

„Das war kein Spaß gerade.“

„Ja das dachte ich mir. Aber ich fand es einfach passend und irgendwie charmant.“

„Charmant? Bist du eigentlich bescheuert oder so?“

Kaneda legte den Kopf etwas verwirrt schief. Tetsuo klang sauer. Er wirkte an sich irgendwie so angespannt. Hatte er echt solche Angst vor ihm?

„Warum wolltest du dich hier mit mir treffen?! Was soll das?!“

Kaneda kratzte sich am Hinterkopf.

„Naja ich wollte mich mit dir treffen um dich kennen zu lernen. Ich dachte hier würde es am sichersten für dich sein. In Neo Tokyo hätte die Bevölkerung sicher schon längst nach dir geballert. Angefangen bei den Gangs bis hin zu der Polizei und im schlimmsten Falle dann auch noch das Militär.“

Es waren ehrliche Worte gewesen. Was aber Tetsuo seine Verwirrung nur noch mehr anfachte, wie auch dass er genervter wurde. Er stellte sich jetzt auf dem Turm auf und steckte ebenfalls die Hände in seine Hosentaschen. Sie blickten sich beide einfach nur an. Und auch wenn Tetsuo der war der höher stand, so hatte Kaneda doch dass Gefühl dass er von den beiden eher das Alphamännchen war. Und es war als würde er zu einer Göttin hoch sehen deren Gunst er gewinnen wollte…Er machte einen Schritt auf ihn zu. Tetsuo hatte ihn genau im Blick.

„Komm doch runter und lass uns ne Runde laufen. Was hältst du davon Tetsuo?“

„Nicht sehr viel.“

„Ach komm jetzt sei doch nicht so! Ich werde dich schon nicht auffressen.“

„Ja und ich werde dir nicht vertrauen. Ganz einfach.“

Er drehte dabei seinen Kopf arrogant zur Seite und schloss die Augen. Kaneda aber musste grinsen. Oh verstehe er machte einen auf schwer zu kriegen. Na das hatte doch seinen Reiz. Aber die Nuss würde er schon knacken. Da war er zuversichtlich. Nur wie sollte er…

„Oookay, dann machen wir doch eine kleine Wette.“

Tetsuo sah wieder zu ihm. Er schien verdutzt aber dennoch neugierig.

„Eine Wette?“

„Jep. Ich wette…“

Kaneda sah sich um und da kam ihm auch schon die Idee. Schnell sah er wieder hoch.

„Ich wette du kennst dich nicht in Sachen Motorräder aus.“

Tetsuo zuckte mit den Schultern. Warum sollte er auch?

„Was willst du mir damit sagen?“

„Erzähl mir etwas Technisches über meine Süße. Wenn du verlierst erzählst du mir etwas über dich.“

Tetsuo grinste überheblich.

„Und wenn ich gewinne?“

„…Dann mache ich eine Sache für dich. Was auch immer du magst.“

Das war ein Interessanter Vorschlag. Aber auch sehr gewagt. Kaneda konnte diese Wette aber gar nicht verlieren. Keiner kannte sich mit seinem Bike aus, außer er selbst. Sie war ne spezielle Anfertigung von ihm zusammen gebastelt, es war unmöglich diese Wette zu verlieren. Er musste nur hoffen dass sein Gegenüber auf den Vorschlag einging und anbiss. Tetsuo wusste nicht was dieses blöde Spiel eigentlich sollte aber…das wäre doch mal die Gelegenheit diesen Kerl in seine arroganten und selbstsicheren Schranken zu weisen! Er lächelte etwas fies und antwortete:

„Okay gut. Wo ist deine blöde Kiste?“

Perfekt er hatte angebissen. Kaneda zeigte ihm den Weg mit einem Kopfnicken. Natürlich kam Tetsuo nicht zu ihm runter. Er flog ganz elegant hinter ihm her. Der Ältere zog sie aus dem Gestrüpp hervor und etwas auf den Weg vor der Schule. Kaneda stellte sich daneben und zeigte auf sie. Präsentierte sie und sprach zu ihm hoch:

„Na dann komm mal runter und erzähl mir etwas über sie. Aber sei nett zu ihr, sie ist etwas empfindlich.“

Oh mann, als wäre das Ding lebendig. Wie nervig. Kaneda ging natürlich von dem Motorrad weg, da er wusste dass sich Tetsuo dem Teil sonst nicht nähern würde. Er war verdammt scheu, dass musste man sagen. Oder eher übervorsichtig. Kaneda kam es fast so vor als müsste er ein Tier zähmen. Tetsuo schien auch noch etwas zu überlegen. Aber dann kam er doch tatsächlich runter und stellte sich neben das rote Schmuckstück. Er sah sie an. Hatte die Hände noch immer in den Hosentaschen. Und dann blicke er zu Kaneda rüber, der ihn anlächelte und sprach:

„Und?“

Tetsuo sah wieder weg und zu der Maschine vor sich…

„Ein Hybrid.“

Kaneda sah ihn erstaunt an. Bitte was?!

„Hoch technologisches Rennmotorrad. Sie hat an beiden Rädern eine elektrische Leitung direkt verbunden zum Motor und nicht um mehrere Umwege herum. So kommt sie gleich in Sekunden schnelle auf das gewünschte Tempo. Sie hat zudem noch computergesteuerte Analogbremsen um sofort und allein reagieren und um perfekt stoppen zu können. Erreichen kann sie eine Geschwindigkeit von 200 km/h. Auch ist sie so gebaut dass sie weniger Windwiederstand hat bei dem Tempo dass sie erreichen kann und…“

Kaneda sah ihm einfach nur gebannt zu. Alles was er sagte war vollkommen richtig. Keine Ahnung woher er das wusste aber das war ihm im Moment auch vollkommen egal. Das einzige was er noch sah war Tetsuo. Er hörte ihm nicht mal mehr zu, er musste ihn nur ansehen. Seine Worte verschwanden in der Stille in seinem Kopf. Er hatte sich sogar auf Kanedas Bike gesetzt und erzählte einfach weiter. Spielte dabei an der Technik etwas rum. Auf seiner Schönheit saß eine…Schönheit. Und er geriet leicht in Wallung bei dem Anblick. Diese zarte Art wie er über das Bike streichelte. Er sich bewegte. Seine Atmung... Er schluckte, sah sich vor seinem inneren Auge bereits auf Tetsuo zulaufen. Sah wie er ihn packte. Sanft aber sicher. An beiden Handgelenken. Er drückte ihn auf das Motorrad hinter und sah ihn vor sich liegen. Wunderschön. Nur um dann zu ihm runter zu kommen und in einen innigen und wilden Zungenkuss mit ihm zu verschmelzen. Strich ihm dabei sanft das Oberteil hoch. Tetsuo seine Haut war zart und heiß vor Erregung. Und dann griff er tiefer um ihm diese Hose von der Hüfte…

“Hey! Hörst du mir überhaupt zu?!“

Sofort riss es Kaneda aus seinem Tagtraum und er sah erschrocken zu Tetsuo, der mit verschränkten Armen da stand und ihn wütend ansah. Als hätte man ihm einen Stein an den Kopf geworfen war er wieder im Hier und Jetzt. Sah das Bike zwischen den Beiden wie eine Sperre. Er hatte nicht mal wirklich gehört was er gesagt hatte und sprach nur aus Reflex:

„Ich will dich.“

Tetsuo sah ihn verdutzt an.

„Was?“

„Äh!I-ich meinte: du hast vollkommen recht! Heheh…“

Oh mann wie super peinlich. Er hätte sich innerlich selbst das Bein brechen können, so peinlich war ihm das! Sowas war ihm ja noch nie passiert. Noch nie war er so mischugge und verpeilt gewesen wie gerade eben. Er lief rot an. Was war nur los mit ihm?! Warum machte dieser Junge ihn so verrückt?! Er kam sich plötzlich vor wie ein pubertierender, notgeiler Teenager! Er musste sich fassen, ablenken von seinen Gedanken:

„…Woher kennst du dich denn mit Motorrädern aus? Wohl eher gesagt mit meiner Hübschen hier.“

Bescheidene Frage. Keiner konnte das Wissen! Also woher…? Tetsuo legte sich frech nach vorne und stützte sich dabei auf der Roten ab. Er sah ihn frech und überheblich an. Aber nicht böse, mehr…erotisch. Wobei sich das Kaneda vermutlich nur vorstellte. Nach dem Tagtraum eben…

„Tja was man alles so erfährt wenn man mal kurz etwas berührt was einem anderem gehört.“

Und da klingelte es plötzlich bei Kaneda. Er sah ihn erschrocken an und sprach dann laut:

„Warte mal! Du hast geschummelt! Du hast deine Psycho-Tricks eingesetzt um das rauszubekommen! Das ist nicht fair!“

Tetsuo wand sich wieder zurück von dem Bike.

„Tja es hieß nicht dass ich das nicht darf. Was wohl bedeutet ich habe gewonnen.“

“Wa…?! Moment Mal!“

Tetsuo drehte sich um und lief einige Schritte weg. Dann sah er über seine rechte Schulter hinter und sprach zu Kaneda:

„Lass uns etwas laufen. Ich könnte mal wieder meine Beine benutzen.“

Und dann lief er einfach auf das Gebäude zu. Kaneda sah ihm erstaunt nach. Er schob schnell sein Bike wieder in das Gebüsch und sah ihm nach. Okay…unerwartet aber nicht unwillkommen! Es dauerte auch nicht lange da musste er grinsen und rannte ihm hinterher. Er blieb allerdings etwas auf Abstand und hinter Tetsuo. Wollte ihm nicht zu nahe treten. Zumindest nicht außerhalb seiner Gedanken wohl gemerkt. Das bisschen Vertrauen was er gerade aufgebaut hatte, wollte er nicht gleich wieder zerstören. Also ließ er dem Kleinen seinen persönlichen Puffer.

Tetsuo lief auf die Glastür zu durch die Kaneda erst rausgekommen war. Aber anstatt sich durch diese durchzuschlängeln, wie er vorher, machte er eine leichte Bewegung seines linken Armes und riss sie komplett aus den Angeln. Schmetterte sie gegen die linke Wand des Gebäudes. Bei dem lauten Krachen zuckte der Ältere kurz zusammen und blieb stehen. Tetsuo klatschte sich die Hände sauber und sah hinter.

„Was? Kommst du oder nicht? Du wolltest doch spazieren.“

Er war etwas aggressiv in seiner Art…Er folgte ihm einfach weiter in das Gebäude. In der Halle setzte sich dann Tetsuo überheblich und etwas arrogant auf einen umgefallenen Spint und saß mit verschränkten Armen und dem rechten Bein über das Linke gelegt da. Er sah zu Kaneda, der etwas weiter weg verdutzt vor ihm stand. Wollte er nicht eben noch laufen? Es war komisch aber es fühlte sich an, als würde der Kleine vor ihm nur so tun als wäre er so mies und muffig. Und als die Stille einfach nicht gebrochen wurde fragte Tetsuo genervt:

„Und?! Was ist?! Willst du nicht mal anfangen mich zu löchern? Du hast doch bestimmt Fragen die dir auf der Seele brennen.“

Eigentlich brannte Kaneda was anderes, aber das wäre zu viel in dem Moment gewesen. Er blieb einfach stehen und überlegte…Was sollte er ihn eigentlich fragen? Er hatte sich noch keine Gedanken darüber gemacht…Er fing einfach mal mit einer normalen Frage an:

„Also…woher kommst du? Du bist definitiv nicht aus Neo Tokyo.“

„Von weiter weg.“

„…Okay. Gibt es noch mehr von deiner Sorte, von da wo du herkommst?“

„…Vielleicht?“

Kaneda wurde etwas ungeduldiger.

„Was kannst du noch so, außer fliegen und Telekinese?“

„…So einiges.“

Genug.

„Okay das reicht! Du antwortest nicht, du spielst mit mir! Macht es dir Spaß mich so auf die Palme zu bringen?!“

Tetsuo lächelte fies zu ihm rüber.

„Ehrlich gesagt ja. Es ist wirklich…unterhaltsam.“

Okay alles klar. Wenn er von sich aus sich nicht freiwillig öffnen wollte, dann musste Kaneda eben etwas nachhelfen! Entschlossen lief er auf ihn zu und in wenigen Sekunden änderte sich Tetsuos überhebliche und freche Art in Unsicherheit. Er setzte sich schnell normal hin und fauchte ihm zu:

„Komm mir nicht zu nahe!“

Aber Kaneda kam weiter auf ihn zu.

„Oder was? Reißt du mich in Stücke? Das wirst du nicht tun.“

Und Tetsuo wusste wirklich nicht was er tun sollte. Er sah ihn unsicher und wie erstarrt an. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Wenn er es tat würde er sich automatisch schützen wollen. Was bedeutet er würde ihn wirklich in Stücke reißen, oder schlimmer. Und das…wollte er eigentlich nicht…Und dann setzte sich Kaneda zu ihm. Er saß rechts von ihm, natürlich auf Abstand, auch auf dem Spint. Er warf ihm einen ernsten Blick zu und sprach:

„Schluss mit dem Spielchen. Ich bin nicht hier rausgefahren um mich von dir verarschen zu lassen Testuo.“

Auf diese Art reagierte auch sein Gegenüber etwas wütender.

„Ach ja? Vielleicht solltest du dich dann umdrehen und einfach verschwinden, wenn dir meine Spielchen nicht passen, du Blödmann!“

Keiner der den Beiden in dem Moment zusah würde etwas Gutes dabei rauskommen sehen. Es wirkte wie ein Streit der kurz davor war zu eskalieren. Da prallten mental zwei starke und nicht unterwürfige Jungs aufeinander. Kaneda wollte ihn teils unterwerfen und Testuo ließ dass nicht mit sich machen. Also würde ein Löwe sich sein Weibchen aussuchen und die stellte sich quer. Und genau dass brachte nichts. Deswegen machte, erstaunlicherweise, Kaneda den ersten Schritt zurück und wurde ruhiger. Er atmete aus und sprach freundlicher:

„Tut mir leid. Ich bin nicht hier um mich zu streiten.“

Und das überraschte Tetsuo. Er…er wich zurück? Es war aber nicht aus Furcht oder Unterwerfung es fühlte sich an wie…Respekt. Umsicht war vielleicht etwas passender. Konnte es sein dass er ihn…respektierte als das was er war? Noch nie hatte er einen Menschen erlebt der so zu ihm war. Nicht mal in seinem Dorf…Und da sah Tetsuo dann weg und vor sich auf den Boden. Beeindruckt. Zum ersten Mal in seinem Leben wurde er so von einem Jungen behandelt. Er sah wieder zu Kaneda. Sah ihn einfach nur an. Es war als würde er ihm…als würde er ihm sanft die Hand reichen. Als wollte er eine Verbindung aufbauen. Vertrauen…Warum wollte er das? Gestern wollten sie sich noch gegenseitig umbringen. Also eher Kaneda. Und jetzt das? Was sollte er tun? Was wollte er von ihm? Noch nie war Tetsuo sich so unsicher in seinem Leben gewesen…

„Vielleicht sollte ich jetzt lieber gehen.“

Kam es von Kaneda und dieser stand auf, so das Tetsuo ihm dabei verwirrt ansah.

„…Was?“

Der Größere sah zu ihm runter und antwortete:

„Wenn du nicht reden willst werde ich dich auch nicht dazu zwingen…Ich wollte wirklich gerne mehr über dich erfahren weil…Naja weil du mich faszinierst…Aber ich bedränge dich nicht gerne. Also denke ich wir machen hier Schluss.“

Schluss? Was meinte er mit Schluss? Tetsuo wusste nicht was er machen sollte. Er konnte einfach nicht offen reden! Er konnte es nicht! Es war zu gefährlich! Aber er wollte auch auf keinen Fall dass Kaneda jetzt einfach wegging! Er war auch wegen ihm hier. Er wollte doch auch mehr über ihn erfahren! Aber er wusste nicht wie er sich ausdrücken sollte. Was sollte er nur tun... ?

Aus der Ferne war plötzlich das Geräusch von einem Auto zu hören. In dieser Geisterstadt war es unglaublich laut und unüberhörbar. Erschrocken sahen beide zu der Eingangstür. Kaneda klingelten zuerst die Ohren. Diesen Sound kannte er! Das war definitiv eine Maschine der Polizei! Etwas was er durch viele Treffen mit denen gelernt hatte. Scheiße! Also machten die doch Kontrollgänge! Er sah zu Tetsuo runter und packte ihn plötzlich am rechten Handgeldenk. Der Kleine konnte nicht mal schnell reagieren, auch weil er total überrumpelt war. Er sah erschrocken zu Kaneda und der sprach ernst zu ihm:

„Wir müssen hier weg! Das sind die Bullen!“

Er zog Tetsuo auf die Beine hoch und rannte los. Riss ihn hinter sich her. Der Kleine ließ sich einfach mitreißen und sah Kaneda dabei ihn den Rücken. Warum…ließ er sich einfach…? Es war knifflig. Wenn die Polizei die Zwei an einem Ort wie diesen fand, mussten sie als nächstes mit auf die Station. Dort würden sie Kaneda dann einbuchten und Tetsuo…Oh Gott, wenn die herausfanden was er war würden sie ihn an Ort und Stelle exekutieren! Gnadenlos! Er riss den Kleinen weiter den dunklen Gang hinunter. Am Ende war allerdings eine verschlossene große Tür. Sie bremsten aus und der Ältere fluchte:

„Scheiße!“

Er sah nach rechts in ein Klassenzimmer. Sofort rannte er da rein. Zerrte natürlich noch immer den verdutzten PsyKI hinter sich her. Er wehrte sich nicht mal wirklich. Stellte auch keine Fragen. Der Klassenraum war übersichtlich. Kaum Möbel standen noch darin…Aber eine alte Besenkammer! Er flitzte auf diese zu und öffnete schnell die Tür. Schmiss Tetsuo förmlich rein und quetschte sich dann dazu.

„Hey was…?!“

Fauchte der Kleine und dann knallte die Tür der Kammer auch schon zu. Es war echt nur ne kleine Abstellkammer für Besen oder ähnliches gewesen. Aber dennoch passten beide grade noch rein. So dass es schon etwas kuschelig wurde…Tetsuo wurde mit dem Rücken an die Wand gedrückt und sah hoch zu Kaneda der…sehr nahe war. Er stützte sich vor ihm an der Wand ab und sah zu der Kammertür. Er schien zu lauschen und Tetsuo fauchte laut:

„Was soll das?!“

Kaneda sah zu ihm runter. Hielt von seiner rechten Hand den Zeigefinger vor seinen Mund. Eine Geste still zu sein.

„Das ist die Polizei. Die machen anscheinend eine Kontrollstreife wegen dem Krawall den wir letztens veranstaltet haben. Wenn die uns erwischen gibt es Ärger. Dich würden sie auf der Stelle töten!“

Machte er…sich Sorgen um ihn? Tetsuo sah sich um. Fragte dann genervt:

„Und du fandest kein besseres Versteck als eine Abstellkammer?! Dein Ernst?“

„Oh Verzeihung dass ich ihnen kein Luxushotel als Versteck anbieten kann!“

Aber so schlimm war es eigentlich gar nicht. Eigentlich…genoss er die Nähe etwas. Kaneda war der Erste der ihm…so nahe war. Den er so nah an sich duldete. Er konnte seine Herzschlag spüren…Er war genauso schnell und aufgeregt wie seiner…

Draußen war das Geräusch von Schritten zu hören. Sie waren aber fern, sie hallten nur so laut wegen der leeren Gänge und Stille. Tetsuo schloss die Augen und überprüfte das mal schnell. Er konnte sich mit Gedanken verbinden. Und er wusste in einer Sekunde genau wo die Polizei war. Es waren Zwei gewesen. Männlich und standen in der Eingangshalle von eben. Sie waren bewaffnet und sahen sich im Raum um. Es dauerte aber nur wenige Minuten und sie waren wieder aus der Eingangshalle verschwunden. Tetsuo brach die Verbindung ab und musste kurz blinzeln. Er sah wieder durch seine Augen und zu Kaneda rauf, der zu ihm runter sah und fragte:

„Alles okay? Du warst wie erstarrt.“

Tetsuo drückte sich an ihm vorbei und wollte aus der Kammer raus. Antwortete ihm:

„So ist dass wenn man in den Verstand der Schwachen eindringt.“

Und dann öffnete er die Tür und ging raus. Kaneda erschrak erst und wollte fragen: Was machst du da?! Aber sein Gegenüber bestätigte ihm gleich:

„Die sind schon weg. Ich konnte durch den einen seine Augen sehen.“

Ach so? Er hatte also spioniert. Wow er steckte echt voller Überraschungen. Kaneda kam hinter ihm raus und schloss die Tür.

„Sowas kannst du? Echt? Bei jedem?“

Tetsuo schnaufte genervt. Er klopfte sich sein Cape zu Recht.

„Nein! Ich hab doch eben gesagt dass es nur bei denen geht die einen Schwachen Geist haben. Da ist die Barriere nicht so anstrengend zu überwinden.“

Er sah wieder zu Kaneda. Sie standen einfach nur in dem Raum rum.

„Wie machst du das eigentlich alles? Ich meine musst du was Spezielles sagen? Einen Zauberspruch oder sowas?“

Tetsuo überlegte kurz. Die Frage war etwas ungeschickt gestellt, aber eigentlich interessant. Wie machte er das eigentlich? Er hatte sich selbst nie Gedanken darüber gemacht. Er verschränkte die Arme und legte den Kopf schief. Kannte die Antwort nicht.

„Naja…wie bewegst du denn deine Arme und Beine? Ich denke es ist das Selbe. Man macht es halt einfach ohne darüber nachzudenken. Das kommt vom Kopf.“

Und ihm wurde bewusst dass er plötzlich auf eine von Kanedas Fragen geantwortet hatte. Ihm war nicht ganz wohl dabei…Aber vielleicht war es doch von Nutzen. Er konnte ein Frage-Antwort-Spiel daraus machen. Das konnte... Er kam einen Schritt näher und stellte seine Bedingung:

„Okay pass auf: Ich merke schon dass du nicht locker lassen wirst. Allein weil du anscheinend so viele Fragen hast…Du hast mich eben was gefragt…Jetzt frage ich dich etwas. Und wir wechseln uns ab. Ich werde dir aber nicht antworten, wenn ich nicht will! Klar?“

Kaneda lächelte ihn plötzlich sanft an, so dass ihm etwas unwohl wurde dabei. Dieses Lächeln war einfach komisch sanft…

„Okay, mehr verlange ich auch nicht. Es klingt fair. Dann schieß mal los!“

Was sollte er ihn fragen? Er musste mal kurz darüber nachdenken…

„Du bist der Anführer dieser Jungs von gestern?“

„Jap. Ich bin Anführer der Biker Gang die sich Capsules nennt. Kai und Yamagata sind meine besten Freunde.“

Er drehte sich kurz um und zeigte auf das Logo seiner Lederjacke. Tetsuo sah das Logo und runzelte die Stirn. Was sollte denn die Kapsel bedeuten? Er wollte ihn das fragen, aber so waren nicht die Regeln. Er schwieg und wartete auf Kanedas Zug. Der Größere musste genau überlegen was er fragen sollte. Es schien als konnte man Tetsuo nicht wegen seinem Zuhause befragen. Das blockte er ab. Also was anderes…

„Wie alt bist du eigentlich Tetsuo?“

„…Ich bin fünfzehn.“

Kaneda grinste fröhlich an.

„Cool! Dann bist du ja fast so alt wie ich! Ich bin sechzehn!“

Warum machte er das alles? Warum interessierte ihn dieser Biker-Futzi nur so? Weil er ihn mental berührt hatte? Tetsuo konnte an dem Abend etwas spüren, als sie sich das erste Mal sahen. Es war wie als hätte sich eine Verbindung aufgebaut. Als hätte etwas Unsichtbares von ihm nach Kaneda gegriffen und er geantwortet. Als hätte es sich ineinander verschlungen und sich gefestigt. Verschmolzen. Er konnte es nicht anders ausdrücken. Und er konnte nicht loslassen. Ihn nicht loslassen. Er musste herausfinden was das war. Noch nie hatte er unter seinem Volk sowas gehört oder erlebt. Seine Mentorin wüsste bestimmt weiter, aber er konnte nicht einfach zurück…Er musste selber dran bleiben und es herausfinden.

„Ich mache dir einen weiteren Vorschlag Kaneda.“

Erstaunt sah ihn sein Gegenüber an.

„Okay? Da bin ich aber mal gespannt.“

„…Ich werde dir versuchen deine Fragen zu beantworten. So wie und wann ich es für richtig halte…Im Gegenzug möchte ich etwas mehr über dich lernen und...“

Jackpot! Das war ja zu schön um wahr zu sein! Er grinste immer breiter und sprach sofort laut zu ihm:

„Klar! Gar kein Problem!“

Tetsuo sah ihn verdutzt an. Er war noch nicht mal fertig gewesen.

„…UND ich möchte mehr über die Stadt an sich erfahren.“

Das war zwar etwas seltsam aber okay. Kaneda nickte.

„Lässt sich bestimmt einrichten. Aber sag mal…warum willst du etwas über Neo Tokyo wissen? Glaub mir es gibt echt bessere Orte als diesen.“

Tetsuo sah ihn einfach nur an. Sein Blick war von ein auf die andere Sekunde kühl geworden, aber irgendwie hatte Kaneda nicht dass Gefühl das es an ihm lag. Sehr leise und schon fast wie in Gedanken bekam er seine Antwort:

„…Du warst nicht da wo ich herkomme.“

Und damit wand er sich ab und lief zurück in Richtung der Eingangshalle. Beide. Aber Kaneda blieb wieder etwas auf Abstand. Es war komisch. Sie waren sich in dem Wandschrank eben so nahe gewesen und doch hatte er das Gefühl er sollte das nicht zu sehr ausreizen. Ihm klopfte in dem Wandschrank das Herz bis zum Hals. Aber nicht wegen der Aufregung, sondern weil ihm der Kleine so nah gewesen ist. Er roch angenehm und Kaneda konnte seine Wärme spüren. So wundervoll es auch gewesen war, er war froh dass Tetsuo schnell abgebrochen hatte. Sonst hätte Kaneda vielleicht noch nen Ständer bekommen. So Sex in einem Wandschrank hatte etwas reizvolles…Er schlug sich kurz leicht an den Kopf und sprach dann zu Tetsuo:

„Vielleicht erzählst du mir ja mal irgendwann davon.“

Er reichte ihm die rechte Hand. Tetsuo sah sie nur an und dann unsicher zu ihm hoch.

„Dann ist das so abgemacht Tetsuo…“

Und plötzlich griff der Jüngere auch die Hand. Warum kam er sich vor als würde er einen Pakt mit dem Teufel eingehen? Okay es war nicht SO schlimm. Der Handdruck war nur kurz, aber für beide bindend. Sie war warm... Und schnell drehte sich Tetsuo dann weg und rannte zu der Zimmertür. Er sah nochmal zu Kaneda und sprach:

„…Lass uns morgen weiter machen.“

Kaneda konnte nicht mal so schnell fragen, da war er schon verschwunden. Tetsuo rannte aus dem Gebäude und erhob sich gleich in die Lüfte. Er flog erst mal nur weg. Wusste nur noch nicht genau wo hin. Aber das war egal. Er musste gerade Dampf ablassen. Dieser Kaneda hatte ihn schon irgendwie eingeheizt…
 

Am nächsten Tag saß Kaneda wieder verträumt am Fenster in seinem Klassenraum.

Es hatte den ganzen Vormittag über geregnet. Zarter Nebel hing über den Straßen der Stadt nachdem dieser endlich nachgelassen hatte. Erzeugt durch die Hitze von den Straßen an sich und den Autos die darüber fuhren. Pfützen befanden sich an den Bordsteinen und auch der Schulhof hatte viele, auf die er nun starrte. Er war mit Tetsuo gestern so schnell auseinander gegangen. Es hieße sie wollten sich wiedersehen, aber er wusste nicht mal wann heute. Der Kleine war einfach weggerannt wie von einer Spinne gebissen und hatte ihn ohne einen Ort und Zeit, zum Wiedertreffen, stehen lassen. Und nun wusste er nicht ob er nicht einfach mal zurück nach Shima fahren sollte und ihn auf gut Glück finden.

Der Unterricht hatte schon lange angefangen. Nur mit dem Unterschied dass der Lehrer krank war und sie eine Freistunde hatten. Was bedeutete dass der Klassenraum sehr laut war. Verschiedene Dinge, besser nicht nennenswert, flogen durch den Raum. Zwei kloppten sich vor dem Lehrerpult und Yamagata las wieder seine Zeitung. Was aber seltsam war…Kai war nicht da. Ehrlich gesagt war das nicht seine Art und Kaneda machte sich auch etwas sorgen. Er war wie der kleine Bruder den er nie hatte. Und seit dem Unfall vor einem Jahr machte er sich immer sofort Sorgen wenn er mal nicht kam. Vor allem ohne sich abzumelden.

Kaneda drehte sich zu Yamagata hinter der, einen Platz hinter ihm in der Reihe, höher saß. Verschwunden hinter seiner Zeitung. Er zupfte an der Zeitung und der Große sah verwirrt zu ihm.

„Was? Immer wenn ich bei der Sportschau bin!"

„Sag mal weist du was mit Kai heute ist? Er hat sich nicht abgemeldet und ist noch nicht da.“

Yamagata sah sich schnell im Klassenraum um. Zuckte dann mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Vielleicht steckt er im Stau. Ungewöhnlich.“

Er las weiter. Im Stau? Mit einem Motorrad? Ernsthaft? Was Besseres fiel ihm nicht ein?

Kaneda winkte ihn genervt ab. Wenn der seine Zeitung hatte konnte man ihm einen Kracher unter den Arsch lagen und hochjagen, der kam nicht auf die Idee aufzustehen. Verdammt…

Er sah wieder aus dem Fenster neben sich raus. Der Hof war komplett leer. Aber dann hörte er etwas. Es war das Geräusch eines Motorrads. Er sah weiterhin runter und dann sah er auch schon die Maschine in den Hof fahren. Wer sagte es denn! Es war Kai. Er parkte hinten rechts bei den Maschinen der Jungs und stieg dann ab. Er wirkte sehr langsam und träge, was Kaneda schon seltsam vorkam. Und auch als Kai von seiner Karre weg und über den Hof lief, schien er sehr träge zu sein. Und dann klappte er zusammen. Es kam schnell und unerwartet, genau wie der Schreck der Kaneda überfiel. Er sprang von der Bank auf und sprach laut:

„Scheiße! Kai!“

Und dann rannte er auch schon los und auf die Tür des Klassenzimmers los. Yamagata zuckte förmlich hinter seiner Zeitung auf bei dem Schrei und sah dann erschrocken an ihr vorbei. Als er seinen Boss rennen sah, sprang auch er sofort auf und folgte ihm. Sie bretterten den langen Flur runter. Kaneda mit schrecklicher Sorge in der Brust. Kai war in die Knie zusammengebrochen und saß mitten ihm Hof. Da war er auch noch immer, als sie die Eingangstür verließen. Kaneda stolperte schnell die Stufen runter und rannte auf ihn zu.

„Kai!“

Er kam vor ihm auf die Knie und fasste ihn sanft an den Schultern. Er war nicht bewusstlos oder ähnliches. Er wirkte erschöpft und atmete schnell. Als er dann langsam zu seinem Chef hochsah wusste der auch endlich warum. Kai blutete. Er hatte eine dicke Wunde an der Schläfe und ein blaues Auge an derselben Seite. Keine Ahnung ob er eine Gehirnerschütterung hatte oder so, aber davon ging er erst mal nicht aus. Er hätte wahrscheinlich sonst kein Motorrad fahren können. Es sah aber schlimm aus. Dennoch lächelte er kurz. Besorgt fragte Kaneda:

„Was ist passiert Kai?! Was ist passiert?!“

Yamagata hatte endlich eingeholt und stand neben den Beiden. Er sah wütend auf sie herab und brüllte laut:

„Scheiße! Wer hat dir das angetan Bruder?!“

Er sah zu seinen zwei Freunden und sprach leicht erschöpft:

„E-es ist nicht so schlimm wie es aussieht Jungs, ehrlich…Ich bin nur…Ich bin nur in einen Trupp von Joker seinen Leuten reingefahren…Oder eher mehr von denen Gejagt worden. Einer hat mich übel am Kopf mit ner Stange erwischt, aber dann konnte ich sie abhängen…“

Er hustete kurz auf und fasste sich an die Stirn.

„Die haben was?! Diese Arschgeigen! Ich werde jeden Einzelnen von denen umbringen!!“

Schrie Yamagata und stampfte auf den Boden auf. In Kaneda selbst kochte innerlich Wut hoch. Wie konnten sie es wagen ihn einfach anzugreifen?! Nicht dass sie sich offen mit dem ganzen Trupp anlegten, sie griffen einen Einzelnen feige in der Gruppe an! Jagten ihn sogar über die Straßen vor der Schule! Dennoch musste er versuchen ruhig zu bleiben…Er fasste neben die Wunde an Kai seinem Kopf und sprach sauer:

„Tut…es sehr weh?...Komm ich bring dich auf die Krankenstation.“

Kai schüttelte den Kopf.

„Es sieht schlimmer aus als es ist. Wirklich. Ein Pflaster drauf und das war`s. Ich stehe nur noch etwas unter Adrenalin. Immerhin bin ich ne ganze Weile gejagt worden.“

Yamagata half ihm auf de Beine und sprach dabei sauer:

„Alter die hätten dich töten können! Hatten es sicherlich auch vor gehabt!“

Kai sah zu ihm.

„Haben sie aber nicht. Mir geht es gut, wirklich Jungs. Aber wir können Joker nicht weiter ignorieren. Er fängt schon an gezielt jagt auf uns zu machen.“

Da hatte er allerdings Recht. Es war an der Zeit etwas zu unternehmen. Kaneda sah entschlossen zu seinem Bike hinter und sprach dann:

„Kai…du begibst dich auf die Krankenstation. Yamagata du trommelst den Rest der Gruppe zusammen. Danach fährst du zu den Hatters uns fragst die ob sie sich anschließen wollen. Dann triffst du dich mit mir bei Harukiyas.“

Kai sah ihn verwirrt an.

„Anschließen?“

Yamagata rannte sofort zu seinem Bike und schmiss sich drauf. Er fuhr von dem Hof und wusste was er zu tun hatte. Es war Zeit für Krieg. Auch so langsam verstand Kai was los war und sprach eindringlich:

„Nicht Kaneda! Wir sollten das erst einmal überdenken und was planen!“

Kaneda lief ebenfalls auf sein Motorrad zu und schmiss sie an.

„Es reicht Kai. Ich sitze nicht mehr tatenlos daneben und warte dass er dem ersten meiner Jungs den Kopf abtrennt und mir in einem Paket schickt! Es reicht! Er will Krieg? Den kann er haben!“

Er setzte sich auf seine Süße drauf und zog seine Brille auf. Er würde diesen Bandenkrieg beenden. Und er war sich ziemlich sicher dass die Bande Hatters ihm dabei helfen würde. Sie waren beide nicht gut auf Joker anzusprechen. Ein Bündnis wäre in der Situation sinnvoll. Er sah ein letztes Mal zu Kai. Der wusste dass er seinen Chef nicht davon abbringen konnte. Das sah er in seinen Augen, also sprach er:

„Dann lass mich wenigstens mitkommen. Ihr braucht jede Hilfe die ihr bekommen könnt.“

Kaneda schüttelte die Idee mit dem Kopf ab.

„Du gehst dich untersuchen lassen. Wir holen dich dann nachher ab, wenn die Sache vorbei ist. Kannst du mir noch sagen wo du diese Typen angetroffen hast?“

„Da brauch ich nicht lange zu überlegen. Das war auf der Hauptstraße Nagata östlich von hier.“

Dann wurde da die Suche gestartet. Er nickte und raste dann auch schon los. Es war definitiv vorbei. Dass sie Kai so fies angegriffen und verletzt hatten, brachte das Fass zum überlaufen. Joker wollte Krieg, also sollte er ihn bekommen. Eigentlich hatte er sich diesen Tag friedlicher gewünscht und wollte nachher wieder nach Tetsuo suchen. Aber wenn einer seiner Brüder verletzt wurde ging das vor. Tetsuo musste leider warten. Er würde Joker jagen. Genau wie es Kai angetan wurde. Und dann, wenn sie den Bastard geschnappt hatten, dann kam es ganz darauf an wie er sich verhielt. Dann würde sich entscheiden ob sie ihn gefangen nahmen, foltern…oder töten. Was anderes stand nicht mehr zur Debatte.

Als er den Hof verließ sah ihm Kai noch besorgt nach. Er wollte lieber dabei sein. Er hatte Angst wie schlimm das alles eskalieren könnte. Wäre er nur eine anderen Route an diesem Morgen gefahren…Er wand sich voller Schuld ab und lief langsam in das Schulgebäude. Er musste auf die Krankenstation.

Auf einem Haus neben der Schule stand allerdings Tetsuo. Er sah noch wie Kai in die Schule verschwand und wand dann seinen Blick in die Richtung in die Kaneda verschwunden war. Er schien ja ein guter Kerl zu sein. Wie er sich um seine Bande sorgte…Auch wenn er nicht wusste worum es in dem Gespräch ging, so konnte er sich anhand der Wunde des einen Jungen vorstellen, dass es nichts Gutes gewesen war… Und er fühlte dass Kaneda voller Wut war. Diese Wut war riesig, wenn er das aus der Entfernung spüren konnte. Was auch nichts Gutes bedeutete. Er stand noch eine kurze Zeit da und war hin und her gerissen. Sollte er ihm folgen? Vielleicht brauchte er Hilfe? Aber warum genau sollte er ihm helfen? Dass würde ihn nur selber in Schwierigkeiten bringen…

Ein nasser Tropfen berührte seinen rechten Arm und er sah auf. Der Himmel wurde grauer und es würde in wenigen Minuten stärker regnen. Ein Unwetter brach an…Er sah wieder zur Straße runter…Und dann erhob er sich in die Lüfte und folgte Kaneda.

When the rain falls

Kaneda fuhr mit seinem Motorrad die nasse Straße entlang.

Pfützen teilten sich in der Mitte. Schmetterten rechts und links von sich gegen die Einwohner und hinterließen dreckige Flecken auf diesen. Wütendes Gebrüll hallte ihm nach als er immer weiter fuhr und es ignorierte. Es kümmerte ihn wenig ob die Menschen ihn mochten oder nicht. Alles was zählte war seine Familie. Seine Brüder. Dafür nahm er alles in Kauf. Er würde für seine Jungs in die Hölle fahren und wieder zurück. Das hatte er immer und immer wieder bewiesen. So wie sie das auch für ihn taten. Kai so verletzt zu sehen und zu wissen dass er teils mit daran Schuld hatte, macht ihn rasend. Joker würde dafür bezahlen.

In den vergangenen Jahren hatte sich das Verhältnis zwischen Jokers und Kanedas Bande immer mehr zugespitzt. Sie kannten sich inzwischen seit 3 Jahren und die Konflikte wurden immer krasser. Als sie sich das erste Mal in die Haare bekommen hatten war das noch harmlos gewesen. Kaneda sah es vor seinem inneren Auge als wäre es erst gestern gewesen.

Es war kurz nachdem ihr erster Boss abgehauen war. Kaneda war gerade erst frisch der neue Anführer geworden, da tauchte Joker auf. Er traf sie mit einer Gruppe seiner Jungs am Flussufer. Schon damals drohte er ihnen. Sagte dass die Straßen Neo Tokyos sein wären und das dort nichts passieren würde, ohne seine Erlaubnis. Er bot ihm damals sich mit ihm zu verbünden. Oder wohl eher sich ihm zu unterwerfen. Aber Kaneda lehnte ab. Er war sein Leben lang von Menschen zu Dingen gezwungen worden die er nicht wollte. Er wollte nie mehr versklavt oder unterjocht werden. Und damit hatte er Joker ziemlich ans Bein gepisst. Kurz darauf begangen die ersten Konflikte. Sie prügelten sich auf Plätzen, in aller Öffentlichkeit oder jagten sich durch die Straßen. Meist endete diese Art der Begegnung bei den Cops in der Zentrale. Kaneda war da sogar schon bekannt wie ein bunter Hund weil er und seine Jungs schon oft da gewesen waren. Meist wurden sie aber wieder laufen gelassen, weil sie sich gut rausreden konnten oder keine richtige Aussage gegen sie vorhanden war. Auf jeden Fall wurden diese Konflikte dann immer harscher. Irgendwann wurden es dann förmlich Bandenkriege in die Unschuldige mit reingezogen wurden. Sei es sie wurden überfahren oder auch mal mit ner Eisenstange im Vorbeifahren erwischt. Und dann fing Joker an mit Waffen zu schießen. Nicht jeder seiner Leute hatte sowas, aber es waren genug. Wie oft war Kaneda gerade noch so einer Kugel entkommen? Ja und dann kam die Sache mit den selbstgebastelten Brandbomben in Glühbirnen. Joker machte seine Sache klar und deutlich. Er wollte ihn tot sehen. Kaneda und seine gesamte Truppe. 3 Jahre lang pisste ihm Kaneda immer wieder vor den Karren und bekämpften sich. Gab einfach nicht nach. Was musste er doch für diesen Arsch ein Dorn im Hintern sein. Aber okay. Er wollte es auch langsam mal beenden. Der Angriff auf Kai war der Startschuss gewesen.

Kaneda raste um die Ecke und in die Gasse zu Harukiyas. Dort bremste er schnell und seitlich ab, bis er zum stehen kam. Matsch hatte sich durch den Regen gesammelt und spritzte vor ihm weg. Er schob sich die Schutzbrille auf die Stirn und griff in seine rechte Hosentasche. Nicht viel aber immerhin hatte er noch eine. Er zog eine Zigarette raus und nahm sie in den Mund. Suchte in seinen anderen Taschen nach nem Feuerzeug. Hatte aber keins dabei. In dem Moment kam die Treppen neben ihm, aus der Bar, der Besitzer des Ladens hoch. Er trug eine schwere Kiste in den Armen und sah zu Kaneda. Der blickte ebenfalls zu ihm.

„Brauchst du Feuer Schönling?“

Kaneda nickte nur und schon kam der große Mann auf ihn zu. Als er neben ihm stand hielt er, als wäre es super leicht, die Kiste mit ner einem Arm fest. Er griff in seine Hosentasche und zog ein Feuerzeug heraus. Machte eine schnelle Bewegung und zündete ihm die Kippe an. Kaneda machten einen Zug. Atmete dann den Rauch aus und hielt sie in der rechten Hand.

„Danke mann. Viel zu tun?“

Der große und starke Barbesitzer, der auch hinter der Theke stand und seine Drinks verteilte, steckte wieder das Feuerzeug weg und packte die Kiste erneut mit beiden Händen.

„Immer. Kommt ihr wieder um meine Bude zu zerlegen? So wie neulich? Meine Bar ist kein Fight Club!“

Bude zerlegen?...Ach er meinte als Yamagata sich mit dem einem Clown geprügelt hatte, der als Kurier geschickt wurde. Echt? Wurde dabei so randaliert? Der musste ja was drauf gehabt haben, wenn er so lange gegen seinen Bruder durchhielt, dass die Umgebung dabei Schaden nahm. Yamagata war für einen Japaner sehr groß und klotzig gebaut. Das war an sich schon eine Seltenheit. Kaneda lachte kurz auf und winkte ihn locker ab.

„Nein nein heute nicht. Das letzte Mal war auch nicht beabsichtigt gewesen.“

„Is mir scheißegal was es war. Wenn ihr nochmal sowas fabriziert dann war`s das mit der Nutzung meiner Werkstadt und dem Treffpunkt für euch!“

Und damit wand er sich auch ab und lief neben seine Bar in die Gasse. In die Selbe wo er mit Tetsuo letztens geredet hatte. Sicher war in der Kiste Müll, denn dort hinten waren die Müllcontainer. Kaneda nahm einen weiteren Zug und wartete auf Yamagata und hoffte auf gute Nachrichten. Es war extrem selten dass er andere Gangs um Hilfe bat. Aber wenn er das mit Joker endlich erledigen wollte, wäre etwas Beistand besser und schneller. Er kannte die Hatters. Er hatte oft Deals mit ihrem Boss gehabt und sie waren auch schon zusammen saufen gewesen. Ihr Boss der sich einfach nur Mad nannte war ein verrückter aber ehrlicher Kerl. Vielleicht nicht korrekt in der Art wie er Sachen durchzog aber wer war das schon in Neo Tokyo? Er hoffte halt echt darauf dass er zustimmte. Ansonsten würde es etwas dauern Joker zu erledigen. Er musste kurz schmunzeln. Innerlich sah er vor sich das Gesicht der guten, alten Oma Nakamura. Wie sie ihn als guten Jungen bezeichnet hatte. Guter Junge was?...Er würde heute zu fast 100 Prozent wieder das Gesetzt brechen und vielleicht sogar jemanden töten…

Ein lautes Schnurren von Motorrädern drang zu ihm und Kaneda sah vom Boden auf. Er sah hinter sich zum Ende der Gasse. Es waren vom Geräusch her nur Zwei. Sofort warf er die Kippe weg und drehte sich hinter seiner Süßen um. Stand direkt und cool neben ihr. Da bretterten auch schon, wie gehört, zwei Maschinen in die Gasse. Die Vorderste kannte er. Es war Yamagata auf seiner Maschine und er bremste vor Kaneda ab. Natürlich so dass kein Schlamm flog. Und dann kam die andere Maschine mit ihrem Besucher neben dem Großen auch zum stehen. Kaneda war erfreut diesen Besucher zu sehen und lächelte fies.

„Na das nenn ich doch mal einen gelungenen Besuch.“

Der große Klotz, der vom Bike stieg schob sich eine Gasmaske aus dem Weltkrieg hoch. Darunter war ein junger Mann, Straffe und grobe Züge. Definitiv älter als Kaneda oder Yamagata. Er trug eine Bomberjacke im Tarnmuster und eine Schwarze lockere Hose. Er machte drei Schritte auf Kaneda zu und der kam ihm ebenfalls entgegen. Als sie voreinander standen sahen sie sich etwas an. Bis der Große endlich grinste und in einer grölenden Stimme sprach:

„Das ich dich mal wieder sehe. Wie geht es dir so Kaneda du Pflaume? Wie ich sehe noch immer keine Old Lady dabei, nur dieses rote Monster von einem Motorrad.“

Kaneda sah zu seiner Süßen und dann wieder frech zu seinem Gegenüber.

„Tja lass niemals den Job eines Motorrads von einer Frau erledigen. Wie ich sehe geht’s dir bestens Mad, du Wichser.“

Es war trotz der harten Worte eine lockere Atmosphäre. Mad legte seine rechte Pranke auf die Schulter von Kaneda und fragte:

„Warum zitierst du mich in dieses Drecksloch von einem Viertel? Dein Botenjunge meinte: es könnte sich für mich lohnen.“

Kaneda lächelte mies, hatte noch immer beide Hände in den Hosentaschen.

„Ich dachte ich werfe dir mal ein Leckerli zu dem du nicht wiederstehen kannst…Ich will mich mit Joker anlegen.“

Mad sah ihn einfach nur still an…Und dann brach er in ein lautes Lachen aus, dass durch die Gasse donnerte. Er fasste sich an den Bauch dabei. Yamagata sah ihn genervt an und schob seine Schutzbrille hoch, während er noch auf seinem Bike saß. Der gewaltige Koloss hörte leicht auf zu lachen und wand sich wieder an Kaneda:

„Das ist doch nichts Neues. Du pisst ihm doch schon ewig ans Bein. Was soll das also?“

„Ich will ihn fertig machen...Ihn stürzen.“

Und da hörte Mad komplett auf zu lachen. Er schien plötzlich ernster, aber auch amüsiert. Er machte seine Hände in die Taschen seiner Jacke. Okay. Kaneda hatte seine Aufmerksamkeit.

„Du weist das Joker eine unglaubliche Menge an Leuten hat Kaneda. Und du weist auch dass er nicht gerade primitiv bewaffnet ist wie ihr. Ich hörte er bastelt jetzt schon Granaten.“

„Brandgranaten um es genau zu sagen. Mad ich will ihn stoppen. Vorhin kam einer meiner Jungs zu Schule. Er war stark am Kopf verletzt und das war Joker gewesen! Sie haben ihn wie Vieh durch die Straßen gejagt! Hätten ihn getötet! Ich warte nicht bis das passiert! Das ist keine harmlose Sache mehr! Er will mich und meine Leute tot sehen! Und deswegen muss ich ihm zuvor kommen!“

„Und das macht dich zu was besserem?“

Und da wurde Kaneda still und sah Mad nur an. Er schien es ernst zu meinen.

„Du hast doch auch schon sowas getan Kaneda. Diesen einen Typen, der fast den Jüngsten aus deiner Gruppe in Stücke gerissen hätte. Den hast du auch gejagt und dafür Kohle kassiert. Was macht dich in der Hinsicht besser als Joker?“

„Das war ein PsyKI! Das war was anderes!“

„Ach war es das?“

Er machte einen guten Punkt. Kaneda wusste nicht mehr wirklich wie er noch dagegen gehen sollte. Inzwischen hatte er ja auch verstanden dass es falsch gewesen ist. Töten aus Rache war falsch. Es gab Genugtuung aber machte ihn nicht zu etwas Besserem. Dennoch war er sich sicher…es musste aufhören. Er sah entschlossen zu dem Großen.

„Ich wollte dich um deine Hilfe bitten. Ich mache das hier nicht aus Gründen wie Geld oder Rache. Ich mache das aus Sorge! Er hat Kai verletzt! Und das nächste Mal wird es nicht bei einer Verletzung bleiben! Ich muss meine Jungs beschützen! Und dafür muss Joker von den Straßen verschwinden!“

Und da schaltete sich wütend Yamagata ein:

„Lass es gut sein Boss! Du musst dich ihm gegenüber nicht erklären! Wenn er uns nicht helfen will dann soll er seinen fetten Arsch auf sein Motorrad schwingen und ab düsen!“

Mad sah zu dem Großmaul hinter und zeigte wütend mit dem rechten Zeigefinger auf ihn.

„Vorsicht Kleiner. Ich hab andere schon wegen weniger den Arsch aufgerissen.“

„Yamagata hör auf. Ich weis das zu schätzen Bruder, aber das ist etwas zwischen ihm und mir.“

Wand sich Kaneda an seinen Kumpel und der nickte, wenn auch wiederwillig, zurück. Mad sah wieder zu dem Anführer der Capsules.

„Deine Jungs stehen echt voll hinter dir was? So langsam verstehe ich warum Cap die Gang aufgegeben hat und sie dir überließ.“

„Wenn du der Meinung bist mir nicht helfen zu müssen Mad, dann gib mir wenigstens Hilfestellung.“

„Und die wäre?“

„Wo ist Joker sein Versteck?“

Mad fing wieder laut an zu lachen.

„Hahahaha! WO ist sein Versteck?! Was wirst du tun?! Hingehen und ihn ausräuchern?“

Kaneda schüttelte den Kopf.

„Ich werde ihn stellen und mit ihm reden.“

Yamagata sah ihn erschrocken an. Bitte was?! Wo kam die hirnrissige Idee denn plötzlich her?! Der Koloss vor ihnen sah Kaneda nur interessiert an. Es war riskant nur mit Joker reden zu wollen. Wenn er eines bewiesen hatte, dann dass er nicht gerne redete wenn man es leichter mit Gewalt lösen konnte. Und abgesehen von Sex und Drogen mochte Joker nichts lieber als Gewalt. Es gab ihm einen Kick. Das hatte Mad auch schon miterleben müssen. Er schüttelte den Kopf.

„Die Idee ist noch bescheuerter. Wenn du dir nicht rein zufällig einen PsyKI gezähmt hast und mit diesem an der Leine in das Versteck spazierst, ist das Selbstmord. Seine Hütte ist bis an die Zähne verteidigt und besetzt.“

Kaneda verschränkte die Arme vor sich an der Brust. Tetsuo wäre in der Hinsicht perfekt dafür…Er schüttelte den Kopf und warf den Gedanken sofort weg. Warum sollte der ihm helfen? Sie kennen sich doch fast gar nicht. Und außerdem…wollte er ihn nicht in Gefahr bringen.

„Ich hab da eine bessere Idee.“

Kam es plötzlich von Mad und beide sahen ihn erstaunt an. Hatte er doch seine Meinung geändert? Es hörte sich nämlich erst so an als wollte er auf keinen Fall helfen.

„Bin ganz Ohr.“

Kam es von Kaneda.

„Ich mache dir nur einen Vorschlag und nur diesen Einen: Ich biete dir meine Hilfe an. Ich sage dir wo sich Joker sein Versteck befindet. Er wird seine Bruchbude nicht verlassen. Soweit ich mitbekommen habe, hat er seit 5 Monaten schon nicht mehr an nen Raubzug seiner Bande teilgenommen...“

Wenn er das so erzählte musste Kaneda zustimmen. Wirklich. Er hatte Joker auch schon ewig nicht mehr gesehen. Nur seine Laufburschen die alles für ihn erledigten. Das war schon seltsam. Yamagata warf ein:

„Ist der Sack schon zu faul geworden um sich mit uns persönlich abzugeben?! Oder Steckt der mit seinem Ding in seiner Hure fest?!“

Mad sah zu ihm.

„Keine Ahnung. Auf jeden Fall würde ich es so machen: Ich sorge mit dem größten Teil deiner und mit meiner Gruppe für eine Ablenkung. Wir locken Joker seine Bande aus ihrem Hauptquartier und jagen sie durch die Straßen. Derweil machst du dich mit zwei oder drei deiner besten Jungs zu seiner Bruchbude. Er wird kaum bewacht sein und du bekommst die perfekte Gelegenheit ihn festzunageln. Nimm ihn gefangen und dann treffen wir uns um zu sehen was wir mit ihm anstellen.“

„Du willst ihn gefangen nehmen? Warum Mad?“

Er sah Kaneda ernst an.

„Weil wenn er tot wäre, es sonst keinen mehr gäbe der seine Hunde zurückpfeift.“

Er meinte damit Jokers Leute. Klang einleuchtend. Die könnten dann anfangen auf der Straße zu randalieren. Sicher hätte dann mal wieder die Polizei was zu tun. Die guten Leute sollten ja auch für ihr Geld arbeiten. Aber es war falsch Unschuldige da wieder mit reinzuziehen. Und Kaneda gefiel der der Plan. Solange er Joker wenigstens mal ordentlich in die Fresse hauen konnte, also es sprach nichts dagegen. Vielleicht konnte Kai ihm dann auch mal persönlich eine ballern. Klang gut. Er nickte zustimmend.

„Okay klingt gut. Aber lass mich dir noch eine Frage stellen…Was springt für dich dabei raus? Was willst du dafür haben?“

Typisch Kaneda. Er war aufmerksam. Sein Gegenüber grinste.

„…Ich will das haben weswegen er nicht mehr seine Bude verlässt.“

Kaneda sah ihn verwirrt an.

„Hä? Was meinst du?“

„Es kursiert schon, lange in der Unterwelt meines Stadtteils, ein Gerücht. Angeblich lässt sich Joker nicht mehr auf den Straßen blicken, weil er zu sehr damit beschäftigt wäre eine Waffe zu entwickeln. Etwas womit er allen in Neo Tokyo ordentlich einheizen könnte.“

Eine Waffe? Das klang nicht gut. Die Brandbomben waren schon heftig, ganz zu schweigen von den Handfeuerwaffen. Wollte er etwa für Chaos und Anarchie in den Straßen sorgen? Um sich als König eines Schrotthaufens namens Neo Tokyo zu erheben? Böse Sache wenn das stimmen sollte. Aber das Mad Interesse an dieser angeblichen Waffe fand, war Kaneda ebenfalls nicht geheuer…

„…Was hast DU denn mit dieser Waffe vor? Sollte es sich wirklich bestätigen dass sie existiert.“

Mad sah ihn eine kurze Zeit lang nur an…Dann aber lächelte er.

„Ich will dass Ding aus unserer Stadt haben. Was auch immer es sein sollte, es muss zerstört werden. Neo Tokyo ist auch so schon genug im Arsch, da brauchen wir nicht noch mehr Kriegswaffen auf den Straßen.“

Und irgendwie glaubte ihm Kaneda das…teils. Er legte die rechte Hand an sein Kinn und überlegte…Es ging plötzlich nicht mehr nur darum Joker eine zu verpassen. Wenn es wirklich stimmte, dann waren die Straßen an sich in Gefahr. Die ganze verdammte Stadt. Sollte Joker tatsächlich an einer Weltuntergangs-Waffe arbeiten musste diese vom Tisch gefegt werden, bevor sie fertig war. Vor allem zum Schutz seiner Jungs. Also nickte er zustimmend und reichte Mad die rechte Hand.

„Okay. Wann soll es losgehen?“

Der Große nahm seine Hand an und besiegelte das Bündnis damit. Sekunden danach ließ er bereits wieder los und drehte sich um, lief zu seiner protzigen Karre. Als er sich draufsetzte wippte sie eine Etage tiefer und er sah zu Kaneda, als er den Lenker griff.

„Wir treffen uns in 2 Stunden am alten Hafen von Neo Tokyo. Bring Joker dahin. Ich werde seine Jungs 1 Stunde lang beschäftigen, nicht länger. Währenddessen krallst du dir das Arschloch. Du findest sein Versteck in der alten Bowlinghalle in Shinjuka. Sie liegt in der Nähe des alten Hafens. Das Gebiet ist komplett gesperrt, du solltest also keine Zivis oder Bullen antreffen wenn du mal drin bist.“

Er zog seine Gasmaske runter und schmiss seine Karre an. Sah noch ein letztes Mal zu Kaneda rüber und sprach:

„Schick deine Jungs, die du entbehren kannst, zum Asaki-Park. In 10 Minuten fang ich mit der Randale an.“

Und dann schoss er auch schon auf dem Bike aus der Gasse und war verschwunden. Kaneda sah ihm einfach nur hinterher während Yamagata auf ihn zu kam. Der schien etwas besorgt.

„Bist du dir da sicher Kaneda? Ich hinterfragte nicht dein Urteil, nur ob Mad wirklich keine Hintergedanken hat, wegen dieser Geschichte mit ner Waffe.“

Kaneda sah rechts zu ihm.

„Genau aus dem Grund bleiben wir wachsam. Ich nehme seine Hilfe an, heißt aber nicht dass ich ihm vertraue. Wenn wir wirklich so eine Waffe bei Joker finden sollten, dann zerstören wir sie bevor wir uns mit Mad treffen. Ich gehe da kein Risiko ein.“

Yamagata nickte ihm zustimmend zu.

„Ich schick den Rest unserer Truppe zum Park. Komm aber danach wieder zu dir.“

„Yamagata du musst nicht…“

„Ich bin deine linke Hand! Und ich werde dich nicht in das Nest dieser kunterbunten Kakerlaken laufen lassen ohne an deiner Seite zu sein!“

„Dann sind wir ja schon zu zweit…“

Bei der Stimme sahen beide erschrocken hinter sich. Dicht hinter ihnen kam Kai angelaufen. Er hatte den Kopf leicht verbunden und lächelte freundlich. Er war ohne Bike da. Aus Sicherheitsgründen war er mit der Bahn gefahren und gelaufen. Wollte nicht wieder in Jokers Leute rein brettern. Yamagata grinste und rannte zu ihm hin. Er nahm ihn unter seinem linken Arm in den Schwitzkasten, wuschelte ihm durch das Haar und sprach zu Kaneda fröhlich:

„Ich stehe auf einen flotten Dreier voller Schmerzen!“

„Au lass mich los Yamagata!“

Aber dennoch lachte Kai bei der Aussage. Kaneda lächelte nur sanft zu ihnen rüber. Sie waren…wirklich seine besten Freunde und Brüder.

„Wie geht es deinem Kopf Bruder?“

Frage er rüber und Kai riss sich endlich aus dem Griff des Großen. Er fasste sich an die verletzte und verbundene Stelle am Kopf und antwortete freundlich:

„Ist nicht schlimm. Die Schwester meinte ich hab keine Gehirnerschütterung oder anderes. Ich soll mir nur Schmerztabletten rein pfeffern wenn ich ein Brummen im Schädel bekommen sollte. Ich bin also dabei Kaneda. Egal was du willst! Wenn es um deine Sicherheit geht stell auch ich mich mal quer!“

Und damit stand es auch bereits fest. Kaneda erzählte Kai nochmal genau den Plan und das Vorgehen. Währenddessen schickte Yamagata den Rest der Gang auch schon zum Park um sich mit den Hatters zu treffen. Erklärte diesen ebenfalls den Plan. Nach einigen Minuten war er auch wieder da. Kai saß hinter Kaneda auf seinem Bike. Er hielt sich an seinem Boss fest und dann schossen sich auch schon aus der Gasse…

Tetsuo flog weiter oben von der Hauswand weg, an der er vor Sekunden noch gestanden und ihnen zugehört hatte. Er folgte ihnen natürlich weiterhin schnell und unbemerkt. Es schien langsam interessant zu werden. Sanft fing der Regen an und es nieselte auf die Erde herab. Dazu mischte sich ein leises Donnern in den Wolken.
 

Ein schrecklicher Krieg brach auf den Straßen aus.

Die Hatters und einige von den Capsules bekämpften sich bis aufs Blut mit den Clowns. Sie fuhren sich in einer Hetzjagd hinterher. Über alles was ihnen im Weg stand hinweg und ohne Rücksicht. Wäre Kaneda da gewesen hätte ihm das nicht gepasst, aber Mad hatte die Führung in dem Fall übernommen und er hatte seine eigenen Regeln. Er fuhr fast ein Kind über den Haufen. Ein kleines Mädchen. Die konnte aber gerade noch aus der Bahn springen. Je länger die Jagd dauerte umso mehr eskalierte es. Sie prügelten sich mit Stangen. Schüsse knallten durch die Luft und Brandbomben flogen in fremde Autos an den Rändern der Straße. Zündeten diese an und jagten sie in die Luft. Es wurde so schlimm dass sogar die Polizei anfing sich einzuschalten. Es herrschte pures Chaos auf den Straßen. Eines von dem Kaneda und seine zwei Brüder nichts mitbekamen.

Kurz nachdem die Krawalle losgingen waren die Drei schon im Sperrgebiet angekommen. Sie hatten sich nicht weit entfernt vor der alten Bowlinghalle auf die Lauer gelegt. Hinter Schutt auf einem Berg. Sahen aus dem Schutz heraus wie fast eine komplette Armee aus der Bruchbude kam und sich auf ihre Bikes schwangen. Wild schrieen und dann mit Donner unter den Rädern davon brausten. Kaneda hatte ja wirklich nicht daran gezweifelt dass Joker viele Leute hatte. Aber mit so vielen hatte nicht mal er gerechnet. Das war Wahnsinn. Er war ja fast wie der Pate! Wie kam es dass er plötzlich so viele Anhänger hatte? Und das anscheinend über Monate hinweg. Er musste ein verdammt überzeugendes Argument haben um sich so viele Menschen zu Dienern zu machen. Oder er verfügte wirklich über etwas, weswegen sich ihm Leute lieber anschlossen als gegen ihn zu sein. Etwas was Angst vor ihm verursachte. Und plötzlich hielt Kaneda die Idee einer gefährlichen Waffe nicht mal mehr so abwegig…

Natürlich waren die Jungs nicht unbewaffnet. Sogar sehr gut, denn sie hatten noch die Laserknarren vom letzten Mal über. Davon als sie Tetsuo gejagt haben. Yamagata hatte sie noch nicht zurück gebracht und sie quasi in der Werkstatt von Harukiyas geparkt. Inzwischen waren sie froh diese dabei zu haben. Die Akkus waren auch noch im OK-Bereich. Nicht voll aber was solls. Eigentlich wollten sie niemanden erschießen, es sei denn Joker legte es drauf an. Diese Waffen waren entwickelt worden um PsyKI´s ordentlich unter Druck zu setzen und sogar deren Schilde zu brechen. Wenn sowas nen Menschen traf zerknallte der wie eine Wasserbombe an ner Steinmauer! Zumindest von dem was man immer wieder von diesen Waffendealern höre. Könnte also unappetitlich werden. Wirkte wie ein Overkill, aber besser als nichts.

Yamagata wurde erneut ungeduldig und sah über die Schuttmauer. Nichts. Es war total ruhig. Nicht mal Wachen waren zu sehen, der Mistkerl musste sich seiner Sache echt sicher sein. Er sah zu Kaneda, der in Gedanken nur da saß und auf den Boden sah. Kai direkt neben ihm und sich den Verband zurechtrückend. Dann fragte der Große tatsächlich mal etwas leise:

„Wann lassen wir die Bombe hochgehen Kaneda?“

Dieser sah aus seinen Gedanken gerissen zu ihm. Und dann drehte er sich um und schaute auch über den Schutt hinweg. Es war wirklich sehr ruhig…

„Warte noch…Ich kann mir einfach nicht vorstellen dass wir da so rein spazieren können ohne aufgehalten zu werden.“

Kai drehte sich auch um und nickte zustimmend.

„Sehe ich auch so. So leichtsinnig kann er nicht sein.“

Also würden sie noch länger warten? Tetsuo wurde langsam auch etwas ungeduldig. Er saß über ihnen auf dem alten Haus und sah runter. Schnaufte genervt und leise. Er wollte ja nicht auffallen. Konnte, im Gegensatz zu ihnen, spüren dass da drin noch Leute waren. Aber nicht viele. Und einer fühlte sich aber ganz komisch an. Es war so seltsam und nicht richtig zu greifen. Ehrlich gesagt sehr unheimlich…Dennoch nervte es ihn langsam! Sie trauten sich nicht ihre Hintern in Bewegung zu setzten, weil sie schiss hatten in einen Hinterhalt zu geraten?! Gut! Dann brachte Tetsuo eben die Wachen nach draußen! Damit die Sache mal losgehen konnte!

Er war da oben sicher und stellte sich hin. Es brauchte nicht lange und er hatte auch schon eine Idee, die so simpel war, dass er sich echt fragte warum die drei Trottel nicht mal selbst darauf kamen! Er sah rechts neben der Bowlingbahn, die ein auffällig großes Schild mit Kegeln hatte, einen Elektromast stehen. Er war nicht mehr verkabelt gewesen und alt. Mit Leichtigkeit konzentrierte er sich darauf und riss ihn um. Allerdings riss er ihn nicht so um, dass er auf die Hütte fiel, sondern direkt vor deren Tür. Kaneda und seine Jungs sahen dem erschrocken zu. Keiner wusste wie das so plötzlich sein konnte und dann donnerte es so laut auf, dass es hätte Tote wecken können! Eine Staubwolke riss sich los und die Straße vor ihnen bekam leichte Risse durch den Aufprall, weil sie schon so alt und ungepflegt war. Sofort machte Tetsuo einen Satz nach hinten. Aus der Sicht der Jungs unter ihm. Denn als hätte er es gefühlt, sah Kaneda hinter sich auf das Haus hoch. Natürlich sah er ihn nicht und runzelte die Stirn. Weswegen Kai verwirrt zu ihm sah und fragte:

„Was ist Kaneda?“

Kaneda sah wieder verwirrt vor.

„Nichts…Ich dachte nur…Ist ja auch egal.“

„Alter das Ding ist einfach umgefallen!“

Sprach Yamagata leise. Tetsuo dagegen lag auf den Bauch in Deckung und grinste fies. Voller Erfolg. Nach wenigen Sekunden kamen auch schon zwei Clowns bewaffnet raus gerannt. Wir ihr Name sagte waren sie bunt und mit so komischen Masken bekleidet. Oder Motorradhelme waren bemalt wie Fratzen. Sie brüllten zum umgestürzten Mast hin und zeigten immer wieder auf ihn. Es waren also nur zwei Wachen? Zum Glück war der Mast umgefallen, sonst wären sie ihnen wahrscheinlich in die Arme gerannt.

„Okay Yamagata! Du schnappst dir den Rechten und ich mir den Linken!“

„Okay Chef!“

Brüllte er und kam aus seiner Deckung. Er zielte zum Schrecken der anderen Zwei mit der Knarre auf den Rechten und drückte…

„Was machst du?!“

Schrie Kai aber da knallte der Schuss auch schon aus der Waffe. Es war laut und auch Tetsuo schrak oben auf dem Dach zusammen, wie alle anderen. Er kannte dieses Geräusch! Es versetzte ihn in Schrecken und Unwohlsein. So dass er sogar leicht zitterte. Es zerriss das Gleichgewicht in der Luft und machte sie leicht statisch. Das spürte er. Der Schuss verfehlte auch nicht sein Ziel…

In wenigen Sekunden ergoss sich eine riesige Blutlache auf der Straße. Der Clown, der noch eben dort gestanden hatte, war weg und in Stücke gerissen. So dass der Zweite daneben in Panik verfiel. Sogar selber Blut abbekommen hatte. So war das definitiv nicht geplant gewesen! Er wollte dass sie sich beide von hinten schnappen und K.O schlagen oder so. Aber nicht das! Der Clown sah in die Richtung aus der der Schuss kam. Rauch kam aus dem Lauf von der Laserwaffe und der Große war selbst etwas erschrocken was er für eine Sauerei er angerichtete hatte. Er stand starr da. Der letzte Clown zeigte auf ihm und brüllte etwas unter der Maske. Unverständlich. Dann aber fetzte er zu einem Bike, schmiss es an und suchte das Weite. Kaneda sah ihm erschrocken nach. Schrie:

„Er darf nicht entkommen! Er wird die anderen alarmieren!“

Er trat Yamagata auf den Fuß und holte ihn zur Besinnung. Brüllte ihn an:

„Du hast das verbockt! Schnapp ihn dir! Und wehe du tötest ihn!“

Ohne zu zögern rannte der Große zu seiner Karre und fuhr hinterher. War auch gleich die Straße runter verschwunden. Kai steckte dagegen noch immer der Schock im Magen. Er sah starrt zu dem Massaker auf der Straße und konnte es nicht fassen. Es war…schrecklich. Als sie mit diesen Waffen damals auf den PsyKI geschossen hatten, waren die Schäden nicht so verheerend gewesen! Er zeigte damals kaum Schäden bei ihm, aber diesen Menschen hatte es zerfetzt! Unfassbar. Er konnte sich nicht losreißen. Tetsuo kam auf die Knie und sah auch nur was da passiert war. Mit diesem Ding hatten sie auf ihn geschossen?! Wenn es ihn erwischt hätte dann wäre er vielleicht dabei draufgegangen! Es hätte ihm Arme oder Beine abreißen können! Deswegen war die Wucht gegen seinen rechten Arm auch so heftig gewesen. Hätte er damals den Schuss nicht mit seinem spontanen Schild abwehren können…wäre er vielleicht tot…Was waren das für Waffen?! Er kam an den Rand des Hauses und sah zu Kaneda runter. Kaenda wollte ihn damals wirklich töten…

Kaneda stand auf und riss Kai ebenfalls auf die Füße. Sprach laut:

„Scheiße gelaufen! Ich stell Yamagata nachher in den Senkel, aber jetzt müssen wir unsere Arbeit machen sonst war das umsonst gewesen!“

Kai sah schockiert zu ihm.

„A-aber er hat ihn…Kaneda diese Wucht hat ihn…“

„Reiß dich zusammen Kai! Es ist schrecklich, aber ich brauch dich hier und jetzt!“

Und Kai tat das auch . Er schluckte und nickte ihm zu. Griff seine eigene Waffe sehr zögerlich und unsicher. Er hoffte sie nicht einsetzten zu müssen…Und dann rannten sie zu dem Platz und auf das Gebäude zu. Der Schuss war so laut gewesen, dass Joker sicher mehr als alarmiert war. Aber es kamen keine Wachen mehr, also war er allein da drin. Und ausgeliefert.

Tetsuo sah ihnen nach. Was sollte er…? Sein Blick richtete sich auf die Halle. Vielleicht konnte er hinter dem Schild einen Eingang in das Gebäude finden…

Sie liefen langsam die Stufen zu dem Eingang der Halle hoch. Kaneda schützend vor Kai natürlich. Es war vielleicht kaum einem aufgefallen aber Kaneda hatte so die Angewohnheit dass er die Menschen, die ihm wichtig waren, mit seinem Körper schütze. Bisher hatte er das hauptsächlich bei Kai getan. Was aber auch daran lag dass er der Jüngste und Schwächste im Team war. Er war aber nicht weniger wert, ganz im Gegenteil! Er war das empathische Köpfchen der Truppe. Machte in der Regel die Pläne und Vorbereitungen. Er war die kleine Seele der Gruppe. Kaneda das Herz und Yamagata die Muskeln. Und auch wenn er eben scheiße gebaut hatte würde Kaneda ihm verzeihen, denn er wusste das sein Großer das Herz am richtigen Fleck hatte. Er war nur meist überheblich und ungestüm…Der bekam echt nen Arschritt wenn das vorbei war! Der Regen prasselte nun auf die Erde herab.

Sie erreichten die Eingangstür. Eine doppelte Glastür, die aber nicht mehr da war. Kaneda stellte sich rechts und Kai links daneben. Sie nickten sich zu und kamen dann mit gezückter Waffe um die Ecke geschossen. Nichts. Die Eingangshalle war leer. Und nicht nur das, beschmiert mit Wandtattos der Clowns, oder eher denen ihrem unkreativen Kindergekritzel. Der Anmeldetresen rechts war voll mit Alkohol. Wahrscheinlich umfunktioniert zu einer Bar. Dahinter standen an die Wand gelehnt Fahnen mit ihrem Bandenlogo drauf. Ansonsten in den Ecken Kissen und Decken, alles was sie so brauchten um dort zu leben. Keiner war zu sehen und es war auch so an sich unheimlich still. Sie kamen rein und sahen sich unsicher um. Kaneda legte die Waffe über seine rechte Schulter und rümpfte die Nase. Boah ekelhaft! Es roch als würde ein Stinktier verrecken! Und anscheinend hatte es sich vorher noch selber vollgekotzt! Auch Kai entging dieser starke Duft nicht. Er hielt sich mit der Linken die Nase zu.

„Bäääähhh! Was ist das denn für ein Geruch?!“

Kaneda grinste.

„Das mein Freund, ist der Geruch der Niederlage von dem Scheißkerl! HEY! JOKER!“

Kai zuckte auf als Kaneda durch die Halle brüllte. Und drückte dabei instinktiv seine Waffe an sich, als wäre es ein Kuscheltier.

„Was macht du denn?“

Flüsterte er ihm zu. Kaneda stand mitten in dem Raum.

„Es ist vorbei Arschloch! Komm raus und ergib dich!“

Darauf war es eine kurze Zeit lang still gewesen. Und dann hallte zu ihnen einen Stimme in der düsteren Stille des schlechtbeleuchteten Raumes:

„Wenn das nicht der großmäulige Anführer der Capsules ist…Komm ruhig näher…“

Die Stimme war tief, aber mit einem leichten Krächzen im Unterton. Kaneda sah vor sich. Sie kam von da vorne. Nicht weit vor ihm, am Ende des Raumes war eine weitere Doppeltür, wieder mal nicht vorhanden. Durch das schwache Licht des Eingangs hinter ihnen konnte man aber nicht sehen was in dem Raum vor ihm war. Es war nur ein schwarzes Loch. Dennoch hatte Kaneda keine Angst. Er lief entschlossen darauf zu und Kai war direkt hinter ihm. Sie schritten durch den Türrahmen und in den Raum dahinter.

Die Halle die sich ihnen offenbarte war anscheinend früher mal für die Bahnen gewesen. Nur das nichts mehr davon übrig war. Es waren Fackeln in den Ecken der Räume aufgestellt, die sehr schwach brannten. Dreck und leere Flaschen waren auf dem Boden verteilt und sicherlich waren da auch Drogen in den Kapsel die verstreut rumlagen. Und direkt am Ende des Raumes erhob sich ein Schrotthaufen. Fast bis an die Decke und oben war eine Art Thron. Und dort saß er auch schon. Das fette hässliche Gesicht grinste sie an. Er lehnte sich mit dem linken Arm auf seiner Lehne ab und mit der rechten Hand streichelte er seiner Old Lady durch das Haar. Sie saß neben ihm auf seinem Schrotthaufen und hatte ihren Kopf auf seinen Schoß gelegt. Sie hatte schwarze lange Haare und war sehr obszön gekleidet. Trug einen verdammt knappen roten Rock aus Leder und ein Oberteil mit einem V-Ausschnitt der so gewaltig war, dass du echt gedacht hast ihre großen Brüste springen dir bald entgegen. Joker selbst saß braungebrannt wie immer und mit seiner Glatze einfach nur da. Schlappe Hose in Grün und das Gesicht bemalt natürlich. Er war groß und kräftig gebaut, wenn auch etwas dick. Von seinem hohen Ross warf er Kaneda einen äußerst amüsierten Blick zu. Dieser kam aber noch immer mit der Waffe über der rechten Schulter auf ihn zu. Er ließ sich nicht von Joker seiner lockeren Art verunsichern. Kaneda sah das Ding schon als gewonnen an. Kai lief weiter dich hinter ihm und ebenfalls bereit anzugreifen wenn es sein musste. Als sie noch gute 2 Meter von ihm entfernt waren blieben sie stehen und sahen zu ihm hoch. Joker seine Lady sprach in einer erotischen Stimme:

„Nein sieh doch mein Liebster, welch attraktiven Besuch wir haben.“

Er knallte ihr eine an den Hinterkopf und maulte:

„Halt deine Fresse! Hab ich dir erlaubt zu reden?“

Er war wirklich ein Ekel. So mit seiner Freundin umzuspringen war eine Schande. Kaneda schüttelte den Kopf angewidert.

„Lass deine Alte da raus Joker und sei ein guter Verlierer.“

Auf diese Aussage sah ihn der Anführer der Clowns verwirrt an. Die Dame stand schnell auf und verschwand geduckt von dem Schrotthaufen. Sichtlich eingeschüchtert rannte sie auch aus dem Raum und sie würde auch nicht mehr zurückkehren…Joker dagegen fing plötzlich so laut an zu lachen, dass man dachte das Gebäude könnte zusammenbrechen. Kai sah unsicher an seinem Boss vorbei. Warum lachte er? Er war ganz allein. Keine Wachen und nichts. Noch dazu war er unbewaffnet. Also warum lachte er so sicher? Kaneda wurde langsam ungeduldig.

„Was gibt es da zu lachen Arschloch?!“

Joker hörte auf und sah zu ihm. Er setzte sich locker nach vorn gelehnt hin.

„Die Tatsache dass du denkst gewonnen zu haben amüsiert mich.“

Kaneda sah sich kurz um und dann frech wieder zu dem Sack hoch.

„Also korrigiere mich wenn ich mich täuschen sollte, aber alles spricht dafür. Deine Leute sind auf den Straßen beschäftigt, du hast keine Wachen und bist nicht bewaffnet. Du bist komplett allein und wir haben zwei Laserknarren. Sieht sehr nach Verloren aus.“

Joker stand plötzlich von seinem Schrottsitz auf. Er streckte sich kurz. So gesehen war er noch gewaltiger als vorher, wenn er so stand. Der reinste Fleischberg. Und dann verschränkte er die Arme direkt vor sich. Grinste überlegen.

„Denkst du echt du und die kleine Schwuchtel hinter dir können was gegen mich ausrichten? Oh Kaneda…ich hab euch genau da wo ich euch haben wollte. Oder sagen wir es mal so: Ihr kommt genau richtig um mein neustes Spielzeug zu testen.“

Und da wurden beide hellhörig. Kaneda schluckte kurz aber blieb dennoch oberflächlich cool.

„Also stimmt es was man so hört: Du hast eine neue Waffe entwickelt.“

Joker sah ihn erstaunt an.

„Oh? Spricht sich schnell rum was? Aber die Infos scheinen ja nicht ganz korrekt zu sein. Ich habe keine neue Waffe „entwickelt“…ich habe sie erzogen.“

Auf diese komische Aussage sahen sich Kaneda und Kai verwirrt an. Der Kleine kam links neben ihn und sagte:

„Joker wir wollen kein Blut mehr vergießen! Komm einfach mit uns mit und lass uns reden! Lass uns einfach einen Weg finden wie wir alle zusammenarbeiten können!“

Das war so typisch Kai. Obwohl Joker seine Jungs ihn fast umgebracht hätten, war er noch immer hilfsbereit und auf eine angenehme Lösung aus. Aber ihr Gegenüber sah das wohl nicht so. Denn Joker lachte erneut und kratzte sich dann leicht am rechten, starken Arm.

„Willst du mich verarschen?! Wo es gerade so spaßig wird?! Kommt nicht in Frage! Mich juckt es seit Monaten schon mein Spielzeug in Aktion zu sehen! Bitte…tut mir doch den Gefallen und sterbt nicht so schnell.“

Und dann ließ er einen sehr lauten Pfiff los. Er hallte durch den ganzen Raum und war so laut dass sogar Tetsuo ihn oben auf den Dach wahrnahm. Er stand auf dem alten, modrigen Dach und sah unter sich. Unter seinen Füßen knirschte der Kieselsand wegen seinem Gewicht leicht und er sah sich um. Das war direkt unter ihm. Und dieses Gefühl kam auch aus dem Raum. Es jagte ihm eine Gänsehaut über den Rücken. Es war kalt und wild. Sehr wütend sogar. Was zum Teufel…

Er kam in die Hocke und schloss die Augen. Konzentrierte sich. Er brauchte Augen durch die er sehen konnte. Theoretisch könnte er sich in den Raum teleportieren. Bevor er sich nach Neo Tokyo aufgemacht hatte, hatte er das Teleportieren leicht geübt. Profis konnten sich über Meilen durch den Raum teleportieren. Anfänger wie er allerdings nur durch Mauern in andere Räume. Also nur eine extrem kurze Distanz hinweg. Auch weil es sehr gefährlich war. Wenn man sich einfach teleportierte ohne den Raum zu kennen und zu wissen wie, könnte man im schlimmsten Fall in Materie landen, wie zum Beispiel Mauern. Teleportierte er sich in eine Mauer war er so gut wie tot und es würde auch noch extrem schmerzhaft sein. Wusste er allerding was unter sich war kam er locker voran. Dummerweise hatte dieses Dach keinen Eingang ins Gebäude. Also tastete er nach einem Wirt und er fand diesen auch schnell. Er sah in wenigen Sekunden durch die Augen von Kai, der direkt neben Kaneda stand. Natürlich bekam der Kleine davon nichts mit, aber Tetsuo sah alles. Sehr geschmackloser Raum seiner Meinung nach den er da sah. Aber er hatte nun einen klaren Überblick über die Beschaffenheit des Raumes. Und er fand auch schon einen Ort wo er sich hin teleportieren konnte.

Und dann hörten sie alle laute Schritte. Der Stärke nach zu urteilen war das ein gewaltiger Kerl der da anmarschiert kam. Wenn auch sehr langsam. Und dann trat etwas hinter Joker aus den Schatten hervor. Es war unten links vor Kaneda neben dem Schrottberg. Ein Mann. Er war vielleicht etwas älter als Kaneda und er trug eine komplett weiße Kluft. Sie erinnerte ihn komischerweise an dass Zeug was Tetsuo trug. Nur ohne das Cape. Seine Kleidung war sehr zerrissen, so dass man die ausgepeitschte dunkle Haut darunter sehen konnte. Schnitte zierten sich auf dieser hell ab und auch blaue Flecken waren auf ihr. Er schien schrecklich gefoltert worden zu sein. Eine Kette raschelte um seinen Hals. Sie war abgetrennt und baumelte an ihm runter. Sein langes, weißes Haar hing ihm ins Gesicht und seine Atmung war unnatürlich tief und schwer. Er jagte den zwei Jungs ebenfalls einen Schauer über den Rücken. Momentmal war dass…die Waffe?! Dieser junge Kerl? Kaneda riss sich los und sah hoch zu Joker, der grinste noch immer.

„Darf ich euch meinen treuen Schoßhund vorstellen? Sein Name ist etwas albern, aber ich fand ihn sehr passend…Harakiri liebt es nun mal seinen Opfern die Eingeweide aus dem Bauch zu reißen! Zerfetz sie!!“

Kaneda konnte nicht mal so schnell reagieren da flog auch schon etwas auf ihn zu! Es kam von dem Schrotthaufen vor ihnen…eine Stange! Sie zielte genau auf den Bauch von ihm und würde ihn in wenigen Sekunden aufspießen! Sie flog vor allem ohne von dem Typen aufgehoben und geworfen zu sein! Setzte er etwa…!? Kai schrie noch Kanedas Namen aber es war zu spät. Er konnte nicht mehr ausweichen. Doch dann zerriss ein lautes Klirren die Stille. Das fliegende Unheil hatte sein Ziel nicht erwischt, denn es prallte plötzlich vor ihm ab. Es sah aus als würde es an einer unsichtbaren Mauer abprallen…Allen steckte der Schock in den Knochen und Kaneda sah schockiert und verwirrt der Stange nach, die rechts von ihm zu Boden schepperte und eine leichte Kerbe dort hinterließ. Joker sprang förmlich auf vor Wut.

„Was zum Teufel?! Wie hast du das gemacht?!“

Aber Kaneda konnte ihm das nicht beantworten…allerdings jemand anderes:

„Hat er nicht. Ich war das.“

Alle sahen zu der Stimme die von Joker aus links und von aus Kaneda von rechts kam. Und nur der in Rot gekleidete musste lächeln als er die Person sah die ihm eben das Leben gerettet hatte.

„Tetsuo!“

Rief er laut. Tetsuo kam langsam aus den Schatten angelaufen und hatte beide Hände in den Hosentaschen. Er sah freundlich aus wie immer. Sarkasmus. Streng sah er Kaneda an. Kai allerdings schrie vor Schreck auf und versteckte sich hinter seinem Boss. D-das war doch…!

„Wie kann man nur so unvorsichtig sein?! Hätte ich den Schlag nicht für dich abgefangen würdest du jetzt mit ner Stange im Bauch rumrennen!! Bist du wirklich so bescheuert Kaneda!?“

Natürlich. Das kleine Herzchen war so freundlich wie an dem Abend als sie sich kennenlernten. Eine scharfe Zunge. Kaneda konnte darauf nur grinsen. Wie süß er doch war wenn er sich sorgte.

„Hab ich ein Glück das du da bist!“

Kai zupfte an Kaneda und schrie:

„Was ist hier los Kaneda?! Das ist doch…!“

„Erzähl ich dir später Kai. Jetzt haben wir erst mal ein anderes Problem.“

Er zeigte auf den Brocken, der sich so langsam aus den Schatten auf sie zu bewegte. Derweil kam Tetsuo neben Kaneda und sah zu Joker rauf. Er sprach verhöhnend:

„Du bist echt so feige dass du andere für dich die Drecksarbeit erledigen lässt?“

Joker sah ihn wütend an. Aber er war auch sehr überrascht zugleich. Dieser Junge war also auch ein Freak. Er zeigte auf den jungen Tetsuo und sprach zu Kaneda:

„Hahaha! Wer hätte das gedacht?! Auch DU hast anscheinend dir einen PsyKI gezähmt! Dann wird dieser Kampf ja gleich richtig spannend!“

Tetsuo fauchte wütend zu ihm hoch:

„Ich lasse mich von niemanden zähmen Arschloch!“

Aber Joker brüllte nur:

„Harakiri! Töte ihn!!“

Er deutete auf Tetsuo und der große Kerl sah zu ihm rüber. Tetsuo dagegen sah nur locker zu ihm da er anscheinend als Zielscheibe anvisiert wurde. Dachte er es sich doch. Dieser Kerl war auch wie er. Nur warum war er so…Kaneda dagegen brüllte:

„Bitte was?! Deine Waffe ist ein PsyKI?!“

Blöd sahen ihn Kai und Tetsuo an. Ohm mann Kaneda schaute anscheinend aus dem Mußtopf. War er echt so langsam? Tetsuo fauchte ihn an:

„War das nicht in dem Moment klar, als er die Stange nach dir geworfen hat du Blödmann?!“

Oh stimmt…Kaneda lachte verlegen und kratze sich am Hinterkopf. Das konnte ja heiter werden. Genervt kam Tetsuo vor die Beiden und sprach locker:

„Hach…Dann muss ich das wohl übernehmen. Macht euch vom Acker.“

Kaneda sah ihn verdutzt an.

„Was?“

„Ich reiß ihn schnell in Stücke und dann kannst du dir diesen Fettarsch da oben krallen und tun was auch immer du tun wolltest.“

Tetsuo renkte sich den rechten Arm locker ein und streckte sich etwas. War etwas her dass er sich mit einem anderen seiner Sorte geprügelt hatte, aber was solls. Der hatte sowieso keine Chance. Er war immerhin viel stärker. Dazu musste er nicht mal lange den Kraftunterschied spüren. Er würde ihm erst Arme und dann Beine rausreißen. Kaneda sah unsicher seinem Gegenüber in den Rücken.

„…Packst du den auch Tetsuo?“

Der Kleine drehte sich frech zu ihm um und sprach:

„Du hast ja keine Ahnung was ich drauf habe.“

Wenn er das so sagte dann bestimmt einiges. Würde ihn aber auch nicht wundern, denn er hatte noch nie einen PsyKI wie Tetsuo getroffen… Der Große lächelte zustimmend und sah dann zu Kai.

„Lass uns lieber mal in Deckung gehen.“

Kai nickte ihm zu und sie liefen nach rechts davon. Joker ließ sie gewähren, denn er wollte jetzt nur sehen ob die monatelange Arbeit endlich Früchte trug und sein Schoßtier ihm gehorchen und helfen würde die Straßen einzunehmen. Die zwei Jungs rannten hinter zu einem Tisch um dahinter Deckung zu finden. Kaneda sprang zuerst rüber und schmiss diesen dann um. Nutzte ihn als Barrikade. Kai kam dann drum herum und beide sahen nach vorne. Sicherlich hätten sie ihre Waffen benutzen können um ihm zu helfen, aber es war riskant. Sie wussten nicht was der fremde PsyKI drauf hatte. Vielleicht wäre der Schaden an der Umgebung dadurch nur unnötig schlimm und unberechenbar geworden und die Bude würde einstürzen. Es war keine schlechte Idee Tetsuo das regeln zu lassen. Auch wenn Kaneda das irgendwie nicht wollte… Noch dazu war es ungewöhnlich dass Tetsuo so freiwillig gegen einen anderen seiner Art kämpfen wollte. Warum machte er das? Zugegeben Kaneda war echt froh dass er, warum auch immer, plötzlich da war. Die Stange hätte ihn sonst zu 100 Prozent aufgespießt und das wäre es gewesen. Er hatte ihm echt…das Leben gerettet. Kai sah zu ihm.

„Kaneda das ist doch der Junge von letztens! Du sagtest er wäre tot! Und warum kennt ihr euch?! Würdest du mir das jetzt bitte erklären!?“

Ein unbeholfenes Lachen entwich seinem Gegenüber und er antwortete:

„Ist eine etwas komplizierte Geschichte. Wie gesagt erkläre ich dir später in Ruhe.“

Sie sahen beide wieder vor. Tetsuo renkte sich echt noch die Beine etwas mit Dehnübungen ein, während der andere PsyKI immer weiter langsam auf ihn loslief. Er schien echt null besorgt zu sein. Woher nahm er die Zuversicht? Dann stellte er sich hin und strich sein Cape hinter sich. Es konnte los gehen. Er legte die Arme in die Hüfte und sprach arrogant:

„Also großer ich mach dir einen Vorschlag: Ich mache es kurz und schmerzlos und du lässt es einfach über dich ergehen. Deine Kräfte sind nicht mal halb an dem Niveau der meinen dran! Also lehn dich zurück, sei ein braver Junge und genieße die Show!“

Er ging in Kampfstellung, leicht gebückt und sah ihn nur ernst an. Sein Gegner kam aber einfach weiter auf ihn zu. Er reagierte nicht mal auf Worte. Es war als wäre er nicht mehr er selbst. Wie weggetreten. Und was war dieses komische Gefühl? Es jagte Tetsuo noch immer einen leichten Schauer über den Rücken und er wusste nicht wieso. Der Koloss sah nicht besonders bedrohlich aus und Stangen mit Telekinese werfen konnte jedes Kind. Das war nichts Besonderes. Also was war es? Der Große war nur noch 5 Schritte von ihm entfernt…

„…Du bist eine Schande. Hast dich von diesem Penner weichklopfen und unterdrücken lassen. Und stellst dich sogar gegen einen deiner Art…Dafür werde ich dich schön ausbluten lassen!“

Eine große Hand griff plötzlich schnell nach ihm. Tetsuo wich geschickt nach rechts aus und unter ihn. Mit einem leichten Druck seiner Gedanken knallte er eine Welle gegen den Bauch seines Feindes und der keuchte auf. Direkter Druck in den Magen, so das der über ihn sogar spucken musste und aufgrölte. Aber er flog nicht weg. Er blieb standhaft stehen. Schlug mit der linken Hand nach Tetsuo und der wicht wieder aus. Er sprang weiter nach rechts und verpasste ihm noch eine Druckwelle mit seinen Gedanken. Warum zeigte es kaum Wirkung? War er echt so abgehärtet? Und dann zuckte etwas unter dem Oberteil seines Feindes auf. Es hörte sich an, als würde sich Fleisch unter der Haut bewegen und selbständig machen. Es war ein abartiges Geräusch gewesen. Vermischte sich mit den Rippen die Tetsuo ihm gebrochen hatte. Der Kleine war davon so verstört gewesen, dass er auf Abstand sprang und ihn erschrocken ansah. Der Große kotzte leicht Blut nach dem Schlag und schien zu vibrieren. Was war mit ihm los? Er keuchte und stöhnte als würde er Schmerzen haben…

„Was zum Geier…?“

Sprach Tetsuo leise und sah zu Joker hoch, als der leicht anfing zu lachen.

„Seht und bestaunt meine Waffe…Harakiri! Zerfetzt ihn! Und labe dich an seinem Fleisch!“

Tetsuo sah wieder nach vorn, als der andere PsyKI plötzlich wütend aufbrüllte. Kaneda und Kai sahen ebenfalls erschrocken hin. Es war wie…es war wie damals als sie ihren Ersten bekämpft hatten! Das selbe Gefühl und die selbe Wut! Kai fing sogar sichtlich an zu zittern vor Angst und umschlang seinen eigenen Brustkorb dabei fest. Da kamen alte Erinnerungen hoch und keine positiven. Und dann riss sich das Monster vor Tetsuo sein Oberteil vom Leib. Es schmiss es weg und brüllte laut auf. Die Augen waren leblos und weiß. Keine Menschlichkeit war mehr in ihnen gewesen. Nur noch Blutdurst. Es ertönte das Geräusch von Fleisch das in sich rebellierte und unter seiner Haut aneinander rieb. Plötzlich zerrissen adrige Tentakel die Haut aus der linken Seite des Torsos und versuchten nach Tetsuo zu greifen. Sie schossen blitzschnell auf ihn zu und er konnte sie gerade noch mit einem unsichtbaren Schild abwehren. Aber er war schockiert. Sein Gegenüber…mutierte? Noch nie hatte er sowas gesehen, es war ein schrecklicher Anblick. Das Gewebe seines Körpers machte sich selbständig und agierte wie ein eigenes Wesen. Adrige Tentakel aus Fleisch zuckten durch die Luft und griffen erneut nach ihm! Was er wieder abblockte…Und dann griff ihn einer am Bein. Er hatte eine Sekunde nicht aufgebpasst und einer schnellte nach unten. Es riss ihn von den Beinen und er landete unsanft auf dem kalten Boden. Schrie kurz dabei auf. Tetsuo konnte nicht mal so schnell reagieren, da zog ihn dass Monster auch schon auf sich zu. Und in dem Moment…bekam er Angst. Dieses Wesen vor ihm war…war keiner seiner Art. Er war wie erstarrt. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr und er ließ sich einfach nur ziehen. Und dann passierte es…Es war als…als hätte er sowas schon mal erlebt. Damals als er noch klein gewesen war…Etwas was er vergessen hatte…Der Tentakel umschlang sein Bein so fest und drückte sich in seine Haut dass er vor Schmerz aufschrie. Er hatte Todesangst. Er hatte solche Angst. Er war gelähmt. Er war ausgeliefert. Dann lag er auch schon vor dem Großen und sah verängstigt zu ihm hoch. Dieser sabberte auf ihn herab und holte mit seiner linken Hand aus. Er wollte ihm die Pranke in den Bauch schmettern und ihn ausweiden. Es gierte ihn nach Blut. Egal nach welchem. Als er sah dass Tetsuo wie gelähmt einfach nur da lag, regte sich Kaneda vor Schock. Er kam aus der Deckung gesprungen und machte seine Waffe bereit. Sie zurrte auf und er fing bereits an zu zielen als er auf sie zu rannte, schrie dabei:

„TETSUO! BLEIB LIEGEN!“

Und der tat das auch instinktiv auf den Befehl hin. Er drückte seinen Kopf mit den Händen auf den Boden und schloss die Augen. Dann knallte auch schon ein Schuss durch die Halle. Sekunden danach zerriss es Fleisch und Knochen. Blut spritze auf den Kleinen herab und er sah erschrocken hoch. Kaneda sein Schuss hatte dem Monster ein komplettes Loch in den Oberkörper gerissen, genau da wo die Tentakel raus wucherten. Weswegen sich auch der Griff um Tetsuo sein Bein gelöst hatte und der aufsprang. Er rannte auf Kaneda zu blieben neben dem stehen, sah auch wieder zu dem Monster wie der Große zu seiner Rechten, der ihn besorgt fragte:

„Alles okay?! Tetsuo!“

Dieser nickte auf die Frage nur und atmete noch immer etwas schwer vor innerlicher Angst. Er hatte etwas Blut abbekommen, aber das war nicht weiter tragisch. Sein Bein war auch unversehrt wenn auch etwas gequetscht. Es schmerzte noch leicht und hatte einen Bluterguss gebildet, was er aber durch die Hose nicht sah.

„Ja alles gut…“

Kam es wieder taff aus ihm und beide sahen zu dem Monster vor. Es wand sich vor Schmerz und ging sogar in die Knie. Griff sich an seine Wunde. Joker schien davon nicht amüsiert.

„Was machst du da?! Steh auf und töte sie!!“

Er war so abgelenkt dass Kai eine Chance sah. Er schlich sich leise davon und würde versuchen hinter Joker zu kommen. Kaneda hätte sich allerdings in den Arsch beißen können. Logischer wäre es gewesen auf den Kopf des Monsters zu zielen. Wenn er den zerschmettert hätte wäre der Kampf längst vorbei gewesen. Aber in der Panik hatte er einfach auf das gezielt was Tetsuo festhielt. Dann mussten sie es einfach noch mal versuchen! Er sah zu dem Kleinen neben sich.

„Tetsuo! Wenn du ihn festhältst kann ich dieses Mal auf seinen Kopf schießen! Bekommst du das hin?!“

Tetsuo sah ihn an.

„Was ist das denn für eine Frage?! Sicher bekomm ich das hin!“

„Okay dann muss ich nur…!“

Kaneda sah dabei auf seine Waffe runter und bekam einen Schreck. Sie…sie war überhitzt! Das war ein schlechter Scherz! Der Ladebalken war noch im OK-Bereich aber darüber blinkte das Wort: überhitzt. Und er fühlte auch wie die Wärme aus der Waffe wich. Das bedeutete er könnte sie nicht benutzten für eine gewisse Zeit! Vielleicht nur Sekunden aber…! Tetsuo bemerkte den Schock auf dem Gesicht neben ihm und brüllte:

„Was ist denn jetzt wieder los?!“

„Die Waffe ist überhitzt! Ich kann nicht…!“

Ein Brüllen ertönte. Ihr Gegner hatte sich anscheinend von seinem Schmerz erholt und wand sich an sie. Die Wunde in seinem Torso war noch da, aber anstatt dass sie ihn behinderte, wucherten plötzlich neue Adern daraus! Sie vermischten sich zu einer fleischigen Masse und schossen auf die zwei Jungs zu. Zielten aber nur auf einen…nämlich Kaneda. Er war der letzte der ihn verletzt hatte, wahrscheinlich deswegen. Als Tetsuo das sah bekam er einen Schreck. Mit seinem Körper schubste er Kaneda aus der Bahn und schrie:

„Kaneda!“

Der Ältere fiel zur Seite und schlug unsanft auf dem Boden auf. Er sah verstört zu Tetsuo hoch der sich erneut im Griff des Gegners befand. Das Fleisch schlang sich komplett um ihn und drückte zu. Er keuchte auf vor Schmerz und sah die Masse an. Riss mit seinen Gedanken Stücke aus ihr raus und wollte sich befreien. Aber das Zeug wuchs zu schnell wieder nach. Regenerierte sich bereits bevor er das nächste Stück abriss. Er kam nicht nach. Mit einem starken Ruck drückte das Monster zu und Tetsuo schrie auf vor Schmerz. Könnte schwören einige seiner Knochen brechen gehört zu haben. Er spuckte auch kurz Blut auf. Er war innerlich verletzt, kein Zweifel. Kaneda sah ihn erschrocken an. Sah wie dem Kleinen das Blut aus dem rechten Mundwinkel lief und brüllte in Panik:

„TETSUO!“

Er wollte schießen. Aber die Waffe zurrte nur auf und nichts kam aus ihr geschossen. Sie war noch immer nicht bereit. Joker dagegen lachte amüsiert. So sollte das doch laufen! Er genoss das Spektakel und war froh zu sehen dass es ein voller Erfolg war. Nicht mal ein anderer PsyKI kam gegen ihn an! Er konnte sich mit seiner Hilfe zum Herrscher der Straßen…nein zum Herrscher über Neo Tokyo erheben! Bald würden ihm alle zu Füßen liegen!

Kaneda sprang auf und packte die Masse um Tetsuo. Er riss daran rum, mit aller Kraft und versuchte ihn zu befreien. Natürlich ohne Erfolg. Ohne Mühe schüttelte ihn das Monster ab und hob Tetsuo hoch. Der ältere sah wie der Kleine versuchte sich zu befreien. Er wand sich mit aller Kraft. Aber alles was er tat war vergebens. Er öffnete die Augen trotz des Schmerzes und sah über das Monster. In wenigen Sekunden riss die Decke über der Stelle ein und schmetterte auf ihn nieder…Nichts. Der Griff löste sich kein bisschen und sein Gegner stand einfach nur zwischen den Trümmern. Brüllte auf und wuchtete ihn hoch zu Decke. Tetsuo knallte dagegen und spürte noch etwas in sich Knacken. Er wusste nicht was aber ihm wurde leicht schwindelig. Und dann riss ihn der Koloss über die Decke. Scharfes Metall schnitt sich in die linke Schulter und Gesichtshälfte des Kleinen und ließ alles bluten. Dann donnerte er ihn wieder gegen die Decke. Kaneda schmerzte es dabei zuzusehen. Er kam wieder auf die Beine und schrie:

„HÖR AUF!! LASS IHN IN RUHE!!“

Er rannte auf den Koloss zu und warf sich mit voller Wucht gegen ihn. Schlug ihm immer und immer wieder mit den Fäusten ins Gesicht oder in den Magen. Er bekam nicht mal ein Zucken. Sein Gegner hatte das Gefühl des Schmerzes überwunden gehabt. Er war gefühllos und blutrünstig. Tetsuo sah schwach von oben zu.

„K-Ka..neda...“

Kam es aus ihm und er versuchte sich erneut zu winden. Er hatte alles verbockt. Sein dummes Zögern und sein Sprung in die Bresche für Kaneda…er hatte es total verbockt. Und nun musste er die Konsequenzen dafür ernten. Vielleicht sogar sterben. Er war zu schwach um sich zu teleportieren. Alles tat ihm weh und er fühlte dass er warm war. Sicherlich blutete er innerlich. Es fing bereits an zu heilen, aber es brauchte bei den Wunden auch seine Zeit. Er konnte Kaneda nicht mehr beschützen…Der schlug immer und immer wieder verzweifelt auf seinen Gegner ein. Dieser ignorierte ihn komplett. Und dann zog es Tetsuo auf sich zu. Die Adern zogen sich zurück und brachten ihr Opfer immer näher an ihn ran. Plötzlich wurde Kaneda doch weggeschlagen und knallte auf den Boden. Er sah auf und erkannte wie der Brustkorb des Monsters aufriss. Offenbarte ein Maul. Und sah wie es nach Tetsuo gierte. Er…er wollte ihn fressen! Auch dem Kleinen blieb das nicht unbemerkt und er sah entsetzt runter auf den Gegner. Wand sich in seiner Panik noch mehr, aber konnte nicht entkommen. Er würde gefressen werden! Genauso wie…! Er schrie laut und nach Hilfe suchend auf:

„NEIN! NICHT!!“

Er sah zu Kaneda.

„KANEDA!!“

Der sprang auch gleich auf und sah auf seine Waffe…Noch immer nicht bereit. Das wars. Er konnte nichts mehr tun. Er fing an zu zittern und sah zu Tetsuo. Er…er wollte ihn nicht verlieren. Er würde ihn nicht verlieren! Erneut rannte er auf das Monster zu und brüllte:

„LASS IHN LOS!!“

Doch kurz bevor das Monster Tetsuo verschlang, er die Augen voller Angst zusammenkniff und Kaneda sich gegen ihn werfen konnte, knallte ein Schuss durch den Raum. Mit voller Wucht bretterte der Laser gegen den Rücken des Ungetüms und es brüllte auf. Blut spritzte durch den Raum und der Griff um Tetsuo löste sich. Er knallte vor ihm auf den Boden und blieb einfach schwach liegen. Kaneda sah erstaunt nach rechts. Oben auf dem Schrottberg hatte…Kai hatte geschossen! Er hatte damit seine Position verraten, aber Tetsuo gerettet. Er stand dicht hinter Joker. Dieser wand sich auch gleich um und holte aus. Er bretterte mit voller Wucht dem Kleinen eine und Kai rollte den Schrottberg runter. Er holte sich einige Schrammen und kam mit Schmerzen unten an. Joker brüllte:

„Du kleine Ratte!“

Und dann ertönte ein Geräusch der Befreiung und Erleichterung. Es war ein Piepen und Kaneda sah langsam zu seiner Waffe runter…sie war endlich wieder einsatzbereit. Ohne zu zögern packt er sie und zielte. Dieses Mal auf den Kopf des Kolosses und brüllte:

„FICK DICH!“

Und dann knallte es erneut. Und dieses Mal war es vorbei. Der Schuss zerriss den Kopf seines Gegenübers und Kaneda zog schon instinktiv schützend den rechten Arm vor sein Gesicht, als ihm eine Masse entgegenkam. Und dann fiel langsam der Brocken nach hinten. Es war vorbei. Das Monster donnerte auf seinen Rücken und lag leblos da. Der Körper schloss sich und die adrigen Tentakel verdampften. Ein guter Kopfschuss regelte eben alles. Es war tot. Joker blieben die Worte im Hals stecken und er sah nur erschrocken zu dem Kadaver des PsyKI. Zum Glück denn so bemerkte er nicht dass sich Kai wieder hinter ihn bewegt hatte und mit einer Brechstange weit ausholte. Und dann schlug er zu! Sie traf ihr Ziel an Joker seinem Hinterkopf und der brüllte auf. Er fiel nach vorne den Berg runter und schnitt sich dabei noch an einer scharfen Kante den linken Arm auf. Als er unten ankam hatte er das Bewusstsein verloren. Der Schlag hatte gesessen. Kai schnaufte erschöpft und schimpfte laut:

„Das war für alles was du getan hast du mieses Arschloch!!“

Und dann ging er auf die Knie und rieb sich über die Stirn. Seine Wunde war leicht aufgegangen und blutete etwas. Kaneda sah zu Joker. Endlich war es vorbei…Er schrak auf und wand sich um zu Tetsuo, der noch immer regungslos da lag, mit dem Rücken zum ihm. Er sprang auf und rannte zu ihm.

„Tetsuo!“

Er schlitterte etwas auf dem Blut am Boden und kam dann vor den Kleinen. Tetsuo war nicht bewusstlos. Er lag einfach nur da, bewegte sich nicht und zuckte nur leicht. Er schien schlimme Schmerzen zu haben. Kaneda kam auf die Knie runter und fasste ihn sanft am rechten Oberarm. Er war sehr heiß, er glühte förmlich! Was ihm aber auch auffiel…er hatte ihn berührt. Sicher hatte er ihn schon am Handgelenk gepackt gehabt, aber noch nie hatte er ihn so sanft berührt…Tetsuo seine Haut war weich. Der Kleine sah ihn an und versuchte sich aufzusetzen. Brach aber gleich wieder zusammen und spuckte leicht Blut. Kaneda erschrak dabei als er das sah, schrie:

„Bleib unten! Beweg dich nicht!!“

Tetsuo sah ihn einfach nur an. Da war es wieder…dieser Blick von Kaneda. Dieser besorgte Blick…Genau wie vor einigen Tagen. Er lächelte nur kurz auf und sprach zu ihm hoch:

„Das haben wir ja echt elegant gelöst was? Ich wäre wegen dir fast draufgegangen du Blödmann…“

Kaneda lächelte plötzlich sanft zurück. Wenn er so reden konnte, war es vielleicht doch nicht ganz so schlimm. Und das bestätigte ihm Tetsuo dann auch:

„I-ich muss mich nur etwas ausruhen…Ich heile bereits meine Wunden.“

Also doch. Kaneda war aufgefallen dass die Schnittwunden damals auch nach wenigen Stunden verheilt waren. Er verfügte also über eine schnelle Regeneration. Er nickte und zog dabei seine Jacke aus. Sanft legte er sie dann über Tetsuo der ihn erstaunt ansah. Sie war sehr warm und sie roch nach ihm…ungewöhnlich sanft strich er dem Kleinen schnell durch das Haar und sprach dann:

„Da bin ich…froh.“

Tetsuo wurde plötzlich noch wärmer, als er das so sanft zu ihm sagte. Er lief leicht rot an und sah weg. Er sollte damit aufhören…Kaneda sah dann auch schon auf und zu Kai. Der machte sich gerade einen Weg vom Berg runter und kam dann auch neben Joker an. Spuckte noch mal voller Verachtung auf ihn. Sein Chef rief ihm dann zu:

„Kai! Fessel ihn besser. Ich will dieses Arschloch schön verpackt haben!“

Kai nickte. Noch nie hatte er jemanden töten wollen, aber wenn er Joker so sah wollte er ihm am liebsten den Schädel einschlagen. Er wand sich ab und suchte in dem Schrotthaufen nach etwas was zum Verbinden reichen würde. Fand auch schon einige Kabel und machte sich ans Werk. Kaneda blieb neben Tetsuo und setzte sich hin. Er atmete schnell. War das wegen der Regeneration? Auch schien er nicht mehr wach zu sein. Als Kai fertig war kam er langsam um den Kadaver herumgelaufen und sah ihn in Abscheu und auch Trauer an. Joker hatte diesen PsyKI zu einem Monster gemacht. Ob er…vielleicht mal ein ganz normaler Junge gewesen war? Er kam herum und stand dann neben Kaneda. Sah Tetsuo auf dem Boden liegen und überlegte…Schließlich setzte er sich neben seinen Chef und schnaufte aus. Kaneda sah zu ihm.

„Alles okay bei dir?“

Kai nickte.

„Ja. Geht wahrscheinlich nur als der zweit beschissenste Tag meines Lebens in die Geschichte ein.“

Er lächelte dabei und sah weiter zu Tetsuo…

„…Ich denke du musst mir jetzt etwas erklären Kaneda…Oder?“

Sein Boss schnaufte. Ja das musste er wohl und er fing an zu erzählen:

„…Ich konnte ihn an dem Abend nicht erschießen. Ich weis auch nicht richtig warum. Ich konnte es einfach nicht. Der Grund warum ich an dem Abend nicht mehr zu euch in die Bar kam, war Tetsuo. Er hatte mich in der Gasse gestellt…aber auch er wollte mich nicht töten. Ich hab sowas noch nie erlebt Kai. Er ist so…“

„..Anders.“

Beendete sein Kumpel. Kaneda nickte.

„Ich wollte mehr über ihn erfahren. Ich hatte mich gestern auch mit ihm in Shima getroffen. Ich dachte vielleicht…könnten wir Freunde werden. Das er jetzt heute hier war…das er sich für mich in die Bresche geworfen hat und für uns kämpfte…das hätte ich nie gedacht. Und wenn ich ihn jetzt so verletzt sehe…wünsche ich mir echt er wäre nicht hier gewesen.“

Er klang dabei besorgt und traurig. Das entging Kai nicht. Er sah auch wieder zu Tetsuo der noch immer schlief. Seine Wunden im Gesicht waren fast vollständig verheilt gewesen.

„…Wenn er nicht hier gewesen wäre, dann könnte es gut sein dass wir beide tot wären…Ich bin zwar überrascht aber ehrlich gesagt sehr froh dass er es getan hat.“

Kaneda sah erstaunt zu ihm und lächelte dann. Er war froh zu hören dass Kai Tetsuo anscheinend schnell akzeptiert hatte. Das machte ihn sehr glücklich. Es machte einen weiteren Schritt dass Tetsuo vielleicht bei ihnen bleiben konnte…Und da regte sich auch plötzlich der junge PsyKI vor ihnen. Er grummelte auf und schien aus seinem Schlaf erwacht zu sein. Blinzelte kurz mit den Augen und sah dann die Zwei vor sich sitzen. Er war so erschrocken dass er zusammenzuckte und zurück wollte. Kaneda aber gleich beruhigend sprach:

„Alles gut Tetsuo! Es wird dir nichts passieren! Er ist mein Freund, erinnerst du dich?“

Tetsuo sah Kai misstrauisch an. Kai fühlte das und reichte ihm sanft die rechte Hand. Er war selber etwas unsicher. Immerhin hätte ihn damals ein PsyKI fast einmal getötet. Und dieser Junge vor ihm sollte ja eigentlich auch mal von ihnen getötet werden. Dennoch warf er das Kaneda zur Liebe beiseite und lächelte freundlich, sprach:

„Hi ich bin Kai. Einer von Kanedas Freunden. Freut mich dich kennen zu lernen Tetsuo.“

Er konnte genau spüren das Kaneda diesen Tetsuo mochte. Wie er sich im gegenüber verhielt, wie er ihn versuchte zu beschützen und wie er nach ihm geschrien hatte. Es war anders als wenn er sich um ihn und Yamagata sorgte. Aber das war nicht schlimm. Es war sehr interessant. Deswegen hatte Kai auch geschossen und sich verraten. Er musste ihnen helfen. Vielleich war Kaneda ja…Langsam und leicht zittrig vor Anstrengung hob Tetsuo seinen Arm unter Kanedas Jacke hervor. Er fasste schwach die Hand von Kai und griff zu. Es bedurfte nicht mal Worte. Tetsuo konnte spüren dass er es ernst meinte und ihm nichts Böses wollte. Allein dadurch dass er ihn berührte. Dann aber zuckte er mit dem Arm wieder zurück und fasste sich schmerzhaft um den Brustkorb. Es stach sehr stark in ihm und er krümmt sich sogar dabei zusammen. Kaneda sah sofort erschrocken auf und stützte sich über ihn, fragte besorgt:

„Was hast du?! Tetsuo!“

Dieser winkte ihn aber mit der freien Hand ab und sprach etwas unter Schmerzen:

„Das wird schon wieder. Er hat mir einige Rippen gebrochen und die müssen sich erst wieder arrangieren und richten.“

Kai kam auch näher gerutscht und schob Kaneda sanft zur Seite. Der sah ihm verwirrt zu als er seine Jacke von Tetsuo schob und ihn sich genau ansah. Er verzog schmerzhaft das Gesicht was dem Ältesten überhaupt nicht gefiel. Dann sprach Kai:

„Ich glaube es ist mehr als das.“

Er schob vorsichtig Tetsuo das Oberteil hoch, so das der Bauch entblößt wurde. Ein dicker Bluterguss zeichnete sich auf der hellen und zarten Haut ab, direkt über dem Bauchnabel. Noch dazu war er echt groß und dunkel. Kaneda war sehr erstaunt dass der kleine PsyKI das so mit sich machen ließ. Kai fasste sanft auf die Stelle und Tetsuo zuckte auf, fauchte aber nur zu ihm hoch:

„Das tut weh! Hör auf!“

So dass Kai auch gleich die Hand wegzog und zu Kaneda sah.

„Er hat innere Blutungen. Vielleicht hat er sich einen Riss in der Leber zugezogen, dass würde an der Stelle zumindest Sinn ergeben. Er muss sofort in ein Krankenhaus und behandelt werden.“

„Nein! Kein Krankenhaus!“

Schrie Tetsuo auf und zog sein Oberteil wieder runter. Kai sah sofort zu ihm und sprach ernst:

„Wenn du nicht behandelt wirst könntest du daran sterben!“

Aber Tetsuo schüttelte nur energisch seinen Dickschädel und fauchte mit Anstrengung zu ihnen:

„Dann könnt ihr mich auch gleich erschießen! In euren Krankenhäusern wissen die nach wenigen Minuten WAS ich bin! Dann schicken die sofort das Militär um mich zu töten!“

Und da hatte er vollkommen recht. Das musste auch Kai einsehen. Er hasste es nur so untätig dabei zuzusehen wie jemand vor seinen Augen innerlich verblutete. Er biss sich leicht in die Hand und murmelte:

„A-aber was können wir sonst tun?“

„Lass mich einfach in Ruhe.“

Beide sahen Tetsuo verwirrt an, der inzwischen wieder die Augen geschlossen hatte und versuchte sich zu beruhigen. Kaneda kam näher zu ihm runter und sprach:

„Aber es muss doch etwas geben was wir für dich tun können Tetsuo!“

Der sah dann zu ihm hoch. Sichtlich angestrengt. Er brauchte weiteren Schlaf um sich heilen zu können. Dann sah er wieder weg und schloss die Augen, antwortete schwach:

„Ich brauche nur Ruhe…Ich muss etwas schlafen…dann wird das wieder…“

Kai konnte das einfach nicht glauben, aber Kaneda vertraue ihm. Er kam über ihm weg und zog auch Kai etwas auf Abstand, so dass der zu ihm sah.

„Lassen wir ihn…Es gefällt mir auch überhaupt nicht, aber er wird wissen was ihm gut tut...“

Es war ungewöhnlich…aber Kai nickte ihm zustimmend zu. Tetsuo war anders gebaut als sie. Sein Körper war anders und vielleicht bestimmte das dann auch seine Heilung. Er schien nicht unzerstörbar zu sein. Seine Wunden machten ihm schwer zu schaffen. Aber er verfügte über die Fähigkeit dass sein Körper diese schweren Wunden allein heilen konnte. Er hatte es nicht erwähnt, aber als er das Oberteil hochgeschoben hatte sah er über dem Bluterguss etwas unter Haut. Es sah aus als hätte sich eine Rippe neu ausgerichtet und ging da hin wo sie hin musste. Er sagte nichts weil es sehr angsteinflößend war und er Kaneda auch nicht beunruhigen wollte, der sich so schon zu sehr um Tetsuo sorgte. Es war gruselig denn…es war der Mutation von dem Koloss vor ihnen…sehr ähnlich. Es bewegte sich genauso unter der Haut als würde sein Körper eigenständig handeln…Als hätte er ein eigenes Bewusstsein.

Joker war noch immer bewusstlos und Kai sah auf seine Uhr. Sie hatten nur noch 30 Minuten Zeit um am Hafen zu sein für die Übergabe von Joker und was mit ihm passieren sollte. Kai sah zu Kaneda und informierte ihn deswegen. Bemerkte dass Kaneda noch immer voller Sorge zu Tetsuo sah…

„…Kaneda wir haben nur noch 30 Minuten zeit. Dann müssen wir am Hafen bei Mad sein…Was sollen wir machen? Wir können Tetsuo nicht mitnehmen und ihn allein lassen wäre auch zu riskant.“

Kaneda sah zu ihm und dann wieder zu dem Kleinen vor sich.

„…Du fährst mit Joker da hin…Ich bleibe hier bei Tetsuo.“

Erschrocken bekam er einen Blick zurückgeworfen.

„Was?! Kaneda ich kann das nicht alleine ich weis doch nicht mal was ich...!“

„Und ich kann ihn nicht alleine lassen!...Es ist meine Schuld, verstehst du Kai? Ich…ich bin Schuld daran dass es ihm so schlecht geht. Er ist für mich in die Bresche gesprungen. Er hat mir heute gleich zweimal das Leben gerettet. Ich bin es ihm nicht nur schuldig hier über ihn zu wachen, ich will es auch so!“

Kai sah ihn einfach nur an. Er meinte es ernst. Sein Blick sprach Bände in der Hinsicht. Er war voller Wut und Trauer über das was passiert war. Es sollte eigentlich ganz anders laufen, einfacher, aber sattdessen wurde es zu einer Höllentour für alle. Diesen Blick hatte Kaneda nur wenn es um Menschen ging die er liebte…Also nickte Kai. Was sein Gegenüber zu beruhigen schien. Er stand auf und lief rüber zu Joker. Fasste den Gefesselten dann unter den Armen und sprach zu Kai:

„Schaffen wir ihn auf mein Bike und dann machst du dich los. Wenn bei dir alles über die Bühne gegangen ist treffen wir uns bei mir zuhause.“

Sie schleppten ihn gemeinsam aus der Bowlinghalle und hievten ihn auf Kanedas Motorrad. Kai setzte sich drauf und sah unsicher zu seinem Boss, der ihm die Süße anwarf. Er zeigte auf das Pult.

„Hier siehst du ihr Tempo und hier…“

„Kaneda ich weis wie man Motorrad fährt.“

Er hatte ja recht. Kaneda nickte.

„Pass bloß auf, sie ist sehr wild und schnell. Fahr sie mir bloß nicht an die Wand.“

Kai lächelte nur. Er griff das Lenkrad bestimmt und antwortete:

„Niemals Chef! Wir sehen uns dann nachher bei dir!“

Und dann brauste er auch schon los. Er schrie kurz auf weil die Süße so schnell auf Hochtouren kam, aber dann musste er lachen und brüllte dabei auch auf vor Freude. War ein cooles Gefühl das Teil zu fahren. Er verschwand um die nächste Ecke und Kaneda drehte sich dann um. War durch den Regen komplett durchnässt. Er rannte zurück in die Halle. Tetsuo lag noch immer an der selben Stelle und schien tief und fest zu schlafen. Vorsichtig und leise kam Kaneda wieder neben ihn und setzte sich. Er sah ihn verträumt und weiter in Sorge an. Tetsuo atmete noch immer schnell, aber es war sanfter geworden. Die Schmerzen schienen nachzulassen. Und wie er so da lag…brach es Kaneda schon das Herz, aber gleichzeitig…war er auch so wunderschön. Vorsichtig und ganz sanft strich er ihm eine Strähne aus dem Gesicht und nach hinten. Er schlief richtig fest. Bemerkte nicht mal wie Kaneda sanft seine linke Hand auf seine Wange legte und dort verweilte. Seine Haut war so warm…Er glühte nicht mehr sondern verströmte eine angenehme Wärme. Instinktiv fuhr er mit der Hand von der Wange runter zum Hals. Verweilte dann dort. Er spürte den Puls, der etwas schnell war. Und da fing auch sein Herz schneller an zu schlagen. Er wollte ihn noch mehr berühren…

Sofort zog er seine Hand weg und schlug sich gegen den Kopf.

„Was machst du denn da?!“

Er ekelte sich gerade vor sich selbst. Tetsuo hatte für ihn den Kopf hingehalten, war unbeholfen und mit Wunden übersät und er dachte an Sex?! Er schlug sicher erneut deswegen. Er war abartig. Egoistisch nahezu.

„…Du warst wegen mir hier…Wegen mir bist du jetzt so verletzt…“

Er sah den Kleinen einfach nur weiter an…Seit Jahren hatte er nicht mehr eine Träne vergossen…und dennoch schlich sich eine plötzlich aus ihm. Er wollte ihn nicht so verletzt sehen. Nicht wegen ihm. Es schmerzte mehr als Kai und Yamagata so zu sehen…Und während der Regen hart auf das Dach prasselte. In der Dunkelheit der Halle umher hallte. Wurde Kaneda bewusste das es ihn echt voll erwischt hatte…Und er in Tetsuo verliebt war…

You are like me

Kai stand nervös am Pier und sah sich um.

Immer zu sah er auf seine Uhr am rechten Arm. Der alte Hafen in Neo Tokyo war genauso verlassen und ramponiert wie die Außenbezirke der Stadt. Die Lagerhallen waren modrig und alt, hatten Risse in ihren Dächern. Die Wege überwuchert mit Pflanzen und eine Ratte schlich sich vor seinen Augen in eine Halle auf der Nummer 3 draufstand. Es war gruselig und die Stille machte es nicht gerade besser. Er kam sich vor wie am Ende der Welt. Und er mochte es nicht. Denn dann stellte er sich, in dieser Situation immer mal vor, wie es wäre wenn plötzlich etwas passieren würde was die Menschheit ausrotten könnte. Ein Nuklearkrieg, eine Krankheit die Menschen in willenlose Monster verwandelt wie in Filmen, oder Außerirdische die alles übernommen hatten. Da ging aber oft seine Fantasie mit ihm durch. Auch weil er selber gerne solche Bücher las, für Filme reichte das Geld ja nicht. Und alte Bücher fand man gerne mal auf Müllhalden.

Und da dachte er plötzlich daran…dass die Welt vor vielen Jahren schon fast mal so gewesen wäre. Bei diesen sagenumwobenen Unfall damals im Labor, als die PsyKI entkamen. Es hatte schon etwas wie in einem Horror, oder Endzeit-Roman. Wenn etwas erschaffen wurde was die Menschheit ersetzten sollte. Es war so lange her, das sich kaum noch ein Mensch daran erinnern konnte was wirklich passiert war. Viele sagten das Militär wäre schuld gewesen. Andere meinten die Regierung habe das in die Wege geleitet und finanziert. Wieder andere sagten es wäre Gottes Korrektur der Menschheit gewesen. Das die Spezies des Menschen sich weiterentwickeln musste, weil sie an einem Ende angekommen war. Fakt war: Keiner wusste es genau. Es war untergegangen. Alles was blieb waren die Hassaufrufe des Militärs und der Regierung gegenüber PsyKI`s. Viele folgten diesen Aufrufen. Andere sahen PsyKI`s aber als Erlöser oder Weiterentwicklung und verehrten sie deswegen. Er hatte schon von diesen Fanatikern gehört, die versuchen wollten ebenfalls diesen Level der Entwicklung zu erreichen. Kai sah das aber alles immer nur als verrückt an und war mehr auf der Seite der Regierung gewesen. Sah PsyKI`s als Versehen oder Ausrutscher der Menschheit an der wieder korrigiert werden musste…Aber inzwischen war er sich da auch nicht mehr so sicher. Und der Grund dafür waren Tetsuo und Kaneda gewesen.

Als er vorhin sah wie der Junge ihnen half. Als er sah wie Kaneda sich um Tetsuo sorgte und wie sie miteinander sprachen…da wurde ihm anders. Ganz andere Gedanken ploppten dann plötzlich in seinem Verstand auf. Er sah etwas, was er noch nie zuvor gesehen hatte und etwas was laut der Regierung nie passieren könnte. Er sah eine Verbindung zwischen Mensch und PsyKI. Er sah Freundschaft, Sorge, Hilfsbereitschaft und Aufopferung für jemanden der noch so anders war als man selbst. Ehrlich gesagt…sah er Hoffnung und eine Zukunft darin. Mal ganz blöd neben die Tüte gekotzt: Was wäre wenn Menschen und PsyKI wirklich zusammenleben würden? Sie müssten sich ja nicht gleich genetisch vermischen, einfach als zwei Rassen in Frieden leben könnten. Ohne Hass und ohne Krieg. Die Welt könnte es zu so viel mehr bringen. Arbeiten könnten schneller erledigt werden, Verbrechen wäre leichter zu bekämpfen und so vieles mehr! Aber das war nur seine rosige Sicht der Dinge. Denn es gab da auch eine Schattenseite. Wer konnte denn garantieren dass sich PsyKI nicht gegen Menschen erhoben? Sie waren nun mal im Vorteil. Was wenn nur EINER auf die Idee kam sich auf den Status einen Gottes erheben zu wollen? Der Ansicht war dass Menschen ihm unterlegen waren und gehorchen mussten. Egal wie man es drehen und wenden wollte, es war zu riskant. Es war von der Natur schon immer so ausgelegt gewesen, dass wenn sich eine räuberische oder stärkere Spezies in ein geschlossenes ökologisches System einschleicht, über kurze oder lange Zeit hinweg die schwächere Spezies ausstarb und ersetzt wurde. So sehr die Art wie Tetsuo und Kaneda miteinander umgangen ihn mit Hoffnung für eine bessere Zukunft erfüllte…vielleicht war das getrennte Leben zwischen diesen zwei Rassen gescheiter…

Er sah hinter sich. Joker saß inzwischen, noch immer gefesselt, neben dem Motorrad von Kaneda. Er war natürlich wieder hellwach und sah einfach nur wütend auf den Boden. Hatte wohl nicht damit gerechnet dass alles nach hinten losgehen würde. Kai kam auf ihn zu, hockte sich mit Abstand vor ihn und sprach:

„Es hätte alles anders laufen können. Dessen bist du dir doch bewusst oder?“

Da erhob Joker seinen Blick und sah ihn nur böse an. Sein Hinterkopf blutete nicht mehr, aber man sah noch die Spur von dem Schlag den ihm der Kleine verpasst hatte. Er spuckte neben sich auf den Boden.

„Ja das hätte es…Ihr habt mir alles versaut. Ich hätte diese Stadt retten können!“

Kai sah ihn wütend an.

„Ach ja?! Indem du alle versklavst und Chaos auf den Straßen herrschen lässt!? Indem du einfach alles zerstörst was dir in den Weg kommt!? Das hältst du für den richtigen Weg Joker?!“

Sein Gegenüber brüllte zurück:

„Ihr habt ja keine Ahnung! Genauso ist die Welt in der wir leben! So war sie schon seit der Mensch anfing zu existieren! Sogar schon davor! Der Stärkere frisst den Schwachen! Darauf baut Entwicklung und Existenz!“

Kai stand wieder auf und machte einige Schritte weg. Sichtlich angewidert.

„Ich kann mir den Müll nicht anhören den du von dir gibst! Wir sind Menschen! Wir verfügen über die Fähigkeit zu kommunizieren! Wir können Dinge dadurch regeln und müssen uns nicht wie Tiere gegenseitig zerfetzten!“

Joker sah ihm nach.

„Hast du jemals darüber nachgedacht was wir mit den PsyKI erreichen könnten, wenn sie und gehorchen würden?! Viele sehen sie als Fehler, ICH sehe sie als Möglichkeit! Wenn wir lernen könnten sie zu kontrollieren, dann wären wir in der Lage das Leben an sich zu kontrollieren!“

Verwirrt sah Kai zu ihm hinter. Das Leben an sich? Was laberte er da? Er blieb stehen und wand sich zu ihm um. Verschränkte die Arme schützend vor sich.

„Was redest du da? Das ist doch völliger Blödsinn!“

Joker aber grinste nur.

„Du bist es der völligen Blödsinn sieht. Jeden Tag aufs Neue. Ich habe allerdings Monatelang an einem PsyKI herumgefummelt. Ich habe Dinge gesehen…Dinge die du nicht mal ahnen könntest.“

Kai brüllte ihn an:

„Du hast einen gequält und ihn zum Monster gemacht! Das findest du okay Joker?! Ist das deine „Möglichkeit“ wie du sie nennst?“

„Das ist Potenzial! Du weist ja nicht mal was er vor hatte! Wenn er euren kleinen Schoßhund gefressen hätte, dann hätte e sich weiterentwickeln können! Er hätte besser und mächtiger werden können! Und er hat nur mir gehorcht!“

Kai schüttelte den Kopf und sah genervt auf seine Uhr. Langsam konnte Mad mal auftauchen. Joker gab so viel Scheiße von sich dass es seinen Ohren schon wehtat. Kannibalismus soll zum Erfolg führen was? Wer es glaubt. Dennoch war Kai etwas verdutzt. Dachte sich Joker diesen Müll nur aus, oder wusste er echt mehr als er zugab. Immerhin setzten sich nicht viele Menschen mit PsyKI`s auseinander. Wer wusste schon von ihrem wahren Potenzial…

In der Ferne ertönte ein lautes Brummen und er sah hinter sich zum Ende des Piers. In wenigen Sekunden danach kam jemand schnell um eine Ecke der Halle gefahren. Teils zur Enttäuschung des Kleinen war es nicht Mad. Es war Yamagata. Er hatte sich anscheinend sofort auf den Weg hier her gemacht. Zumindest sah er so aus. Er war leicht verdreckt und bremste vor dem Pier ab. Kam von der Maschine runter und lief direkt auf Kai zu. In dem Moment stellte sich ihm die Frage: Was solle er ihm erzählen? Sollte er offen mit ihm reden und ihm sagen was in Jokers Hütte passiert war? Er würde sicher fragen wo Kaneda war. Konnte er ihm erzählen dass sich Kaneda mit genau dem PsyKI angefreundet hatte, den sie letztens noch wegen Geld töten wollten? Eigentlich war das nicht seine Aufgabe das zu erklären sondern die von seinem Boss. Und er wusste nicht mal wie Yamagata darauf reagieren würde! Er wurde nervös und fasste sich an den Oberarmen, strich sich aufwärmend über diese. Es wurde nach dem Regen langsam frisch und auch schon spät.

Der Große kam den Pier runter gelaufen und sah in seiner meist grimmigen Art zu seinem Kumpel. Joker warf ihm nur einen bösen Blick zu, als er immer näher kam. Oh shit Joker! Kai konnte echt nur hoffen dass dem nicht etwas raus platzte wegen Tetsuo und Kaneda! Super, da wurde Kai noch nervöser! Dann lief Yamagata auch schon an Joker vorbei und grinste böse runter, sprach dabei zu ihm:

„Na Arschloch? Wo ist deine Armee und deine große Fresse jetzt, hm? Siehst gut aus da am Boden. Steht dir.“

Joker aber sagte nicht und spuckte nur zu ihm, was der Große ignorierte und weiter zu Kai kam. Als er vor ihm stand fragte er sich verwirrt umsehend:

„Noch keiner da? Wo steckt Kaneda?“

Kai schluckte und überlegte sich spontan etwas.

„Mad ist noch immer nicht da und Kaneda…der sagte er kommt nicht nach.“

Yamagata sah ihn erstaunt an. Sah zu der Karre seines Bosses und dann wieder zu Kai.

„Was? Aber seine Karre ist doch da! Ist ihm was passiert?!“

„Er…er hat sich verletzt und ist schon mal zu sich heim. Wir sollen uns nachher dann mit ihm dort treffen. Also bringen wir das mit Mad über die Bühne.“

Das schien den Großen aber nur noch weniger zu beruhigen. Er wurde lauter:

„Wie er war verletzt?! Und dann lässt du ihn ohne seine Karre allein heim gehen?!“

Kai wurde etwas duckmäusiger und sprach leiser zurück:

„Er bestand darauf. Ich hab ihm nur gehorcht. Ihm wird schon nichts passieren…“

Darauf hin spuckte Yamagata den Pier runter in das dunkle und dreckige Wasser. Er war davon nicht begeistert, aber wenn sein Boss ihm das befohlen hatte, dann musste Kai gehorchen. Er griff in seine Hosentasche. Zückte eine Kippe und machte die sich an. War ungesund aber tat ihm in dem Stress gerade gut. Er pustete den Rausch aus und Kai wedelte ihn vor seiner Nase weg. Er mochte Rauscherqualm nicht. Dann ließ der Große die Kippe im Mundwinkel und sah zu Joker.

„Hat der Fettarsch sich echt so sehr gewehrt ja? Mann bin ich froh wenn wir den von der Platte geputzt haben. Hoffentlich dürfen wir den gleich vom Pier werfen und ihm dabei zusehen wie ihn seine Masse in die Tiefen runter zieht.“

Kai schnaubte. Fett schwimmt, aber Yamagata war eh schlecht in der Schule. Ne 5 in ner Klausur war wie ein Feiertag für ihn. Aber Joker zu töten stand nicht zu Debatte. Kaneda würde das nicht wollen und Kai wollte es erst recht nicht. Er hoffte echt das Mad nicht auf die blöde Idee kam, denn gegen ihn konnte er nichts ausrichten…

„Was ist eigentlich aus dem Typen geworden der abgehauen ist Yamagata?“

Der Große sah zu ihm runter und nahm die Kippe aus dem Mund dabei.

„Den hab ich mir natürlich gekrallt. Ich hab etwas gebraucht bis ich dieses Wiesel hatte, aber im Getümmel auf den Straßen konnte ich ihn dann doch von seinem Bike fegen. Dummerweise ist der dabei vor ein Auto gefallen und…naja ich denke wo er jetzt ist geht es ihm eh besser.“

Also war er tot. Na toll. Aber immerhin konnte er keinen Alarm schlagen und Kaneda war im Hauptquartier erst mal sicher vor einem plötzlichen Überfall. Sofern Mad natürlich seinen Job richtig gemacht hatte. Aber das würde er bald erfahren, denn hinten an der Halle donnerte der Anführer nämlich mit seinen Leuten auf. Sie kamen um die Ecke gefahren und hielten in Formation an. Waren nicht gerade wenige. Offensichtlich wusste Mad seine Truppe was sie tat. Von ihrer Bande waren auch einige dabei. Yamagata grinste und warf die Kippe ins Wasser, als er sah wie der Anführer der Hatters von seiner Karre abstieg und den Pier runter gelaufen kam.

„Na dann kann die Party ja losgehen. Ich hoffe du hast deine Schwimmflügel dabei Joker, könnte sein dass es gleich nass wird!“

Ne plumpe und leere Drohung. Wie gesagt es stand nicht fest was passieren würde. Kai fing innerlich an noch unruhiger zu wurden und tippelte etwas mit dem rechten Fuß auf der Stelle. Immerhin musste er das jetzt regeln und er war nicht gerade überzeugend und gut darin...
 

Kaneda stand am Eingang der Bowlinghalle schmiere.

Er lehnte sich locker an den Türrahmen rechts von sich und sah zum Himmel hoch. Er war noch immer grau, aber der Regen hatte endlich aufgehört. Vielleicht könnte er den Moment ausnutzten und mit Tetsuo abhauen. Abhauen…das war leichter gesagt als getan. Wohin abhauen? Er wollte eigentlich mit ihm zu sich nachhause. Der Kleine war noch immer am schlafen gewesen und seine Wunden heilten weiterhin. Er brauchte Ruhe, konnte es aber nicht riskieren an diesem Ort zu verweilen. Sie waren schon zu lange da. Vielleicht kamen bald Joker seine Leute zurück. Und dann wurde es ungemütlich. Er hatte nichts um schnell abzuhauen. Kai hatte seine Maschine und Tetsuo war ja verletzt. Auch er hatte einige Prellungen und blaue Flecken davongetragen und war nicht ganz in Topform. Es musste also eine Entscheidung her. Und die fasste er auch. Er würde Tetsuo mit zu sich nehmen. Es war noch immer die sicherste Variante die ihm einfiel. Klar würden sie wie bunte Hunde au der Straße auffallen. Nicht nur weil ein Kerl einen jungen Kerl durch die Gegend trug, sondern auch wegen der Kleidung des Kleinen. Er war nun mal nicht gekleidet wie ein Bewohner der Stadt und das fiel auf. Aber da hatte Kaneda schon eine Idee. Wenn er ihn trug würde er Tetsuo einfach mit seinem Cape zudecken. So sah man nicht gleich die Kleidung und das Ding war eh sehr lang und würde als Decke durchgehen. So war es nur noch ein Kerl der seinen verletzten Freund durch die Gegend trug. Nicht GANZ so auffällig.

Er drehte sich um und lief in die Halle zurück. Bis zu ihm nachhause war es ein Stück. Sicher wäre er mit der Bahn oder nem Taxi schneller da. Aber erstens hatte er dafür kein Geld und zweitens wäre es wieder auffällig gewesen. Also würde er ihn bis zu sich nachhause tragen. Inzwischen rieb auch Kaneda sich über die Oberarme, die frei waren ohne seine Jacke. Es wurde echt frisch. Und Tetsuo musste erst recht frieren, immerhin trug der so luftige Sachen. Er kam in die Halle wo der Kleine lag. Nur mit dem Unterschied, dass er nicht mehr lag! Ganz im Gegenteil, er saß auf der Stelle und sah zu dem Kadaver neben sich. Hatte dabei die Jacke von Kaneda auf seinem Schoß liegen wie eine Decke. Sofort rannte der Ältere hin. Er war sichtlich erleichter dass er sich offenbar wieder hinsetzten konnte, aber dennoch noch immer besorgt. Bei den schnellen Schritten sah Tetsuo auf und zu ihm hinter.

„Tetsuo!“

Er kam vor dem Kleinen zum stehen und auf die Knie runter. Sie sahen sich nur an. Er wollte ihn fragen ob es ihm besser geht, aber nichts kam aus seinem Mund raus. Und dann sprach sein Gegenüber leicht muffig:

„…Du siehst echt scheiße aus in dem rosa Hemd.“

Kaneda war so baff von der Antwort dass er erst nicht wusste was er sagen sollte. Wo kam das denn her?! Er sah auf sich runter. Okay es war nicht das schickste Teil in seiner Garderobe aber eigentlich trug er ja die Jacke drüber. Er sah wieder zu Tetsuo und sprach frech zurück:

„Und du siehst allgemein scheiße aus. Hast echt was abgekriegt was?“

Es spielerisches Sticheln, dass aber der Kleine vor sich in den falschen Hals bekommen hatte und ihn anfauchte:

„Ich hätte dir nicht helfen müssen du Arschloch! Es ist deine Schuld dass ich so eingesteckt habe!“

Das war leider wahr und das wusste Kaneda. Aber er wollte sich nicht streiten und sprach sanft zu ihm:

„…Danke dafür. Das mein ich ernst Tetsuo. Danke das du mir geholfen hast.“

Er sagte das so sanft und ehrlich dass Tetsuo wieder leicht rot anlief. Noch nie…hatte sich jemand so bei ihm dafür bedankt. Und erst recht nicht mit diesem sanften Blick. Dem er nicht standhalten konnte und gleich wieder weg sah. Warum war er…so unterwürfig ihm gegenüber? Normalerwiese hatte er keine Probleme anderen so in die Augen zu sehen. Aber dieser Kaneda machte Dinge mit ihm die er nicht verstand. Er schmiss sich vorhin für ihn in den Weg. Er wusste dass Kaneda dabei der Aktion hätte sterben können. Und dieses Wissen war es was den Reflex in ihm ausgelöst hatte. Er wollte nicht dass ihm etwas passiert. ER dem es sein Leben lang scheißegal gewesen war was aus anderen wurde. Der in seiner Heimat gelernt hatte nichts wert zu sein und anders war. Genau der schmiss sich schützend vor jemand anderen…

Kaneda nahm seine Jacke von Tetsuo seinem Schoß und zog sie sich schnell an. Der Kleine sah ihm nur verwirrt dabei zu. War auch etwas traurig als diese Wärme ihn verließ. Und dann sprach er zu ihm runter:

„Kannst du schon aufstehen Tetsuo?“

Dieser sah ihn verdutzt an und dann auf seine Beine. Sie waren nicht verletzt aber er fühlte noch immer, dass er innerlich nicht komplett verheilt war. Allein das Sitzen sorgte schon für leichte Schmerzen. Er schüttelte den Kopf und sprach ruhig:

„Ich kann zwar laufen, aber ich hab noch immer Schmerzen im Oberkörper. Ich sollte mich noch nicht bewegen.“

Dann gab es da nur eine Lösung. Kaneda kam neben ihm wieder auf die Knie und Tetsuo sah ihn an.

„Dann muss ich dich tragen.“

Was?! Nicht begeistert über diese Aussage sprach der Kleine lauter:

„Was!? Du wirst mich nirgendwo hintragen!“

„Tetsuo du bist noch immer verletzt! Und länger können wir hier nicht bleiben! Es ist nur eine Frage der Zeit bis Joker seine Leute wieder hier her kommen!“

„Dann lass mich hier und hau ab! Ich nehme es schon mit denen auf!“

„Du kannst nicht mal laufen! Wie willst du dich denn dann wehren?! Jetzt sei doch nicht so ein Dickkopf!“

Er wollte unter den Kleinen fassen um ihn hochzuheben, aber bekam schon gleich einen Schlag mit der Rechten ins Gesicht, so das Kaneda deswegen nach rechts sah und inne hielt vor Schreck. Tetsuo war selber überrascht über das was er getan hatte und sah ihn nur schockiert an. Es war purer Reflex gewesen und demnach bedankte sich auch sein Oberkörper dafür mit einem stechenden Schmerz in der Brust. Er krampfte leicht zusammen und Kaneda sah wieder zu ihm. Rieb sich kurz über die Wange und sprach doch leicht lächelnd:

„Wow der…war nicht mal schlecht.“

Er ließ sich aber dennoch nicht beirren deswegen und in Sekunden hatte er Tetsuo gepackt. Er fasste mit dem linken Arm unter die Kniekehlen des Kleinen und mit dem Rechten hatte er ihn am Rücken gepackt. Und schon hatte er ihn auf den Armen wie eine Prinzessin und stand auf. Er fasste das Cape und legte es sanft über ihn, verdeckte damit die Kleidung. Tetsuo war so geschockt in der ersten Sekunde, aber als das verflogen war fing er an sich zu winden. So stark dass ihn Kaneda echt festhalten musste, sonst machte der nen Abflug und würde auf den Boden krachen. Tetuso wurde verdammt unwohl dabei und brüllte beinahe schon panisch:

„Lass mich runter! Lass mich runter Kaneda!!“

Er wollte das nicht. Er kam sich vor als würde man ihn fesseln und erdrücken. Diese Berührungen und diese Wärme, die Nähe, dass alles war er nicht gewohnt und das alles jagte die Panik in ihm hoch. Kanedas Haltung und sein Griff waren allerdings eisern und er sprach laut und beruhigend zurück:

„Es ist gut Tetsuo! Bleib doch mal locker, es wird dir nichts passieren!“

Wenn das den ganzen Weg zu ihm nachhause so ging, na dann prost Mahlzeit. Das konnte dann was werden. Aber er ließ auch nicht locker. Tetsuo wehrte sich echt lange, aber dann ließ er plötzlich nach. Die Wut und das Kreischen hörten auf und er wurde seltsam still. Bis er plötzlich nur noch da hing und zitterte. Er zitterte…Er hatte sichtlich aufgegeben sich zu wehren, aber warum zitterte er nur so? Hatte er echt so viel Angst vor ihm? Kaneda sah deswegen traurig auf ihn herab. Der Blick des Kleinen war starrt auf die Brust seines Trägers gerichtet. Er war sichtlich in Gedanken versunken und plötzlich kam es Kaneda nicht mehr so vor als hätte Tetsuo Angst vor ihm…sondern mehr vor Nähe an sich. Vielleicht schlechte Erinnerungen daran? Er drückte ihn sanft und fester an sich, sprach dann beruhigend und leise:

„Es ist alles gut…Ich bring dich jetzt zu mir nachhause. Und dort kannst du dich dann in aller Ruhe erholen…Es wird dir nichts passieren Tetsuo. Das verspreche ich.“

Und damit drehte er sich um und lief los. Es machte ihm nichts aus ihn zu tragen. So konnte er ihm ja immerhin auch näher sein. Er lief die Treppen vor der Bowlinghalle herab und dann links die Straße runter. Sie waren in einem Sperrgebiet, also war es noch nicht auffällig so zu laufen. Überall auf den Straßen hatten sich Pützen gebildet durch den Regen und man sah wie verdreckt die Stadt war, denn die Pützen waren sofort dreckig. Aber nach 20 Minuten hatten sie das Gebiet auch schon verlassen und Kaneda sah in der Ferne bereits die ersten Menschenmassen laufen. Es war eine Hauptstraße und er betrat diese. Blieb kurz stehen und sah sich um. Das dachte er sich nämlich…keiner reagierte auf ihn. Er stand mit einem Verletzten auf den Armen mitten zwischen den Massen an Menschen, die sich an ihm vorbeidrückten, und keiner reagierte auf ihn. Behandelten ihn wie Luft und ihm wurde wieder mit Wut kenntlich warum er die meisten Menschen so hasste. Die Meisten kümmerte es einen Dreck wie es anderen ging. Sie waren nur auf sich bezogen. Starrten beim Laufen auf ihre Handys, oder telefonierten. Lasen Zeitung oder waren in Eile. Keiner blieb stehen um mal aus Sorge oder Mitgefühl zu fragen. Nicht ein verfickter einzelner Mensch. Und genauso war es auch in seinem Waisenhaus gewesen. Es fiel ihm wieder ein, als er die Straße runter lief. Als er den ersten Tag da war musste er sich gleich verprügeln lassen. Andere Kinder stellten ihn in den Senkel und klärten die Fronten wie Tiere. Von Anfang an musste er lernen sich zu wehren. Musste sich sogar um den Nachtisch schlagen, weil sie ihm den klauen wollten. Und meist hatte Kaneda dann noch zusätzlich Ärger von den Erziehern bekommen, die sich auch nen Dreck um die Kinder scherten. Aber wer sollte ihm schon helfen? Seine Eltern waren bei einem Unfall gestorben und haben wollte ihn keiner. Verwandte hatte er keine anderen. Er war seit seinem fünften Lebensalter auf sich allein gestellt. Und er hatte geweint. Er hatte schrecklich geweint, jeden Abend und jeden Tag. Hatte gebetet dass es aufhören würde. Aber Gott hörte ihn nicht. Wie oft hatte er nach Hilfe oder einem Freund gebetet. Und nichts war passiert. So erfuhr Kaneda das Gott nicht existierte und falls doch er ihm einen Schiss wert war. So musste er sein Leben selbst in die Hand nehmen…

Der Grund warum Kaneda seinen Vornamen so hasste war einfach zu erklären. Er erinnerte ihn zu sehr an seine Kindheit. Denn so wurde er immer gerufen. Deswegen hasste er den Vornamen so sehr und wollte nur noch bei seinem Nachnamen gerufen werden. Seinen Vornamen am liebsten komplett auslöschen. Als er dann mit 10 Jahren endlich in die Schule kam fing er bereits schon an selber Geld zu verdienen. Mit Drogen natürlich. Er war meist Kurier für andere und verdiente da etwas mit, denn wer dachte schon daran dass ein Kind mit Drogen handelte? Und so lernte er Kai kennen, der ebenfalls in diese Art der Gosse gerutscht war. Und dann Yamagata. Und dann kam er zu den Capsules…

Er bemerkte dass Tetsuo sich nicht mehr in seinen Armen rührte und sah zu ihm runter. Musste dann sanft lächeln. Er war wieder eingeschlafen. Ein schönes Gefühl, denn das zeugte von Vertrauen. Und dabei drückte er sich noch sanft an den Älteren der ihn sicher trug…
 

Tetsuo lief fröhlich am Rande des Flusses lang.

Sein rotes Cape war ihm noch etwas zu lang mit seinen zarten 6 Jahren, zog es auf Grund dessen auch etwas über den dreckigen Dschungelboden. Aber er musste es tragen. Die Oberpriesterin hatte ihm das so befohlen, also machte er das auch. Es war ein Zeichen seines Daseins sagte sie, was auch immer damit gemeint war. Hob sich stark von seiner weißen Kleidung und seinen kurzen schwarzen Haaren ab.

Eigentlich durfte er nicht in der Nähe des Flusses sein. Es war weit ab von seinem Dorf und der Dschungel war auch nicht ungefährlich in dieser Nähe. Aber nur an diesem Ort wuchsen so schöne Blumen. Die Mondtränen, so nannten sie alle, wuchsen halt nur am Fluss. Und er wollte wieder welche für seine Freundin pflücken. Kaori freute sich immer über diese Blumen. Er mochte es wenn sie ihn deswegen anlächelte und sie dann spielen würden. Es waren ihre Lieblingsblumen und dadurch auch seine. Kaori war die Einzige die mit ihm spielte. Alle anderen mochten ihn nicht obwohl er ihnen nie etwas getan hatte. Sie behandelten ihn wie… diesen jungen Mann in ihrem Dorf. Auch er trug dieses rote Cape und wurde von den meisten gefürchtet. Warum auch immer.

Vorsichtig kletterte er über einen umgefallenen Baum und kam auf der anderen Seite runter. Zu seiner Freude sah er auch schon gleich wonach er gesucht hatte! Direkt vor seinen Füßen wuchsen zwei dieser schneeweißen Blumen. Erfreut kam er in die Hocke und pflückte diese sanft. Dazwischen wuchsen auch Pilze und Kleeblätter. Es waren aber noch nicht genug. Er brauchte noch einige für einen schönen Strauß. Also kam er wieder hoch und sah sich um.

Im Dschungel ertönten viele Geräusche die er bereits kannte und zuordnen konnte. Das Zwitschern von Vögeln, Lachen von Affen und Insektensummen. Aber dennoch schlich sich etwas dazwischen was er nicht kannte. Und weshalb er einfach stehen blieb und sich unsicher umsah. Es war ein gruseliges Geräusch. Als würde sich etwas über den Boden ziehen. Und auf ein Mal hatte er keine Lust mehr weiter zu suchen und wollte lieber heim. Etwas in seinem Inneren warnte ihn. Aber dann kam ein Rascheln von links neben ihm! Erschrocken sah er hin und drückte unsicher die Blumen an sich. Es war bestimmt ein Tiger! Der würde ihn fressen wenn er nicht…! Aber was aus dem Gebüsch fiel war weis Gott keine Raubkatze. Es war ein junger Mann. Nur sein Oberkörper aus dem Gebüsch, er lag auf dem Bauch. Dazu hatte er Tränen in den Augen und versuchte sich panisch über den Boden wegzuzerren. Er hatte Blut im Gesicht das sich mit den Tränen vermischte und dann sah er Tetsuo. Sah das Kind erschrocken an und bekam einen ebenso erstarrten und panischen Blick zurück. Der Kleine zitterte allerdings noch dabei. Er versuchte nach dem Kind zu greifen und sprach schwach, aber mit Panik in der Stimme:

„H..H-hilf mir…! Bitte…! E-er fris…“

Und dann wurde er auch wieder in das Gebüsch gezogen. Es ging so schnell das Tetsuo vor Schreck nach hinten viel und auf seinem Hintern landete. Er saß nur noch da und zitterte. Sekunden verstrichen die sich wie Minuten anfühlten. Dabei mischte sich ein komisches Geräusch vor ihm in die Stille. Es war still geworden, als würde der Dschungel selbst vor Schrecken den Atem anhalten. Hörte sich an als würde jemand etwas essen. Als würde Fleisch zerreißen. Und da Kinder leider extrem neugierig waren, krabbelte der Kleine vorsichtig auf das Gebüsch zu…Er schob es zur Seite und sah etwas Schreckliches. Etwas was sich in seinen Verstand eingebrannt hatte, für alle Ewigkeit…Er sah wie der Junge von eben in eine Masse gezogen wurde. Es war eine riesige Masse aus Fleisch die ihn verschlag. Arme hingen aus ihr, Zähne bissen ihr Opfer klein und schluckten es langsam runter. Zähne die überall aus ihr wucherten. Nichts hatte eine genaue Form und nur ein Auge war zwischen der Masse am Rücken zu sehen und fixierte ihn plötzlich an. Heulen war zu hören und Tetsuo sah nur voller Schrecken zu. Sah wie der Junge vor ihm in die Masse verschwand. Ihm noch einmal einen ängstlichen und panischen Blick zuwarf. Dann war er verschwunden. Tetsuo ließ das Gebüsch los und kroch langsam rückwärts. Angst umklammerte sein Herz wie ein Seil. Er wollte rennen aber seine Beine konnten nicht. Sie gehorchten ihm nicht. Er kam nur bis zu dem Baumstamm und hatte diesen dann an seinem Rücken. Sah wie die Monstermasse aus dem Gebüsch vor ihm kam und auf ihn zu kroch. Adrige Hände ohne richtige Form griffen nach vorn und tatsteten sich an ihn ran. Zogen sich auf ihn zu. Und Tetsuo weinte einfach nur. Er konnte nichts tun. Er hörte Weinen, Schreie, Stöhnen, alles von dem Ding vor sich. Und dann griff es nach seinem Gesicht. Er sah es nur starr an und schloss dann die Augen. Nur ein Wort kam aus ihm raus und er wusste nicht mal warum ausgerechnet dieses Wort:

„…Akira…“
 

Voller Schrecken und schweißgebadet wachte Tetsuo auf und saß in Sekunden senkrecht.

Er atmete schnell und starrte auf seinen Schoß. Er hatte…er hatte geträumt. Ein kurzer Schmerz zuckte durch seinen Schädel und er griff sich mit der rechten Hand an diesen. Als der allerdings wieder nachließ sah er dass er mit einer alten Decke zugedeckt war. Sein Kopf drehte sich nach rechts und er ließ den Blick durch den Raum schweifen. Wo war er?

Er war in einer Wohnung und sie war ziemlich verwüstet. Wohl eher unordentlich. Auch saß er auf einer alten Couch und direkt hinter ihm ging es auf einen Balkon. Vor ihm war die Eingangstür und rechts davon die Küche. Unwohl versuchte er sich zu erinnern. Er hatte gekämpft und war schwer verletzt gewesen und dann hatte ihn Kaneda…Es klingelte bei ihm. Dann musste dieser Ort…

Eine Tür ging links vor ihm, am Ende des Ganges zur Eingangstür, auf. Aus ihr kam Kaneda gelaufen. Es war anscheinend das Bad so wie der Kerl vor ihm da raus kam. Er rubbelte sich die Haare mit einem Handtuch trocken und sah zu Tetsuo, der lief aber schlagartig rot an, als er sah dass der Ältere vor ihm kein Oberteil trug! Stramme Muskeln schimmerten durch das Wasser auf der Haut. Er lächelte dem Kleinen zu und legte sich das Handtuch über die rechte Schulter, kam erfreut dabei auf ihn zu.

„Na? Wieder wach Tetsuo?“

Unsicher und aus Reflex griff sich Tetsuo die Decke und zog sie schützend an sich…Moment warum machte er das? Warum war es ihm so peinlich diesen verdammt gut gebauten Oberkörper so blank zu sehen? Er schlug sich plötzlich und blitzschnell selber. Verpasste sich eine Backpfeife die saß und Kaneda sah ihn erschrocken an. Sprach laut:

„Alter warum haust du dich?!“

Sehr gut. Die Backpfeife hatte gewirkt. Er konnte wieder klar denken und sah erneut zu dem Typen vor sich. Ging aber erst gar nicht erst auf Kanedas Frage ein, sondern sah sich um. Er musste unbedingt das Thema wechseln! Und vor allem ihn nicht mehr ansehen…So fragte er:

„…Ist das dein Zuhause?“

Kaneda sah sich auch um und schnaufte etwas.

„Jap. Ist jetzt kein Palast aber für mich reicht es völlig.“

Er sah wieder zu Tetsuo. Unglaublich erleichtert. Er schien wieder fit zu sein und sein Blick war auch nicht mehr so schwach wie vorhin. Anscheinend hatte er sich vollständig von seinen Wunden erholt. Aber schien er es zu meiden ihn anzusehen? Vielleicht bildete er sich das gerade ein. Kaneda hatte ihn über ne gute Stunde bis zu seiner Wohnung getragen. Dann schlich er sich auch noch das Apartment hoch, dass Frau Nakamura nichts mitbekam. Er wollte die alte Frau nicht auch noch extra belasten. Und es ging sie auch nichts an wen er da heimschleppte. Er lief zu seinem weißen Shirt, das auf dem Tresen seiner Küche lag und zog es schnell über. Dann lief er zu der Couch und setzte sich an das Fußende von Tetsuo. Der auch gleich wieder zu ihm sah. Erleichtert dass er wieder etwas trug. Kaneda sah auf die Decke.

„Tut mir leid ich habe nichts Besseres. Aber ich denke sie konnte dich wenigstens etwas warm halten, als du geschlafen hast.“

Tetsuo sah ebenfalls auf die Decke…Darüber machte er sich Sorgen? Wenn er so darüber nachdachte hatte er wirklich keine guten Sachen. Die Decke war alt und auch andere Sachen in der Wohnung sahen mitgenommen und viel benutzt aus. Er lebte echt nicht in Saus und Braus.

„…Du hättest das nicht tun müssen.“

Kaneda sah ihn verwirrt an.

„Hm? Was meinst du?“

Tetsuo sah zu ihm auf. Unsicher und dennoch konnte Kaneda Dankbarkeit in dem Blick sehen, was sein Herz kurz hüpfen ließ.

„Dich so um mich zu kümmern…Das hättest du nicht tun müssen.“

Kaneda sah ihn einfach nur an…

„Bist du noch bei Trost?“

Verdutzt über diesen harschen Satz sah ihn Tetsuo dann einfach nur an. Er schüttelte dann mal kurz den Kopf und fragte:

„Was?“

„Du rettest mir das Leben als die Stange auf mich zugeflogen kam, obwohl es nicht deine Aufgabe war. Danach springst du wieder für mich in die Bresche, fängst einen Angriff ab der mir galt und wirst deswegen fast zerquetscht und gefressen. Und dann sagst du mir: Ich hätte mich nicht so um dich kümmern müssen?! Du hast mir zwei Mal das Leben heute gerettet! Zwei Mal! Natürlich kümmere ich mich um dich und deine Verletzungen! Ich müsste eigentlich viel mehr noch für dich tun! Also rede nicht so einen Müll Tetsuo!“

Er war sehr laut dabei geworden wodurch er untermauerte wie ernst und ehrlich es ihm war. Und danach folgte einfach nur ein Blickaustausch und keiner wiedersprach dem Anderen oder sprach überhaupt. Kaneda er…Er war so völlig anders, als alle anderen Jungs die er kennen gelernt hatte. Sogar in seinen Reihen ist Tetsuo als Kind verachtet und geärgert worden. Wurde als das Findelkind beschimpft. Als der der anders war. Als Missgeburt. Als Ärgernis. Noch nie hatte ihn jemand anderes, außer seiner Kindheitsfreundin Kaori, so behandelt. Deswegen war er weggelaufen. Und deswegen wollte er auch nie mehr zurück. Und auch weil…Er sah traurig auf seinen Schoß und fasste die Decke fester. Antwortete leise:

„…Tut mir leid Kaneda…“

Und dann spürte er wie Kaneda näher rückte. Noch bevor er wieder aufsehen konnte, fühlte er eine Hand auf seinem Kopf. Spürte wie ihm diese sanft durch das Haar strich und dann dort verweilte. Er sah auf. Kaneda lächelte ihn lieb an.

„Brauch es nicht…Brüll mich doch lieber wieder an. So traurig mag ich dich nicht sehen.“

Er mag es nicht…ihn traurig zu sehen? Bei den Worten wurde es ihm ganz warm in der Brust und das lag nicht an den innerlichen und bereits verheilten Verletzungen. Sein Herz klopfte plötzlich stärker und es war dasselbe Gefühl wie an diesem Abend. Das Gefühl in diesem Blick damals, als sie sich kennenlernten. Als würden sie einander berühren und verschmelzen. Als wären sie auf einer Wellenlänge. Und wenn Kaneda dort vibrierte…würde Tetsuo antworten.

Obwohl er es nicht wollte baute er plötzlich eine Verbindung auf. Da Kaneda ihn berührte konnte Tetsuo in seine Seele fassen. Einen Blick in diese bekommen und was er sah…erschütterte ihn. Es war nur ein kurzer Blick gewesen, aber er sah Bilder. Schnell und viele. Er sah Kaneda als Kind. Er sah wie er seine Eltern verlor. Sah wie er sich mit anderen Kindern prügelte, weil die ihn ärgerten. Sah wie er auf der Straße geschlagen wurde als er für andere Drogen verteilte. Und er sah ihn weinen. Er sah ihn so oft weinen und leiden…Und da rannte Tetsuo eine Träne aus dem rechten Augenwinkel. Zum Schrecken von Kaneda der ihn ansah. All diese schmerzlichen Erinnerungen waren zu viel für ihn gewesen. Traurig und zittrig sprach der Kleine plötzlich:

„….Es tut mir leid... Es tut mir so leid…“

Und dann fing er plötzlich an zu weinen. Er ließ es einfach laufen und rieb sich immer wieder die Tränen weg, die einfach nicht aufhören wollten zu laufen. Noch nie zuvor hatte er wegen jemand anderem geweint. Hatte sich so eine Blöße gegeben. Es war ihm unangenehm, aber er konnte einfach nicht stoppen. Kaneda dagegen war so überrumpelt von der Situation dass er nicht wusste was er machen sollte. Er saß etwas unsicher da. Warum weinte er denn plötzlich?! Er wollte Tetsuo umarmen, aber traute sich nicht, weil er ihn nicht bedrängen wollte. Sprach dabei:

„H-Hey! Warum weinst du denn jetzt?! Hör bitte auf! Ich kann mit sowas nicht umgehen!“

Er sagte das sehr sanft, aber sein Gegenüber hörte einfach nicht auf. Sprach nur muffig und verrotzt zurück:

„I-Ich kann nichts dafür! Du hast so schrecklich gelitten…I-Ich…“

Und da verstand er plötzlich. Hatte er…etwa in seinen Gedanken rumgeschnüffelt? Klar! Tetsuo hatte das schon mal gemacht, damals bei seiner Karre! Das war bestimmt das Selbe. Als er ihn eben am Kopf berührt hatte, war das die Verbindung gewesen. Dann hatte er also seine Kindheit oder so gesehen? Er schnaubte aus und kratzte sich am Hinterkopf. Oh Wow…noch nie hatte jemand wegen seiner Kindheit so reagiert. Es war ihm unangenehm aber gleichzeitig…war er auch dankbar. Er lächelte und hatte keine Zweifel mehr. Er kam näher. Und dann umarmte er Tetsuo sanft. Dieser erschrak und saß nur still da, als Kaneda sanft zu ihm sprach:

„Danke…Danke dass du wegen mir weinst…Tetsuo.“

Denn das hatte noch nie einer für ihn getan. Aber Tetsuo konnte auch nicht anders. Und er verstand langsam den Grund. Er verstand warum Kaneda ihn so neugierig machte. Warum er mehr erfahren wollte. Weil…weil sie sich einfach ähnlich waren. Sie hatten beide eine schlimme und traurige Kindheit gehabt. Sie hatten beide keine Eltern damals. Niemand der sie führte, nur herum schupste wegen Dingen die sie nicht tun sollten. Waren beide einsam. Und hatten beide schrecklich geweint. Das war diese Verbindung die sie zueinander zog. Da hatten sich zwei Seelen getroffen…die sich ähnlich waren.

Kaneda löste sich von ihm und drückte ihm den Kopf hoch. Dann lächelte er wieder freundlich und sprach:

„Besser du hörst mit dem Geheule auf bevor die Jungs ankommen. Sonst denken die noch ich hätte die vergewaltig oder so!“

Er grinste danach so breit auf und Tetsuo verarbeitete diese Worte noch in seinem Kopf. Er stichelte und wollte die Stimmung ändern. Was auch funktionierte. In Sekunden lief Tetsuo knallrot an und hob mit seinen Kräften Kaneda plötzlich von der Couch hoch. Sofort danach flog er über den Tresen seiner Küche und schepperte genau in diese! Er schrie kurz auf deswegen, aber musste nach dem Knall schon hinter dem Tresen lachen. Tetsuo sah nur wütend zu ihm rüber und atmete schnell, als sich sein Gegenüber auf den Tresen kämpfte und frech über diesen drüber grinste. Dann sprach Kaneda und rieb sich kurz dabei über den Hinterkopf:

„Na also! Schon viel besser!“

Tetsuo war noch immer sauer…aber er verstand es dann auch. Er wollte die Stimmung ändern. Er wollte ihn von dem Schmerz befreien. Und das hatte er auch geschafft. Kaneda kniete einfach hinter seinem Tresen und legte die Arme auf ihn. Lächelte einfach nur zu ihm rüber. So das Tetsuo nicht anders konnte…und zurück lächelte. Und dann grinste der Ältere darauf.

„Willst du mich noch mal schmeißen? Vielleicht geht es dir dann noch besser.“

Tetsuo verschränkte die Arme vor sich und sah arrogant weg.

„Nein. Aber denk bloß nicht dass du mich jemals wieder so sehen wirst. Das war das erste und letzte Mal!“

Kaneda war froh ihn wieder so zu sehen. Er war wieder ganz der Alte. Er konnte eben nicht leugnen dass er dieses freche, arrogante und aggressive Gör nun mal genau so kennen gelernt hatte. Und genau deswegen sich auch in ihn verliebt hatte. Da fiel ihm ein:

„Hey sag mal Tetsuo: Warum warst du eigentlich bei uns gewesen? Ich nehme an du warst auch der Grund warum der Mast umkippte, richtig?“

Der Kleine sah wieder zu ihm.

„Na von allein ist er garantiert nicht umgefallen! Ich dachte mir schon dass ihr in Schwierigkeiten geraten würdet.“

„Vielleicht. Aber wie gesagt es ging dich persönlich nichts an. Versteh mich nicht falsch! Ich bin sehr froh dass du uns geholfen hast! Aber ich bin dennoch verwirrt. Es war doch verdammt riskant für dich uns allein durch die Straßen zu folgen. Warum nimmst du diese Gefahr auf dich?“

Tetsuo sah ihn einfach nur grimmig an, so das Kaneda schon Sorge hatte etwas Falsches gesagt zu haben. Darin war er anscheinend bei dem PsyKI gut.

„Du bist anders…Ich weis noch immer nicht genau was es ist, aber etwas an dir ist anders als bei anderen Menschen. Und bevor ich das rausgefunden habe, darfst du nicht sterben. Ganz einfach.“

Okay, das war jetzt nicht das was Kaneda hören wollte, aber was solls. Er kam hinter dem Tresen hoch und lief dann zu seinem Kühlschrank. Sprach dabei etwas enttäuscht:

„Echt nur deswegen? Schade. Ich dachte du hast das getan weil du mich magst.“

Er öffnete den Kühlschrank und suchte darin etwas. Sah also nicht dass Tetsuo leicht rot anlief wegen seiner Aussage. Dann fauchte er aber auch schon zu ihm rüber:

„Als ob ich einen Blödmann wie dich mögen könnte!“

Kaneda zog eine Milchflasche aus dem Kühlschrank und verschloss diesen wieder hinter sich. Überprüfte das Ablaufdatum. War noch okay. Dabei sprach er frech:

„Ach komm. Wir wissen doch beide dass du auf mich stehst.“

Als er auf sah konnte er gerade noch so einem seiner Schuhe ausweichen, der im hohen Bogen auf sein Gesicht zu flog! Er duckte sich weg und kam wieder hoch, brüllte zu ihm:

„Alter ich hab ne Glasflasche in der Hand! Du hättest mich treffen können!“

„Das war auch meine Absicht du Blödmann!“

Und da lachte Kaneda nur. Er war echt süß wenn er sich aufregte. Auch war ihm aufgefallen dass der Kleine errötet war. War also nichts dran ja? Er grinste und griff sich eine Tasse von seinem Tresen. Füllte dieses mit der Milch. Tetsuo griff sich derweil auf die Schultern. Und bemerkte dass sein Cape weg war. Er sah sich um und konnte es nirgendswo sehen. Er sah wieder zu Kaneda und fragte ihn:

„Hey! Wo ist mein Cape!?“

Sein Gegenüber sah ihn verdutzt an.

„Der Lappen? Der war ganz schön nass gewesen, ich hab ihn auf den Balkon gehängt. Hättest du ihn anbehalten hättest du nur unnötig gefroren. Deine Kleidung konnte ich dir allerdings nicht ausziehen, versteht sich.“

Tetsuo sah hinter zum Balkon. Ja da war es. Hatte es vorhin völlig übersehen, dieses hing schlaff über dem Geländer. Er sah wieder vor als Kaneda auf ihn zukam und sich neben ihm auf die Couch setzte. Sofort zog Tetsuo seine Beine an sich ran. Schon beinahe schützend. Er war wieder in seinem alten Muster. Vorsichtig. Ganz anders als vorhin. Und dann reichte ihm Kaneda freundlich eine Tasse mit Flüssigkeit. Sie war bräunlich und dickflüssig. Unsicher sah der Kleine sie an und fragte:

„Was ist das?“

Kaneda sah verwirrt auf die Tasse und dann wieder zu ihm hoch.

„Eigentlich ist dass das Sekret einer Kuh vermischt mit einer Pflanze…Aber im Normalfall nennt man es Kakaomilch. Das bekommst du in fast jedem Geschäft. Hast du sowas noch nie gesehen?“

Er reichte ihm es noch näher und Tetsuo schüttelte unsicher den Kopf.

„Ich möchte nicht.“

Natürlich wollte er es nicht, es kam aus einer Kuh! Und hörte sich nicht gut an von wo es kam.

„Komm stell dich nicht so an. Es wird dir gut tun.“

Er reichte ihm noch entschlossener und aufdringlicher die Tasse, so dass sein Gegenüber diese wenigstens schon mal an sich nahm und sie mit beiden Händen festhielt. Er sah tatsächlich die Nase rümpfend das Getränk an. Hatte er Angst vergiftet zu werden? Kaneda schmunzelte leicht.

„Du kennst Autos, Motorräder und andere Sachen aus Neo Tokyo, aber du hast noch nie Kakaomilch gesehen? Das ist echt drollig.“

Tetsuo sah muffig zu ihm.

„Ich hab sowas halt nicht gelernt okay?“

„Aha! Also bekommt ihr, von wo du herkommst, beigebracht was Autos sind aber nicht Milch? Hört sich ziemlich verwildert an.“

Tetsuo hätte sich innerlich hauen können. Er hatte sich verplappert. Kaneda hatte allerdings einen kleinen Erfolg. Er wusste nämlich nun dass der Kleine anscheinend von einem Ort kommt, an dem es nicht so ist wie in Neo Tokyo. Hörte sich an wie ein Hinterwäldler-Dorf oder sowas. Er lächelte und sprach:

„Ist aber auch egal. Trink endlich.“

Tetsuo sah ihn wieder misstrauisch an.

„Warum bist du so versessen darauf dass ich trinke?! Sind da Drogen drin um mich gefügig zu machen oder so?!“

Kaneda sah ihn nur starr an…und dann musste er lachen. Er bekam sich fast nicht mehr ein vor Lachen, hielt sich den Bauch dabei und Tetsuo verstand nicht was daran so witzig war. Der Große rieb sich eine Träne weg und sprach dann zu ihm:

„Du hast echt verrückte Ideen! Wenn ich dich wirklich gefügig machen wollte, dann sicher nicht mit Drogen in einer Kakaomilch! Hahaha! Der war gut Tetsuo!“

„Ach ja?! Dir traue ich alles zu!“

Und da war er, dachte endlich sie wären über das Misstrauen etwas hinweg, und dann unterstellt er ihm Drogen in Milch. Wahnsinn. Er riss sich wieder zusammen und sah Tetsuo nur an. Ihn gefügig machen…Er würde das ganz anders machen. Sein Blick war anscheinend so anders, dass sogar sein Gegenüber das bemerkte und unsicher wurde. Der Blick war…geladen. Erotisch geladen. Und Kaneda war echt froh dass Tetsuo anscheinend nur Gedanken lesen konnte durch Berührungen. Wenn er ihn verführen wollte würde er das anders tun. Er würde sich ihm nähern. Von hinten. Sanft den Nacken und Hals entlang küssen. Ihm dabei unter das Oberteil fassen und die Haut dort streicheln. Vielleicht sogar in den Nacken beißen um ihn zu erregen. Fest zu sich ziehen und ihre Körper aneinander pressen. Seine Wärme spüren lassen. Ihn so verführen bis er sich freiwillig ergab und ihn nach Sex anflehte.

Er riss sich aus den Gedanken und nahm dem Kleinen das Getränk weg. Nahm einen Schluck und sah ihn dann freundlich an. Reichte ihm die Tasse wieder.

„Siehst du? Alles okay.“

Tetsuo sah ihn weiterhin misstrauisch an. Aber dann nahm er doch tatsächlich die Tasse und sah darauf hinab. Fasste sich ein Herz und trank einen Schluck. Er wollte ihm irgendwie vertrauen. Aber er konnte nicht so einfach über seinen Schatten springen. Als er allerdings die Flüssigkeit schmeckte…er war erstaunt. Er schluckte sie runter und sprach:

„…Es schmeckt gut.“

Sie war süß. Er hatte sowas noch nie geschmeckt. Und Kaneda hatte wirklich recht gehabt. Es tat ihm gut und er trank gleich weiter. In wenigen Sekunden hatte er es runter geschlungen und sah zu dem neben sich. Reichte ihm die Tasse und sprach ungewöhnlich lieb:

„Kann ich noch was haben?“

Er sagte das so sanft und zuckersüß, dass Kaneda sich echt fragte ob seinem Gegenüber das überhaupt bewusst gewesen ist. Er dagegen spürte sein Herz schneller schlagen dabei und nahm ihm die Tasse ab. Er lächelte ihn sanft an. War so froh dass er anscheinend in Schwarze getroffen hatte.

„Klar.“

Er stand auf und lief wieder in seine Küche. Während er noch eine Portion zubereitete gingen ihm andere Gedanken durch den Kopf. Er musste ehrlich gesagt dagegen ankämpfen nen Ständer zu bekommen. Was er sich vorgestellt hatte rieb ihn so auf. Und die Tatsache dass er schon lange keinen richtigen Sex mehr hatte, lag auch wie eine Last auf ihm. Er hatte sich entschlossen. Er liebte Tetsuo und er würde alles tun um ihn zu erobern. Er wollte dass er ihn auch liebte. Und nur so wollte er Sex mit ihm. Nicht anders. Mal abgesehen davon dass er nicht mal über ihn herfallen könnte, selbst wenn er wollte, denn gegen Telekinese hatte er keine Chance. Der Kleine würde ihn wie eine Puppe durch den Raum feuern.

„Was hast du?“

Erschrocken sah Kaneda auf und zu ihm rüber. Tetsuo sah ihn an. Verunsichert fragte der Ältere:

„Hä? Wie meinst du das?“

„Du bist total nervös. Du bist sogar so nervös, dass ich den Druck bis zu mir rüber spüren kann.“

Scheiße. Kaneda musste sich schnell was einfallen lassen! Er hätte nicht gedacht dass sein Gegenüber so feinfühlig ist. Und das sowas überhaupt möglich war. Er packte sich die Tasse und lachte unbeholfen auf. Kam um den Tresen herum und setzte sich wieder auf die Couch. Dann reichte er Tetsuo die Tasse und der wartete noch immer auf eine Antwort. Bekam sie dann auch endlich:

„Ich habe mich nur gefragt wie ich das Yamagata erklären soll. Also mit dir. Er wird nicht gerade begeistert sein, hehe…“

Tetsuo sah ihn einfach nur ungläubig an. Er war echt ein schlechter Lügner, oder zumindest nicht gut darin zu verbergen was ihn bekümmerte. Aber er wollte auch nicht weiter nachharken und trank seine zweite Tasse langsam leer. Dieses Gefühl, was von Kaneda kam, war sehr heiß gewesen. Es vibrierte und machte ihn…auch innerlich unruhig. Komisch.

Ein Klingeln riss beide aus der Stille und sie sahen zu der Eingangstür hinter. Das waren dann also die Jungs. Sofort stand Kaneda auf und lief zu der Eingangstür. Tetsuo trank einfach unbekümmert weiter. Zuerst sah Kaneda vorsichtig durch das Guckloch in der Tür. Nur zu Sicherheit. Es waren aber wirklich seine zwei Jungs. Er seufzte erleichtert auf und öffnete die Tür. Ohne was zu sagen stürmte Yamagata direkt an ihm vorbei, schubste ihn sogar noch dabei weg. Er lief in das Wohnzimmer. Ignorierte tatsächlich Tetsuo, der nur aufmerksam zusah und stellte sich dann an den Tresen. Er drehte sich zu Kaneda um und brüllte laut:

„Du hast echt Nerven Alter!“

Kaneda ließ erst noch Kai rein und schloss dann die Tür. Er brüllte zurück:

„Was brabbelst du da?!“

Kai lief in das Zimmer und winkte Tetsuo mit einem freundlichen Lächeln zu. Der nur etwas unsicher zurück. Über seiner rechten Schulter hatte Kai einen blauen Müllsack gelegt, den er dann sachte neben der Couch abstellte, während Yamagata noch immer brüllte:

„Die ganze Sache war von Anfang bis Ende eine scheiß Idee! Wir hätten Joker sofort erledigen müssen und nicht noch mit Mad verhandeln!“

Kaneda kam endlich dazu und stand vor seinem Großen. Sichtlich verwirrt warum er so wütend war. Und in wenigen Sekunden stritten sie sich tatsächlich auch laut weiter:

„Könntest du mir einfach erklären warum du so rumbrüllst?!“

„Aber gerne! Joker kam mit dem Leben davon! Kai und Mad haben eigentlich nur rumdiskutiert warum man ihn am Leben erhalten sollte! Und jetzt ist der Bastard noch am Leben und Mad hat ihn mit sich genommen!“

Kaneda sah zu Kai, der neben Tetsuo auf der Couch saß.

„Ist das sein Ernst Kai?!“

Der Kleine nickte.

„Leider ja. Mad hatte uns gedroht dass wir nicht lebend vom Pier wegkommen würden, wenn wir ihm Joker nicht überlassen. Der hat uns verarscht Kaneda. Wer weis was der mit Joker vor hat.“

Das war echt mies gelaufen. Hatte er sie ausgespielt? Was hatte er denn mit Joker vor? Er war schockiert und sichtlich sauer deswegen. Warum hatte er dem Mistkerl nur vertraut?! Tetsuo saß einfach nur da und sah ihnen beim Streiten und Diskutieren zu. Es war sogar etwas amüsant. Und dann wand sich Yamagata zu ihnen um und erstarrte förmlich als er den PsyKI sah. Es dauerte 2 Sekunden bis sein Hirn das prozessiert hatte, aber dann brüllte er auf vor Schreck, sprang über Kanedas Tresen und nahm sich die leere Glasflasche. Er zerschlug sie am Tresen und zeigte mit der zerbrochenen Oberseite der Flasche auf Tetsuo. Nun da er bewaffnet war schrie er dabei:

„WAS ZUM TEUFEL!? WO KOMMT DER HER?! ER MÜSSTE MAUSE TOT SEIN!“

War schon etwas lustig. Kaneda brüllte aber seinen Kumpel nur an:

„Alter meine Flasche! Jetzt liegt hier überall Glas verteilt!“

Yamagata sah entgeistert zu Kaneda und brüllte:

„WAS IST HIER LOS KANEDA?!“

Er sah wieder zu Tetsuo der böse grinste und ihm zuwinkte. Wodurch Yamagata etwas weiter hinter dem Tresen verschwand. Kai aber lachte nur auf und antwortete quasi für Kaneda:

„Das ist Tetsuo. Er und Kaneda sind jetzt befreundet. Er hat uns in Jokers Hauptquartier sogar geholfen.“

Yamagata kam vorsichtig hoch und brüllte:

„Ihr macht gemeinsame Sache mit dem Feind?! Er wollte uns töten!“

Und da wiedersprach Tetsuo locker.

„Eigentlich wolltet ihr MICH töten. Ich habe euch nur gnädiger weise verschont.“

Kaneda sah zu ihm rüber. War nur die halbe Wahrheit Tetsuo…Er lachte etwas unbeholfen und kratzte sich leicht an der linken Wange dabei.

„Ich wusste nicht wie ich euch das erklären sollte. Eigentlich sollte es fürs Erste geheim bleiben. Ist aber jetzt anders gekommen. Sorry das ich es euch verschwiegen habe.“

„Er wird uns nichts tun Yamagata. Bleib also ganz locker.“

Sprach Kai auch noch beruhigend. Und endlich schien sich der Große zu entspannen. Er kam hinter dem Tresen hervor und sah Tetsuo einfach nur dabei zu, wie er die leere Tasse vor sich auf den kleinen Tisch stellte. Dennoch hielt Yamagata noch immer seine zerbrochene Glasflasche in der rechten Hand. Sicher war sicher. Was ihn aber irritierte war…der Kleine wirkte so normal. Überhaupt nicht wie ein Monster. Aber er hatte eine überhebliche und arrogante Art die Yamagata nicht leiden konnte. Schützend verschränkte er die Arme vor sich und sprach zu Kaneda:

„Du bist echt total bescheuert, weist du das? Du lässt dich mit einem PsyKI ein? Wenn das rauskommt, dass sich so einer mit uns im Bund befindet, töten die nicht nur ihn sondern auch uns gleich mit!“

Da hatte er allerdings recht. Kaneda sprach zu seinem Kumpel Links von sich:

„Irgendwie bekommen wir das schon hin.“

Yamagata fauchte ihn an, dass sogar Spucke auf ihn zu flog:

„Ein normaler Mensch schleppt einen Hund oder eine Katze heim! Aber du machst mal wieder einen auf Extrawurst!“

Tetsuo war nicht amüsiert. Hatte er ihn eben mit einem Straßenköter verglichen?! Und da erhob Kai gleich einen Einspruch.

„Aber das Problem können wir lösen!“

Alle sahen neugierig zu ihm. Sogar Tetsuo war interessiert. Kai stand sofort auf und wand sich an seinen blauen Müllsack neben der Couch.

„Yamagata und ich waren noch mal schnell bei mir zuhause, bevor wir hier her kamen. Ich habe einige Sachen von mir eingepackt.“

Er zog einige Kleidungsstücke aus dem Sack und hielt sie testend vor sich.

„Du scheinst fast genau dieselbe Größe zu haben wie ich, Tetsuo. Deswegen hab ich einige Kleidungsstücke eingepackt und dachte mir wir verpassen dir einen neuen Stil!“

Er lächelte dabei freundlich zu dem PsyKI, der sich aber gleich abwand.

„Nein danke.“

„Ach komm schon. Ich bin sicher es steht dir richtig gut! Und dann fällst du auch nicht auf, wenn du bei uns bist.“

Er sah ihn erstaunt an. Moment mal…Sie wollten ihn bei sich haben? Er sollte also nicht mehr zurück in die Außenbezirke und allein…Kaneda gefiel der Vorschlag auch sehr.

„Das ist ne gute Idee! So kannst du mich quasi immer im Auge behalten Tetsuo!“

Verwirrt sahen ihn Kai und Yamagata an. Kein Wunder sie wussten auch nicht was damit gemeint war. Es war ja auch nur zwischen Tetsuo und Kaneda gewesen. So gesehen hatte er recht. Er würde sich quasi unter dem Radar bewegen. Konnte unter Menschen laufen, mehr lernen und fiel nicht als verhasster PsyKI auf. Sicher war es ihm unheimlich. Er hatte sein Leben lang immer diesen Stil getragen. Musste es wegen der Regeln in seinem Dorf. Sich davon zu trennen ließ ihn sich leicht nackt anfühlen. Aber es war auch…ein Neuanfang. Also überlegte er kurz und nickte dann muffig.

„Wenn es denn sein muss. Aber meine alte Kleidung wird nicht weggeworfen!“

Na immer hin. Erleichtert sah ihm Kaneda nach, als sich Tetsuo tatsächlich von Kai ins Bad zerren ließ. Mitsamt dem blauen Müllsack und sich dann die Tür schloss.

Er musste erst mal gewaschen und gestylt werden. Tetsuo war selber überrascht dass er sich von Kai so zerren ließ und nichts dagegen tat. Er hatte einfach das Gefühl dass der Kleine ihm nichts Böses wollte. Sie waren mit Kaneda befreundet. Sie mussten gute Menschen sein. Auch wenn dieser Yamagata aus seiner Sicht ein riesen Arschloch war. Kai zeigte auf die Dusche und sagte zu ihm:

„Wasch du dich schon mal ab und ich suche was raus was cool an dir aussehen wird.“

Echt? Hoffentlich war sein Geschmack so gut wie sein Optimismus. Während Kai sich auf den Boden kniete und den Sack ausräumte, lief Tetsuo unsicher in die Dusche. Er wusste nicht mal wie das Ding funktionierte. Er sah sich um. Vielleicht an dem Ding drehen? Er drehte an einem kleinen Metallrad. Und dann schrie er vor Schreck auf, als Wasser über ihm aus der Brause schoss und ihn samt seiner Kleidung durchnässte. Er drehte es sofort wieder aus und als Kai deswegen zu ihm hinter sah, stand Tetsuo da wie ein begossener Pudel. Der Anblick war so drollig, dass er echt auflachen musste und sprach:

„Du musst schon die Kleidung ausziehen, du Genie.“

„Halt die Klappe!“

Fauchte Tetsuo ihm zu und fing an sein Oberteil auszuziehen. Noch während er es über seinen Kopf zog, stand Kai auf und schob den Vorhang zu. Oh Junge, er war schon irgendwie, als käme er aus den Hinterlanden. Danach kniete er sich wieder hin und durchsuchte weiterhin seine alten Klamotten. Es landeten plötzlich eine Hose und ein Oberteil auf seinem Kopf und er seufzte nur auf. Volltreffer. Er legte Tetsuos Sachen, die noch eben auf seinem Kopf waren, bei Seite und suchte weiter. Hinter ihm ging die Dusche an und der PsyKI ließ einfach nur das Wasser an sich runter laufen. Er stand still da und sah auf den Boden. Er hatte sich länger schon nicht mehr gewaschen. Es war aber noch nicht so schlimm gewesen dass er stank. Allerdings tat es gut das Wasser einfach nur über seine Haut laufen zu lassen. Er genoss es förmlich. Dann sah er auf seinen Bauch. Der blaue Fleck war komplett verschwunden. Tastete nach den Rippen. Alles wieder beim Alten. Noch nie hatte er seine Heilungsfähigkeiten hinterfragt. Oder hatte sich gefragt woher die kamen. Aber als er gegen diesen anderen Typen gekämpfte hatte…bekam er plötzlich Sorge. Was wenn seine Verletzungen auch mal so schlimm werden…das sein Körper ebenfalls die Kontrolle verliert? Denn genau das war es gewesen was dem Typ passiert war. Er hatte sich völlig verloren, sein Körper hatte ihn unter seiner Kontrolle und er war nur noch ein Monster…Noch nie hatte Tetsuo gehört das sowas einem in seinem Dorf passiert wäre. Oder überhaupt jemanden. Allerdings war da diese Erinnerung aus seiner Kindheit. Dieses Ding was im Dschungel den Jungen gefressen hatte. Diesen Jungen den er aus seinem Dorf kannte. Der ebenfalls ein rotes Cape trug, wie er zu der Zeit…An diesem Tag dachte er er würde sterben. Dass ihn dieses Ding ebenfalls fressen würde. Aber kurz bevor es ihn erfasste…ließ es von ihm ab. Es schlich sich in das Gestrüpp davon und er hatte es nie wieder gesehen…Warum hatte es ihn verschont? Das fragte er sich immer wieder. Aber der Grund warum Tetsuo so geschockt war, während dem letzten Kampf…waren genau diese Erinnerungen. Was dem Typ vor sich geschah, erinnerte ihn stark an dieses Ding damals im Dschungel. Masse die sich selbst bewegte und nur verschlingen wollte.

Er rieb sich in Gedanken den Dreck von der Haut. Er wollte wissen was das damals war. Aber er hatte auch Angst davor. Es fühlte sich an, als würde er eine Kiste öffnen, die er nicht mehr verschließen könnte. Und in der sich schreckliche Erkenntnisse offenbaren könnten…

Neben ihm hing ein Handtuch. Er drehte das Wasser wieder ab und ribbelte sich dann damit trocken. Schließlich hing er sich das Handtuch um die Hüfte und kam aus der Dusche. Kai lächelte ihn auch schon sofort an und zeigte auf die Kloschüssel. Als Geste sich dort hinzusetzten.

„Setz dich.“

Tetsuo tat es einfach und sah sich um. Offensichtlich hatte der Kleine schon Kleindung für ihn gefunden. Sie lag ordentlich auf dem Waschbecken zusammengelegt. Und dann fühlte er wie Kai ihn an den Haaren packte. Sofort zog er erschrocken den Kopf weg und sah hinter sich, fauchte:

„Was soll das?!“

Kai aber lachte lieb mit einer Schere in der Hand.

„Entspann dich. Wenn ich mich richtig erinnere bist du schon von mehreren Leuten in Neo Tokyo angegriffen worden. Man hat dich schon gesehen. Was bedeutet selbst mit anderer Kleidung fällst du mit der Frisur noch auf. Ich wollte dir die Haare schneiden, damit du noch besser sicher bist.“

Tetsuo sah ihn nur grimmig an. Er log nicht…Dann wand er sich wieder um und sprach muffig:

„Wehe ich sehe dann scheiße aus.“

Kai aber lächelte nur und fing an zu schnippeln.

„So schlecht bin ich nun auch nicht. Ich verspreche dir du wirst jemand komplett anderes sein. Und du wirst dabei auch noch verdammt gutaussehen!“

Er konnte sich den nächsten Kommentar einfach nicht verkneifen:

„Also einer wird danach definitiv nach dir sabbern.“

Tetsuo zuckte zusammen und fragte:

„Was soll das denn bedeuten?“

Stück für Stück ließ Tetsuo Wolle und sein schwarzes Haar hob sich im starken Kontrast von den kalten Fließen am Boden ab. Kai schnaufte lieb und erzählte:

„Ach nur so…Weist du Kaneda steht auf Mädels mit kurzen Haaren. Ich dachte nur, da er dich ja auch mag, wird ihm dein neuer Stil sich noch besser gefallen.“

Tetsuo lief sofort beschämt knallrot an. Hielt aber dennoch still.

„I-Ich muss dem Blödmann nicht gefallen!“

Kai lächelte noch breiter hinter ihm auf. Er mochte ihn, klare Sache. Es klang schon echt komisch, aber er hatte das Gefühl dass Kaneda und Tetsuo echt ein süßes Paar abgeben würden. Sie ergänzen sich einfach zu gut. Tetsuo gab ihm kontra, zeigte ihm einen starken Willen und Kaneda brachte ihm Fürsorge bei. Und man musste echt total bescheuert sein, wenn man nicht spürte dass es zwischen den Beiden knisterte. Sicher sie waren beide Jungs, aber wen kümmerte das schon in Neo Tokyo. Sie waren schon einige Male einem schwulen Paar über den Weg gelaufen. Besonders in der Unterwelt schien das ein neuer Trend zu werden. Es war nicht immer Liebe im Spiel, aber wenn man Sex als Mann mit einem Mann hatte konnte dabei kein Kind entstehen. Was ein Vorteil war. Und da viele in der Unterwelt und in Banden das nicht riskieren wollten, was das der elegante Umweg um an Sex zu kommen. Nur glaubte Kai nicht dass Kaneda nur auf Sex aus war. Er glaubte wirklich daran dass sein Boss Gefühle für Tetsuo hatte. Das erklärte einfach alles was passiert war. Und er war sehr froh wenn dass der Fall sein sollte. Denn Kaneda hatte noch nie Liebe für eine Partnerin verspürt. Und er brauchte es eigentlich. Er sehnte sich garantiert auch danach. Aber vielleicht hatte er sich nie auf ein Mädchen eingelassen weil er schon immer auf Jungs stand? Wie auch immer. Er schnitt weiter Haare weg und sprach dann zuversichtlich:

„Du wirst schon sehen. Ich mach dich unwiderstehlich.“

„HÖRST DU MIR ÜBERHAUPT ZU?!“

Kaneda saß mit Yamagata auf der Couch und sprach über das Problem mit Joker und Mad. So wie es sich anhörte hatte der Anführer der Hatters sie nur benutzt um an Joker ranzukommen und diesen zu stürzen. Aber er schien auch einen Vorteil davon erzielen zu wollen. Warum sonst würde er Joker am Leben lassen? Und wenn dass stimmte, dann machte sich Kaneda nur noch mehr Sorgen. Es könnte sein dass Mad auch auf die Idee kommen könnte PsyKI zu versklaven und als Waffen zu benutzen. Dann war der Eine von letztens ihr geringstes Problem gewesen. Denn Mad war nicht blöd. Er könnte die Idee ausarbeiten und weiterentwickeln. Was hatten sie nur getan? Er hätte nie auf die Idee mit Mad kommen sollen. Vielleicht hatte er damit alles nur noch schlimmer gemacht. Dazu käme dass auch seine Bande in Gefahr war. Und erst recht Tetsuo…

Die Tür zum Bad öffnete sich und Kai kam heraus. Verwirrt sahen beide von der Couch rüber und der Kleine räusperte sich vorne im Gang. Sprach dann wie ein Sprecher:

„Darf ich euch den neuen Tetsuo Shima vorstellen?“

Und da kam er auch schon aus dem Bad und in den Flur. Er wirkte unsicher und sah auf den Boden vor sich. Yamagata sah einfach nur hin aber Kaneda fiel fast die Kinnlade zu Boden. Er war völlig hin und weg. So das er dann doch von der Couch fiel, weil er sich zu weit vor lehnte. Er schüttelte kurz den Kopf, alle sahen ihn blöd an, er aber nur auf zu Tetsuo.Vor ihm stand das schönste Wesen was er je gesehen hatte. Es war unglaublich. Tetsuo seine Haare waren sehr kurz und strubbelig geschnitten worden. Er trug eine dunkelblaue, lange Bikerhose und braune Stiefel. Oben war er gekleidet in einen zart, türkisen Hoodie. Darunter trug er anscheinend ein weißes Hemd. Man konnte es kaum glauben. Er sah aus wie einer von ihnen. Wie ein ganz normaler Junge aus Neo Tokyo. Kai hatte wahrlich gezaubert. Und Kaneda war nur noch verliebt. Tetsuo sah noch immer unsicher und scheu auf den Boden. Sagte dann:

„Okay, wenn nur einer lacht, fliegt er durch den Raum!“

Kaneda kam schnell wieder auf die Füße und sah ihn nur weiter erstaunt an. Kam einen Schritt näher und sprach dann fast atemlos:

„…Bist du bekloppt…?“

Tetsuo sah ihn verwirrt an. Er konnte nicht mal losmaulen, da vollendete sein Gegenüber auch schon den Satz:

„…Du siehst einfach toll aus Tetsuo. Wahnsinn…“

Das hatte ihn völlig unerwartet getroffen. Er lief leicht rot an und musste sich schnell ablenken. Tetsuo sah muffig zu Kai hinter.

„Warum Shima?“

Der lächelte.

„Naja ich dachte es wäre ein cooler Nachname. Wir haben dich ja in Shima gefunden. Deswegen. Passt doch und klingt gut zu deinem Vornamen.“

Naja. Kaneda war das nicht mal bewusst geworden wegen dem Nachnamen. Er sah nur noch Tetsuo an, als wäre er eine Lampe und er selbst die Motte die angezogen wurde. Er war wunderschön. Diese Kleidung ließ ihn wild aber auch gleichzeitig zart und zierlich wirken. Weil der Hoodie auch ein kleines Bisschen groß war. Und man deswegen seine Statur auch nicht richtig deuten konnte. Tetsuo war noch immer wegen Kanedas Aussage leicht rot und sah wieder auf den Boden. Er sah toll aus? Irgendwie gefiel ihm das zu hören. Wie gesagt er wurde noch nie so behandelt oder es wurde so über ihn gesprochen. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war…gefiel es ihm Kaneda zu gefallen. Auch fühlte er sich anders- Er fühlte sich wie ein neuer Mensch. Fast wie...einer von ihnen...

Neo Tokyo Style

Es war ein sehr komisches Gefühl.

Tetsuo saß auf Kanedas Couch und sah an sich herab. Sein Leben lang trug er immer dieselbe Kleidung. Und das war nicht ohne Grund, oder weil er keinen Geschmack hatte. Das Gewand in seinem Dorf stand für die Reinheit in ihrem Innern. Menschen wie er sahen sich in ihrem Dorf als rein an. Laut ihrer Geschichte gehörten sie zu den wenigen Auserwählten die die Reinheit Gottes und den nächsten Schritt in der Entwicklung erreicht hatten. Menschen aus den Großstädten waren anders. Sie waren auf ihrer Evolutionsstufe stehen geblieben und durften nicht die Gnade und die Reinheit Gottes erfahren. So besagten es ihre Geschichten. Deswegen war auch ihre Kleidung komplett in Weiß. Nur das Cape machte den Unterschied. Und das war ein ganz Spezieller. Die Farbe des Capes zeichnete den Rang oder den Status des Menschen. Es gab fünf verschiedene Farben in ihrem Dorf. Weiß, Schwarz, Blau, Gelb und Rot. Tetsuo kannte natürlich fast alle Bedeutungen der Farben.

Die Farbe Schwarz trug nur ein einziger in ihrem Dorf, nämlich das Oberhaupt. Er trägt diese Farbe auf Grund der Vielfältigkeit in seiner Führung, weil die Farbe Schwarz aus allen Erdfarben entsteht. Unter seiner Hand lebten die anderen Farben in seinem Schutz. Weiß trug auch nur eine einzige Person im Dorf. Und das war die Mächtigste von allen, die Priesterin oder der Priester. Aktuell eine Priesterin. Obwohl das Oberhaupt über ihr stand und entscheiden konnte was zu tun war, war es die Priesterin die die größte Macht von allen hatte. Wunden heilen, Gedanken lesen, sogar Blicke in die Zukunft erhaschen. Das alles und mehr konnte sie. Weiß war das Cape weil sie die reinste Form ihrer Existenz erreicht hatte. Sie erlangte Gottes Gnade und Teile seiner Macht. So sagte man. Die Farbe Blau war eine Übergangsfarbe. Es trugen nur Kinder diese Farbe und sie zeigte ihren Status als kleines unreifes Kind und ihre Unwissenheit. Und die Farbe Gelb ist dann die nächste Stufe davon. Gelb trugen die Leute in seinem Dorf die den Status eines Erwachsenen erreicht hatten. Also Geschlechtsreif wurden und selber Kinder zeugen konnten. Es kam nicht auf den mentalen Zustand sondern auf die körperliche Reife an. Die einzige Farbe, dessen Bedeutung er nicht kannte, war seine eigene. Nie hatte er eine Erklärung zu Rot bekommen. Es gab einige in seinem Dorf die auch diese Farbe trugen. Unter ihnen war er aber das einzige Kind gewesen. Warum auch immer musste er als Kind Rot tragen und nicht Blau. Natürlich hatte er auch schon gefragt was seine Farbe bedeutet. Aber er bekam immer nur als Antwort: Seine Farbe wäre etwas Besonderes. Nie wirklich eine Antwort die ihn befriedigen konnte. Und nach einer Weile hatte er es aufgegeben und sich damit abgefunden. Dennoch konnte er nie das Gefühl abschütteln, dass er mit der Farbe Rot wie ein Ziel wirkte. Oder als hätte man ihm eine Zielscheibe auf den Rücken genagelt. Und ehrlich gesagt mochte er noch nie das Konzept der Farben. Es war als würde man in einem Stall die Tiere nach ihrem Wert abstempeln. Jeder war klassifiziert und nicht gleichwertig als Lebewesen. Etwas was er verabscheute.

Wenn er so an sich runter sah, war er plötzlich sehr zufrieden. Er wirkte mit dieser Kleidung nicht klassifiziert. Er wirkte individuell und als eigenes Wesen. Und ihm gefielen die Farben und der Stil auch sehr. Es machte ihn jung und rebellisch. Worauf er total stand. So kam er sich nämlich sein Leben lang in seiner Heimat vor. Der Außenseiter der freiwillig aus der Reihe tanzte. Dennoch musste er seufzten. Es war nicht alles schlecht gewesen in seiner Heimat. Und er vermisste auch Kaori. Sie war die einzige Freundin die er in dem Laden gehabt hatte. Sie zu verlassen war der schwierigste Part gewesen. So schwer, dass er nicht mal Bescheid sagen konnte dass er geht. Er verließ das Dorf einfach in der Nacht. Und er wollte auch nicht mehr zurück. Dennoch fiel es ihm leichter zu gehen als er dachte.

Er sah von sich auf und zu den Jungs rüber. Kaneda, Kai und Yamagata standen in der Küche und besprachen schon eine Weile was sie als nächstes tun sollten. Die Sache mit diesem einen Typen namens Mad ließ sie einfach nicht los. Tetsuo wusste nicht mal wer das war, also stand er erneut am Seitenrand und hatte keine Ahnung. Es war genau wie bei ihm zuhause…Sichtlich genervt stand er dann auf.

„Hey!“

Sprach er laut und hatte auch sofort die Aufmerksamkeit der Jungs auf sich. Sie sahen ihn erstaunt an und Tetsuo fing an Klartext zu reden:

„Eins werde ich gleich mal klarstellen: Wenn ich schon bei euch bleiben muss, dann werde ich auch gefälligst in alles was die Gruppe betrifft eingeweiht! Ich werde nicht am Seitenrand stehen und ihr entscheidet alles alleine! Das könnt ihr gleich mal vergessen!“

Die Blicke die auf ihm ruhten waren alle unterschiedlich. Kai war überrascht dass er sowas sagte. Yamagata wirkte dagegen sichtlich genervt. Warum sollten sie dieses Gör, das sie nicht mal wirklich kannten, schon gleich in ihre Pläne einweihen, als würde er seit Jahren dazu gehören? Für ihn stand das außer Frage. Kam nicht in die Tüte. Kaneda dagegen war erfreut. Gefiel ihm natürlich dass sich der Kleine gleich so reinkniete. Es zeugte von Interesse und Neugier und genau das wollte er von ihm. Er wollte das Tetsuo dazu gehörte. Nur so konnte er mehr über ihn erfahren und auch sein Gegenüber zurück. Damit wäre er das neueste Mitglied der Truppe, wenn auch nicht das Jüngste, den Platz übernahm Kai. Allerdings musste er erst Mal in die Basis eingeweiht werden und die Grundkenntnisse erlernen. Er wand sich zu ihm um und sprach erfreut:

„Okay. Aber als erstes bringen wir dir einmal bei wie man in Neo Tokyo lebt und sich verhält.“

Yamagata sah ihn erschrocken an.

„Warte mal Kaneda! Wir sollten erst mal klären was wir jetzt wegen diesem Mistkerl Mad machen! Der Knirps da kann noch etwas im Hintergrund bleiben und warten.“

Tetsuo sah ihn sauer an. Knirps?! Er kam direkt auf ihn zu. Nach wenigen Sekunden stand er vor ihm und sah taff hoch. Yamagata selbst machte aber auch keine Rückzieher und blieb in seiner Haltung. Sah grimmig zu ihm runter. Kaneda verzog das Gesicht etwas unsicher und unwohl. Hoffte dass die ganze Situation nicht gleich eskalieren würde. Und dann sprach Tetsuo:

„Jetzt pass mal auf Lulatsch: Ich lass mich von dir nicht an der kurzen Leine halten. Ich lasse mich von NIEMANDEN anketten oder vorführen wie ein Köter! Nicht mal von da wo ich her komme, konnte man das mit mir machen! Da lass ich mir von einem dahergelaufenen Kopfgeldjäger, der mich vor Tagen noch umbringen wollte, erst recht nicht was sagen! Den Ton mir gegenüber gewöhnst du dir mal schnell ab, oder wir bekommen richtig Probleme miteinander! Und glaub mir: Ich hab dich schneller aus dem Fenster geworfen als du „Motorrad“ sagen kannst!“

Kaneda zuckte bei der Aussage zusammen. Vielleicht wäre es besser wenn er…

„…Drohst du mir gerade?“

Kam es sichtlich sauer von Yamagata, aber Tetsuo ließ nicht locker deswegen. Er sah weiter entschlossen und grimmig zu ihm hoch. Verschränkte die Arme vor seiner Brust und sprach dabei:

„Hmmmmm kling danach, oder?“

Er sah abwechselnd zu allen.

„Und ich möchte auch klarstellen: Das ich nicht euer Freund bin. Ich bin lediglich aus meinen eigenen Gründen bei euch und tu mir das an. Nicht mehr und nicht weniger.“

Sein Blick blieb bei Kaneda stehen, den er einfach nur ansah. Und er zurück. Der Große musste dann sanft lächeln und nickte ihm zu.

„Wie du es für richtig hältst Tetsuo. Ich werde dich nicht zu etwas zwingen, was du nicht willst…“

Tetsuo sah ihn nur weiter an…Dann wand er sich ab und lief zu dem Kühlschrank des Älteren. Gut. Da das geklärt war, konnte er endlich mal prüfen was in diesem Schrank so war.

„Solltest du auch besser nicht. Sonst könnte es auch sein dass DU mal aus einem Fenster fliegst Kaneda.“

Eine verdammt leere Drohung, dass wusste Kaneda einfach. Er würde ihn nicht verletzten. Das wiedersprach seinen Aktionen die er in Joker seinem Hauptquartier hingelegt hatte. Dennoch schien es den Größten aus seiner Bande zu beunruhigen. Er zeigte sauer auf Tetsuo, der sich einfach mal den Kühlschrank öffnete und rein sah. Noch nie hatte er sowas gesehen. Es war kühl darin. Sein Blick schlich von einem Essen zum Nächsten. Es war nicht viel aber egal. Dann griff er sich eine Packung Sushi und schloss wieder den Schrank. Sah das Essen verwirrt an und lief zurück zur Couch. Setzte sich und schnüffelte unsicher an dem Essen in seinen Händen. Dann sprach Yamagata auch schon laut zu Kaneda:

„Das lässt du dir gefallen Boss?! Er hat uns gerade gedroht uns zu töten!“

Kaneda sah zu Yamagata und blieb ganz locker und entschlossen.

„Lass das mal meine Sorge sein Yamagata. Ich pass schon auf euch auf.“

Der aber schüttelte nur genervt den Kopf. Er sah wieder zu Tetsuo, der das spürte und ihm einfach frech den Mittelfinger zeigte. Okay das wars. Yamagata sah zu Kaneda und antwortete ihm:

„Und wer passt auf dich auf?! Schau dir doch den Mistkerl an!“

Dann wand er sich ab und verließ die Wohnung. Die Tür knallte laut zu und Kai zuckte zusammen deswegen. Oh je, er war sichtlich sauer. Unsicher sah Kai zu Kaneda, den alles nicht zu beunruhigen schien und fragte:

„Was machen wir wegen Yama?“

„Erst mal nichts. Der kriegt sich schon ein. Er brauch halt etwas Zeit, so wie immer.“

Sie sahen wieder zu Tetsuo, der inzwischen den Finger gesengt, die Sushi-Packung geöffnet und angefangen hatte zu essen. Schien erstaunlich begeistert deswegen und schlang es förmlich runter. Und da ging Kanedas Abendessen…Der lächele aber nur. Kleiner Fresssack was? Alles was er nach seinem Kampf und seinen Verletzungen bisher getan hatte, außer Meckern, war Essen. Vielleicht brauchte sein Körper das momentan einfach. Hatte vielleicht etwas mit seinen Kräften zu tun. Keine Ahnung, war aber interessant. Und dennoch sah er einfach wunderschön aus, in allem was er tat. Sein neues Outfit passte ihm einfach perfekt. Auf den ersten Blick saß da einfach nur ein kleiner, frecher Japaner, der stark von sich selbst überzeugt war und alles an Essen verschlang was er in die Finger bekam. Und genau so sollte das auch sein. Er sollte nicht auffallen. Äußerlich passte alles. Jetzt musste er sich nur etwas von seinen Kräften verabschieden und nichts Abgedrehtes tun. Sonst war die Verkleidung umsonst. Aber Tetsuo war so dickköpfig, ob er sich darauf einließ? Das besprach er lieber wann anders. Momentan war der Kleine schon geladen genug, warum auch immer…

Kai sah derweil auf seine Uhr, als er bemerkte das Kaneda wieder sichtlich fasziniert zu Tetsuo rüber sah. Es war bereits schon spät am Abend. Auch draußen wurde es bereits dunkel, auch noch weil die Regenwolken den Himmel verdeckten. An dem Tag würde sich nichts mehr wegen Mad tun, das musste morgen geklärt werden. Er sah wieder zu Kaneda und warf sich dabei seinen blauen Müllsack über die rechte Schulter. So das sein Boss zu ihm sah wegen dem Knistern des Sacks.

„Lass uns morgen in der Schule darüber sprechen Kaneda. Es ist schon spät. Yamagata hat sich sicherlich bis morgen auch wieder beruhigt.“

Kaneda nickte ihm zu. Kai sah mal kurz rüber zu Tetsuo, der fast mit dem Sushi fertig war. Verdammt, was ein Müllschlucker. Er lächelte und kam etwas näher zu Kaneda, flüsterte ihm dann zu:

„Was machst du wegen ihm?“

Kaneda sah wieder zu Tetsuo.

„Naja ich lasse ihn bei mir schlafen. Und morgen sehen wir weiter.“

Kai lächelte ihn an und legte ihm kurz die rechte Hand auf die Schulter, flüsterte:

„Pass bloß auf…diese Rose hat Dornen. Stech dich bloß nicht.“

Er ließ von ihm ab und verwirrt sah ihm Kaneda nach. Was meinte er denn damit? Er war total verdutzt. Kai winkte nach mal zu Tetsuo und rief:

„Bis morgen Tetsuo!“

Der aber rülpste nur kurz, eben weil er mit dem Essen fertig war und legte sich locker auf die Couch. Nun in aller Ruhe verdauen. Er antwortete nicht dem Kleinen, obwohl er ihn wahrgenommen hatte. Kai aber machte das nichts aus und er lief zu der Wohnungstür.

„Bis morgen Kaneda. Ach ja! Und denk daran wir haben Hausaufgaben bis morgen!“

Dann schloss er die Tür hinter sich und Kaneda sah erschrocken zu dieser, schrie:

„Was?! Wir hatten Hausaufgaben?! Scheiße!“

Das klang nach einer langen Nacht. Scheiße. Eigentlich sollten ihm die Hausaufgaben egal sein, aber er konnte nicht noch mal ne Klasse wiederholen! Er sackte etwas kraftlos in sich. Seufzte dabei sichtlich genervt. Er hatte Hausaufgaben und Tetsuo hatte sein Abendessen verschlungen, der Abend war echt für den Arsch. Das hieße Arbeiten und das auch noch mit leeren Magen. Tetsuo hatte seine Arme hinter seinem Kopf verschränkt und lag entspannt auf der Couch. Er sah zu Kaneda und sprach etwas verhöhnend:

„Fühlt sich an als wäre etwas nicht okay Kaneda. Willst du darüber reden?“

Er meinte das nicht wirklich ernst. Das wusste Kaneda auch an der Tonart wie Tetsuo sprach und drehte sich um. Er lief etwas müde an der Couch vorbei und antwortete ihm:

„Ehrlich gesagt will ich nur noch was essen und dann ins Bett.“

Er verließ das Wohnzimmer und unsicher kam Tetsuo derweil wieder hoch. Kaneda war nur für einige Minuten aus dem Zimmer verschwunden und Tetsuo fühlte sich plötzlich einsam in der fremden Umgebung. In Sekunden hatte sich seine Stimmung geändert und sein dickes Auftragen war verschwunden. Er sah sich unsicher um, aber dann kam auch der Ältere wieder in das Wohnzimmer und hatte einen Stapel an Schulsachen dabei. Was Tetsuo aber nicht erkannte. Woher auch? Denn seine Lernmethoden waren ganz anders gewesen. Er setzte sich neben den PsyKI, der auf der Couch wieder etwas auf Abstand rutschte und ihm nur interessiert zu sah. Kaneda legte die Sachen vor sich auf den kleinen Tisch und schlug eines der Hefte auf. Scheiße, Biologie. Etwas womit er Probleme hatte. Vollkommen verdrängt ehrlich gesagt. Ihm lag eher sowas wie Mathe oder Technik. Bio war so kompliziert. Er musste wenigstens versuchen etwas zu machen. Also stütze er sich vor, nahm einen Stift und fing an zu lesen. Tetsuo sah ihm nur weiter dabei zu. Aber weil er selber jemand war, der keine Ruhe im Hintern hatte, fragte er schon nach wenigen Minuten:

„Was machst du da?“

„Hausaufgaben.“

Kam es von Kaneda plump und er las weiter. Tetsuo sah genervt aus wegen der plumpen Antwort.

„Musst du die machen?“

„Jaaaa deswegen heißen sie Hausaufgaben.“

Er schrieb etwas nieder.

„Ich weis was Hausaufgeben sind! Nur damit das klar ist!“

„Hmhm.“

Kam es von Kaneda wieder kurz und er schrieb erneut etwas nieder. Er versuchte sich zu konzentrieren und Tetsuo komplett in dem Moment auszublenden. Er machte es ihm nicht gerade leicht sich zu konzentrieren. Kaneda ließ sich in der Regal bei sowas schnell ablenken. Tetsuo dagegen schien es überhaupt nicht zu passen dass er so ignoriert wurde. Er kam doch tatsächlich etwas näher und versuchte zu erkennen was die Aufmerksamkeit von Kaneda so beanspruchte und ihn dadurch unwichtig werden ließ. Es dauerte auch nicht lange und er sprach:

„Photosynthese. Das hat doch was mit Pflanzen zu tun.“

Erstaunt sah ihn Kaneda plötzlich an und Tetsuo zurück.

„Warte mal….Du kannst echt lesen?“

Empört sah ihn Tetsuo an und fauchte:

„Natürlich kann ich lesen! Was denkst du von mir?! Dass ich ein ungebildeter Trottel bin?!“

„Was?! Nein! Ich dachte nur nicht dass du sowas beherrschst, weil du ja anscheinend von wo anders kommst und…“

„Denkst du ich bin ein Hinterwäldler und deswegen kann ich nicht lesen?!“

Kaneda stockte kurz…und dann grinste er etwas unbeholfen und vergebend.

„…Tut mir leid. Ich hätte sowas nicht denken sollen.“

Also doch! Er hielt ihn für blöd! Wütend nahm ihm Tetsuo das Blatt mit den Aufgaben ab und las sich es mürrisch durch. Kaneda war erstaunt deswegen. Hoffte nur dass er in seinem Zorn nicht den Zettel zerriss. Nach einigen Minuten schlug Tetsuo den Zettel vor sich auf den Tisch und riss Kaneda den Stift aus den Händen. Fing an zu schreiben. Das konnte er also auch. Er löste eine Aufgabe nach der nächsten in Sekunden und der Ältere sah ihm nur nur baff dabei zu. Dann war der Kleine auch schon fertig und reichte ihm den scheiß Zettel. Kaneda nahm den an sich und las die Lösungen flüchtig durch. Wow. Er hatte eine echt schöne Schrift und die Antworten schienen Sinn zu ergeben! Er sah wieder zu Tetsuo, der sauer die Arme vor sich verschränkt hatte und sprach:

„Na? Wie fühlt es sich an, wenn man merkt dass der Blöde nicht so blöd ist wie man selbst?!“

Kaneda lächelte ihn nur an. Er war einfach unglaublich. Dann sah er auf seinen Zettel und sprach:

„Du kennst dich gut in Biologie aus, oder Tetsuo?“

„Von da wo ich herkomme ist es wichtig sich mit den Einflüssen der Natur auszukennen und dem Körper an sich.“

„Cool! Ich bin mehr für Mathe oder Technik.“

Ergab Sinn. Er stand ja auch auf Motorräder. Und dann grinste Kaneda etwas frech.

„Aber…so gesehen gab es auch mal etwas was mich in Biologie interessierte…“

Tetsuo war da nicht so überzeugt und sah ihn auch so an.

„Ach ja in was? Wo dein Essen landet nachdem du es gegessen hast?“

Kaneda kam vorsichtig etwas näher, was seinem Gegenüber auch auffiel. Dennoch verblieb Tetsuo auf seiner Position und sah ihn nur an. Er fühlte das Kaneda wieder etwas vibrierte. Ein komisches Gefühl was von ihm ausging. Es war sehr warm…Und dann sprach der Ältere schon fast hauchend und frech zu ihm:

„Mich hat schon immer Sexualkunde interessiert. Was da so alles im Körper passiert ist der Wahnsinn…“

Er drehte plötzlich so richtig auf das es einfach peinlich war. Und Tetsuo sah ihn erschrocken an. F…Flirtete er etwa mit ihm?! Nun doch etwas auf Abstand rutschend antwortete er muffig und unsicher:

„P-passt ja zu dir du Spinner…Mehr könnte deine Birne anscheinend auch nicht verarbeiten…“

Kaneda kam wieder sanft ein Stückchen näher. So das Tetsuo instinktiv etwas zurück ging. Ihm wurde unwohl und er lief leicht rot an. Warum kam er ihm so nah? Und warum sprach er über solche Sachen wie eben mit ihm? Er musste das schnell im Keim ersticken, bevor Kaneda noch auf dumme Ideen kam…Momentmal…Was für dumme Ideen? Auf was sollte er schon kommen? Sie waren junge Kerle. Er würde ihn sicher nicht nach hinten drücken und versuchen Sex mit ihm zu haben! Da ging seine Fantasie mit ihm durch. Allein das er sowas in Betracht zog war erbärmlich. Kaneda fasste ihn plötzlich zart am rechten Bein, so dass Tetsuo aufzuckte und erschrocken dahin sah. Seine Hand war warm…Kurz darauf sah wieder zu ihm hoch. Wurde förmlich erotisch angesehen und die Luft knisterte. Tetsuo schluckte da nur. Langsam wurde es echt gruselig. Aber was sollte er nur tun? Sollte er ihn an den Kühlschrank feuern, oder lieber aus dem Fenster werfen? Hmmmmm….Entscheidungen, Entscheidungen…

„Aber warum rede ich mit dir darüber? Du hast sicherlich auch schon so deine Erfahrungen gemacht, oder Tetsuo?“

Tetsuo sah ihn an…

„…Quetscht du mich gerade über mein Sexleben aus?!“

Kaneda grinste frech.

„Vielleicht…“

Tetsuo brüllte ihn an:

„Das geht dich einen Scheiß an!“

Und da ließ Kaneda plötzlich von ihm ab und seufzte etwas verspielt. Er setzte sich wieder normal vor den Tisch und fing an seine Sachen einzuräumen…Wie? Da kam nichts mehr?! Warum packte er zusammen?! Tetsuo war sichtlich verwirrt über seine Gefühle in der Sekunde. Sollte er sich nicht eigentlich darüber freuen und erleichtert sein? Warum…war er innerlich etwas enttäuscht?

„Ich zieh dich doch nur auf Tetsuo. Tut mir leid wenn ich dir zu nahe getreten bin.“

Er sagte das lieb lächelnd zu ihm rüber und stand danach direkt von der Couch auf. Er hatte seine Schulsachen in den Armen und sah noch immer lieb zu ihm runter. Tetsuo verwirrt zu ihm hoch. Warum…war er so zu ihm? Warum behandelte Kaneda ihn so? Er kam sich komisch vor. Es fühlte sich an als würde er extra Spannung erzeugen, um sie dann schlagartig abzutrennen und ihn fallen zu lassen wie einen Sack Kartoffeln! Spielte er mit ihm? Er wurde einfach aus der Situation nicht schlau. Und deswegen wusste er nicht wie er reagieren sollte. Er sah Kaneda einfach nur an. Sein Lächeln wärmte Tetsuo aber innerlich etwas auf…Kaneda zeigte dann auf die Couch und sprach:

„Du kannst heute Nacht gerne auf meiner Couch schlafen und meine Decke benutzen. Gehört alles dir.“

Tetsuo sah sich die Couch an und dann wieder zu ihm hoch.

„Und…wo schläfst du?“

Kaneda sah in Gedanken nach rechts oben zu Decke.

„Hmmmm…Ich denke der Boden in meine Rumpelkammer, was mal ein Schlafzimmer sein sollte, bietet auch Komfort.“

Er wollte auch seine Couch verzichten? Für ihn? Tetsuo setzte sich ganz auf die Couch und zog dabei die Decke über sich. Sie war angenehm weich, wenn auch dünn. Er fühlte sich dabei aber nicht wohl. Kaneda gab freiwillig für ihn seinen Schlafplatz auf…Er sah wieder zu ihm auf und nickte nur. Kaneda warf ihm allerding nur ein Lächeln zu und sprach:

„Alles klar. Dann bis morgen früh Tetsuo.“

Damit was das Thema abgeschlossen und Kaneda konnte endlich schlafen gehen…Naja nicht wirklich…Er lief nur einige Schritte in Richtung des Schlafzimmers und dann sagte Tetsuo plötzlich in einen ruhigen Tonfall:

„Hey Kaneda…“

Der blieb sofort stehen und sah zu ihm.

„Hm?“

Tetsuo stockte…aber fasste sich dann plötzlich am Herz und sprach zu ihm:

„…Danke. Also…für was du für mich tust. Also…“

Wow, war anscheinend nicht so leicht hm? Kaneda lächelte ihn nur sanft an. Da war er wieder. Der sanfte und unsichere PsyKI den er vorhin gesehen hatte. Er sprang schnell in der Stimmung umher. Als wäre er ein Mädchen mit ihrer Periode. War Tetsuo sogar etwas rot dabei, als er das gesagt hatte? Er könnte schwören eine leichte Röte auf den Wangen seines Gegenübers zu erhaschen. Und wieder wirkte er unglaublich zart…und einfach unwiderstehlich.

„Gute Nacht Tetsuo.“

Und damit wand er sich ab. Es war etwas plump und abhakend gewesen, aber er musste das tun. Denn er fühlte wie er wieder auffuhr. Er wurde innerlich wieder heiß auf den Kleinen und die Stimmung war so schon etwas erotisch gewesen. Es konnte tödlich enden, wenn er nicht die Handbreme anzog. Er floh förmlich den zweiten Gang runter und in das Schlafzimmer. Schloss die Tür hinter sich und rutschte an diese gelehnt herunter. Aber auch die geschlossene Tür, die sie voneinander trennte, half kaum. Es brannte so sehr in ihm. Er wollte ihn einfach. Er wollte Sex mit ihm. Aber er wollte auch zugleich Liebe dabei spüren. Also waren ihm die Hände gebunden. Es war noch ein langer Weg bis dahin, das war ihm klar. Er musste weiter Stand halten. Besonders Tetsuo zur Liebe. Sein Blick fuhr an sich herunter…Sah aus als müsste er sich diese Nacht doch noch einen runter holen…

Tetsuo war aufgefallen dass Kaneda schnell abgebrochen hatte. Für seinen Charakter sehr komisch, aber vielleicht war es auch besser so. Er war auch innerlich etwas aufgekratzt. Gefühle die er selber nicht deuten konnte glühten in ihm. Und er wollte auch nur noch abschalten.

In dem Wohnzimmer wurde es immer dunkler und er lag einfach nur auf der Couch. Er war zugedeckt und lag seitlich. Aber so gesehen konnte er nicht schlafen. Zu viele Dinge gingen ihm durch den Kopf. Auch hatte er wegen seiner Wunden schon viel verschlafen an diesem Tag. Weswegen er noch nicht mal wirklich müde war. Und er war gespannt wegen morgen. Was würde er morgen wohl in Neo Tokyo erleben? Welche Abgründe würden sich auf tun dabei? Und er war gespannt wie Kaneda so lebte…Das interessierte ihn auch besonders. Es ließ ihn einfach nicht los. Kaneda…Er lag neben an im Zimmer und es fühlte sich so fern an. Dennoch konnte er ihn spüren. Es fühlte sich aber komisch an. Er schien förmlich hochzufahren…Machte er noch Training oder so? Vielleicht. Schien anstrengend zu sein…Schließlich schloss er doch die Augen…

Sein Sexleben hm? Vielleicht wäre es für Kaneda komisch gewesen…zu hören dass Tetsuo noch nie Sex gehabt hatte. Es lagen die Fakten auf dem Tisch: Er war ein junger Kerl von 15 Jahren und hatte noch nie eine Freundin geschweige denn Sexualverkehr gehabt. Für die Meisten in seinem Alter war er damit der Loser. Aber ihm war das egal gewesen. Er verspürte einfach nicht den Drang nach körperlicher Nähe zu jemand anderem und sich zu paaren. Und es war jetzt nicht so, dass er keine Mädels kannte und deswegen den Drang nicht verspürte. Er kannte Kaori…Ja okay nicht viel, aber immerhin. Sie war aber nur eine gute Freundin aus Kindheitstagen. Sie wäre wahrscheinlich die Jenige mit der er über Beziehungsprobleme reden würde. Diese Art von Freundin war sie. Ehrlich gesagt hatte er sich noch nicht mal selber befriedigt. Irgendwie konnte er das nicht. Es war wie eine Barriere von seinem Innern aus. Jemand hatte mal gescherzt dass er sich seine Unschuld anscheinend für jemand ganz besonderen aufbewahrte…Keine Ahnung. Nein, Völliger Blödsinn. Aber dennoch konnte er einfach nicht…

Er seufzte und drehte sich auf der Couch um. Zog dabei die Decke zu sich höher und kuschelte sich in diese. Es machte keinen Sinn weiter darüber nachzudenken. Er sollte lieber versuchen zu schlafen. Die Decke war schön weich, wenn auch alt. Aber…sie roch nach Ihm. Sie roch nach Kaneda. Dieser Geruch gab ihm das Gefühl, als würde er ihn schützend umarmen. Es war so ein beruhigender Duft, dass er sich komischer Weise entspannte und dann doch nach wenigen Minuten eingeschlafen war…
 

Die Sonne kroch langsam über den Rand der Häuser.

Die sanften und warmen Strahlen schlichen sich in das Wohnzimmer von Kanedas Wohnung und erfüllten dieses auch langsam mit ihrer Wärme. Als der erste Strahl sanft Tetsuo seine Nase kitzelte gähnte dieser verschlafen auf. Er lag noch immer schön ein gelümmelt in der kuscheligen Decke, die er sich bis an den Hals hochgezogen hatte und er seitlich auf der Couch lag. Er lag in Embryo-Lage und hatte die Beine angezogen. Noch immer machte sein Körper keinen Anstand hochzufahren. Müde öffnete er die Augen und blinzelte kurz, weil ihn die Sonnenstrahlen anfingen zu blenden. Und endlich fühlte er die Wärme von ihnen und ihm wurde auch wohler. Wäre er eine Katze hätte er angefangen zu schnurren. Es war schon morgen?

Langsam erhob er seine müden Knochen. Er setzte sich hin und streckte sich erst mal ordentlich zur Decke über ihm. Renkte sich dabei die Arme etwas ein und gähnte erneut. Er sah in dem Moment vielleicht nicht so aus, aber er fühlte sich großartig. Alle Schmerzen oder Überbleibsel vom Kampf waren verschwunden und verheilt. Er war endlich wieder der Alte. Sofort stand er auf und sprang kurz auf der Stelle. Schwebte danach leicht über den Boden und grinste sanft. Sehr gut, das Fliegen war auch wieder drin. Danach kam er wieder auf den Boden und sah sich um. Einen Spiegel oder so, der wäre nicht schlecht. Nach einigen Rundgängen im Zimmer hatte er auch schon einen gefunden. Er hing direkt in der Küche in einer Ecke und gegenüber an der Wand vor dem Kühlschrank. Etwas ungewöhnlich als Stelle, aber egal. Tetsuo betrachtete sein eigenes Spiegelbild und machte dann zwei Schritte zurück, so das er sich etwas besser begutachten konnte.

Er sah nicht schlecht aus. Wo er sich jetzt endlich besser sah, nicht nur an sich runter, wirkte es echt cool. Der türkise Hoodie leicht etwas zu groß, aber nur gering. Lag dadurch locker an ihm, was ihm dennoch gefiel. Er steckte die Hände in die vorderen Taschen des Hoodie und posierte etwas vor dem Spiegel. Stellte sich seitlich und sogar etwas sexy hin. Eines musste man Kai lassen: er hatte echt Geschmack. Gut gewählt. Auch die neue Frisur war etwas womit er sich anfreunden konnte. Er strubbelte sich diese zu Recht. Sie war kurz und erinnerten ihn sehr stark an damals. So ähnlich waren seine Haare auch geschnitten, als er ein Kind war. Aber das war schon okay. Kaori hatte ihm auch öfters gesagt er solle sie wieder kurz machen. Hatte sich aber gesträubt, weil er lieber rebellisch sein wollte. Wenn er sich so im Spiegel sah, musste er eingestehen dass sie damals doch Recht hatte. So wie in vielen Dingen…Er war ein komplett anderer Mensch. Das wurde auch ihm in dem Moment bewusst. Er sah aus wie ein Junge aus der Stadt. Es gefiel ihm echt gut. Was wohl die Leute aus seinem Dorf sagen würden wenn sie ihn so sahen? Er musste kurz traurig lächeln. Sie würden ihn verurteilen. So wie immer. Und ihr Oberhaupt würde ihm sicherlich noch dazu dem Kopf abreißen und ihn eine Schande nennen…

Sofort schüttelte Tetsuo den Kopf und wand sich vom Spiegel ab. Konnte ihm doch egal sein! Er wollte da eh nie wieder hin! Und dann lief er auf den Kühlschrank zu und öffnete diesen wieder. Erwartungsvoll sah er sich darin um und suchte nach was leckeren zu Essen. Dieses Mal aber wurde er enttäuscht. Die einzigen Reste in dem Teil waren Reis und Milch. Damit war seine Hoffnung auf etwas Leckeres erloschen. Mürrisch schloss er den Schrank und lehnte sich an ihn. Warum war nichts zu essen da!? Wollte ihn Kaneda verhungern lassen?! Der konnte was erleben! Er lief aus der Küche und direkt den Flur vor ihm runter. Den Selben in den Kaneda gestern Abend verschwunden war, als er Schlafen ging. Am Ende war rechts eine Tür. Muffig kam er vor diese und holte tief Luft. Natürlich sauer. Und dann trat er zu!

Mit einem lauten Knall schepperte er, durch den Tritt, die Zimmertür auf! Er kam sauer rein und brüllte:

„Kaneda! Es gibt nicht mal Essen in deiner Bude! Und du erwartest das ich hier bleibe?!“

Aber dann wurde er ruhig und sah sich um. Das Zimmer war durcheinander. Es standen ein kaputtes Bett und vieler anderer Müll darin rum. Dinge die er nicht mal kannte. Aber wichtiger war…Kaneda war nicht da.

„Kaneda?“

Er kam in die Mitte des Zimmers und blieb dann in der rechten Ecke vor einem Schreibtisch stehen. Er war sehr alt und unordentlich. Aber dennoch sah er in dem Chaos etwas, was seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Kam deswegen näher und bückte sich runter. Vorsichtig hob er ein Bild von dem Tisch. Es war eingerahmt gewesen. Darauf war ein kleiner Junge mit seinen Eltern…Durch seine intensive Berührung gestern, wusste er sofort dass es sich bei dem Jungen um Kaneda handelte. Er stand frech vor seinen Eltern und grinste breit. Dasselbe dumme Grinsen dass er immer Tetsuo zuwarf. Überheblich…aber glücklich. Der Vater stand links auf dem Bild. Und seine Mutter direkt hinter ihm. Hatte sanft ihre Hände auf seinen Schultern. Sie war wunderschön. Von ihr hatte er also sein gutes Aussehen, aber auch von seinem Vater hatte er viele Züge übernommen. Er war eine schöne Kombination aus den Beiden…

Tetsuo hatte plötzlich das Bedürfnis sich zu konzentrieren. Er wollte die Gefühle des Bildes spüren…aber er ließ es sein. Nicht erneut wollte er in der Vergangenheit und Gefühlswelt von Kaneda rumstöbern. Es gehörte sich einfach nicht. Aber warum war ihm das so wichtig? Bei jedem anderen würde er es doch auch jeder Zeit tun. Warum nicht bei ihm? Respektierte er etwa seine Gefühle? So gesehen…tat es weh dieses Bild zu sehen. Kaneda hatte wenigstens Eltern gehabt, oder eher sie gekannt….Tetsuo hatte sowas nicht gehabt…denn er war ein Findelkind.

Er stellte das Bild wieder ab und rieb sich kurz mit dem Arm an der Nase lang. Danach wand er sich ab und verließ das Zimmer. Wo steckte der Kerl bloß? Aber seine Frage wurde nach wenigen Sekunden beantwortet. Ein lautes Türscheppern ließ ihn aufschrecken. Es war die Wohnungstür die aufgerissen und dann sofort zugeschlagen wurde. Vorsichtig kam Tetsuo an die Ecke des Flurs und sah dann zaghaft da rum. Er sah Kaneda, der mit einem großen Beutel in den Armen in die Küche lief. Da war er ja der Blödmann! Sofort kam er um die Ecke und maulte los:

„Da bist du ja! Wo bist du gewesen!? Und warum ist nichts zu essen da?!“

Er fauchte dass so laut, dass Kaneda völlig überrascht war und beinahe alles von sich fallen gelassen hätte! Er krallte sich an die Einkaufstüte und sah verstört zu Tetsuo rüber, der mit verschränkten Armen vor der Brust vor der Couch stand. Er sah grimmig drein. Aber Kaneda antwortete nur zu ihm:

„Also wenn deine Kräfte mich nicht umbringen, dann werden es definitiv deine Schreckeinlagen sein! Guten Morgen Sonnenschein!“

Er stellte den Beutel ab.

„Kein freundliches: Guten morgen Kaneda! Wie hast du geschlafen? Oder: Ich freue mich dich zu sehen! Hast du sowas für mich Tetsuo?“

Er bekam nur weiter einen grimmigen Blick zugeworfen.

„Nein.“

Kam es plumpt von dem Kleinen zurück und Kaneda grinste nur, als er anfing den Beutel auszuräumen.

„Ja das habe ich mir schon gedacht.“

Er klang nicht beleidigt deswegen, sondern ganz normal und frech.

„Wo bist du gewesen?!“

Warum war ihm das so wichtig? Kaneda freute sich innerlich darüber. Langsam zog er ein Stück Einkaufsware nach der Nächsten aus dem Beutel. Er schwieg dabei einfach weiter und summte nur etwas fröhlich vor sich hin. Was sein Gegenüber aber nur noch mehr nervte. Tetsuo hatte echt ein Problem damit, wenn man ihm nicht gleich antwortete. Oder eher auf seine Forderungen einging. Und genau deswegen antwortete Kaneda auch nicht. Er hatte das schon lange gemerkt. Und diesen Zahn wollte er dem PsyKI auch langsam mal ziehen. Sollte sich das leicht abgewöhnen. Nach einigen Minuten antwortete er aber dann doch. Nämlich als er den Beutel ausgeräumt hatte und die ganze Ware schön auf dem Tresen vor ihm lag. Freundlich sah er zu Tetsuo.

„Ich war einkaufen. Da du mich gestern ohne Essen ins Bett lassen hast, wollte ich wenigstens heute Morgen vor der Schule noch was frühstücken. Auch dachte ich mir dass du sauer sein könntest wenn nichts zu Beißen da ist.“

Na da hatte er ja mal voll ins Schwarze getroffen. Tetsuo sah ihn einfach nur mürrisch an und kam dann zaghaft näher an den Tresen. Neugierig was er so zu Essen besorgt hatte. Er sah sich die verschiedenen Sachen nur mit den Augen an. Nichts davon sagte ihm etwas, so dass er schließlich fragte:

„Und was ist das alles?“

Kaneda sah ihn etwas erstaunt an. Wow. Sie kannten nicht mal Butter? Also die Leute von dem Ort wo er her kam. Er lehnte sich etwas vor und fing an zu erklären:

„Also das hier ist Butter. Die machst du mit einem Messer auf ein Brötchen drauf. Und dann belegst du es dir mit was anderem.“

Er zeigte auf die fünf Brötchen, die er gekauft hatte und Tetsuo folgte ihm nur mit Blicken.

„Hier habe ich dann noch Lachsscheiben. Und hier Schinken.“

Ach das war Fleisch. Es sah so komisch und anders aus, dass Tetsuo es erst nicht erkannt hatte. Lag an der Farbe des Fleisches. Aber etwas fiel ihm dennoch auf…

„Wo ist Gemüse und Obst?“

Kaneda grinste ihn an.

„Ich bin nicht so ein begnadeter Blattfresser.“

Er lachte dann leicht, aber Tetsuo musste ihn nur weiter mürrisch ansehen. Okay, ein purer Fleischfresser also.

„Ist das ein Problem für dich Tetsuo?“

Der Kleine sah ihn erstaunt an. Schüttelte aber gleich den Kopf.

„Nein. Es ist nur…bei uns war Fleisch etwas, was es nicht einfach mal so gab.“

Während er das sagte, nahm er sich ein Messer von dem Tresen und ein Brötchen. Er schnitt es auf und fing an die Butter drauf zu schmieren. Okay er lernte schnell. Aber was er sagte machte Kaneda nur noch neugieriger. Er fing auch an sich ein Brötchen zu schmieren und dann zu belegen, als er fragte:

„Würdest du mir mehr davon erzählen? Oder bin ich dir zu aufdringlich damit?“

Tetsuo legte sich Lachs auf sein Brötchen und sah ihn dann an. Er schien etwas zu zögern. Er fand es schön das Kaneda so vorsichtig und höflich danach fragte. Definitiv. Aber…was sollte schon so schlimm daran sein ihm davon zu erzählen? Eigentlich war nichts dabei. Es war nur so…das es Tetsuo nicht gut tat. Es weckte teils schmerzhafte Erinnerungen an seine Kindheit, wenn er an seine Heimat dachte…Kaneda biss in sein Essen und sah ihn erwartungsvoll an. Der Kleine seufzte genervt.

„Bei uns gab es Vorschriften was gegessen wurde und vor allem wann. In der Regel ernähren wir uns von Beeren und anderem Obst, wie Äpfel oder Birnen. Gemüse war auch jeden Tag auf dem Essensplan. Fisch gab es nur an einem Tag in der Woche. Fleisch dagegen gab es nur zu besonderen Anlässen, wie wenn eine Feier stattfand oder eine Paarung.“

Kaneda verschluckte sich fast an seinem Glas Milch, als er das Wort Paarung hörte und Tetsuo sah ihn verwirrt an. Der Ältere hustete etwas, kriegte sich dann aber wieder ein. Sprach darauf:

„Sorry. Ist dieses…naja diese Paarung sowas wie bei uns eine Hochzeit?“

Eine ungewöhnliche Frage. Warum interessierte ihn das? Tetsuo legte den Kopf schief.

„Kommt drauf an. Was ist eine Hochzeit?“

„Naja man…man verspricht den anderen auf ewig zu lieben und zu ehren. Kinder haben. Mit ihm zusammen zu sein, bis man stirbt ect.“

Tetsuo aß einfach weiter und nickte nur stumm. Als er runtergeschluckt hatte antwortete er:

„Ja dann ist es wohl das Selbe.“

Kaneda schnaubte leise aus. Lustiger Weise hatte er sich vorgestellt wie sich zwei PsyKI vor allen anderen paarten, also Sex hatten. Das wäre echt krass gewesen. Aber es war interessant zu hören, dass Tetsuo offensichtlich nicht oft Fleisch aß und eher vegetarisch lebte. Wenn auch gezwungen. Was war das nur für ein Ort von dem er kam? Er sah dem jungen PsyKI heimlich beim Essen zu. Es war ein holpriger Morgen gewesen, aber wenn sie so zusammen aßen…war das echt schön. Kaneda aß in der Regel allein am Morgen. Gesellschaft zu haben gefiel ihm echt gut. Er fühlte sich wohl. Vor allem wenn die Gesellschaft so hübsch war wie Tetsuo…Denn er sah einfach umwerfend aus. Er wirkte durch das Outfit und den Style freundlicher und leicht rebellisch. Auch wenn er das überhaupt nicht war, er war total rebellisch. Außerdem sah er weiterhin sexy damit aus. Und ehrlich gesagt beneidetet er Kai etwas dafür, dass er Tetsuo wahrscheinlich teils nackt gesehen hatte…

Der Kleine machte sich bereits das nächste Brötchen und Kaneda riss sich aus seinen Fantasien. Er sah auf seine Wanduhr über dem Kühlschrank und trank dabei sein Glas leer. Die Schule fing bald an. Tetsuo war das nicht entgangen und er fragte:

„Musst du wo hin? Weil du andauernd auf die Uhr schaust?“

Kaneda sah ihn an.

„Du kennst Uhren?“

Danach hatte er ein Stück Lachsscheibe im Gesicht. Kaneda nahm sie locker ab und lächelte, dann aß er sie einfach sofort. Tetsuo fauchte:

„Ja ich kenne Uhren du Blödmann!“

Kaneda lächelte weiter und räumte dann das Besteck in die Spüle.

„Ja und du solltest auch langsam mal fertig werden.“

„Warum?“

Kaneda sah zu ihm.

„Weil du mit mir in die Schule kommst.“

Tetsuo verschluckte sich beinahe beim Essen und fing danach an zu husten. Hehe, wie bei Kaneda vorher, was diesen grinsen ließ. Der Kleine klopfte sich sogar dabei auf die Brust. Als er fertig war sprach er dann laut:

„Wie kommst du darauf dass ich mich wieder auf die Schulbank setzte?!“

Anscheinend gingen die Menschen in Neo Tokyo länger zur Schule. Tetsuo war bis zu seinem zwölften Lebensjahr in der Schule gewesen. Also bei ihm war das nicht direkt Schule, sondern mehr Unterricht von Älteren Bewohnern seines Dorfes. Jeder kannte sich in einem Bereich aus und brachte es den Kindern bei. So lernte er auch über Fahrzeuge, oder andere Gewohnheiten, die bei normalen Menschen normal waren. Aber halt nur das Wichtigste. Am peinlichsten war immer Sport oder Sexualkunde. Sport weil er von den Jungs der zierlichste war und deswegen gehänselt wurde und Sexualkunde naja…weil es eben so war! Er wollte nicht wirklich wissen, was im Körper so abging wenn man sich paarte! Ihm war das peinlich gewesen. Vor allem wenn Kaori neben ihm saß. Sie nahm das lockerer als er. Vielleicht auch zu locker, dass es ihm ebenfalls peinlich wurde. Sie scherzte mal, dass Tetsuo seine Kinder bestimmt hübsch werden würden, weil er auch so ein Hübscher wäre. Er lief in dem Moment knallrot an und konnte sie Tage lang nicht mehr ansehen. Er dachte in dem Moment, sie wollte Kinder mit ihm wenn sie geschlechtsreif waren. Als er sie darauf ansprach, lachte sie ihn aber nur aus und meinte es war nicht so gemeint. Er wusste nicht ober er enttäuscht, oder erleichtert sein sollte damals. Er nahm es neutral und löschte es einfach aus ihrer Freundschaft, indem er nicht mehr darüber nachdachte. Er konnte auch nicht verstehen warum die Mädchen das so toll fanden ein Kind zu bekommen. Er fand es gruselig. Zu hören dass in einem Mensch ein Mensch heranwuchs und der Bauch größer wurde. Und wie es dann aus dem Menschen kroch, das war doch purer Horror! Allein die Schmerzen! Da war er echt froh ein Junge zu sein. Mädchen waren gruselig…

Kaneda lief zu seiner Couch und schüttelte schnell die Decke auf zum Lüften. Tetsuo weckte das auf und er sah hinter sich zu ihm. Da fiel ihm ein:

„Sag mal wo sind eigentlich meine Klamotten?“

Kaneda sah zu ihm und hörte auf die Decke zu schütteln.

„Die hab ich im Badzimmer oben auf den Apothekerschrank gelegt, zusammen mit deinem Cape. Ich denke da sollten die erst mal sicher sein.“

Tetsuo nickte nur und schlang sein letztes Stück Brötchen runter. Ihm wurde plötzlich komisch. Es fühlte sich schön an, so mit Kaneda zu reden. Mit ihm zu frühstücken. Es war so anders als das was er kannte. In seiner Heimat frühstückte er meist alleine. Oder mit Kaori. So sehr er sie auch mochte und sie seine beste Freundin war…mit Kaneda fühlte es sich anders an. Er hatte das Gefühl mit dem Älteren über andere Dinge reden zu können. Wenn ein Junge und ein Mädchen zusammen sprachen, war das von der Stimmung und dem Thema immer anders. Meist ging es darum nicht aufdringlich sein zu wollen, oder bei dem anderen das Gefühl zu erzeugen man wollte Geschlechtsverkehr. Bei Kaneda war das anders. Er war ein Junge und die Umgangssprache daher etwas lässiger. Aber dennoch…fühlte er eine gewisse Spannung zwischen ihnen. Fast wie das Knistern wenn man erotische Gefühle für sein Gegenüber besaß. Konnte sowas sein…?

Als Kaneda die Decke fertig geschüttelte hatte legte er sie ordentlich auf die Couch zurück. Dann kam er neben ihn weswegen Tetsuo zu ihm sah.

„Na komm Tetsuo. Ich bin mir sicher, du wirst Spaß an unserer Schule haben! Es ist das letzte Loch glaub mir!“

Er grinste dabei frech…Das klang jetzt nicht gerade überzeugend…

„…Solltest du nicht eher sowas sagen wie: Sie ist echt klasse, oder so?“

Er folgte Kaneda zu der Eingangstür und der sprach locker:

„Warum sollte ich dich belügen? Und die schönen Tatsachen abändern?“

Na das konnte ja was werden…Kaneda nahm seinen Motorrad und Wohnungsschlüssel vom Brett und öffnete die Tür. Sie verließen die Wohnung und das Theater ging los. Die bescheuerte Tür wieder. Tetsuo sah Kaneda verwirrt dabei zu, wie der an seinem Schloss rumfummelte und verzweifelt versuchte die Tür abzuschließen. Es war echt lustig und amüsant für den Kleinen. So das er dabei fies grinsen musste, was Kaneda aber nicht sah, da er ihm den Rücken zugewandt hatte. Nach 5 Minuten sprach Tetsuo sehr verhöhnend:

„Stimmt etwas nicht Kaneda? Ich hab das Gefühl du bräuchtest mal ein neues Schloss.“

Kaneda sah muffig zu ihm hinter und sah das breite und böse Lächeln auf dem Kleinen.

„Blödes Arschloch.“

Kam es leise von Kaneda, auch wenn er das nur teils so meinte. Tetsuo machte einen Schritt näher und lehnte sich etwas vor, sprach wieder verhöhnend:

„Was? Wolltest du mir was sagen Kaneda?“

„Oh das macht dir Spaß oder Tetsuo?“

„Du hast keine Ahnung wie sehr.“

Und dann fing er doch tatsächlich an zu lachen. Kaneda sah zu ihm. Es war kein böses oder verhöhnendes Lachen gewesen, sondern ein herzhaftes und liebes Lachen. Eines das Kanedas Herz doch schnell schlagen ließ. Auch das freche Lächeln danach ließ ihn warm werden. Er sah so hübsch und süß aus, wenn er lachte…

Plötzlich hörten sie wie sich eine Tür öffnete. Beide sahen deswegen nach rechts den Weg hoch. Es war die Wohnungstür der alten Frau Nakamura. Und nach wenigen Sekunden kam sie auch schon raus gehinkt und schloss diese sanft. Sie trug das Selbe wie immer. Kaneda zuckte etwas zusammen. Mist! Die kam ja genau im falschen Moment! Was sollte er ihr sagen?! Die alte Nakamura war immer freundlich und so, aber auch verdammt neugierig! Sie würde bestimmt nach Tetsuo fragen! Das war es dann mit dem heimlich und schnell aus der Wohnung schleichen. Und das dank seiner bescheuerten Tür! Tetsuo sah die alte Oma aber nur an. Wow was ein Fossil. Noch nicht an dem Level ihrer Hohepriesterin dran, aber schon ganz ordentlich. Er blieb ganz locker, warum auch nicht? Und dann kam sie schon interessiert auf die Jungs zugehinkt. Tetsuo machte seine Hände in den Taschen des Hoodie und sah nur zu ihr. Kaneda hatte die Tür noch immer nicht verschlossen…Dann war die Alte auch schon neben ihnen und sprach freundlich:

„Guten morgen Shotaro.“

Tetsuo sah sie verwirrt an. Wen? Mit wem sprach sie? Er sah sich verwirrt um. Stand noch jemand anderes im Flur? Kaneda wand sich an Frau Nakamura etwas erschöpft:

„Morgen Omi. Du bist aber schon früh wach.“

Moment! Meinte sie Kaneda?! Die alte Frau sah zu Tetsuo rüber und der sah sie einfach nur an. Es entging ihm aber auch nicht, dass sie ihn anscheinend abcheckte. Von oben nach unten. Dann lächelte sie ihn aber an und wand sich freundlich an Kaneda:

„Wie ich sehe hast du netten Besuch Shotaro.“

Endlich hatte Kaneda dieses verfluchte Schloss zu und stellte sich wieder normal hin. Er kam neben Tetsuo und sah zu ihm. Dann wieder zu der Oma und sprach:

„Ähm ja…Frau Nakamura das ist…“

„Das ist aber ein hübsches junges Mädchen. Wie heißt du denn meine Kleine?“

Beide Jungs schwiegen. Kaneda kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Oh mann. Er wusste ja das die Oma etwas schlecht sah, aber da sie so blind war, dass sie einen Jungen für ein Mädchen hielt, dass war schon heftig. Wie sollte er jetzt darauf reagieren? Tetsuo lief knallrot an. Er war ja schon für vieles gehalten worden, aber noch nie ein Mädchen! Sah er echt so mickrig neben Kaneda aus?! Und dann umschlang ihn Kaneda plötzlich mit einem Arm und drückte ihn sanft an sich. Tetsuo erstarrte dabei förmlich und stand einfach nur da. Warum machte er das?! Er sah scheu zu ihm hoch und Kaneda sprach gleich zu der alten Oma:

„Ja, das ist meine Freundin Tetsuo! Ich hab sie vor einigen Tagen kennen gelernt und wir passen wie zwei Arschbacken zueinander, hehehe…“

Bitte was?! Was laberte er da?! Tetsuo konnte einfach nur da stehen und alles über sich ergehen lassen. Die alte Frau lächelte die Beiden nur an und sprach dann sehr erfreut:

„Oh das ist aber schön. Das du endlich eine so hübsche Freundin hast. Ihr passt sehr gut zusammen. Welch ein ungewöhnlicher Mädchen-Name. Ich wünsche euch alles Gute.“

Klar, war ja auch kein Name für Mädchen! Und dann lief sie an den Beiden vorbei und verschwand in den Aufzug nach unten. Kaneda und Tetsuo standen einfach noch ne Weile da und sahen nur in diese Richtung. Noch immer aneinander gedrückt. Bis der Kleine dann leicht errötet den Kontakt abbrach und sich löste, zu ihm hoch sah und fauchte:

„Was geht eigentlich in deinem Schädel ab!? Bist du noch ganz bei Trost?!“

Kaneda kratze sich erneut verlegen am Hinterkopf und antwortete:

„Ist doch nichts Schlimmes dabei. Sie ist eben etwas verwirrt, lassen wir sie doch einfach in dem Glauben. Dann lässt sie mich vielleicht auch etwas in Ruhe.“

In Ruhe? Machte sie ihm etwa leichten Druck damit? Also mit der Sache das er keine Freundin hat? Konnte er echt darunter leiden?...Wahrscheinlich eher nicht. So ein Aufreißer und Typ wie er hatte bestimmt hunderte die was von ihm wollten. Tetsuo schnaubte zittrig und sprach dann:

„Lass uns einfach zu deiner doofen Schule gehen, ja?“

Und dann setzten sie sich in Bewegung. Sie liefen aber runter und benutzen nicht den Aufzug. Im Vorhof sahen sie auch schon Kaneda sein Motorrad stehen. Der tänzelte förmlich fröhlich darauf zu. Er und diese Karre, oh mann…Tetsuo kam dann einfach neben ihn. Kaneda hatte sich bereits drauf geschwungen und machte sie an. Überprüfte noch mal die Systeme und die Energie. Aber Tetsuo brannte eine Frage im Kopf, die er dann auch unverblümt stellte:

„Warum hat sie dich Shotaro genannt?“

Kaneda sah ihn an. Stimmt ja. Er wusste ja nichts davon…

„Nun…weil das mein eigentlicher Vorname ist. Mein kompletter Name ist Shotaro Kaneda.“

Das überraschte Tetsuo doch etwas.

„Echt?...Warum nennen dich dann alle nur bei deinem Nachnamen?“

Sein Gegenüber lächelte ihn leicht an.

„Weil mir das lieber ist. Und weil…weil ich meinen Vornamen hasse.“

Er zog seine Fahrerbrille auf und ließ seine Süße mal kurz auf schnurren und hochfahren. Während Tetsuo ihn einfach weiter ansah. Er hasste seinen Vornamen? Okay das war ungewöhnlich, aber er hatte bestimmt einen guten Grund dafür. Er konnte sich nicht vorstellen dass er seinen Namen nicht mochte weil er uncool war oder so. Das traute er Kaneda nicht zu. Aber er wollte ihn auch nicht löchern deswegen. Kaneda war sehr zurückhalten und freundlich gegenüber Tetsuo seinen Gefühlen im Bezug auf sein Privatleben. Also würde er das auch ihm gegenüber sein. Er sollte es ihm sagen…wenn er es von sich aus wollte…

„Gut, sie ist startklar.“

Er sah zu Tetsuo und klopfte dann hinter sich auf sein Motorrad. Natürlich lächelte er dabei lieb. Er deutete mit der Geste auf den Sitz des Vehikels. Verwirrt sah ihm der PsyKI dabei zu. Fragte dann zu der Geste:

„Was soll das?“

„Du sitzt hinter mir. Wir fahren los.“

Tetsuo lief rot an. Fauchte beschämt:

„I-Ich sitze doch nicht mit dir auf einem Motorrad!“

„Dir wird aber nichts anderes übrig bleiben Tetsuo. Wenn du eine eigene Karre hättest wäre das was anderes. Hinter mir herfliegen kannst du leider vergessen, das Thema ist durch. Du möchtest doch nicht auffallen, oder?“

Na klasse! Er wusste ja dass er sich einzuschränken hatte, aber jetzt durfte er nicht mal mehr fliegen?! Irgendwie hatte er das vollkommen verdrängt. Dennoch schüttelte er den Kopf und machte erneut einen auf dickköpfig. Kaneda kannte aber die Masche inzwischen. Das bedeutete Butter bei die Fische. Er lehnte sich entspannt zurück und sprach lieb:

„Aber wenn du nicht willst werde ich dich nicht dazu zwingen. Echt schade, dann musst du wohl darauf verzichten etwas über die Stadt zu lernen.“

Tetsuo sah ich muffig an…Der sollte bloß nicht glauben er würde nicht merken was er da tat! Er wollte ihn ködern der Mistkerl. Und dummerweise klappte es auch teils. Sicher wollte er etwas mehr über die Stadt erfahren. Aber eigentlich…wollte er noch mehr über Kaneda wissen. Wie gesagt das war sein eigentliches Ziel. Der Ältere blickte nur zu ihm und lächelte wieder. Dieses blöde Lächeln…Tetsuo schnaubte und kam einige Schritte näher. Sah auf den Boden und maulte:

„Muss ich auf was bestimmtes achten?“

Kaneda kam gleich wieder auf seinem Sitz etwas vor und machte hinter sich den Platz frei. Dabei schüttelte er den Kopf.

„Du musst eigentlich nur deinen Arsch hier hoch schwingen und am besten beim Fahren die Augen geschlossen halten. Sie ist sehr schnell und ich hab keine zweite Fahrerbrille für dich.“

Tetsuo kam neben das Motorrad und schwang sich etwas unsicher hoch. Das Vehikel wippte etwas tiefer, weil sie jetzt zwei Personen zu tragen hatte und er sah sich immer noch unsicher von seiner Position aus um. Er saß direkt hinter Kaneda und der lächelte über seine linke Schulter zu ihm hinter. So das Tetsuo wieder unwohl wurde.

„Hält deine Karre uns beide auch aus? Sie ist eigentlich nicht dafür gemacht.“

Da hatte er eigentlich recht. Wusste er ja durch seinen Gedankentrick damals.

„Ich konnte mich immer auf sie verlassen, sie lässt uns schon nicht hängen.“

„Ja. Im Gegensatz zu deiner Bude ist deine Karre kein Schrott.“

Freundlich wie immer. Kaneda ließ sie kurz mal auf zurren und sah dann wieder zu Tetsuo hinter.

„Ach bevor ich es vergesse: Du musst dich auch an mir festhalten. Am besten schlingst du deine Arme um meinen Rücken und vor zu meinen Brustkorb. Schön fest natürlich…“

Tetsuo lief rot an und fauchte erneut:

„Warum wusste ich dass da noch so ein Scheiß kommt?!“

Kaneda grinste breit darauf. Süß wie ihn der Kleine immer und immer wieder beschämt anfauchte. Das machte ihm Hoffnung dass da vielleicht doch Gefühle waren.

„Das ist völlig normal, wenn man zu zweit Motorrad fährt.“

Und dann tat Tetsuo wiederwillig wie es ihm gesagt wurde. Zögerlich umklammerte er Kaneda von hinten und drückte sich fest an ihn. Wenn er sich so an ihn drückte bemerkte man sofort den Größenunterschied. Tetsuo war tatsächlich einen Kopf kleiner als Kaneda. Weshalb er mit diesem direkt auf Brusthöhe und an seinem Rücken lag. Als der Ältere spürte, wie sich der Kleine fest an ihn drückte, schmiss er die Karre an. Sie zischte sofort los und sie verließen in schnellem Tempo den Vorhof.

Noch nie war Tetsuo so schnell unterwegs gewesen ohne zu fliegen. Es war ein ganz anderes Gefühl und es war nicht mal unangenehm. Das Motorrad war erstaunlich leise für seine Größe und auch komfortabel. Aber vielleicht lag das auch daran dass er so an Kaneda gedrückt war. Während der Fahrt war ihm nicht eine Sekunde über frisch gewesen, trotz des Fahrtwindes. Kaneda wärmte ihn anscheinend mit. Und während er so an den Älteren gedrückt war, konnte er es genau hören. Den sanften aber starken Herzschlag. Er war so ein bestimmter und wohltuender Klang. Sehr beruhigend, Tetsuo verlor sich darin. Da er die Augen wegen der Fahrt geschlossen hatte, war es alles was er von seinem Umfeld wahrnahm. Und instinktiv drückte er sich näher an die Wärme und das Geräusch. Er fühlte sich…einfach wohl und behütet. Und das seit langer Zeit mal wieder. Und er könnte schwören, es fühlte sich an als würde sich sein Herzschlag dem von Kaneda anpassen. Als würden sie im Einklang schlagen. Aber vermutlich bildete er sich das dennoch ein. Kaneda dagegen genoss die Gesellschaft auch unglaublich. Und je stärker sich der Kleine an ihn drückte, umso stärker und besser fühlte er sich. Er hatte das Gefühl Bäume ausreißen zu können, so glücklich war er darüber. Und sie waren sich körperlich so nahe, ohne dass etwas passiert war. Völlig freiwillig. Ihm kam es auch so vor, als würde es Tetsuo überhaupt nichts ausmachen, obwohl er sich am Anfang so angestellt hatte. Aber vieles konnte bei ihm auch Fassade sein aus Unsicherheit. Er war definitiv ein bestimmter und selbstbewusster Junge. Aber dennoch schien es so, als würde er in bestimmten Situationen, was Nähe betraf, unsicher und scheu werden. Das war Kaneda aufgefallen. Lag das vielleicht an der Vergangenheit des Kleinen? Tetsuo schien echt betrübt gewesen zu sein, als er in Kanedas Vergangenheit geschnüffelt hatte. So sehr, dass es ungewöhnlich emotional war. Zumindest für einen Fremden. Aber er wollte ihn auch nicht löchern. Er sollte es ihm selbst erzählen, wenn er soweit war. Kaneda hatte mal gehört das Liebe nur aus Freundschaft entstehen konnte. Nur dann wäre es wahre Liebe. Und so gesehen waren Tetsuo und er leider noch nicht mal offiziell Freunde...Und dennoch wollte er schon mehr…
 

Sanft kam das Motorrad von Kaneda im Vorhof der Schule zum stehen.

Tetsuo öffnete endlich wieder seine Augen und blinzelte kurz. Was er allerdings dann vor seinen Augen sah faszinierte ihn, aber widerte ihn auch gleich an. Er sah an dem Fahrer vorbei und erkannte ein riesiges Gebäude vor sich. Es war sichtlich mitgenommen und hatte Risse so wie Dreck an den Hauswänden. Allein die Mauern des Hofes und die Treppen waren verschmiert mit Kritzeleien und Schimpfwörtern aller Art die besser unausgesprochen bleiben sollten. Vor dem Gebäude stand auf den Hof eine Statue. Offensichtlich die des Besitzers des Ladens. Sie war auch beschmiert und vollgehängt mit weißem Klopapier. Es war die reinste Bruchbude. In verschiedenen Ecken tummelten sich andere Schüler rum. Tetsuo sah zu ihnen, als Kaneda langsam in eine Ecke fuhr um dort zu parken. Einige prügelten sich heftig, andere schienen mit Drogen zu handeln und wieder andere belästigten junge Damen, die dann allerdings zickig um sich schlugen. In Sekunden wurde ihm klar, dass sich an diesem Ort der Abschaum der Jugend traf. Kinder die anscheinend keine Zukunft hatten oder wollten.

Als die Karre zum stehen kam, ließ er von Kaneda ab und stieg runter. Sah sich noch immer fasziniert um. Es war abartig, aber sowas kannte er einfach nicht. Es war alles neu für ihn. Kaneda zog seine Brille ab und hängte sie über das Lenkrad, dann stieg er auch ab und zog, aus einer Kammer unter seinem Sitz, eine Decke hervor. Er warf sie drüber und verdeckte damit seine Schöne. Noch schnell zog er sich die roten Handschuhe zu Recht und wand sich dann um zu dem PsyKI. Der noch immer ganz fasziniert einfach nur da stand und sich umsah. Er kam langsam neben ihm und blieb dann stehen. Fragte ihn frech:

„Und? Ist es wie du es dir erhofft hast? So toll und neu?“

Tetsuo sah zu ihm. Er musste etwas schmunzeln. Ob aus Freude oder Mitleid wusste er selber nicht.

„Das ist das reinste Drecksloch.“

Kaneda grinste zurück.

„Was denn? Hat meine Schule nicht genug Stil für dich? Nirgendwo bekommst du Drogen schneller als hier! Oder eine gewatscht von einer Lady.“

„Klingt als hättest du Erfahrung.“

Kam es stichelnd und spielerisch von Tetsuo. Kaneda nahm es auch spielerisch.

„Wenn ICH nicht, wer dann?“

Lautes Giggeln und Kichern dröhnte dann über den Hof, so dass beide nach vorne sahen. Es war eine Gruppe von Mädels. Sechs Stück, die in verdammt knappen Klamotten und geschminkt bis zur Unkenntlichkeit über den Hof torkelten. Was wahrscheinlich auch an ihren Hacken hing. Wie konnte man mit so Absätzen an den Schuhen laufen? Frauen waren komisch. Das fand Tetsuo immer wieder. Und die dort mussten auffallen um jeden Preis. Kaneda dagegen zog sich sonstwas zusammen, was er lieber nicht nennen wollte. Denn eine der Ladys kannte er leider zu gut. Sie hatte ihn auch schon erspäht und kam mit ihrer Gruppe auf die Jungs zu. Innerlich rüstete sich der Ältere auch schon. Das konnte gleich richtig arschig werden. Tetsuo bemerkte die Anspannung neben sich und sah zu Kaneda.

„Was ist los Kaneda?“

Er klang tatsächlich etwas besorgt. Leise flüsterte ihm der Größere zu:

„Was auch immer du tust, mach bloß keine hektischen Bewegungen! Und bleib ganz locker. Die können Angst wittern, glaub mir!“

Er und Angst? Warum sollte Tetsuo Angst vor einer Gruppe von Mädchen haben? Er verschränkte die Arme vor seiner Brust und sah wieder zu den Ladys. Die sie endlich erreicht hatten und etwas auf Abstand stehen blieben. Eine kam aus der Gruppe in den Vordergrund. Sie hatte orange Haare und trug ein Stirnband. Auch sie war total geschminkt und zog gerade genüsslich an einer Zigarette. Pustete dann den Rauch aus und sprach:

„Na sieh mal einer an. Wenn das nicht unser Playboy Kaneda ist. Hast dich schon lange nicht mehr blicken lassen Großer. Wir haben dich letztens in der Bar vermisst. Wo warst du denn? Keine Lust auf nen Dreier gehabt oder so?“

Kaneda sah sie einfach nur an. Bis er dann doch nach Sekunden sprach:

„Hey Saya. Also ehrlich gesagt warst du die letzten Tage nicht mehr an der Schule gewesen. Deswegen konntest du mich auch nicht sehen. Und an dem Abend, wo ihr in der Bar wart, hatte ich…naja ich hatte noch viele Hausaufgaben zu erledigen und so.“

Tetsuo sah ihn leicht erschrocken an. Warte mal…hatte er Angst vor denen?! Er klang so nervös bei dem was er sagte und wirkte auch so. Er sah wieder zu den Mädchen, diese Saya zog wieder an ihrer Zigarette und einige andere hinter ihr giggelten etwas. Tetsuo verstand nicht was los war.

„Hausaufgaben? Oh armer Kaneda. Dabei hätten wir so viel Spaß an diesem Abend haben können…Bist du es nicht langsam leid ohne eine Old Lady dich bei deiner Bande sehen zu lassen? Da könnte ich Abhilfe leisten, wenn du verstehst was ich meine…“

Sie flirtete definitiv mit ihm. Das sprang Tetsuo sofort ins Auge…und es passte ihm nicht. Wie sie da stand. Als wäre sie einem Goldmann aus dem Arsch gefallen und könnte sich alles nehmen was sie will. Als wäre sie etwas Besseres. Er sah wieder zu Kaneda. Wartete auf die Antwort von dem, der aber noch immer nervös zu sein schien.

„Saya ich hab dir doch schon gesagt dass ich momentan…“

Die Tussi sah dann zu Tetsuo. Anscheinend hatte sie ihn endlich bemerkt und er warf ihr einen Blick zu der hätte töten können. Sie aber bemerkte das natürlich nicht und sprach dann etwas verhöhnend:

„Ach nein. Wer ist denn dein süßer, kleiner Begleiter?“

Kaneda sah zu Tetsuo und dann schnell wieder zu Saya, sprach noch angespannter als vorher:

„D-das? Da ist ein Freund vor mir! Naja eigentlich weniger. Eigentlich ist es ein Verwandter! Ja mein Cousin! Er kommt nicht aus Neo Tokyo und…“

Saya sah ihn ungläubig an.

„Dein Cousin ja? Du bist ein schlechter Lügner Kaneda.“

„Tetsuo Shima.“

Kam es dann entschlossen und locker von Tetsuo, so dass alle zu ihm sahen. Saya lehnte sich etwas vor. Ihr war der freche und entschlossene Tonfall nicht entgangen, den er ihr zuwarf. Also fragte sie:

„Wie bitte?“

„Was meinst du mit: Wie bitte? Du hast mich doch eben nach meinen Namen gefragt, oder Rotschopf? Oder hat sich das Stroh aus deinem Schädel durch die Sonne orange gefärbt und einige Hirnzellen gleich mit verbrannt. Nein tut mir leid, einige sind nun mal einfach nicht schnell mit dem Hirn. Mein Fehler.“

Kaneda wäre in der Sekunde fast die Kinnlade zu Boden gescheppert. Tetsuo zeigte sich mal wieder von seiner besten Seite und das bei der Königin der Schule! Es lief ihm eiskalt den Rücken runter. Der hatte keine Ahnung was die alles an der Schule erreichen konnte! Er wollte sich einschalten aber dann kam Saya einen Schritt näher. Sie warf die Kippe auf den Boden und hauchte Tetsuo den Rest an Rauch entgegen. Der blieb einfach stehen und hustete nur kurz, als die Tussi dann sprach:

„Ohhh…Du hast wohl keine so guten Manieren wie mir scheint.“

Tetsuo sah sie an.

„Ja. Aber dafür ist meine Nase umso besser. Wie nennt man den Duft den du versprühst? Giftig und billig? Oder: blöde Schlampe mit Minderwertigkeitskomplex?“

Die Mädels hinter ihr schraken zusammen bei seinem Satz. Nur Saya blieb völlig locker und lächelte ihn dann böse an. Kaneda war ebenfalls erstarrt genau wie die Mädels. Was trieb Tetsuo da?!

„Und was bist du? Sein neues Sexspielzeug? Wie viel gibt er dir dafür dass er dich mal ordentlich auf der Karre durchvögeln kann? Die Mädels lässt er seltsamerweise nicht an sich ran. Komisch oder? Vielleicht braucht er mal einen süßen kleinen Arsch zu Abwechslung.“

Tetsuo lächelte böse zurück.

„Was denn? Dich hat er noch nicht rangelassen? Ich bin geschockt. Woran kann das nur liegen? An deinem Charme der dem einer Mülltonne ähnelt? Nein warte! Wahrscheinlich ist es deine Figur die nur aus Haut und Knochen besteht. Vielleicht steht er halt mehr auf etwas muskulöses, wie auf ein Hemd. Dagegen kann man aber was tun du Arme.“

Was ein Zicken-Krieg. Keiner der beiden dachte daran aufzuhören. Als würden sich zwei Weibchen um ein Männchen streiten! Wenn das so weiter ging würden sie sich zerfleischen! Wohl eher Tetsuo sie, aber dann würde er auffliegen! Endlich mischte sich Kaneda ein und ging förmlich dazwischen. Er stellte sich vor Tetsuo und sprach zu Saya:

„Lass es gut sein Saya. Ich hab dir gesagt was ich über uns beide denke. Das wird nie etwas, also gib es auf, ja? Wir müssen jetzt zum Unterricht.“

Und dann lief er los und schob Tetsuo vor sich her und davon. Und auch wenn er sich quasi von Kaneda aus dem Ring tragen ließ kam sich dennoch vor wie ein Gewinner. Sah noch mal hinter und streckte ihr die Zunge raus. Kaneda seufzte nur und flüsterte:

„Super. Du machst dir echt schnell Freunde Tetsuo…“

Noch nie war Saya so wütend gewesen. Und das würde sie ihn spüren lassen…

Sie liefen die Treppen hoch und Tetsuo blieb ganz dich bei Kaneda. Er sah sich die Gänge des Gebäudes genau an. Waren eigentlich genauso dreckig wie draußen. Als sie so runter liefen sah ihn Kaneda kurz an. Ihm war etwas aufgefallen da draußen…Er lächelte.

„Du hast ihr gar nicht widersprochen.“

Tetsuo sah verwirrt zu ihm hoch.

„Hm?“

„Na wegen der Sache mit dem Sex auf meinem Bike. Oder dass sie uns für ein Paar hielt.“

Tetsuo lief rot an und sah weg.

„Wohl eher ein Zeitvertreib, als ein Paar…Warum sollte ich ihr einen Gefallen tun wollen? Von so einer Schlampe lass ich mich doch nicht ins Boxhorn jagen. Lass sie doch in dem bescheuerten Glauben. Wir wissen doch das da nichts dabei ist.“

Ist das so? Der Gedanke an Sex auf seinem Bike war aber dennoch sehr reizvoll…

Kaneda öffnete dann die Tür in den Klassenraum. Darin war bereits wieder das Chaos ausgebrochen. Kein Lehrer zu sehen, aber viele Schüler die mit Büchern oder anderem Mist um sich warfen. Sich lautstark unterhielten und so weiter. Tetsuo fühlte sich schon unwohl. Er war unter Menschen bei denen seine Art verhasst war. Er konnte sich nicht mal mit seinen Kräften verteidigen. Er musste sich also vollkommen auf Kaneda verlassen. Sollte er allerdings doch Zweifel bekommen, dann benutzte er seine Kräfte. Überleben war wichtiger als alles andere. Und er war besorgt ein Buch an den Schädel zu bekommen…

Von weiter oben sah er in dem Raum bereits ein bekanntes Gesicht das ihm zuwinkte. Es war Kai der lächelte und rief:

„Kaneda! Hier!“

Sie liefen zu ihm die Stufen hoch. Tetsuo dich hinter Kaneda und sich noch immer unsicher umsehend. Yamagata saß noch eine Etage höher als Kai und zog die Zeitung zur Seite. Es passte ihm sofort nicht das er das Gesicht des PsyKI sah und zog das Papier wieder vor sich. Sie liefen zu Kai rechts rein und setzten sich neben ihn. Tetsuo saß am Fenster. So saß er nur neben Kaneda und war etwas abgeschottet zum Schutz. Dann wand sich Kai vorbei an Tetsuo und sprach freundlich:

„Morgen Tetsuo! Schön das du auch da bist.“

Tetsuo sah ihn an.

„Was soll denn daran schön sein? Das ist das reinste Drecksloch und die Schüler sind alle bescheuert.“

Kai lachte kurz.

„Haha! Ja wir sind auch nicht wirklich gerne hier. Aber was soll man machen?“

Yamagata zog seine Zeitung weg und sah zu ihnen runter.

„Ich sag dir was man machen sollte! Wir sollten diesen PsyKI so schnell wie möglich loswerden! Warum hast du ihn überhaupt mitgebracht Kaneda?! Hast du einen Todeswunsch oder so?!“

Die Drei sahen zu ihm rauf. Tetsuo ziemlich düster und böse. Aber Kaneda sprach sofort zu ihm hoch:

„Jetzt entspann dich mal Yamagata! Tetsuo bleibt bei uns. Finde dich damit ab, okay?“

Plötzlich drehte sich Tetsuo wieder um und sprach mit geschlossenen Augen:

„Lass ihn doch. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich kann das blöde Arschloch auch nicht leiden.“

Yamagata sah wütend zu ihm runter. Er lehnte sich über den Tresen vor und fauchte:

„Was hast du gesagt du kleiner Freak?!“

„Hey! Es reicht!“

Kam es wütend von Kaneda und damit war auch das Thema für ihn abgeschlossen. Er wollte nicht dass seine Jungs sich streiten. Und Tetsuo gehörte ab dem Zeitpunkt nun mal auch zu seinen Jungs. Aber als Anführer war es auch seine Aufgabe dafür zu sorgen dass sie aufhören. Er musste sich also was überlegen. Der Grund warum sie so zueinander waren, lag auf der Hand. Yama hatte Angst vor Tetsuo und traute ihm nicht weil er ein PsyKI war. Tetsuo mochte ihn nicht weil er ihn stark beschossen hatte und ihm kein Vertrauen entgegen brachte, sondern nur Hass.

Yamagata verschwand wieder hinter seine Zeitung. Tetsuo dagegen sah neben sich aus dem Fenster. Und Kaneda und Kai saßen in mitten der Schlechten Atmosphäre. Die über ihnen hing wie eine Guillotine. Da der Lehrer erneut einfach nicht aufzutauchen schien, mussten sie sich anderweitig beschäftigen. Kai hatte eines seiner Bücher zum Lesen dabei. Es ging um Aliens. Kaneda sah zu Tetsuo. Der sah immer noch einfach nur aus dem Fenster und schwieg. Starrte nur zum Himmel hoch. Woran er wohl dachte? Vorsichtig rückte er etwas näher an ihn ran und fragte ruhig:

„Kann ich dich mal was fragen Tetsuo?“

Der sah dann zu ihm. Hatte seine Aufmerksamkeit, wenn er auch etwas genervt aussah. Aber das schien bei ihm Standard zu sein. Er stützte seinen Kopf mit dem linken Arm auf den Tisch und antwortete:

„Wenn es denn sein muss.“

„Kannst du bei allem was du anfasst spionieren? Du sagtest wenn du einen Gegenstand berührst kannst du etwas über ihn erfahren oder so. Geht das bei allem?“

Tetsuo schüttelte gleich den Kopf.

„So einfach ist das nicht. Ich fasse nicht Gegenstände an und weis dann aus was er besteht oder wie sein Ablaufdatum ist. Das was ich lese und fühle sind die Gefühle des Menschen die an diesen Gegenstand gebunden sind.“

Kaneda sah ihn nur an. Grinste dann. Er hatte keine Ahnung was der Kleine meinte. Tetsuo verstand das und seufzte.

„Also pass auf: Nehmen wir deine Karre als Beispiel. Das was ich bei ihr gespürt habe, waren die Gefühle und die Verbundenheit die DU zu dem Teil hast. Du hast sozusagen sowas wie einen Fingerabdruck hinterlassen in Form von Gefühlen. Du kennst sie in und auswendig. Hast sie gebaut und zu dem gemacht was sie ist. Sowas hinterlässt Gefühle und somit Spuren. Und diese habe ich gelesen. Diese Gefühle müssen aber sehr stark sein. Deswegen kann ich nicht bei allem etwas spüren was ich anfasse. An deiner Kloschüssel könnte ich zumindest nicht spüren…Hoffe ich doch.“

Kaneda grinste kurz.

„Hey ich liebe meine Kloschüssel.“

War nur ein Spaß. Aber nun hatte er es verstanden. Wer hätte gedacht dass es sowas gibt? Das man Gefühle wie eine Schleimspur irgendwo hinterlassen konnte. Das war echt faszinierend.

„Wenn ich sowas könnte. Dann könnte ich zum Beispiel an deinem Cape etwas über dich erfahren, wenn ich es berühren würde. Oder?“

Tetsuo nickte ihm zu.

„Könntest du. Es sind Gegenstände die man innig liebt, oder die ein Teil von einem geworden sind. Mit denen man viel Zeit verbringt oder schöne Erfahrungen hat die diese Spuren besitzen. Ohne eine emotionale Bindung dazu kann ich nichts davon erfahren.“

Ergab noch mehr Sinn. Kaneda lehnte sich auf den Tisch vor und stützte sich mit den Ellbogen darauf ab.

„Und wie war das bei mir? Das gleiche? Du sagtest mal: dass du nur bei den schwachen Gedanken lesen, oder durch deren Augen sehen kannst. Bedeutet dass das ich ne Niete bin?“

Er lächelte dabei etwas. Nein…nein das war definitiv nicht der Fall bei ihm…Tetsuo schwieg erst etwas. Gab sich aber dann einen Ruck und antwortete ihm:

„Nein das stimmt nicht. Du bist nicht schwach in der Hinsicht. Aber als ich dich berührte da…Das Gegenteil ist bei dir der Fall. Deine Gefühle sind so stark, dass sie förmlich in mich eindrangen und mich überfluteten. Ich kann kontrollieren in wessen Gedanken und Vergangenheit ich sehe. Aber bei dir konnte ich es nicht aufhalten. Du hast mich einfach plattgewalzt damit. Deswegen…war ich auch so schockiert gewesen. Deine Vergangenheit ist so voller Schmerz und Wut dass es überwältigend war. Riss meine Kontrolle eiskalt nieder und strömte in mich….“

…Erotisch. Drang also in ihn ein was? Der Ältere schüttelte die Gedanken ab. Und plötzlich konnte Tetsuo den Blick zu Kaneda nicht mehr halten. Er sah vor sich auf den Tisch.

„…Ich wollte nicht schnüffeln Kaneda…Tut mir leid.“

Das war…ehrlich und lieb von ihm. Kaneda war sehr froh darüber und lächelte ihn nur weiter sanft an. Vorsichtig fasste er ihm auf den Rücken und streichelte den sanft. Tetsuo schrak leicht zusammen und sah erschrocken zu ihm. Der Ältere ließ die Hand auf seinem Rücken ruhen und fragte dann:

„Besser nicht? Zwinge ich dir wieder Erinnerungen damit auf?“

War er besorgt? Sorgte e sich um Tetsuo sein Wohlsein? Der schüttelte nur den Kopf und sah wieder auf den Tisch.

„Nein. Wie gesagt normalerweise passiert mir sowas auch nicht einfach so. Ich bin sehr geübt darin mich aus den Gefühlen und Köpfen der Leute raus zu halten. Das war das Erste was ich als Kind lernen musste…“

Kaneda ließ von ihm ab. Runzelte die Stirn verwirrt.

„Du musstest das als Erstes lernen? Was lernt man denn sonst zu erst bei euch?“

Tetsuo sah wieder zu ihm. Es war sehr laut im Klassenzimmer. Keiner hörte über was sie sprachen.

„…Normalerweise lernte man zuerst Telekinese zu benutzen. Also Dinge schweben zu lassen und zu manipulieren. Ich allerdings hatte das Problem dass ich als Kind sehr einfühlsam war. Jeden den ich berührte, dessen Leben strömte auf mich ein. Ich sah zu viel und zu schnell. Zu viel für meinen Körper und mein Alter. Es ist ungewöhnlich das Kinder sowas schon so früh können. Meiner…meiner Ziehmutter machte das sehr sorgen. Sie hatte Angst dass es meinen Verstand zerstören könnte, also musste ich zuerst lernen mich abzuschotten von Gefühlen und Erinnerungen.“

Moment seiner…Ziehmutter? Bedeutet dass er hatte…Und plötzlich lächelte ihn Tetsuo nur ganz kurz, aber sehr sanft an. Kanedas Herz machte darauf einen Sprung.

„In der Hinsicht sind wir uns also etwas ähnlich…Auch ich hatte keine Eltern und bin ohne aufgewachsen.“

„Du bist auch ein Waisenkind Tetsuo?“

Er schüttelte leicht den Kopf.

„Nein, schlimmer. Ich bin ein Findelkind. Du hattest bis zu einem gewissen Alter deine Eltern. Ich dagegen…ich habe meine Eltern nie kennengelernt. Ich bin von jemanden in meiner Heimat gefunden und aufgezogen worden.“

Okay er hatte einiges von Kaneda erfahren durch diese Berührung letztens. Das hatte er endlich verstanden. Aber zu hören dass es Tetsuo noch schlimmer gehabt hatte…das tat ihm schrecklich weh. Er dachte immer es gab nichts schlimmeres, als von den Eltern weggegeben zu werden. Aber nicht mal seine Eltern zu kennen, das war schlimmer…Oder war es das? War es schlimmer nicht zu wissen woher man kam? Oder vielleicht schlimmer zu wissen woher man kam und dann zu spüren dass die Eltern einen nicht wollten und lieber weggaben…Er kam noch ein Stückchen näher. Er saß fast an Tetsuo dran, so dass er dessen Wärme spüren konnte. Legte den linken Arm sanft um seine Schultern, so dass der Kleine erschrocken zu ihm aufsah. Sie sahen sich nur einige Sekunden an. Hielten Blickkontakt und dann sprach Kaneda:

„Es ist besser nicht zu wissen wer deine Eltern waren. Glaub mir…Ich weis wie schlimm es ist seine Eltern zu kennen und dann erfahren zu müssen das sie einen nicht wollen. Denn bei der nächsten Gelegenheit setzten sie dich wie einen Hund vor einem Waisenhaus aus und vergessen dich einfach. Das ist das schlimmste Gefühl überhaupt. Wenn du nicht gewollt bist…“

Nicht gewollt? Auf dem Bild sahen sie aber ganz glücklich aus. Das Bild in Kanedas Schlafzimmer. Tetsuo hatte gesehen dass er seine Eltern verloren hatte. Aber nicht so genau, dass er ausgesetzt wurde. In der Hinsicht…war seine Kindheit wirklich schlimmer als Tetsuos gewesen. Er warf dem Älteren einen traurigen Blick zu und flüsterte hauchzart:

„…Es tut mir so leid…“

Kaneda sah ihn einfach an…Dann ließ er ihn los und ging wieder etwas auf Abstand. Er lächelte erneut. Warum konnte er einfach immer lächeln? Tetsuo verstand das einfach nicht.

„Danke…“

Und das meinte Kaneda verdammt ernst. Tetsuo hatte eben so zart zu ihm gehaucht dass…Sex im Klassenzimmer auf dem Lesepult des Lehrers? So in der Dämmerung am Abend. Heiß und innig ineinander verschlungen, tief und sich wild küssend…Er schrie kurz auf und rubbelte sich am Kopf. So das die Drei Jungs um ihn, nämlich Kai, Yamagata und Tetsuo ihn erschrocken ansahen. Dann ließ er seinen Kopf auf den Tisch knallen, was verdammt laut schepperte. Er fand sich erneut so widerlich! Warum dachte er wieder an Sex?! Yamagata fauchte dann zu ihm runter:

„Unterbrich mich nicht bei der Sportschau, du Irrer!“

Und las dann weiter. Tetsuo sah ihn einfach nur verstört an. Kai dagegen schloss sein Buch und fragte:

„Was ist los Kaneda?“

Völlig überfordert und instinktiv zuckte Kaneda hoch und brüllte:

„Wenn ich nicht bald Sex bekomme drehe ich noch durch!!“

Und dann ließ er wieder den Kopf auf den Tisch knallen. Erschrocken sah ihn Tetsuo an und auch Kai war völlig von den Socken von dieser Offenheit. Nur einer pfiff erstaunt dabei auf und kam hinter seiner Zeitung hervor. Brüllte motiviert runter:

„Na Halleluja! Das sind ja endlich mal gute Töne von dir! Hab mich schon gefragt wie lange es noch dauert bis du endlich mal nach gibst! Dachte schon dein Ding muss erst anschwellen!“

Und schlagartig wurde Kaneda bewusst was er da gesagt hatte. Er kam erschrocken in Sitzposition zurück und sah sich zwischen den drei Jungs hektisch um. Sprach dabei:

„D-Das war nur ein Scherz! I-Ich wollte nur die Stimmung etwas lockern! Wirklich! Hehe!“

Er sah zu Tetsuo der ihn noch immer erschrocken ansah. Unsicher lachte Kaneda wieder. Das hatte er ja mal voll verhauen! Scheiße! Dann kam es plötzlich sehr monoton und komisch von seinem Gegenüber:

„…Mann du musst es ja echt nötig haben, was Kaneda?“

Kaneda sah ihn erschrocken an…Hatte das Tetsuo echt eben gesagt?! Er schüttelte gleich den Kopf und sprach hektisch mit den Armen fuchtelnd:

„D-Das stimmt doch überhaupt nicht!! Ich wollte nur die Stimmung lockern!! Ich bin nicht notgeil oder so!! Und ich würde auch nicht über dich herfallen oder so!! Niemals!!“

Tetsuo sah ihn noch verstörter an.

„Warum ausgerechnet über mich!?“

Kaneda sah ihn weiter erschrocken an und hörte auf zu fuchteln. Er wurde langsam echt rot dabei und Kai schlug sich hinter ihm die rechte Hand an die Stirn. Also wer jetzt nicht verstanden hatte das Kaneda auf Tetsuo stand, der war entweder blind, uneinsichtig oder einfach nur bescheuert!

„I-Ich meinte das nur als Beispiel! Also ich würde über keinen herfallen meinte ich damit! Auch nicht über einen Jungen!!“

Kaneda musste es echt sein lassen. Er ritt sich immer mehr rein. So das Kai sich einschalten wollte. Aber Yamagata lehnte sich zu ihnen runter und brüllte vor Freude dazwischen:

„Und WIE du über jemanden herfallen wirst! Ich besorg uns für heute Abend einige heiße Schnecken ins Harukiyas! Und dann fickst du dich endlich mal ordentlich durch, du Blödmann! Damit du mal wieder klar in der Birne wirst!“

Kai sah zu ihm rauf…Okay Yama gehörte zu den Bescheuerten…Kaneda drehte sich zu dem Schreihals hinter ihm um und brüllte ebenfalls hoch:

„DU hast schon genug scheiße gebaut Yamagata! Wie kommst du eigentlich auf die Idee letztes Mal Saya und ihre Mädels für ne Orgie einzuladen!? Du weist doch das ich nichts von der will und die mich nur als Stück Sprungbrettfleisch sieht!“

Tetsuo rückte etwas zur Sicherheit auf Abstand. So ging es also normalerweise unter den Jungs ab?...Amüsant. Und auch sehr peinlich. Besser etwas Abstand halten…Kai musste sich auch nur beschämt am Hinterkopf kratzten. Oh mann die Zwei zeigten sich echt wieder von ihrer besten Seite…Kaneda zeigte mit dem rechten Zeigefinge auf den Großen und fauchte:

„Du wirst nicht EINE, nicht EINE heute Abend ins Harukiyas einladen! Hast du gehört Yamagata?! Oder ich trete dir so richtig in den Arsch!“

„Ich machte dass doch nur damit es dir wieder mal gut geht Boss!“

„Und dann hetzt du mir SAYA auf den Hals?! Wie soll mir das denn gut tun?!“

„Du musstest ja nicht unbedingt SIE ficken!“

„Aber sie würde nur MIR am Arsch hängen!!“

„Was ist mit dieser blöden Kuh eigentlich? Warum hast du vor ihr solche Angst?“

Alle wurden schlagartig still und sahen Tetsuo, der das sehr locker gesagt hatte und mit verschränkten Armen vor ihnen saß. Sein Blick war genervt. Klar in der Situation. Kaneda drehte sich zu ihm und überlegte. Sollte er es ihm sagen? Tetsuo konnte sie auch nicht ausstehen. Wenn er Pech hatte würde er Saya…Scheiße! Oh ja! Er würde Saya vielleicht töten! Also er würde nicht zulassen das er ein Mädchen umbrachte, aber er könnte sie von ihm fernhalten! Scheiße das war ein verdammt guter Plan! Tetsuo könnte sein Bodyguard vor Saya sein! Auch wenn das etwas erbärmlich für Kaneda war…Er lehnte sich zu dem PsyKI vor und fing an zu erzählen:

„Saya ist seit 2 Jahren hinter mir her. Sie will unbedingt Sex mit mir und versucht dadurch meine Old Lady zu werden.“

Tetsuo sah ihn verwirrt an.

„Ne was? Rede so mit mir, dass ich es auch verstehe!“

Kai sah an Kaneda vorbei und warf sich ein:

„Eine Old Lady ist sozusagen die Königin des Anführers einer Biker-Gang. Sie ist sein Mädchen. Sein Alphaweibchen. Sein…“

„Ja ich weis was eine Königin ist!“

Fauchte Tetsuo und sah dann wieder zu Kaneda.

„Und deswegen lässt du dich von ihr so rumschubsen?! Bist du so erbärmlich Kaneda?!“

„Das hat doch nichts mit „erbärmlich“ zu tun.“

„Ach ja? Und womit dann?! Willst du ihre Gefühle nicht verletzten?!“

„Pfffff….Saya hat keine Gefühle Tetsuo.“

„Und was ist dann das Problem?!“

„Ich liebe sie einfach nicht.“

Da sah ihn der Kleine erstaunt an. Kaneda meinte es ernst.

„Ich habe keinen Sex mehr, weil ich nur noch mit jemand schlafe den ich liebe. Das mag jetzt komisch klingen, aber so habe ich mich entschieden.“

Tetsuo sah ihn an. Wirklich? Das war ja interessant? Das hätte er ihm überhaupt nicht zugetraut. Kaneda war vom Aussehen und seiner Art ein Typ der einfach jeden haben konnte und so viel Sex wie er wollte noch dazu. Das er ausgerechnet von sich aus das nicht zuließ ist ungewöhnlich…Da spielte doch etwas anderes noch eine Rolle bei dieser Entscheidung…Das erinnerte Tetsuo wieder leicht an ihn selbst. Auf die eine Person wartend und nicht wild um sich vögelnd. Das war…echt lieb von ihm so rücksichtsvoll zu sein…Yamagata fing plötzlich an in einer seiner Hosentaschen zu wühlen. Er zog eine 100 Yen Münze hervor und reichte sie dann Kaneda runter. Der nahm sie verwirrt an und Yama sprach:

„Hier hast du 100 Yen mein Freund. Geh damit auf den Markt und kauf dir zwei Eier.“

Kaneda warf ihm die Münze an den Schädel und der Große oben lachte nur während er die Münze am Boden zu seinen Füßen suchte. So ein Arschloch. Tetsuo sah giftig zu Yama hoch.

„Nicht jeder fickt gleich alles was bei drei nicht auf den Bäumen ist.“

Kaneda sah erstaunt zu Tetsuo. Was hatte er eben gesagt?! Der blühte ja förmlich auf in der Umgebung! Kai klatsche ihm nur zu. Der Große oben kam hinter dem Tisch hervor und fauchte zu ihm runter:

„Was willst du denn?! Dir traue ich eh nur soweit wie ich dich werfen kann! Und selbst in dem Raum dazwischen gibt es noch Probleme! Also halt lieber den Rand du Freak und rede nicht bei den großen Jungs mit!“

„Sonst was? Willst du mich umbringen? Hat ja letztes Mal echt gut geklappt. Oh nein warte! Es war ja komplett für den Arsch gewesen, was?“

Er sprach das so giftig und verhöhnend zu Yama hoch, dass sich Kaneda sofort einschalten musste! Ansonsten gäbe es gleich Randale! Yamagata hatte keine Chance gegen Tetsuo, aber das hielt ihn nicht von einem Kampf ab. Er packte Tetsuo am rechen Arm und zog ihn vom Sitz hoch. Quetschte sich mit ihm im Schlepptau an Kai vorbei und sprach:

„Kann ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen Tetsuo?“

„Du ziehst mich doch schon bereits du Blödmann.“

Kaneda sah zu den Jungs hinter und rief:

„Heute Abend um 20 Uhr bei Harukiyas! Und Yama: KEINE MÄDELS!“

Danach verschwand er mit Tetsuo raus in den Gang vor dem Klassenzimmer und schloss die Tür hinter ihnen. Kai sah noch etwas zu der Tür. Danach wand er sich aber wieder an sein Buch und wollte weiter lesen. Er hörte aber plötzlich wie Yamagata hinter ihm über den Tresen kletterte und auf die Etage zu ihm runter kam. Er donnerte auf und setzte sich auf Kanedas Platz, links neben Kai. Der sah von seinem Buch auf und zu ihm. Yama lehnte sich mit dem Stuhl hinter und legte seine Beine auf den Tisch. Sprach wütend aber doch mal in normaler Lautstärke:

„Ist das zu glauben? Es dreht sich plötzlich alles nur noch um diesen Freak.“

„Er heißt Tetsuo.“

„Ist mir doch egal wie der heißt!“

Kai schüttelte nur den Kopf und sah wieder in sein Buch.

„Kaneda mag ihn halt sehr. Und wir akzeptieren das. Fertig.“

Yama kam wieder in normale Sitzposition und sah ihn mürrisch an.

„Er hat ihn aber nicht zu mögen! Er ist ein Freak! Der wird uns sofort in Stücke reißen, wenn er das hat was auch immer er will!“

Oh mann was für Verschwörungstheorien. Kai sah genervt zu ihm.

„Vielleicht solltest du dich einfach mal entspannen Yamagata!“

Der Große sah sauer weg und setzte sich erneut gekippt auf den Stuhl. Füße auf den Tisch.

„Werd ich auch! Heute Abend in einer der Mädels!“

Er sah dabei kurz zu Kai rüber, der ihn anscheinend überhört hatte. Oder eher gekonnt ignorierte. Dann fragte er neugierig:

„Warum machst du eigentlich bei unseren Sex-Orgien nie mit Kai? Bist du dir zu fein dafür?“

„Nein. Aber ich bin verliebt und betrüge meine Liebe halt einfach nicht..“

Der Große sah ihn erstaunt an.

„Was DU bist verknallt?! Na die kann sich ja glücklich schätzen.“

Kai blätterte eine Seite um.

„Ein Trottel wie alle…Aber so ist es halt, wenn man verliebt ist kann man manchmal einfach nicht loslassen.“

Yamagata hatte aber keinen blassen Schimmer...

Der Gang draußen war leer, weil sich alle im Unterricht befanden. Kaneda stellte sich etwas weiter rechts den Gang runter dann an ein Fenster. Hatte natürlich Tetsuo bis dahin gezogen und der riss sich dann los. Sah muffig zu ihm hoch.

„Was ist?“

Das Sonnenlicht strömte schwach durch das dreckige Fenster und wärmte die zwei leicht dadurch. Noch dazu pfiff der Wind durch die Gänge und bestätige damit wie kaputt das Gebäude an sich eigentlich war. Kaneda lehnte sich neben das Fenster und sprach dann bittend:

„Kann ich dich um etwas bitten? Würdest du versuchen dich nicht mit Yamagata zu streiten?“

Tetsuo sah ihn an. Wurde aber dann auch schnell wütend und sprach lauter, aber nicht bösartig:

„Bitte was?! Das kann nicht dein Ernst sein! Warum sollte ich mich mit dem vertragen?! Er gibt mir doch von Anfang an zu verstehen, dass er mich nicht abhaben kann! Noch dazu wollte er mich bewusst umbringen an dem Abend!“

„Das wollte ich auch.“

Erschrocken sah er Kaneda an, der dann von dem Fenster zu ihm sah, als er das gesagt hatte. Es wurde sehr still zwischen den beiden. Und warum…warum tat Tetsuo plötzlich etwas in der Brust weh? War das…sein Herz? Es war nur ein Stechen aber…Kaneda stellte sich vor ihn und sprach weiter:

„Ich bin an dem Abend nur aus einen Grund in Shima gewesen…Ich war da um dich zu töten und für meine Jungs an Geld zu kommen. Es ging mir nur um meine Freunde und Familie. Sie sind alles was ich habe und je hatte. Als ich dich aber sah konnte ich nicht mehr abdrücken. Du warst so verletzt und hilflos…Und mir wurde bewusst das ich dir das angetan habe. Das deine Schmerzen meine Schuld waren…Was wenn auch du Menschen hattest die du beschützen wolltest? Was wenn du aus demselben Grund in Neo Tokyo warst, weswegen ich dich gejagt habe? Weil du jemanden helfen wolltest. Das waren Dinge über die ich mir in der Sekunde bewusst wurde. Und außerdem…“

Er sah zu Tetsuo. Er meinte es verdammt ernst. Sprach aber nicht sonderlich ernst. Mehr ehrlich und zart. Genauso wie sein Blick den er in der Sekunde dem Kleinen zuwarf. Es war…derselbe Blick wie an dem Abend. Verbindend und fasziniert…Tetsuo wurde da wieder unwohl und er umschlang sich selbst schützend mit seinen Armen…Warum machte er das bei Kaneda? Warum fühlte er sich so…verletzlich bei ihm? Und endlich beendete Kaneda den Satz:

„…Hab ich noch nie jemanden wie dich getroffen…“

Was meinte er damit? Ungewöhnlich schnell unterbrach Kaneda plötzlich den Blickkontakt und sah aus dem Fenster neben ihnen. Tetsuo sprach unsicher und muffig:

„Das beruht wohl auf Gegenseitigkeit…“

Kaneda sah wieder zu ihm. Erstaunt darüber.

„Ich bin auch noch nie einem Menschen wie dir begegnet Kaneda…Und genau das verstehe ich nicht…Ich verstehe nicht warum du mich aufgenommen hast. Warum du mich so behandelst als wäre ich einer von euch. Warum du das alles auf dich nimmst…“

Kaneda sah ihn einfach nur an…Es gab wahrscheinlich keinen besseren Moment als diesen…

„Weil ich dein Freund sein möchte.“

Tetsuo war über diese Aussage vollkommen schockiert. Er wollte…was? Er wollte sein Freund sein? Noch nie hatte ein Junge sowas zu ihm gesagt. Kaori war die einzige gewesen die seine Freundin sein wollte. Alle anderen verachteten oder mieden ihn stattdessen. Eine Weile dachte er auch daran dass er einfach nicht für Freundschaften gemacht war. Das er ein einsamer Wolf war. Und das es ihm dadurch besser ging. Denn so…konnte ihm keiner wehtun…Aber wenn er Kaneda plötzlich so hörte…da wollte er es. Er wollte mit ihm befreundet sein. Er wollte…nicht mehr alleine sein…Ein sanftes Lächeln entwich ihm und er sah auf den Boden zu seinen Füßen. Kaneda stand einfach nur da und wartete auf die Reaktion. Es war wieder ruhig und er dachte Tetsuo würde ihm nicht antworten…er hatte sich geirrt.

„Freunde hm?...Ich denke das wäre ein Versuch wert.“

Er sah wieder zu ihm auf. Frech wie er immer war. Wie Kaneda ihn kennen gelernt hatte. Stark und unabhängig. So gefiel er ihm.

„Und zum Start werde ich nicht versuchen deinen Freund in Stücke zu reißen.“

Kaneda lächelte. Das war erst mal alles was er verlangen konnte.

„Yamagata ist ein guter Kerl. Er ist hitzköpfig und laut, aber ohne ihn wäre ich bestimmt schon öfter im Krankenhaus gelandet. Oder sogar tot. Er ist mein Bruder…und ich danke dir dass du es versuchst Tetsuo. Mehr verlange ich auch nicht von dir.“

Tetsuo machte seine Hände in die Tasche des Hoodie am Bauch und grinste fies.

„Mehr wirst du auch erst mal nicht bekommen.“

Sie standen einfach nur da und sahen sich an. Beide mit einem Lächeln auf den Lippen. Ein Vogel zwitscherte draußen auf einem Baum und zupfte sich das Gefieder sauber. Der Sommer war in voller Blüte. Und Kaneda fühlte…das dieser Sommer alles verändern würde. Und er wollte Tetsuo noch mehr als zuvor. Es war ihm egal dass sie unterschiedlich waren. Mensch und PsyKI. Er liebte ihn. Er würde um ihn kämpfen. Und er würde alles tun…damit dieser ihn auch lieben lernte. Und sie dann endlich zusammen sein konnten…

Connection

Die Stille im Zelt war unerträglich.

Es klang von draußen nur der Gesang von Vögeln rein. Noch dazu weil es sehr früh am Morgen war. Tetsuo hatte gelernt früh aufzustehen. Und das war der Grund warum er bereits schon wach war und das Frühstück zubereitete. Die Priesterin war immer noch früher wach als er und bis sie von ihrer morgendlichen Reinigung zurückkam, machte er das Frühstück fertig. Seit 2 Jahren machte er das schon so, inzwischen war er 8 Jahre alt. Aber es machte ihm nichts aus. So konnte er seine Gedanken fokussieren lernen und wurde nicht von den kindischen Spielereien anderer abgelenkt. Noch dazu musste er nicht mehr allein frühstücken. Er mochte die Kinder im Dorf nicht. Das lag aber eigentlich nur daran, weil sie ihn von Anfang an nicht akzeptiert hatten. Sicher er war ein Findelkind von Außerhalb, aber er war kein böser Mensch und konnte nichts dafür. Mutter Miyako hatte ihm bereits die Geschichte erzählt, als er noch kleiner war. Erzählt wie sie ihn gefunden hatte.

Er lag an einem Fluss nahe des Dorfes. War eingewickelt in ein blutiges Handtuch und in einem Körbchen. Sicherlich war er damit den Fluss runter getrieben. Sein Schrei war sehr laut gewesen und deswegen hatte sie ihn gefunden. Abgemagert war er auch und krank. Dem Tod nahe. Sie spürte dass er ein besonderes Kind war, genau wie alle im Dorf. Und sie nahm ihn mit. Einerseits wegen diesem Gefühl und anderseits weil sie kein Kind sterben lassen konnte und sich abwenden würde. Kümmerte sich bis zu seinem vierten Lebensjahr um ihn, denn danach erzogen alle im Dorf mit. Das war Tradition.

Hätte sie ihn an dem Tag nicht gefunden, wäre er gestorben. Und dafür konnte er ihr nicht dankbarer sein. Deswegen machte es ihm auch nichts aus für sie zu arbeiten. Er genoss es. Und als er das Geräusch des Türvorhangs hinter sich hörte sah er freundlich hin. Mit einer Schüssel voll Früchten in den Händen. Er lächelte und sah die alte Oma in das Zelt hinken. Sie trug eine schwarze Brille, die ihre Augen verdeckte und noch dazu ein komplett weißes Gewand und Cape. Hatte langes schwarzes Haar, das am Ende zusammengebunden war. Sie war sehr alt, daran gab es keinen Zweifel. Auch von ihr kam ein warmes Lächeln und sie grüßte ihn:

„Guten Morgen Tetsuo mein Junge.“

Dann hinkte sie weiter in den Raum und setzte sich vorsichtig am den runden Kreisteppich am Boden. Legte ihren Gehstock sanft rechts neben sich. Jeder wusste dass sie die Brille egal zu welcher Tageszeit trug. Was daran lag dass sie hinter dieser Brille ihre Augen verbarg, die komplett weiß und leer waren. Miyako hatte ihr Augenlicht bereits viele Jahrzehnte vor ihm verloren und es war eines ihrer Markenzeichen geworden. Einige munkelten dass sie mit dem Verlust ihres Augenlichts sogar noch besser sehen konnte. Sogar Blicke in die Zukunft hatte. Aber wer wusste das schon? Sie sprach auch nicht darüber.

Er kam freundlich mit der Schale an Früchten näher und stellte sie vor ihnen auf den Teppich. Dann setzte auch er sich hin und verbeugte sich dabei respektvoll. Antwortete ihr:

„Guten Morgen Mutter Miykao. Ich habe das Essen fertig.“

Vor ihnen stand bereits mehr als nur die Schale voll verschiedenster Früchte. Es gab auch Reis und Gemüse aller Art, so wie auch Wasser zu trinken. Sie lächelte und sah zu dem Essen vor sich. Es sah aus als könnte sie es echt sehen. Dann griff sie eine Dattel und sprach lieb:

„Du bist so ein guter Junge. Wie immer vorzüglich und vorbildlich gearbeitet.“

Dann aß sie eine Dattel. Es schmeckte ihr, dass wusste Tetsuo. Sie liebte Datteln, deswegen hatte er auch welche selber angebaut. Nur für sie. Danach griff sie zu ihm vor und streichelte ihm sanft durch das Haar. Dabei lachte er auf und genoss es. Nur Mutter Miyako und Kaori durften ihn so berühren. Deswegen war er auch etwas enttäuscht als es nur kurz war und sie dann weiter aß. Machte ihm aber noch mit einer Handgeste zu verstehen, dass er auch essen durfte. So schnitt er sich vorsichtig eine Honigmelone auseinander und in feine Stückchen für jeden. Und fing dann auch an zu essen. Er aß sehr vornehm und anständig. Schlang nicht und benutzte auch nicht die Finger sondern Essstäbchen. Ein gut erzogenes Kind. Das wusste auch Miyako und sie lächelte erneut.

„Was liegt denn heute bei dir an Tetsuo? Was musst du heute lernen?“

Er schluckte sein Stück Melone runter und antwortete ihr wie auf Kommando:

„Heute kommt das Fliegen dran. Aber auch wenn ich das schon kann, werde ich gut aufpassen. Vielleicht lerne ich noch was extra dazu?“

„Das ist mein kleiner Junge.“

Ein Lob. Etwas was nur sie ihm gab…Und dennoch spürte er, dass sie etwas bedrückte. Und genauso besorgt sah er sie dann auch plötzlich an.

„Ist alles okay Mutter Miyako?“

Er war so wachsam und einfühlsam…Und das besorgte sie. Weswegen sie auch die Datteln vor sich legte und ihn ansah. Ernst ansah. Es lag wie ein Stein auf ihrem Herzen und sie musste es los werden…

„Tetsuo…Du bist ein gutes Kind und ein wundervoller Junge, egal was die anderen Kinder über dich sagen. Und genau deswegen möchte ich dass du lernst dich davor abzuschotten.“

Er sah sie verwirrt an. Das verstand er nicht.

„Du wirst ab morgen, zusammen mit Kei, trainieren wie man sich vor Einflüssen anderer abgrenzt. Du bist noch sehr jung und es ist gefährlich wenn du von zu starken und vielen Gefühlen überflutet wirst. Sie können deinen Verstand zerstören Tetsuo.“

Sie hatte also Sorge wegen letzten Mal. Vor einigen Tagen war Tetsuo zusammen gebrochen, nachdem er einen jungen Mann im Dorf angefasst hatte. Er erlitt einen mentalen Schock und lag einen ganzen Tag lang flach deswegen. Konnte nichts essen oder trinken. Miyako hatte sich deswegen schreckliche Vorwürfe gemacht. Das sie nicht vorhersehen konnte dass er so einfühlsam war. Aber wie sollte sie das auch? Immerhin gab es sowas eigentlich nicht bei Kindern. Tetsuo war das einzige Kind das sie mit solchen starken Kräften, in so jungem Alter, kannte. Und deswegen musste er auch beschützt werden. Auch vor seinen eigenen Kräften.

Er sah auf den Boden zu seinen Beinen. Er saß ja im Schneidersitzt. Der Gedanken gefiel ihm nicht wirklich. Er mochte Kei nicht. Sie war etwas älter als er und angehende Lehrpriesterin. Aber sie war auch immer kalt wie ein Fisch und sehr ernst. Aber wenn er das lernen musste, dann würde er es auch tun. Er nickte.

„Ja Mutter Miyako. Ich werde das tun, wenn Ihr das für richtig empfindet.“

Plötzlich öffnete sich schnell der Vorgang von dem Eingang des Zeltes und ein junger Mann kam rein gelaufen. Er sprach laut und etwas aufgebracht:

„Mutter Miyako! Bitte kommt schnell!“

Sie sah zu ihm hinter. Blieb aber sehr ruhig.

„Was gibt es denn Teno?“

„Es geht um Akira…er ist verschwunden.“
 

Es war verdammt laut in der Kantine.

Kaneda schlang sich sein Essen nach und nach runter. Tetsuo, der ihm gegenübersaß, sah ihm dabei einfach nur zu. Hatte sein eigenes Essen noch nicht mal angerührt. Es stand noch völlig unberührt vor ihm auf dem langen Tisch. Nichts besonderes nur einige Pommes und Salat. Und ehrlich gesagt wollte Tetsuo auch nichts davon essen. In der Bruchbude verging ihm so oder so der Appetit. Auch die Kantine der Schule war sehr dreckig und die Schüler vulgär und laut. Wie konnte Kaneda nur an so einem Ort essen?! Naja er war es sicherlich schon längst gewohnt.

Tetsuo sah sich um. An einem Tisch in einer der hintersten Ecken sah er wie ein Pärchen sich wild küsste. Punks die eh wild an sich waren. Und nach wenigen Minuten knallte er seine Alte auch schon auf den Tisch und beugte sich über sie. Küsste sie weiter wild und wollte sich anscheinend vor allen mit ihr paaren. Einige Jungs standen um sie herum und verdeckten den Blick auf das Geschehen. Sie hatten echt Spaß dabei und feuerten ihn an. Alles was Tetsuo noch hörte war leichtes Stöhnen. Anscheinend trieben sie es echt wie Tiere vor denen. Er sah beschämt weg und nahm sich seine Gabel. Stocherte im Essen rum. An was für einem Ort war er nur gelandet? Er sah auf. Kaneda aß einfach weiter und ließ sich nicht an seinem Umfeld stören. Als er bemerkte dass der Kleine nichts aß fragte er ihn:

„Willst du das noch essen Tetsuo?“

Tetsuo sah auf seinen Teller und dann wieder hoch. Kurz darauf schob er ihm das Zeug zu und sprach:

„Bedien dich.“

Erfreut nahm es Kaneda an und aß einfach weiter. Er hatte doch erst gefrühstückt. Was ein Vielfraß. Die Geräusche hinten aus der Ecke wurden lauter und Tetsuo verzog unwohl und noch dazu errötet das Gesicht dabei. Und nach einer Weile platzte er dann. Sprach zu Kaneda:

„Wie kannst du hier nur so seelenruhig essen?!“

Der Ältere sah von seiner Portion auf und verdutzt drein. Es dauerte aber auch nur einige Sekunden und er verstand was gemeint war. Er sah ebenfalls hinter in die Ecke wo gerade heftig rumgemacht wurde. Danach sah er wieder zu Tetsuo und sprach ganz locker:

„Das ist normal. Der Typ vögelt gerne mal zur Schau in der Kantine oder wo es sich gerade anbietet. Rüstet sich damit dass er den größten Schwanz hat. Was ein Idiot.“

Er aß einfach weiter. Bitte was?! Das war es?! Nicht mehr?! Der PsyKI lehnte sich zu ihm vor und flüsterte beschämt:

„Das macht dir nichts aus?! Wie widerlich bis du denn?!“

Kaneda sah vom Essen zu ihm auf. Er kam dann auch etwas näher und lächelte leicht dabei:

„Ach komm schon. Du weist doch wie man sagt: Nicht die Größe des Hammers ist entscheidend, sondern wie man damit nagelt. Warum soll ich mich von dem und seiner lachhaften Nudel vom Essen abhalten lassen?“

Dann zwinkerte er und steckte sich eine Pommes in den Mund. Tetsuo lief nur noch röter an und ging wieder auf Abstand. Er schütze mit den Armen vor sich die Brust und sah einfach von Kaneda weg. So ein Blödmann…Kaneda lachte aber nur leicht und hatte endlich fertig gegessen. Er schob den Teller bei Seite und stand von der Sitzbank auf. Tetsuo sah ihm zu, dann machte der Ältere eine nickende Bewegung mit dem Kopf. Die Geste ihm zu folgen. Er lief vorne weg und schnell stand der Jüngere von der Bank auf. Er folgte ihm durch die Kantine und an den zwei Stöhnenden vorbei die bereits von einer Meute umgeben waren die sich daran aufgeilten. Tetsuo sah nicht mal blickend hin. Ihm war das einfach zu wider.

Sie liefen aus der Kantine und den langen Gang runter. Kaneda hatte nicht wirklich Lust wieder in den Unterricht zu gehen und bewegte sich deswegen auch auf den Vorhof der Schule zu. Den wo sie auch angekommen waren. Tetsuo fiel das auf, als sie bereits die Tür nach draußen öffneten und fragte dann sichtlich verwirrt:

„Willst du schon gehen?!“

Das Wetter war sehr schön und teils sogar sonnig, als sie auf den Vorhof liefen. Kaneda grinste zu ihm hinter und antwortete frech:

„Wir haben noch genug Zeit bis heute Abend. Du hast die Schule gesehen und nun zeige ich dir andere Sachen.“

Er lief in Richtung seiner Karre und Tetsuo ihm einfach weiter hinterher. Er war davon nicht sonderlich beeindruckt. Sicher war diese Schule der letzte Dreckshaufen, aber dennoch sollte er versuchen etwas zu lernen! Kein Wunder das Kaneda nicht wirklich Ahnung von Bio hatte, wenn er anscheinend einfach ging wann es ihm gefiel. Er sah ihm zu wie der die Decke von seiner Kare zog und diese wieder im Fach dieser verschwinden ließ. Aber er sah auch dass den Älteren etwas zu bedrücken schien. Weswegen er die Arme vor sich verschränkte und ihn ernst fragte:

„Was bedrückt dich?“

Er bekam aber keine Antwort und Kaneda machte seine Karre an. Überprüfte die Systeme. Warte mal…ignorierte er ihn? Tetsuo wurde ungeduldiger und sah ihn muffiger an. Fragte erneut:

„Was bedrückt dich Kaneda? Mann kann es dir klar am Gesicht ablesen!“

Und es kam immer noch nichts. Das machte ihn sauer und er machte zwei Schritte neben die Karre. Er brauchte offenbar einen Schupser um in die Gänge zu kommen. Deswegen zielte Tetsuo auf das Schutzblech vom hinteren Reifen und trat mit einer Wucht dagegen dass es leicht schepperte. Das riss Kaneda, wie geplant, aus seinen Gedanken und er fauchte Hinter zu ihm:

„Alter geht’s noch?! Weist du wie schwer es ist Dellen aus dem Blech zu bekommen?!“

Tetsuo sah zu ihm und fauchte ebenfalls zurück:

„Dann hör mir gefälligst zu und antworte wenn ich dich was frage!“

Nun doch etwas genervt lehnte sich der Ältere auf seiner Karre zurück und verschränkte ebenfalls seine Arme vor sich. Interessant wie von einem auf den anderen Moment Kaneda mit seiner Stimmung ebenfalls umschwenken konnte. Er schien auch etwas sauer und die Luft war angespannt. Er maulte:

„Was ist denn?!“

„Sag mir endlich was dich so beschäftigt! Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber ich habe das Gefühl du willst mir nicht nur etwas Neues zeigen, sondern auch mit mir aus der Schule fliehen! Sag mir warum!“

„Quatsch! Das bildest du dir ein Tetsuo.“

„Veraschen kann ich mich selber Kaneda!“

„Das ist schön dass du das kannst! Und jetzt schwing deinen Hintern auf meine Karre und lass uns los.“

Es war ein direkter Befehl und damit biss er bei Tetsuo auf Granit und traf einen Nerv. Der wurde nämlich noch dickköpfiger und fauchte:

„Sag du mir nicht was ich zu tun habe! Ich lass mich nicht von dir an die Leine legen!“

Und damit war das Fass voll. Er wand sich plötzlich sauer ab und lief den Hof runter, direkt auf die Straße zu. Kaneda sah ihm sauern nach, aber danach wurde ihm erschrocken bewusst was er getan hatte. Er hatte ihn…er wollte ihn zwingen. Etwas was er versprochen hatte nicht zu tun. Er sah ihm dann erschrocken an und schmiss sofort seine Karre an, als er sah das Tetsuo um die nächste Ecke, an der Straße verschwunden war. Bitte was?! Was dachte er sich?! Er konnte doch nicht so einfach in die Stadt laufen! Er fuhr los und auch um die Ecke. Sah den Kleinen verdammt muffig und sauer an der Straße langlaufen. Zum Glück wollte er nicht instinktiv wegfliegen…So kam er neben ihn gefahren und fuhr im Schritttempo mit. Er sah ihn entschuldigend an und sprach:

„Tetsuo! Es tut mir leid. Ich weis auch nicht was mich da eben geritten hat. Normalerweise bin ich nicht so…“

Es kam nichts von dem PsyKI. Er lief einfach nur mit den Händen in den Hosentaschen die lange und leere Straße hinab. Neben der Schule fand sich direkt ein Industriegebiet, oder eher sollte da eines in Zukunft entstehen, denn es waren überall Baustellen. Kaneda sah ihn weiter bei laufen zu und hielt das Schritttempo. Sprach dann sanft:

„Hey, Tetsuo.“

Und endlich sah der Klein sauer nach rechts zu ihm.

„Was? Nerv mich nicht! Du verhältst dich wie ein Mädchen bei ihrer Blutung, du Blödmann!“

Er sah wieder weg. Da musste Kaneda aber leicht Lächeln. Das Selbe hatte er über ihn auch mal gedacht…

„Ja genau. Ich hätte dich nicht so dumm anmachen sollen. Das war scheiße von mir. Aber ich…ich mache mir doch nur Sorgen.“

Tetsuo blieb stehen. Sie waren an einer der Baustellen zu stehen gekommen und hinter ihm war der Absperrzaun. Die Arbeiter bauten dort ein neues Gebäude auf und machten demnach auch ordentlich Krach. Dennoch konnten sie sich klar und deutlich verständigen. Tetsuo fauchte:

„Ach was?! Genau das wollte ich doch wissen! Wissen was dich bedrückt! Aber weist du was?! Vergiss es! Ist vielleicht auch besser so! Warum mache ich mir überhaupt sorgen um dich?!“

Und er wand sich wieder ab und lief sauer weiter. Kaneda blieb an der Stelle stehen und sah ihm kurz etwas nach. Auch du Scheiße. Der war ja echt sauer. Und er ließ sich anscheinend auch nicht wieder so schnell besänftigen. Na super. Verärgere nie einen Dickschädel…Aber er machte sich Sorgen um ihn?...Kaneda wurde warm ums Herz. Er fuhr wieder neben ihn und sprach:

„Es geht mir einfach zu vieles momentan durch den Kopf. Ich mache vielleicht nicht so den Anschein, aber es ist so! Ich kann…ich kann nicht so gut darüber sprechen Tetsuo. Ich teile meinen Kummer in der Regel nicht mit anderen.“

Stimmt er fraß ihn lieber in sich rein. Tetsuo sah ihn weiterhin nicht an und lief einfach stur die Straße runter. Was für ne harte Nuss. Dann sprach er sauer zu ihm, ohne ihn eines Blickes zu würdigen:

„Lass mich in Ruhe Kaneda! Verschwinde!“

Der sah ihn von seiner Karre verwirrt an.

„Bitte was? Ich lass dich garantiert nicht allein in Neo Tokyo rumlaufen!“

Was dachte er sich nur? Wenn er als PsyKI aufflog, war das sein Ende. Im Nu wären die Polizei, Kopfgeldjäger und vielleicht sogar das Militär an seinen Haken! Wie konnte er es nur so ausarten lassen?! Kaneda ärgerte sich gerade über sich selbst. Er wollte ihn doch nur beschützen und nicht belasten! Tetsuo sah wieder sauer zu ihm:

„Ich komme auch ohne dich zurecht! Schon vergessen?! Also verzieh dich!“

Er legte einen Schritt schneller hin und Kaneda fuhr auch schneller neben ihm her. Er fuhr nicht direkt auf der Straße sondern auf dem breiten Bürgersteig, sonst würde er nämlich den Verkehr aufhalten. Er musste ruhig bleiben. Tetsuo war so geladen und eingeschnappt. Ob er ihn überhaupt beruhigen konnte? Sie stritten sich wie ein altes Ehepaar mitten und nicht gerade leise auf der Straße. Peinlich, aber es bekam keiner mit. Es war nämlich kein Passant da und die Bauarbeiter eh beschäftigt. Und dann fasste Kaneda einen Entschluss. Er gab schlagartig Gas und fuhr vor den Kleinen. Versperrte den kompletten Bürgersteig vor ihm, weil er sich seitlich auf diesen, mit seiner Karre, gestellt hatte. Er stieg von seinem Bike ab und Tetsuo blieb auch sofort stehen. Er sah ihn weiterhin sauer an und fauchte:

„Was soll der Blödsinn?! Lass mich endlich in Ruhe Kaneda!“

Der Ältere kam direkt auf ihn zu und drängte den Kleinen instinktiv damit zurück. Zumindest machte Tetsuo einen leichten Rückzieher und lief langsam rückwärts. So das Kaneda ihn an den Gitterzaun hinter ihm drängte und damit Schicht im Schacht war. Es ging nicht mehr nach Hinten. Erschrocken sah der Kleine hinter sich, als er den Wiederstand spürte. Aber als er wieder nach vorne sah, war Kaneda bereits vor ihm und drängte ihn an das Gitter. Er stand sehr nahe an dem Kleinen und sah auf diesen herab, weil er ja etwas größer war. Und dann sahen sie sich einfach nur an. Tetsuo wurde sehr unwohl in dieser Position. Er wollte ihn wegdrängen, aber in seinem Hinterkopf war verankert, dass er es nicht durfte, sonst könnte vielleicht jemand anderes erkennen das er ein PsyKI ist. So sah er Kaneda einfach nur erschrocken an. Warum…machte er das? Er sollte damit aufhören. Er war…zu nahe. Und dann sprach sein Gegenüber:

„Ich will dich doch nur beschützen Tetsuo. Wenn jemand mitbekommt was du bist, dann bist du eine wandelnde Zielscheibe in dieser Stadt! Und der Grund warum ich nicht mit anderen rede ist…ist eben weil ich Menschen beschützen möchte!“

Er sagte das ernst und aus seinem tiefsten Innern. Das konnte Tetsuo spüren…

„…Du kannst nicht jeden beschützen.“

Kam es ruhig von dem Kleinen und sie sahen sich einfach nur danach an. Es war alles für sie still geworden. Nur dieser Moment war klar und deutlich. Diese Nähe…Kaneda fasste sich ein Herz und sprach:

„…Aber ich kann dich beschützen…Und das werde ich auch tun.“

Er sagte das so sanft und eindringlich, dass dem Kleinen warm wurde. Warum…er hatte doch keinen Grund. Sie kannten sich kaum. Sie waren gerade mal Freunde geworden. Noch nicht mal beste Freunde. Er würde ihn nicht so behandeln. Es sei denn er hat vielleicht…

Tetsuo grinste frech und sehr schnell verpasste er Kaneda einen Schlag auf den Kopf. Der zuckte kurz zusammen deswegen und sah dann den Kleinen verwirrt an, der ebenso frech und sicher sprach:

„Denkst du echt ich lass mich so leicht um den Finger wickeln Kaneda? Nur weil du mir schöne Augen machst, du Blödmann?“

Er nahm das echt spielerisch. Das Gefühl kam immer wieder bei ihm hoch und langsam schien Tetsuo zu verstehen. Es war etwas verspieltes aber auch…Verführerisches. Jede Nähe die er suchte, kam dem Kleinen wie ein Versuch vor zu flirten. Und auch wenn es ungewöhnlich war…Noch nie schien er auf so einen Art und Weise begehrt worden zu sein. Nicht mal von einem Mädchen. Das ein junger Kerl jetzt sowas bei ihm hinlegte löste Unbehagen aus aber…aber auch das Interesse wie weit er gehen würde für ihn…Stand Kaneda wirklich auf Kerle? Stand er auf ihn? Solle er ihn testen? Testen was er so erreichen konnte? Aber was würde ihm das bringen? Jungs konnten nicht aneinander begehren. Das war genetisch nicht so vorgesehen. Warum war er so anders? Er musste mehr über ihn erfahren…

Und als der verspielte Schlag bei Kaneda ankam grinste er frech und kam doch tatsächlich etwas näher mit seinem Körper. Sah ihn noch eindringlicher an und antwortete:

„Schade…normalerweise funktioniert mein Charme so immer am Besten…Nicht mal ein bisschen Tetsuo...?“

Tetsuo grinste frech zu ihm.

„Pass auf dass du nicht auf deinem Schleim selber mal ausrutschst du Blödmann…“

Sie waren sich so nahe, dass sich locker hätten küssen können. Und Kaneda schien auch genau dies zu wollen…Tetsuo wollte nur noch flüchten. Ihm war warm und unwohl…Doch plötzlich schepperte etwas neben ihnen an den Zaun. Er wackelte und erschrocken sahen die Beiden an die Stelle rechts von Tetsuo. Und dann sah der Kleine hinter sich und Kaneda an ihm vorbei. Denn in der Ferne brüllte ein Bauarbeiter zu ihnen:

„Ey! Sucht euch ein Zimmer ihr Homos und macht euch von der Baustelle ab!“

Er hatte einen Stein an den Zaun geworfen und sie kamen von diesem Weg. Kaneda ließ von Tetsuo ab, der neben ihn kam und brüllte dann zurück:

„Und hast du nicht Steine zu schieben du Arschloch?! Mach dich lieber vom Acker bevor ich über den Zaun klettere, zu dir rüber komme und dich in den Graben werfe, du elender Mistkerl!!“

Er fuhr richtig sauer auf und Tetsuo sah ihn erstaunt an. So böse hatte er ihn ja noch nie gesehen. War das wegen ihm? Der Bauarbeiter wand sich ab und lief wieder zu seinen anderen Leuten. Tetsuo sah auf und erblickte über den Arbeitern bedrohlich einen Stahlpfeiler an einem Seil hängen. Er grinste böse und sprach zu Kaneda:

„Weist du…es könnte einfach ein kleiner Arbeitsunfall sein…“

Kaneda sah verwirrt zu ihm. Was meinte er? Dann folgte er seinem Blick und erkannte ebenfalls den Pfeiler. Er schrak zusammen. Sah sofort erschrocken zu dem Kleinen und sprach laut:

„Tetsuo! Du kannst nicht einfach…!“

Aber der fing plötzlich an laut zu lachen und wand sich dann von Kaneda ab. Der sah ihm nur verwirrt nach, als er auf seine Karre zu lief. Er lief locker mit den Händen in den Hosentaschen weg und setzte sich dann auf das Bike. Sah frech zu dem Älteren und sprach schon etwas mit einem sexy Blick:

„Es schmeckt einfach zu gut, dich so zu kitzeln Kaneda…“

Kitzeln? Also meinte er das nicht ernst? Erleichtert atmete er aus. So im Nachhinein…er konnte nicht glauben dass Tetsuo wegen sowas jemanden töten würde. Aber der Anblick von Tetsuo auf der Karre riss ihn wieder aus diesen Bedenken raus. Er saß da so sexy und verführerisch. Machte er das mit Absicht? Er schien Kaneda bewusst damit aufzuziehen in dem Moment. In zappeln zu lassen, denn er wusste, wenn er hinging und sich holen wollte, was ihm gehört, würde der Kleine ihn abblitzen lassen. Es war bestimmt ein unbewusstes Flirten des PsyKI. Oder spielte er mit ihm? Und verdammt noch mal es funktionierte auch, wenn das der Fall war…Was ihm gehörte…Kaneda fühlte einfach so. Tetsuo sollte ihm gehören. Alles an ihm sollte sein Eigen sein. Er würde den Kleinen mit niemand teilen. Und irgendwann…würde er auch ihm gehören. Tetsuo dagegen machte das wirklich nicht mit Absicht. Dennoch war ihm aufgefallen, dass Kaneda seine Blicke viel auf ihm ruhten…Es war böse, aber er genoss es mal so im Rampenlicht der Interesse zu stehen. Auch wenn er das nicht tun sollte.

Kaneda lief zu ihm und setzte sich vor ihm auf die Karre. Sofort spürte er wie Tetsuo seinen starken Oberkörper umschlang und sich fest an diesen drückte. Kaneda wurde warm und er zog dabei froh seine Brille auf. Er setzte die Maschine in Gang und beide rasten die Straße hinab. Letzten Endes hatte er den Kleinen doch wieder beruhigt und irgendwie rumgekriegt. Tetsuo schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Herzschlag des Älteren…Was sollte er nur tun?
 

Sie verließen das kommende Industriegebiet und fuhren direkt auf die Stattmitte zu.

Da Kaneda mal nicht mit der Karre raste, konnte sich der PsyKI ordentlich hinsetzten und sein Umfeld bestaunen. Sie standen im Stau und das mitten auf der Hauptstraße. Es war sehr laut. Autos hupten. Leute brüllten aus diesen, warum es nicht weiter ging und auf den Bürgersteigen war kein Platzt mehr. Zu viele Menschen drängten sich aneinander vorbei und rammten sich sogar dabei. Kinder weinten ab und zu. Hunde kläfften und hinter den Glasscheiben der Schaufenster schimmerten Bildschirme und zeigten die neusten Nachrichten. Es war Chaos. Laut und unruhig. Grell und hektisch. Und je mehr sich der junge PsyKI umsah…umso klarer wurde ihm, dass diese Stadt verrottet war bis ins Herz. Sie war wie eine überreife Frucht die anfing zu schimmeln und in den Müll gehörte. Oder wie ein Geschwür das Wuchs und die Krankheit weiter verbreitete. Es war nicht schön. In seiner Heimat war das nicht so. Dort herrschte Ordnung. In Neo Tokyo war Chaos. Aber dennoch…gehörten sie zusammen. Ordnung konnte nicht ohne Chaos existieren. Ohne Licht gibt es keinen Schatten. Und ohne Menschen…gäbe es keine PsyKI, denn aus diesen hatten sie sich entwickelt. Tetsuo wurde klar dass alles in einer Art und Weise miteinander verbunden war. Es konnte nicht das Eine ohne das Andere sein. Und deswegen spürte er plötzlich…Mitleid? Vielleicht weil er diese Erkenntnis endlich erlangt hatte…Nur die Menschen nicht.

Sie standen noch immer im Stau und Tetsuo sah rechts neben sich. Er sah ein Schaufenster und die Fernseher dahinter. Sah die Nachrichten. Er hatte davon gehört. Fernseher und Nachrichten. Aber auch dass viel dort erzählt wird was die Menschen hören wollten, nicht unbedingt was stimmte. Erinnerte ihn an eine Religion oder Sekte. War das da nicht auch so? Der Priester erzählt seinen Anhängern das was sie hören wollen und woran sie glauben wollten. Oder vielleicht auch sollten. An Gott oder an wer weis was. Gott…Tetsuo hielt nichts davon. Wenn es wirklich einen Gott gäbe…warum ließ er dann dieses Chaos zu? Warum stand er am Seitenrand und sah dabei zu wie seine Schöpfungen leiden mussten? Krank wurden und starben. Tetsuo glaubte nicht an ihren Gott. Denn er war unauffindbar gewesen, als er ihn als Kind mehr als alles andere brauchte.

Kleine Kinder standen auch vor der Scheibe und sahen was im Fernsehen lief. Tetsuo sah auf dem Bildschirm wie eine Frau über Unruhen in der Stadt sprach. Anscheinend ein Marsch gegen das Militär.

„Die bereits vor 2 Stunden begonnen Unruhen am Shinjika Pass, im Osten von Neo Tokyo verstärken sich. Die Aufstände dringen in die Stadtmitte vor. Geleitet von einer Gruppe die sich die „Neuen Kinder“ nennt. Diese Gruppe fällt seit Jahren immer wieder in Unstimmigkeiten mit der Regierung und dem Militär in Neo Tokyo. Da sie die Ansicht vertreten dass PsyKI die selben Rechte wie Menschen besitzen sollten. Sie fordern das Militär auf mehr PsyKI zu erschaffen und damit der Entwicklung der Menschheit ihren Lauf zu lassen.“

Die Frau sagte dies in einer sehr monotonen Stimme und wechselte dann das Thema zu dem Wetter. Die Neuen Kinder? Das klang ja schon nach einer kranken Sekte…Sie setzten sich für PsyKI ein? Für Menschen wie ihn? Tetsuo hätte nie gedacht dass es sowas unter den Bewohnern gab. Er fand es nicht schlecht. Zumindest zu hören dass es Menschen gab, die ihn anders sahen und nicht als Monster. Aber die Mittel zu denen sie griffen waren radikal und unmenschlich. Er hatte die Bilder gesehen, als die Frau das erzählte. Sah wie die Typen durch die Straßen liefen und andere Menschen angriffen. Häuser in Brand setzten und Kinder vorführten als wären sie Tiere. Kinder ohne seine Fähigkeiten. Es war ekelhaft. Und so langsam beschlich ihn dass Gefühl…das diese Menschen die Menschen wie ihn nur noch weiter nach unten zogen. Und ihnen einen schlechten Ruf verpassten. Und was laberten die da für einen Müll mit: mehr PsyKI erschaffen? Menschen erschufen sie nicht. Sie kamen ganz normal zu Welt… Kaneda setzte sich aufrecht und schob seine Fahrerbrille hoch. Er saß locker da und sah zu Tetsuo hinter. Fragte diesen:

„Was siehst du dir an?“

Tetsuo nickte zu dem Schaufenster.

„Die Nachrichten.“

Kaneda sah daraufhin auch rüber und sah still zu. Nach wenigen Sekunden sprach er aber:

„Und? Gibt’s irgendwo Sonderangebote?“

Frech. Er wollte die Stimmung lockern. Tetsuo dagegen sah nicht zu ihm und schwieg einfach nur. Er war in Gedanken. Was Kaneda nicht entging. Er sah ihn besorgt an…

„…In den Nachrichten läuft nur das was die Menschen hören wollen. Dinge um das Feuer des Hasses weiter zu schüren und Lügen um die Menschen bei Laune zu halten.“

Und da sah der Kleine wieder zu ihm vor. Er…wusste es also auch? Kaneda sah wieder nach vorne zum Stau. Es hatte sich natürlich nichts getan. Dann sprach er ruhig:

„Wenn ich höre was in den Nachrichten gesagt wird…könnte ich kotzen. Sie tun so als wären wir der Mittelpunkt der Welt und als gäbe es nur negatives in Neo Tokyo…Bevor ich Kai und Yamagata traf, dachte ich genauso. Ich konnte nicht glauben dass es auch noch sowas wie Freunde und Liebe in diesem ausgelutschten Hamburger von Stadt gab. Aber meine zwei Jungs haben mich vom Gegenteil überzeugt…“

Die Schlange bewegte sich etwas und Kaneda fuhr auch einige Zentimeter mit. Hielt dann wieder an und fuhr fort:

„…Und ich dachte auch immer das alle PsyKI Monster sind und getötet gehören…“

Als er das sagte…tat Tetsuo die Brust weh. Es war als würde sich alles verkrampfen in ihm und ein Kloß seinen Hals blockieren. Es war ein…schreckliches Gefühl. Er fasste sich sogar kurz an den Hals deswegen und sah auf seinen Schoß. Es tat…echt weh. Warum tat es weh? Aber dann sah er wieder auf, als Kaneda sich vor ihm leicht bewegte und freundlich zu ihm hinter lächelte. Er sprach:

„Aber dann habe ich dich kennengelernt Tetsuo. Und plötzlich…wurde mir klar dass die Welt so viel mehr ist, als die Nachrichten und Neo Tokyo. Und das es sich einfach weiterhin lohnt für Dinge zu kämpfen an die man glaubt.“

„Und woran…glaubst du Kaneda?“

Der Ältere lächelte noch immer. Sehr sanft und in seinem Blick war Hoffnung und Zuversicht, als er antwortete:

„Das da draußen eine Welt existieren könnte in der wir in Frieden leben können.“

Das war…ein naiver Gedanke. Kindlich schon beinahe. Aber…dennoch ein sehr schöner. So schön dass sich sogar Tetsuo sich diesen kindlichen Gedanken als Realität wünschen würde. Es kam an etwas ran, was er sich schon seit seiner Kindheit wünschte…Freiheit. Dennoch antwortete er realistisch:

„Es gibt kein Leben ohne Konflikt. Er ist Teil davon. Genau wie die Gewalt und die Trauer.“

Aber Kaneda ließ sich davon nicht beirren.

„Das stimmt. Aber auch zu den negativen Dingen gibt es immer ein positives Gegenteil. Und vielleicht…sollte man sich an diesen eher festhalten.“

Tetsuo sah ihn erstaunt an. Wow…er war ja doch sehr erwachsen. Und wenn er so lächelte…unglaublich attraktiv dabei…

Ein lauter Knall riss ihre Blicke voneinander und beide sahen die Straße vor ihnen rauf. Weiter vorne war eine große Kreuzung an der es sich gestaut hatte. Genau von dieser Kreuzung kam der laute Knall, der sich als Explosion bestätigte. Eine gewaltige Rauchwolke erhob sich von dem Platz und das Hupen der Autos verstummte. Stattdessen stiegen die Menschen aus und fingen an rumzubrüllen. Einige rannten sogar die Straße hinab und weg von der Explosion. Ander rannten hin aus Neugier. Tetsuo war förmlich das Herz in die Hose gerutscht vor Schreck und er sah nur erschrocken hin. Kaneda dagegen sprach ernst und erschrocken:

„Was zum Teufel?! Das war eine Explosion!“

Und dann brüllte plötzlich rechts von dem Bürgersteig aus ein männlicher Passant ganz laut:

„Das sind die Neuen Kinder! Sie sind hier für unsere Zukunft!“

Und dann rannte er in die Richtung der Explosion. Zu ihm gesellten sich noch andere Menschen. Anscheinend alles keine Anhänger, aber Menschen die an sie glaubten. Tetsuo sah ihnen aufmerksam nach. Das war die Sekte aus dem Fernseher? Und dann packte ihn selber die Neugier…Kaneda zog seine Brille auf und sprach laut:

„Okay, weist du was? Ich dreh jetzt einfach um und fahr den guten alten Capsule-Style! Halt dich fest Tetsu…“

Er verschluckte den Rest, als er spürte wie das Bike etwas höher kam und sah wie Tetsuo an ihm vorbeirannte! Er rannte genau der Masse hinterher! Nämlich zu der Kreuzung hoch!

„Tetsuo!! Komm zurück!!“

Aber da war der Kleine auch schon in der Masse verschwunden. Sofort sprang Kaneda von seinem Bike ab und stellte sie hin. Riss seine Brille ab und warf sie daneben. Er rannte ihm nach und musste sich durch eine Menge lauter und brüllender Menschen quetschen. Was dachte sich Tetsuo nur?! Jeder normale Mensch rennt vor einer Explosion weg und nicht hin! Er schubste einen wilden Passanten zur Seite und quetschte sich weiter vor. Tetsuo dagegen war bereits vorne an einer Absperrung der Polizei angekommen und sah sich um. Er stand direkt an der Kreuzung und sah wie die Polizei bereits Funksprüche und weiteres rausgab. Sah dass offenbar ein Polizeiwagen in die Luft geflogen war und der noch lichterloh brannte. Und dann erkannte er auch schon von rechts eine Masse die sich auf die Polizei zubewegte. Eine Menschenmasse. Verrückte Anhänger der Sekte die mit Schildern auf denen stand: Lasst unsere Entwicklung zu und PsyKI hören Gott, auf sie zuliefen. Sie sahen aus wie normale Bürger. Und dennoch setzten sie nebenbei Mülltonnen in Brand und warfen Brandbomben auf Autos. Noch nie hatte Tetsuo sowas gesehen…War es das was man unter Rebellion verstand? Solche Gewalt war ihm aus seiner Heimat fremd. Und dann spürte er wie ihn jemand fest am rechten Arm packte. Er schrie kurz auf vor Schreck und zog weg. Sah aber dann dass es Kaneda war, der ihn fest gepackt hatte und endlich auch vorne war. Er fauchte ihn besorgt an:

„Tetsuo! Was zum Teufel ist los mit dir?! Wir müssen hier weg! Es ist zu gefährlich!“

Es war unglaublich laut.

„Ich wollte mir das mal ansehen! Das sind diese Menschen die sich die Neuen Kinder nennen!“

„Ja ich habe von diesen Spinnern gehört! Und jetzt lass uns gehen!“

„Ich will aber wissen was es mit denen auf sich hat! Es geht hier auch um mich!“

„Tetsuo das sind Wahnsinnige! Das hat nichts mit Religion oder Glauben zu tun! Das ist nur eine Ausrede um seinen Unmut freien Lauf zu lassen und um andere mit einer Ausrede töten zu können! Das sind Monster! Und ich lasse nicht zu dass dir etwas passiert!“

Und dann begannen die Krawalle. Die Polizei fing echt scharf an zu schießen. Es gab kein Bürgerrecht mehr. Einige wurden niedergeschossen auf andere schlug man ein und diese wehrten sich auch. Jeder der für PsyKI sympathisierte war ein Feind. Tetsuo sah das erschrocken mit an. Und Kaneda wollte eigentlich nicht dass er sowas erlebt…Er fasste ihn fester am Arm und zog ihn etwas von der Absperrung weg. Sprach ernst:

„Ich bring dich jetzt hier weg!“

Tetsuo sah dagegen wie in Zeitlupe ein kleines Mädchen auf der Kreuzung saß. Sie war von den Anhängern, aber weinte nur. Saß völlig zerstört einfach da während um sie das Chaos herrschte. Sie erinnerte ihn an Kaori. Struppiges braunes Haar…Und dann sah er wie ein Polizist doch tatsächlich mit einem Gewehr auf sie zielte. Gewehre mit deinen sie Rauchbomben verschossen. Wenn es die Kleine traf würde sie schrecklich verletzt werden! Und als der Polizist schoss riss sich Tetsuo plötzlich los und konzentrierte sich. Er lenkte die Bombe von dem Kind ab und zurück zu dem Polizisten, der aufschrie als es ihn traf. Kaneda sah erschrocken zu und wusste was Tetsuo getan hatte. Das Kind sah verweint auf und hinter ihr brüllte ein Anhänger:

„Sehrt ihr!? Die PsyKI sind auf unserer Seite! Sie sind überall! Sie vollziehen Gottes Willen!!“

Kaneda fasste Tetsuo an den Schultern und stand hinter ihm. Sah wie einer der Polizisten rechts von ihnen, an der Absperrung, sein Walkie nahm und rein sprach:

„Verstanden. Umgebung wird gesichert. Ein PsyKI befindet sich hier. Wir machen Scan-Tests bei den Menschen.“

Und da reagierte Kaneda sofort! Er packte sich Tetsuo. Riss ihn mit sich und kämpfte sich zu seinem Bike durch. Erschrocken ließ sich Tetsuo mitreißen und schrie:

„Kaneda! Kaneda was tust du denn?!“

Als er neben seiner Maschine war hob er Tetsuo plötzlich hoch und setzte ihn drauf. Nahm seine Brille vom Boden und legte sie an. In Sekunden war auch er auf der Roten und schmiss sie an, brüllte zu Tetsuo:

„Festhalten!!“

Der das auch instinktiv machte. Es wurde eine Drehung an der Stelle vollzogen und sie bretterten mit der Maschine davon. Kaneda fuhr so schnell wie er konnte zwischen den Autos durch und die Straße runter. Versuchte so viel Zeit und Abstand wie möglich zwischen ihnen und der Polizei zu schaffen. Die hoffentlich noch nichts von ihrem Verschwinden bemerkt hatten. Sein Herz schlug ihm vor Angst bis zum Hals. Was wenn jemand gemerkt hatte das es von Tetsuo kam!? Es war eher unwahrscheinlich. Es war viel los gewesen, es hätte jeder sein können. Aber dennoch hatte er Angst davor. Hinter ihnen waren nur noch die lauten Schüsse und Krawalle zu hören. Tetsuo sah hinter sich. Was hatte er nur…getan? Kaneda bog in die nächste Gasse links ab und schepperte durch Müll und Dreck durch, so dass sich der Kleine hinter ihm wieder fester an ihn drückte. Es war holprig. Am Ende der Gasse bremste er ab und driftete nach rechts. Sah links neben sich runter. Sie waren an einem Flussschacht. Kaneda zog nach links und fuhr diesen seitlich runter. Der Beton sorgte dafür dass seine Süße etwas schepperte, aber dann war er am Weg unten angekommen und fuhr weiter den Fluss entlang. So lange bis er unter einer Brücke zum Halten kam. Schlagartig. Tetsuo keuchte auf, weil es ihn gegen den Großen drückte. Und dann wurde es schlagartig ruhig. Alles was man noch hörte war das Wasser neben ihnen und das leicht panische Atmen von Kaneda. Weswegen der PsyKI auch zu ihm sah. Kaneda sah besorgt hinter sie. Als würde er auf etwas warten. Tat er auch. Er hoffte nicht verfolgt worden zu sein. Und als nach 3 Minuten sich nichts tat, machte er auch endlich die Maschine aus. Er schob die Brille auf seine Stirn und stieg von der Roten ab. Tetsuo blieb auf ihr sitzen und sah ihm zu. Sah zu wie er an der Stelle auf und ab lief. Er war verdammt besorgt. Und der Kleine wusste auch warum. Weil er Mist gebaut hatte. Tetsuo setzte sich seitlich auf die Karre und sprach zögerlich und sanft:

„…K-Kaneda ich…also ich…“

„DU hast jetzt Sendepause!“

Sprach der Ältere laut zu ihm und sah ihn ernst an. Weswegen der PsyKI sogar etwas zusammenzuckte. Kaneda war sauer. Und das zu Recht. Aber kurz darauf sprach er, zwar noch angespannt, aber wieder sanfter zu ihm:

„…Ich muss nachdenken, okay?“

Er griff sich dabei auf die Stirn zu der Brille und sah wieder auf den Boden. Tetsuo wiedersprach dieses Mal auch nicht. Er sah es ein. Kaneda hatte allen Grund sauer zu sein. Es war gerecht fertig.

„…Was denkst du dir eigentlich Tetsuo!?“

Der Kleine sah ihn unsicher an. Kaneda hatte das sehr laut gesagt und wütend. Wenn er so war, war er…sehr dominant und man konnte seine Stärke aus seiner Stimme hören. Er sah ihn auch noch immer sauer an. Ein Blick dem Tetsuo nicht standhalten konnte und er weg sah. Unterwürfig schon beinahe auf den Boden vor sich. Aber der Ältere war noch nicht fertig:

„Hätte ich jetzt nicht so schnell die Flucht ergriffen, wärst du schon längst tot!! Und soll ich dir sagen warum?! Weil das die beschissenste Aktion war die ich je gesehen habe!! Du stehst zwischen Menschen, in der Nähe der Polizei und du benutzt einfach deine Kräfte!! Nur mal so zum mitschreiben: Die haben Scan-Tests!! Wenn wir da nicht schnell rausgekommen wären, hätten die den Laden dicht gemacht, wir wären gefangen gewesen und die hätten mit ihren Test nach dir gesucht!! Sie hätten systematisch einen nach den Anderen getestet bis sie dich gefunden hätten!! Nur um dich dann zu erschießen!!“

Tetsuo schwieg einfach nur und Kaneda hörte auf. Sah ihn nur weiter sauer an. Der Kleine wusste dass er Mist gebaut hatte. Immerhin.

„…Ein Test?“

Kam es scheu von Tetsuo. Er sah aber noch immer nicht sein Gegenüber an.

„Ja verdammt! Was denkst du denn warum PsyKI so gut ausfindig gemacht werden?! Obwohl sie aussehen wie wir! Dieser Test prüft etwas am Nacken! Ich weis nicht was es ist, vielleicht dir Hirnströme oder die Gene, keine Ahnung! Aber sie hätten dich damit gefunden!“

„…Bin ich dir eine Last Kaneda?“

Er sagte das sehr schwach und scheu. Kaneda dagegen sah ihn nur weiter ernst an. Was sollte denn die Frage? Er atmete tief ein kam wieder etwas runter. Tetsuo klang dabei…traurig.

„Red keinen Scheiß, du bist mir keine Last. Aber ich hatte eben Angst um dich!“

Und da sah ihn Tetsuo erstaunt an. Er klang verletzt dabei. Besorgt. Nicht mehr wütend wie vorher noch. Und er sah ihn auch so an.

„Warum hast du das getan Tetsuo? Das war verdammt dumm. Und das bist du doch nicht.“

Er war nicht dumm. Aber er konnte nicht einfach wegsehen…Langsam kam er von dem Bike runter und stand einfach nur da. Sah auf den Boden und überlegte sich wie er darauf antworten sollte. Er entschied sich für die Wahrheit:

„Dieses Kind…hatte nichts damit zu tun. Und dennoch hätte dieser Polizist auf sie geschossen. Er hätte sie schrecklich verletzten können…Vielleicht sogar töten. Ich konnte doch nicht einfach meinen Blick abwenden und…und das ignorieren.“

Hammer…Kaneda wurde in dem Moment bewusst…das Tetsuo ein zu gutes Lebewesen war. Er machte nie den Anschein und verbarg es verdammt gut, aber er war einfach gutherzig und lieb. Vielleicht sogar schon ZU sehr. Vor ihm stand das liebste Geschöpft das er kannte. Jemand der einem Kind half, auch wenn es von der verhassten anderen Seite kam. Einfach aus Barmherzigkeit und Mitgefühl. Er war…besser als jeder Mensch. Er war wirklich sowas wie die nächste Stufe der Evolution. Und da lief der Ältere auf ihn zu. Und in wenigen Sekunden hatte er ihn mit seinen Armen umschlossen und drückte ihn sanft an sich. Und Tetsuo wehrte sich nicht. Er ließ es einfach zu und schloss die Augen. Er fühlte sich mies, weil er beide solch einer Gefahr ausgesetzt hatte. Aber wenn Kaneda ihn so schützend umarmte…Da verflog dieses Gefühl und es umgab ihn nur noch Wärme. Wärme und ein starker, aber sanfter Herzschlag seines Gegenübers. Indem er sich erneut verlos und nur lauschte. Er war anders…Kaneda war so anders. Was auch immer ihn zu ihm zog…er wollte es nicht verlieren. Und dann hob er seine Arme und drückte sich an ihn. Der Moment sollte nicht aufhören. Und auch Kaneda wollte diesen Moment ewig währen lassen. Und erstaunlicherweise war er es der sich zuerst löste. Er löste die Umarmung und Tetsuo sah verwirrt zu ihm rauf. Ein Lächeln war auf den Lippen des Älteren. Eines das den Kleinen erneut warm werden ließ. Schlug sogar sein Herz etwas schneller? Und plötzlich hatte er ein Bedürfnis. Noch nie hatte er sowas verspürt. Aber plötzlich war es da…Das Bedürfnis Kaneda küssen zu wollen…Denn er war neugierig. Er wollte ihn schmecken. Er wollte mehr fühlen und vielleicht mehr dadurch erfahren…Kaneda sprach zu ihm:

„Ich verstehe das. Auch ich war sauer deswegen und kann bei sowas nicht zusehen. Aber du warst wichtiger für mich…Versprich mir bitte, nie wieder sowas zu tun. Ja, Tetsuo?“

Er war wichtiger? Das machte den Kleinen plötzlich sehr glücklich. Er war wichtiger…Scheu nickte er und sah auf den Boden.

„Ich…ich versuch es Kaneda.“
 

Yamagata saß an der Bar und kippte sich den nächsten Shot rein.

Er saß zusammen mit Kai und anderen Jungs der Gang im Harukiyas und wartete nur darauf dass die Party losgehen konnte. Es war bereits spät am Abend und sein Boss war noch immer nicht da. Links von ihm saß Kai und las die aktuelle Zeitung vom Tag, die er von dem Großen bekommen hatte. Er hatte sie vor sich liegen und stützte seinen Kopf mit dem rechten Arm auf dem Tisch ab. Er war versunken in die Schrift. Yama sah ihn dann an und fragte:

„Was gibt es denn da drin wichtigeres als die Sportschau, dass du da so vertiefst bist?“

Kai sah ihn nicht mal an und antwortete:

„Sehr vieles. Anscheinend sind die Neuen Kinder wieder mal randalieren gewesen. Gab mehrere Tote. Auch ein kleines Mädchen…wie traurig.“

Yamagata nahm einen weiteren Shot vom Barkeeper an sich und nippe leicht, sah dann wieder zu ihm und fauchte böse:

„Die sind doch eh total bescheuert! Wer glaubt dass PsyKI was Besonderes sind gehört eh aus der Stadt geworfen!“

„Also auch Kaneda?“

„Nein, der gehört in den Arsch getreten! Und der braucht ne Fotze, damit der mal wieder klar in der Birne wird. Der fängt ja noch an schwul zu werden, bei seinem Durschnitt momentan.“

„Meinst du mit Tetsuo?“

Yamagata verschluckte sich fast an seinem Shot und musste danach husten. Als er sich wieder eingekriegt hatte, sprach er muffig:

„Mach mir keine Angst du Blödmann! Oh mann jetzt muss ich den erst recht wieder gerade biegen.“

Kai lächelte nur kurz und sah dann zu ihm. Er machte die Zeitung zu und lehnte sich lässig auf den Tresen, so dass sogar Yama zu ihm sehen musste. Dann sprach der Jüngere frech:

„Weist du…vielleicht ist schwul sein nicht mal so schlecht?“

Yamagata sah ihn starr an.

„…Willst du mich veraschen? Oder ist das hier versteckte Kamera?“

Er sah sich kurz unsicher um. Kai aber lächelte nur weiter und nahm sich dann kurz sein Glas mit Cola. Er trank einen kurzen schluck und sprach dann, mit dem Blick auf den Glas ruhend:

„Ich meine ja nur. Wenn ein Mann und eine Frau zusammen kommen, sagen wir Menschen es wäre Liebe und das man zusammen gehört. In Wirklichkeit tun wird das aber nur aus unseren primitiven Instinkten heraus, nämlich um uns fortzupflanzen und Nachkommen mit unserem genetischen Code zu zeugen und in die Welt zu setzten. Das ist auch bei uns Menschen noch so. Wenn allerdings zwei gleichgeschlechtliche Wesen zusammen kommen, sagen wir Sex haben und sich zueinander hingezogen fühlen…ist das dann nicht eher dass was wir Liebe nennen? Auf der Biologischen Ebene haben diese zwei keinen Nutzen von dem Geschlechtsakt. Warum tun sie das also? Ich sag dir warum: Wegen dem Gefühl der Nähe und wegen dem Anderen. Und das ist doch was schönes, oder?“

Er sah wieder zu Yamagata der ihn einfach nur starr ansah und nicht antwortete. Als er sich wieder gefasst hatte sprach er erstaunlich ruhig:

„…Jetzt weis ich immerhin was du so für Bücher ließt. Ist das dein Ernst Kai? Das ist das schwulste was ich je gehört habe.“

Kai nahm die Zeitung und knallte sie ihm an den Kopf. Sprach leicht muffig:

„Warum rede ich eigentlich mit dir Yamagata?“

Der nahm die Zeitung aus seinem Gesicht und rollte sie zusammen.

„Weil du auch schon länger keine Muschi mehr hattest und dein Hirn auch auf Durchzug ist Kleiner.“

Und da bekam er noch eine mit der rechten Hand an den Hinterkopf gewatscht. Er lachte dabei kurz auf und sprach mal fröhlicher:

„Ach komm schon Kai! Angeblich hast du doch ne Olle am Start. Lässt sie dich nicht ran? Erzähl mal etwas von ihr.“

Der Kleine trank wieder einen Schluck und schüttelte dabei den Kopf.

„Was geht dich das an?“

„Ach komm schon! Ist sie heiß?“

Er kam etwas näher an den Kleinen ran und legte seinen rechten Arm um die schmaleren Schultern. Kai lief etwas beschämt rot an und sah ihm ins Gesicht. Yama grinste und sprach:

„Naaaaaaa?“

Das konnte ja was werden. Eigentlich könnte er sich mit einer Wand unterhalten. Da würde mehr bei rauskommen…

„Sie ist größer als ich. Arrogant. Verarscht mich gerne. Hat eine große Klappe und ist öfters ein Trottel.“

„Autsch. Warum hält es dich bei der blöden Schlampe, wenn sie doch so mies zu dir ist?“

Kai sah ihn einfach nur an…Warum eigentlich? Aber dann lächelte er und löste den Arm von seinen Schultern, der ihn fest gepackt hatte. Yama war etwas erstaunt über dieses Lächeln und dann gab ihm Kai als Antwort:

„Weil ich diese Person einfach liebe. Aber sie checkt das anscheinend nicht.“

Der Knirps war zu gut für die Welt. Warum wurde dem Großen dabei plötzlich unwohl? Das hatte doch nichts mit ihm zu tun und dennoch fühlte es sich persönlich an. Er kratzte sich am Hinterkopf und sah wieder vor zu seinem Shot. Griff diesen und sprach:

„Vielleicht solltest du mal mehr Schenkel zeigen und aufdrehen.“

Schenkel zeigen…echt jetzt?

„Ach sollte ich das ja?“

Irgendwie wollte er den Kleinen aufmuntern…

„Ach komm. Du solltest sie dann wenigstens mal beschreiben. Mach dich nicht selber nieder Kai.“

Der Kleine war etwas überrascht von den Worten und legte den Kopf leicht schnief. Dann aber lehnte er sich frech vor und sprach:

„Das könnte ich sogar.“

Yamagata sah nach links zu ihm. Sie sahen sich einfach nur an als Kai etwas leicht verführerisch sprach:

„Nun ja sie sind zart, wohl gerundet und leicht trainiert noch dazu. Und es ist unglaublich aufregend sie zu berühren…“

Und dann machte er eine elegante Bewegung von dem Stuhl an der Theke und lief davon. Er lief in die Richtung zum Bad und war dann auch in der Tür verschwunden. Yamagata hatte ihn beobachtet bis er verschwunden war. Dann schüttelte er den Kopf und sah auf seinen Shot. Schnaubte kurz und lächelte leicht.

„Oh man. Kleiner Homo.“

Und so nahm er einen Schluck aus dem Glas. Der Barkeeper sah ihn mürrisch an, als er eines seiner Gläser polierte, so dass es dem Großen nicht entgangen war und er aggressiv fragte:

„Gefällt dir was du siehst Alter?!“

Der Muskelprotz blieb aber ruhig und sprach nur zu dem Großmaul:

„Ich bin zu Tränen gerührt…wie blind manche Menschen doch sein können.“

Er stellte das Glas ab und bediente jemanden rechts von sich. Ließ Yamagata verwirrt auf seinen Platzt zurück. Was zum Geier? Was war nur los in dem Moment? Warum waren alle so auf dem Homo-Trip? Er hörte wie sich hinter ihm die Tür der Bar öffnete und sah über seine Schulter hinter. Und da kam sein Boss. Seine Mine verzog sich aber wieder negativ, als er sah dass er den Freak im Schlepptau hatte.

Kaneda hielt wie ein Gentleman Tetsuo die Tür auf und ließ diesen in die Bar reinkommen. Unsicher sah sich der PsyKI um und die Tür fiel hinter ihm zu. Es war schon einiges los gewesen. Mädels tanzten teils auf den Tischen, Männer grabschten oder gaben sich die Kante und Musik lief. Das war also das Nachtleben in den Bars? Unheimlich. Sie waren noch etwas länger unterwegs gewesen. Und dann noch mal bei Kaneda zuhause damit er sich umziehen konnte. So trug er jetzt einen Biker-Anzug komplett in Rot und aus Leder. Sollte das nicht ein lockerer Abend werden? Warum hatte er sich so verpackt? Das war genau das Gegenteil von Locker. Aber da klingelte es bei Tetsuo. Bestimmt hatte er Angst vor diesem Schwanzfressenden Monster mit der orangen Dauerwelle. Verständlich. Wenn die kommen sollte war der Abend im Eimer. Kaneda lief an Tetsuo vorbei und vor zu Bar. Er folgte ihm und setzte sich auch unsicher hin. Direkt neben Yamagata, der sich mürrisch trinkend abwand. Der Kleine sahsich dabei um. Tetsuo war ein Beobachter. Er lernte schnell dadurch und hatte eine sehr gute Beobachtungsgabe. Kaneda grüßte Yamagata und derweil sah sich Tetsuo weiter um. Er sah hinten in einer Ecke ein Pärchen sitzen. Sie küssten und befummelten sich. Aber dennoch war es nicht so ekelhaft wie in der Schulkantine. Es war schon etwas wild, aber wirkte dennoch zart und innig. Er kam sich vor wie ein Spanner, aber er konnte einfach nicht weg sehen. Wenn er sowas sah…fragte er sich gelegentlich mal, wie es sich anfühlte. Er studierte förmlich nebenbei jede Bewegung und jede Emotion. Das war Sehnsucht nacheinander. Körperliche Sehnsucht…Er erschrak als ihm Kaneda auf die Schulter fasste und rechts neben ihn kam, den Blick auf das Pärchen versperrte. Er grinste breit und sprach frech:

„Na schon am spannen?“

Tetsuo lief rot an und fauchte:

„Halt die Klappe! Ich spanne nicht!“

Kaneda reichte ihm ein Glas zu Trinken vor die Nase und der Kleine nahm es muffig an sich.

„Womit willst du mich jetzt vergiften?“

„Das ist nur Wasser. Ich dachte wir fangen mal langsam an.“

Er schien seinen Spaß zu haben und sah zu den Zwei hinter, die sich noch immer wild küssten. Er streckte kurz die Zunge raus und sah dann wieder frech zu Tetsuo. Fragte:

„Gefällt dir was du siehst?“

Tetsuo trat nach rechts aus und traf im sitzen voll Kanedas Bein. Der zuckte kurz zusammen und lachte dabei leicht. Der Tritt hatte gesessen, scheiße. Dann lehnte er sich vor und nahm das Glas vom Barkeeper an, das er vor ihn auf die Theke gestellt hatte. Sofort trank er daraus. Im Gegensatz zu Tetsuo hatte Kaneda gleich ordentlich Sake bekommen. Traditionell war scheiß egal, Hauptsache Alkohol. Tetsuo roch den bitteren Duft und rümpfte nur die Nase. Er wusste dass es Alkohol war. Sake gab es auch bei ihnen im Dorf mal gelegentlich. Er sprach muffig:

„Wirklich? Du besäufst dich?“

Kaneda stellte ab und sah zu ihm.

„Nur ganz leicht um etwas lockerer zu werden.“

Er lächelte erneut blöd und Tetsuo sah genervt weg. Und erneut stellte er sich die Frage: Was fand er nur an dem Blödmann? Drogen, Alkohol, Sex und Gewalt. All dass hatte der schon mal gehabt. Tetsuo war dagegen ein weißes Tuch der Unschuld. Und noch oben drauf jungfräulich. Aber vielleicht zog genau das ihn so an. Und wie gesagt etwas was er nicht fassen konnte…Kai kam aus dem Bad und lächelnd zu den Jungs rüber. Er setzte sich auf die Andere Seite von Kaneda und fing an fröhlich zu reden. Tetsuo sah ihnen dabei nur zu. Die Musik war sehr laut und langsam wurde es eng in der Bar. Es kamen mehr Menschen dazu und tanzten wo sie konnten. Er aber sah nur Kaneda an. Der es nicht mal bemerkte, da er sich mit Kai unterhielt...Tetsuo konnte einfach nicht leugnen dass Kaneda ein hübscher Kerl war. Er war für sein Alter genau richtig groß, stark gebaut und hatte wildes Ebenholzfarbenes Haar. Und unwiderstehliche Augen. Haselnussfarbene Augen…Mit ihm küssen und Sex zu haben musste doch…Er schüttelte den Kopf und schlug sich innerlich ins Gesicht. Wie kam er denn auf sowas?! Er fasste sich sein Glas und nahm einen Schluck. Er verhielt sich ja wie ein verliebtes Milchmädchen! Er riss sich zusammen. Und dabei sah er nach links. Und sah zu Yamagata, der ihn grimmig im Auge behielt. Tetsuo passte das nicht. Er mochte ihn auch nicht. Aber er hatte Kaneda verpochen sich nicht zu streiten. Also würde er das auch versuchen. Er zwang sich ein freundliches Lächeln auf und sprach dabei:

„Nette Party?“

Yama nahm sein Glas und trank daraus, sprach danach:

„Könnte besser sein. Aber bestimmte Dinge lassen es halt nicht zu, du verstehst?“

Klar verstand er. Er meinte nämlich Tetsuo. Der musste sich zusammenreißen und lächelte nur weiterhin falsch. Er wollte verdammt noch mal explodieren!

„Du wirst nie einer von uns sein. Dazu fehlt dir nämlich der Mumm. Und deine Tricks sind eh die unterste Schublade du Freak.“

Tetsuo fing an mit einem Fuß nervös zu wippen. Ruhig bleiben. Du kannst ihn irgendwann mal in Stücke reißen! Aber momentan nicht. Er sprach zu ihm:

„Du gibst mir ja nicht mal eine Chance. Oder gibt es einen speziellen Aufnahmeritus den ich verpasst habe?“

Er sagte das mehr so verhöhnend, aber bei Yamagata kam das anders an. Der hatte plötzlich eine miese Idee und stellte sein Glas ab. Das konnte lustig werden…Er grinste und sprach dann:

„Wenn du das so sagst…“

Und dann stand er plötzlich auf und machte dem Barkeeper eine Handbewegung dass der die Musik leiser machen soll. Der nickte und es wurde still. Yama stellte sich auf seinen Hocker an der Bar und brüllte plötzlich:

„Hey! Alle mal her hören!!“

Und das taten auch alle. Kaneda sah verwirrt zu ihm. Was hatte er denn nun vor? Und als die gesamte Aufmerksamkeit auf Yamagata ruhe beendete er:

„Unser Neuankömmling hier…!“

Er zeigte auf den PsyKI.

„…Tetsuo hat vorgeschlagen dass wir Flaschendrehen spielen!!“

Tetsuo sah ihn verwirrt und erschrocken an. Bitte was?! Kaneda spuckte seinen Sake aus vor Schreck und sah zu Tetsuo. Das Umfeld dagegen wurde richtig laut und alle klatschen und brüllten. Warn voll dafür. Yamagata klatschte auch und schrie:

„Man bringe eine Flasche!!“

Kaneda stellte sofort sein Glas ab und drehte Tetsuo zu sich. Fragte laut und besorgt:

„Du hast WAS vorgeschlagen?!“

„Ich habe überhaupt nichts gemacht! Ich weis nicht mal was Flaschendrehen ist!!“

Kaneda rutschte förmlich das Herz wieder woanders hin. Eigentlich war das ein Spiel für Kinder. Aber bei ihnen war das etwas völlig anderes. Es war eine Mischung aus Wahrheit oder Pflicht mit Flaschendrehen. Am Anfang wird eine dumme Bedingung festgelegt. Und auf den dann die Flasche zeigt der muss das auch tun. Aber wir sprachen von Halberwachsenen. Die hatten Scheiße im Kopf. Und so war auch das Spiel. Hier war nicht: Erzähl mal dein peinlichstes Erlebnis, oder so. Hier ging es um Sex, Drogen, Alkohol und Erotik! Es kam schon einmal vor, dass einer einem anderen einen blasen musste! Und das vor der Meute! Und nun war Tetsuo mitten drin. Und wie sollte ihm das Kaneda nur erklären oder ihn davor schützen?! Er fasste ihn fest an den Schultern und sprach eindringlich:

„Tetsuo! Bei diesem Spiel geht es um…!“

Aber da kam Yama mit einer Flasche an und sprach laut in die Runde:

„Also! Dann soll die Flasche für Tetsuo drehen! Wer macht mit?!“

Viele stellten sich im Kreis auf. Kaneda sprang sofort von seinem Hocker auf und kam zu Yamagata. Er fauchte ihm in der lauten Bar zu:

„Das kannst du nicht machen! Tetsuo hat davon keine Ahnung! Du verkaufst gerade seine Unschuld!“

Yama grinste aber nur frech:

„Hey er wollte sich beweisen, also bekommt er das auch. Mach doch mit, wenn er Glück hat zeigt die Flasche ja auf dich.“

Er meinte das aber nicht ernst. Er wollte auf keinen Fall das sein Boss mit Tetsuo rummachte! Kaneda schubste ihn sauer und sah dann wie sich Tetsuo noch etwas verwirrt auch in den Kreis stellte. Der Ältere lief sofort hin und zog ihn förmlich aus dem Kreis raus. Setzte ihn wieder auf den Hocker und fauchte:

„Was zum Geier machst du da?!“

Tetsuo riss sich los und stand wieder auf.

„Ich werde vor dem Blödmann keinen Rückzieher machen! Also stell dich mir nicht in den Weg Kaneda!“

Er lief an ihm vorbei und der packte ihn wieder am rechten Arm, so das Tetsuo zu ihm sah.

„Ich versuche dir gerade zu helfen du Blödmann! Yamagata führt dich gerade wie ein Vieh zur Schlachtbank!“

Tetsuo sah ihn etwas an…grinste aber dann und sprach frech:

„Tja dann wirst du mich wohl beschützen müssen, oder Kaneda?“

Und er lief wieder in den Kreis. Bitte was?! Es lief völlig aus dem Ruder! Er konnte aber auch nicht lange überlegen, denn Yama rief plötzlich in die Runde:

„Wer will noch? Letzte Chance!“

Und Kanda fasste sich und stellte sich auch in den Kreis. Er konnte allerdings nicht neben Tetsuo stehen, sondern ihm gegenüber. Kai saß fassungslos an der Bar und schlug sich gegen die Stirn. Dieser Hornochse Yamagata! Er rannte zu dem Kreis und rief:

„Ich auch! Moment!“

Er tat das auch Tetsuo zur liebe. Die anderen die im Kreis standen machten das nur um sich aufzugeilen, Spaß zu haben, oder einem die Unschuld zu nehmen. Leider fiel Tetsuo wahrscheinlich in die letzte Spalte. Er sprach dann noch zu Yamagata:

„Da Tetsuo neu ist und das Spiel noch nicht kennt, zeige ich ihm die erste Runde! Ich übernehme, okay?“

Alle sahen erstaunt zu Kai. Kaneda dagegen lächelte sanft und dankbar. Wow…er war der Jüngste, aber er hatte in dem Moment die dicksten Eier von allen. Und ein verdammt gutes Herz. Der PsyKI sah zu ihm. Er verstand nicht ganz was das sollte, aber okay. Yama dagegen schüttelte nur den Kopf. Wie auch immer. Er sprach:

„Na gut. Ich drehe! Also lege ich die Bedingung für die nächsten drei Runden fest!“

Er sah kurz zu Kaneda und der böse zu ihm zurück. Vielleicht sollte man mit etwas harmlosen beginnen…Er vollendete:

„French kissing in den ersten drei Runden!“

Kaneda schluckte. Dieser Mistkerl! Okay es hätte schlimmer kommen können aber…! Und dann lief der Große in die Mitte und drehte die Flasche. Es war für Kai, wie abgesprochen. Alle sahen gespannt auf das Glas vor ihnen. Tetsuo hatte die Arme vor sich verschränkt und kam sich dumm vor. Noch dazu wusste er nicht mal was French kissing überhaupt war. Er sprach nun mal nur japanisch. Und auch das Wort hatte er noch nie gehört. Und dann kam die Flasche zum stehen und zeigte auf den glücklichen Auserwählten. Zu Kanedas Erleichterung war es nicht Tetsuo oder er. Nein, Karma war eine miese Bitch. Die Flasche zeigte auf Yamagata. Die Meute fing an zu klatschen, zu brüllen und pfeifen. Oh mann war sauber gelaufen. Yama kratzte sich am Hinterkopf und sprach locker:

„Keine Tussi? Schade.“

Kai kam in die Mitte und entschlossen kam der Große auf ihn zu. Tetsuo sah nur mürrisch zu. Und? Was sollte nun passieren? Yama stand dann vor Kai und grinste auf diesen runter. Der blieb aber ruhig und sah sauer hoch. Flüsterte:

„Du kannst echt ein Arschloch sein, weist du das?“

„Und schon wieder stehen wir zwei bei Flaschendrehen hier drin. Wir dürfen uns nicht so oft küssen Kai…die Leute reden…“

„Halt einfach die Klappe.“

Und dann zog sich der Kleine an ihm hoch. Packte ihn fest am Oberteil und fing wild an mit ihm zu knutschen. Ein wilder Zungenkuss und noch dazu innig. Wie geübt. Tetsuo dagegen…rutschte der ganze Mumm in den Keller. Er lief rot an und brach innerlich in Panik aus. Moment!! Das ist french kissing?! Ein Zungenkuss?! Wo zum Teufel war er da rein geraten?! Er sah panisch an den Küssenden vorbei und zu Kaneda. Der mit den Händen an der Hüfte da stand und mit seinen Mund wütend den Satz formte: Ich wollte dich warnen! Und der Kleine das auch so ablesen konnte. Ihm wurde sofort bewusst dass er aus der Nummer nicht mehr raus kam. Und was kam danach?! Selbst wenn es ihn nicht in den nächsten zwei Runden traf, was kam dann?! Vielleicht schlimmeres! Und wie lang ging das Spiel überhaupt?! So gesehen konnte er sich in den Arsch beißen, dass er nicht auf Kaneda gehört hatte. Er war so dumm und stur! Als Kai sich von seinem Küsser löste war er etwas rot und sah scheu weg. Yama sah das aber als Spiel und grinste nur. Sah sich um und fragte:

„Und? 10 aus 10 oder Jungs?“

Er bekam Applaus und Pfiffe und andere Wörter zugeworfen, die nicht ausgesprochen werden sollten. Kai schubste ihn weg und ging wieder in den Kreis. Er war noch immer leicht rot und rieb sich über den Mund. Dieser Blödmann…Und dann lief der Große wieder an die Flasche und fragte Kai:

„So Opfer? Wer soll als nächstes dran sein?“

Opfer war ein Ausdruck für den den es erwischt hatte. Es war also nicht böse gemeint gewesen. Kai sah auf und sich um. Er würde definitiv nicht Tetsuo nehmen. So ein Spiel ging Sechs Runden lang. Sein Blick flüchtete kurz zu Kaneda rüber, der leicht den Kopf schüttelte. Also nicht. Aber wen dann?

„Mal so am Rande: Du kannst echt wie ein Mädchen küssen Kai. Alle Achtung!“

Sagte Yama und fing dann an zu lachen, wozu sich einige einstimmten. Wütend und nicht darüber nachdenkend fauchte er beschämt zu ihm:

„Du bist dann dran du Blödmann!“

Erschrocken hielt er sich die Hand vor den Mund und der Große nickte ihm zu.

„Oh welche eine Ehre. Ich darf gleich zweimal ran.“

Und dann fing er auch schon an zu drehen. Tetsuo sah nervös hin. Was wenn sie auf ihm landen würde?! Was sollte er…?! Moment mal! Wer sagt denn das sie dass MUSS? Er grinste etwas selbstsicher. Vielleicht war es an der Zeit das Spiel etwas nach seinen Regeln umzugestalten…Also konzentrierte er sich auf die Flasche und ließ sie bei jemand anderen zum Stehen kommen. Eine junge Dame. Das war die Idee. Egal was passiert, oder was verlangt war, er konnte die Flasche stehen lassen wo er wollte. Warum war er nicht gleich darauf gekommen? War für ihn ein Kinderspiel. Und plötzlich war er viel entspannter als vorher. Er war quasi aus dem Rennen…

Kaneda sah besorgt an dem sich in der Mitte rumknutschenden Paar vorbei und zu Tetsuo. Ihm kam auch nicht die Idee dass der Kleine das Spiel etwas abändern konnte. Aber ihm fiel auf dass Tetsuo plötzlich lockerer war. Beinahe schon selbstsicher und frech sah er sich um. Was zum…? Verdrängte er echt so sehr den Ernst der Lage? Kaneda erwischte sich selbst dabei…Welchen Ernst eigentlich? Wenn es Tetsuo erwischte musste er vielleicht knutschen, oder sonst was. Es ging ja nicht um sein Leben. Mehr um seine Unschuld könnte man sagen. Aber er wollte das nicht. Keiner sollte Tetsuo anfassen! Es könnte sein das Kaneda dann ausrasten würde…

Yama nahm die Flasche und grinste sie böse an. Es war der Moment gekommen an dem er dem Freak einen reinwürgen konnte. Das Kai sich freiwillig meldete passte ihm genau in den Kram. Er musste den Kleinen nur etwas kitzeln und nun war er am Drücker…Und so sprach er:

„Als nächsten nehme ich Tetsuo! Meine Partnerin überlässt MIR die Entscheidung!"

Erschrocken sah Kaneda zu ihm und auch den PsyKI riss es aus seiner Sicherheit. Warte! Verdammt er konnte nicht…! Scheiße! Er hatte in der Panik vergessen dass der Letzte bestimmen kann wen es als nächstes erwischt! Und jetzt schummelte Yama auch noch irgendwie und hatte das Ruder übernommen! Er sah zu dem Großen rüber der ihn frech angrinste. Dieser Mistkerl hatte das so geplant. Das wurde auch Tetsuo in dem Moment klar. Kaneda dagegen wurde richtig wütend auf Yamagata. Was dachte sich der Blödmann nur?! Hasste er den Kleinen wirklich so sehr? Es kam ihm plötzlich naiv vor. Er hätte die zwei nicht nebeneinander sitzen lassen sollen. Er musste das verhindern! Irgendwie! Yama lief in die Mitte und sprach laut:

„Alles klar! Für Tetsuo!“

Und dann drehte er los. Zu spät. Kaneda konnte nichts tun außer hoffen dass etwas passierte. Das Licht geht aus, oder alle haben kein Bock mehr…Wunschdenken. Tetsuo dagegen musste in Sekunden entscheiden was er tun sollte. Er konnte die Flasche nicht mit seinen Kräften werfen oder schnicken. Es würde Panik ausbrechen und alle würden ihn verdächtigen. Die Menschen hier kannten sich. Es wäre klar dass der Neue ein PsyKI sein müsste. Und dann war es das. Er musste entscheiden auf wen die Flasche zeigt! Und zwar schnell! Er sah sich flüchtig und schnell um. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und vernebelte sogar sein logisches Denken. Und als es ihm alles zu viel wurde schloss er einfach die Augen und tat nichts. Und dann…kam die Flasche auch schon zu stehen.

Es herrschte Stille für einige Sekunden und alle sahen zu der Person die es erwischt hatte. Zu Tetsuo seinem Kuss-Partner. Kai blieben die Worte ihm Hals stecken und Yama war nun auch schockiert. Damit…hatte er nicht gerechnet. Tetsuo öffnete die noch eben zusammengekniffenen Augen, als es so leise war und sah die Flasche. Er folgte ihr und sah die Person auf die es zeigte. Und dann lief er rot an. Genauso wie die Person die es erwischt hatte. Es war Kaneda…Yamagata sagte zu einem Kerl neben sich:

„Das zeigt auf den rechts von Kaneda, oder?“

„Bist du blind Yamagata? Das Ding zeigt voll auf Kaneda!“

„Quatsch tut es nicht!“

Yama setzte sich plötzlich für seinen Boss ein. Wie gesagt: Er wollte nicht dass der Freak mit Kaneda rumknutschte! Das hatte noch gefehlt! Wieso traf es ausgerechnet ihn?! Tetsuo hatte nichts getan. Er hatte die Flasche definitiv nicht manipuliert. Und dennoch zeigte sie auf…auf die einzige Person in diesem Raum…bei dem er sich zierte vor Charme. Er sah Kaneda errötet an und dann schnell auf den Boden. Er konnte ihn doch nicht einfach so küssen! Vor allen Leuten noch dazu! Das…das ging doch nicht…Vorhin hatte er noch dumm daran gedacht und wollte ihn küssen aber plötzlich, wenn es darauf an kam, kniff er zusammen und wollte nicht!

„Ich denke wir hören auf. Das ist nicht fair.“

Kam es dann plötzlich von Kaneda und alle sahen verwirrt zu ihm. Auch Tetsuo. Er bekam aber schnell Kontra. Einer rief aus den Reihen:

„Sei kein Frosch Kaneda!“

Der Nächste:

„So sind aber die Regeln du Spielverderber!“

Kaneda sah hinter sich, wo das her kam.

„Ich kann Tetsuo nicht einfach küssen! Er ist neu und…“

„Er hatte es doch vorgeschlagen!“

Das stimmte…Er hatte diesem blöden Spiel zugesagt. Und nun musste er die Konsequenzen dafür ernten…Kaneda wollte das aber nicht. Es war schon komisch. Er wollte Tetsuo küssen. Um mehr als alles auf der Welt! Aber das so zu tun, so gezwungen…das fühlte sich falsch an. Nein, es war falsch. Und deswegen war er dagegen. Auch wenn er den Regeln wiedersprach, er würde es für den Kleinen jeder Zeit tun! Und dann sprach einer laut:

„Dann lass noch mal drehen, wenn er keinen Mumm dazu hat!“

Und da zuckte der Ältere zusammen. Wenn noch mal gedreht wurde, dann müsste Tetsuo…! Er würde weiterhin dranbleiben! Es änderte sich nur der Partner! Er sah zu dem Kleinen und nickte entschlossen. Er musste handeln, auf der Stelle…Tetsuo sah dagegen wieder auf den Boden. Er war völlig überfordert. Am liebsten wollte er einfach nur wegfliegen, oder unsichtbar werden. Kein Wunder, sowas hatte er noch nie erlebt. Er kam sich so bescheuert vor. So naiv dass er nicht auf Kaneda gehört hatte. Er war so dumm…

Und dann hörte er Schritte. Er sah auf und sah wie Kaneda entschlossen und schnell auf ihn zu kam. In wenigen Sekunden war er vor ihm und drängte ihn nach hinten. Er drückte ihn an die Theke der Bar, so dass der Kleine das Holz an seinem Rücken fühlte und nach hinten gedrückte wurde. Er lag so halb auf der Theke und sah erschrocken zu Kaneda rauf, der über ihm war. Er wollte was sagen, sich wehren, aber alles blieb stecken. Er war erstarrt. Und wie ein Blitzschlag so schnell lehnte sich Kaneda runter und küsste ihn. Und Tetsuo konnte nichts tun. Er spürte es. Den innigen Kuss. Fühlte wie Kaneda versuchte mit seiner Zunge gegen die des Kleinen zu kämpfen. Wie er ihn mit einer Hand an der Hüfte gepackt hatte und die andere am Nacken war und damit verhinderte dass der Kuss sich lösen könnte. Er presste sich gegen Tetsuo und der hing schwach und hilflos in seinem Griff. In seinem Kuss. In seinem Kopf drehte sich alles. Er fühlte Kaneda seine Wärme. Sie verschlang ihn förmlich. Er kostete seinen Geschmack und seinen Duft. Und er konnte…er konnte der Zunge nicht mehr wiederstehen. Sie forderte ihn so sehr auf zu kämpfen, dass er anfing dagegen zu gehen. Schloss die Augen und kämpfte gegen den Eindringling an. Eine starke Röte legte sich auf seine Wangen und das Herz schlug ihm nervös und schnell bis zum Hals. Er hörte nichts mehr. Nicht das Pfeifen und Brüllen im Raum, noch die Musik der Musikbox. Er hörte nur noch Kanedas Herz und sein Keuchen wegen des Kusses. Er war ihm komplett verfallen. Und er…er fühlte sich zum ersten Mal in seinem Leben begehrt…Er genoss es…

Kaneda löste den Kuss. Es fiel ihm nicht leicht, aber er musste. Besonders nachdem er fühlte das Tetsuo erwiderte war es noch schwerer sich zu lösen. Er hatte zurückgeküsst…Noch nie hatte Kaneda solch einen Kuss erlebt. Dieser Kuss war wie Feuer gewesen! Elektrisierend und knisternd. Und er war sich ziemlich sicher einen leichten Ständer zu haben, auch wenn man nichts sah durch die enge Kleidung...Tetsuo kam auch wieder zu sich und sah ihn einfach nur an. Kaneda hatte ihn komplett losgelassen, aber war noch leicht über ihn gebeugt. Stützte sich links und rechts mit den Händen an der Theke ab. Der Kleine war knallrot und ihre Blicke ruhten aufeinander. Er war erstarrt. Erneut. Ihm wurde bewusst was er getan hatte. Wozu ihn Kaneda gebracht hatte…

„Tetsuo ich…“

Aber weiter kam der Ältere nicht denn ein Schlag traf ihn wie ein Hammer. Tetsuo hatte ihm eine mit der Rechten geknallt, schnell und scharf. Es war ein lautes Geräusch gewesen. So das es jeder im Raum gehört haben musste. Und dann breitete sich Röte und Hitze auf Kaneda seiner linken Wange aus. Da wo der Schlag sein Ziel traf. Es war eher eine knallharte Backpfeife gewesen. Und es zog ganz schön an der Wange. Er sah den Kleinen erschrocken an, der sich dann von ihm riss und an allen vorbei stürmte. Raus aus der Bar und ins Freie. Die Tür knallte laut zu und Kaneda sah ihm erschrocken nach. Er war…so ein Idiot. Aber was hätte er sonst tun sollen? Er griff sich an die Wange und Kai sah zu ihm. Sah ihn traurig an. Die Wange…tat echt weh.

Tetsuo dagegen rannte die Treppe hoch und kam in der Gasse vor dem Harukiyas zum stehen. Er musste erst wieder einen klaren Kopf bekommen und die frische Luft half ihm dabei. Er atmete noch immer schnell und auch sein Herz wollte sich einfach nicht beruhigen. Es drohte aus seinem Hals zu springen so stark schlug es. Und er schmeckte ihn noch immer. Kanedas Geschmack war noch immer in seiner Mundhöhle. Und er war…nicht mal unangenehm. Er schüttelte den Kopf und schlug sich leicht selbst auf die Wange. Warum war das passiert? Wie konnte der Abend nur so abdriften? Und warum zeigte die Flasche von ALLEN ausgerechnet auf KANEDA!? Er fasste sich fest an seine Oberarme. Wie sollte er…ihm jetzt noch ins Gesicht sehen? Nicht nur wegen des Kusses, auch wegen der Flucht gerade. Er kam sich wie ein dummes kleines Mädchen vor! Er verzog das Gesicht sauer und sah neben sich einen Mülltonne stehen. Er hob sie mit seinen Gedanken hoch und knallte sie wütend brüllend an die gegenüberliegende Wand. Es schepperte laut, aber niemand hörte das in der Ferne. Und dann keuchte er sauer. Eine Zeit lang. Bis er sich umdrehte und…er sah Kanedas Maschine. Langsam schritt er auf sie zu und…und setzte sich einfach drauf. Machte mit geschickten Bewegungen die Kiste an und las auf dem Display die Daten ab. Umdrehungen, Akku ect. Er musste sich ablenken. Komisch dass er dies an der Karre dessen tat, den er erst geküsst hatte. Und weswegen er sich ablenken musste. Er war so ein Idiot…Er hätte sich nie auf Neo Tokyo einlassen sollen…

Kaneda kam auch die Treppe rauf und raus in das Freie. Er sah auch gleich die zerschepperte Tonne weiter vorne liegen und war froh etwas später rausgekommen zu sein. Sonst hätte vielleicht er das sein können. Er lachte etwas unbeholfen und leise und sah dann nach rechts. Und er sah auch schon Tetsuo, der leise auf seiner Roten saß und an ihr rumfummelte. Das machte Kaneda…etwas froh. Er kam dennoch vorsichtig auf ihn zu. Tetsuo schien ihn nicht zu bemerken, bis er lieb sagte:

„Willst du ne Runde drehen, Tetsuo?“

Und da sah der PsyKI grimmig und noch immer geladen zu ihm rüber. Weswegen Kaneda auch gleich auf Abstand blieb und ihn nur anlächelte. Besser war das. Dann sah der Kleine aber auch wieder weg und erneut auf das Display vor sich. Er ignorierte ihn? Okay…Vorsichtig kam der Ältere wieder etwas näher. Er fasste sich an die noch immer pochende Wange dabei.

„…Die Schelle hat echt gesessen, alle Achtung. Das wäre dann schon die Zweite von dir, die ich verdient habe. Für einen der Leute normalerweise mit seinen Gedanken in Stücke reißen kann, sind die echt nicht von schlechten Eltern.“

Tetsuo sah wieder wütend zu ihm und schlagartig blieb Kaneda wieder auf Abstand stehen. Endlich fauchte der PsyKI zu ihm rüber:

„Verpiss dich Kaneda! Ich bin nicht in Stimmung dafür!“

Wow harte Worte. Aber der Ältere nahm das locker und steckte die Hände in die Hosentaschen. Dennoch war Tetsuo leicht errötet. Noch immer vor Charme oder einfach nur vor Wut? Bestimmt Beides. Und dann kam es ruhig von Kaneda:

„Wow…bist du echt so sauer wegen dem Kuss?“

Tetsuo sah ihn verstört an. Hallo?! Warum sollte er nicht sauer sein?!

„Bitte was?! Ist das gerade dein Ernst?!“

Kaneda fasste sich dann mit der rechten Hand an den Hinterkopf und kratzte sich etwas unbeholfen und beschämt. Sprach dabei lieb und frech:

„War ich echt so schlecht?“

Tetsuo sah ihn nur an…War das für ihn ein Spiel?! Er fauchte:

„Was hat das denn damit zu tun?! Veraschst du mich gerade Kaneda?!“

Er drehte sich auf dem Bike zu ihm um und machte die Süße aus. Stand auf und lehnte sich gegen diese, als er brüllte:

„Du hast mich vor allen da unten fast aufgefressen als wäre ich etwas Süßes und fragst mich ob ich sauer bin?! Wegen etwas wozu du mich gezwungen hast?! Wie bescheuert bist du eigentlich?!“

Kaneda blieb aber ruhig, Tetsuo war schon sauer für drei Leute, reichte also. Er wollte die Stimmung lockern, so wie immer. Und so wie immer war das bei dem PsyKi nicht gerade einfach.

„Es war scheiße von mir. Okay ich weis das. Aber ich wusste nicht was sonst zu tun war. Es tut mir leid Tetsuo.“

„Es tut dir leid?! Es tut mir leid zieht nicht Kaneda!! Du hast mich…!“

Er verstummte plötzlich. Das ganze Gebrülle war ihm doch nach einer Weile etwas zu viel und er musste erst mal wieder Luft holen…und sich beruhigen. Kaneda vollendete den Satz:

„…dich bloßgestellt? Wenn du das so siehst…dann tut es mir erst recht leid Tetsuo.“

Der PsyKI sah zu ihm auf. Und sie sahen sich nur eine Weile an. Kaneda blieb auf gesunden Abstand und erklärte sich dann weiter. Er musste ehrlich sein.

„Ich wollte nicht dass du von einem anderen geküsst wirst…Dieses ganze Spiel war eine scheiß Idee gewesen! Und ich hoffe das du mir verzeihen kannst. Ich…“

Er sah kurz weg und suchte die richtigen Worte. Aber Kaneda wäre nicht Kaneda wenn er nicht das folgende sagen würde…Er sah wieder auf und grinste leicht frech:

„Ich hab mir echt Mühe für dich gegeben...“

Und Tetsuo lief wieder rot an. Dieser…dieser Idiot. Es wäre ihm lieber gewesen von jemand anderem geküsst zu werden weil…weil er Kaneda nämlich gern hatte. Und nach diesem Kuss…mochte er ihn noch mehr. Als sie sich geküsst hatten konnte er es spüren…Spürte was für ein gutes Herz und für ein guter Mensch Kaneda war. Ihre Seelen hatten sich erneut berührt in dem Moment. Und deswegen hatte Tetsuo auch erwidert. Weil Kaneda ihn verschlang. Sein gutes Herz und seine Seele verschlangen ihn in dem Moment. Es gab nur noch das Gefühl des Kusses…und Kaneda. Und das machte Tetsuo Angst. Angst er…er könnte sich verlieben. Denn er durfte sich nicht verlieben. Nicht in einen normalen Menschen. Das würde keiner in seiner Heimat, keiner auf dieser Welt akzeptieren…

Er wand sich leicht ab und sah wieder auf den Boden. Aber dieses Mal…mit leichter Trauer. Was Kaneda nicht entging. Und dann sprach der PsyKI leise:

„Tut das nicht…geb dir keine Mühe. Es…das ist es nicht wert…“

Kaneda sah ihn an. Wenn es das wirklich nicht wert war…warum war er dann so traurig deswegen? Warum gab er Kaneda das Gefühl, dass er es selber wollte? Was hielt ihn davon ab? Denn es war sicher irgendetwas…Tetsuo war noch immer leicht errötet... Dieser Blödmann... das war sein erster Kuss gewesen...

Eine laute Tür schepperte hinter ihm zu und beide sahen dahin. Kai kam die Treppe hoch gerannt und brüllte:

„Kaneda!! Wir haben Probleme!“

Sofort war der Ältere aufmerksam und fragte besorgt:

„Was ist los?!“

Kai kam vor ihm zum stehen und sprach:

„Es…es geht um Mad Hatter!...Er hat sich mit den Neuen Kindern zusammengetan!!“

Erschrocken sahen ihn Kaneda und Tetsuo an. Der Abend war gelaufen. Und der kommende Tag konnte nur noch schlimmer werden…

Conflict

Nachdem die Nachricht über Mad Hatter ankam war die Party vorbei.

Stille hatte sich vor dem Harukiyas ausgebreitet und die vier Jungs standen einfach nur da. Tetsuo war noch immer an das Bike von Kaneda gelehnt und wusste am wenigstens was los war. Er stand am Seitenrand und hörte nur zu, was er hasste. Yamagata war inzwischen auch dazu gekommen und stand mit Kai und Kaneda in einem Kreis für eine Besprechung. Es war noch immer dunkel draußen. Sehr spät und alles was die Gasse erhellte war eine flackernde Straßenlampe an dem Haus über ihnen und der Nachthimmel, der vom Licht der Stadt erhellt wurde. Sogar in bunten Farben schimmerte. Tetsuo sah rechts neben sich eine Ratte an der Hauswand langschleichen. Aus Langeweile schmiss er mit seinen Kräften eine leere Dose nach ihr und sie rannte panisch davon. Natürlich hatte er sie nicht getroffen, er hatte hinter sie gezielt gehabt. Danach sah er auf den Boden vor sich.

Seit er in dieser Stadt war ist vieles passiert. Allein dadurch dass er mit Kaneda unterwegs war lernte er viel über sie. Besonders das die Politik korrupt und verdorben war, wenn schon Polizisten auf unschuldige Kinder zielten und das Volk sich als Sekte anfing zu erheben. Diese Stadt war krank…Und im Vergleich musste er an sein Zuhause denken.

Er kam von weiter weg aus dem Süden. Hoch oben in einem Gebirge hatte sein Volk sich ein Zuhause erschaffen. Es war ein verlorenes Land. Zwischen Klippen und hinter dem kalten Schnee auf den Gletschern, lag ein Tal. Verborgen vor normalen Menschen und beschützt durch die Kräfte des Oberhaupts. Kein Mensch konnte diesen Ort finden ohne einen von seinem Volk. Schon fast wie ein mystisches Reich aus den Büchern von Kindern und Legenden. Und in diesem Tal, trotz der kalten Berge darum, war ein Dschungel und darin sein Zuhause. Er sah es genau vor sich. Die Zelte, die alten Ruinengebäude und Tempel. Orte an denen sie lebten. Es war ein friedlicher Ort. Aber dennoch war Tetsuo von dort weggegangen. Raus in die Kälte und in das Chaos der alten Zivilisation. Warum hatte er das getan? Wenn es da doch so schön war? Vieles war daran schuld. Unstimmigkeiten, Rituale und Regeln und…Angst. Der hauptsächliche Grund für sein Gehen war ein junger Mann gewesen. Einer von seinem Volk der mächtiger war als alle anderen. Keiner wusste was an ihm anders war, aber er wurde immer mächtiger mit jedem Jahr das verging. Er war ein gewöhnlicher Bewohner in ihrem Volk. Er könnte locker die Hohepriesterin und das Oberhaupt zerreißen, aber tat es zum Glück nicht. Warum auch immer. Aber in seiner Nähe bekam Tetsuo Angst. Er konnte nicht genau fassen warum, aber es war so. Und als dieser Mann dann anfing Gefallen an ihm zu finden…ihn für sich haben und sich mit ihm sogar paaren wollte, einen Bund für das Leben eingehend…da musste er weg. Er konnte nicht bleiben und ließ alles zurück. Alles was er liebte. Er musste weg…weg von diesem Mann…Er jagte ihm einen Schauer über den Rücken…Er liebte ihn nicht und wollte sich nicht Ketten anlegen lassen.

Sein Blick fuhr zu Kaneda…Er gab ihm so viel und brachte ihm vieles über sein Zuhause bei, dass Tetsuo dies gerne erwidern würde. Aber er konnte nicht. Kaneda lebte immerhin an diesem Ort. In Neo Tokyo. Wenn der Kleine ihm von seinem Zuhause erzählt, wo es sich befindet, dass war zu riskant. Ihm könnte was rausrutschen und somit Tetsuos Heimat bedrohen. Aber er wollte es ihm so gerne zeigen. Wollte ihm zeigen von wo ER kommt. Nur die frische der Berge…oder die Wärme des Dschungels…Aber in seiner Heimat durfte kein normaler Mensch leben. Nicht mal eindringen. Dann wäre es genau andersrum: Dann würde jagt auf Kaneda gemacht werden unter seiner Rasse. Und das würde Tetsuo nicht zulassen… Nach dem Kuss wurde ihm klar das er Kaneda noch mehr mochte als vorher. Es war keine Liebe, aber es war Interesse da. Gefühle waren da…Vielleicht…sogar ein leichtes Interesse sich zu paaren? Er schüttelte den Kopf. Wo kam das denn wieder her?! Er sah zu Kaneda…Was sollte er nur tun? Wie konnte dieser Blödmann es schaffen…Tetsuo so nahe zu kommen und Gefühle hervorzurufen? Was war das an ihm nur…? Das so anders war…

„Und du bist dir sicher Kai?“

Der Jüngste sah entschlossen zu seinem Boss auf und dann wieder auf das Walkie in seinen Händen, drehte noch etwas daran rum. Er versuchte die Frequenz zu finden. Die wo sie mitbekommen hatten was Mad so trieb. Es war nur per Zufall passiert. Kai hatte nach dem Abflug von Kaneda und Tetsuo nach draußen, noch etwas am Walkie gespielt. Auch weil er sich von dem Kuss mit Yamagata ablenken musste. Der steckte ihm noch immer in den Knochen. Aber nicht negativ…

„Ja zu hundert Prozent! Ich muss nur die blöde Frequenz wieder finden…“

Yamagata sah zu Kaneda. Er traurig zu ihm und sprach dann leise:

„Hey Kaneda ich…Ich wollte mich für den Mist entschuldigen den ich da unten verzapft habe. Das war scheiße von mir Boss.“

Kaneda sah ihn erstaunt an.

„Wow. Ich bin erstaunt dass du dich so schnell entschuldigst. Normalerweise brauchst du doch immer ne Nacht Alter.“

Er grinste ihn dann etwas frech an und sein Großer machte das auch. Er war froh dass Kaneda ihm anscheinend nicht mehr böse war. Sie waren eben alle die besten Freunde. Kaneda winkte ihn auch locker ab und sprach dann:

„Wird schon wieder. Tetsuo ist noch immer hier, also war es auch nicht ganz so tragisch. Aber hör einfach auf ihn ins Boxhorn jagen zu wollen.“

Etwas schwer nickte der Große darauf.

„Ich mache mir…Ach das klingt jetzt voll schwul! Ich mache mir einfach Sorgen um dich Kaneda. Was wenn er in Wirklichkeit böse ist? Wenn er uns nur ausnutzt? Machst du dir keine Sorgen darüber?“

Kaneda sah ihn freundlich an.

„Er ist genau wie wir. Er hat auch Kein Zuhause und eine Familie. Und ich…ich vertraue ihm. Gib ihm einfach eine Chance Yama. Darum bitte ich dich.“

Der Große sah an seinem Boss vorbei und zu dem Freak hinter, der noch immer an der Karre seines Bosses gelehnt war und Löcher in den Boden starrte. Ihm fiel es echt schwer zuzusagen…aber er machte es. Er nickte erneut zu seinem Anführer.

„Ich versuche es Boss. Du vertraust ihm, dann geb ich ihm eine Chance.“

Eigentlich war Yama auch nicht so ein mieses Arschloch. Er war aufbrausend, laut und impulsiv, aber er war ein guter Mensch. Vielleicht etwas verkorkst, aber wer war das nicht in Neo Tokyo? Und obwohl Kai noch immer drehte und nach der Frequenz suchte, hatte er mit zugehört. Er musste dabei leicht lächeln. Yamagata war einfach ein guter Kerl. Deswegen hatte er auch Gefühle für ihn…Dann sprach er frech zu Kaneda:

„Den Kuss war aber nicht übel. Alle Achtung Kaneda.“

Der sah zu dem Jüngsten und lief etwas beschämt rot an, kratzte sich verlegen und grinsend am Hinterkopf und sprach:

„Naja wer kann der kann!“

Er sah zu Yamagata.

„12 von 10 Punkten oder was meinst du Yamagata?“

Der sah seinen Boss nur an und lachte kurz auf. So laut dass Tetsuo sogar verwirrt nach vorne zu ihnen sah. Dann sprach er aber wieder leiser:

„Das war sogar ne 15 von 10 glaub mir. Du bist abgegangen als hättest du seit Monaten keinen Sex mehr gehabt du Lüstling!“

Kanedas Mine verzog sich etwas schief. Naja…weil es ja auch so war. Er hörte Schritte hinter sich und sah deswegen auch über seine Schulter nach hinten. Tetsuo näherte sich vorsichtig und stellte sich direkt zwischen ihn und Kai. Fragte dann unsicher:

„Und? Gibt es einen Plan?“

Kaneda lächelte ihn an. Schön das er sich wieder eingekriegt hatte und sie sich wieder etwas nähern konnten. Ging erstaunlich schnell. Ein Zischen drang aus dem Walkie in Kai seinen Händen und er zuckte auf, schrie:

„Ich hab sie!“

Und dann lauschten alle. Erst war kurzes statisches Rauschen zu hören, aber dann erkannte man deutlich eine Stimme. Männlich und sie sprach:

„Verstanden. Sag Mad das Joker fast fertig ist. Treffen uns dann an der verlassenen Baustelle in Serkei. Out.“

Dieser Mistkerl! Kaneda überkam plötzlich eine Wut. Er hatte Mad vertraut und nun hatte der sich mit Joker zusammen getan und wer weis was die ausheckten! Er will Joker aus der Stadt haben…was eine scheiß Lüge! Mad hatte nur gelogen um an Joker ranzukommen! Aber warum? Hatte es etwas mit dem PsyKI zu tun? Dem bei Joker im Hauptquartier? Das war die einzige logische Erklärung. Tetsuo sah zu Kaneda. Er kannte diesen Mad nicht richtig, nur vom sehen, aber er musste fragen:

„Kaneda…wie schätzt du diesen Mad ein?“

Der Ältere sah verwirrt zu ihm.

„Hm? Wie meinst du das?“

„So wie ich es sage! Ich hab auch Ohren und so einiges mitbekommen bei euch. So wie es aussieht hat er sich mit einem eurer Feinde zusammengetan. Dabei wart ihr anscheinend befreundet. Du kennst ihn also. Du musst doch einschätzen können wie hoch das Risiko ist, dass er krumme Dinger versucht!“

Das war ein guter Punkt. Kai stimmte dem auch mit einem Nicken zu. Er selbst und Yama hatten nie viel mit Mad am Hut, dass machte hauptsächlich Kaneda. Er war wirklich der Einzige der einen Plan haben könnte. Und Kaneda legte die eine Hand ans Kinn und überlegte…

„Ich kenne ihn nicht SO gut. Ich hab ihn öfter mal auf den Straßen getroffen, oder Deals mit ihm gehabt ect. Das er jetzt mit Joker gemeinsame Sache macht trifft auch mich wie ein Hammerschlag.“

Tetsuo sah ihn einfach nur an…

„…Ist er gefährlich?“

Fragte er dann verdammt ernst und Kaneda sah zu ihm. Machte sich…Tetsuo Sorgen? Ob er gefährlich war? Nun so gesehen war jede Biker Gang in Neo Tokyo gefährlich. Definiere: „Gefährlich“. Tetsuo schien die Unsicherheit wahrzunehmen und sprach weiter:

„Würdest du ihm zutrauen…das Selbe zu tun wie dieser Joker? Ich war dabei Kaneda! Dieser andere meines Volkes war nicht mehr normal! Ich weis nicht was dieser Joker mit ihm gemacht hat, aber er hat ihn in ein Monster verwandelt! Sowas wie DAS habe ich noch nie gesehen!“

Es stimmte. Das Ding aus seiner Kindheit war etwas komplett anderes gewesen…Kai schaltete sich ein:

„Wirklich?! Ich dachte das wäre normal und DU bist die Ausnahme!“

Verwirrt sah ihn Tetsuo an.

„Bitte was?! Wie kommt ihr denn auf diesen Quatsch! Wir sind ganz normale Menschen!...Okay bis auf unsere Kräfte…Aber trotzdem! Das Monster hatte nichts mit uns zu tun!“

Kai sah sich erschrocken in der Runde um. Auch Yamagata schien sichtlich erstaunt und verwirrt deswegen, nur Kaneda nicht. Tetsuo hatte schon durchsickern lassen, dass er in seinem Zuhause von „normalen“ PsyKI umgeben war und nicht von Fleischmassen die alles fressen. Kai hatte ja schon mal die Vermutung angestellt dass Tetsuo der „normale“ Zustand ist und dass das Andere unnormal war. Aber dennoch…es war nur ne Theorie. Das bestätigt zu hören war beunruhigend. Vor allem im Bezug auf Mad und Joker. Und endlich sagte auch mal der Größte was dazu:

„Sekunde Mal! Wollt ihr mir nicht mal erzählen WAS genau damals bei Joker passiert ist?!“

Kai sah zu ihm. Stimmt. Er hatte ja keine Ahnung.

„Joker hat irgendwelche Versuche an einem PsyKI durchgeführt. Der war wie der den wir damals gejagt hatten, weist du noch? Tetsuo hat uns dabei geholfen ihn zu besiegen, ansonsten wären wir wahrscheinlich nicht hier. Joker erwähnte mir gegenüber etwas von: Potenzial und Macht, oder so. Er schien diesen PsyKI in ein Monster verwandelt zu haben und wollte ihn wie einen Bluthund halten!“

Tetsuo sah ihn erschrocken an, als er das hörte. Yamagata sagte nur laut darauf:

„Bitte was?! Und ihr hattet es nicht mal nötig mich davon in Kenntnis zu setzten?! Was wenn der auf die Idee kommt noch mehr PsyKI in willenlose Bluthunde zu verwandeln!? Vielleicht sogar auf die Stadt loszulassen!!“

Tetsuo wand sich an Kai. Noch immer erschrocken und verstört deswegen.

„W-warte mal…Ihr habt schon mal so einen wie bei Joker gesehen?“

Kai sah zu ihm und nickte. Keine schönen Erinnerungen die er da hochholen musste, aber er tat es:

„Bevor wir dich trafen hatten wir schon mal einen PsyKI gejagt. Wir bekamen den Auftrag ebenso wie deinen: Es war ein Flyer vom Militär. Und da wir Geld brauchten haben wir das natürlich ausgenutzt…Der PsyKI war schlimmer noch entstellt als der bei Joker. Er hatte nicht mal mehr Beine, sie bestanden nur aus adrigen Tentakeln die aus seinem Torso raus gewachsen waren. Seine eine Gesichtshälfte war ebenfalls entstellt und verzerrt und der Arm auf dieser Seite war nur fleischige Masse mit Metallstücken darin. Wir konnten ihn bezwingen aber…“

Yamagata wurde bei den Erinnerungen wütend und fauchte dann zu Tetsuo:

„Aber nicht bevor das Monster noch einige unserer Leute umbrachte! Und als wir es endlich in die Ecke gedrängt und töten wollten, hat es auch noch Kai erwischt! Mit einer dieser verfluchten Metallstücke in seinem Arm hat er ihm den Rücken aufgeschlitzt! Die verdammte Narbe hat er heute noch auf dem Rücken! Und ich dachte damals ich hätte einen meiner besten Freunde verloren!!“

Tetsuo sah zu ihm. Er war nicht sauer auf den PsyKI…sondern auf das Monster von damals, auch wenn er Tetsuo gerade anbrüllte. Kai war auch erstaunt über diese Wut und ehrlich gesagt…auch glücklich darüber. So sehr dass er sanft schnaubte. Etwas was Kaneda nicht entging…Wütend machte Yama seine rechte Hand zu einer Faust.

„Wäre ich…wäre ich nicht sofort losgefahren…dann wäre Kai in meinen Armen verblutet! Es passte mir nicht Kaneda allein zu lassen, mit dem Rest der Jungs gegen dieses Monster, aber ich musste es tun!! Und das nur weil einer DEINER Art bei uns randalierte!!“

Und da schaltete sich Kaneda wie auf Kommando ein und sprach laut:

„Hey! Tetsuo hat damit nichts zu tun! Und das weist du auch Alter! Lass also deine Wut nicht an ihm aus!“

„Ist schon okay Kaneda.“

Erstaunt sahen sie zu Tetsuo, der sehr ruhig und gefasst blieb. Er hatte sogar eine Hand ans Kinn gelegt und schien zu überlegen. Das Yama ihn so anschrie machte ihm nichts aus. Aber was Kai da erzählt hatte…machte ihm nur noch mehr Sorgen. Konnte es wirklich sein dass normale Menschen einen Weg gefunden hatten seine Art…zu verändern? Zu Waffen zu machen? Das war ein sehr beunruhigender Gedanke. Keiner seiner Art würde Menschen angreifen. Nicht einfach so und auch nicht in so grausiger Art und Weise. Er hatte schon mal darüber nachgedacht: Noch nie hatte er sowas bei sich gesehen. Bei seinem Volk. Nicht mal davon gehört. Ob es im Zusammenhang mit dem Ding aus seiner Kindheit stand? Diese Masse die ihn nicht gefressen hatte, warum auch immer? Wenn das sich wirklich alles bestätigen würde…dann waren alle seiner Art in Gefahr. Nein…auch sein Zuhause. Kaneda fasste ihm sanft auf die rechte Schulter, so dass der Kleine zu ihm sah.

„Was ist Tetsuo?“

Tetsuo war sich sicher:

„Wir müssen das aufhalten! Ich weis dass ihr Bewohner der Stadt uns für Monster haltet, weil ihr selber nicht solche Kräfte habt! Das verstehe ich! Aber wenn dem hier nicht Einhalt geboten wird, dann könnte das nicht nur für euch sondern auch für UNS schreckliche Folgen haben!! Wir müssen diese Kerle aus dem Verkehr ziehen! Bevor sie noch mehr Schaden anrichten!!“

Kaneda war erstaunt. Tetsuo war mutig und gutherzig zugleich. Er dachte nicht nur an sich und seine Art sondern auch an Menschen. Und der Ältere konnte ihm nicht noch mehr zustimmen. Er lächelte ihn sanft an und nickte.

„Du hast absolut recht.“

Und plötzlich sprach Yamagata wieder etwas laut:

„Ich muss dem Freak da leider auch zustimmen…Machen wir die Scheißkerle kalt! Putzen wir sie vom Tablett!!“

Darauf lächelte ihn Kai an und nickte dann in die Runde.

„Ich bin dabei. Was machen wir also Kaneda?“

Er sah seine Jungs abwechselnd an. Sie würden mit ihm durch die Hölle gehen. Aber dennoch machte er sich Sorgen. Was wenn wieder etwas passieren könnte? Sein Blick ruhte kurz auf Kai. Er war damals schrecklich verletzt worden. Sein ganzer Rücken war aufgeschlitzt gewesen. Die Haut hing ihm runter wie bei einem zerlegten Fisch und die Wunde war verdammt tief. In der Hektik dachte er damals sogar Knochen gesehen zu haben, die durch das rote, blutige Fleisch schimmerten. Es war schrecklich. Er blutete stark. Kaneda befahl Yama sofort mit ihm ins Krankenhaus zu fahren. Auch so hätte das der Große gemacht, aber wenn Kaneda nicht gebrüllt hätte wäre er nie aus seiner Schockstarre erwacht. Er erinnerte sich noch genau daran wie er ins Krankenhaus rein gebrettert kam. Kai war stundenlang im OP gewesen. Yamagata hatte den Ärzten erzählt er hätte sich mit seiner Karre hingelegt und wäre in einem Stück Metall gelandet. Es waren schreckliche Stunden gewesen, in denen sie im Flur saßen und beteten dass der Kleine nicht starb und durchkam. Kaneda hasste sich selber dass er den Auftrag angenommen hatte. Aber am schlimmsten Vorwürfe machte sich Yamagata. Noch nie zuvor hatte er den Großen weinen gesehen…an dem Abend schon. Er machte sich Vorwürfe dass er nicht für ihn da war. Das er ihn nicht beschützen konnte. Den Schlag kommen sah, oder abfing. Solche Sachen halt. Kaneda brauchte lange um ihm klar zu machen dass es nicht seine Schuld war. Sagte ihm: Wenn er sauer war, dann auf das Ding das ihm das angetan hatte. Und genau das tat er auch. Vielleicht war deswegen der Hass auf Tetsuo da. Vielleicht hatte er Angst wieder einen seiner Brüder fast verlieren zu können. Als er dann die OP überstanden hatte lag er noch lange im Krankenhaus. Aber er machte keinem Vorwürfe wegen seiner Verletzung. Seine Gutherzigkeit und Treue kannte keine Grenzen. Jeder hätte versucht die Schuld bei jemand anderen zu suchen. Aber nicht Kai. Er war was Besonderes. Auch Kaneda hatte geweint als es ihm wieder besser ging und er ihn lächelnd aber schwach auf dem Krankenbett in dem Zimmer sah. Er kam ihn jeden Tag besuchen. Und jeden zweiten Tag hatte Kai frische Blumen an seinem Bett stehen. Kaneda fragte sich heute noch wer ihm die immer gebracht hatte…Er riss sich aus der Vergangenheit und schüttelte leicht den Kopf. Kai lächelte und sprach sanft zu ihm:

„Ich weis was in deiner Birne gerade rumgeistert.“

Überrascht sah ihn sein Boss an, so wie auch die anderen in der Runde.

„Du hast Angst dass mir noch mal sowas passieren könnte wie damals. Nicht wahr?“

Was sollte er da noch drauf antworten? Er nickte.

„War es so offensichtlich?“

„So ziemlich.“

Kam es lieb von dem Jüngsten. Kaneda lächelte sanft. Seine Jungs…

„Kai…du und Tetsuo ihr bleibt hier. Yama und ich wir regeln das alleine.“

Sofort sah ihn auch Tetsuo erschrocken an. Sie sollten hier bleiben?! Also sich nicht einmischen?! Der junge PsyKI wand sich sofort protestierend an ihn:

„Was?! Wir sollen uns da raushalten?! Das kannst du komplett vergessen! ICH werde mitgehen! Wenn die wieder einen von meiner Sorte bei sich haben, habt ihr alleine keine Chance! Du brauchst mich Kaneda!“

„Und ich bleibe auch nicht hier! Wir sind ein Team Kaneda! Mir wird schon nichts passieren!“

Das konnte was werden und zuerst wand sich Kaneda an Kai:

„Ich weis das! Und ich vertraue dir auch Bruder! Aber ich möchte es nicht erneut riskieren dass dir etwas passiert! Bei der Jagd nach Tetsuo hatte ich damals auch Angst gehabt! Wäre er aggressiver gewesen, hätte ich dir zu liebe die ganze Aktion sofort abgeblasen! Das mit Mad ist anders! Es ist zu gefährlich!“

Dann sah er zu Tetsuo und machte weiter:

„Und DU hast wegen mir auch genug gelitten! Ich lasse nicht zu dass du erneut so verletzt wirst Tetsuo!“

„Das ist doch kompletter Schwachsinn! Wir haben bessere Chancen wenn wir uns gegenseitig den Rücken decken! Und meine Wunden heilen schneller als eure!“

„Du bist kein lebender Schild Tetsuo! Mal abgesehen von den anderen Risiken die noch auftauchen könnten! Nein! Ich lasse dich nicht mit!“

Kaneda hatte nämlich Angst dass Mad mit Tetsuo rechnen könnte. Joker hatte den jungen PsyKI gesehen. Er hatte damals gedacht er würde zu Kaneda gehören. Vielleicht war das zu riskant ihn mitzunehmen. Wenn sie PsyKI brauchten für ihren Plan…dann musste Tetsuo aus der Sache raus bleiben. Sie wussten noch immer nicht WIE Joker es eigentlich geschafft hatte einen PsyKI so zu unterdrücken. Wo er doch viel stärker war. Es musste einen miesen Trick geben. Und Kaneda wollte das nicht riskieren. Er wollte Tetsuo nicht verlieren. Allein der Gedanke was sie mit ihm anstellen könnten…ließ ihn innerlich sterben. Für ihn stand es fest: Tetsuo blieb so weit weg wie möglich! Dem Kleinen gefiel das nicht und er verschränkte die Arme vor seiner Brust muffig. Motzte:

„Du kannst mich nicht dazu zwingen Kaneda!“

„Sei nur einmal kein Dickkopf Tetsuo! Wir wissen nicht wie Joker deinen Artgenossen überhaupt unterdrücken konnte! Was wenn er eine Geheimwaffe oder so dafür hat?! Ich gehe nicht das Risiko ein, dass er dich manipulieren und mir wegnehmen kann! Niemals!!“

Tetsuo sah ihn bei dieser Aussage überrascht an…IHM wegnehmen…? Eine sehr interessante Wortwahl. Sehr persönlich…Yamagata machte einen Schritt vor und fauchte derweil zu Kai:

„Der Boss hat recht! Du bleibst hier Kai!“

„Yamagata!“

Wand sich der Jüngste sauer an ihn.

„Ich werde dich nicht wieder in ein Krankenhaus fahren! Das…das ertrage ich nicht, okay?! Ich will nicht wieder fahren, als wäre der Teufel hinter mir her! Als wäre ich schuld an deinem Tod wenn ich nicht schnell genug bin! Ich will nie wieder dein Leben in meinen Händen haben!!“

Sie sahen sich darauf nur an. Still. Kommunikation die nur sie verstanden. Und Yama sagte dann noch ungewöhnlich sanft für ihn:

„Bitte zwing mich nicht dazu…“

Es klang traurig und ehrlich. Kai wusste nicht mal dass er sich damals so schreckliche Vorwürfe gemacht hatte. Aber nach dem was er gerade mitbekommen hatte, war das so gewesen. Das machte ihn…Er schnaufte aus und steckte die Hände in seine Hosentaschen. Sah muffig auf den Boden und antwortete:

„…Verdammt. Na gut.“

Aber einer in der Runde gab nicht so schnell auf. Tetsuo sprach wieder lauter und noch immer entschlossen:

„Nein! Ich lasse…ich lasse dich nicht allein fahren! Es betrifft nicht nur euch normale Menschen! Es betrifft auch mich Kaneda! Ich muss wissen was da passiert und warum! Vielleicht gibt es Dinge die wir selber über unsere Kräfte nicht wissen! Vielleicht ist das was dem Anderen passiert ist, etwas was auch andere oder MIR passieren kann! Passieren kann wenn ich nicht weis WIE es entsteht! Ich muss mitkommen Kaneda! Ich…!“

„Und ich sagte: NEIN!“

Er brüllte das nun schon und leicht zuckte Tetsuo dabei zusammen. Damit hatte er nicht gerechnet. Normalerweise ist Kaneda auch nicht so laut. Er sah eisern und entschlossen zu dem PsyKI. Und der Kleine wusste…er würde ihn nicht umstimmen können. Dieser entschlossene Blick war nicht zu brechen. Und es schmeichelte Tetsuo irgendwo dass Kaneda für ihn so wild entschlossen war. Das zeugte von Besorgnis und…Gefühlen? Also doch…

Sofort drehte sich der Anführer um und lief entschlossen zu seiner Karre. Er setzte sich drauf und schmiss sie an. Yamagata folgte ihm und setzte sich ebenfalls auf seine Maschine. Beide zogen ihre Fahrerbrillen auf und dann fuhr Kaneda los. Blieb aber noch mal bei den zwei Zurückbleibern stehen und sah sie an. Blieb dann mit seinem Blick auf Tetsuo und sagte:

„Du kannst mir dann nachher noch eine schellen, wenn ich wieder da bin. Das wäre dann somit die Dritte von dir die ich verdient habe….Und die hast du frei.“

Er lächelte sanft und fuhr dann los. Yamagata folgte ihm und sie rasten aus der Gasse raus in die Nacht. Tetsuo sah ihm noch unsicher und besorgt nach. Es fühlte sich nicht richtig an. Er sollte…bei ihm sein. Und plötzlich…hatte er schreckliche Angst um Kaneda. Eine die sein Herz umschloss und innerlich erdrückte.
 

Tetsuo saß mit Kaori auf dem Kürbisfeld und versuchte seinen Blumenkranz zu flechten.

Er genoss die Zeit mit seiner einzigen Freundin im Dorf. Und da der Unterricht an dem Tag ausfiel konnten Kinder das tun was sie am liebsten taten…nämlich was sie wollten. Kaori hatte ihm versprochen beizubringen wie man einen Kranz, für das Haupt, aus Blumen machte. Sie kannte sich super mit Blumen und Kräutern aus, obwohl sie genauso alt war wie er. Aber es war auch etwas was sie begeisterte und gerne machte. Er allerdings stellte sich total ungeschickt dabei an und verlor auch langsam die Geduld. Ihr Kranz aus bunten Blumen wurde immer schöner und seiner…ging ja bald als Versuch durch. Er legte ihn schnaufend in seinen Schoß und sprach zu ihr, in seiner kindlichen, jungen Stimme:

„Das ist doch doof. Meiner wird nie so schön werden wie deiner Kaori.“

Sie sah von ihrem Kranz hoch und zu ihm. Sie war keine wirkliche Schönheit. Ein hässliches Entlein eher. Struppiges und krausiges braunes Haar bis an die Wangen und Pausbäckchen. Aber sie trug kein weißes Gewand. Nur eine graue, kurze Hose und ein ebenso graues Hemd. Sie lächelte und sagte dann:

„Es muss auch nicht schön sein Tetsuo.“

Daraufhin sah er sie verwirrt an.

„Hä? Aber warum mache ich mir dann die Mühe? Wenn es doch eh egal ist wie er aussieht.“

Aber die Frage bekam er nicht von ihr beantwortet. Sondern von der Person die hinter ihnen langsam das Kürbisfeld hoch kam:

„Weil es genau auf die Mühe ankommt.“

Erschrocken sah er hinter sich. Dort kam die Hohepriesterin an gehinkt mit ihrem Stock. Direkt neben ihr war Kei. Sie war etwas älter als Tetsuo und Kaori und wie gesagt eine zukünftige Priesterin in Ausbildung. Sie war größer als die Zwei und schlank, hatte braunes Haar bis ans Kinn. Natürlich sah sie wieder etwas ernst drein. Dann nahm sie die Priesterin vorsichtig am rechten Arm und half ihr einige Schritte. Miyako war zwar blind, aber konnte sich doch sehr gut alleine im Dorf bewegen. Wie machte sie das nur? Sie kam neben die zwei Kinder und sprach zu Tetsuo dann runter:

„Dieser Kranz muss nicht perfekt sein. Es ist die Mühe die du reinsteckst die zählt. Denn dieser Kranz ist für die Person mit der man zusammen sein will.“

Der Kleine lief etwas beschämt rot an. Für die Person mit der man zusammen sein will…Also mit der man sich paaren und Kinder haben möchte. Er wusste nicht mal ob es jemanden gab für ihn. Er war auch noch sehr jung, aber dennoch mussten die Kinder das schon lernen. Es war Tradition. So wie das Flechten von Körben und so. Die alte Frau setzte sich neben ihn und schnaufte dabei etwas angestrengt. Kei blieb stehen. Und dann musste Tetsuo sie einfach fragen:

„Sag mal Mutter Miyako…was ist Liebe? Ist sie wirklich ewig?“

Die alte Frau sah zu ihm und lächelte.

„Liebe ist etwas ganz besonderes. Nur weil man Kinder miteinander hat, oder sich verpaart ist das noch lange keine Liebe Tetsuo. Die Liebe ist eine Kraft die sich nicht wirklich erklären lässt. Es ist etwas beinahe magisches. Ein Geschenk wenn man sie erleben darf. Und sie kommt in verschiedenen Formen. Als junge Frau…oder junger Mann.“

Tetsuo verzog den Mund etwas.

„Ich bin ein Junge. Ich verliebe mich nicht in einen anderen Jungen.“

„Wenn deine Liebe aber in dieser Gestalt auftaucht, dann ist das möglich.“

Er fand das dennoch eklig.

„Wie erkenne ich denn was Liebe ist?“

Sie lächelte ihn an.

„Das weist du in dem Moment wo du ihr begegnest. Einige beschreiben es als Kribbeln im Bauch. Andere haben einen schnellen Herzschlag und wieder andere…fühlen eine Verbindung. Man sagt dass sich sogar Seelen verbinden können…Aber das ist sehr selten.“

„Eine Verbindung?“

Wenn sich zwei Seelen verbinden…war das dann ewig? Er wusste es nicht. Aber es war ja auch sehr selten, also nicht zu beachten…Die Hohepriesterin nickte ihm zu.

„Du wirst es spüren Tetsuo. Wenn die Zeit reif ist wirst du es spüren.“

Er sah wieder auf seinen Kranz herab. Er war sich da nicht so sicher. Keiner im Dorf mochte ihn. Wie sollte er also eine Partnerin finden? Kaori war schon mal aus dem Rennen wegen…Er machte weiter und gab sich weiterhin Mühe. Wenn er wirklich mal seiner Liebe begegnen würde…dann musste er das für sie auch tun.

Als er fertig war sah er nicht besonders aus. Aber er hatte sich alle Mühe gegeben die er besaß. Und das machte ihn froh. Es wurde düster und die Sonne fing an in einem grellen Orange unterzugehen. Schlich sich über die Hügel des Feldes. Miyako und Kei waren schon lange weg und auch Kaori war nicht mehr da. Er wollte auch gehen, als ein kühler Wind ihn erschauern ließ. Er stand langsam auf und sah hinter sich. An einen Baum angelehnt stand ein junger Mann aus seinem Dorf. Er stand ziemlich selbstsicher da und beobachtete mit verschränkten Armen Tetsuo. Er kannte diesen jungen Mann…Er war ihm nicht geheuer. Er trug wie Tetsuo ein langes rotes Cape. Der Kleine sah ihn eine Weile an…Dann aber wand er sich schnell ab und rannte mit dem Kranz in den Armen nachhause. Je weiter er von ihm weg kam, umso besser fühlte er sich. Ein schreckliches Gefühl ging von ihm aus. Es jagte Tetsuo Angst ein. Wieder am Rande vom Dorf lief er etwas langsamer und atmete erst mal schnell. Er sah bereits die Lichter der Lagerfeuer und fühlte sich sicherer. Und dann erspähte er rechts von sich ein junges Pärchen. Sie hatten ihn noch nicht gesehen und standen auch etwas im Schatten. Schnell versteckte er sich hinter einem Baum und sah zu ihnen. Sie küssten sich und fassten sich an. Tetsuo sah das genau. Sicher wollten sie sich paaren. Er sollte nicht daneben stehen und zuschauen. Aber als das Licht der untergehenden Sonne die Schatten der Bäume etwas brach, sah er auch schon mehr als er wollte. Er sah dass es sich um zwei Jungs handelte. Ihm wurde sofort unwohl dabei und er lief rot an. Er sollte gehen aber…aber er konnte nicht wegsehen. Er war zu neugierig. Er hatte noch nie zwei Jungs bei sowas gesehen. Und wenn er sah wie sie sich so innig und sanft küssten…da wurde ihm komisch. Es fühlte sich plötzlich nicht mehr falsch an. Es sah sehr sanft und…verliebt aus. Nie hätte er gedacht dass sowas möglich war, vor allem zwischen dem gleichem Geschlecht. Er riss sich dann doch los und schlich sich zurück in das Dorf. Ob er…auch mal sowas fühlen durfte? Wenn er alt genug war? Es sah für die Beiden sehr angenehm und sanft aus. Dabei sah er auf den Kranz in seinen Händen…Wenn er seine Liebe finden würde…dann würde er sie niemals gehen lassen.
 

Kaneda hatte sich mit Yamagata zu dem seiner Bude begeben.

Nach dem Vorfall in Joker seinem Lager hatten sie nur noch zwei Knarren übrig. Kaneda hatte vorlauter Schusseligkeit seine Laserknarre im Lager der Clowns liegen lassen. Ein schwerer Fehler wenn man bedachte was sie für einen Schaden anrichten kann. Aber es gab etwas Gutes an der Sache. Das Teil war eh kaputt gewesen. Allein die Tatsache das sie so lange zum Laden brauchte im Kampf, war ein Anzeichen dafür gewesen. Bevor Tetsuo aufgewacht war, hatte der Ältere die Waffe noch mal überprüft. Sie war defekt gewesen und fuhr nach dem letzten Schuss nicht mal mehr richtig hoch. Sie war komplett im Eimer. Also bestand auch kein Grund zur Sorge. Selbst wenn sie wollten konnten die Clowns sie nicht mal reparieren. Die Technik in den Teilen war hoch entwickelt und teuer. Auch waren sie eher zum wegwerfen gebaut worden. Man stellte bevorzugt eine Neue her, bevor man eine defekte reparierte die dann wieder schnell kaputt ging. Deswegen fuhren sie zu Yama. Der hatte seine eine Waffe nämlich bei sich Zuhause gebunkert. Die Zweite hatte Kai. Aber da der aus dem Rennen war mussten sie sich mit einer begnügen. Kaneda fand schon eine andere Knarre mit der er sich wehren konnte. Die Laserwaffe war nur für den Fall, dass wieder ein PsyKI Vorort sein könnte.

Es gab in Yamagata seiner Bude nicht viel zu sehen. Sie war wie Kaneda seine Bude unordentlich und nicht besonders. Sie gingen nur schnell rein und holten die Knarre. Kaneda stand im Wohnzimmer und wartete darauf dass der Große das Teil aus dem Schrank holte. Erbrauchte eh noch einen Plan und hatte die Amre vor sich verschränkt. Dachte nach. So gesehen war von der Platte putzen nicht drin. Zu zweit war das unmöglich, bedachte man das Mad seine Bande hinter sich hatte. Kaneda könnte auch seine ganzen Leute zusammentrommeln, aber dann wären sie immer noch nicht genug, weil Mad nun auch Joker und seine Bande hatte. Gegen die Clowns und die Hatters allein war das Selbstmord. Auch mit Tetsuo wäre das zu gefährlich gewesen. Und er wollte ihn ja aus dem Krieg zwischen den Banden raushalten. Er wollte keine Verluste mehr. Und Tetsuo sollte erst recht nichts passieren. Er würde also mit Yamagata nur hinfahren und sie ausspionieren. Er musste die Situation fassen können und wissen womit er es zu tun hatte. Dann konnten sie sich genau was überlegen. Es sollte nichts über das Knie gebrochen werden. Das war einfach zu riskant.

Yama wühlte weiter in seinem Schrank herum, so das Kaneda ihn leicht genervt fragte:

„Du hast die Waffe erst vor kurzem benutzt! Wie kann sie so tief in einem Schrank verschwinden!?“

Ein Besen kippte im Schrank um und knallte auf Yamagatas Kopf. Er schob ihn dann sauer zur Seite, rieb sich über die geprellte Stelle und sprach dann leicht muffig:

„Hast du es eilig Kaneda? Oder warum druckst du so rum?“

Er zog aus dem Schrank seinen .357 Magnum, Colt-Python-Revolver heraus, legte ihn rechts neben sich auf den Boden und zerrte dann an der Laserwaffe. Sie hatte sich doch etwas tief im Schrank verkeilt. Aber immerhin hatte sein Boss nun eine Waffe. Ein weiteres Problem an den Laserwaffen war: das sie personalisiert waren. Nur die Person auf dessen Fingerabdruck sie registriert war konnte sie benutzten. Sicher um Missbrauch zu verhindern bei sowas gefährlichen. Ursprünglich waren sie ja auch Militärwaffen gewesen. Dieses benutzte sie auch noch selber. Sicher gab es Waffenwäscher die sowas entsichern konnten, aber die warn auch nicht gerade um jede Ecke in Neo Tokyo. Mehr im Untergrund und machten das auch nur für private Kunden. Also Bekannte und Freunde. So kamen sie an ihre Knarren. Kaneda musste also den Revolver nehmen. Der sah auch derweil Yama in den Rücken und antwortete:

„Zufälliger Weise ja! Ich mache mir Sorgen dass Tetsuo noch auf die beschissene Idee kommt uns zu folgen!“

Er kannte ihn nach einigen Tagen gut genug um sowas nicht ausschließen zu können. Der Große zog die Waffe aus dem Schrank. Er betrachtete sie und warf sie kurz an. Elektrisch zischend zurrte sie auf. Sie war aktiviert und er überprüfte den Akku. War noch okay. Dann deaktivierte er sie auch wieder und sah noch immer muffig zu seinem Boss.

„Bleib mal locker. Der kleine Arsch wird schon noch da sein, wenn wir zurückkommen. Du hast ja eh nur eine Beobachtungsaktion vor. Was ich schade finde, aber sogar verstehe. Alles andere wäre Selbstmord.“

„Hör auf so über Tetsuo zu reden!“

Yama kam hoch, warf sich locker die große Knarre über die rechte Schulter und bückte sich dann aber auch schnell wieder. Er nahm den Revolver, kam erneut hoch und warf ihn lässig seinem Boss zu. Der fing ihn auch gleich und überprüfte die Munition. Volles Magazin konnte man sagen. Er steckte sie in seine Hosentasche und sprach noch mal:

„Lass ihn einfach in Ruhe okay?“

„Oh ich vergaß: Du magst den kleinen Spinner ja.“

Dann lief er an Kaneda vorbei und sie verließen die Wohnung. Als sie runter liefen zu ihren Motorrädern, sprach der Große der sich noch immer nicht damit abgefunden hatte:

„Was findest du nur an ihm? Er ist ein PsyKI, er ist schmächtig, er ist nervig und er hat ne verdammt aggressive große Klappe! Er hat noch nicht mal ne Fotze zum vögeln! Wenn das bei ihm der Fall wäre dann könnte ich das ja noch bei dir verstehen! Stehst du neuerdings auf kleine Knackärsche?!“

Er schmiss die Waffe auf seinen Rücksitz und machte sie dort fest. Kaneda schwang sich auf seine Rote und schmiss sie derweil an. Er konnte mit ihm nicht offen darüber reden. Er war sein Bruder, aber er war auch etwas uneinsichtig in solchen Situationen. Er würde es nicht verstehen wenn Kaneda ihm sagen würde, dass er Tetsuo liebt. Er musste den richtigen Zeitpunkt abwarten. Er schmunzelte aber etwas bei Anschmeißen der Karre. Aber anscheinend war ihm auch aufgefallen dass Tetsuo einen heißen Arsch hatte. Kaneda stand sehr auf Kurven und verdammt der junge PsyKI hatte die auch! Er wünschte sich so sehr mal Tetsuo seinen Körper ganz natürlich zu sehen. Also im Klartext: Nackt. Was würde er an dem Kleinen rumfummeln wenn er nur die Möglichkeit dazu bekäme…

Er wüsste genau wie er mit ihm anfangen wollte Sex zu haben: Er würde ihn küssen, so wie vorhin. Dann würde er ihn beim Küssen hochheben und ihn an seinem Arsch festhalten. Danach fest die Oberschenkel packen und um seine Hüften legen, damit Tetsuo sich damit dort festhalten konnte. Würde mit ihm so zu der Couch laufen und nicht eine Sekunde den wilden Zungenkuss unterbrechen. Dann setzt er sich auf die Couch, den Süßen nun auf sich kniend. Den lästigen Hoodie des Kleinen dann über den Kopf entfernen, so dass er nur noch das weiße und etwas schlaffe, ärmellose Hemd trug. Weg mit dem Stoff der nicht gebraucht war. Eine Hand würde sich einen Weg unter das Hemd bahnen und zart anfangen eine Brustwarze zu massieren. Tetsuo damit richtig wild machen. Die Andere dann das Hemd hochschieben und ihn danach fest an der Hüfte packen. Alles während dem Küssen. Und wenn er ihn so richtig in Fahrt hatte, würde er ihn auf die Couch legen, ihn weiter sanft an der Brust befummeln, bis Tetsuo ihn verlegen und errötet ansah. Ihn förmlich nach Sex anflehte. Küsse würden ihren Weg die sanfte Haut von der Brust zum Bauch des PsyKI herunter finden und bis zum Bauchnabel. Dort etwas spielen und dann wird die Hüfte fest gepackt. Diese zarte und geile Hüfte. Die Hose müsste dann noch sehr langsam weg und dann würde er…

Anscheinend sah man ihm an, dass er in erotischen Gedanken verloren war, denn Yama fragte ihn lauter:

„Hey! Komm wieder von dem Trip runter, wo auch immer du bist! So gut kann es nicht sein!“

Kaneda sah ihn an und grinste frech.

„Ooohhhh du willst nicht wissen wo ich gerade war.“

Der große spuckte neben seine Karre und sprach:

„Du bist echt widerlich mann. Bist du schon so verzweifelt dass du anfängst schwul zu werden?! Und dann auch noch mit diesem Rotzgör Tetsuo!?“

Kaneda kam mit seiner Karre schnell neben ihn gefahren und grinste nur weiter.

„Ich hab mal gehört das Anal ziemlich geil sein soll.“

Er zwinkerte ihm frech zu und streckte dabei die Zunge raus. Dann gab er Gas und zischte ab. Yamagata schüttelte nur den Kopf und zog sich seine Brille auf. Er konnte das nicht verstehen. Mann…wie ein läufiger Köter der sich unbedingt paaren wollte.
 

Tetsuo saß mit Kai im Harukiyas an der Bar und starrte Löcher in sein Glas.

Er war sich noch immer nicht sicher was er tun sollte. Als Kaneda um die Ecke fuhr, wollte er nach ihm schreien. Wollte schreien: Er soll nicht gehen. Oder: Es wäre zu gefährlich. Aber er tat es nicht. Nichts entwich seiner Kehle. Er sah ihm nur gebannt nach und innerlich…machte sich Sorge breit die schon an Angst reichte. Er kannte diesen Trottel erst seit einigen Tagen…und dennoch sorgte er sich um ihn als würde er ihn seit seiner Kindheit kennen. Es war komisch, anders konnte man es nicht beschreiben. Kai saß direkt rechts von ihm und starrte auf das ausgeschaltete Walkie Talkie. Ihm ging es auch nicht besser. Er akzeptierte Yamagatas und Kanedas Entschluss. Aber dennoch wollte er den Jungs nach. Und auch die Worte des Großen liefen wie eine kaputte Tonspur immer wieder in seinem Schädel ab. „Bitte zwing mich nicht dazu…“ Immer und immer wieder. Sollte er sich Hoffnung machen? Er seufzte sehr laut, so das sein Nachbar das mitbekam und ihn interessiert ansah. Wow, der war echt tief aus der Seele gewesen, so empfand das Tetsuo. Kai war allerdings in der Vergangenheit. Er erinnerte sich an die Tage im Krankenhaus. Das Geld was sie für den PsyKI bekommen hatten ging fast komplett für den Aufenthalt und die OP von Kai drauf. Und er saß so lange immer allein in diesem Zimmer und gefesselt an das Bett. Die Wunde brannte schrecklich. Jede kleinste Bewegung schmerzte. Und er dachte seine Knochen würden sich bei jeder Bewegung noch dazu leicht verziehen. Selbst die Verbände, die gewechselt wurden, waren meist mit Blut verschmiert. Fieber gesellte sich die ersten Tage noch dazu und er war platt gewesen. Hatte meist nur geschlafen. Es war schrecklich. Und die Langeweile schien ihn zusätzlich zu töten. Nicht mal in der Glotze wollte er was sehen, da lief eh nichts Gutes drin. Also starrte er meist rechts aus dem Fenster und in den Himmel, den er zwischen den Hochhäusern sehen konnte. Was aber interessant war…jeden zweiten Tag, immer um dieselbe Uhrzeit, bekam er von der Krankenschwester Blumen gebracht. Er hatte verwirrt gefragt von wem die waren, da keine Karte und nichts dran hing. Und als Antwort bekam er dann: Von einem Großen Mann mit grimmigen Gesicht. Er hatte seinen Namen nicht erwähnt. Aber mehr brauchte es auch nicht. Kai wusste wer gemeint war. Kaneda kam jeden Tag vorbei und sah nach ihm. Yamagata nicht, was Kai sehr traurig machte. Aber als er die Blumen sah…das musste er immer lächeln. Yama kam nicht…aber seine Blumen schon. Und das war der Moment wo er sich verliebt hatte. Nur Yamagata kannte Kai seine Lieblingsblumen. Sie zu bekommen war das Schönste.

„Wow der war verdammt tief.“

Kai riss es aus seiner Vergangenheit und er sah zu Tetsuo, der ihn aufmerksam beobachtete und das gesagt hatte. Er kam sich plötzlich ziemlich erwischt vor und lief etwas rot an. Trank schnell einen Schluck und sah wieder auf das Walkie, sprach ablenkend:

„Ich mache mir eben auch Sorgen. Ich hasse es untätig rumzusitzen, während andere ihr Leben riskieren. Ich kann nicht einfach sitzen und warten…ob einer zurückkommt.“

Da musste ihm der PsyKI zustimmen. Auch wenn das sicher nicht der Grund für den Seufzer gewesen war. Das spürte Tetsuo einfach. Dazu musste er kein Hellseher sein, oder ihn berühren. Er sorgte sich um diesen Trottel Yamagata. Und Tetsuo…um Kaneda.

„…Du magst diesen großen und lauten Trottel oder?“

Tetsuo hatte ihn das so direkt gefragt dass Kai ihn nicht mal ansehen konnte vor Charme.

„Wir…kennen uns auch schon ziemlich lange. Er hat mir mehr das Leben gerettet, als ich zählen kann.“

Kaneda hatte Tetsuo auch beschützt. Und das Wichtigste war…verschont. Er musste plötzlich an den Moment zurückdenken. Dieser Moment wo sie sich einfach nur ansahen. In diesen zerstörten Gebäude, nur das Mondlicht dass alles erhellte und ihre Blicke die sich trafen. Es war magisch und unerklärlich gewesen was damals passiert war. Kaneda wollte ihn töten, nur für Geld. Und Tetsuo hätte ihn auch ohne zu zögern getötet um sich zu schützen. Nur deswegen waren sie sich an diesem Ort begegnet. Deswegen kam es soweit wie es kommen musste. Und komischer Weise war genau DAS nicht passiert. Stattdessen fühlten sie sich beide zueinander hingezogen. Etwas was noch nie zuvor passiert war…Was nicht mal für möglich gehalten wurde, war passiert. Mensch und PsyKI verschonten sich und erschufen eine Bindung zueinander. Jetzt musste Tetsuo nur noch erfahren warum. Warum war es passiert? War es Zufall gewesen? Vielleicht etwas genetisches? Oder Schicksal? An das Letzte glaubte er persönlich aber nicht. Er hoffte die Antwort in der Zukunft finden zu können. Und das konnte er nur mit Kaneda zusammen…

Er stand plötzlich ruckartig von dem Hocker an der Theke auf. Verwirrt sah Kai deswegen zu ihm. Tetsuo sein Blick war entschlossen. Er wusste dass es riskant war, aber er hatte sich ebenfalls entschieden. Er würde nicht daneben stehen und zusehen wie Kaneda ins Messer rennt. Er würde ihn beschützen! Und mit der Einstellung drehte er sich um und rannte zu der Eingangstür der Bar. Kai sah ihm erschrocken nach. Er konnte sich vorstellen was er vor hatte. Er schrie:

„Tetsuo! Warte!“

Aber die Tür flog schon zu. Der junge PsyKI hechtete die Treppen rauf und sah sich schnell um. Keine Menschenseele zu sehen. Also fackelte er nicht lange und erhob sich in die Lüfte. Er zischte nach oben und weit hoch in den Himmel. Als er hoch genug war, dass ihn niemand erspähen konnte schloss er konzentriert die Augen. Er war sich ziemlich sicher, dass er Kaneda fühlen würde. Sie waren seit Tagen unzertrennlich zusammen gewesen und der Ältere hätte somit quasi Spuren an ihm hinterlassen. Wie eine Duftnote der er folgen konnte. Und somit würde er auch seinen Standort rauskriegen. Alles wurde still um ihn. Er konzentrierte sich. Und nach wenigen Sekunden fühlte er die Wärme des Älteren. Er öffnete die Augen und sah nach Norden, nickte. Daraufhin zischte er los und flog so schnell er konnte. Er würde Kaneda nicht im Stich lassen. Und auch wenn er ihm befohlen hatte zu bleiben…Befehle kamen bei Tetsuo nicht gut an…

Während des Fluges gingen ihm verschiedene Gedankendurch den Kopf. Der Wind war sehr kalt, aber durch den Hoodie fühlte er ihn weniger intensiv. Der Wind war so völlig anders als Zuhause. Er war genauso kalt, aber scharfer. Zuhause war er sanft und umgab einen wie eine Aura. Die kalten Gebirge brachten den frischen Wind, aber nie den Winter. Bei ihnen existierten kein Winter und kein Herbst. Es war in der Regel immer Sommer von den Temperaturen. Was wohl am Dschungel lag. Und der Frühling zeigte sich anders. Er zeigte sich unter dem Volk, wenn Gefühle anfingen zu sprießen. Seine Art und damit auch sein Volk hatten eine innerliche Uhr konnte man sagen. Und diese bestimmte wann der Körper bereit war sich zu paaren und Kinder zu zeugen. Aber nur zu bestimmten Zeitpunkten. Es war eine Art Paarungszeit. In diesem Zeitraum wurde das Bedürfnis sich zu paaren intensiver und fast alle liefen angespannt umher. Alle die im paarungsfähigen Alter waren natürlich. Tetsuo hatte aber persönlich seinen ersten Frühling noch nicht erlebt. Er stand nur am Seitenrand und sah wie alle hormonell durchdrehten und Sex links und rechts wollten. Er war auch im fruchtbaren Alter. Aber seine innere Uhr hatte noch nicht geklingelt. Dennoch fiel es ihm nicht leicht. Er konnte nicht ertragen wie alle paarungsbereit waren, verliebt und heiß. Und er nicht. Er verstand das nie. Warum war er ausgeschlossen? Warum war er immer so verdammt anders? Dabei wollte er auch gerne wissen wie es war. Wie sich Sex anfühlte. Er stellte es sich schön vor. Die Nähe zu einem Anderen. Warme Körper aneinander gepresst und sich einfach nur den Trieben hingeben. Etwas wild und dann wieder zart und verliebt. Aber es blieb ihm einfach verwehrt. Vielleicht stimmte der Mist und er wartete wirklich auf die richtige Person mit der er sich paaren wollte. Vielleicht war es…Kaneda? Er schüttelte den Kopf und riss sich aus den Gedanken. Nicht mit dem Blödmann! Sicher hatte er mal das Bedürfnis gehabt ihn küssen zu wollen. Aber das war nur aus Neugier gewesen! Nicht mehr! Er würde sich nicht gleich mit ihm paaren wollen!...Nicht gleich? Er haute sich leicht an die Stirn.

„Konzentrier dich mann! Wie kommst du jetzt auf diesen Blödsinn!“

Aber dennoch war die Neugier da…Und er driftete wieder in das Thema ab. Mal ganz hypothetisch gesprochen: Wenn er sich mit Kaneda paaren würde…wie würde das ablaufen? So wie er ihn einschätzte würde das chaotisch und wild ablaufen. Kaneda schien mehr der Typ zu sein der dominieren wollte. Was bedeutet Tetsuo wäre, von den Beiden, in der Position des Weibchens. Also von hinten genommen zu…Er verzog das Gesicht etwas schmerzhaft. Denn bei Männern ging Paarung nur durch…Nicht weiter denken! Ihr Kuss vorhin…hatte ihm die Dominanz auch bestätigt. Kaneda war einfach dominant. Und er…war nicht schlecht darin. Tetsuo hatte sich so in diesem Kuss verloren und Kaneda hätte theoretisch alles mit ihm tun können. Er hatte plötzlich nicht mehr die Kraft zu wiederstehen. Er war ein verdammt guter Küsser. Der Kuss war einfach unglaublich. Okay Tetsuo hatte keine Ahnung vom Küssen, da dies sein Erster gewesen war. Aber dennoch war er…wunderschön gewesen. Das musste er sich eingestehen. Der Kuss war bestimmend und wild. Kaneda wusste also war er wollte und was sein Ziel war. Und dennoch sanft und liebevoll zugleich. Er war wie…wie Feuer. Sogar wenn er an ihn zurück dachte…wurde ihm warm. Erregte ihn der Gedanke? Und dennoch hatte er Kaneda eine gepfeffert. Tetsuo war überfordert gewesen mit so vielen und schlagartigen Gefühlen die durch seinen Körper schossen. Die Schelle war das Ergebnis davon. Und es tat ihm auch nur teilweise leid. Kaneda hätte ihn nicht so überfallen dürfen! Klare Sache! Er war selber schuld! Aber er wollte ihn nicht schlagen…das tat ihm leid.

Zurück zu seiner Hypothese gedacht: Kaneda war nicht nur dominant sondern auch noch wild. Irgendwie konnte er das fühlen. In dem Innern des Älteren schien eine wilde Seite zu schlummern. Schon animalisch in dem Sinne. Der Kuss war wild gewesen. Es war denkbar dass er bei der Paarung auch wild sein würde. Und…irgendwie erregte der Gedanke Tetsuo etwas…Und inzwischen fühlte er dass er Kaneda ganz nahe war. Sein Blick fuhr nach unten. Er sah nur schwach in der Dunkelheit eine alte Baustelle. Sie war auch genauso mit schwachen Lampen beleuchtet. Dass musste dieser Ort sein an dem sich der Feind treffen wollte. Noch dazu lag er etwas außerhalb und nicht direkt in der Stadt, was bedeutet er konnte ohne große Bedenken runterfliegen. Der perfekte Ort für krumme Dinger. Das Gefühl kam auch von da. Er flog nach unten. Kaneda war einfach dort.
 

Seit einer guten halben Stunde lagen Kaneda und Yamagata nun schon auf der Lauer.

Sie hatten sich auf einem unfertigen Gebäude breit gemacht und konnten von dort aus den ganzen restlichen Teil der Baustelle überblicken. Es war die ideale Position für Scharfschützen, so gesehen. Kaneda behielt alles im scharf im Auge und saß hinter einer kleinen Wand in Deckung. Die Aufgabe an sich war nicht einfach, denn es war sehr dunkel und die Baustelle schwach beleuchtet. Das überhaupt noch Licht an dem Ort existierte war interessant. Immerhin war die Baustelle unfertig und würde es auch nicht mehr werden. Sie war aufgegeben worden. Vielleicht bis jemand anderes das Land haben wollte. Yamagata saß links von ihm zwei Meter weiter auch hinter einer größeren Außenwand des Gebäudes und rauchte eine. Er steckte sich die Kippe wieder in den Mund und sah zu seinem Boss rüber. Fragte locker:

„Und? Schon was passiert?“

Kaneda schüttelte nur den Kopf. Etwas was Yama nicht passte und er grimmig das Gesicht verzog. Er klopfte sauer hinter sich an die Wand und motzte:

„Scheiße! Jetzt warten wir schon seit einer halben Stunde darauf dass auch nur einer dieser Hurensöhne uns mal seine verdammte Nasenspitze zeigt!“

Und es musste noch etwas passieren. Das Problem war nur: Wann. Das kam in der Nachricht auf Kai seinem Walkie nicht durch. Warten war also eigentlich unausweichlich gewesen. Kaneda zog den Revolver aus seiner Hosentasche, der halb rausschaute, und sah ihn an. Dabei sprach er:

„Der ist wirklich ein Schmuckstück. Wo hast du den her? Ich meine der ist ja förmlich antik.“

Yamagata sah zu ihm und nahm die Kippe lässig aus dem Mundwinkel.

„Der gehörte mal dem alten Kumo, erinnerst du dich?"

Klar erinnerte er sich. Kumo war damals ihr Waffendealer und Wäscher. Er war aber mehr als das gewesen. Nämlich auch ein Waffennarr. Er wär schon ziemlich alt und hatte in der Unterwelt ein Geschäft eröffnet wo man, wie gesagt, Waffen vom Militär waschen konnte. Waschen bedeutete: Man konnte ihnen eine neue ID verpassen und dann selber benutzen. Früher war er mal beim Militär gewesen. Aber sie haben nie erfahren warum er dieses verlassen hatte. Er zählen konnte er es auch nicht mehr, denn er war bereits tot. Bei einer Razzia vor einem Jahr war er ums Leben gekommen. Die Polizei hatte von ihm und dem Getto in der Unterwelt Wind bekommen und waren sofort da eingefallen wie die Heuschrecken über ein Feld. Kaneda und seine Jungs waren auch da gewesen. Kamen aber noch mal davon. Sie wurden zwar auch geschnappt und zu den Bullen gebracht, aber bekamen zum Glück nur Sozialstunden aufgedonnert. Sie hatten ja auch nichts gekauft an dem Tag. Zum Glück! Sozialstunden an der Schule waren aber auch eine Art von Folter gewesen. Besonders der Toilettendienst. Kumo wurde von der Polizei erschossen. Angeblich wegen Wiederstand. Aber das glaubte Kaneda nicht. Kumo war zwar ein Waffendealer und Wäscher, aber keiner der rebellieren würde. Sicher hatten sie ihn aus Prinzip über den Haufen geschossen. Vielleicht auch weil er mal beim Militär gearbeitet hatte und eventuell zu viel wissen könnte…Also eine Gefahr war.

„Klar erinnere ich mich an den alten Sack. Guter Kerl…Warum hat der sie dir gegeben?“

Er warf sie Yama zu. Natürlich ungeladen, damit sich kein Schuss löste. Der fing sie und hielt sie vor sich. Man sah ihm sofort an dass er in Gedanken war. Er war in der Vergangenheit.

„Der alte Lustmolch hat sie mir damals, einen Tag vor der Razzia, in die Hände gedrückt…Ich war ihn besuchen und wollte eigentlich mich nur mal schlau machen was so ne Reinigung eines Revolvers kosten würde. Du kennst ihn ja, er hat viel geredet und gebabbelt und mir keine wirkliche Antwort gegeben.“

Kaneda lächelte sanft.

„…Und dann zeigte er mir dieses Teil. Meinte die wäre noch von seinem Großvater. Lange Zeit vorher bevor alle Waffen des Militärs von ID`s gesichert wurden. Er meinte diese Waffe hatte bereits viele Leute beschützt die er liebte. Und dann drückte er mir das Teil in die Hand. Er sagte mir: Ich solle damit beschützen was mir wichtig wäre. Und das eine Waffe kein Werkzeug ist um Kriege anzufangen. Sondern um sich und andere zu schützen. Und das man sich sicher sein soll…dass wenn man eine Waffe auf jemanden richtet…man über Leben und Tod entscheidet. Und das wäre die größte Bürde von allen…Er war schon ein komischer alter Kauz, oder Kaneda? Er verkaufte Waffen und so, aber verhielt sich als wollte er das nicht…Warum meinst du hat er es dennoch getan?“

Er sah bei der Frage zu ihm. Kaneda zuckte mit den Schultern.

„Das können wir nur vermuten…Vielleicht wusste er das etwas in Neo Tokyo schief lief. Und vielleicht wollte er damit etwas ändern. Wer weis das schon…“

Yama akzeptierte die Antwort und sah lächelnd auf die Waffe in seinen Händen.

„…Ich vermisse den alten Kauz irgendwie.“

Und dann warf er die Waffe wieder zu seinem Boss rüber. Steckte sich Kippe wieder in den Mund und atmete den Rauch lässig aus, der sich im kalten Nachtwind verlor. Es war nicht leicht die Stadt zu ändern. Vielleicht sogar unmöglich. Neo Tokyo war krank und verkrebst. Und in der Regel kann man bestimmte Krebsarten nicht aufhalten. Diese wuchsen…bis es vorbei war.

Plötzlich und ohne Vorwarnung flog Kaneda ein Stein an den Hinterkopf. Sofort schreckte er auf und kam auf die Beine. Blitzartig hatte er sich umgedreht und zeigte mit dem Revolver ins Dunkel. Auch Yama hatte sich erhoben und griff nach seiner Laserwaffe neben sich. Schritte kamen aus dem Dunkel immer näher und nach wenigen Minuten trat die Person ins schwache Licht der Nacht. Es war Tetsuo der locker die Hände vor sich hoch hielt und sprach:

„Was ist? Versuch dein Glück und drück ab.“

Kaneda sah ihn erschrocken an und ließ die Waffe sinken. Er konnte nicht glauben was er da sah! Tetsuo nahm auch wieder die Hände runter und lächelte böse. Mal abgesehen davon: Kaneda hätte nicht schießen können. War ja nicht mal mehr geladen gewesen das Teil. Yamagata schnaufte sauer aus und senkte auch wieder seinen Ballerman, fauchte dann, während er auf Tetsuo zeigte, zu Kaneda:

„Woher verfickt noch mal wusstest du das Kaneda?!“

Er meinte weil er vor einiger Zeit noch vorhergesagt hatte, wie besorgt er war, dass ihnen der PsyKI folgen könnte. Blöde Frage, weil er den kleinen Dickschädel etwas besser kannte. Sofort steckte Kaneda sauer die Waffe weg und schritt vor den Kleinen. Fauchte ihn leise an:

„Was zum Teufel machst du hier?! Ich hatte es verboten! Wie hast du uns überhaupt gefunden?!“

Er fauchte das leise, weil sie ja nicht ertappt werden wollten, falls gerade zufällig der Feind auch in der Nähe war. Tetsuo lächelte noch immer böse zu ihm auf und sprach frech:

„Wie gesagt...du hinterlässt einfach eine echt dicke Schleimspur Kaneda…“

Dann sah er an dem Älteren vorbei und motzte zu Yamagata:

„Und DU zeig nie wieder mit dem Teil auf mich.“

Yamagata setzte sich wieder hin und lehnte sich an die Wand an. Er zeigte dem PsyKI den Mittelfinger an seiner rechten Hand und motzte zurück:

„Fick dich Tetsuo.“

Dann rauchte er einfach weiter. Etwas lässiger Umgang, das gefiel Kaneda und er lächelte sanft zu dem Großen hinter. Derweil lief Tetsuo an ihm vorbei und setzte sich an die Stelle, an der eben Kaneda noch gesessen hatte. Er lehnte sich auch locker an die Wand und streckte sich, fragte dann zu ihm hoch:

„Und? Wie geht die Aktion voran? Nicht sehr gut wie ich sehe.“

Er sagte das sehr spitz, das Yama wieder etwas aufgebracht im Hintergrund fauchte:

„Fick dich Tetsuo!!“

Kaneda kam neben den Kleinen und setzte sich dazu. Sie saßen sogar etwas dicht nebeneinander und er sah links zu ihm. Bekam Aufmerksamkeit zurück von seinem Nachbarn.

„Bisher ist noch nichts passiert…Aber das ist jetzt auch nicht der Punkt! Ich habe dir gesagt du sollst wegbleiben! Warum kannst du nicht hören?!“

Locker lehnte sich der Kleine neben ihm wieder an die Wand und schloss die Augen. Sah weg von Kaneda und sprach:

„Ich lasse mir von dir nichts befehlen. Ich bin nicht in deiner Bande und ich bin auch nicht ein Hund den du trainieren kannst! Ich bin dein Freund. Und ich entscheide ob ich dir helfen will, oder nicht!“

Kaneda sah ihn einfach nur an…Wow. Ihn machte das zwar etwas unwohl dass der Kleine da war, aber gleichzeitig war er auch sehr erfreut sowas aus seinem Mund zu hören. Er sah ihn als Freund an. Ganz von sich aus. Dann konnte ja bald mehr daraus werden…Er grinste plötzlich frech und als hätte Tetsuo das gespürt sah er zu ihm. Unsicher über dieses breite Grinsen fragte er:

„W-was grinst du so?“

„Ach nur so…“

Er kam plötzlich etwas näher mit seinem Körper. So nahe dass er dem Kleinen locker etwas ganz sanft ins Ohr flüstern konnte:

„Würdest du etwas für mich tun, wenn du dafür später auch ein Leckerli bekommst?“

Sofort lief Tetsuo schlagartig rot an und zog instinktiv den Kopf weg. Sah dann auch schnell weg von Kaneda und fauchte scheu und leise:

„D-du bist so ein Arsch Kaneda!“

Warum genau lief er rot an? Eigentlich konnte man alles darunter verstehen. Dennoch schien es bei ihm auf der erotischen Schiene anzukommen. Sofort schaltete der Ältere aber auch wieder einen Gang zurück und lächelte nur. Er stichelte, also stichelte Kaneda zurück. Dann sah er wieder hinter sich über die Mauer und beobachtete seine Umgebung. Nebenbei fing er auch an den Revolver zu laden. Tetsuo war noch immer rot und sah vor sich auf den Boden. Warum rieb er ihn immer so auf? Als würde es Kaneda Spaß machen…Und warum wollte er nur…das er mal weiter machen würde, als immer gleich aufzuhören…Er war sich so uneinig! Er wollte es, dann wieder nicht, dann mal wieder, es war nervig! Was zum Teufel war nur los mit ihm?! Warum stand er irgendwie auf dieses Flirten? Sein Herz schlug wieder etwas schneller. Er musste sich entspannen. Und atmete aus.

„Tetsuo du riskierst aber bitte nichts.“

Verwirrt sah der Kleine zu ihm rüber. Kaneda hatte fertig nachgeladen und sein Blick war aufmerksam und ernst auf den Platz der Baustelle vor ihnen gerichtet.

„Wir beobachten nur. Keiner von uns greift an.“

Klare Sache, dass wusste auch Tetsuo. Er würde garantiert nicht losschießen und anfangen einen Kampf zu starten. Da machte er sich eher sorgen wegen dem Großmaul auf der anderen Seite.

Eine ganze Weile verging wieder erneut und es war noch immer nichts passiert. Yamagata hatte für Kaneda übernommen und behielt die Baustelle im Auge. Sein Boss saß derweil weiter neben Tetsuo und sah zu Himmel. Dadurch dass Neo Tokyo so viel Licht erzeugte konnte man den Sternenhimmel nicht sehen. Dazu kam noch die Luftverschmutzung und Abgase von Fabriken, die sich als Wolken ebenso über die Stadt legten. Er sah zu seinem Nachbarn. Tetsuo ließ aus Langeweile einen Stein vor sich hin und her fliegen. Schon beinahe Runden drehen wie beim Autorennen. Als er diese Fähigkeit beobachte musste er etwas lächeln. Wie ein kleines Kind das in allem was zum spielen fand. Aber dann fiel ihm etwas ein. Und da sie eh die Zeit totschlagen mussten, fragte er ihn auch einfach mal:

„Sag mal Tetsuo, wie ist es eigentlich fliegen zu können?“

Der Kleine ließ seine Konzentration fallen und somit auch den Stein. Etwas verblüfft sah er zu Kaneda hoch und sprach:

„Wo kommt das denn her?“

Kaneda zuckte mit den Schultern.

„Naja es fiel mir gerade so ein, als ich deine Kräfte sah und den Himmel über uns beobachtete. Bei unserer ersten Begegnung bist du wie ein Superheld durch die Gegend geflogen. Ich dachte ich werd nicht mehr. Ich hätte es nie für möglich gehalten dass es sowas geben könnte.“

Und darauf zuckte Tetsuo mit den Schultern.

„Ist nichts besonderes, ehrlich. Bei mir zuhause kann das jeder. Aber in der Regel benutzen wir das kaum, weil wir keine großen Strecken zurücklegen…Superheld…Sowas gibt es nicht.“

Er sah dabei weg. Er machte das ganz schön nieder. Dabei war es etwas Besonderes in den Augen von Menschen. Ein normaler Mensch konnte sowas nicht und es war schon immer der Wunsch des Menschen gewesen fliegen zu können. Warum auch immer. Die Faszination dahinter vielleicht. Er stellte sich mehr in den Schatten als er sollte. Tetsuo war in Kanedas Augen einzigartig. Egal ob es mehr von seiner Sorte gab. Er sah wieder zum Himmel hoch und seufzte.

„Ich würde gerne fliegen können. Das musst doch cool sein.“

Tetsuo sah wieder zu ihm. Warum? Warum wollte er das? Aber als Kaneda den Blick auf sich spürte sah er zu dem PsyKI runter und grinste plötzlich verdammt breit. Oh nein…

„Wenn ich das könnte, dann könnte ich dir überall hin folgen! Und du könntest mich nicht so leicht abhängen! Hehe!“

Tetsuo seine Mine verzog sich zu einem muffigen Knurren und er sah schnell wieder weg. Antwortete motzig:

„Dann sollte ich meine Chance vielleicht nutzten!“

„Hast du aber nicht.“

Er sah wieder verwirrt zu dem Älteren, der das sehr sanft und ernst gesagt hatte. Genauso sah er ihn auch an…sanft.

„Du hättest vorhin einfach verschwinden können…wegen dem Kuss. Aber du hast es nicht getan. Du bist geblieben und hast mich nicht verlassen.“

Ihn…verlassen? Sicher hätte er einfach die Kurve kratzen können und für immer aus dem Leben von Kaneda verschwinden. Jeder Zeit könnte er wieder zu seinem Volk zurück, auch wenn er es nicht wollte. Für sich hatte er kein Zuhause mehr…warum sollte er also einen Ort verlassen, an dem sich ein Mensch befand der ihm das Gefühl gab vielleicht ein neues Zuhause gefunden zu haben? Denn genau das tat der Ältere. Er nervte und war verdammt anhänglich! Aber er gab Tetsuo in diesen paar Tagen mehr das Gefühl zuhause zu sein…als jemals in seiner Kindheit. Er errötete leicht und sprach dann muffig zum Boden:

„So kindisch bin ich nicht…Als ob ich wegen einem dummen Kuss wegrennen würde.“

Er saß im Schneidersitz und hatte die Hände in diesen gelegt…als sich plötzlich von rechts eine größere dazugesellte und ganz sanft seine rechte Hand berührte. Auf dieser ruhte und dort eine Wärme erzeugte. Schnell sah er zu Kaneda auf, der noch immer lächelte und die Hand dann fester zugriff. Er hielt die kleinere Hand und sprach dabei:

„Danke das du geblieben bist Tetsuo…“

Und da war es wieder. Sie sahen sich einfach nur an und es fühlte sich an, als würde sich eine Verbindung formen. Als wäre da ein unsichtbares Seil, was die beiden aneinanderband. Und immer in diesem Moment…schlug sein Herz schneller. Aber er wusste nicht, dass es bei Kaneda auch so war…

„Kaneda…!“

Sofort zerriss der Ältere den Blickkontakt und sah neben sich zu Yamagata, der das gesagt hatte. Auch die Hand ließ von der seines Nachbarn ab und Tetsuo schien wie aus einer Trance zu erwachen. Er schüttelte kurz den Kopf und fasste sich an die rechte Schläfe. Was war da…nur wieder passiert? Dann sah er auch zu Yama, der fortfuhr:

„Penner-Alarm!“

Kaneda sah über die Mauer und erkannte das Problem. Tetsuo machte es ihm nach und erkannte auf einem großen Platz vor ihnen, eine Gruppe Männer die aus den Schatten traten. Sie waren zu Fuß unterwegs. Komisch…Waren es keine von Mad oder den Clowns? Die waren Biker, also wo waren die Bikes? Noch dazu war es dunkel und sie waren mehr im Schatten, weswegen man sie nicht richtig erkannte. Der PsyKI sah zu seinem Nachbar und fragte:

„Sind die das?“

Kaneda aber zuckte nur mit den Schulter und schüttelte anschließend unsicher den Kopf.

„Ich weis es nicht…Normalerweise haben die alle Karren. Warum sind die zu Fuß unterwegs?“

„Die wollen uns verarschen!“

Kam es in einem leisen, aber genervten Ton von Yama rüber. Tetsuo hätte sich innerlich an die Stirn klatschen können. Der Trottel mal wieder…Er sprach an Kaneda:

„Mit Motorrädern wären sie nur extrem auffällig. Es ergibt also Sinn, dass sie ohne hier sind. Wenn du etwas verheimlichen willst, machst du das doch auch ohne extrem auffallen zu wollen, oder Kaneda?“

Der Ältere sah zu ihm…Klar ergab Sinn. Er sah wieder vor sich wie die anderen Zwei auch. Man konnte genau sehen wie viele es waren. Es waren an der Zahl 6 Stück. Gekleidet waren sie wie die klassischen Clowns von Joker seiner Gang. Im Licht einer schwachen Lampe sah er dass endlich. Kein Zweifel mehr. Aber einer von denen…sah nicht so aus. Er trug ein komplett zerrissenes Oberteil in Weiß und eine alte lange Hose, auch in weiß. Noch dazu hatten sie der Person einen Sack über den Kopf gezogen und schubsten ihn vor sich her. Ein Gefangener? Er war genauso groß wieder Rest und auch ein Mann. Yamagata zeigte verdutzt auf die und flüsterte rüber:

„Was machen die da? Sklavenhandel?“

Kaneda schüttelte entsetzt den Kopf.

„Nein…Etwas viel schlimmeres.“

Tetsuo sah auf die Aussage zu ihm. Was…was meinte er? Aber dann war auch schon ein lautes Geräusch zu hören. Es hallte durch die stille Baustelle und konnte Tote wecken, so laut und präsent war es. Es war das Geräusch eines Motorrad-Motors. Nein es waren sogar mehrere. Und dann kamen von links drei Typen auf ihren Karren angeschossen. Die Jungs gingen hinter den Mauern etwas in Deckung, aber so dass sie noch alles sahen. Kaneda erkannte den vordersten Fahrer.

„Das ist Mad!“

Kam es leise aus ihm und Yamagata nickte. Sie sahen wie der Kerl mit seinen zwei Wachen zum stehen kam. Dann stieg der große Anführer ab und lief lässig auf die Clowns und den Gefangenen zu, die sich bereits hingestellt hatten und auf ihn warteten. Aus der Ferne konnten die Jungs es nicht genau sehen, aber ein breites Lächeln war auf seinen Lippen, als er seine Ware sah. Er blieb vor ihnen stehen. Hören konnte man ihn aber klar:

„Und? Ist es das was ich erwartet habe? Ist er bereit?“

Also doch. Nun gab es für Kaneda keinen Zweifel mehr. Verdammt er hätte Tetsuo irgendwo anketten müssen! Der PsyKI sah verwirrt zu ihm und fragte leise:

„Ist das ein Menschenhandel? Warum machen die das?“

Kaneda sah zu ihm und der Blick den er Tetsuo entgegenwarf…gefiel dem Kleinen nicht. Es dauerte auch nur Sekunden und er hatte endlich verstanden was Sache war. Geschockt sah er zu dem Handel runter. Das konnte nicht sein…Nicht schon wieder. Es war kein Menschenhandel…sie hatten einen PsyKI gefangen genommen…Einer der Clowns sprach dann unter seinem Helm hervor:

„Er müsste getestet werden. Ein Tag Folter war vielleicht nicht genug und Drogen helfen nicht bei jedem ihn gefügig zu machen.“

Und dann zog er den Sack von dem Gefangenen runter…Es war ein junger Mann. Er hatte den Kopf kahl rasiert und seine Kopfhaut war leicht gräulich. Seine Gesichtszüge sanft, aber schreckliche blaue Flecken waren am Hals und im Gesicht zu sehen. Um seinen Hals befand sich so eine Art Hundehalsband und an seinem Hinterkopf war etwas befestigt worden…Es sah aus wie eine Metallplatte. Verängstigt sah er sich um. Sprach dann laut:

„Lass mich gehen! I-Ich hab doch gar nichts getan…!“

Er bekam einen Schlag auf den Hinterkopf, genau auf die Platte und er brüllte auf vor Schmerz. Einer der Clowns fauchte ihn an:

„Halt dein Maul!“

Bei Tetsuo spielte sich das alles in Zeitlupe ab. Weil…er fassungslos war. Die Anderen hatten keine Ahnung…aber es wurde etwas Persönliches. Sei kleiner Körper fing an zu zittern und seine zarten Muskeln verkrampften sich leicht vor Nervosität und Schock. Und kurze Bilder aus seiner Vergangenheit waren vor seinem geistigen Auge. Kaneda sah den Schock und die Starre des Kleinen. Was war mit ihm los? Er fasste ihm sanft an die linke Schulter und fragte:

„Tetsuo? Was hast…?“

Aber dann konnte er es nicht mehr halten und Tetsuo schrie plötzlich:

„WATANABE!“

Es war so laut gewesen, dass alle ihn erschrocken ansahen. Auch die feindliche Truppe sah zu dem Haus hoch und machten ihre Waffen bereit. Sofort in Alarmbereitschaft. Noch bevor Kaneda was tun konnte, hatte sich Tetsuo auch schon über die Mauer geschwungen und flog runter! Erschrocken sah ihm Kaneda nach und schrie:

„TETSUO!“

Ohne lange zu fackeln drehte er sich um und rannte aus dem Raum. Er machte sich auf den Weg nach unten und Yamagata warf seine Kippe weg. Schnappte sich seine Laserknarre und folgte ihm schnell. Er fauchte dabei:

„Schöner Scheiß!!“

Das war es dann mit dem Beschatten. Es war eine eiskalte Kurzschlussreaktion aus der er nicht mehr rauskam. Tetsuo fing sich in der Luft ab und landete nur wenige Meter von ihnen entfernt. Ohne zu zögern hoben die Clowns ihre Waffen und fingen an zu schießen! Nur um dann festzustellen, dass es nichts brachte. Denn der Kleine hatte eine Art Schild um sich erzeugt mit dem er normales Waffengeschoss locker daran abprallen lassen konnte. Und das passierte auch. Jede Kugel knallte ab und fiel kaputt zum Boden. Es wurde schrecklich laut. Mad sah dem nur locker, mit den Händen in den Hosentaschen, dabei zu. Er machte sich sogar noch eine Kippe an, so locker war er. Seine Jungs blieben einfach auf ihren Bikes. Als die Clowns keine Munition mehr hatten, fegte Tetsuo locker mit einer Handbewegung den aufgewirbelten Rauch weg. Er sah grimmig drein und Mad fing plötzlich laut an zu lachen, die Clowns dagegen fanden das nicht lustig. Sie wurden schon leicht panisch. Er nahm die Kippe aus dem Mund und sprach zu dem Kleinen:

„Na sieh mal einer an was haben wir denn da? Das ist echt mein Glückstag heute. Da bin ich nur wegen einem hier und bekomme gleich ZWEI PsyKI! Und dann auch noch so einen hübschen.“

Der andere PsyKI sah zu Tetsuo. Er sah ihn erschrocken an und sprach dann fast erstickend:

„…T-Tetsuo? Was machst du hier…?“

Er hatte ihn tatsächlich wiedererkannt. Nach all den Jahren. Noch immer auf gesunden Abstand sah Tetsuo zu ihm und sprach dann laut:

„Watanabe! Wie verdammt noch mal konntest du dich gefangen nehmen lassen?! Warte ich helfe dir!“

Erstaunt sah Mad von Tetsuo zu seinem Eigentum und dann wieder zurück. Er war amüsiert über das Schauspiel das sich ihm bot und lachte wieder. Tetsuo fing langsam sichtlich an genervt von dem Lachen zu werden, so dass er sauer zu ihm sah und fauchte:

„Sei still!!“

„So…Ihr kennt euch also? Dann sei ein braver Junge und komm auch du mit mir mit…“

Er sah hinterhältig zu Tetsuo und dann brüllte Kaneda:

„TETSUO!“

Alle sahen zu ihm, der kam angerannt und hatte Yama im Schlepptau, der bereits die Waffe im Anschlag und Abschuss fertig. Als er bei dem PsyKI ankam, stellte er sich instinktiv vor ihn und fauchte zu Mad:

„Komm nicht mal auf die Idee ihn anzufassen du Wichser!!“

Er stand so dicht und schützend vor Tetsuo dass der erstaunt zu ihm aufsah. Warum stellte er sich vor ihn?! Das musste er nicht, dann der Kleine konnte verdammt gut auf sich aufpassen. Dennoch tat er es…Yamagata stand rechts von Kaneda und zielte mit der Wumme auf die Kerle vor sich, drückte aber nicht ab.

„Wenn nur einer mit der Nase zuckt puste ich ihn ins Jenseits!“

Drohte er noch und Mad öffnete die Arme als freundliche Geste, sprach dann:

„Kaneda! Mein Junge schön dich zu sehen? Wie geht es euch so? Noch immer Geldprobleme?“

„Verarsch mich nicht Hatter!! Zuerst benutzt du mich hinterhältig um Joker aus dem Weg zu räumen und nun machst du gemeinsame Sache mit ihm?! Lass den PsyKI frei!!“

Mad sah zu Watanabe, der den Blick auf den Boden gesenkt hatte.

„Sicher? Seit wann bist du denn in den Tierschutz gegangen Kaneda?“

Das traf einen Nerv und Tetsuo kam neben Kaneda, fauchte Hatter sauer an:

„Halts Maul!! Das einzige Tier was ich hier sehe bist du!!“

Kaneda war verblüfft über den Mut. Aber es war ja eigentlich bekannt dass sich Tetsuo nicht die Butter vom Brot klauen ließ und aussprach was er dachte. Und er war verdammt sauer, dass konnte man hören. Dass er noch nicht mit Dingen um sich warf war ein Wunder. Lag aber wahrscheinlich an Watanabe. Der könnte sonst mit getroffen werden. Es lag auf der Hand das Tetsuo und er sich kannten. Und wenn sich der Kleine um ihn sorgte, dann stand Kaneda hinter ihm. Mad lachte wieder und zeigte auf Tetsuo.

„Bwahahaha! Das ist ja drollig! Habt ihr das gehört Jungs? Das Miezekätzchen will mir was erzählen!“

Seine beiden Jungs auf den Bikes fingen an zu lachen und Tetsuo wurde nur noch sauerer. Dann sah Mad aber wieder etwas ernster zu Kaneda und sprach:

„Du solltest dein Haustier besser im Griff haben Kaneda…“

Kaneda machte einen wütenden Schritt vor.

„Halt deine Fresse!! Tetsuo ist mein Freund! Was weist du denn schon!? Du hast dich von Joker seiner bescheuerten Idee vereinnahmen lassen! PsyKI Handel?! Was bist du nur für ein mieses Schwein Hatter!!?“

Er sah die Zwei abwechselnd an. Freunde? Er konnte sehen dass da mehr war. Allein wie schützend er sich vor den PsyKI gestellt hatte. Das war nicht nur Freundschaft…

„Dein Freund? Das ich nicht lache! Wer hat dir das gesagt? ER? Bist du wirklich so naiv Kaneda? PsyKI und Menschen KÖNNEN keine Freunde sein! Er ist nur aus zwei Gründen bei dir: Selbsterhaltung oder Paarungstrieb. Immerhin sind sie wie Tiere…Wie oft hat er dir schon den Arsch angeboten um mal ordentlich gefickt zu werden? Hältst du ihn gut bei Laune? So gesehen…bei dem kleinen Arsch würde ich auch nicht nein sagen…“

Tetsuo könnte innerlich platzen vor Wut! Das war doch alles gelogen! Er war nicht aus diesen Gründen bei Kaneda! Das stimmte nicht! Er war…Und Kaneda glaubte das natürlich auch nicht. Denn immerhin liebte er Tetsuo.

„Schnauze! Du hast doch keine Ahnung! Und wenn du nicht willst dass wir dich zerpflücken, lässt du den PsyKI jetzt besser frei!!“

Das war Yama sein Stichwort und er fasste an den Auslöser der Laserwaffe. Wartete nur auf das Kommando abzudrücken. Tetsuo sah erstaunt und…beeindruckt zu Kaneda. Er stand hinter ihm. Er stand wirklich hinter Tetsuo seiner Meinung und wollte sogar für ihn einen anderen seiner Art retten…Sein Herz klopfte einmal laut auf. Kaneda nahm seine Waffe und hielt sie bereit vor sich. Er sprach sauer:

„Deine Clowns haben alles verpulvert was sie hatten und wir haben Tetsuo. Ich würde sagen du nimmst meinen Befehl besser an Arschloch!“

Mad aber legte nur die Hände locker in die Hüfte und schnaubte. Seine zwei Leibwachen auf den Bikes machten auch keine Anstände was zu tun. Sie saßen weiter lässig nur da und beobachteten das Spektakel.

„Denkst du echt ich komme unvorbereitet?“

Er zog aus seiner Hosentasche eine Fernbedienung raus. Es wirkte wie eine, bestand aber nur aus einem Knopf in der Mitte. Er wedelte damit etwas verhöhnend.

„Ich mache dir ein Gegenangebot: Nehmt die Waffen runter und geb mir einfach deinen Tetsuo. Dann lasse ich dich und Yamagata auch am Leben und ihr könnt von hier verschwinden.“

Kaneda sah ihn lachhaft an. Aber die Fernbedienung beunruhigte ihn doch etwas.

„Leck mich Hatter.“

Kam es taff von Kaneda und sein Gegenüber war nicht erfreut darüber. Er seufzte leicht.

„Hach dass es immer erst soweit kommen muss. Immer braucht es Kostproben und Überzeugungen.“

Und dann drückte er auf den Knopf. Nach wenigen Sekunden brüllte Watanabe auch schon auf und ging in die Knie. Er fasste sich an den Kopf und fing leicht an Blut zu spucken. Erschrocken und völlig fassungslos sahen Kaneda und Tetsuo zu ihm. Was war da gerade passiert?! Tetsuo wollte losrennen und helfen, aber Kaneda hielt ihn mit seiner freien linken Hand fest, zog ihn wieder links neben sich, so dass der PsyKI fauchte:

„Lass mich los Kaneda!“

„Pfeif den Kleinen bloß zurück…Oder wollt ihr zusehen wie ich das Hirn des Kerls hier durchlöchere?“

Mad zeigte bei seiner Aussage auf Watanabe, der noch immer am Boden war und sich den Kopf schmerzhaft hielt. Also doch. Dieses Teil an seinem Hinterkopf hatte das getan. Und der Knopf löste sowas wie einen Schock aus? Nein. Durchlöchern klang schlimmer. Vielleicht bohrte sich etwas in den Kopf. Der Irre wand sich grinsend an Kaneda und seine Jungs. Tetsuo wollte ihm den Schädel platzen lassen…aber er konnte es einfach nicht. So grausam war er nicht und es war verboten. Es war verboten solch tödliche Gewalt an anderen anzubringen. Zumindest in seinem Zuhause. Aber er war nicht mehr zuhause…Kaneda fühlte sein Zittern und sah zu ihm runter. Der Kleine platzte bald. Wenn Tetsuo etwas nicht hatte, dann war es Geduld. Sein Griff festigte sich um den Arm des Kleinen und der sah zu ihm auf. Kaneda schüttelte den Kopf. Als Geste aufzuhören. Dann sah er wieder vor und Mad lachte erneut.

„Hahah! Guter Junge. Er muss doch nicht sterben nur weil ihr Mist baut, oder Kaneda?“

„Was hast du mit ihm gemacht?!“

„Sagen wir…es ist eine kleine Sicherheitsvorkehrung von guten Freunden…“

Watanabe war noch immer umzingelt zu den Füßen der Clowns. Der Schmerz ließ aber wieder nach und er sah zittrig auf. Sah rüber zu Tetsuo der ihn verzweifel und wütend ansah. Nie hätte er gedacht dass er den Kleinen mal wieder sehen würde…Und dann in solch einer Situation. Sie kannten sich aus ihrer Heimat. Er lebte auch in ihrem Dorf und hatte es vor einigen Jahren verlassen. Es lag aber daran dass er sich nicht mit den Regeln abfinden konnte. Er wollte rebellisch und modern sein. Also kam er nach Neo Tokyo. Und nun hatte er den Salat. Wenn er Tetsuo so sah…tat es ihm leid dass er ihn als Kind auch geärgert hatte. Und dennoch stand er da und wollte ihm helfen…Er lächelte.

„T-Tetsuo…Es tut mir leid dass ich dich so geärgert habe, als wir noch klein waren…“

Tetsuo sah ihn weiterhin an und fauchte schließlich:

„Halt die Klappe! Wir werden dir helfen!“

Aber alle wussten, dass das nicht im Rahmen des Möglichen war. Alles was er für ihn noch tun konnte…War ihn zu retten und ihn zu warnen.

„Du musst von hier verschwinden Tetsuo! Flieh so lange du noch kannst! Das ist nichts Simples! Wir sind alle in Gefahr! Unser Zuhause ist in Gefahr! Die haben vor mit einem Labor in de…“

Erschrocken sah ihn Mad an. Und ohne mit der Wimper zu zucken drückte er auf den Knopf. Und dieses Mal…gnadenlos. Ein so starker Schmerz zog durch den Kopf des PsyKI, dass es ihn erstarren ließ. Ein Schmerz. Nasse Wärme in seinem Kopf…. Und dann Kälte die sich breit in ihm machte. Nach wenigen Sekunden ließ dieser Schmerz aber nach und ihn umfing eine Stille. Dunkelheit kam über ihn wie ein Tuch und hüllte ihn sanft ein. Schließlich kippte er nach vorne und landete auf dem Boden. Und während alle still waren…hatte er endlich seinen Frieden gefunden und konnte zu ihrem Gott gehen. Er war Frei. Kaneda und seine Jungs sahen dem Ganzen erstarrt zu und Tetsuo…war am schlimmsten getroffen. Er fing an zu zittern und auch er fühlte wie das Leben seines ehemaligen Mitbewohners von Zuhause aus seinem Körper entwich. Mad war selber geschockt dass er gedrückt hatte. Aber er hatte keine Wahl. Diese leine Ratte wollte ausplaudern…Es wa wie ein Kurzschluss. Tetsuo sah viele Bilder aus seiner Kindheit. Sah die Ungerechtigkeit in allem. Und er spürte diesen Druck in sich. Es wurde alles zu viel. Der Druck verschlang ihn, wurde wärmer…und dann kam die Wut. Der ganze aufgestaute Hass aus seinem Leben, den er zurückgehalten hatte…Und dann schrie Tetsuo. Er schrie so laut, so schrill und griff sich dabei an den Kopf, das die Umgebung anfing zu erschüttern. Erschrocken sahen sich alle um. Besonders Kaneda. Er ließ bei dem Schrei los. Yamagata fiel auf seinen Hintern, weil er den Halt durch das Beben der Umgebung verlor. Und dann fing Kaneda sich, packte Tetsuo an den Schultern und rief laut, als der aufgehört hatte zu schreien:

„Tetsuo! Tetsuo hör auf!“

Es war klar, dass das Beben von dem Kleinen gab. War er so schockiert? Wer war das nicht? Den Clowns, den das zu unheimlich wurde, machte das Beine. Sofort rannten sie davon als wäre Satan persönlich hinter ihnen her. Und da regte sich plötzlich Tetsuo. Schlagartig sah er sauer auf, er konzentrierte sich…und dann flog auch schon der erste Clown. Innerhalb von Sekunden hatte sich einer in die Lüfte erhoben und flog gegen die erste Hauswand. Er schlug so hart an dieser auf, dass sein Schrei sofort verstummte und ein Blutfleck an dem hellen Beton überblieb. Knochen brachen und es war vorbei. Erschrocken sahen Mad seine Leute, so wie Yamagata hin. Und am schlimmsten…traf es Kaneda. Er war so schockiert von der Tat, dass er den toten Clown noch eine Weile am Boden ansah. Aber als sich Tetsuo plötzlich von ihm wütend losriss und einige Schritte nach vorne lief, wachte er wieder auf. Über Tetsuo seinen Verstand hatte sich ein Schleier der Rage gelegt. Er konnte nicht mehr stoppen. Er sah nur noch Ziele. Und deswegen schnappte er sich gleich den nächsten der flüchtenden Clowns und schmiss den auch fort. Dieser landete unglücklich auf einer Stange und…war aufgespießt. Schnappte er sich den Nächsten. Er pflückte sie wie frische Äpfel von einem Baum. Alles was sich bewegte war ein Ziel in dem Moment. Yamagata blieb einfach nur geschockt sitzen und Kaneda kam neben Tetsuo. Er packte ihn fest an den Schultern und brüllte:

„TETSUO!! HÖR AUF!“

Aber das drang nicht durch. Mit einer Druckwelle feuerte der Kleine den Älteren von sich weg. Kaneda landete unsanft auf Yamagata und riss diesen dadurch nach hinten. Er hatte…ihn angegriffen? Nein. Tetsuo hatte ihn abgewehrt. Was auch immer mit ihm los war, er handelte als müsste er sich verteidigen. Und als wäre Angriff die beste Verteidigung. Er kam von dem Großen runter und saß erschrocken neben ihm. Yamagata sprach laut und aufgeregt zu ihm:

„Was ist mit ihm los?! Wir sollten besser abhauen, bevor der uns auch noch umbringt!!“

Aber Kaneda konnte das nicht glauben dass…dass war nicht sein Tetsuo. Er würde sowas nicht tun. Yama fasste ihn darauf fest an der rechten Schulter, als er bemerkte wie geschockt sein Boss den Freak anstarrte, so das der auch endlich reagierte und zu ihm sah. Dann brüllte ihn der Große an:

„WIR MÜSSEN WEG KANEDA!“

Tetsuo hatte derweil alle Clowns aus dem Weg geräumt. In der Näher erschuf er ein Schlachtfeld um sie. Von Toten gesäumt. Von den Opfern hatte nur einer überlebt und kroch langsam, mit einem verletzten Bein aus der Schusslinie und hinter eine Hauswand. Aber der PsyKI war noch nicht fertig. Er sah zu Mad und grinste dabei plötzlich auch. Seine Laune hatte sich von Wut in Vergnügen umgewandelt und er lachte plötzlich diabolisch. Es schien ihm zu gefallen Menschen zu töten… so das Kaneda wieder zu ihm sah. Er sollte aufhören…das war nicht Tetsuo. Der Kleine selber war so im Rausch, dass er nicht mehr klar denken konnte. Nur noch seine Wut und sein Vergnügen lenkten sein Handeln. Es war das Böse in ihm, dass in vollem Maße und ungezügelt zum Vorschein kam… Und als sich der Kleine bereit für den nächsten Angriff machen wollte, sprang Kaneda auf! Er kam auf die Beine und rannte zu ihm hin. Yamagata schrie noch nach ihm, aber es war zu spät. Nach wenigen Sekunden hatte er den Kleinen erreicht und umarmte ihn fest von hinten. Tetsuo erschrak deswegen und zuckte auf. Wollte sich aus der Umarmung mit körperlicher Kraft lösen, aber Kaneda hatte ihn zu fest umarmt. Er sprach sanft zu ihm, obwohl er ihn mit Kraftaufwand festhalten musste:

„Tetsuo! Bitte hör auf! Das bist nicht du! Du kannst dich beruhigen!“

Mad nutzte die Sekunde und machte sich vom Acker. Er rannte zu seiner Karre und sprang drauf. Schmiss sie an und fuhr mit seinen Jungs um sein Leben. Yamagata sah das und kam hoch. Er zielte auf die Flüchtigen und nahm sie ins Visier. Ein Schuss knallte aus dem Lauf der Laserwaffe, aber verfehlte leider sein Ziel. Er schlug dahinter in eine unfertige Hauswand ein und riss diese in Stücke. Wütend senkte er die Waffe und fluchte:

„Verdammte Scheiße!!“

Dann sah er aber wieder zu Kaneda, der noch immer Tetsuo in der Umarmung gefangen hielt. Es war ein Wunder dass er sich nur körperlich wehrte und nicht mit seinen Kräften. Und nach wenigen Minuten…ließ der Kraftaufwand des Kleinen nach. Er hörte auf sich zu wehren und schloss die Augen. Die Rage verschwand. Ob es wegen Kaneda seiner Stimme gewesen war wusste er nicht, aber er stoppte endlich. Tetsuo seine Beine wurden schwach wie aus Gummi. Sein Atem zittrig und flach. Und kurz darauf brach er auch zusammen! Kaneda konnte ihn gerade nach auffangen und kam mit ihm in die Knie. Hielt ihn schwach in den Armen. Tetsuo hatte das Bewusstsein verloren. Besorgt sah ihn Kaneda an und seine Atmung wurde wieder langsamer. Er hatte echt Angst gehabt. Angst dass sich der Kleine völlig verloren hatte. So wütend…er hätte nie gedacht dass er so austicken konnte. Aber es kam ihm mehr vor wie eine Art Kurzschlussreaktion in der Wut und Trauer. Das war zu viel für ihn gewesen. Und dann sah er um sich. Ihm wurde das Ausmaß des Schadens bewusst. Tetsuo…hatte schrecklich gewütet. Und Mad war entkommen.
 

Tetsuo saß weinend in einer Ecke seines Zeltes.

Er rieb sich schnell und immer wieder zittrig die Tränen weg, die einfach nicht aufhören wollten zu fließen. Sein rechtes Knie war wund und aufgeschürft, so dass es leicht blutete. Aber es war nicht der Schmerz der Wunde, der ihn zum Weinen brachte…es war die Ungerechtigkeit und Angst. Die anderen Kinder waren so gemein zu ihm. Ärgerten ihn und taten ihm weh. Dabei hatte er nie etwas getan. Und durch diese Ungerechtigkeit…wuchs die Wut. Schließlich war es dann passiert…er wurde richtig wütend und wehrte sich.

Mutter Miyako kam langsam in sein Zelt und sah ihn in der dunklen Ecke schlurzend sitzen. Vorsichtig näherte sie sich ihm und obwohl er sie bereits fühlte, sah er nicht zu ihr. Sie hatte eine beruhigende Wärme. Wie ein Licht das aus ihrer Seele kam und von ihrem Körper ausstrahlte. Etwas was andere umschloss und sanft wärmte so wie auch beruhige. Nur sie besaß das. Als sie dann endlich neben ihm war kam sie auf seine Höhe und setzte sich zu ihm. Er weinte noch immer und umschlang dann seine kleinen Beine unsicher dabei. Eine Geste sich selbst zu schützen vor äußeren Einflüssen. Und endlich fragte sie ihn mit ihrer sanften und alten Stimme:

„Hast du dich wieder beruhigt Tetsuo?“

Er sah zu ihr. Seine Wangen waren knallrot und die Augen nass von all den Tränen die er vergossen hatte in den wenigen Minuten. Noch immer rannten sie ihm heiß die Wangen runter, als er zittrig nickte und dann mit einem Kloß im Hals fragte:

„G-Geht e-es ihm gut…?“

Sie sah ihn nur eine Weile an…aber dann nickte sie ihm zu.

„Er hat ein gebrochenes Bein. Aber das wird schon wieder. Ich werde es persönlich heilen.“

Es war vollkommen eskaliert. Zum ersten Mal in seinem Leben war Tetsuo so sauer gewesen, das er die Kontrolle über seine Kräfte verloren hatte. Es hätte weitaus schlimmer enden können aber wurde NUR ein gebrochenes Bein und ein Schreck mit dem das Kind davon kam…das Kind das ihn geärgert hatte. Der freche Watanabe hatte Tetsuo beim Vorbeilaufen das Bein gestellt. Er landete unsanft auf einem Knie und wehte sich nicht. Kaori war bei ihm gewesen und fauchte deswegen Watanabe und seine Freunde an. Der aber war nicht beeindruckt deswegen und machte sie blöd an. Er beleidigt sie schrecklich und als es schlimmer wurde, warf er sie sogar gegen einen Baum mit seinen Kräften. Kaori konnte sie nicht wehren. Es war nicht Gerecht gewesen…und er hatte sie angegriffen. Da platzte Tetsuo der Kragen! Im Nu hatte er alle Jungs zerlegt. Die anderen weggeschleudert und Watanabe sogar das Bein gebrochen mit seinen bloßen Gedanken. Als ihm aber mit Schrecken klar wurde, was er getan hatte…rannte er weg. Er war schockiert. Er hatte eine andere Seite an sich offenbart. Eine von der er nicht wusste, dass sie existierte. Etwas böses, was er nicht mehr unter Verschluss halten konnte. Und in all der Verzweiflung und Wut brach es aus ihm raus, wie eine Raupe die aus ihrem Kokon kroch und zum Schmetterling wurde. Ein Monster…

Miyako hatte aber Mitleid mit ihm. Sie war nicht wütend. Jeder wurde mal sauer. Sie griff ihm sanft auf eine Schulter und sprach:

„Wut ist etwas natürliches Tetsuo. Du darfst wütend sein. Aber du darfst dich nicht darin verlieren.“

Er sah noch immer weinend zu ihr.

„Genau wie alle anderen in unserem Volk, besitzt du eine große Macht. Etwas was dir von Gott geschenkt wurde. Diese Kraft darfst du nicht unkontrolliert und ohne Vorsicht benutzen. Sie wächst mit dir und genau deswegen musst du lernen sie zu kontrollieren. Ohne Kontrolle wächst diese Macht und Kraft in dir in ein Monster, dass nicht nur andere sondern auch dich droht zu verschlingen. Sei wütend…aber schade dadurch niemanden. Akzeptiere diesen Teil von dir und lerne damit zu leben.“

Er weinte plötzlich noch stärker und jammerte:

„A-aber was ist wenn ich jemanden d-damit verletzte den ich liebe? I-ich will niemanden verletzten d-den ich liebe! Ich hab solche Angst vor mir! D-das eben war ich nicht! I-ich b-bin nicht so! Das bin ich nicht!“

Sie lächelte ihn sanft an und endlich zog sie den Kleinen zu sich und umarmte ihn zärtlich. Er war so ein gutes Kind. Vielleicht sogar zu gut für diese grausame Welt…

„Wenn das so ist, dann wirst du das auch niemals tun. Du bist sehr stark Tetsuo. Viel stärker als die anderen Kinder in diesem Volk. Es schmerzt dass du solch eine Bürde auf den Schultern trägst. Aber trage sie dennoch mit Stolz. Denn nur du…kannst mit dieser Kraft alles tun und beschützen was du liebst.“

Und als sie das sagte schien er sich auch endlich zu beruhigen. Sogar so sehr dass er dabei einschlief. Noch lange hielt Miyako ihn in den Armen und sah ihm beim Schlafen zu. Sah wie groß das kleine Bündel geworden war, dass sie damals blutig am Fluss fand. Erinnerte sich noch genau an den Tag, als sie ihn in das Dorf mitgebracht hatte. Sie wusste was er konnte und was er war. Spürte es sofort. Und wurde deswegen auch von ihrem Oberhaupt kritisiert. Ryu sah dieses Kind als Fehler an. Nein…hatte sogar Angst vor ihm. Aber dennoch glaubte Miyako an das Gute in diesem Kind und wurde nicht enttäuscht. So gesehen gab es neben Tetsuo nur noch ein Kind vor dem ihr Oberhaupt Ryu angst hatte als es zu ihnen kam…Aber er war anders. Tetsuo…war nicht wie Akira.

Control

Es hatte eine Weile gedauert bis er das Chaos beseitigt hatte.

Yamagata war noch dabei die letzte Leiche im Kanal loszuwerden. Er hob den toten Clown von seinem eigenen Bike und über die Schulter rüber. Langsam schleppte er ihn aus der Gasse und sah sich vorsichtig um. Es war noch immer dunkel und zum Glück war die Baustelle nicht weit weg von einem großen Kanal. Noch dazu war der Teil der Stadt sehr verlassen. Was ihm im Moment sehr gelegen kam. Aber dennoch wollte er sichergehen und nicht entdeckt werden, immerhin versuchte er Leichen verschwinden zu lassen. Nach 2 Minuten kam er dann endlich an den Kanal und sah hinab. Der Beton ging im 45 Grad winkel abwärts zu der dunklen und dreckigen Brühe die sich wie ein lebendiges Monster durch den Kanals schlich. Er hatte schon die anderen Leichen darin versenkt und laut Kai war das auch die sicherste Methode um sie loszuwerden und nie wieder zu finden. Angeblich endet der Kanal nicht in einem Klärwerk sondern wird in das Meer befördert. Dann konnten diese Mistkerle sich wenigstens als Fischfutter noch nützlich machen. Nachdem der PsyKI so ausgerastet war waren 2 Stunden vergangen. Derweil war auch Kai bei Kaneda Zuhause angekommen, was Yamagata nicht gepasst hatte, aber es war nun so. Und während er der Mann für das Grobe und die Drecksarbeit war, befanden sich die Anderen bei dem noch bewusstlosen Spinner, der sie auch beinahe umgebracht hätte! Oder hätte auf den Gedanken kommen können, sagen wir es mal so. Und dennoch hielt Kaneda noch immer an ihm fest! Was musste denn noch passieren?! Sollte erst einer wieder umkommen?! Wütend schmiss er die letzte Leiche von seiner Schulter. Laut knallte sie gegen den Beton und rollte seitlich nach unten. Landete in der Brühe und versank nach wenigen Sekunden in dem Strom der sie davon riss. Yamagata klatsche sich in die Hände und drehte sich dann um. Er lief zurück zu seiner Karre und setzte sich drauf. Hoffentlich war das genug Scheiße für heute. Seiner Meinung nach war Kaneda komplett wahnsinnig geworden. Sie mussten den Tetsuo loswerden. Und das schnell.

Es war noch immer stockfinster und mitten in der Nacht. Und auch noch immer im tiefen Schlaf lag Tetsuo auf der Couch von Kaneda. Nach den zwei Stunden hatte sich der Körper des Kleinen offensichtlich endlich abgekühlt und beruhigt. Vielleicht lag es an der unkontrollierten Nutzung seiner Kräfte, aber Tetsuo hatte kurz nach der Ohnmacht Fieber bekommen und war seit dem auch noch nicht aufgewacht. Kaneda brachte ihn schnell zu sich heim und kontaktierte sofort Kai. Innerhalb von 15 Minuten war er auch schon da gewesen und bekam die ganze Story erzählt. Es musste nicht erwähnt werden dass er auch völlig geschockt von der Geschichte war. Und dennoch sah er sich sofort den Bewusstlosen auf der Couch an. Kaneda wollte ihm Medikamente geben, aber das unterband Kai sofort. Aus gutem Grund: Sie wussten nicht wie sein Körper tickte und funktionierte. Vielleicht waren Medikamente die für Menschen hilfreich waren, für einen PsyKI Gift und absolut tödlich. Also blieben sie beim Klassiker und machten ihm Wadenwickel und einen kalten Lappen auf die Stirn. Etwas um das Fieber kontrolliert zu senken. Und während Kaneda ihm den Hoodie ausgezogen hatte, fühlte er wie stark der Kleine doch zitterte. Als würde er frieren. Auch seine Atmung war noch schnell und schwer. Kaneda hatte erneut Angst um seinen Zustand gehabt. War es normal dass wenn er sich so verausgabte, er dann so litt? So körperliche Einschränkungen und Schmerzen bekam? Sicher Tetsuo hatte gewütet, aber so viel Schaden hatte er nicht angestellt. Also mal abgesehen von den Toten. Er hatte keine Häuser eingerissen, oder Laser abgewehrt. Es war so gesehen nichts Anstrengendes gewesen…oder doch? Naja er kannte sich mit dem Körper eines PsyKI nicht aus. Wer wusste schon was belastend war und was nicht? Als er ihm die Hose auszog und der Kleine auf der Couch nur in seiner Shorts und einem etwas schlappen, ärmellosen Hemd da lag wurde ihm anders. Unwohl und leicht erregt. So das er rot an lief, sich auch schnell wieder abwand und an den Kopf des Kleinen flüchtete. Neben ihm an der Couch saß und seine rechte Hand sanft hielt. Er wusste nicht ob Tetsuo es fühlen konnte, aber Kaneda wollte bei ihm sein. Deswegen ließ er auch die Hand nicht los. Selbst nach den langen 2 Stunden nicht. Dennoch hatte er mal kurz zeit gefunden sich umzuziehen. Inzwischen war er bekleidet mit einem gelben T-Shirt und seiner roten Bikerhose.

Er sah rüber zu Kai, der an einem Stuhl an Kaneda seiner Küche saß und etwas auf dem Tresen schrieb. Beunruhigt fragte er ihn dann:

„Bist du dir sicher, dass das Militär und auch sonst keiner die Leichen mehr finden wird?“

Es kam so plötzlich. Laut und wütend vor Verzweiflung schlug der Jüngste den Stift in seinen Händen auf den Tresen. Kaneda erschrak förmlich bei den Knall und zuckte etwas. War erstaunt über die Reaktion und dann fauchte Kai zu ihm rüber:

„Ob ich mir sicher bin?! Verdammt Kaneda, ich weis nicht mal mehr ob wir noch mit ihm in dieser Stadt bleiben sollten!! Wir werden immer mehr zur Zielscheibe! Und Tetsuo auch, je länger er bei uns bleibt! Er ist bei uns nicht sicher!“

Als er das sagte kam er von dem Stuhl und zu ihm rüber. Zeigte dabei auf den Bewusstlosen auf der Couch.

„Auch seine Kräfte haben Grenzen! Und wir wissen nicht wie sehr sie ausgereizt werden können bevor er die Kontrolle verliert!! Ich meine sieh ihn dir doch an! Er ist völlig fertig! Verdammte Scheiße wir wissen nichts über seine Art!! Vielleicht machen wir alles falsch! Vielleicht ist die Luft für ihn schon wie Gift! Wer weis das schon?!“

„Und was soll ich machen?! HÄ?! Ich weis doch selber nicht was ich tun soll!! Ich kann ihn nicht einfach wegschicken Kai!! Ich kann es nicht!! Vielleicht bin ich ein verdammter Egoist deswegen, aber ich WILL ihn auch nicht mehr wegschicken!!“

Als Kaneda so aus der Haut fuhr sah ihn Kai erstaunt an. Er sah nicht oft wie sein Boss laut und so emotional wurde. Und er wusste sofort dass es nur an Tetsuo lag. Und woran genau es lag wusste er auch. Liebe. Er wollte es nur von Kaneda hören um sich absolut sicher sein zu können. Aber anschreien brachte ihnen auch keine Lösung, also wurde er wieder leiser und beruhigte damit die eh schon angespannte Stimmung:

„Jeder ist egoistisch auf seine Art und Weise. Du, ich und auch Tetsuo.“

Kaneda sah von ihm weg und wieder zu Tetsuo. Er sah ihn so sanft und besorgt an, dass es selbst Kai ganz warm ums Herz wurde. Man sah ihm förmlich an wie sehr er diesen Bengel liebte und es tat noch umso mehr weh einfach zu wissen…dass sie sich wegen ihrer Herkunft anscheinend beide selber Mauern hochzogen die einfach nicht sein mussten. Kaneda wie Tetsuo. Kai sah auch die Blicke von Tetsuo die er Kaneda zuwarf. Sie liebten sich. Ganz bestimmt! Und ihre dumme unterschiedliche Herkunft zwang sie dazu sich so zu verhalten! Aber am schlimmsten schien es bei dem PsyKI zu sein. Der riss sich innerlich damit kaputt. Während er das dachte kam er rechts neben Kaneda und fasste ihm sanft auf die Schulter.

„Du liebst ihn...oder?“

Kaneda sah zu ihm…Mit so einer direkten Antwort hatte er nicht gerechnet um ehrlich zu sein. Aber mehr als ein leichtes Lächeln kam nicht aus ihm raus. Er kratzte sich dabei am Hinterkopf und sprach:

„Ist es so offensichtlich?“

Kai lächelte sanft zurück.

„Sagen wir es mal so: Wenn man nicht Yamagata ist, dann ja.“

Beide sahen sie dann den noch immer bewusstlosen Tetsuo an und Kaneda fing an zu gestehen. Es kam zumindest wie ein Geständnis vor, auch wenn es überhaupt nicht nötig war. Er fasste dem Kleinen sanft an die hohe Stirn und sprach:

„Ich sagte dir ja bereits dass ich ihn an dem Abend nicht erschießen konnte. Erst wusste ich nicht warum, aber inzwischen wird es immer klarer. Liebe ist immer nur so ein Wort. Das was ich fühle ist…ich habe das Gefühl es ist mehr als Liebe. Als wir uns an dem Abend gegenübersaßen…uns nur ansahen…ich hatte das Gefühl als würde mich etwas packen. Ich kann es dir nicht richtig beschreiben Kai. Es war wie…wie als würde man die Hände nacheinander ausstrecken und sich berühren. Sich dann fassen und nicht mehr loslassen. Als würden diese Beiden Hände sich verbinden und eins werden. Ich weis nicht was es war…“

Kai sah darauf wieder zu ihm. Als würden sich zwei unsichtbare Kräfte berühren? Das klang schon fast wie Liebe auf den ersten Blick, aber dann wieder ganz anders. Konnte es sein…? Kai hatte mal vor langer Zeit etwas über PsyKI aufgeschnappt. Es gab das Gerücht dass sie angeblich in der Lage waren Menschen zu spüren. Ginge man mal davon aus, dass alle Menschen sowas haben, sagen wir wie eine Aura um einen, dann könnte das erklären wie sie es schafften Menschen aufzuspüren. Vielleicht waren sie in der Lage diese Energie zu spüren. Und vielleicht war es das was sich da zwischen ihnen berührt hatte. Spirituelle Energie oder Kraft. Vielleicht auch die Seele, wer wusste das schon? Aber das würde bedeuten dass Kaneda es auch fühlen konnte. Aber der war ein Mensch…war so etwas möglich? Oder hatte da wieder Tetsuo etwas mit zu tun gehabt? Was wenn sich auf dieser Ebene wirklich etwas getan hätte? Ne ganz wilde Theorie: Vielleicht waren die Zwei miteinander verbunden und wussten selber nichts davon? Manipulierte das ihr Verhalten? Waren sie deswegen so zueinander hingezogen? Das würde ein komplett anderes Licht auf die Sache werfen! Was wenn Kaneda und Tetsuo eine gewisse Bindung auf der spirituellen ebene eingegangen sind, die sie biologisch zueinander hinzieht? So wie bei Magneten bestimmte Wellen zogen sich gegenseitig an. War es vielleicht sogar etwas Vererbtes? Etwas in ihrem genetischen Code?

Nach dieser langen und abgedrehten Theorie sah er wieder zu Tetsuo. Sicherlich konnte nur er ihnen das beantworten…

„Hast du das Tetsuo mal erzählt?“

Kaneda schüttelte sofort den Kopf ohne zu ihm zu sehen.

„Er würde vielleicht weggehen deswegen.“

„Woher weist du das?! Wie kannst du dir da so sicher sein?! Du küsst ihn mitten vor der ganzen Meute und er rennt deswegen nicht mal weg und jetzt willst du mir erzählen er könnte sich abwenden wegen SOWAS?! Das ist doch kompletter Blödsinn Kaneda!“

Der aber sah ihn weiter nicht an und starrte nur nachdenklich auf den bewusstlosen PsyKI. Nein…da war mehr. Kaneda wusste dass das Blöd war. Daran lag es sicherlich nicht. Etwas anderes bedrückte ihn noch mehr. Jagte ihm vielleicht ne scheiß Angst ein.

„…Wovor hast du Angst Kaneda?“

Und endlich sah sein Boss wieder zu ihm. Dennoch schien er einige Sekunden überlegen zu müssen was er sagte, oder vielleicht wie er es sagen sollte. Und als er dann endlich den Mund aufmachte…war es unglaublich was da raus kam:

„Wovor ich Angst habe?...Ich habe Angst das es nicht echt ist. Ich bin mir sehr sicher das Tetsuo auch gespürt hat was ich spürte in dieser Nacht. Es würde erklären warum auch er gezögert hatte. Was wenn das zwischen uns beiden etwas ist was wir nicht verstehen? Etwas was keine Liebe ist sondern…ich weis auch nicht was. Einfach keine Liebe halt. Ich will nicht dass er und ich diese Gefühle haben und sie vielleicht nicht echt sind. Ich will dass es Liebe ist und ich will sie mit ihm teilen. Ich meine du sagtest es ja bereits: Wer weis was PsyKI schon sind, oder was sie können? Oder wie sie funktionieren. Ich…ich habe solche Angst davor…“

Und es sah tatsächlich so aus…als würde er anfangen zu weinen. Noch nie zuvor hatte er seinen Boss so nah an den Tränen gesehen. Noch nie hatte er auch nur eine Träne aus Kanedas Augen huschen sehen. Ihn jetzt so vor sich sitzen zu haben…brach auch Kai das Herz. Er liebte Tetsuo wirklich über alles. Vor ihm saß ein Wunder der Gesellschaft. Ein Mensch der einen PsyKI liebte. Und dann fasste er auf Kanedas rechte Hand, die noch auf der von Tetsuo ruhte. Er lächelte ihn traurig aber doch fröhlich an und sprach sanft zu ihm:

„Wenn es nicht echt wäre…würdest du dir nicht solche Gedanken darüber machen, ob es echt sein könnte Kaneda. Ich denke dass du und er etwas ganz besonderes seid. Und ich denke ihr könntet etwas zusammen bewirken. Vielleicht endlich dieses Krieg unter unseren Arten beenden. Genetisch oder vielleicht auch nicht das ist doch egal! Wichtig ist das du ihn liebst und wenn du ihn liebst und beschützen willst, dann werde auch ich hinter dir stehen! Ich werde immer hinter dir stehen, egal was passiert! Wir stehen das alle zusammen durch. Versprochen.“

Ihm fehlten die Worte. Es tat gut zu hören dass Kai so hinter ihm stand. Offensichtlich keinerlei Probleme damit hatte das Kaneda in Tetsuo verliebt war. Er lächelte dankbar zurück und nickte. Aber selbst wenn das Problem an sich war noch nicht behoben. Seine Gefühle zu Tetsuo waren stark, aber er musste sich dennoch konzentrieren und sich nicht davon beirren lassen. Er hatte gesehen über welche Kraft und Wut der Kleine verfügte. Und es war Wut gewesen, es fühlte sich an wie Wut. Wie unkontrollierbarer Zorn und Gefallen daran. Es wirkte wie ein dunkler Zwilling der in dem Moment des Verlustes von Kontrolle aus dem Kleinen hervorbrach. Nun stellte sich Kaneda die Frage: Was konnte man dagegen tun? Aber noch mehr machte er sich Sorgen um das Thema mit Mad. So wie er sprach lag es auf der Hand dass sie versuchen wollten PsyKI zu kontrollieren. Sie als Schoßhunde zu halten. Und das machte ihn wütend. Kein Wunder er war ja in einen verliebt. Sie waren keine Tiere zum dressieren sondern auch Menschen. Und um Tetsuo zu beschützen musste er das beenden. Joker und Mad mussten von der Bildfläche verschwinden.

Beide nahmen ihre Hand weg, als Tetsuo ein Grummeln von sich gab. Er schien endlich aufzuwachen und sofort sahen sie aufmerksam zu ihm. Müde öffneten sich die Augen des PsyKI langsam und er blinzelte. Sofort musste er sich aber mit der linken Hand an die Stirn fassen. Tetsuo sein Schädel brummte noch immer schrecklich. Es war als wäre er in einer Zange und die drückt langsam zu. Und abwechselnd zog ein Stechen durch seine rechte Schläfe. Und noch dazu fühlte sich sein Körper so schwach an. So das er langsam den Kopf nach rechts rollte und Kaneda sah. Der lächelte ihn an, aber man konnte dennoch die Besorgnis sehen, die sich in seinen Augen spiegelte.

„Hey. Wie geht es dir Tetsuo?“

Der zögerte erst schwach, aber antwortete dann:

„Als hätte mich ein Auto überfahren…“

Es klang etwas gereizt. Als er das sagte versuchte er sich langsam dabei hinzusetzten. Stützte sich mit den Armen ab und kam langsam hoch. Weit kam er aber nicht denn sofort packte ihn Kaneda sanft an den Schultern und drückte ihn wieder nach hinten in das Kissen am Kopfende der Couch. Tetsuo konnte nicht mal Kraft aufbringen sich zu wehren und ließ sich einfach wieder fallen. Kai zog derweil eine dünne Decke über ihn. Die Selbe in der er schon mal geschlafen hatte und dann sprach der Jüngste zu ihm:

„Du bist noch sehr schwach. Bleib lieber liegen Tetsuo.“

„Kai hat recht. Du warst gute zwei Stunden lang bewusstlos gewesen.“

Verwirrt und schwach sah Tetsuo Kaneda an. Er war was gewesen? Bewusstlos? Und so langsam kam die Erinnerung wieder hoch in ihm. Sah wieder vor sich wie sie auf der Baustelle standen. Diskutiert und sich gegenseitig alle angebrüllt hatten. Wie immer und immer mehr die Situation außer Kontrolle geriet und die Emotionen überkochten. Und er sah wie Watanabe gestorben war. Dieses Bild hatte sich in seinen Verstand gebrannt. Und danach…danach war alles um ihn schwarz geworden. Da war nichts mehr gewesen…Und ihn überkam das schreckliche Gefühl…das er etwas Schlimmes getan hatte. Ihm war schon einmal so etwas passiert. Als er noch klein war. Er hatte die Kontrolle verloren und andere wurden dabei verletzt…Plötzlich verzog er das Gesicht traurig aber auch wütend zugleich. Und sofort riss er sich wieder aus dem Liegen hoch und setzte sich hin. Kaneda erschrak weil das so plötzlich kam und sagte dann:

„Nicht Tetsuo! Ich sagte doch: bleib liegen!“

Ein Befehl. Gift für Tetsuo…Kaneda fasste ihm sanft an die rechte Schulter. Fühlte die nackte und weiche Haut auf seiner Handfläche. Aber auch das leichte Zittern und die Hitze. Etwas kochte in ihm. Es verlieb aber nicht lange so, denn der PsyKI riss gleich weg und sah sauer zu ihm. Fauchte:

„Was ist aus diesen Mistkerlen geworden?!“

Er war geladen, aber Kai sprach sanft zu ihm:

„Es ist alles gut Tetsuo. Sie sind uns zwar entkommen, aber wir werden…“

„Verasch mich nicht!!“

Tetsuo fauchte diesen Satz so laut und so voller Zorn, dass beide ihn erschrocken ansahen. Seine Atmung wurde plötzlich auch wieder schneller und er schien erneut hochzufahren. Erneut wütend zu werden und aggressiv. Vorsichtig kam Kaneda näher an ihn ran. Wollte ihn wieder sanft an der Schulter berühren, dabei wand er sich an ihn und sprach genauso sanft:

„Komm wieder runter Tetsuo, es ist alles…“

Und als hätte man Öl ins Feuer gegossen fauchte der Kleine abwehrend zu ihm:

„ Halt die Klappe!! Fass mich nicht an!!“

Erschrocken sah ihn der Ältere wegen der Reaktion an. Tetsuo entfernte sich von Kaneda und rutschte hinter an die Rückenlehne der Couch. Griff sogar schützend die Decke und drückte sie an sich. Er wirkte wie ein aufgescheuchtes Reh. Oder eher wie ein Tier das man in die Ecke gedrängt hatte und es sich verteidigen wollte. Warum tat er das? Was war wieder mit ihm los? Eigentlich waren sie doch schon darüber hinaus gewesen, oder? Und komischerweise…machte genau das Kaneda wütend. Kai dagegen wusste dass er besser Abstand halten sollte. Wenn ihn einer anfassen oder beruhigen sollte, dann besser Kaneda, auch wenn das vielleicht eine dumme Idee war. Sein Boss war eher dafür bekannt Leute auf die Palme zu bringen und nicht andersrum. Dennoch war Kaneda der Einzige der zu Tetsuo durchkommen konnte. Der Ältere sah Tetsuo nur an. Ihre Blicke ruhten aufeinander und es dauerte nur Sekunden da hatte Kaneda auch schon einen Entschluss gefasst. Er sprach zu Kai, ohne den Blick von Tetsuo abzuwenden:

„Kai, geh bitte raus und schau nach Yamagata. Ich bleibe bei Tetsuo...“

Streng kamen diese Worte aus ihm, aber auch sehr sicher. Verwirrt sah Tetsuo zu ihm, dann zu Kai und dann wieder zu Kaneda. Was sollte das? Und natürlich nickte der Jüngste im Raum sofort und stand auf. Er hatte die leichte wütende Stimmung in der Stimme gehört und hinterfragte auch nicht die Entscheidungen seines Bosses, also ging er. So lief er langsam von der Couch weg und als er endlich aus der Wohnungstür verschwunden war, sah Tetsuo wieder zu Kaneda, der ihn noch immer ernst ansah. Und als sie sich so ansahen, sich die Stille im Raum ausbreitete und immer unerträglicher wurde…da wusste das Tetsuo Mist gebaut hatte. Ihm wurde bewusst wie er eben gewesen war. Sicher er war innerlich wütend, da er sich denken konnte dass er bei seinem Blackout die Kontrolle verloren hatte und vielleicht auch jemand zu Schaden kam. Aber er hätte nicht die Zwei so anfauchen sollen. War selber davon schockiert warum er plötzlich so aggressiv war. Er wollte ihn doch nicht anfahren…Und erst recht nicht Kaneda, der sich nur gesorgt hatte. Es war scheiße gewesen. Unsicher sah er dann weg und atmete noch immer schnell dabei. Seine Stärke und Fähigkeiten kamen zurück, aber nur sehr langsam. Momentan konnte er sicherlich nicht mal mehr fliegen. Anscheinend hatte er sich bei seinem Kontrollverlust verausgabt, was nichts Gutes bedeutete. Es zeugte von gegeben falls Zerstörung der Umgebung, denn da verausgabte man sich schnell…Scheu sah er dann wieder zu Kaneda, der ihn noch immer völlig wortlos und still ansah. Noch immer mit einer ernsten Mine. Tetsuo hatte ihn noch nie so ernst gesehen und so still vor allem. Ihm wurde richtig unwohl dabei. Die ganze Wut verschwand immer mehr in ihm und stattdessen kam Unsicherheit und Unwohlsein an die Oberfläche. Er schluckte und stammelte dann etwas unsicher und abwehrend:

„S-sieh…sieh mich nicht so an…Kaneda…“

„Sonst was? Schleuderst du mich durch den Raum? Geht es dir dann besser?“

Erschrocken sah ihn der junge PsyKI an. Was? Warum…sagte er sowas? Es kam so plötzlich und knall hart dass….ihm auf diesen Schock seine Brust weh tat. Der Schmerz war erdrückend, als würde sein Herz umklammert werden. Der Grund waren Kanedas Worte gewesen, klare Sache. Sie taten ihm weh, so dass er die Decke mit einer Hand los ließ und sich an die Brust fasste, sogar leicht in das Oberteil krallte und auf seinen Schoß sah. Zögerlich schüttelte er den Kopf.

„Nein ich…also…das meine ich nicht. Ich…ich würde dir doch nicht einfach…“

Er wusste nicht was er sagen sollte. Kaneda war so still und anders als sonst. Diese ernste Seite an ihm war sehr stark und dominant, es riss den Kleinen förmlich zu Boden. Und noch mehr tat ihm weh dass…dass Kaneda anscheinend von ihm dachte dass er ihm wehtun würde. Und plötzlich wurde sein Zittern stärker. Was war nur los? Wie sollte er jetzt reagieren? Er mochte es nicht wenn diese Art der Spannung zwischen ihnen war. Also schwieg er und sah weiter auf seinen Schoß. Das ging einige Sekunden so bis Kaneda plötzlich ernst und leicht pissig fragte:

„Und? Willst du jetzt nur noch auf deinen Schoß starren? Denkst du das hilft dir?“

Tetsuo sah zu ihm wieder hoch und er wäre nicht er, wenn er nicht nach einer Weile auch eine ebenso pissige Antwort leicht zurück gab:

„Und macht es dir Spaß mich so blöd anzumachen?!“

„Macht es dir denn Spaß bei mir?! Mich so zu quälen und teils zu foltern?!“

Und da schwieg der Kleine sofort wieder und war erschrocken. Kaneda…er verstand plötzlich leicht was los war. Der Ältere brachte ihm so viel Sorge und Mitgefühl entgegen. Er riss sich förmlich ein Bein dafür aus dass Tetsuo bei ihnen bleiben konnte. Legte sich mit einem seiner Freunde an. Legte sich mit einer kompletten Gang an. Mit der Verdammten Stadt und ihrem Vorurteil gegen seine Art. Gegen alle Menschen die seine Art hassten. Reichte ihm die Hand lächelnd und was tat Tetsuo?...Er haute mit der Axt dazwischen. Er schlug bewusst diese freundliche Hand weg. Hielt sich die Person auf Abstand die ihm nur Gutes wollte und die er eigentlich…die er eigentlich doch mochte. Kaneda gab ihm das Gefühl zuhause zu sein. Und was tat er?! Er war ein mieses und unnahbares Arschloch, das ihn nicht näher ließ. Er…er wollte das nicht. Er wollte Kaneda rein lassen. Ihn in sein Leben lassen und den Abstand verringern. Inzwischen so sehr. Dieser Junge hatte sein Herz so berührt wie noch nie einer zuvor. Aber er konnte nicht…er konnte es einfach nicht. Er hatte Angst. Noch nie hatte er für jemanden so empfunden wie für Kaneda. Jemand der ihn so akzeptiere wie er war. Der ihn berühren wollte. Mit ihm flirtete und sich mit ihm…paaren wollte. Denn Tetsuo war nicht dumm. Er wusste es. Man musste kein Genie sein um zu merken dass Kaneda mit ihm Sex wollte. Kaneda hatte ihn als Paarungspartner gewählt und Tetsuo…

„Nein tut es nicht Kaneda…“

Kam es sehr schwach und unterwürfig aus ihm raus. Und das war die volle Wahrheit.

„Was ist dann dein verschissenes Problem?!“

Kaneda stand dabei wütend auf und sah zu ihm runter, Tetsuo nur scheu und erschrocken hoch. Er war so sauer…warum war er so sauer…?

„Was muss ich denn noch tun?! Ich versuche alles um dich zu beschützen!! Ich lege mich mit jedem für dich an!! Und es ist mir auch recht so!! Ich mache das nicht nur für dich, sondern auch für mich!! Tut mir leid ich bin eben ein Egoist in der Hinsicht!! Und immer wieder gehst du, wenn ich denke dass wir uns nähern, auf Abstand!! Als könnte ich mich verdrehen wie ich will, ich komme nicht an dich ran!! Ich will das du mit mir redest Tetsuo!! Ich will verdammt nochmal verstehen, warum du diese Mauer zwischen uns baust!! Lass es mich verstehen!! Lass sie mich einreißen für uns!!“

Für…uns…? Tetsuo sah ihn sprachlos an. Er wusste nicht was er noch dazu sagen sollte. Kaneda wollte…ihn? Er war so schrecklich laut und sauer, aber er war leidenschaftlich dabei. Er wusste was er wollte…und das war Tetsuo. Offensichtlicher ging es nicht. Kaneda kam wieder runter auf die Knie. Er riskierte in dem Moment einfach alles. Er wollte Tetsuo seine Gefühle sagen. Wollte ihm sagen dass er ihn liebte. Aber das war dann eventuell doch ein zu endgültiger Schritt. Liebe ist ein sehr erschlagendes und endgültiges Wort. Es gab in diesem Wort nichts dazwischen, deswegen ließ er es lieber. Er stützte sich mit den Händen am Couchrand ab und lehnte sich leicht zu dem PsyKI, sprach noch immer laut, wenn auch etwas leiser als vorher:

„Ich weis nicht was du fühlst. Aber ich will dich nicht mehr verlieren! Bitte! Ich will dich verstehen Tetsuo! Ich will dir helfen! Und das kann ich nur wenn du mich helfen lässt! Ich…ich hatte vorhin Angst vor dir Tetsuo!“

Er hatte…Angst vor ihm? Also war doch etwas passiert. Tetsuo schluckte und fragte dann:

„W-warum…hattest du Angst vor mir?“

Und Kaneda stockte. Er wollte eigentlich nichts davon erzählen, da er den Kleinen damit nicht belasten wollte. Aber nun hatte er sich doch leicht rein manövriert und musste aus der Sache raus…mit der halben Wahrheit. Er sah dabei nach rechts weg und zum Boden, als er das sagte:

„Du warst vorhin nicht DU gewesen. Du warst so kalt und wütend. Ich habe nach dir gerufen, aber nichts kam bei dir durch. Du warst wie in Rage. Ich hatte Angst…weil das nicht der Tetsuo war den ich kenne…“

Den er kennt…Und plötzlich lief Tetsuo leicht rot an und fragte scheu, aber ihn noch immer ansehend:

„Wie ist denn…der Tetsuo den du kennst?“

Er wollte es wissen…Kaneda sah wieder zu ihm. Sie sahen sich nur an. Hatte Tetsuo…einen roten Schimmer auf den Wangen? Er sah süß aus damit. Nein…er war wunderschön, so wie immer. Er konnte ihn nur ansehen. Dieses wunderschöne Wesen was da vor ihm saß. Die Wangen leicht errötet, die Augen ihn scheu aber neugierig beobachtend, das weiche und schwarze Haar das kurz und struppig war, damit sogar seine hohe Stirn offenbarte. Das Oberteil, was ihm etwas schlaff hing und die zarten Schultern entblößte, die weiche und heiße Haut, teils so weiß wie Elfenbein. Allein seine schnelle Atmung brachte Kaneda innerlich auf Hochtouren. Er wollte ihn. Er wollte Sex mit ihm. Hier und jetzt…Es war ihm egal woher diese Gefühle und Sehnsucht nach Tetsuo kam. Kai hatte vollkommen recht…für ihn war es Liebe. Und er wollte Tetsuo lieben. Und ihn das spüren lassen, wenn er es ihm noch nicht sagen konnte…Wollte ihn küssen wie vorhin in der Bar. Nur dabei wollte er dass das im Sex endet …

„Der Tetsuo den ich kenne…ist ein kleiner Sturkopf. Er ist frech und hat eine selbstsichere Art. Aber gleichzeitig ist er auch das aufmerksamste und freundlichste Wesen das ich kenne. Stark und rein. Er lässt sich nicht die Butter vom Brot klauen und weis genau was er will…“

Dabei kam er sanft auf die Couch und links neben den Kleinen, der etwas zur Seite rutschte und sich direkt vor Kaneda setzte das er ihn ansah. Sich noch immer etwas unsicher die Decke dabei an sich drückte aber ihn genau im Auge behielt. Sein Herz schlug schneller und er wollte weiter hören was Kaneda zu ihm sagte. Der allerdings drehte wieder etwas zurück und sprach:

„Ich will…dich verstehen Tetsuo. Ich möchte wissen wer du bist. Ich zeige dir gerne meine Welt und wer ich bin…bitte tu du das auch für mich.“

Er sagte das so sanft und bittend…dass es Tetsuo seine Mauer fast vollständig einriss. Er konnte nicht mehr. Er wollte ihn so sehr näherkommen lassen. Und endlich fasste er den Entschluss: Er wollte Kaneda sagen wer er war und woher er kam…Er sah auf die Couch unter sich. Saß auf den Knien da und fing an leise zu sprechen, es war soweit. Die Wahrheit…

„…Ich komme aus einem Dorf hinter dem Fuji. In all den Jahren und der Veränderung der Erde hat sich dort in der Nähe die Umwelt auch verändert und es gibt dort inzwischen ein Gebirge. Mein Dorf liegt in diesem verschneiten Gebirge und innerhalb dieses Ortes gibt es einen Dschungel. Er ist sehr gut versteckt und nur einer von meiner Art kann diesen Ort finden und betreten, da er von einem Kraftfeld beschützt und verborgen wird.“

Kaneda sah ihn erstaunt an. Er hätte nicht gedacht das Tetsuo gleich so in die Vollen gehen würde! So mit Hintergrundgeschichte und allem. Aber er war dankbar dafür. Denn endlich erfuhr er woher die Person kam die er liebte. Und er konnte das nutzen um sich ihm auch vorsichtig zu nähern. Er legte die rechte Hand nachdenklich an das Kinn und sprach:

„Echt? Der Fuji? Zu Fuß ist der sicherlich mehr als einen Tagesmarsch entfernt. Mit dem Motorrad vielleicht nur 2 Stunden…Von da kommst du?“

Es ergab Sinn. In den Jahren hatte sich um den Fuji herum kein Leben mehr befunden. Damals im Krieg wurde das Gebiet völlig bombardiert und für nuklearverseucht erklärt. Dort lebten keine Menschen mehr. Dass sich dort eine von Menschen verhasste Zivilisation niederließ ergab wirklich Sinn. Aber dann war es dort anscheinend doch nicht so verseucht, oder es war schneller abgeklungen als die Eierköpfe in der Regierung sich vorstellen konnten. Er sprach weiter:

„Ein Dschungel mitten in einem verschneiten Gebirge? Das ist echt abgefahren.“

Tetsuo schüttelte den Kopf.

„Nicht wirklich. Der Schnee und das Kraftfeld da werden von einem in meinem Dorf erzeugt. Von unserem Oberhaupt. Er beschützt uns vor euch Menschen und sorgt dafür dass wir ohne Angst vor euch und euren Kriegen leben können. Der Dschungel hat sich laut unseren Vorfahren dort wegen der Umweltveränderung entwickelt.“

Krass. Kaneda war erstaunt. Dann gab es jemanden der mächtiger war als Tetsuo? Eigentlich offensichtlich und nicht unvorstellbar. Das mit der Umwelt klang auch logisch. Wie gesagt damals wurde um den gesamten Fuji alles weggebombt. Durch die nukleare Verseuchung könnte sich da neues oder anderes Leben der Pflanzen entwickelt haben. Er fragte:

„Das bedeutet ihr habt da eine richtige Zivilisation? Eine von der die Regierung Japans nichts weis? Das ist heftig. Aber vielleicht ist es echt besser so, wenn man bedenkt dass ihr auf der Abschussliste steht…Das ist ja voll cool.“

Erstaunt sah ihn Tetsuo an.

„Was? Cool?“

Kaneda lächelte zu ihm.

„Klar ist das cool! Ich meine das ist wie aus einem von Kai seinen verrückten Büchern die er ließt! Eine geheime Welt in der ihr vor Menschen in Frieden leben könnt. Wie ist es so bei euch? Kann ich mehr davon hören? Wie lebt ihr dort?“

Tetsuo war vollkommen überrumpelt. Nie hätte er gedacht das Kaneda so offen und interessiert an seinem Zuhause sein könnte. Das er so viele Fragen stellte. Irgendwie…machte ihn das glücklich. Es zeugte von Neugier und Akzeptanz…Er lächelte ganz kurz und sprach dann zögerlich:

„Ähm okay…Also…Wo fange ich da am Besten an? Wir leben in Frieden und strukturiert. Also mein Dorf ist nicht wirklich so wie ihr euch ein „Dorf“ wahrscheinlich vorstellt. Wir leben in Ruinen, die bei dem Krieg damals entstanden sind. Mir wurde erzählt dass sich das Gebirge nur entwickelt hat, weil unsere Vorfahren da nachgeholfen haben. Die Gebäude die mitgezogen wurden, bei der Veränderung, benutzen wir als unser Zuhause. Aber wir haben natürlich auch angebaut. Über Elektrizität verfügen wir zwar nicht, aber wir wissen was es ist. Auch gibt es bei uns kein fließendes Wasser, aber einen Fluss in der Nähe. Technologie ist verboten.“

Der erklärte warum er sich bei der Dusche erschreckt hatte. Er kannte das nämlich nicht. Verboten…Vielleicht lag das daran dass Technologie die Umwelt zerstört? Sie schienen ja ein sehr naturverbundenes Volk zu sein. Gebannt hörte ihm Kaneda weiter zu.

„Ich sagte dir ja mal dass wir nur Fleisch zu besonderen Anlässen essen, denn hauptsächlich gibt es bei uns nur Gemüse, oder Obst das wir selber anbauen natürlich. Unser Oberhaupt versorgte vor langer Zeit den Boden mit Nährstoffen damit wir dort gewisses Essen anbauen können. Er ist also die schützende Hand unter der wir alle leben und gedeihen.“

Dieses Oberhaupt schien echt mächtig zu sein.

„Wow der scheint es ja echt drauf zu haben. Also ich meine dieses Oberhaupt. Ist er der stärkste in eurem Laden? Von dem was ich so höre schon.“

Erneut schüttelte Tetsuo den Kopf.

„Nein. Er ist zwar sehr mächtig, aber er ist nicht der Stärkste von uns. Stärke wird bei uns nicht daran festgelegt wer die meiste Steine heben, oder die Umwelt manipulieren kann. Wir definieren in körperliche und geistige Stärke. Und die Geistige Stärke ist das entscheidende. Die stärkste Person in unserer Mitte ist unsere Hohepriesterin Miyako. Meine Adoptivmutter.“

Kaneda sah ihn erstaunt an.

„Echt?! Deine Adoptivmutter ist die stärkste Person bei dir im Dorf?! Das ist ja krass! Das erklärt natürlich warum du so stark bist!“

Tetsuo lief etwas beschämt rot an. Er hielt ihn für stark? Das schmeichelte ihm sehr, auch wenn er noch viel zu lernen hatte.

„Das hat damit nichts zu tun. Jeder hat seine eigene Stärke. Sie ist angeboren. Wir unterteilen unser Fähigkeiten in Klassen. Es gibt Menschen die nur eine Fähigkeit besitzen. Die können zum Beispiel fliegen, oder benutzen Telekinese. Diese gehören zu der unteren Klasse. Dann haben einige zwei oder drei Fähigkeiten. Können fliegen, Gedanken lesen und Telekinese benutzen ect. Das wäre dann die mittlere Klasse. Und in der obersten Klasse sind welche die mehr als 3 Fähigkeiten haben. Und über denen liegen dann das Oberhaupt und die Priesterin.“

Kaneda schmunzelte.

„Und in welche Klasse hat man dich gesteckt?“

„Ich gehöre in die obere Klasse. Ich habe mehr als 3 Fähigkeiten, da sich bei mir über die Jahre hinweg, immer mehr dazu entwickelten.“

„Sowas entwickelt sich dazu? Echt? Ich dachte man wird damit geboren und es wäre somit auch festgelegt?“

„Es ist ein natürliches Wachstum. Dein Körper ist ab einem bestimmten Zeitpunkt ausgewachsen und bis dahin können sich auch die Kräfte noch entwickeln. Bei uns endet das ab dem 15ten Lebensjahr. Also ich bin so gesehen schon erwachsen und fertig entwickelt.“

Also auch fruchtbar…Kaneda schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder. Er war so froh alles über Tetsuo zu erfahren, aber dennoch war immer noch die Lust in seinem Hinterkopf…

„Das bedeutet alles was du kannst ist auch alles was du kannst. Da kommt also nicht mehr dazu, oder?“

Tetsuo nickte.

„Richtig. Ich kann höchstens lernen es besser zu kontrollieren oder zu verstärken, aber Neues kommt nicht mehr dazu.“

„Was kannst du eigentlich alles? Ich meine du kannst: fliegen, Gegenstände schweben lassen, Gedanken lesen bei Berührung und was noch?“

Wow er hatte echt aufgepasst und mitgezählt? Er war doch aufmerksamer als Tetsuo dachte. Oder lag es an seinem Interesse an dem Kleinen…?

„Ich bin überrascht das du dir das alles gemerkt hast…Ja, ich kann alles was du gesagt hast. Dazu kann ich mich noch teleportieren, aber das habe ich noch nicht so oft gemacht und trainiert. Einen Schutzschild um mich errichten kann ich auch, wenn auch nur für einige Minuten da das sehr anstrengend ist. Und ich heile mich schneller als andere in meinem Dorf. Normalerweise ist die schnelle Regeneration bei uns normal, aber ich bin noch schneller als andere, wie bereits gesagt.“

Er war also ein kleines Wunderkind selbst unter seiner eigenen Art. Kaneda kam langsam und Stück für Stück näher bei der Konversation. Näherte sich ihm. Entweder schien Tetsuo das nicht aufzufallen, dass der Abstand zwischen ihnen weniger wurde, oder er ließ es bewusst zu…

„Das klingt aber nach schon verdammt viel, wenn du mich fragst. Was kann denn dann erst der Rest über dir?“

„Unser Oberhaupt kann all das auch und die Dinge die ich dir noch erzählt habe. Mutter Miyako kann aber viel mehr. Sie kann all das was jeder von uns kann, aber sie kann noch die spirituelle Ebene berühren. Es wird auch die „göttliche“ Ebene genannt. Was bedeutet sie kann mit Toten in Kontakt treten, sie kann leichte Blicke in die Zukunft erhaschen und sogar Wunden und starke Verletzungen heilen. Wenn jemand zum Beispiel ohne funktionierende Beine auf die Welt kommt, also im Rollstuhl sitzen müsste, kann sie ihn wieder heilen und laufen lassen.“

Kaneda riss es fast die Kinnlade zu Boden als er das hörte.

„WAS?! Echt jetzt?!“

Tetsuo nickte.

„Ja, aber es kostet sie sehr viel Kraft. Meist muss sie sich dann Tage davon erholen. Unsere Kräfte kosten uns alle Energie und Kraft, deswegen bin ich nach gewissen Dingen auch immer etwas fertig, wenn es viel von meiner Stärke verlangt. Meine Regeneration zum Beispiel, dass hast du ja selber miterlebt. Und von uns allen leben unser Oberhaupt und die Hohepriesterin länger. Sie haben eine höhere Lebenserwartung. Frag mich nicht warum, ich habe keine Ahnung. Miyako ist bereits über 100 Jahre alt.“

Dann lebte sie also schon VOR dem Krieg und der offiziellen PsyKI-Krise. Das war sehr interessant…Kaneda war wieder etwas näher an Tetsuo gerückt. Er bekam das mit den 100 Jahren mit, aber es war momentan nicht so interessant denn sie saßen fast nebeneinander und er fühlte bereits schon die Wärme des Kleinen. Er wurde leicht zittrig deswegen. Er wollte ihn so gerne berühren und küssen. Dieses schlappe, ärmellose Hemd und die Shorts machten es ihm nicht leicht…Er hatte einfach keine verdammte Willenskraft. So schluckte er und sprach dabei:

„Echt?...Wahnsinn…“

Aber das „Wahnsinn“ galt mehr seinem Nachbarn der einfach nur verführerisch war und ihn so langsam total unbewusst erregte. Tetsuo bemerkte die Art wie er das gesagt hatte und sah ihn unsicher an. Da war es schon wieder. Dieses Gefühl. Dieses Kribbeln und Knistern zwischen ihnen. Auch wurde Kaneda sein Atem etwas schneller und er fühlte die Wärme von ihm bis zu sich rüber. Und interessanter Weise…reagierte Tetsuo sein Körper auf dieselbe Art und Weise. Als würden ihre Körper miteinander kommunizieren und aufeinander reagieren…

„Du bist schon echt der Wahnsinn Tetsuo, weist du das…?“

Er kam noch näher und sie saßen sich nun endlich nahe gegenüber. Zueinander gedreht und sahen sich nur an.

„F-findest du…?“

Kam es unsicher aus dem Kleinen. Jeder konnte den Atem des anderen in seinem Gesicht fühlen und es wurde sehr warm zwischen ihnen. Beider ihre Herzen schlugen ihnen bis zum Hals. Dieses Mal war es auch für Kaneda anders. Was auch immer für eine Bindung zwischen ihnen war, sie knallte voll durch. Es gab nur noch diesen Moment und das Bedürfnis Tetsuo zu küssen. Und wenn er so zurück dachte…bei den Mädels damals hatte er sich einfach genommen was er wollte. Wenn er küssen wollte tat er das, wenn er sie ficken wollte dann machte er das egal wo. Doch irgendwann war das nichts mehr gewesen. Er wollte mehr…Er fühlte sich leer beim Sex mit anderen. Und dann kam Tetsuo. Bei ihm war das anders. Das war nicht einfach nur etwas um sich zu befriedigen. Es sollte auch festigen was immer zwischen ihnen war. Es war wie…eine Paarung für ewig. Eine Prägung konnte man sagen.

Vorsichtig hob er seinen linken Arm und fasste nach dem Gesicht des Kleinen. Tetsuo fing leicht an zu zittern. Aber es war nicht aus Angst. Sondern weil er es wollte. Er wollte berührt werden…von dem den er mochte. Und als die Hand sanft seine heiße Wange berührte war es als schoss ein Blitz durch ihn. Es fühlte sich so gut an. Kaneda war sehr warm und genauso aufgeregt wie er. In all der Zeit in der sie sich kennen, hatten sie sich kaum berührt. Aber wenn, so wie bei dem Kuss in der Bar, dann war es sehr intensiv und warm. Und in dem Moment wollte Tetsuo das diese Berührung ewig währte. Nein…er wollte sogar mehr als diese Berührung. Er sah scheu und leicht erregt zu seinem Gegenüber auf. War Kaneda noch näher gekommen? Sie sahen sich nur an und dann fragte Kaneda so zart anhauchend zu ihm:

„Darf ich…dich küssen Tetsuo?“

Und als er ihn das fragte, konnte der Kleine sich nicht mehr wehren. Er wollte es auch nicht mehr. Alle abwehrenden Charakterzüge von ihm schalteten sich ab und er nickte nur erregt. Es gab nur noch diesen Moment. Nur noch ihn und Kaneda. Und zum ersten Mal in seinem Leben…verspürte er den Drang sich paaren zu wollen. Etwas von dem er dachte er würde es nie spüren. Dachte seine biologische Uhr wäre kaputt, oder er könnte sowas nicht. Aber nun wollte er es. Er wollte sich mit Kaneda paaren. Denn auch er hatte ihn gewählt. Wusste nicht wann es passiert war. Aber nun war es so. Und es machte ihn glücklich. Und auch Kaneda hatte noch nie zuvor so vorsichtig um Erlaubnis zum Küssen gebeten. Das machte er nur bei Tetsuo, weil er ihn liebte und seinen Körper respektierte.

Und endlich küssten sie sich sanft. Zart und vorsichtig. Ganz anders als in der Bar. Dieses Mal war es nicht wild, es wirkte verliebt. Von Tetsuo sogar noch sehr unsicher dazu. Doch als er die Lippen seines Gegenübers eine Weile kostete, gewöhnte er sich an dieses Gefühl schnell, nahm dann den Mut und umschlang dabei den Nacken von Kaneda und hielt sich fest. Festigte damit die Bindung zwischen ihnen noch mehr und erwiderte den Kuss. Und auch Kaneda packte ihm beim Küssen fester. Die Hände wanderten. Eine an die Hüfte und packte dort zu und die Andere an den Rücken. Und dann ließen sie sich einfach in den Kuss fallen. Wortwörtlich fallen, denn Kaneda drückte den PsyKI nach hinten auf die Couch. Küsste ihn ununterbrochen. Bis er dann über ihm kniete und ihn so weiter machte. So langsam wurde der Kuss auch etwas wilder. Kaneda zwang seine Zunge leicht zwischen die zarten Lippen seines Partners und wollte einen Zungenkuss anfangen. Er wollte schon gleich mehr kosten, Tetsuo aber zögerte unsicher und ließ ihn noch nicht gewähren. So schnell war er dann doch noch nicht.

Ihnen war es nicht bewusst, aber ihre Herzen schlugen in dem Moment im Einklang. Sie schlugen im selben Rhythmus. Komplett identisch…Und so langsam bekam Tetsuo kaum noch Luft und er löste den Kuss schweren Herzens. Auch Kaneda wollte lieber weiter machen, aber nahm Rücksicht. Beide atmeten noch schwer und sahen sich einfach nur an. Tetsuo war knallrot und ließ beide Hände vom Rücken seines Männchens nach vorn zu Brust rutschen. Fasste dort auf das T-Shirt und fühlte die starken Muskeln darunter. Und noch viel wichtiger, den starken Herzschlag, der ihn innerlich in Wallung brachte. Ob er diesen Herzschlag…auch wo anders pulsieren fühlen könnte…? Kaneda tat es ihm gleich. Mit einer Hand stütze er sich noch über ihm ab, aber die Andere fuhr zu der Brust des Kleinen und fühlte dort ebenfalls das Herz. Dort verweilte sie. Das Herz des Kleinen pochte so laut, als würde es gleich aus der Brust brechen. Es war ein schönes Gefühl…Er ging aber nach Sekunden noch weiter und ließ genau diese Hand sanft unter das Oberteil gleiten und direkt auf die weiche Haut, die leicht vor Erregung zitterte. Und sie sahen sich nur an. Das war nicht um nur einfach Sex haben zu wollen…das war eine Bindung. Das war Liebe…

Und plötzlich fuhr die seine Hand zu einer der Brustwarzen des Kleinen und zwickte zu. Tetsuo schrak auf dabei und fiepte sogar etwas. Damit hatte er nicht gerechnet. Es tat etwas weh aber fühlte sich auch gut an. Eine kleine Welle der Erregung jagte durch ihn. Dennoch sagte er etwas giftig und scheu hoch:

„Z-zwick mich n-nicht Kaneda!“

Der grinste und kam dann schnell runter. Küsste ihn erneut sanft und unterbrach ihn gleich wieder. Kleines, rolliges, fauchendes Kätzchen hm? Aber genauso wollte er ihn. Es war teils eine kleine Hassliebe. Kaneda ärgerte ihn und Tetsuo wehrte sich zickig und dickköpfig. Aber dennoch wollten sie sich…Er sprach zu ihm:

„Aber es gefällt dir doch.“

Die kurz darauf erregte und harte Brustwarze war ein eindeutiger Beweis. Tetsuo nahm seine Hände von der Brust des Älteren und verbarg dann sein Gesicht unter seinen Armen, die er über sich gelegt hatte. Es war ihm peinlich. Er kannte sowas nicht. Aber auch für Kaneda war es komplett Neuland. Er hatte noch nie Sex mit einem Jungen gehabt. Er wollte es immer mit Tetsuo tun, hatte aber nie darüber nach gedacht wie er es angehen sollte, oder auf was zu achten war. Immerhin wollte er ihm ja auch nicht weh tun. Wie sollte er anfangen? Massieren? Immerhin musste er einen gewissen Bereich ja auch weiten…Tetsuo stammelte scheu und verneinend, auf Kanedas Aussage, unter ihm hervor:

„T-tut es nicht!“

Kaneda lächelte. Da war er wieder…sein kleiner zickiger Tetsuo…Er wollte noch mehr von ihm. Und in Sekunden hatte er den Kleinen plötzlich gepackt und hob ihn schnell hoch. Kaneda setzte sich in den Schneidersitz und hatte Tetsuo dann auf seinem Schoß, der instinktiv und vor Schreck den Nacken seines Gegenübers umschlang und noch röter anlief. Halt suchte und fand. Beide Beine rechts und links von Kaneda auf der Couch abgestellt. Sie waren sich so nahe. Aneinander gepresst. Besonders an einer Stelle zwischen den Beinen waren sie dicht aneinander…Er stammelte zu ihm hoch:

„W-was m-machst du denn da, Kaneda!?“

Der aber grinste ihn nur an. Eine Hand fasste dann den Arsch und die Andere sanft die linke Wange des PsyKI, als er dann frech und lustvoll sprach:

„Ich lasse dich nicht mehr gehen. Egal was jetzt auch passiert, selbst wenn Kai jetzt in die Wohnung käme, ich würde nicht aufhören mit dir Sex zu haben…Ich will dich Tetsuo…“

Tetsuo lief noch röter an bei diesen Worten. Das: Ich will dich, hatte er schon mal gesagt. Damals auf dem Spielplatz…Es wirkte plötzlich so lange her…Wie feindlich sie sich da noch gesinnt waren, oder zumindest Tetsuo…Also wollte er sich wirklich jetzt mit ihm paaren?! Ihm wurde unwohl. Küssen ist eine Sachen aber eine Paarung etwas ganz anderes! Sicher wollte er es auch, aber wie sollten sie denn anfangen? Wie sollte das funktionieren? Sie waren beide männlich, es würde also etwas schmerzvoller sein weil…Tetsuo wusste nicht ob er das konnte. Ob er sich locker genug dafür machen konnte. Immerhin war er ja noch Jungfrau und völlig unerfahren! Moment! Warum musste ER in der Position des Weibchens sein!? Fiel ihm da so spontan ein. Kaneda küsste ihn wieder wild darauf und der Kleine fühlte dann auch schon eine Zunge in seiner Mundhöhle. Da wurde ihm wieder bewusst warum er das Weibchen war. Kaneda war einfach ein dominantes Männchen durch und durch…So schön es auch war, er drückte Kaneda etwas weg, löste die innige Bindung der Zungen und sagte beschämt zu ihm hoch:

„K-Kaneda ich kenne mich mit sowas nicht aus! I-Ich weis n-nicht ob ich das so einfach kann! I-ich…“

Und dann platzte es unverblümt aus ihm raus, in der schon leichten Panik:

„…ich bin auch noch jungfräulich!“

Kaneda sah ihn darauf einfach nur an. Als Tetsuo bewusst wurde, was er gesagt hatte, wollte er deswegen lieber komplett im Boden versinken. Er schämte sich so sehr. Nein er wollte sich lieber auflösen, oder wegteleportieren. Der Ältere aber grinste ihn nach wenigen Sekunden des Anstarrens nur an und kassierte einen verwirrten Blick von Tetsuo dafür. Warum grinste er? Also doch noch Jungfrau…wie süß. Aber das bedeutete auch für Kaneda dass er ihn nicht gleich so hart rannehmen durfte. Er musste zart und vorsichtig mit ihm sein…Dann aber antwortete Kaneda frech:

„Schon okay Tetsuo. Ich mache dich schon locker genug dafür…“

Er fasste dabei mit der rechten Hand fester den kleinen, knackigen Hintern und bewegte sie so langsam damit in eine Zone, wo sie nichts verloren hatte! Fummelte sogar leicht durch die Hose am Poloch rum. Tetsuo kam aus seiner Röte nicht mehr raus und wand sich etwas, sprach dabei:

„N-Nicht! Kaneda!“

Der aber lachte gleich wieder und hörte auf. Es gefiel ihm irgendwie, wenn er so scheu und schwer zu haben war. Tetsuo sah ihn verwirrt dabei an und dann sprach der Ältere sanft zu ihm:

„Ist schon okay. Vertrau mir einfach…ja Tetsuo? Ich werde nichts tun, was dir wehtun könnte…“

Er sollte ihm vertrauen…Sein Herz schlug wieder schneller und er nickte nur wie in Trance. Er war so verliebt in ihn. Inzwischen hatte auch der junge PsyKI da keine Zweifel mehr. Er wollte nie wieder weg von Kaneda…Hier war er zuhause. Dieser Blödmann hatte ihm sein Herz gestohlen. Und er sollte es auch verdammt noch mal behalten und ihn nie wieder loslassen…

Ein Schmerz zog plötzlich durch seinen Kopf und er wachte sofort aus dieser wundervollen Welt zwischen ihnen auf. Tetsuo sah erschrocken und aufmerksam an Kaneda rechts vorbei. Sah zu dem Balkon. Was war das für ein Gefühl? Natürlich war das dem Älteren nicht entgangen, der fragte besorgt und verwirrt:

„Was hast du? Tetsuo?“

Er konnte es selber nicht sagen. Etwas näherte sich. Es fühlte sich komisch an. Wütend und kräftig. Es jagte ihm Angst ein. Langsam kam er von Kaneda seinem Schoß und setzte sich neben ihm. Er Unterbach nicht eine Sekunde den Blick zum Balkon. Kaneda ließ gewähren aber machte sich Sorgen über dieses Verhalten. Aber ficken wollte er ihn noch immer…Er küsste ihn nur sanft auf die rechte Wange und fasste dabei den Nacken, fragte erneut besorgt:

„Was hast du süßer?“

Er wollte endlich mit ihm schlafen, aber etwas schien Tetsuo zu besorgen und das machte plötzlich auch ihm Angst. Tetsuo unterbrach nicht auf diese Art und Weise einfach…Und dann kam alles Schlag auf Schlag. Tetsuo brüllte nur noch:

„Runter! Kaneda!!“

Und dann riss er ihn links von der Couch mit runter und zu Boden. Sie krachten beide auf den Boden und Tetsuo drückte sie auch weiter runter. Ein lautes Scheppern und schreckliches Kreischen von Glas riss durch den Raum. Und dann flog etwas über sie hinweg. Es krachte an den Tresen der Küche und war schrecklich laut dabei. Glas verteilte sich auf dem Boden und Kaneda sah auf. Etwas war durch seine Balkontür gescheppert und hatte alles zerrissen was sich im Weg befand. Wären sie nicht in Deckung gegangen hätte es sie auf der Couch erwischt und vielleicht sogar getötet. Denn es war ein Stahlpfeiler gewesen, der versucht hatte sie zu erschlagen. Er war nicht besonders groß, aber dennoch tödlich. Kaneda sah hinter sich zur Küche und kam dabei auf die Knie. Tetsuo lag noch immer neben ihn und sah dann rauf. Sofort fasste ihn Kaneda sanft an den Schultern und fragte laut zu ihm runter:

„Geht es dir gut Tetsuo?!“

Der nickte nur und kam ebenfalls auf die Knie neben ihm.

„Ja, alles okay.“

Das war es dann wohl mit der erotischen Stimmung. Und dann hörten sie Schritte und sahen beide nach vorne. Durch die zerbrochene Tür und Glassplitter kam jemand rein geschritten. Es war ein junger Mann mit mittleren, langen, schwarzen Haaren. Er trug ebenfalls wie Tetsuo, bei ihrer ersten Begegnung, ein komplett weißes Outfit. Aber keinen Umgang. Die Kleidung war dreckig und verbarg seinen starken Körperbau. Seine Züge waren ernst, aber dennoch grinst er böse zu den Beiden. Tetsuo hatte sich unbewusst etwas an Kaneda gedrückt, aber dann holte ihn der Schock ein. Es war…es war jemand den er kannte. Und dann sagte die Fremde Person in einer tiefen stimmte zu ihm:

„Das tut mir aber leid. Hab ich die Stimmung versaut? Gut siehst du aus Tetsuo. So paarungswillig wie ich sehe. Ist ja was ganz Neues bei dir.“

Verwirrt sah Kaneda zu ihm. Was? Er kannte Tetsuo? Ein andere PsyKI? Was machte der hier?! Und wie hatte er sie überhaupt gefunden?! Und warum griff er an?! Dann aber schob er sich vor den Kleinen schützend und fauchte sauer zu dem Fremden:

„Wer zum Teufel bist du?! Ist es bei dir Sitte die Türen einzureißen statt sie zu benutzen du Neandertaler?!“

Er hatte keine Angst vor ihm. Für Tetsuo würde er sich mit Gott und der Welt anlegen. Der junge PsyKI hinter ihm, kam aber gleich wieder rechts neben ihn und sprach schockiert:

„Takeyama? Was…was machst du hier Takeyama?“

Kaneda sah zu ihm.

„Also kennst du diesen Wichser? Warum reist der meine Wohnung in Stücke?!“

Takeyama machte einen Schritt vor und trat mit seinen nackten Füßen in das Glas auf dem Boden. Er hatte dabei keine Schmerzen und Tetsuo sah ihn verwirrt an. Nein…er war anders. Etwas stimmte nicht mit ihm. Und dann sprach der Große vor ihnen:

„Schön das du fragst Tetsuo…“

Aber dann sprach der Kleine auch schon erschrockener:

„D-du warst mit Watanabe hier!“

Sein Gegenüber nickte.

„Helles Köpfchen. Eigentlich sollte ich dich von unserem Oberhaupt aus suchen. Aber es ergab sich dann doch noch etwas anderes und naja…Ich traf per Zufall Watanabe und der nun... hat einfach nicht bei uns mitspielen wollen. Es gibt doch noch interessante Menschen hier in der Außenwelt. So viel Macht gaben sie mir und Watanabe sagte einfach „nein“ dazu. Was ein Trottel. “

Und da klingelte es auch bei Kaneda! Er kam auf die Beine zusammen mit Tetsuo und stand noch immer etwas schützend vor ihm. Dieser Typ gehörte zu Mad und Joker! Tetsuo war noch immer geschockt deswegen. Aber dennoch kam nach einigen Sekunden die Wut in ihm hoch. Er verzog das Gesicht sauer und fauchte dann:

„Mad?! Du arbeitest für ihn?! Du hast dich von diesen Monstern anleinen lassen?! Sie haben Watanabe getötet Takeyama! Er war dein Freund! Und jetzt stehst du hier und arbeitest für die?!“

Takeyama kam immer näher und die Zwei ihm gegenüber gingen zurück. Er hinterließ blutige Fußabdrücke wegen dem Glas auf das er trat, aber das war ihr geringstes Problem. Er versprühte Mordlust. Nein, sogar noch mehr…Und als er immer näher kam und nichts sagte fauchte Tetsuo ihn an:

„WAS WILLST DU?!“

Und da blieb das Monster vor ihnen stehen und grinste sehr böse und breit.

„Was ich will? Hmmmm…sagen wir es mal so: Zuerst räume ich deinen Freund hier aus dem weg. Und während er am Boden liegt kümmere ich mich um dich. Dann darf er uns beiden dabei zusehen wie wir Spaß miteinander haben und dann bringe ich dich zu meinen neuen Herren. Damit du auch endlich frei sein kannst und im vollen Maße deiner Kraft. Es wird dir gefallen Tetsuo…“

Dieses widerliche Schwein. Kaneda würde nicht zulassen das er Tetsuo etwas antut! Aber die einzige Lösung war wahrscheinlich nur die Flucht. Tetsuo war stark, aber Kaneda wollte ihn nicht noch mal kämpfen lassen und das Risiko eingehen das er verletzt wird. Er flüsterte leise zu ihm hinter:

„Tetsuo…teleportier dich so weit weg wie möglich und bring dich in Sicherheit.“

Der sah ihn dann erschrocken an und sprach leise und protestierend zu ihm:

„Nein! Ich lasse dich hier nicht allein Kaneda! Ich bleibe bei dir!“

„Das funktioniert eh nicht.“

Kam es dann von Takeyama vor ihnen und sie sahen wieder zu ihm.

„Du bist nur ein Mensch deswegen kannst du es nicht spüren, ich dagegen schon. Dein kleines Weibchen hinter dir ist völlig aus der Puste. Anscheinend hast du zu viel deiner Kräfte benutzt und dich völlig verausgabt Tetsuo. Teleportieren ist nicht mehr drin mit der geringen Kraft die du noch übrig hast. Was bedeutet das ich hier gleich schön meinen Spaß haben werde…“

„Dazu musst du zuerst an mir vorbei du Arschloch!!“

Brüllte Kaneda zu ihm rüber und bereits zu kämpfen, was auch immer folgen sollte. Das konnte er haben. Es war wie ein Startschuss für Takeyama und er brauchte nur Sekunden um Kaneda von den Füßen zu reißen und ihn nach hinten links in die Ecke zu feuern! Hart schlug der Ältere an der Wand zur Eingangstür auf und keuchte dabei. Der Schlag hatte gesessen und ließ ihn etwas triselig werden im Kopf. So dass er leicht verschwommen sah. Hatte sich offenbar den Kopf böse angeschlagen dabei. Tetsuo sah erschrocken hin und schrie nach Kaneda. Es war als hätte man ihm einen Dolch ins Herz gerammt, so sehr tat es weh Kaneda am Boden zu sehen, etwas verletzt am Kopf und leicht blutend. Er lag da und versuchte sich wieder auf die Beine zu kämpfen. Takeyama wollte gerade wieder etwas machen, da sah Tetsuo sauer zu ihm. Er knurrte und hob dann in seinem Zorn den Tisch links von dem Kerl hoch. Feuerte ihn gegen das Monster und riss ihn auf die Couch damit. Der Tisch ging zu Bruch wegen der Wucht, aber Take lachte nur deswegen und sah zu dem noch wütenderen Tetsuo rüber, der allerdings etwas schwer atmete. Das wurde ein Kinderspiel. Der Kleine war zu erschöpft um sich effektiv wehren zu können. Dann kam er langsam auf die Beine und sprach dabei:

„Ist das alles was du kannst süßer? Mit Tischen um dich werfen? Ist das alles was noch an restlicher Kraft in dir ist? Ohhhhhh dann wird das jetzt sehr spaßig…“

Und kurz darauf fühlte Tetsuo Einfluss auf sich. In wenigen Sekunden wurde er hochgehoben und mit voller Wucht rechts an die Zimmerwand geschmissen! Nicht mal mehr davon konnte er sich schützen! Er spürte etwas in sich knacken und kam mit einem Schrei auf dem Boden auf. Er hustete und fasste sich an den Bauch. Etwas tat darin kurz weh und dann sah er wieder auf. Sah wie der Mistkerl vor ihm lachte. Dem würde er das Maul stopfen! Tetsuo sah nach rechts und riss aus einem Block ein Messer. Damit zielte er auf den Kopf des Mistkerls, aber traf nur die rechte Schulter. Blut tränkte leicht das Oberteil in Rot, aber Takeyama machte nicht mal eine Regung deswegen. Also doch…auch er war völlig schmerzunempfindlich geworden. Genau wie dieses Monster damals in Joker seinem Laden. Auch sein Körper war anders geworden. Erschrocken sah Tetsuo wie der Kerl das Messer aus sich riss und dann böse das Blut von der Klinge leckte. Vergnügen daran hatte und es genoss. Danach warf er das Teil nach links von sich und kam auf Tetsuo zugelaufen.

„Stehst wohl auf harte Spielchen was? Wie ein Mädchen dass mit Steinen wirf um sich zu wehren…Gefällt dir meine neue Stärke Tetsuo? Es gefällt mir das du einen auf schwer zu kriegen machst…“

Erneut warf Tetsuo mehrere Sachen nach ihm. Tischbeine von dem kaputten Tisch, so wie auch Küchenutensilien. Nichts traf ihn, denn alles prallte an seinem Schild ab, den er unsichtbar um sich gelegt hatte und aufrecht erhielt. Und er kam immer näher. Tetsuo hatte Angst. Warum konnte er nichts tun? Warum verwandelten die Menschen die er seit seiner Kindheit kannte sich plötzlich rechts und links in Monster?! Oder starben…Er konnte nichts tun. Er war wirklich zu schwach und fragte sich was er nur während seines Blackouts getan hatte, dass es ihn so viel Kraft gekostete. Und als er immer bedrohlich auf ihn zukam…sprang plötzlich Kaneda von hinten auf den Rücken von Takeyama! Mit dem selben Messer bewaffnet das Tetsuo eben noch in den Kerl gestochen hatte. Er hatte es nämlich in die Richtung des Menschen gefeuert und der hatte es sich gegriffen. Und das tat auch der Ältere… er stach zu! Und zwar in den Hals. Takeyama brüllte vor Wut auf dabei und wand sich. Versuchte Kaneda abzuwerfen, auch als das Messer tief in seinem Hals steckte.

„Na wie gefällt dir das du Arschloch?! Lass die Finger von Tetsuo!!“

Der Typ an dem er hing wurde immer wütender, aber er fing sich leider auch wieder nach einigen Sekunden und riss dann mit seinen Kräften Kaneda von dem Rücken und feuerte ihn wieder an eine Wand. Dieses Mal über die bei der Couch, so das er auf ihr landete und dann von ihr runter rollte, hart auf dem Boden aufschlug. Er spürte einen stechenden Schmerz in seinem Rücken, aber versuchte dennoch wieder auf die Beine zu kommen. Tetsuo sah erschrocken zu ihm hin und brüllte:

„KANEDA!“

Takeyama zog sich das Messer aus dem Hals und sah es wütend an. Dann knurrte er und sprach sauer zu dem Menschen rüber:

„Oh du tust alles für dein Weibchen, hä?! Du Wahnsinniger!“

Und dann ließ er das Messer mit seinen Kräften fliegen und direkt auf Kaneda zu. Tetsuo sah das erschrocken, wollte das mit seinen eigenen Kräften noch ablenken, aber er kam nicht dagegen an. Takeyama war viel mächtiger geworden als er und so verfehlte das Messer auch nicht sein Ziel…Kaneda schrie auf vor Schmerz als es sich in seine rechte Schulter bohrte und dort stecken blieb. Die Haut zart durchdrang wie Butter. Bei diesem bitteren Schrei hatte Tetsuo das Gefühl man würde ihm das Herz zerquetschen. Und er bekam ebenfalls Schmerzen. Aber in der Brust. War es sein Herz? Er sah das Messer in ihm stecken, sah das Blut durch das T-Shirt sickern… und sein Denken schaltete aus. Er wollte nur noch zu Kaneda. So kam er auf die Beine und wollte an Takeyama vorbeirennen, schrie dabei noch immer nach Kaneda. Aber dann wurde er am Nacken mit einer kräftigen rechten Hand gepackt und auf den Boden geschmettert. Er keuchte auf, als er auf dem Bauch landete und den Boden küsste. Sah mit leichten Tränen in den Augenwinkeln zu Kaneda der sich erst mal nicht mehr aufrichten konnte und seitlich lag. Das Messer steckte sehr tief und er wusste dass wenn er es rausziehen würde, er vielleicht Blutverlust erlitt. Also ließ er es stecken und sah schwach zu Tetsuo. Der schlurzte und streckte einen Arm nach ihm aus. Er wollte ihn greifen. Ihm helfen. Aber der Große hielt ihn eisern am Boden und fasste sich mit der freien Hand an seine Wunde die ihm Kaneda zugefügt hatte. Es dauerte nur Sekunden und sie war wieder verheilt. Schnellere Regeneration, genau wie bei dem Monster damals bei Joker. Was war nur los? Er spuckte leicht Blut links von sich und sprach dann zu Tetsuo runter:

„Und wo willst du denn hin mein süßer? Ich sagte doch das wir zwei noch Spaß miteinander haben werden!“

Tetsuo sah zu ihm hoch und schrie:

„Das bist nicht du Takeyama! Die haben irgendwas mit dir angestellt! Wehre dich dagegen!!“

Er sah ihn an.

„Was? Warum sollte ich mich gegen so viel Macht wehren? Und auch dir wird es gefallen, glaub mir…“

Aber Tetsuo hörte ihm nicht mal mehr zu. Es machte keinen Unterschied. Take war weg und nur noch ein Monster. Er versuchte sich unter der Hand zu winden und zu befreien. Vergebens. Dann brüllte er vor Wut und Verzweiflung:

„Lass mich los!! Nimm deine Hände von mir!! Kaneda!!“

Und dann kam der Große über ihn und etwas weiter nach hinten. Kniete über ihm. Hielt aber noch immer Tetsuo mit einer Hand zu Boden gedrückt. Er leckte sich die Lippen sehnsüchtig und sprach dann, als er den Kleinen unter sich sah:

„Hattest du schon immer so einen hübschen Arsch Tetsuo? Wie blind war ich nur? Wie er sich wohl anfühlt? Ich denke dein Freund wird auch gleich eine Menge Spaß dabei haben uns zuzusehen…“

Tetsuo erstarrte förmlich als er dieses Gefühl war nahm. Dieses Gefühl dass er…ihn vergewaltigen wollte. Es überrollte ihn förmlich. Takeyama kam neben sein Gesicht mit seinem und sprach zu ihm flüsternd:

„Und wenn ich dich so richtig durchgefickt habe, dein Wille gebrochen ist…dann werde ich noch deinen Freund da drüben vor deinen Augen töten. Das wird ein Spaß…“

Und da fing Tetsuo an zu weinen. Er konnte nichts tun. Er fühlte wie eine freie Hand an seine Shorts glitt und diese runterziehen wollte. Und dann schrie er. Es war zu viel. Es wurde einfach zu viel. Er konnte mit seinen Gefühlen nicht mehr zurechtkommen und er hatte Angst wieder die Kontrolle zu verlieren…Er wollte das nicht! Er gehörte doch…! Kaneda versuchte sich dagegen wieder unter Schmerzen hochzurappeln und fauchte bösartig und laut zu ihnen rüber:

„FASS IHN NICHT AN!! TETSUO!!“

Aber dann riss die Wohnungstür auf. Sofort stand plötzlich Kai mit einer Pistole in der Hand im Raum und sah Kaneda auf dem Boden liegen. Er hatte den Krach gehört und sich erst mal bewaffnen müssen. Es spielte sich in einem Bruchteil einer Sekunde alles in seinem Kopf ab und er sah zu Takeyama rüber. Sah Tetsuo unter ihm und was der Typ mit ihm tat. Er hob die Waffe und schoss. Der Schuss traf in die Brust und das Monster keuchte kurz auf. Blieb aber weiter sitzen. Erschrocken sahen Kaneda und Tetsuo zu Kai, der ebenfalls erstarrt war. Der Schuss hatte gesessen! Er hatte sein Herz mit Sicherheit erwischt! Warum saß er noch?! Das Monster sah nur zu seiner Brust und dann zu dem Menschen rüber der ihm das Loch verpasst hatte. Dann sprach er emotionslos:

„Du hast mir ein Loch verpasst, du kleine Made.“

Und schon wurde Kai von den Füßen gerissen und flog nach links über Kaneda drüber. Er schrie dabei und flog gegen die Wand neben dem Balkon. Krachte dran und stürzte dann ab. Aber als er auf dem Boden aufschlug landete er böse seitlich im Glas! Es schnitt sich durch sein weißes Hemd und in seinen rechten, freien Arm. Riss Wunden in das Fleisch und ließ sie leicht bluten. Es schmerze und auch Splitter stecken in ihm. Kaneda sah erschrocken zu ihm und brüllte:

„KAI!“

Takeyama schüttelte nur den Kopf:

„Ihr dummen Menschen. Was denkt ihr euch eigentlich ihr Maden?! Ich werde dafür sorgen dass ihr lernt euren Platz auf dieser Welt zu finden!!“

„Dann fangen wir erst mal mit deinem an!!“

Erschrocken sah das Monster wieder nach rechts, als er die tiefe Stimme hörte. Er konnte nicht mal so schnell reagieren, wie er auch schon einen Lauf auf sich gerichtet sah. Einen Lauf einer Laserwaffe. Und dann knallte es. Und kurz darauf riss es seinen linken Arm ab und zerfetzte ihn. Takeyama ließ Tetsuo durch den Verlust seines Armes los und schrie. Fasste sich mit der rechten Hand in die Wunde. Blut ergoss sich neben den Kleinen auf den Boden und der sah vor. Sah zu Yamagata der mit der qualemden Waffe, noch immer auf das Monster gerichtet, da stand. Der brüllte dann zu dem kleinen PsyKI:

„Beweg deinen Arsch Tetsuo!!“

Und zum ersten Mal in seinem Leben hörte er auf das Großmaul. Tetsuo trat instinktiv mit einem seiner Beine aus. Brachte das Monster durch den gezielten Tritt an eines der Beine zum Umfallen und kam dann hoch, rannte zu Kaneda rüber in Sicherheit. Der hatte sich inzwischen hingesetzt und sah dankbar und erleichtert zu Yama rüber. Er hatte sie gerettet. Alle zusammen. Zumindest im Moment. Dann sah er aber wieder zu Tetsuo der ihn glücklich umarmte und dabei immer wieder sagte:

„Kaneda! Kaneda!“

Noch immer mit Schmerzen und Messer in der Schulter, küsste er aber dann sanft den Kleinen auf die Stirn. Es war ein schöner Anblick die Zwei so zu sehen. Tetsuo sah ihn dann verrotzt an und sprach:

„I-ich hatte so Angst um dich…“

Es waren so ehrliche Gefühle…Und dann drückte er sich wieder an den Älteren und der schmiegte sich auch an ihn. Er war zwar verletzt aber glücklich. Tetsuo ging es gut. Yamagata kam neben die Zwei und hielt immer noch die Waffe auf den brüllenden Takeyama gerichtet, der sich noch immer vor Schmerzen wand. Nur kurz blickte er zu Kai und sah dass der sich langsam vom Boden erhob und sich schmerzhaft an den Arm fasste. Aber es reichte auch schon, denn als er sah wie verletzt der Kleine war wurde Yama plötzlich richtig wütend und sah wieder vor. Er sprach dabei laut:

„NA?! Ist nicht mehr so lustig wenn man plötzlich nen Arm verliert was?! Das ist für meine Freunde du Arschloch!! Und freu dich noch auf das kommende Nachspiel!!“

Kaneda sah zu Kai und fragte laut und besorgt:

„Kai! Wie schlimm ist deine Verletzung?!“

Der saß da und sah zu Kaneda rüber. Er gab ihm einen Daumen nach oben und lächelte leicht, wenn auch etwas schmerzhaft. Er bekam ein Lächeln zurück. Offensichtlich ertragbar. Dann krabbelte der Jüngste auch schon zu ihnen und alle waren hinter Yamagata der heroisch mit der Waffe vor ihnen stand. Es brauchte noch einige Sekunden bis die wieder einsatzbereit war. Aber wenn sie es war gab es ein Knall von dem das Monster sich nicht mehr erholen würde! Tetsuo sah zu dem Messer in der Schulter von Kaneda und schlurzte. Das war seine Schuld. Wenn er doch nur seine Kräfte nicht…Der aber lächelte ihn an. Ein Zeichen das er sich keine Sorgen machen musste. Kai wand sich auch an Kaneda und sagte zu ihm:

„Tut es sehr weh Kaneda?! Wir müssen das Messer später entfernen!“

„Es geht mir gut Kai. Halb so wild.“

Dann fauchte er an Yamagata vorbei und zu Takeyama:

„Das ging ganz schön nach hinten los, was?! Fick dich du Missgeburt!!“

Aber etwas stimmte nicht mit Takeyama vor ihnen. Er wand sich noch immer auf dem Boden, rollte sich förmlich vor Schmerz an der Stelle hin und her. Dabei hatte er sich an die klaffende Wunde des Arms gefasst, der abgerissen war. Wie gesagt der abgetrennte Arm war sogar pulverisiert. Aber der Stummel am Arm blutete nicht mehr. Er qualmte nur weißlich. Was war da los. Er schrie auch schrecklich dabei. Die Schmerzen waren offenbar unerträglich. Aber die Wunde heilte doch schon. Oder nicht? Auch Tetsuo sah verwirrt hin, löste sich dabei von Kaneda. Etwas stimmte nicht…er fühlte einen starken Druck. Takeyama hatte Schmerzen. Aber diese waren…Yamagata spuckte neben sich auf den Boden und sprach dann sauer:

„Mir reicht es jetzt! Ich werde den Wichser von seinen Qualen erlösen!!“

„Alter spuck nicht auf meinen Teppich, was ist los mit dir?!“

Kam es sauer von Kaneda. Und dann brüllte der PsyKI vor ihnen so laut auf, dass alle förmlich erstarrten vor Schreck und ihn ansahen. Takeyama setzte sich hin. Kniete vor ihnen und atmete sehr schnell. Verkrampft sah er zu Tetsuo und für eine Sekunde hatte der Kleine das Gefühl, dass der alte Take wieder da war. Das sah er in seinen Augen. Und dann sprach der Große voller Schmerz und seine Stimme verzog sich sogar dabei tiefer:

„Te…Tetsuo…Hilf…mir…“

Und dann brüllte er erneut und sein Arm pulsierte. Erschrocken sah ihm die Gang dabei zu, wie sein Arm sich selbständig machte. Das Fleisch zerriss unter der Kleidung und formierte sich neu. Adrige Tentakel rissen aus dem Oberteil und lösten es vom Oberköper. Seine verletzte Körperhälfte fing an zu mutieren und übernahm sein gesundes Fleisch, fraß es förmlich auf. Formte ihn langsam zu einer Masse die sich selbst verschlang und alle sahen nur geschockt dabei zu. Besonders Tetsuo. Völliger Kontrollverlust. Er hatte seine Regeneration nicht mehr unter Kontrolle und es verschlang ihn. Verwandelte ihn in Masse. In ein Monster. Tetsuo drückte sich verängstigt an Kaneda. Er konnte das nicht sehen. Er hatte Angst. Es war wie damals im Dschungel. Wie dieses Ding…Kaneda umschlang ihn sanft und schrie dann zu Yamagata, der auch noch erstarrt war:

„Yamagata!!! Erschieß es!!“

Und da wachte er auf. Er sah auf den Ladebalken seiner Waffe und nickte. Dieses Ding versuchte mit einer riesigen, mutierten Masse, die eine Hand formte, nach ihnen zu greifen. Es wollte Tetsuo greifen, dass war sein Instinkt. Es wollte ihn verschlingen. Nur ihn. Kai drückte sich auch etwas rechts an Kaneda und sprach:

„Yamagata!“

Und dann antwortete der locker:

„Ja, ja ich weis! Frohe Weihnachten du Arschloch!!“

Und dann drückte er ab. Er zerschoss die Masse vor sich und traf dazwischen genau den Kopf von Takeyama. Und in wenigen Sekunden war die Gefahr gebannt. Alles klatschte auf den Boden und zerlief wie heißer Pudding. Dampfte dabei weiß und fing an sich aufzulösen. Und als sich dann der Rauch nach Minuten verzogen hatte, lag in mitten des Raumes nur ein Skelett. Den Schädel durch den Schuss zerbrochen und der Arm fehlend. Alles Fleisch und die Organe hatten sich aufgelöst. Anders als damals bei ihrem ersten PsyKI, den sie getötet hatten. Und anders als bei dem im Hauptquartier von Joker. Tetsuo löste sich von Kaneda und sah wieder hin. Es war schrecklich. Aber noch schlimmer waren die Menschen die ihm das angetan hatten. Noch nie zuvor hatte Tetsuo so etwas gesehen. Was passierte nur mit seiner Art? Was machten Joker und Mad nur mit ihnen, dass sie sich in Monster verwandelten und so große Macht besaßen? Noch nie kam Takeyama an die Kräfte von Tetsuo ran, nicht mal als Kind. Aber heute hätte er ihn locker besiegen können, selbst wenn Tetsuo bei voller Stärke gewesen wäre. Kaneda fasste ihn sanft an den Schultern und fragte noch immer unter Schmerzen:

„Geht es dir gut?“

Zögerlich nickte der PsyKI und sah auf den Boden. Aber ehrlich gesagt wusste er es selber nicht so genau. Er hatte…einfach Angst. Yamagata legte derweil die Knarre auf den Boden und drehte sich um. Er kam sofort zu den Jungs runter und fragte in die Runde:

„Alles okay?!“

Die nickten ihm zu. Er sah zu Kai und der lächelte. Endlich war Yamagata mal wieder ein Held gewesen. Und kein Arschloch. Genauso liebte er ihn am meisten. Aber Tetsuo wurde etwas bewusst in dem Moment…Es musste aufhören. Er musste beenden was auch immer Joker und Mad taten. Und es musste schnell passieren…Yamagata sah sich im Zimmer um. Erkannte all das Chaos was dort herrschte und sprach:

„Oh mann…Da wird deinem Hausverwalter echt der Arsch bluten.“
 

„Wie meinst du das Tetsuo? Warum magst du Akira nicht?“

Fragte Miyako sanft als sie ihre Kleidung in ihrem Schrank ordentlich zusammenräumte. Kei war auch da und las in der hinteren Ecke eines ihrer Bücher. Tetsuo stand unsicher in der Mitte des Raumes und sah scheu auf den Boden. Er war noch klein, aber er mochte diesen Akira nicht. Konnte es aber auch nicht richtig erklären. Dann sprach er mit seiner zarten Stimme:

„Er macht mir Angst Mutter Miyako. Er sieht mich immer so eindringlich an und seine Kräfte geben mir das Gefühl so erdrückend zu sein.“

Miyako sah zu ihm. Es stimmte das Akira etwas Besonderes war. Er war ein sehr mächtiger und starker junger Mann. Seine Kräfte waren so stark, das sogar Ryu und Miyako etwas unsicher deswegen waren. Denn oft hatte er auch beweisen dass er theoretisch alles tun konnte was er wollte. Wenn Akira wollte…könnte ihn keiner aufhalten. Aber er war ein guter junger Mann. Kein Grund zur Sorge. Kei sah genervt zu dem kleinen Tetsuo und sprach dann:

„Du bist so ein Schisser Tetsuo. Du hast zu viel Zeit um dir über sowas Gedanken zu machen.“

Miyako sah zu Kei rüber und antwortete mürrisch:

„Kei! Also wirklich, dass ziemt sich nicht für eine angehende Priesterin und Heilerin.“

Die Kleine wurde dann auch wieder sofort still und las wieder in ihr Buch hinein. Sie war ebenfalls in der oberen Klasse wie Tetsuo. Konnte aber im Gegensatz zu ihm noch heilen, dafür aber nicht fliegen. Nicht so gut und stark heilen wie Miyako, aber kleine Schnitte waren schon drin. Tetsuo sah zu ihr rüber, unsicher und antwortete:

„A-aber ich fühle dass er anders ist. Er ist mir so unheimlich…“

Miyako kam zu ihm rüber und streichelte ihm dann sanft durch das Haar. Beruhigte ihn damit und antwortete:

„Du musst vor nichts Angst haben Tetsuo. Es stimmt, Akira ist anders. Aber fürchte dich nie vor Dingen die anders sind. Furcht und Angst führen zu Wut. Diese Wut verwandelt sich dann in Hass. Und Hass führt nur zu unerträglichem Leid und Schmerz. Und zum Verlust seiner selbst. Dessen musst du dir immer bewusst sein Tetsuo. Verschließe nie dein Herz vor dem Anderen oder dem Unbekannten. Sei offen dafür und wer weis…vielleicht findest du dadurch deinen Platz in der Welt. Einen Ort wo du hingehörst und eine Person die dich mehr als alles andere liebt."

Painful past

Kaneda saß mit seinem Vater im Auto.

Er saß hinten auf dem rechten Rücksitzt und spielte in der Luft mit einem kleinen Motorrad. Dabei machte er fröhlich die Geräusche davon nach und fuhr wild Runden. Er wollte, wenn er erwachsen war, auch gerne ein Motorrad haben! Das fand er sehr toll, er mochte Autos und Motorräder. Aber nach einer Weile sah er aus dem Fenster neben sich. Er fragte sich wohin ihn sein Papa nur brachte? Sie waren schon lange unterwegs und auch nicht an einem Ort den er kannte. Auch wenn er noch sehr klein war hatte er ein gutes Gedächtnis und konnte sich die Umgebung schnell einprägen. Diesen Ort kannte er nicht. Sie schienen in einem äußeren Stadtteil von Neo Tokyo zu sein, denn es wuchsen an den Straßenrädern mehr Bäume, als in der Innenstadt. Auch wenn diese etwas krank aussahen. Auch erkannte er die kleineren Häuser, keine Hochhäuser. Inzwischen hatte er sich hingekniet und sah weiter gespannt raus. Fragte dabei:

„Du Papa? Wo sind wir denn hier?“

Sein Vater vorne auf dem Fahrersitz antwortete aber nicht und fuhr einfach nur weiter. Shotaro war schon länger aufgefallen dass sein Papa nicht mehr viel mit ihm sprach oder unternahm. Außer das nötigste. Und er fand es noch komischer dass seine Mama nicht mit dabei war. Angeblich machten sie doch deinen Ausflug. Warum war seine Mama also nicht dabei und blieb zuhause? Sollten Ausflüge nicht gemeinsam sein? Vor allem blieb sie so allein und traurig zuhause. Bevor sie losgefahren waren hatte sie ihn noch fest gedrückt. Warm und herzlich. Aber sie hatte dabei geweint. Er fragte was los war, aber sie gab ihm nur einen Kuss auf die Stirn und antwortete nicht. Auch als er sagte: Bis später, kam nichts mehr von ihr. Sie weinte nur bitterlich. Er verstand das nicht. Hatten Mama und Papa sich gestritten? Auch hatte sein Papa einen großen Koffer dabei. Verreisten sie vielleicht ohne seine Mama?

Und endlich kam der Wagen zum stehen. Shotaro sah noch immer aus dem Fenster und sich gespannt um. Sie waren am Straßenrand zum stehen gekommen und er sah bereits einen Spielplatz hinter einen Gitterzaun. Viele verschiedene Kinder tummelten sich dort in allen Altersklassen. Auf Schaukeln, im Sandkasten oder auf der Wippe. Das Donnern der Fahrertür riss ihn aus seiner Aufmerksamkeit und er sah zu seinem Vater, der um das Auto lief und den Koffer aus dem Kofferraum des Wagens holte. Diesen schlug er ebenfalls zu und dann kam er zu seinem Sohn an die Tür. Schnell setzte sich Shotaro wieder ordentlich hin und machte seinen Sicherheitsgurt los. Schnappte sich sein Motorrad und sah zur Tür. Als sich diese öffnete kam er rausgesprungen und lächelte lieb zu seinem Vater hoch. Anders als andere Kinder war Shotaro für einen fünfjährigen sehr aufmerksam und neugierig. Normalerweise waren Japaner eigentlich eher zurückhalten und diszipliniert erzogen. Er war auch ein guterzogenes Kind, aber sehr energiegeladen und konnte den Hintern kaum stillhalten. Etwas was er von seiner Mutter hatte, so wie auch ihre Augen. Er lachte und fragte:

„Was machen wir jetzt Papa?“

Der sah zu ihm runter und streichelte ihm schnell durch das Haar. Etwas was er schon lange nicht mehr gemacht hatte. Deswegen genoss er es auch so. Und dennoch gab er seinem Sohn keine Antwort und nahm ihn an der rechten Hand. Links hatte er den Koffer. Kurz darauf liefen sie die Straße einige Meter hoch und direkt auf das Gebäude zu, das neben dem großen Spielplatz war. Es war ein sehr großes Gebäude, aber kein Hochhaus. Er sah mehre Fenster an den Hauswänden. Es wirkte etwas älter aber nicht verwahrlost. Und dann schritten sie auch schon durch eine große Tür. Waren in einer Halle und Shotaro sah sich um. Dort hingen Malereien von Kindern an den Wänden, es waren Sitzmöglichkeiten vorhanden und etwas vor ihnen ein Anmeldetresen. Wo auch schon eine etwas ältere Frau stand und sich freundlich auf sie zubewegte. Sie sprach mit seinem Vater und Shotaro sah sich derweil weiter um. Sah hinten in einem Gang wie mehre Kinder dort standen und ihn beobachteten. Freundlich winkte er zu, aber die drehten sich nur um und rannten weg. Okay…Aber wo war er nun genau? Und warum waren sie hier? War das vielleicht ein neuer Kindergarten? Musste er ihn eventuell wechseln? Aber er mochte seinen alten Kindergarten…

Aber dann fühlte er auch schon wie sein Vater ihm noch mal durch das Haar streichelte, so das er hoch sah. Offensichtlich hatten sie fertig gesprochen und sein Papa lächelte ihn an. Er darauf zurück. Es machte ihn glücklich, denn sein Papa hatte ihn lange nicht mehr angelächelt. Er stellte dann den Koffer ab und kam zu seinem Sohn runter auf die Knie. Sah ihn lieb an und hielt noch immer die Hand auf seinem Kopf. Sie verweilte dort und es wurde warm an der Stelle. Er war so groß geworden. Es kam ihm nicht so lange vor da hatte er ein kleines Bündel in den Armen gehabt und war offiziell Vater geworden. Nun stand vor ihm ein kleiner und wunderschöner Junge, lilanes T-Shirt und kurze beige Hose. Aber Shotaro fiel da etwas auf…Zitterte sein Papa etwas? Shotaro legte den Kopf leicht schief und fragte lieb:

„Alles okay Papa? Ist dir kalt?“

Er fragte das wegen dem Zittern, aber dann wurde er auch schon von seinem Vater gedrückt. Es war eine lange und innige Umarmung, die ihn so glücklich machte, dass er ihn gleich zurück drückte. Er lachte auch kurz dabei. Und dann endlich antwortete ihm sein Vater:

„Es ist alles gut…Shotaro…“

Er löste die Umarmung und sah ihn lieb an. Aber noch immer wusste das Kind nicht was los war. Sein Vater streichelte ihm wieder über den Kopf.

„Mama und ich haben dich sehr lieb Shotaro. Und wir wollen das es dir gut geht.“

Der Kleine lächelte seinen Vater an.

„Das weis ich doch Papa! Ich hab euch auch sehr lieb!“

Schmerzhaft verzog sein Vater das Gesicht. Tat ihm etwas weh? Shotaro konnte das nicht begreifen. Und dann küsste ihm sein Vater peinlich auf die Stirn. Aber es war sehr…zittrig und lang. So langsam wurde ihm unwohl dabei und er fragte unsicher:

„Papa…?“

Der aber löste sich endgültig von ihm. Ließ ihn komplett los und sprach dann sanft:

„Geh etwas auf den Spielplatzt spielen…Ja mein Großer?...Papa hat dich lieb.“

Und da kam die ältere Dame hinter Shotaro und fasste ihn an den Schultern. Verwirrt sah er zu ihr rauf. Sie lächelte sanft und sprach:

„Na komm Shotaro Kaneda. Ich zeige dir mal unseren Spielplatz.“

Sie nahm ihn dann an der rechten Hand und zog ihn sanft mit sich. Shotaro griff kurz noch die Hand seines Vaters, aber rutschte dann von dieser ab. Es fühlte sich an…als würde man etwas abtrennen. Eine Verbindung kappen und das machte ihm Angst. Aber er war ein großer Junge und hörte auf seinen Vater. Also ging er still mit und sah noch mal hinter sich. Sah wie sein Vater mit einer jüngeren Dame sprach. Und dann verließ er auch schon die Eingangshalle. Kam auf dem Spielplatz an und wurde dort abgestellt, denn die Oma musste zu zwei anderen Kindern die sich prügelten. Unsicher sah er sich um und lief etwas weiter auf den Platz. Da er nicht wusste was er hier sollte stand er erst mal nur da und beobachtete. Aber nach einigen Minuten bekam er Durst und ging zu einem Wasserspender der in der Nähe des Zauns stand. Befeuchtete seine Kehle und sah wieder zu dem Platz hinter sich. Was sollte er hier? Und warum kam sein Papa nicht um ihn zu holen, oder mit ihm zu spielen? Da es schon Nachmittag war ging auch so langsam die Sonne unter. Und mit ihr bekam er Angst. Sein Papa kam einfach nicht. Er drückte sich das Spielzeug-Motorrad an die Brust und schlurzte. Und dann hörte er eine Autotür von der Straße hinter sich. Er drehte sich um und…lächelte fröhlich. Er sah seinen Papa! Er war auf der anderen Seite des Zauns und hatte…die Autotür aufgemacht? Mit jeder Sekunde verschwand das Lächeln von seinen Lippen und er sah ihm nur entsetzt dabei zu. Sein Vater…stieg in das Auto. Und dann wurde es auch noch angeschmissen. Laut dröhnte es auf und Shotaro sah nur erschrocken hin. Nein…was machte er da? Schlagartig riss es ihn aus seiner Starre und er rannte an den Zaun. Krallte sich verängstigt und erschrocken in diesen und schrie:

„Papa!? Warum fährst du ohne mich?! PAPA!!“

Aber dann fuhr das Auto auch schon los und er stand nur noch erstarrt an dem Zaun. Und während es immer dunkler wurde, immer leiser auf dem Platz…da wurde ihm bewusst das sein Papa ihn vergessen hatte. Nein…Er würde ihn nicht vergessen. Er war noch jung aber die Puzzel-Teile setzten sich in seinem Kopf zusammen. Seine Mutter die vorhin so schrecklich geweint hatte, sein Vater der seit Tagen immer weniger Kontakt zu ihm haben wollte, der Koffer, die stille Fahrt an diesen Ort und die Tränen in den Augen seines Vaters, die er erst nicht realisieren wollte. Sein Vater hatte ihn nicht vergessen…Er hatte ihn wegegeben. Sie hatten ihn ausgesetzt. Er fing bitterlich an zu weinen und rutschte am Zaun runter. Noch immer das Spielzeug in den Händen. Es war als hätte man ihm das Herz rausgerissen. Der Schmerz war unerträglich und noch schlimmer war das Gefühl…gehasst zu werden. War er so böse gewesen dass sie ihn nicht mehr haben wollten? Lag es daran dass er nicht gerne sein Gemüse aß? Weil er manchmal etwas frech war? Er wusste es nicht. Er wusste nur dass er seine Eltern so sehr liebte…und sie ihn dennoch weggegeben hatten. Sein Weinen vermischte sich mit lautem Heulen. Und er saß einfach nur da. Es wurde dunkler. Und mit der Dunkelheit wurde auch sein Herz dunkler. Seine Gedanken düster. Je mehr Zeit verging. Ihm wurde klar…dass er nie wieder lieben wollte. Sein Herz und Vertrauen waren gebrochen worden. Und von nun an…war er sich selbst der nächste und auf sich allein gestellt. Aber auf der Spitze dieser Erkenntnis und des Schmerzes…saß der Hass auf diese Welt.
 

In der noch immer zerstörten und unordentlichen Wohnung fing Yamagata langsam an die Verletzten zu versorgen.

Zu aller erst hatte er sich um das Messer in der Schulter seines Bosses gekümmert. Es war aus der Schulter entfernt worden, aber zu mehr kam er dann auch nicht mehr denn sofort kümmerte sich Tetsuo um die Verletzung von Kaneda. Drängte förmlich dazu. Der Ältere hatte das wie ein Champion weggesteckt und nicht gebrüllt als das Messer seinen Körper verlassen hatte. Yamagata musste es schnell rausziehen, sonst wäre es nur noch schmerzvoller geworden. Aber Kaneda war taff, so wie immer. Damit er zugänglich für jeden war, hatte Yama den Verbands- und Erstehilfe-Kasten auf den Boden zwischen alle gestellt und jeder wand sich einem Verletzten zu. Er kümmerte sich um Kai und Tetsuo, wie gesagt, um Kaneda.

Kai seine Wunde war an sich nicht so schlimm. Der Arm war etwas zerschnitten und einige Glassplitter hingen noch immer in der Haut. Das einzig Miese war, dass einige der Großen sogar etwas tief in der Haut steckten. Die mussten zu letzt entfernt werden, damit danach gleich der Blutverlust auch behandelt werden konnte, denn sie würden definitiv blutende Wunden hinterlassen. Also fing er an langsam die kleinen Splitter aus ihm zu zupfen. Kai blieb auch stark und sah ihm aufmerksam dabei zu. Er lächelte, was der Große aber nicht sah. Er wusste ja gar nicht…das Yamagata so sanft sein konnte und vorsichtig. Hätte man bei dem Charakter und den groben Händen echt nicht erwartet. Und vielleicht genoss er es deswegen auch etwas, so betüttelt zu werden. Der Schmerz war nicht im Vordergrund, sondern mehr die Wärme vor Glück in ihm. Das er ihn so sanft behandelte. Als alle kleinen Splitter raus waren, fragte der Große zu ihm runter:

„Geht’s noch? Ich müsste jetzt an die großen Mistkerle ran.“

Kai nickte ihm nur zu.

„Klar kein Problem. Mir geht es gut Yamagata.“

Und während der Große ihm die größeren Splitter aus dem Fleisch zog, sah sich Kai im Zimmer um. Suchte Ablenkung vor dem Schmerz. Dieser fremde PsyKI hatte schlimm randaliert. So schnell bekam Kaneda seine Wohnung nicht wieder auf Vordermann. Der Tisch war im Eimer, die Wände hatten Risse dadurch dass Leute dagegen geschmissen wurden und die Tür zum Balkon war völlig im Eimer. Auf dem Boden lagen verstreut Küchenutensilien womit Tetsuo ja um sich geworfen hatte. Auch war Blut auf dem Boden verteilt und das Skelett von Takeyama lag auch noch links von ihnen rum. Vielleicht war es besser die Bude aufzugeben? Reparieren war eh nicht mehr drin. Aber ganz wichtig war: Sie mussten auch noch das Skelett irgendwie verschwinden lassen. So gesehen war Kai auch sehr verwundert dass keiner wegen dem Krach mal bei ihnen vorbei kam, um zu fragen ob alles okay wäre. Die Oma, die neben Kaneda seiner Wohnung lebte, schlief vielleicht und hörte ja eh nicht gut. Aber der Rest… Vielleicht war ihnen das wirklich scheiß egal was bei den Nachbarn ablief. Wäre nichts Neues. Es war eine Schande wie die Menschen sich untereinander behandelten.

Er zuckte kurz auf vor Schmerz und kam aus seinen Gedanken, als Yama ihm einen größeren Splitter aus der Haut zog. Es tat weh, blutete sogar stärker so dass er sogar wieder hinsah deswegen. Der hatte das Zucken bemerkt und stoppte sofort, sah etwas unsicher dann den Kleinen an. Sollte er weiter machen? Es tat Kai weh.

„…Geht es?“

Er fragte das sehr umsichtig und besorgt. So das Kai ihn nur anlächelte und antwortete:

„Es geht mir gut Yamagata. Mach dir keine Sorgen.“

Der sah ihn eine Zeit lang an…und machte dann weiter. Ihm war nicht wohl dabei. Er wollte Kai nicht verletzten oder wehtun. Komisch. Wenn er so zurückdachte war das schon immer so. Er sorgte sich stets um das Wohl des Kleinen und auch damals wollte er ihm immer seine Lieblingsblumen schicken, als er noch im Krankenhaus war. Aber vorbeikommen konnte er nicht. Er konnte nicht sehen wie Kai schwer verletzt im Krankenbett lag und Schmerzen hatte. Es tat ihm weh nur daran zu denken…Es tat ihm weh? Er mochte den Kleinen sehr, dass stand außer Frage. Aber dass hörte sich eben schon…echt schwul an. Er wurde etwas rot und machte schneller. Irgendwie wollte er schnell fertig werden. Ihm wurde unwohl und warm…So das er anfing den letzten großen Splitter aus der Haut zu ziehen. Kaum als der auch draußen war, nahm er sich gleich schon einen Verband und wickelte ihn um den Arm. Fast geschafft und währenddessen sah Kai rüber zu Kaneda und Tetsuo…und musste nur lächeln. Sie sahen süß aus, so zusammen, keine Frage.

Tetsuo wusste erst nicht was er machen sollte. Er saß nur vor Kaneda und hatte Verbandszeug in den Händen. Er wollte ihm die Wunde verbinden, aber wusste nicht wie er anfangen sollte und war noch immer etwas beschämt. Sie hatten sich vorhin so intensiv angefasst und berührt. Waren willig gewesen sich zu paaren. Nun wo der Kopf wieder klar war…wurde es ihm peinlich wie er sich verhalten hatte. Er war etwas rot im Gesicht und Kaneda saß nur da und sah ihn erstaunt an. Wollte er ihn nicht verarzten? Warum machte er nichts? Und als sie noch weitere Sekunden einfach nur so da saßen fragte er schließlich lieb:

„Hey? Wolltest du nicht die Wunde verarzten?“

Tetsuo riss es aus seinen Gedanken und er sah ihn ertappt an. Mist! Ihm wurde das noch peinlicher und er stammelte, als er nach dem Desinfektionsmittel rechts von sich griff:

„T-tut mir leid! Moment!“

Kaneda lächelte aber nur.

„Wo bist du denn gewesen?“

Er fragte das weil er gemerkt hatte wie Tetsuo mit seinen Gedanken gaaaanz wo anders war. Aber als er keine Antwort bekam zuckte er nur mit den Schultern und fasste sich noch etwas verschmerzt an den unteren Rand seines T-Shirts. Packte es und fing an es sich hochzuziehen. Tetsuo sah ihn erschrocken an und stammelte plötzlich beschämt:

„W-was macht du da?!“

Verwirrt sah ihn Kaneda an. Was er da machte? Ernsthaft?

„Ähhhhh…Ich ziehe mein Oberteil aus? Wie willst du denn sonst meine Wunde versorgen? Über dem T-Shirt?“

Und innerlich schlug sich der junge PsyKI ins Gesicht, trat sich selber in den Arsch und brach sich ein Bein dabei. Er kam sich so dumm vor! Natürlich musste Kaneda sein Oberteil ausziehen, duh! War doch logisch. Warum stellte er sich nur so an?! Und als der Ältere das Teil gerade so über seinen Kopf zwang und es dann endlich aus hatte, erstarrte der Kleine leicht. Der Anblick haute ihn leicht um. Er hatte vorhin gefühlt das Kaneda gut gebaut war, aber das er SO gut gebaut war hätte er nicht für möglich gehalten! So ohne Oberteil war das viel beeindruckender und sein Herz pochte wieder etwas schneller und ihm wurde warm. Als er allerdings die Wunde in der Schulter sah…verzog sich seine Mine traurig und leicht schmerzhaft. Der Schnitt war sehr tief in der Haut, auch blutete die Wunde noch immer leicht und er reagierte darauf sofort. Er tränkte einen Watteball in Desinfektionsmittel und schluckte. Scheiße, das würde verdammt weh tun. Er hatte davon gehört, also von Desinfektionsmittel und es war, laut seiner Heimat, wie die Heilkräuter die sie für Wunden verwendeten. Also wusste er dass es brennen und ziehen würde. Er sah den Älteren an und sprach unwohl:

„Das wird jetzt zu 100 Prozent weh tun. Aber ich muss die Wunde reinigen und dann die Blutung stillen…“

Kaneda aber lächelte nur frech und zuckte nur kurz mit den Schultern, auch wenn die eine dabei erneut schmerzte.

„Schon klar. Halb so wild.“

Aber als das Wattebällchen dann die Wunde berührte zuckte er schmerzhaft zusammen und verkrampfte sich dabei. Biss sich förmlich auf die Lippe und atmete tief ein. Er würde nicht brüllen. Er würde nicht…scheiße es fühlte sich an als würde man erneut mit einem Messer in die Wunde bohren! Tetsuo sah zu ihm und sprach besorgt:

„Geht es?“

Kaneda nickte nur hektisch und schnell und stammelte etwas heiser, aber gefasst:

„K-Klar! Alles locker…“

Er wollte eigentlich anfangen zu heulen und jaulen wie ein Schlosshund. Aber er ließ den knallharten Kerl raushängen und gab sich keine Blöße. Tetsuo hatte ihn aber durchschaut und verzog das Gesicht etwas genervt. Wirklich? Er spielte den starken Mann? Er hörte auf zu tupfen und musste das nächste Wattebällchen nehmen, da das Erste bereits zugeblutet war. Damit tupfte er die Wunde dann trocken und sprach dabei:

„Du musst nicht den harten Kerl spielen, wenn es weh tut.“

Kaneda sah ihm weiter dabei zu. Dann aber grinste er über den Schmerz hinweg und antwortete:

„Ich spiele ihn nicht, ich bin ein harter Kerl.“

Tetsuo schnaubte genervt und sprach auch so:

„Du bist ein Blödmann.“

Dabei griff er sich den Verband und fing an die Wunde vorsichtig zu verbinden. Er machte das so sanft und umsichtig, dass Kaneda ihm dabei verliebt zusah. Sieh mal einer an…er konnte also doch zart und lieb sein, auch ohne dass er vorher angebaggert wurde…Und auch war er erstaunt dass Tetsuo wusste wie das ging. Also wie man eine Wunde so professionell verband. Viele denken es wäre nichts dabei, aber es war nicht ganz so einfach, man musste schon auf gewisse Dinge achten. Kaneda selber wusste nicht welche das waren, aber Kai hatte das mal gesagt also musste es stimmen. So fragte er ihn neugierig:

„Wo hast du das gelernt? Ich meine so gut eine Wunde zu behandeln und verbinden.“

Tetsuo sah zu ihm. Er wurde etwas rot und machte dann aber weiter, als er antwortete:

„Ich hab das von klein auf gelernt. Mutter Miyako brachte es mir bei. Sagte es ist immer wichtig sowas zu können. Jetzt bin ich froh das ich es kann…“

Und das meinte er auch so. Miyako…ach das war doch seine Adoptivmutter, die so mächtig war. Und endlich machte Tetsuo den letzten Zug und festigte den Verband. Er hatte die Wunde komplett behandelt. Aber er ließ noch seine Hände auf dem Verband ruhen…auf dem Oberkörper von Kaneda…Und ihm wurde wieder warm. Sofort fiel ihm erneut ein was sie da eben vor gehabt hatten. Bevor dieses ganze Chaos aufgebrochen war. Er errötete wieder. Er war wirklich…er war wirklich bereits gewesen sich zu paaren. Nie hätte er gedacht das es mal so über ihn kommen würde. Wäre nichts dazwischen gekommen, dann wäre es passiert. Er war so willig gewesen, so verrückt nach Kaneda…Und der ja auch nach ihm. Warum…war ihm das dann so peinlich? Wenn sie sich doch offensichtlich wollten. Warum schämte er sich jetzt deswegen? Sein Blick ruhte auf seinen Händen…Er konnte unter seinen Händen die Warme Haut spüren…den starken Herzschlag in der Nähe. Ja sogar die starke Muskulatur von Kaneda…Schnell löste er den Kontakt und legte seine Hände in seinen Schoß. Er saß vor dem Älteren gekniet. Kaneda sah ihn nur verwirrt an. Warum war Tetsuo so plötzlich wieder so unsicher? Dann aber lächelte er sanft und streckte sich locker, gähnte dabei laut, so das ihn Tetsuo sofort verwirrt ansah. Frech blickte der Ältere zu ihm und sprach:

„Was eine Nacht…oder Tetsuo?“

Der sah ihn noch immer verwirrt an.

„Was?“

Locker nahm sich der Ältere wieder sein Shirt und sah es an. Er wusste dass sein Körper den Kleinen nervös machte, das war so offensichtlich. Es war echt süß. Und es lag auch bestimmt daran dass sie eigentlich vorhin Sex haben wollten…Wo er wirklich willig gewesen war das zu tun, war es bei dem Kleinen wahrscheinlich mehr eine Kurzschlussreaktion auf die Situation gewesen. Kaneda hatte ihn scharf gemacht und Erfolg gehabt. Aber dennoch war er glücklich, selbst wenn es nur deswegen gewesen war…Es zeigte das Tetsuo etwas für ihn empfand. Und das war mehr als er erst mal haben konnte…Dennoch war es Schade. Er wollte wirklich Sex mit ihm. Aber offenbar musste das noch etwas warten. Aber nun wusste er dass Tetsuo dafür bereit war, wenn es wieder mal soweit sein sollte. Aber Kaneda wollte ja nicht nur das, sondern auch seine Liebe…

Er zog sich dann das Shirt an und sah wieder lieb zu ihm. Tetsuo war noch immer etwas verwirrt. Warum…machte er das? Warum sprach er nicht mal mit ihm wegen dem was vorher passiert war. Wegen der…beinahe Paarungsaktion. Nahm er…Rücksicht? Hatte er gespürt dass es ihm peinlich war? Aber dann sprach Kaneda auch schon:

„Naja ich meine ja nur…Ist viel passiert heute.“

Er sah dabei rüber zu dem Skelett das mitten im Raum lag. Und noch nie war er sich so sicher gewesen wie in jenem Moment. Tetsuo folgte seinem Blick und sah auch das was von Takeyama noch übrig war. Ihm wurde aber wieder schlecht dabei und wand erneut seinen Blick ab und auf seinen Schoß runter.

„Ich muss das beenden.“

Erstaunt sah Tetsuo zu dem Älteren hoch, der noch immer entschlossen zu dem Skelett sah. Aber dann wand er sich wieder an den PsyKI:

„Ich muss das beenden bevor es noch schlimmer wird. Ich werde nicht zulassen dass sie weiterhin PsyKI in Monster verwandeln. Ich werde sie stoppen.“

„Kaneda…“

Kam es leise aus dem Kleinen und er sah ihn nur dabei an. Und dann lächelte der Ältere wieder zu ihm. Es war erstaunlich…Erst waren es nur seine Freunde gewesen. Seine Gang die er beschützen wollte. Menschen die ihm ein neues Leben geschenkt hatten und ihm das Gefühl gaben ein zuhause gefunden zu haben. Freundschaft war etwas was ihn am Leben hielt. Ihn aus der Dunkelheit befreite die ihn seit damals umschlossen hatte. Aber nun hatte er etwas Weiteres gefunden. Etwas was er dachte für immer verloren zu haben und das es nicht wirklich existierte. Es war Liebe. Er hatte jemanden gefunden den er liebte. Und er würde für Tetsuo alles tun was in seiner Macht stand um diese Liebe zu schützen und zu besitzen. Als seine Eltern ihn weggaben wurde es in seinem Leben dunkel und einsam. Er dachte die ganze Welt wäre sein Gegner und er könnte niemand mehr vertrauen. Dann kamen seine Freunde. Kai. Yamagata. Und nun…war da Tetsuo. Es war egal was sie verband, oder was damals in dieser schicksalhaften Nacht auch passiert war. Er wusste nur dass er ihn liebte. Und er würde den jungen PsyKI nie wieder loslassen…Sie waren miteinander verbunden…durch was auch immer.
 

Tetsuo stand in den frühen Morgenstunden auf einem großen Ast eines Baumes. Sein langes Haar wehte leicht im Wind, so wie auch sein rotes Cape und er sah dabei zu wie die Sonne aufging. Sich langsam über einen alten Tempel schlich und ihre Welt in Licht und Wärme hüllte. Den dunklen Dschungel erhellte und mit Leben füllte. Ein Neuer Tag brach an. Locker lehnte er sich gegen den Stamm links von sich und hatte die Arme vor sich verschränkt. Aber er hatte nicht wirklich viel geschlafen diese Nacht. Was daran lag dass es die schlimmste Nacht überhaupt war. Aber eher nur für ihn. Oder besonders für ihn. Und diese war sogar noch schlimmer gewesen…Es war Kōbi no yoru gewesen. Die Nacht in der sich gepaart wurde. Diese Nacht war jeden Monat nur einmal, nämlich dann wenn der Vollmond in voller Blüte war und sein Licht alles erhellte. Es war die Nacht der ewigen Liebe konnte man sagen. Dazu musste man etwas ausholen: Paaren konnte man sich wann immer man wollte, aber in dieser Nacht wurden Bindungen geknüpft. Wenn man sich in der Nacht paarte war das für immer. Es gab keinen anderen Partner mehr in deinem Leben, nur diesen mit dem man sich gepaart hatte. Und es war erstaunlich wie viele immer wieder daran teilnahmen. Es war ein Fest. Es wurde gegessen, getrunken, gefeiert, Lieder gesungen und getanzt um das heilige Lagerfeuer. Aber wenn ein Mann um das Feuer tanzte und dann nach der Hand eines anderen bat…dann war das eine Aufforderung für eine ewige Paarung. Es gab keine Vorgabe. Liebe zwischen einem Geschlecht war erlaubt. Auch Männer konnten Männer zum Tanz auffordern. Und genau das…war ihm in dieser Nacht passiert.

Ihm war noch immer unwohl wenn er daran zurückdachte. Nie hätte er es für möglich gehalten dass ihn jemand zum Tanz bitten würde. Sich ewig mit ihm paaren wollte. Und dann auch noch ein Mann. Und nicht nur irgendeiner…es war der stärkste im Dorf gewesen. Er schüttelte den Kopf und wollte diesen Gedanken damit auch abschütteln. Natürlich hatte er verweigert…und das aus gutem Grund…

„So früh schon wach Tetsuo? So eine Schönheit…in dem Licht des Mondes so wie auch im Licht der strahlenden Sonne…“

Er sah muffig rechts neben sich. Nein sogar sehr sauer und abwehrend, als die Person neben ihm auf dem Ast landete, die diese schleimigen Worte gesagt hatte. Das Holz unter ihnen wippte leicht bei der Landung und auf Abstand blieb jener junge Mann stehen…der ihn gestern zur Paarung gebeten hatte. Der steckte die Hände in die Hosentasche und sah verführerisch und leicht böse zu Tetsuo rüber. Sein ebenfalls rotes Cape wehte im Wind und endlich sprach der Jüngere sauer zu ihm rüber:

„Wie sehr ich mir doch wünschte du würdest auf deinem Schleim ausrutschen und dir beim Sturz vom Ast das Genick brechen. Dann hätte ich ein Problem weniger Akira.“

Der größere junge Mann, ihm gegenüber, blieb noch weiter auf Abstand stehen und sie sahen sich nur an. Er war ein gutaussehender junger Mann. Jedes Mädchen würde sich sofort mit ihm einlassen. Aber nicht Tetsuo. Er sah durch diese Fassade durch…Dann aber schloss Akira die Augen und lächelte etwas überheblich, musste dann leicht lachen auf die harten Worte von Tetsuo. Und sofort fragte ihn der Jüngere genervter und böser:

„Was findest du so lustig?“

„Ach es ist einfach nur amüsant. Ich kenne dich seit du von Miyako in das Dorf gebracht wurdest. Ich habe dich aufwachsen sehen. Sah einen kleinen, zarten Jungen, der sich vor seinem eigenen Schatten fürchten konnte. Und nun schau dich an…Du bist so schnell groß geworden…Stark, Klug und Zielsicher. Wunderschön dazu…Du weist was du willst und lässt dich nicht herum schupsen Tetsuo. Und dennoch…hab ich dich anscheinend gestern mit meiner Bitte ziemlich aus der Bahn geworfen, oder?“

Tetsuo drehte sich sauer, aber gefasst zu ihm. Akira sah ihn böser aber amüsiert an.

„…Und dennoch bist du so frech zu mir Tetsuo…Obwohl du weist das ich dich in Stücke reißen könnte…“

„Sagt nun der Jenige der sich gestern noch auf ewig mit mir paaren wollte. Du bist schlecht im Bedrohen Akira, versuch es doch erst gar nicht. Aus der Bahn geworfen…tut mir leid ich bin nun mal nicht billig und leicht zu haben. Und mit dir werde ich mich niemals paaren. Eher hört die Sonne auf zu scheinen, oder der Mond stürzt uns allen auf den Schädel!“

Akira lachte wieder leicht. Und dann machte er einen Schritt vorwärts auf dem Ast. Tetsuo behielt ihn genau im Auge. Mit dem kleinsten Schritt seines Gegenübers wurde ihm unwohler. Er traute ihm nicht. Akira war alles Mögliche, aber nicht der Messias oder Lichtbringer von dem alle sprachen. Viele hielten ihn auf Grund seiner Kräfte genau dafür. Aber nicht Tetsuo. Akira hatte etwas an sich was ihn…unmenschlich wirken ließ. Die Anderen sahen es vielleicht nicht aber er konnte es spüren. Er konnte es als Kind schon spüren und hatte deswegen eine scheiß Angst vor ihm gehabt. Was sich äußerte das er immer erleichtert war wenn Akira mal wieder für Wochen verschwunden war. Das war völlig normal. Er verschwand und kam irgendwann einfach mal wieder vorbei. Keiner hielt ihn auf, nicht mal Ryu. Eigentlich war es verboten das Reich zu verlassen und dennoch tat Ryu nichts dagegen. Tetsuo wusste auch warum…weil er Angst hatte. Alle hatten irgendwie Angst vor Akira. Aber keiner gab es zu. Deswegen konnte er machen was er wollte. Er war einfach zu mächtig…Aber dennoch hielt er sich an gewisse Regeln innerhalb des Dorfes. Er war erst vor kurzem wieder lange verschwunden gewesen…aber kam gestern Abend zur Feier zurück…

„…Warum bist du gestern wieder zurückgekommen Akira? War dir langweilig? Wolltest du mir einfach nur den Abend versauen du Mistkerl?“

„Du weist warum ich zurückgekommen bin Tetsuo…Nur wegen dir. Weil du mir gehörst und immer mir gehören wirst.“

Tetsuo lachte bei dem Satz kurz auf:

„Hahaha! Ja genau! Steht auf meiner Stirn oder meinem Arsch irgendwo dein verfickter Name?! Du solltest mal etwas aus der Sonne bleiben Akira! Die hat dir offenbar schon viele Teile deines Gehirns verbrannt!“

Akira blieb aber ruhig und sah ihn nur an. Sprach mit seiner sehr gut, aber auch kühl klingenden Stimme:

„Und was ist mit dir Tetsuo?“

Der hörte auf zu lachen und sah wieder zu ihm. Wie meinte er das? Erneut wurde der Jüngere abwehrend und aufmerksam. Aber sofort sprach der Ältere vor ihm auch schon weiter:

„Du bist schon lange überfällig. Warum paarst du dich denn nicht, hm? Wo du es doch so sehr willst…“

„Du weist nichts über mich, du Mistkerl.“

Sprach Tetsuo giftig zu ihm rüber und langsam näherte sich der Größere auch schon. Es waren nur noch wenige Schritte zwischen ihnen und dann hätte Akira ihn erreicht. Und mit jedem Schritt den er näher kam…wurde Tetsuo weiter unsicherer und bekam Angst. Es war wirklich Angst dich sich einschlich…Die Kraft die sein Gegenüber ausstrahlte war immens. Dagegen war er nur ein kleines Licht das verpuffte. Und als er nur noch 4 Schritte auf dem gewaltigen Ast entfernt war, sprach der Jüngere zu ihm lauter, giftig und abwehrend:

„Bleib mir vom Leib! Komm mir nicht zu nahe!“

Und tatsächlich blieb Akira stehen. Sie sahen sich nur an. Aber dann lächelte er und kam weiter auf ihn zu. Tetsuo wand sich rückwärts…und war mit dem Rücken dann an dem Baumstamm. Sackgasse. Es ging nicht mehr weiter, so sehr er auch wollte. Er sah kurz hinter sich und als sein Blick sich danach wieder nach vorne wand stand auch schon Akira genau vor ihm. Er sah zu ihm runter, da er ein Stück größer war und lächelte noch immer. Tetsuo dagegen hatte das Gefühl ihm würde sein Herz in die Hose rutschen. Er war sofort erstarrt und sah ihn auch so an. Eine Hand fasste sanft sein Kinn und drückte es leicht nach oben. Die Andere stützte sich neben ihm an dem Baumstamm hinter ihm ab. Versperrte damit einen Fluchtweg. Und dann kam der Körper näher…und Tetsuo fing leicht an zu zittern. Das Gefühl was über ihn hereinbrach…war schrecklich. Er dachte sie würde ihn verschlingen…die Stärke die von seinem Gegenüber ausging.

„Du bist aber auch nicht besser Tetsuo…Du hältst mich so auf Abstand und wehrst dich gegen mich…obwohl du das doch nicht willst. Wie lange willst du noch leugnen mit mir eins zu werden?“

Akira hauchte ihm diese Sätze beinahe schon zu.

„…Du weist nichts über mich!“

Und dann schlug Tetsuo die Hand an seinem Kinn weg und sah ihn weiterhin nur sauer an. Sein Gegenüber schien etwas überrascht von dieser Aktion im ersten Moment…aber dann amüsiert. Tetsuo dagegen atmete schnell vor innerlicher Angst und Wut. Aber dann wurde schlagartig sein Kinn erneut gepackt. Dieses Mal aber fest. Ein eiserner Griff, aus dem er sich nicht schnell oder einfach lösen konnte. Etwas was ihn sauer machte und er sich wandt deswegen. Aber dann spürte er auch schon wie ihm Akira sehnsuchtsvoll auf die linke Wange küsste. Etwas was ihn erstarren ließ. Denn durch diese Berührung fühlte er Dinge…die er nicht spüren wollte. Die Lust seines Gegenübers auf ihn. Der Wille sich mit ihm paaren zu wollen. Es fraß ihn förmlich auf…Und dann riss er sich los. Er verpasste ihm so einen heftigen Schlag auf die linke Wange, dass Akira sogar kurz inne hielt vor Schreck. Diesen Moment nutzte Tetsuo um sich endgültig von ihm zu entfernen und er sprang vom Ast runter. Weg aus der Sackgasse, in die er sich selber rein manövriert hatte und schwebte etwas weiter unter dem Ast in der Luft. Er sah sauer hoch und hörte nur den Älteren lachen. Ein etwas böses Lachen, aber auch verdammt amüsiert von der Situation. Der Kleine war dagegen nicht so amüsiert und knurrte leicht. Und dann sah Akira auch schon links zu ihm runter und hielt sich die geprellte Wange. Er lächelte…warum lächelte er?

„Auch du wirst eines Tages dem Drang nicht mehr wiederstehen Tetsuo. Und wenn dieser Tag gekommen ist…wirst du mein sein.“

Und damit wand er sich ab und war auf der Stelle verschwunden. Teleportation, dieser Mistkerl. Tetsuo brauchte noch einige Sekunden um sich wieder zu beruhigen, aber dann kam er wieder hochgeflogen. Setzte sich dieses Mal aber auf den Ast und atmete aus. Es vergingen einige Minuten bis er wieder bei klarem Verstand war und die Ereignisse von eben abgeschüttelt hatte. Aber…er wusste nicht was er tun sollte. Wenn Akira gewollt hätte, dann hätte er sich nehmen können was er wollte. Stattdessen spielte er Psychospiele mit Tetsuo seinem Verstand. Und genau das machte ihm Sorgen. Wie sollte er sich dagegen wehren? Er war stark in seinem Willen, aber auch der stärkste Wille konnte gebrochen werden. Wenn man wusste wie…oder wenn die Triebe überhand nahmen…Was wenn er wirklich irgendwann so wild wurde, wegen der Paarung? Was wenn seine Uhr wirklich bald losging? Würde er sich dann nicht mehr unter Kontrolle haben. Denn wenn es etwas gab wovor er noch mehr Angst hatte als vor Akira…dann war es die Kontrolle zu verlieren. Die Kontrolle über seinen Körper und Geist.

Er schlurzte. Er hatte schon lange daran gedacht diesen radikalen Weg einzuschlagen. Aber sich nie getraut. Aber vielleicht war es nun soweit. Sein Blick fuhr hoch und zu dem großen Tempel im Osten rüber. Über die Bäume in der Ferne und zum Horizont, an dem sich immer mehr die Sonne zeigte. Um dem zu entgehen…um zu leben…musste er fort. Er musste alles hinter sich lassen was ihm etwas bedeutete…Und es würde in der kommenden Nacht sein. Denn er musste weg…weg von Akira.
 

Das Skelett versank in demselben Kanal, indem auch die vorherigen Leichen verschwunden waren.

Die Sonne schlich sich langsam über die Häuser und die Morgendämmerung erhellte die zur jeder Zeit aktiven Straßen von Neo Tokyo. Aber es war noch etwas dunkler an dem Kanal wo sie sich niedergelassen hatten, als Yamagata das Skelett von Takeyama in diesen schmiss. Danach kam er wieder zurück und gesellte sich zu den anderen Jungs und setzte sich auf seine Karre. Kai stand angelehnt an seinem Motorrad und fummelte an dem Walkie rum. Hoffte die Frequenz wiederzufinden womit sie Mad und Joker seine Leute letztens belauschen konnten. Aber nach einigen Versuchen blieb es noch immer ohne Erfolg. Kaneda stand neben ihm und sah ihm gespannt dabei über die Schulter. Alle waren sie wieder in ihren Biker-Anzügen angezogen. Alle bis auf Tetsuo. Der saß seitlich auf dem Sitz von Kaneda seiner Karre und starrte weiter auf den Boden. Er schien sehr weit weg zu sein. Nicht in den Geschehnissen von der Nacht, sondern noch weiter weg. In seiner Vergangenheit. Man sah ihm das nicht an…aber er war innerlich zerrissen und wusste nicht wie er weiter machen sollte. Ob er mit Kaneda reden sollte…Die nächste Frequenz brachte nur wieder ein Rauschen hervor und Kai atmete genervt aus.

„Wieder nichts. Ich glaube das können wir komplett vergessen.“

„Bist du dir sicher dass sich die Frequenz auch in dem Wellenbereich befand?“

Fragte Yama zu ihm rüber und machte sich dabei eine Kippe an. Kai sah von dem Walkie auf und antwortete ihm sofort:

„ Natürlich bin ich mir sicher. Aber die sind anscheinend nicht blöd. Nach dem was auf der Baustelle letztens passiert war, werden die Verdacht geschöpft haben dass sie irgendwo eine Informationslücke besitzen. Die haben ihre Frequenzen bestimmt abgeändert.“

Kaneda verschränkte die Arme vor sich.

„Ergibt Sinn. Selbst die haben gescheckt dass wir nicht aus Zufall da gelauert haben. Verdammt.“

Yama nahm die Kippe aus dem Mund und hauchte den Rauch aus. Lehnte sich dabei vor auf sein Lenkrad und fragte:

„Also was machen wir jetzt Kaneda?“

Wenn er das nur wüsste. Die Situation war schon angespannt und aufgerieben genug und nicht gerade leicht noch dazu. Er wusste dass sie erst Mal nichts mehr tun konnten. Mad und Joker konnten weis Gott wo sein in Neo Tokyo. Es gab so viele Winkel und Orte in dieser verfluchten Stadt, dass sicherlich nicht mal die Erbauer wussten wo was verborgen lag und was existierte. Sie zu suchen war also völliger Unsinn. Es kostete nur Zeit und Nerven, die sie eh nicht mehr hatten. Es war in der letzten Nacht so viel passiert, dass man schnell an seine mentalen Grenzen kam. Und Tetsuo musste es noch mieser gehen. Kaneda sah rechts zu ihm rüber. Er saß noch immer völlig still einfach nur auf der Karre. Nachdem sie das Apartment verlassen hatten, war der Kleine still geworden und in sich gekehrt. Man sah ihm an wie weit weg er mit seinen Gedanken war. Aber Kaneda fragte sich nur WO er damit war. Er machte sich Sorgen. Er sah wieder zu Yamagata vor sich.

„Wir werden definitiv nicht mehr zur Schule gehen. Das ist einer der ersten Orte wo sie uns abfangen könnten, oder finden wenn sie uns suchen. Auch das Harukiyas würde ich meiden, da hat uns einer von Joker seinen Leuten auch schon mal ausfindig gemacht.“

Dann gab es nicht mehr viel. Ehrlich gesagt keinen Ort mehr an den sie sich zurückziehen konnten, der Kai sofort einfiel. Ihre Wohnungen waren auch nicht sicher. Nicht nachdem sich herausstellte das dieser PsyKI sie einfach aufspüren konnte wegen…Er sah zu ihrem PsyKI rüber…Wegen Tetsuo. Solange er bei ihnen war konnten sie gezielt aufgespürt werden, sollte Mad noch andere PsyKI haben. Er schluckte und sah zu seinen Füßen, sprach dann leise zu Kaneda neben sich:

„Ich weis du willst das jetzt nicht hören, aber solange ER bei uns ist werden sie uns überall aufspüren können…“

Kaneda sah zu ihm runter…und dann wieder zu Tetsuo, als Kai zu dem rüber nickte. Leider hatte er da recht. Wenn es stimmte, dann war der Kleine ein Magnet für seine Art. Sie mussten sich spüren und effizient finden können, sonst hätte Takeyama sie nicht gefunden und Tetsuo hatte ihn ja auch Sekunden früher plötzlich…Moment…er konnte ihn auch spüren! Aber klar! Warum war er nicht früher darauf gekommen?! Er schlug sich laut gegen die Stirn und Kai, so wie Yamagata sahen verwirrt zu ihm deswegen. Dann sprach Kaneda laut:

„Aber ja! Warum bin ich nicht früher darauf gekommen?!“

Und dadurch wurde auch Tetsuo plötzlich aus seinen Gedanken gerissen und sah vom Boden auf. Ließ seinen Blick auf Kaneda ruhen und beobachtete ihn wie er auf ihn zukam. Der Ältere fasste ihm sanft an die Schultern und fragte runter:

„Tetsuo, du bist doch AUCH in der Lage andere PsyKI zu spüren, oder?“

Tetsuo runzelte die Stirn und sah ihn nur an. Kai legte das Walkie auf den Sattel seiner Karre derweil und kam verdutzt auf Kaneda zu.

„Was soll das Kaneda?“

Der sah nicht hinter wegen Kai seiner Frage und fragte Tetsuo erneut:

„Du kannst das doch, oder?“

Und dann nickte der junge PsyKI etwas unsicher.

„Klar kann ich das. Es ist nicht ganz leicht, weil wir als Kinder lernen uns dagegen instinktiv abzuschotten, aber wenn man unter ich sage mal: großen Stress, Schmerz, Erregung, oder Angst leidet, dann ist das möglich. Warum fragst du?“

Kaneda ließ ihn los und klatschte erfreut einmal Laut die Hände zusammen und wand sich ab. Lief einige Schritte von ihm weg dabei. Alle sahen verwirrt zu ihm deswegen. Was war denn in den gefahren? Er drehte sich wieder zu Tetsuo um und kam auf ihn zu, bis er vor ihm stand und sprach:

„Weil ich jetzt weis wie wir die Schweine finden können! Nämlich mit dir!“

Es dauerte nur Sekunden da wusste Kai auch schon als erster was los war. Und ihm gefiel das nicht. Er kam protestierend neben seinen Boss und sprach dann etwas lauter und besorgt:

„Das meinst du jetzt nicht ernst, oder Kaneda?“

Der sah zu ihm.

„Was denn? Das ist die einzige Möglichkeit wie wir die Wichser ausfindig machen können, bevor die wieder jemanden zu uns schicken! Wenn die noch mehr PsyKI gefangen halten, dann kann Tetsuo das spüren und uns direkt zu ihrem Versteck bringen!“

„Du willst ihn als Detektor benutzen?!“

„Er kann uns direkt zum Versteck bringen und wir räuchern diese Mistkerle aus!“

„Das ist nicht gerade dein Ernst Kaneda! Du bringst ihn damit unnötig in Gefahr!“

Verunsichert sah Tetsuo zwischen Kai und Kaneda hin und her. Es war eine etwas lautere Konversation und der Kleine wollte nicht dass sich zwei Freunde stritten nur wegen ihm. Es schien nämlich in diese Richtung zu gehen. Yama rauchte nur seine Kippe weiter, war voll für die Worte seines Bosses, aber sagte nichts, das war gerade nicht sein Kampf. Kai dagegen nahm völlig Partei für Tetsuo seine Sicherheit. Und das aus einem Grund: Er wusste das Kaneda gerade alles Hals über Köpf brechen wollte. Er wollte für den PsyKI das Thema so schnell wie möglich vom Tisch haben, weil er ihn liebte und in Sicherheit wissen wollte. Aber genau deswegen lief er gerade Gefahr unvorsichtig und rücksichtslos zu werden. Er durchdachte das Ganze nicht richtig. Und die Diskussion ging weiter:

„Ich verstehe dass du ihn beschützen willst! Aber du durchdenkst das gerade nicht richtig Kaneda! Mit dieser Aktion bringst du ihn nur unnötig in Gefahr! Und außerdem kannst du das nicht einfach über seinen Kopf hinweg entscheiden!“

„Er hat damit kein Problem! Er will doch auch dass es vorbei ist! Und genau das werden wir tun! Wir überraschen diese Mistkerle und räuchern sie aus wenn sie es gerade nicht erwarten!“

Er zeigte dabei auf Tetsuo, der noch immer still blieb und nichts dazu sagte. Er schien verunsichert. Warum ergriff er keine Partei? Er schien sehr stark verunsichert zu sein und sah dann einfach nur Kaneda an. Etwas…traurig auch dabei. Kai bemerkte das und sprach noch lauter:

„Sie ihn dir an!!“

Es war so laut und schrill, dass sogar Yamagata überrascht war. Eigentlich was Kai sanft und umsichtig wie ein Lamm. Nur selten platzte er so emotional aus sich raus. Was war nur mit ihm los? Kaneda stockte…und sah dann doch langsam zu Tetsuo rüber. Sah wie verunsichert und traurig er schien…Was ihn erschrak.

„Du entscheidest über seinen Kopf hinweg und setzt gerade seine Sicherheit und sein Leben auf Spiel! Was ist los mit dir Kaneda!?“

Tetsuo und Kaneda sahen sich einfach nur an…Und als sich dann der Kleine zuerst mit seinem Blick abwand…reagierte Kaneda wieder auf die Worte von Kai und wurde sauer. Er sah zu ihm und fauchte:

„Das geht dich nichts an!! Ich hab mich hier um alle zu kümmern! Also entscheide ich auch was das Beste ist! Hast du kapiert?!“

Kai sah ihn erschrocken an in der Sekunde, aber das wand sich auch gleich um in Zorn und er verzog das Gesicht wütend und traurig. Dieser Esel! Er konnte doch nicht einfach über Tetsuo hinweg entscheiden!! Als Kaneda den Jüngsten so anmachte stieg plötzlich Yamagata von seiner Karre und warf die Kippe weg. In wenigen Sekunden stellte er sich sauer zwischen seinen Boss und schützend vor Kai und sprach dann zu Kaneda:

„Es reicht Alter! Kai macht sich nur Sorgen, also fährst du ihn gefälligst nicht so an! Ich stimme dir zu dass diese Arschgesichter ausgeschaltet werden müssen, aber Kaisuke hat völlig recht! Sicher kann Tetsuo da helfen die zu finden, aber wir brauchen einen verfickten Plan mann!“

Normalerweise ist Yamagata auch immer für Radau und denkt nicht nach bevor er schaltet. Aber die Dinge die in der letzten Zeit passiert waren schienen auch ihn zu verändern und umsichtiger werden zu lassen. Auch die Tatsache dass viele immer dabei verletzt werden. Besonders Kai. Der stand da und sah Yama erstaunt in den Rücken. Nicht nur wegen dem was er tat…sondern auch wie er ihn genannt hatte. Er hatte ihn beim vollen Namen genannt. Kai war nur ein Kürzel für seinen Namen Kaisuke. Aber nicht viele kannten seinen richtigen vollen Namen. Nur Kaneda und Yamagata. Und jetzt auch Tetsuo. Wenn er ihn bei diesen Namen ansprach…wurde ihm kribbelig. Er fasste sich aber gleich wieder wütend und schob sich links an Yama vorbei. Fauchte dabei zu Kaneda:

„Mach doch was du willst!“

Und dann lief er zu seiner Karre und setzte sich drauf, warf sie an und fuhr los. Alle sahen ihm erschrocken nach, besonders Yama der einen Schritt vor machte und ihm nachrief:

„Warte mann!! Kai!!“

Aber der fuhr einfach weiter und bog links in die nächste Gasse ab. War sofort aus dem Blickfeld der Jungs verschwunden. Yama zögerte nicht lange und sah zu seinem Boss. Etwas sauer natürlich und sprach dann auch so:

„Da hast du echt klasse die „Boss-Karte“ ausgespielt du Blödmann! Was soll das?!“

Aber er wollte keine Antwort von Kaneda, denn er rannte auch gleich zu seiner Kiste und schmiss sich drauf. Feuerte sie an und drehte auf der Stelle um. Dann brauste er los und folgte Kai. Ließ damit Kaneda und Tetsuo alleine am Kanal stehen.

Yamagata konnte leicht aufholen und heftete sich an seine Fersen. Er folgte Kai zwanzig Minuten lang durch die Straßen und raus auf den dritten Highway der in einen weiteren alten Stadtteil außerhalb von Neo Tokyo führte. Sie brausten über ihn und in diesen Teil der alten Stadt. Und nach einigen weiteren Minuten hatte Kai auch plötzlich in einem Einkaufsviertel abgebremst. Schlagartig und Yama sah überrascht auf. Er sah, während er noch zu ihm fuhr, wie der Jüngste von seinem Vehikel abstieg und noch immer geladen in ein Kaufhaus lief. Man bemerke dass es sich genau wie in Shima um ein Geisterstadtteil handelte. Niemand war auf den Straßen und die Häuser waren alt und mit Pflanzen überwuchert. Das Glas der Häuser gesprungen, alt und milchig, oder sogar zersplittert. Yamagata kam neben der Karre seines Kumpels zum stehen und sah zu der Bude vor sich. Was will er denn hier? Das war doch… Er stieg von dem Motorrad ab und legte seine Brille um das Lenkrad. Dann folgte er Kai in das Gebäude. Er lief durch die Tür. Glas knisterte unter seinen Füßen, als er über die Scherben der zerstörten Eingangstür lief. Es war ein Kleidergeschäft, zumindest das Erdgeschoss und da es keinen Strom mehr gab war es auch etwas dunkel darin, nur das noch immer stärker werdende Licht der Sonne erhellte den Laden von außen etwas. Und die Löcher in den Wänden des Gebäudes durch die Lichtstrahlen schossen. Er sah umgeworfene Kleiderständer mit Ware, zerstörte Sitzmöglichkeiten, und vorne die kaputte und dreckige Theke des Ladens zum bezahlen. Es hatte sich in all den Jahren echt nichts verändert. Aber keine Spur von Kai. War aber nicht schlimm, er wusste wo er war. Also lief er langsam weiter rein und wand sich nach rechts zu den Umkleiden. Und wer sagte es, er hörte schon leises Schlurzen. Er ging in den extra Raum rein und hinter zu der Letzten der vier Umkleiden. Locker lehnte er sich an den Rand der Umkleide und sah in sie hinein. Er musste leicht schmunzeln, denn er sah für eine Sekunde seine Vergangenheit vor sich. Er sah Kai viel jünger. So wie sie sich damals kennengelernt hatten. Nämlich genau hier. Er saß ebenfalls in dieser Ecke und kratzte an der kaputten Wand Striche hinein. Das machte er gerade auch.

„Von all den beschissensten Orten auf diesem scheiß Planeten, kommst du echt hier her?“

Kai sah über seine rechte Schulter hinter sich. Er sah den Großen muffig an und wand sich dann wieder ab. Sprach mürrisch:

„Lass mich in Ruhe.“

„Würde ich, wenn du nicht so geladen wärst und damit eine Gefahr für dich selbst. Irgendwer muss ja auf dich aufpassen, wenn du so bist.“

Er bekam keine Antwort und Yama war wieder in seiner Vergangenheit. Es war Jahre her, da hatten sie sich hier kennengelernt. Kai hatte die Drogendealer für die Yama arbeitete bestohlen und war mit den Nüssen abgehauen. Sie haben ihn hinterhergeschickt um das zu klären und den Mistkerl zu töten. Er verfolgte ihn bis in dieses Gebäude, natürlich ohne Karre, damals war er noch jung gewesen und machte alles zu Fuß, so wie auch Kai. Genau in dieser Kabine hatte er ihn gestellt. Er war schockiert als sich herausstellte dass es ein Junge in seinem Alter, vielleicht sogar jünger war, der seinen Boss einfach rotzfrech und geschickt die Drogen abluchsen konnte. Und als er Kai so verängstigt, wie ein wildes Tier in der Ecke sitzen saß…da konnte er es nicht tun. Es stellte sich dann heraus dass der Kleine auch noch krank gewesen war und das er die Drogen verkaufen wollte um an Medikamente ranzukommen und diese zu bezahlen. Er brach kurz darauf auch zusammen durch sein Fieber. Yama wusste damals nicht ganz warum er das tat. Warum er einige der Drogen behielt und sie für Geld verkaufte um dann davon Medizin zu kaufen. Aber er rettete damit Kai das Leben. Er pflegte ihn in diesem Laden gesund. Behütete ihn und umsorgte ihn, bis es ihm wieder besser ging. Er dachte er tat das aus Respekt vor ihm. Respekt vor seinem Mut und seiner Stärke dem Tod und der Krankheit zu trotzen. Kurz darauf löste er sich von den Drogendealern und blieb bei Kai. Und irgendwann kam noch Kaneda dazu…Aber inzwischen wusste er es. Genau in dem Moment fiel ihm ein verdammter mentaler Stein auf den Kopf und erleuchtete ihn dabei. Alles ergab langsam Sinn.

Kai sah zu ihm und sprach mürrisch:

„Nicht alles an diesem Ort ist schlecht…“

Yamagata sah zu ihm runter.

„Stimmt…hier haben wir uns kennengelernt.“

Auf einmal stand Kai auf und trat voller Wut gegen die verkratzte Wand vor sich. Es bröckelte etwas der alte Staub und Moos von der Wand und er fauchte:

„Er ist doch so ein Idiot!!“

Yamagata sah ihm einfach nur dabei zu und legte die rechte Hand an seine Hüfte. Er sollte sich ruhig mal austoben und Wut raus lassen. Kai war viel zu brav und lieb. Er sollte echt mal etwas Dampf ablassen…

„Kaneda? Ja aber das wissen wir doch schon lange. Und dennoch ist er unser bester Freund und unser Anführer. Weil wir seinem Urteil vertrauen und er uns. Warum regst du dich also gerade so auf Kaisuke?“

Kai wand sich zu ihm um und fauchte, sauer wegen Kaneda:

„Weil er Tetsuo so in Gefahr bringt! Wie kann er sowas tun, nachdem er das mit dem PsyKI in seinem Wohnzimmer erlebt hat?! Warum tut er das?! Tetsuo könnte etwas passieren! Vielleicht genau das selbe, oder noch viel schlimmer!! Er liebt ihn doch!! Wie kann er die Person die er liebt nur so in Gefahr bringen?!“

Yamagata sah ihn einfach nur an. Ob Kaneda diesen Blödmann Tetsuo wirklich liebte wusste Yama nicht. Okay er sah schon dass sein Boss etwas anders mit dem PsyKI sprach und umging, aber…naja ob es gleich Liebe ist? Aber er konnte eh niemanden davon abhalten jemand anderen zu lieben. Und der Kuss beim Trinkspiel war auch nicht ohne gewesen zwischen den beiden. Aber das war ihm momentan egal. Er machte sich Sorgen um Kai. Der nahm das schon etwas zu ernst…Vielleicht auch persönlich? Dann setzte sich der Jüngste wieder auf die kleine Sitzgelegenheit in der Umkleide und sah zum Boden. Vorsichtig setzte sich der Große rechts neben ihn. Sprach erstaunlich sanft für seine Verhältnisse:

„Er wird schon wissen was er tut. Kaneda hat ein unglaublich gutes Gespür und ist ein geborener Anführer. Und das weist du auch.“

Kai schwieg etwas…

„Aber was wenn er sich irrt? Auch er irrt sich mal.“

„Und wenn das passierte hat er uns auch immer wieder aus der Scheiße rausgeholt in die er uns reingebracht hatte. Ich glaube nicht dass er diesen Spinner Tetsuo in Gefahr bringen wird. Immerhin…ist er doch schon einer von uns.“

Kai sah ihn erstaunt an. Hatte er das wirklich gerade gesagt? Yamagata sah schnell weg, als ihm klar wurde was er da peinliches von sich gegeben hatte. Oh mann warum war er denn nur so peinlich? Und das seltsamerweise nur bei Kai…

„A-Also zumindest sieht Kaneda das anscheinend so, der Trottel!“

Kam es dann noch schnell hinterhergeworfen aus ihm raus…und Kai lächelte. Plötzlich musste er auch an früher zurückdenken. An den Tag wo er ihn hier gestellt hatte. Er erinnert sich auch noch daran das er noch nie so glücklich gewesen war wie an diesem Tag…An dem Tag wo Yama ihn gesundpflegte und ihn aufnahm. Ihm wurde warm und er rückte etwas näher an ihn ran und legte seinen Kopf auf die linke Schulter des Großen, der dann etwas verdutzt runter sah. Er wagte jetzt einfach den Versuch. Er konnte es nicht mehr für sich behalten…

„Ich hab übrigens gelogen.“

„Hm? Was meinst du?“

Kai rutschte noch etwas näher.

„Ich habe keine Freundin die ich liebe…Das war gelogen.“

Yama sah nur runter…Irgendwie hatte er ihm das auch noch nie wirklich geglaubt.

„Sondern?“

Erst stockte der Jüngste und wusste nicht wie er es sagen sollte…Einige Sekunden der Stille vergingen bis er dann aus sich kam und sanft sprach:

„Sondern einen Freund…“

Und daraufhin sagten beide nichts mehr. Man hörte draußen die Grillen zirpen in der Hitze des Sommers, so still war es. Aber irgendwann brach die Stille als Yamagata lässig sagte:

„Ich wusste es doch. Ich wusste schon immer dass du ein kleiner Homo bist. Kenn ich…ihn immerhin?“

Kai lief etwas rot an.

„Du kennst ihn…sogar sehr gut…“

Yamagata erstarrte dabei vor Schock, was der Kleine merkte und verwirrt zu ihm hoch sah. Er kannte ihn?! Oh mann bedeutete dass das er…!? Etwas stotternd kam es aus dem Großen raus:

„E-etwa…Kaneda?“

Und da wurde es erneut verdammt still…bis Kai laut anfing zu lachen und sich hätte wie ein Käfer auf dem Rücken rumkugeln können deswegen. Yama lief rot an und fauchte beschämt zu ihm:

„Was?! Was ist daran so lustig?! Bist du jetzt in ihn verliebt oder nicht?! Hattet ihr vielleicht sogar schon Sex?! Das würde erklären warum ihr euch so gut versteht!“

Kai hörte auf und rieb sich die Tränen weg vor Lachen. Diese Fantasie und das es Kaneda sein sollte war echt zum schießen! Er schüttelte den Kopf und fasste sich um den Bauch, der noch etwas wehtat wegen dem Lachen eben.

„Nein du Dummkopf! Hahaha! Als ob ich mit Kaneda was hätte!“

Und dann antwortete er auf Yamagata seine letzten Aussagen:

„Ich habe nichts mit ihm. Aber…wäre das schlimm für dich?“

„Was?! Nein! Also…!“

Kai lächelte ihn an und stand plötzlich ganz langsam auf. Er kam vor ihn und setzte sich dann auf den Schoß des Größeren. Frontal natürlich und sah ihn an. Er riss mit seiner Aktion alle Wände zwischen ihnen nieder. Konnte nicht mehr und wollte ihm seine Gefühle zeigen, die schon so lange in ihm ruhten. Er sah zu ihm auf und konnte schwören ebenfalls eine leichte Röte auf den Wangen seines Gegenübers zu sehen, als er sprach:

„Er ist größer als ich. Arrogant. Verarscht mich gerne. Hat eine große Klappe und ist öfters ein Trottel…Das hab ich schon mal über dich gesagt…Aber dennoch…bist du der einzige Mensch auf dieser Welt dem ich meinen Körper und mein Herz anvertrauen würde. Nur dir…der mich gefunden und immer wieder gerettet hat, als kein Anderer es konnte…“

Und mehr musste nicht gesagt werden, denn die Spannung hatte ihren Höhepunkt zwischen ihnen erreicht. Und sie entfesselte sich sofort in Taten. Er lehnte sich hoch und küsste ihn. Und erstaunlicherweise wurde er nicht abgewiesen. Sondern auch umschlugen und fest an sich gedrückt. Yamagata erwiderte ohne zu zögern. Erst war es sanft, aber nach wenigen Sekunden wurde wilder geküsst. Griffe festigten sich und Atmungen wurden schneller. Herzen rasten als würden sie einen Marathon laufen. Und sie verfielen einander. Aber gewollt. So wie es schon immer war, aber nie eingesehen wurde. Die Stille um sie war gespenstisch und in der Kabine entwickelte sich eine Hitze. Hitze der Erregung und der Lust nach dem Anderen, als sie immer weiter küssten und inzwischen daraus sogar ein Zungenkuss wurde. Hier, an diesem Ort an dem sie sich kennengelernt hatten würden die Gefühle sie überrennen und sie aneinander binden. Seelisch wie auch körperlich. Und Yamagata hatte es auch endlich verstanden. Warum er ihn verschont hatte, ihm half, sich um ihn sorgte und wütend wurde wenn Kai etwas passierte. Weil er ihn schon immer geliebt hatte. Und jetzt würde er ihn definitiv nicht mehr loslassen. Erst wenn sie ordentlich Sex miteinander hatten, denn das war für beide schon lange überfällig gewesen. Anscheinend stand er schon immer auf Kerle. Nein…nur auf Kaisuke. Er löste den Kuss und sprach zu dem Kleinen runter:

„Mach dich darauf gefasst jetzt richtig durchgefickt zu werden…Kaisuke.“

Der Kleine lächelte etwas frech und küsste ihn noch mal schnell auf den Mund. Löste und antwortete ihm:

„Ich warte jetzt schon lange genug darauf…Mach es bloß nicht zu kurz Yamagata…“

Und dann küssten sie sich wieder wild und der Große schob ihm langsam die Hose von der Hüfte, während Kai ihm seine öffnete. Es wirkte fast wie geprobt. So wie bei ihrem Trinkspielen in der Bar. Nur dieses Mal…war es echt. Und dann verloren sie sich in einer Welt der Gefühle und Lust.
 

Tetsuo sah Kaneda in den Rücken, da er jetzt schon eine Weile so stand und den Beiden nachsah, obwohl sie schon längst weg waren.

Er machte sich Vorwürfe. Er wollte nicht das Kaneda sich mit seinen Freunden stritt. Nicht wegen ihm. Seit er in Neo Tokyo, speziell bei Kaneda war…hatte sich in Tetsuo etwas verändert. Bevor er an diesen Ort kam, war er teils rücksichtlos, egoistisch und aggressiv gewesen. Eigenschaften die er sich angeschaffen hatte als eine Art Schutz in seiner Heimat. Dem Ort wo er gemobbt und verletzt wurde. Mehr als das er geliebt wurde. Seit er bei Kaneda war lernte er wieder Gefühle zu entwickeln. Gefühle wie: Sorge, Umsicht, Mitgefühl, Freundschaft und Liebe…Und er bemerkte das er dies nie wieder verlieren wollte. Kaneda war…sein Zuhause geworden. Aber er wollte auch nicht der Grund sein weswegen er litt und seine Familie auseinander riss. Also stand er schweren Herzens von der Karre auf und sprach dann zu dem Älteren vor sich:

„Ich werde gehen.“

Auf diese Worte reagierte Kaneda plötzlich und sah hinter sich. Er schien überrascht und sah den jungen PsyKI nur an, der etwas unsicher in seinem türkisen Hoodie und der blauen Bikerhose da stand. Und obwohl er es selbstsicher sagte…klang er traurig dabei. Also drehte sich Kaneda komplett um und fragte:

„Was meinst du damit?“

Tetsuo schluckte. Er krallte seine Hände in den unteren Rand des Hoodie und antwortete ihm:

„Ich werde von hier fort gehen…Es…es ist besser so.“

Und bei den Worten rutschte Kaneda förmlich das Herz in die Hose. Er erstarrte auf der Stelle und sein Herz fing an wehzutun. Diese Worte waren viel schlimmer gewesen und taten mehr weh als das Messer vorhin in seinem Fleisch. Er sah ihn nur stumm an.

„Ich weis dass das keine Lösung für das Problem mit Mad und Joker ist, aber ich muss es tun weil…weil ich nicht zusehen kann wie ICH dir wehtue…“

Kaneda sah ihn weiter an und hörte nur zu und Tetsuo schien wirklich am Rand der Tränen zu sein, sah auf den Boden bei seinen Worten…

„Du legst dich wegen mir mit jedem an. Du streitest dich mit deinen Freunden, die deine Familie sind. Du wirst wegen mir verletzt und…und veränderst dich wegen mir…Ich kann einfach nicht hier bleiben und dabei zusehen wie ICH dich zerstöre! Ich kann es einfach nicht…Ich zerstöre einfach alles mit dem ich in Berührung komme…Es tut mir so leid. Ich…so war ich schon immer…“

Und nun schlich sich doch eine Träne aus seinem linken Auge. Ganz zart und leise rollte sie seine heißen Wangen runter und tropfte auf den kühlen Asphalt unter ihnen. Hinterließ dort eine nasse Spur. Und er zitterte. Es tat ihm so weh diese Worte zu sagen. Er wollte nicht von Kaneda weg. Nie mehr weil er ihn doch…Aber er musste ihn beschützen. Nicht nur vor anderen PsyKI sondern auch…vor sich selbst. Und dann hörte er Schritte und sah wieder auf. Kaneda kam auf ihn zu und lief dann stumm an ihm rechts vorbei. Tetsuo drehte sich um und sah wie sich der Ältere auf sein Motorrad setzte und es anwarf. Was machte er? Er zog seine Fahrerbrille auf und dann sah er zu dem Kleinen und klopfte auf den Sitz hinter sich. Die Geste sich zu setzten. Dabei sah er ihn ernst an. Und Tetsuo gehorchte…Keine Ahnung warum ausgerechnet jetzt, aber er gehorchte. Kam dann leise zu ihm und setzte sich hinter dem Älteren auf das Vehikel. Umschlang den starken Oberkörper sanft von hinten und drückte sich an ihn. Hielt sich fest, als sie kurz darauf losbrausten und den Kanal entlang fuhren.

Leise wie die Maschine war raste sie weiter, bis Kaneda in eine Gasse abbog und am Ende dieser dann auf eine Straße kam. Er bretterte diese runter. Zwischen Autos und Lastern vorbei und zielgerecht. Er wusste genau wo er hinwollte. Und nach einer Weile waren sie aus dem einen Stadtteil raus und donnerten einen alten Highway raus in das alte Tokyo. Ein alter Stadtteil. Kaneda war seit Jahren diesen Highway nicht mehr langgefahren. Hatte sich sogar gesträubt sich ihm zu nähern. Und dennoch wusste er noch genau den Weg…Tetsuo hatte die Augen geschlossen und lauschte nur dem Herzschlag des Fahrers. Er war schnell. War er nervös? Oder Wütend? Er konnte es nicht fassen. Nutzte aber auch nicht seine Kräfte um es vielleicht rauszubekommen. Nie wieder wollte er das bei Kaneda tun…Er wollte für ihn…so menschlich sein wie möglich. Und nach einer Weile, ohne das Tetsuo gesehen hatte wo sie langfuhren, kamen sie plötzlich zum stehen. So das er die Augen öffnete und sich umsah. Die Sonne stand am Himmel und erhellte die Umgebung um sie herum. Ihm war aber warm, obwohl ein kühler Wind durch die Straßen wehte und über den leeren Spielplatz den er rechts neben einem alten Haus sah. Er setzte sich aufrecht und sah sich weiterhin einfach nur um. Wo waren sie? Er kannte diesen Ort nicht. Es war nicht Shima…Und dann stieg Kaneda ab und reichte Tetsuo die rechte Hand. Er sollte sie nehmen und sich vom mechanischen Ross geleiten lassen. Der PsyKI sah ihn unsicher an und fragte:

„W-wo sind wir?“

„Ich möchte dir etwas zeigen…“

Kam es nur abtrennend von Kaneda und Tetsuo sah die Hand an…nahm sie dann zögerlich und ließ sich sanft von der Karre ziehen. Mit dem Griff noch immer um seine rechte Hand ließ er sich dann von dem Älteren Hand in Hand in das Gebäude führen. Das Gebäude vor ihnen mit dem Spielplatz nebenan. Es war alt und verkommen, so wie alles außerhalb von Neo Tokyo, aber sie blieben auch nicht lange da drin sondern kamen raus auf den Hof, auf den Spielplatz von eben. Er war komplett überwuchert mit frischem Gras, das im Licht der Sonne glänzte und der Wind es spielerisch bewegte. Blumen, Gänseblümchen wuchsen verteilt auf ihr und Moss und Rost zeigten sich an den alten und zerstörten Geräten zum spielen. In den elf Jahren war hier alles zugewachsen. Passierte auch schnell wenn man nichts mehr pflegte. Und irgendwann blieb Kaneda dann an einem Zaun stehen und ließ Tetsuo seine Hand los. Er machte einige Schritte von dem Kleinen weg und lehnte sich gegen den Maschendrahtzaun. Er war wieder still und schien in die Leere zu starren. Tetsuo sah ihm nur dabei zu…Was machten sie hier? Was sollte das? Und dann fing Kaneda an zu erzählen…etwas sehr wichtiges, was Tetsuo bis in den letzten Teil seiner Seele berührte:

„Das hier…ist der Ort der mein Leben zerstört hatte…Das Waisenhaus in das ich abgegeben wurde…Vor 16 Jahren bin ich in Neo Tokyo geboren worden. Meine Geburt lief nicht glatt ab sondern sehr kompliziert. So wurde es mir zumindest gesagt. Ich hätte meine Mutter beinahe mit in den Tod gerissen, wenn sie nicht operiert hätten. Meine Nabelschnur hatte sich um meinen Hals gelegt und ich lag quer im Geburtskanal. Hätte mich bei der Geburt also erwürgt und… Naja wir kamen beide jedenfalls durch und ich kam als gesundes Kind zur Welt. Schon ein ziemlicher scheiß Start, was? …Mein Vater hat viel gearbeitet. Aber immer wenn er da war…waren wir eine glückliche Familie…Das dachte ich zumindest immer. Aber dann kam mein Vater mit mir hier her…als ich fünf war. Er ließ mich zurück. Gab mich in dieses Waisenhaus und verließ mich. Alle haben mich verlassen…Ich redete mir seit dem Tag immer wieder ein, dass meine Eltern gestorben wären. Bei einen Unfall gestorben wären…Zum Schutz. Denn zu wissen dass sie da draußen waren und mich verlassen hatten, tat mehr weh als zu denken sie wären einfach nicht mehr in der Lage mich abzuholen. Sie waren aber wirklich tot für mich…Ich habe es nie verstanden. Und irgendwann wollte ich es auch nicht mehr und fing an mich nur noch um mich zu scheren. Ich prügelte mich wenn es sein musste, ich stahl essen wenn ich hunger hatte und ich tat was mir gut tat. Damit machte ich mich nicht gerade beliebt. Aber es war alles was ich noch hatte…ICH war alles was ich noch hatte. Und als ich dann zehn wurde, rannte ich von hier weg. Mich suchte auch keiner. Denen war sicherlich scheiß egal was aus mir werden würde. Ein totes Kind in den Straßen mehr, machte doch keinen Unterschied…Ich lebte auf den Straßen und klaute. Verteilte Drogen von Dealern und bekam Geld dafür. So lernte ich auch Kai und Yamagata kennen, die genauso wie ich einfach weggeworfen wurden. Von den Eltern und der Gesellschaft. Aber auch Kinder wie wir wurden von den Straßen aufgelesen und mussten in dieses Drecksloch von Schule, die für Kinder ohne Ziel war. Für Abschaum…Und dann lernte ich den Anführer der Capsules kennen…Cap hat sich für uns eingesetzt und hat uns aufgenommen. Und nach einigen Jahren wollte er dann plötzlich dass ich sein Nachfolger werde. Hat wohl etwas in mir gesehen was mich dafür qualifizierte…Was auch immer das gewesen war…“

Als er Tetsuo diese Geschichte erzählte…tat dem sein Herz weh. Der PsyKI dachte…er dachte er wäre der einzige der eine schlimme Kindheit gehabt hatte. Aber Kaneda seine war sogar noch schlimmer gewesen als seine eigene…Als er Kaneda damals einmal berührt hatte, sah er kurze Bilder von seiner Vergangenheit. Sah gewisse Dinge und deswegen sah er auch wie Kaneda seine Eltern verloren hatte. Angeblich durch einen Unfall…aber das sah er nur weil der genau daran glaubte. Das war die Wahrheit des Älteren gewesen…also sah er die auch. Eine manipulierte Wahrheit. Aber Tetsuo wusste sie, die Antwort auf Kaneda seine Frage…Das sagte ihm sein Herz und das was er über die Tage hinweg über Kaneda gelernt hatte…Er schluckte und sprach sanft zu ihm:

„…Er sah das du ein guter Mensch bist…Und ein Anführer.“

Darauf sah der Ältere zu ihm. Tetsuo konnte es erst nicht deuten. Er schien traurig aber auch belustigt über die Aussage von dem Kleinen und der sprach dann einfach weiter:

„Du kümmerst dich um die Menschen die dir wichtig sind. Tust einfach alles für sie, weil sie deine Familie geworden sind. Deswegen hat er dich gewählt. Du bist ein guter Mensch Kaneda, ganz einfach.“

Aber dann lachte der Ältere kurz darauf. Für ihn war es zum schießen. Ganz einfach also? Und als er aufhörte sah er weiter zu Tetsuo.

„Heh, ICH? Ein guter Mensch? Ich bin kein guter Mensch Tetsuo. Kleine Eilmeldung: Ein guter Mensch klaut nicht! Ein guter Mensch verprügelt nicht andere um ihnen seine Meinung aufzuzwingen, oder gedeiht am Verlust derer. Ein guter Mensch tötet nicht, wenn sich eine andere Lösung fänden ließe! Ich bin kein guter Mensch Tetsuo…ich bin ein Monster das in den Abgründen von Neo Tokyo lebt und darin gedeiht.“

Nein. Das stimmte nicht…Tetsuo machte einen Schritt auf ihn zu und schüttelte den Kopf. Er wollte nicht dass sich der Ältere sowas einredete. Aber er blieb auch gleich wieder stehen und sprach ernster, aber sanft:

„Gute Menschen tun manchmal böse Dinge, aus guten Absichten oder Gründen. Jeder Mensch macht Fehler Kaneda. Deswegen sind wir Menschen! Du hast Dinge getan um zu überleben. Das kann dir keiner verübeln. In einer Welt wo alle auf dich scheißen, muss man manchmal etwas radikaler werden! Die Welt prägt einen Kaneda…das bedeutet nicht das du ein böser Mensch bist!“

Kaneda drehte sich zu ihm und sprach lauter:

„Und woher weist du das?! Woher willst du wissen dass ich kein böser Mensch bin?! Wenn selbst ich schon an mir zweifle!!? Du hast nicht gesehen was ich alles getan habe!! Was ich gemacht habe um zu werden was ich heute bin! Wen ich schon verletzt und getötet habe! Selbst deine Art habe ich schon getötet!! Und ich soll ein guter Mensch sein?! Warum?!“

Es kochte über, aber in dem Gebrüll von Kaneda…klang Trauer heraus. Das konnte Tetsuo ganz klar hören und fühlen…Und dann kam der junge PsyKI direkt auf ihn zu. Er stellte sich ohne zu zögern vor ihn und sah traurig zu ihm hoch. Kaneda war aufgebracht und sein Herz schlug schneller deswegen. Aber als der Kleine ihm so nahe war…beruhigte er sich wieder langsam und sah ihn nur an. Es war wie verhext. Einfach nicht zu beschreiben. Etwas was nur die Beiden hatten…Vorsichtig und ganz sanft fasste ihm dann Tetsuo auf die rechte Wange und gab Kaneda eine erschlagende Antwort, auf seine verzweifelten Fragen:

„…Weil ein böser Mensch, der nur auf Profit aus wäre und nur an sich denken würde…mich nicht in jener Nacht verschont hätte…“

Und dann fing er an zu weinen. Tetsuo musste einfach weinen und er konnte es nicht mehr zurückhalten. Das wurde ihm zu viel. Er hatte gesagt dass Kaneda ihn nie mehr weinen sehen würde…aber das konnte er nicht halten. Nicht wenn er ihn so sah…den einzigen Menschen, dass einzige Wesen auf dieser Welt…das er liebte.

„Und das ist MEINE Wahrheit…Du hast mich angesehen wie noch nie jemand zuvor. Hast mich verschont und damit auch gerettet…Ich kennen deinen Schmerz. Denn ich bin in der Hinsicht wie du. Auch ich kam mir verlassen und allein vor. Und die paar Leute die ich hatte konnten auch nicht meinen Schmerz und meine Angst lindern, die ich seit meiner Kindheit in mir trage…Deswegen bin auch ich davongerannt. Hab alles hinter mir gelassen und wollte es vergessen. Wollte vergessen wer ich bin und woher ich komme. Aber das ist etwas was wir nicht können! Dieser Schmerz ist ein Teil von uns, auch wenn wir das nicht akzeptieren wollen! Wir wachsen daran und es formt WER wir sind! Also bitte hör auf damit Kaneda…Verfluch dich nicht als das was du bist…Ich mache das doch auch nicht…oder?“

Kaneda sah ihn einfach nur an. Ihre Herzen waren wieder auf einer Wellenlänge und im Einklang…Er konnte den Schmerz spüren in der Brust des Kleinen…Es war der Selbe wie seiner…Und als Tetsuo seine Hand sanft von der einen Wange gleiten ließ und ihn dann nur noch ansah…machte es Kaneda ihm fast nach. Er hob aber beide Hände hoch, fasste sanft beide Wangen von seinem Gegenüber die noch vertränt und heiß waren, von den Gefühlen die in ihm kochten. Und dann strich er mit den Daumen sanft die nassen Tränen weg, die sich ihre Wege aus den Augen schlichen. Ihm wurde bewusst das es seine Schuld war…Das tat im ersten Moment weh. Aber dann lächelte er plötzlich traurig aber glücklich. Er verstand es.

„Ich dachte du wolltest nicht mehr vor mir weinen?“

Ein freches Sticheln. Tetsuo schlurzte aber nur und antwortete etwas muffig darauf:

„Halt den Mund Kaneda…“

Ein weiteres Lächeln des Älteren. Genau so waren sie…Der Eine stichelte und der Andere wurde böse deswegen und fauchte zurück…Aber im Herzen liebten sie sich und konnten nicht ohneeinander. Nie wieder…

„Ich werde niemals zulassen das dir etwas passiert Tetsuo. Ich habe damals alles verloren…Aber Menschen wie Kai, Yamagata…und DU haben mich gerettet. Niemals würde ich zulassen dass diesen Menschen etwas passiert. Ich beschütze sie mit meinem Leben…Daher bitte ich dich…“

Und plötzlich fing auch er leicht an zu weinen, dass es Tetsuo wie ein Blitzschlag traf, als er das sah. Kanedas Hände, die auf den Wangen ruhten fingen an zu zittern und dann beendete er:

„…bitte verlass nicht auch noch du mich Tetsuo…Ich will keine Menschen mehr verlieren…die ich liebe.“

Und bei dieser Aussage war es vorbei. Tetsuo kam näher an ihn ran und drückte sich an ihn. Ließ seinen Gefühlen freien Lauf und sah ihm tief in die Augen…Ein zartes Lächeln schlich sich über seine Lippen. Er wollte ihn nicht mehr weinen sehen. Nicht mehr Leiden sehen. Deswegen wollte er gehen. Aber ihm wurde in dem Moment klar…dass wenn er geht…Kaneda sterben würde. Seine Seele und sein Herz würden sterben und das konnte er nicht. Er liebte ihn und ihm wurde klar dass er bei ihm bleiben musste. Sie heilten sich gegenseitig. Reparierten ihre gebrochenen und verletzten Herzen gegenseitig. Sie waren zwei Teile die zusammen ein Ganzes ergaben. Und Tetsuo war so dumm gewesen, dass er sowas überhaupt erst zu ihm gesagt hatte. Aber nur dadurch konnte er erfahren was in Kaneda vor ging. Und darüber war er glücklich. Alles was zwischen ihnen passiert war hatte dafür gesorgt dass er sich in ihn verliebt hatte. Es kam schleichend und Tetsuo wollte es nie wahr haben…aber nun war es passiert. Und er war glücklicher als je zuvor. Und auch über die Tatsache…das er ihn als Mensch ansah. Noch konnte er es ihm nicht sagen…aber er konnte es ihn spüren lassen. Also küsste er ihn…Sie küssten sich innig und nach einer Weile löste Tetsuo den Kuss sanft. Er war errötet und sprach dann beschämt:

„T-tut mir leid…ich…ich will dich nicht so sehen…Bitte hör auf damit Kaneda…Sei…sei bitte wieder das Arschloch das mich damals verschont hat…“

Und darauf grinste der Ältere zu ihm runter. Umschlang ihn sanft und drückte ihn an sich. So zart das Tetsuo seinen Kopf auf der Brust des Älteren ruhen lassen konnte und nur dem Herzschlag lauschte. Und den Worten seines erwählten Männchens:

„Ich bin alles für dich…Was immer du willst Tetsuo.“

Und das war ein Versprechen. Eines das er niemals brechen wollte. Und Tetsuo nickte. Er würde nicht gehen. Nie mehr. Hier war sein Zuhause. Bei Kaneda. Und was auch für eine Bindung in jener Nacht geschehen war…Tetsuo danke dem der sie zusammengebracht hatte. Ob es Gott war oder das Schicksal, das war ihm egal. Er dankte diesem Wesen einfach nur dafür…das es ihn zu dem Menschen geführt hatte den er liebte und der zu ihm gehörte…Dann drückte er sich von dem Älteren weg und sprach ernst zu ihm hoch:

„Ich bin deiner Meinung. Wir müssen das hier so schnell wie möglich beenden. Es ist riskant, da hat Kai recht…Aber ich vertraue dir. Ich werde es tun…Ich will in Frieden leben…Hier…mit den Jungs…und mit dir Kaneda.“

New insights and terrors

Es war eine wilde Fahrt gewesen.

Etwas erledigt und einfach nur die Wärme des anderen genießend, lag Kai an Yamagata gekuschelt. Sie befanden sich noch immer in der Kabine und genossen die Nähe zueinander. Hatten genau da ordentlich Sex miteinander gehabt und auch waren sie in einer gewissen Position hängen geblieben. Nämlich saß der Jüngste auf dem Schoß und kuschelte sich an die starke Brust seines Sex-Partners. Kai trug nur noch sein grünes Hemd, das noch immer bis über die Brust hochgekrempelt war und war zugedeckt mit seiner Jacke die auf seinen Schultern hing. Yamagata trug dagegen noch alles, nur seine Hose war logischerweise geöffnet gewesen. Für ne Runde Sex in einer Kabine musste es schnell gehen. Aber dennoch hatten sie sich Zeit gelassen und sich nicht nur nach Herzenslust ausgetobt, sondern es auch genossen bis zum Ende. Er hatte den Kleinen umschlungen und sein Kopf ruhte ebenso auf dem des Jüngeren. Beide waren noch etwas erschöpft, aber mehr noch der kleine Kai. Yamagata war überrascht wie gut Kai den Sex weggesteckt hatte. Immerhin musste er den Arsch hinhalten und sich penetrieren lassen. Manchmal hatte er das Gefühl er würde ein Mädchen ficken, so willig und gut hat es geklappt. Und noch dazu hatte er einen verdammt geilen Körper. Er war gut gebaut, aber zart. Und seine Haut war so weich…einfach überall. Sah man ihm gar nicht an wenn er bekleidet war. Er hatte damals also nicht gelogen, als er meinte seine Beine wären wohl gerundet und es wäre aufregend sie zu berühren. Scheiße…alles an ihm war aufregend zu berühren. Noch nie zuvor hatte er mit einem Jungen Sex gehabt. Warum auch? Er war ja immer von sich überzeugt nicht schwul zu sein. Aber nach den Küssen und nach der geilen Runde Sex, fand er es nicht mehr schlimm schwul zu sein. Keine Sorge das der Partner schwanger werden konnte, ein großer Vorteil aber nicht nur das…Immerhin liebte er diesen kleinen, verkrachten Mechaniker auf sich. Das war ihm endgültig bewusst. So viele Muschis schon in seinem Leben und dann verfällt er dem Arsch eines Jungen. Schon irgendwie Witzig.

Er sah zu dem Kleinen runter und schnaufte kurz aus, machte eine langsame Handbewegung und schob das leicht verschwitzte Haar aus dem Gesicht von Kai. Danach küsste er ihm sanft auf die Stirn und als Antwort bekam er ein leichtes Grummeln. Das aber gleich in ein wohliges Schnurren überging. Etwas erschöpft aber glücklich warf ihm Kaisuke einen lieben Blick zu. Blinzelte kurz dabei und Yama fragte ihn:

„Alles okay? Hast du Schmerzen?“

Sofort bekam er ein verneinendes Kopfschütteln des Jüngeren und dann ein Lächeln, gefolgt von einer weiteren Kuschel-Aktion. Er drückte sich schmusig an den Großen und sprach sanft:

„Nein du Trottel…Alles okay.“

Was nach dem Satz sich aber nicht lange bestätig hielt. Denn kurz darauf zog ein Druck durch seinen Unterleib und er zuckte zusammen. Erschrocken weil er etwas spürte, drückte er sich dann schnell von Yamagata weg und sah zu seinem Bauch runter. Es fühlte sich an als…Und dann keuchte er auch schon. Weitere Kontraktionen in seinem Bauch folgten und rissen etwas seinen Leib auseinander. So fühlte es sich zumindest für ihn an. Das blieb natürlich nicht unbemerkt. Besorgt sah ihn Yamagata darauf an und fasste ihn sanft an den Schultern. Fragte erneut, nun etwas lauter:

„Was hast du?! Kaisuke?!“

Der Kleine keuchte immer wieder und schien angestrengt vor Schmerz. Aber nach einigen Minuten hatte das auch wieder nachgelassen. Sein Körper hörte schlagartig, wie es gekommen war, wieder auf zu arbeiten. Unheimlich. Er dachte nicht dass es Kontraktionen auch bei Jungs gab. Sowas war eher bei Frauen ein Ding. Zum Beispiel wenn sie gebären, oder ihre Periode hatten. Doch offensichtlich hatte sein Bauch bereits daran gearbeitet das los zu werden was nicht in ihn gehörte und so verließ es auch leise seinen Körper. Lief flüssig aus ihm raus. Noch immer sah Yamagata ihn besorgt an und da ihm Kai keine Antwort gegeben hatte fragte er noch mal:

„Was hast du denn verdammt?!“

Und dann bekam er blitzartig aber leicht von Kai eine geknallt. Überraschend. Es war eine sanfte Backpfeife auf die rechte Wange gewesen und Yama verharrte vor Schreck nur. Sah ihn verwirrt an und fasste sich danach auf die Wange, während ihn Kai errötet und etwas muffig ansah. Fragen über Fragen und deswegen fragte Yamagata erneut:

„Au! Verdammt wofür war DIE denn?!“

Und endlich sprach Kai lauter zu ihm:

„Du blöder Arsch! Ich hab dir doch gesagt du sollst nicht in mir kommen!“

Wirklich? Das kam sehr unverblümt und ehrlich. Yamagata lief bei der Aussage sofort rot an und motzte dann laut zurück:

„Entschuldige bitte, dass ich spontan kein Kondom dabei hatte! Aber woher sollte ich denn wissen das du so Ach auf Krach ficken möchtest!?“

„Du hättest einfach nur rausziehen müssen!“

„Oh das sagst du so einfach! Im Eifer des Gefechts ist das nicht so leicht! Ich war voll drin und konzentriert, weil ich dich nicht verletzen wollte!“

Was auch der Wahrheit entsprach. Sex zwischen Männern braucht ein starkes Maß an Vertrauen und Gefühl. Man muss sehr vorsichtig sein, denn Verletzungen passierten sonst schnell. Und da beide noch nicht darin geübt waren umso mehr. Aber bei der Aussage des Großen wurden beide schlagartig still und sahen sich nur an. Und wie durch einen Zauber verflog die mürrische Laune der beiden schlagartig und sie fingen an zu lachen. Es war unglaublich. Und schon etwas peinlich, aber das machte ihnen nichts aus. Weswegen Kai sich sofort wieder an ihn kuschelte und murmelte:

„Du hast Glück das ich dich so sehr liebe…Aber nächstes Mal lass das bitte!“

Yamagata sah erstaunt zu ihm runter. Es würde ein nächstes Mal geben? Das erfreute ihn sehr…aber dann fragte er:

„Du…liebst mich?“

Kai nickte und sah dann wieder zu ihm auf.

„Natürlich. Sonst hätte ich nicht mit dir geschlafen du Trottel.“

Er lächelte dabei so lieb und süß das dem Großen wieder warm um das Herz wurde. Es tat gut sowas zu hören. Es war so der Kontrast zu Yamagata seiner Einstellung. Er war mehr der Typ der einfach Sex hatte wenn er bock hatte. Aber zum ersten Mal in seinem Leben wollte er Sex haben weil er die Person liebte. Weil er Kai liebte und ihn das fühlen lassen wollte. Früher fand er das total schnulzig. Hat Kaneda sogar für blöd abgestempelt weil er sich gefühlvoll binden oder Sex haben wollte. Inzwischen verstand er aber. Und es war echt schön mit jemanden zu schlafen der einen nahm wie man war und den man kannte und liebte wie er war. Und so kam er mit dem Kopf runter und sie küssten sich erneut innig. Während sie Sex hatten haben sie sich oft geküsst. Eine Bindung zu ihrer bereits aktiven körperliche Bindung die sie nicht lösen wollten. Als er Kai dann allerdings stärker von hinten nahm wurde das etwas komplizierter…

In der Ferne war plötzlich lautes Donnern zu hören. Sofort unterbrachen die Zwei den Kuss und sahen von sich erschrocken aus der Kabine raus. Jeder der beiden würde das Geräusch im Schlaf erkennen…es waren Motorräder! Schnell, aber noch immer mit etwas Schmerz im Bauch kam Kai von Yamagata runter und der schloss seine Hose. Stand schützend vor Kai und sah sich in der Kabine um. Perfekt. Sofort riss er die Stange über ihnen, die für den Vorhang der Kabine ab und nahm sie als Waffe. Er sah zu dem Kleinen hinter und sprach auffordernd:

„Zieh deine Hose an, wir bekommen Besuch! Und bleib hier!“

Kai nickte und tat wie ihm geheißen. Währenddessen ging Yamagata langsam aus der Kabine raus und schlich sich hoch zum Ende des kleinen Raumes. An den anderen Kabinen vorbei. Es war eine scheiß Situation. Warum sollte jemand anderes in diesen verlassenen Stadtteil kommen? Noch schlimmer war, dass ihre Karren vor dem Laden standen. Das war ja geradezu ein Einladungsschild für klauende Bastarde! Er blieb an der Ecke des Raumes stehen und sah vorsichtig und mit der Stange im Anschlag, um sie herum. Der Laden war noch immer komplett verlassen. Aber es hörte sich auch an, als wären sie noch nicht vorbeigekommen. Die Geräusche waren noch etwas weiter weg. Er schlich sich schnell raus und vorne zu dem Schaufenster links. Hockte dahinter und lauschte nur weiter. Das Brummen der Motorräder kam immer näher. Es mussten viele sein. Eine Gang auf Streife? Hoffentlich nicht, dann hätten sie echt ein Problem! Und dann sah er über seine Deckung drüber und erspähte die Motorräder der Fremden. Sah sie in schnellem Tempo an sich vorbeifahren. Yamagata dachte ihn trifft der Schlag! Scheiße! Das waren Clowns! Was zum kuckuck machte Joker seine Bande an diesem Ort?! Sie bretterten einer nach dem anderen an dem Fenster vorbei. Aber er war auch erleichtert dass diese Grunts offensichtlich seine und die Karre von Kai ignorierten. Die Typen waren schon immer dumm gewesen. An sich hatte er acht Stück gezählt die Richtung Norden fuhren. Das Geräusch der Motorräder wurde immer leiser und Yamagata sah hinter sich. Sah wie Kai wieder angezogen zu ihm geschlichen kam und sich rechts neben ihn kniete. Der sah ihn muffig an und maulte zu dem Kleinen:

„Ich hab doch gesagt: du sollst in der Kabine bleiben!“

Kai aber überhörte das und sah raus aus dem Fenster, fragte dann zu seinem Partner rüber:

„Wer waren die? Haben die nicht unsere Karren gesehen?“

Ach was solls. Yamagata ignorierte den Ungehorsam und sprach dann:

„Das waren Clowns. Natürlich haben die nichts gesehen die Blindschleichen.“

Erschrocken sah der Kleine zu ihm.

„Was?! Clowns?!“

Dann sah Kai wieder aus dem Schaufenster vor sich und sprach.

„Was zum Geier machen denn Clowns hier?“

„Keine Ahnung…Aber Kaneda könnte das interessieren.“

Also lief Yamagata an Kai vorbei und raus aus dem Laden. Ohne lange zu fackeln kam er zu seiner Karre und zog sein Walkie davon ab. Kai kam auch raus und lehnte sich an sein Motorrad. Sah ihm gespannt dabei zu. Der Große hörte aber plötzlich auf und sah zu dem Kleinen, bekam ein freundliches Lächeln zugeworfen. Er lächelte zurück. Musste dann auch einfach erneut fragen:

„Geht’s deinem Bauch auch wirklich gut?“

Kai verzog das Gesicht zu einem muffigen Grummeln.

„Jetzt hör aber auf. Ich bin doch nicht aus Zucker!“

Mann musste dazu aber auch sagen das Yamagata beim Sex sehr vorsichtig gewesen war. Sicher nach einer Weile wurde es etwas stürmischer, aber es war dennoch zart und sanft gewesen. Er konnte sie noch immer in seinem Körper spüren…die sanften Stöße…Yama war bei der Antwort natürlich sofort beruhigt und stellte die richtige Frequenz am Walkie ein. Nämlich die seines Bosses. Kaneda wird das definitiv brennend interessieren, was gerade passiert war…
 

Nachdem Yamagata seinen Boss angefunkt hatte, dauerte es auch nicht lange und Kaneda setzte sich in Bewegung.

Er raste mit seiner süßen roten und Tetsuo im Gepäck den Highway runter in den alten Stadtteil von Nakano. Dort wo Yamagata und Kai auf sie warten würden. Was zum Geier machten die Zwei da eigentlich? Naja sie sind ja auch vor einiger Zeit nicht ruhig auseinandergegangen, sondern im Krawall. Inzwischen tat es Kaneda natürlich auch wieder leid, dass er Kai so angefahren hatte. Jetzt wo er wieder runtergekommen war, wurde ihm das auch schnell bewusst. Und er war noch immer glücklich…glücklich dass er Tetsuo vorhin so sein Herz ausschütten konnte. Aber noch mehr…das der Kleine ihn von sich aus geküsst hatte.

Sein Herz flatterte noch immer wenn er daran zurückdachte und Schmetterlinge tummelten sich in seinem Bauch. So sehr das er sich wie ein verliebter kleiner Junge vorkam. Es war der Hammer. Es fühlte sich so gut an. Sowas hatte er noch nie erlebt und er hatte schon einige Mädels gehabt, wenn auch nur kurz. Und wenn das nicht auch ein eindeutiges Zeichen von Tetsuo seiner Seite war…dann wusste Kaneda auch nicht was es sonst sein sollte. Sie liebten sich. Das wussten inzwischen beide Seiten zu hundert Prozent. Jetzt musste nur noch der passende Zeitpunkt kommen, an dem man es sagen konnte. Aber solange das mit Mad und Joker war, konnte Kaneda nicht still bleiben und sich darüber Gedanken machen. Er musste Tetsuo schützen. Das war die Hauptfeder die ihn antrieb in den Krieg zu ziehen, neben seinen Jungs. Und während sie fuhren fühlte er den warmen Körper hinten an sich gepresst. Was ihn nur noch glücklicher machte. Wenn sie endlich Sex haben würden…er würde ihn so sehr verführen dass Tetsuo nicht mehr aufhören wollte! Er würde ihn wie eine verdammte Königin auf den Armen tragen und begatten. Wie seine Königin…

Als sie endlich ankamen sah er bereits in der Ferne schon das Motorrad von Yamagata stehen. Der lehnte lässig daran und ihm gegenüber war die Karre von Kai, der sich auch an seine Maschine gelehnt hatte. Sie warteten nun schon 15 Minuten an der Stelle und hatten einiges zu besprechen. Zuerst aber fanden sie es wichtig Kaneda nicht gleich mit Vorschlägen zu bombardieren. Er schien ja in seiner Idee eingefahren zu sein. Das würde nur wieder im Streit enden und das wollte keiner. Auch mussten sie ihm vertrauen, so wie immer, auch wenn es vielleicht etwas riskant werden konnte. Würden seinem Urteil trauen, denn das war die Essens ihrer Gang. Verloren sie das, dann war es aus mit der Gang und dem Gleichgewicht darin. Und dann hielten sie es für besser den Zwei nichts von ihrem kleinen Sex-Erlebnis in der Kabine zu erzählen. Das war etwas was in der Situation eh nicht von Bedeutung war und deswegen sollte es erst mal in der Kabine bleiben und in ihren Köpfen. Sie würden sich also verhalten wie immer. Kurz darauf bremste Kaneda auch schon rechts von ihnen ab und stellte sich mit seiner Karre seitlich. Er schob die Fahrerbrille auf seine Stirn und Tetsuo sah über seine rechte Schulter auch zu Kai und Yamagata. Kaneda fragte seine Jungs:

„Und? Was habt ihr herausgefunden?“

Während er von seiner Karre abstieg, blieb Tetsuo einfach sitzen und sah zu ihnen. Yamagata fackelte auch nicht lange und fing schon an zu erzählen:

„Die Clowns sind vorhin hier durchgefahren. Acht Stück an der Zahl.“

Kaneda kam vor ihn und hatte die Hände in den Hosentaschen. Er wirkte erstaunt und fragte:

„Was? Warum zum Teufel fahren die hier rum?“

Kai schaltete sich ein:

„Das haben wir uns auch gefragt Kaneda. Im Gepäck hatten die offensichtlich nichts, aber auf Streife schienen die auch nicht gewesen zu sein. Die haben unsere Motorräder komplett ignoriert, als wir beide im Kaufhaus waren.“

Kaneda sah ihn verwirrt an.

„Was wolltet ihr denn in dem Schuppen?“

Kai stockte kurz, aber antwortete dann schnell:

„Ich dachte wir könnten was finden um etwas an Geld zu kommen. Auch musste ich mal abschalten…“

Er bekam gerade noch die Kurve mit der Aussage. Beinahe hätte er sich verplappert. Es war ja teils auch die Wahrheit…Aber dann sprach Kaneda plötzlich ruhiger und entschuldigend zu dem Jüngsten rüber:

„Verstehe…Hey Kai. Was da vorhin passiert ist das…das war scheiße von mir Bruder. Du machst dir Sorgen um Tetsuo und den Rest von uns und ich fahr dich einfach so an. Das war nicht richtig und es tut mir leid.“

Sein Blick wanderte dann zum Boden und verharrte dort.

„Mir gehen momentan so viele Dinge durch den Kopf, dass ich manchmal das Gefühl habe ich verliere die Kontrolle über alles. Als würde ich nicht mehr Herr der Lage sein. Ich möchte keinen von euch verlieren, aber ich kann auch nicht einfach weiterhin tolerieren was Mad und Joker machen. Es ist meine verfickte Schuld…Ich hätte Mad von Anfang an durchschauen müssen und niemals den Deal mit ihm eingehen sollen. Ihn allein zu fragen war ne scheiß Idee gewesen! Auch hätte ich Joker in seinem Nest töten müssen! Alles gerät aus dem Ruder, weil ICH beschissene Entscheidungen getroffen habe! Das ist alles meine Schuld…“

Ein wahrer Anführer, das hatte er im Blut. Aber er nahm auch zu viel auf sich…Er sprach tief aus seiner Seele. Tetsuo sah ihm in den Rücken und kam kurz darauf auch vom Motorrad runter. Er machte sich echt für alles solche Vorwürfe? Und dann kam er vorsichtig näher an Kaneda, von hinten natürlich bis er schließlich rechts neben ihm stand. Fasste ihm sanft auf die Schulter und der Ältere blickte vom Boden auf und zu dem PsyKI, als der sprach:

„Wir kriegen das wieder hin, okay? Zusammen.“

Yamagata gefiel das nicht, aber er stimmte dem Freak mit folgender Aussage zu:

„Du hast uns immer mal wieder in Scheiße reingeritten Kaneda. Aber du sorgst dann auch immer wieder dafür dass alles glatt läuft. Ziehst den Karren auch wieder allein aus dem Dreck wenn es sein muss. Deswegen bist du auch unser Boss, Alter. Du kannst immer auf uns zählen!“

Und endlich setzte sich Kai in Bewegung und kam auf Kaneda zu. Mit nur wenigen Schritten hatte er ihn erreicht und umarmte ihn sanft um den Nacken. Drückte sich fest an ihn und verweilte auch für einige Sekunden so. Es war mal lange überfällig gewesen. Auch Kaneda brauchte Nähe und Sorge. Und obwohl Tetsuo wusste das es nur aus reiner Freundschaft war…wurde er nervös und leicht eifersüchtig. Etwas was eigentlich auch nur Frauen haben bei potenziellen Rivalen. Als ihm das bewusst wurde schüttelte er leicht den Kopf und holte sich wieder zur Besinnung. Was sollte denn das? Er musste doch nicht eifersüchtig sein. Es war aber auch eher instinktiv gewesen. Immerhin sah er sich schon irgendwo als Kanedas Weibchen an……Kai ließ auch wieder von Kaneda ab und sah freundlich zu ihm hoch. Nahm die Entschuldigung natürlich an.

„Die Zwei haben recht. Wir bekommen das wieder hin. Danke das du dich entschuldigt hast Kaneda…“

Das war sehr wichtig gewesen. Denn es zeugte von Selbstreflexion und das Kaneda in der Lage war zu erkennen was unnötig und falsch war und was nicht. Sein Anführer lächelte zu ihm runter und nickte. Er hatte einfach die besten Freunde der Welt. Und genau das alles was er besaß musste er schützen. So gut er konnte. Danach verzog sich seine Mine wieder ernst und er schien zu überlegen. Legte die rechte Hand nachdenklich an sein Kinn. Das konnte kein Zufall sein…Warum waren die Clowns…Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen! Ein Licht ging ihm auf und er trat sich selber in den Arsch das er das nicht mal früher in Betracht gezogen hatte! Sofort schnippste er mit der rechten Hand und sprach laut:

„Aber klar doch! Ich bin so ein Idiot!“

Tetsuo neben ihm grinste leicht und antwortete darauf ebenso frech:

„Die wichtigste Erkenntnis für dich heute.“

Kaneda sah erstaunt zu ihm bei der Aussage. Grinste aber dann ebenfalls und sah wieder zu den anderen Beinen vor sich. Er zeigte auf Yamagata und fragte:

„Du sagtest sie sie waren mehrere.“

Dann zeigte er auf Kai.

„Und du meintest sie haben eure Karren ignoriert?“

Kai nickte und antwortete:

„Ja das war echt komisch. Auf Streife schienen sie nicht gewesen zu sein und bei Raubzügen würde man doch zwei Karren nicht einfach stehen lassen, oder?“

Yamagata nickte Kai zu bei der Frage. Und so langsam fing auch der junge PsyKI an sich das Puzzel zusammen zu bauen. Er verschränkte die Arme vor sich und schien Kanedas Gedanken zu vollenden, indem er sprach:

„Du denkst dass sie HIER irgendwo ihr Versteck haben könnten?“

Kaneda sah zu ihm runter und nickte.

„Das ist die einzige Möglichkeit! Stellt euch doch mal folgendes vor: Wenn ihr versuchen würdet etwas Illegales zu tun. Ich meine etwas was so richtig scheiße ist! Wo würdet ihr das planen und gegebenfalls üben wollen?“

Yamagata sprach gleich blöd darauf:

„Zuhause in meinem Bett mit ner Kippe in der Hand. Obwohl warte: das ist schon der nächste Schritt.“

Kai lachte bei der doofen Antwort sofort leicht. Tetsuo dagegen sah genervt zu dem Größten rüber. Und als wäre er der einzige mit Hirn sprach er dann:

„Nein du Blödmann. Man sucht sich einen Ort außerhalb. Einen der abgeschieden liegt und versteckt.“

Yamagata sah sauer zu Tetsuo rüber und fauchte ihn an:

„Jetzt mach du nicht einen auf oberschlau du Freak!“

Aber inzwischen ignorierte der PsyKI diese Art so angesprochen zu werden und wand sich wieder an Kaneda, ließ Yama einfach damit stehen:

„Und du meinst es könnte hier in der Nähe sein Kaneda?

„Es muss einfach so sein! Warum sonst sollten die in einer Gruppe hier langdonnern? Das ergibt zumindest einen Sinn! Und nur du kannst bestätigen ob ich recht habe, oder nicht Tetsuo!“

„Du meinst indem ich versuche welche von meiner Art aufzuspüren?“

Kaneda nickte ihm entschlossen zu. Dann aber drehte er sich komplett zu Tetsuo und fasste seine Hände sanft. Hielt sie fest und sie sahen sich an. Da war wieder dieses warme Gefühl. Diese Sorge um ihn die Tetsuo innerlich aufkribbeln ließ vor Glück.

„Ich weis wie riskant das ist Tetsuo…Aber du bist unsere einzige Chance.“

Wie konnte er bei den flehenden und besorgten Augen da noch nein sagen? Er hatte ja an sich schon gesagt dass er helfen wollte. Dann war es wohl an der Zeit dies auch zu halten. Also schnaubte er leicht und schloss die Augen, als er antwortete:

„Ich werde es versuchen. Aber ich brauche Ruhe dabei, ich muss mich nämlich stark konzentrieren. Ich kann nur hoffen dass du recht hast und welche von meiner Art in der Nähe sind. Sonst tappen wir wieder im Dunkeln.“

Ja das hoffte Kaneda auch. Aber er war sich ziemlich sicher. Sofort löste Tetsuo die Berührungen von seinem Gegenüber und lief einige Schritte von den Dreien weg. Gespannt blieben sie auf Abstand stehen und sahen ihm zu, als er nach 5 Schritten plötzlich stehen blieb und mit dem Rücken zu ihnen stand, mitten auf der der Straße. Tetsuo schloss erneut die Augen und atmete tief ein. Dann legte er seine Hände auf die Brust und beruhigte sich innerlich. Er musste alles abschalten. Nichts durfte ihn mehr ablenken. Weder der Gesang der Vögel, noch das Rauschen der Blätter an den Bäumen und Hauswänden, oder der Hauch des Windes in seinem Gesicht. Er musste völlig leer werden und nur in der Dunkelheit die Lebenskraft der anderen spüren. Die Kraft von anderen Lebewesen. Als er klein war musste er das schon sehr früh lernen…sich innerlich zu beruhigen…Das war Teil seiner Lehre gewesen. Und dann spürte er es. Nicht viel und nur schwach, aber er spürte das Lebenslicht eines seiner Artgenossen. Kaneda hatte verdammt noch mal recht gehabt. Es schien nicht sonderlich weit weg zu sein. Norden…Richtung Norden. Noch dazu…kannte er diese Energie. Sie kam ihm bekannt vor…Und es war kalt…sehr kalt…Aber dann verschwand sie so plötzlich von seinem inneren Radar wie sie erschienen war. Verschwand in der Dunkelheit und Tetsuo öffnete wieder seine Augen, als er spürte wie allein und einsam die Dunkelheit vor ihm war. Schnell und etwas erschöpft atmete er. So das es Kaneda auffiel und ihn beunruhigte. Wie auf Kommando rannte er vor und neben den PsyKI. Fasste ihn sanft an den Schultern und fragte ihn besorgt:

„Tetsuo! Geht es dir gut?!“

Sofort sah der Kleine zu ihm hoch und nickte schnell. Er mochte es noch nie diese Fähigkeit zu nutzen. Es fühlte sich immer an als würde er in der Dunkelheit umherirren und sich darin verlieren. Aber für Kaneda tat er diesen Sprung. Er drehte sich zu ihm und löste damit die Berührung, antwortete:

„Alles okay…Es ist wie gesagt nicht ganz so leicht…“

„Konntest du etwas spüren?“

Er sah rechts zu Kai, der diese Worte neugierig gesprochen hatte und nun mit Yamagata auch zu ihm gelaufen kam. Er bekam ein stummes Nicken und Kaneda damit die verschissene Bestätigung das er recht hatte! Wodurch er etwas aufgebracht fragte:

„Wo?! Konntest du herausfinden wo es herkommt?!“

Tetsuo hob seinen rechten Arm und zeigte an Yamagata und Kai vorbei. Eine lange Straße runter, dich sich direkt hinter ihnen erstreckte. Kaneda folgte der Beschreibung mit einer Kopfbewegung als Tetsuo sprach:

„Es kam aus dem Norden. Die Straße da runter. Ich konnte nicht genau sehen wo es war nur…das es kühl war. Es war als würde ich einen eiskalten Hauch abbekommen. Und die Lebensenergie die ich fühlte war sehr schwach. Die Kräfte nicht so stark wie bei Takeyama. Und sie hatte Angst…große Angst.“

Danach verschwamm seine Sicht etwas, so dass er blinzeln musste. Also passierte es doch wieder…die Nebenwirkungen von sowas…Und schlagartig klappte Tetsuo zusammen! Seine Beine ließen nach und er klappte ein. Im Schreck konnte Kaneda ihn gerade noch auffangen und festhalten. Kam mit ihm runter auf die Knie und stützte ihn sanft mit dem rechten Arm, indem der Kleine schwach lag und dabei auf den Knien saß. Noch immer mit dem Schreck in den Knochen fragte Kaneda ihn laut:

„Tetsuo! Was hast du?! Was ist mit dir?!“

Keine Antwort. Tetsuo war wach und bekam alles mit, aber er antwortete nicht und sah nur die Straße vor sich runter. Er wollte Kaneda nicht noch mehr beunruhigen und Lasten aufwiegen, aber offensichtlich hatte er es mal wieder geschafft. Das tat ihm so leid… Kai kam auch gleich zu ihm gerannt und kniete sich auf die andere Seite des PsyKI, fühlte seine Stirn und sprach dazu:

„Er hat einen etwas warmen Kopf!“

Yamagata sagte darauf zu locker:

„Ach stellt euch nicht so an! Nach zwei Minuten ist der eh wieder fit! Bleibt locker.“

Damit hatte er sogar recht, auch wenn er das bescheuert rübergebracht hatte, denn kaum als die Hand des Jüngsten die Stirn wieder verließ, antwortete Tetsuo auch schon:

„Es geht mir gut…Ich hätte das nicht so an mich ranlassen sollen….Alles gut…“

Sagte der Größte doch. Dazu musste man kein Genie sein, sondern nur aufpassen. Dennoch atmete Tetsuo dabei schwer und schloss wieder kurz die Augen. Lehnte sich dabei zu Kaneda und ruhte etwas gestützt an ihm. Wenn er so bei ihm war…fühlte er sich gleich viel besser…Als er das fühlte drückte Kaneda den Kleinen ebenso sanft an sich. Aber gleich danach sah er zu Yamagata hoch, der vor ihm stand und sprach zu ihm:

„Seid ihr beide noch bewaffnet?“

Der Große nickte und zeigte locker über seine rechte Schulter zu seiner Karre hinter. Nicht schwer zu übersehen hing die Laserwaffe an der rechten Seite seines Motorrades und wartete quasi nur auf ihren Einsatz. Kai zog aus seinem Hosenbund am Rücken eine Handfeuerwaffe hervor, zeigte sie kurz und verstaute sie dann wieder.

„Sie hat vielleicht nicht bei diesem Takeyama geholfen, aber ich denke Joker und Mad kann sie ganz gut Löcher verpassen!“

Kam es dann entschlossen von dem Jüngsten und er lächelte etwas frech. Kaneda selber hatte noch immer den Revolver von Yamagata dabei, ebenfalls an seinem Hosenbund verstaut. Mehr hatten sie nicht, was bedeutete sie waren für ein Gefecht ausgerüstet. Nun fehlte nur noch die Vorbereitung…Tetsuo öffnete wieder seine Augen und fühlte sich erneut fitter. Diese Schwächeanfälle machten ihn aber so langsam krank und besorgt. Nie zuvor hatte er bei seinen Kräften so Einschränkungen gehabt. Er war sehr mächtig, aber seit er in Neo Tokyo war fühlte er sich selbst wie der letzte Anfänger und Schwächling! Was stimmte nicht mit ihm? Er war doch sonst nicht so unbeholfen und unsicher wegen seiner Kräfte. Es fing erst an, als er diesen Artgenossen bei Joker bekämpft hatte…Hatte ihn das so sehr geschwächt? Oder eher so sehr verängstigt? Seit dem Tag hatte er nämlich leicht Angst vor seinen Kräften. Als er sah wie sein Gegenüber die Kontrolle über den eigenen Körper verloren hatte und sich in ein Monster verwandelte. Tetsuo wusste nicht mehr was er tun sollte. Was wenn seine Benutzung seiner Kräfte irgendwann auch mal dazu führen könnte? Was wenn mit jedem Mal, wo er seine Kräfte benutzt er einen Schritt näher an eine Mutation ran machte? Keiner wusste warum das mit denen seiner Art passierte, also hier in Neo Tokyo. Er hatte Angst dass es natürlich ausgelöst werden würde. Oder vielleicht durch die Luft. Oder durch was auch immer. Er hatte so Angst davor…Kaneda half ihm hoch auf die Beine. Und als er sich sicher war das Tetsuo wieder allein stehen konnte, ließ er ihn los und sprach zu seinen Jungs:

„Machen wir nicht lange um den heißen Brei rum. Bringen wir es zu Ende!“

Für Yamagata und Kai war das ein kleiner Startschuss, denn beide nickten, wanden sich ab und liefen zu ihren Maschinen. Während sie sich draufsetzten und noch mal alles überprüften, so wie Munition ect. Sah Kaneda noch mal zu Tetsuo, der unsicher auf den Boden vor sich sah. Er musste dann einfach fragen:

„Hey, was bedrückt dich?“

Er sagte das sehr sanft und der junge PsyKI sah wieder zu ihm auf…Er seufzte. Machte keinen Sinn das vor ihm zu verheimlichen. Also kam er etwas näher vor ihn und sprach leise zu ihm hoch:

„Ich…ich habe Angst, ehrlich gesagt.“

Kaneda sah ihn verdutzt an und lächelte dann.

„Was? Du und Angst? Du kannst Leute in Stücke reißen wenn du willst und dennoch hast du Angst?“

Das zeugte wieder davon was für ein sanftes Wesen anscheinend unter der harten Schale von Tetsuo schlummerte. Etwas was Kaneda in dem Moment wieder klar wurde. Er sprach noch immer leise zu ihm, weil er nicht wollte das die Jungs hinter Kaneda was mit bekommen sollten:

„Ich…ich hab Angst das ich auch so enden könnte…So wie Takeyama und dem bei Joker damals.“

Und das schien Kaneda nun doch leicht zu erschrecken. Davor hatte er Angst? Er kam auch einen Schritt näher, so dass sie genau voreinander standen und dann fragte er besorgt:

„Warum sollte dir das passieren? Warum denkst du sowas? Du bist weder wie Takeyama noch wie der bei Joker damals. Die wurden zu Monstern gemacht Tetsuo.“

„Ja aber wie? Es lässt mir einfach keine Ruhe. Was wenn ich etwas Wichtiges übersehe? Wenn es etwas in der Luft ist, oder die Art WIE man seine Kräfte benutzt. Ich möchte nicht so enden Kaneda. Ich habe solche Angst davor…“

Und dann drückte er sich wieder an ihn. Sanft und unsicher an die Brust von Kaneda und wollte einfach nur umarmt und behütet werden. Was auch passierte. Ohne zu zögern umschlang ihn der Ältere wieder sanft um den Brustkorb und drückte ihn an sich. Legte verschmust und beruhigend seine Stirn an die hohe Stirn seines Liebsten und flüsterte dann:

„Ich passe auf dich auf Tetsuo. Ich vertraue dir. Du wirst niemals so werden. Das weis ich einfach.“

Und so blieben sie für einige Sekunden und schmusten nur sanft und zart ihrer beiden Stirne aneinander. Tetsuo schloss sogar die Augen dabei. Er liebte ihn so sehr…

„Hey! Macht hin ihr zwei Homos! Da wird einem ja schlecht bei dem Rumgeturtel! Tetsuo! Lass deine verdammten Finger von unserem Boss!“

Yamagata riss sie aus ihrer Welt und Kaneda sah etwas sauer zu ihm hinter. Was für ein Arschloch, dachte sich Kaneda dazu nur. Der Große hatte eine Kippe im Mund und die Arme vor sich verschränkt, während er wartend auf seiner Karre ausharrte und hoffte es würde bald losgehen. Er sah schon etwas genervt aus. Aber nicht wegen dem was Kaneda tat, sondern mehr weil sie Zeit verschwendeten. Kai zog sich seine Fahrerbrille auf und sah dann von seiner Maschine aus genervt zu Yamagata rüber. Oh mann. Und dann sagte er sowas nachdem sie erst selber beide Sex hatten. Er war manchmal auch einfach zu unsensibel. Was seltsamerweise im Kontrast zu ihrem Sex stand. Sicher war er manchmal etwas rau gewesen, aber als Kai ihm das klarmachte wurde er wieder ganz zart und vorsichtig…Naja er war einfach ein Blödmann. Tetsuo ließ von Kaneda ab und zeigte Yamagata böse dein Mittelfinger, dann wand er sich um und lief zu der Karre seines Liebsten. Kaneda maulte stattdessen nur zu seinem Freund rüber:

„Alter geht’s noch?! Kümmer dich um deinen Kram!“

Der PsyKI setzte sich auf das Motorrad und wartete auf Kaneda, der auf ihn zugelaufen kam und dabei noch immer hinter sich sah, als Yamagata antwortete:

„Ich bin kurz davor mit dir in den Kampf zu ziehen! Wie viel: „Mein Kram“, kann das denn noch sein?! Schwing deinen Arsch auf die Karre und lass uns los!“

Kaneda hatte das eh vor und kam vor Tetsuo auf seine Rote. Setzte die Brille auf und machte sie scharf. Yamagata tat das auch, so wie Kai und inzwischen konnte der Große auch glauben was Kai gesagt hatte. Kaneda schien Tetsuo zu lieben und so langsam kam das auch von der Seite des Freaks. Was ihm nicht wirklich passte. Menschen und PsyKI sollten sich nicht lieben! Seiner Meinung nach wiedersprach es der Natur, der Vernunft und konnte nur Probleme mit sich bringen. Er wollte Kaneda davor schützen und bewahren. Hatte Angst dass sich sein bester Freund damit ein eigenes Grab schaufelte, das nicht sein musste.

Kaneda sah zu Tetsuo hinter und sprach:

„Du sagtest, die Straße da runter und auch meintest du es wäre kühl gewesen, oder?“

Tetsuo nickte ihm zu.

„Okay. Wir halten Ausschau nach einer Fabrik oder ähnliches.“

„Was? Warum das denn?“

Kaneda sah wieder nach vorne.

„Ist nur so ein Gefühl. Es ist ziemlich warm heute und viele der Gebäude sind deswegen erhitzt. Wenn du ihn an einem kühlen Ort gespürt hast, dann muss es ein großes Gebäude sein, dass mehrere Etagen besitzt, oder vielleicht ein Kellergewölbe. Eine Fabrik wäre da auch denkbar, viele haben dort Keller für Fleischverarbeitungen und Kühlräume gehabt. An sowas dachte ich.“

Tetsuo sah ihn erstaunt über die rechte Schulter an. Wow…das ergab alles Sinn und schien plausibel. Er war doch sehr schlau und durchdacht. Eine völlig neue Seite an ihm. Und es tat ihm schon leid dass er nicht mehr herausfinden konnte. Aber er würde Kaneda helfen wo er nur konnte. Das was er zu ihm gesagt hatte gab ihm Mut. Und er würde seine Angst versuchen zu überwinden und ihm mit seinen Kräften helfen wo er nur kann. Würde ihn beschützen wenn wieder einer seiner Artgenossen sie attackieren würde. Dieses Mal…würde er Kaneda beschützen. Der Ältere gab den beiden Jungs vorne ein Handzeichen und sie brausten die besagte Straße runter. Bevor er auch losfuhr lehnte sich der junge PsyKI schnell wieder vor, küsste Kaneda sanft auf die Wange und motiviert dadurch folgte er Kai und Yamagata.
 

Sie fuhren eine Weile die Straße hinab.

Mehrere Häuser zogen an ihnen vorbei, aber keines was so wirklich auf Kanedas Beschreibung passte. Alle drei fuhren sie dicht nebeneinander und sahen sich um. Kaneda in der Mitte, rechts von ihm Yamagata und links Kai. Da sie nicht besonders schnell fuhren, konnte sich auch Tetsuo ohne Brille ordentlich die Umgebung ansehen. Er schien aber nicht wirklich nach dem gesuchten Gebäude Ausschau zu halten. Er fragte sich eher, warum die Stadt so aussah wie sie aussah. Ruinen, zerstörte Straßen, überwucherte Gebilde und erhobener Asphalt. Was konnte nur passiert sein, das es außerhalb von Neo Tokyo so aussah? In seiner Heimat wurde nicht darüber gesprochen. Was außerhalb ihrer Welt passierte kümmerte sie nicht. Sie schotteten sich komplett davor ab. Wollten nichts damit zu tun haben. Und wenn die Menschen sich mit ihrer Technologie zerstören wollten, dann sollten sie das tun. Aber diese Zerstörungen die er sah…hatten nichts mit einem Krieg zu tun. Zumindest nichts mit Waffen. Diese Zerstörungen kamen durch die Zeit. Diese Stadtteile außerhalb von Neo Tokyo wurden nicht alle zerbombt. Es war mehr als wurden sie verlassen und vergessen. Warum? Was war an diesen Orten passiert, das keiner mehr dort lebte? Auch er hatte für einige Zeit in solch einer Umgebung in Shima gelebt. Damals war es ihm egal gewesen. Nun fragte er sich was passiert war…Lag das auch an Kaneda seinem Einfluss? Hatte er sich so verändert in seiner Nähe? Sein Wahrnehmen der Dinge beeinflusst? Wurde er vielleicht doch unbewusst auf irgendeine Art und Weise…gezähmt?

Plötzlich hob Kaneda den rechten Arm. Weil es ein Kommando war, blieben auch sofort alle Jungs mit ihren Karren stehen, so wie auch die Rote. Tetsuo verstand das nicht und sah verwirrt rechts an Kaneda vorbei fragte ihn dann:

„Was ist los? Warum halten wir an?“

„Weil ich nicht auffallen möchte, falls da vorne unser Ziel sein sollte.“

Antwortete ihm Kaneda und deutete mit einen Nicken auf ein Gebäude am Ende der Straße rechts von ihnen. Es war noch gut entfernt. Vielleicht 100 Meter, aber es hob sich schon von den kleineren Gebäuden ab. Es war definitiv eine Fabrik gewesen. Und da verstand auch Tetsuo. Kaneda stieg von seiner Maschine ab und hängte die Brille an das Lenkrad rechts. Strubbelte sich die Haare zurecht. Auch Kai und Yamagata kamen von ihren Karren und stellten sich zu Kaneda. Der sah rechts hinter sich und hatte streng das Gebäude im Blick. Er dachte nach. Das sah man ihm an.

„Und? Was ist dein Plan Chef?“

Fragte Yamagata sofort unverblümt. Sein Plan…wenn er das wüsste. Der Laden wurde sicherlich bewacht. Es stellte sich nur die Frage: Wo und wie viele es waren die aufpassten. Es wäre sinnvoll gewesen einen Überblick über die Anzahl des Feindes zu haben. Allein die Clowns waren schon viele, aber nun waren auch sicherlich Mad seine Leute noch mit von der Partie…Tetsuo stieg auch von der Karre und stellte sich zu den Jungs, sah auch zu dem Gebäude. Etwas war da…es war ein ähnliches Gefühl wie damals vor Joker seinem Laden. Nur machte es ihn nicht ganz so unruhig. Sie waren goldrichtig. Ganz bestimmt. Er sah links zu Kaneda und sprach:

„Ich werde mir mal einen Überblick verschaffen.“

Erstaunt sah der zu ihm. Und auch etwas verwirrt.

„Was? Was hast du vor?“

„Ich werde von etwas weiter oben mal schauen ob wir in eine belagerte Festung reinwollen. Und vor allem wie viele Leute Wache halten, wenn es so sein sollte.“

Er zeigte zu dem kleineren Gebäude neben der Fabrik und sprach weiter:

„Ich teleportiere mich da hoch und verschaffe mir einen Überblick über das Gelände um das Gebäude. Und dann komm ich wieder her und geb euch bescheid.“

Alle sahen ihn an, und dann fragte Yamagata etwas verhöhnend und rechthaberisch:

„Kannst du nicht auch gleich das Gebäude mit deinem Schädel scannen und uns dann ne Karte davon aufmalen? Wenn du schon so ne Aktion bringst?“

Tetsuo sah zu ihm.

„Ich kann dich auch einfach mitten in den Laden teleportieren und du sagst uns dann wie es war!“

Kaneda schlug auch gleich wieder mit der Axt dazwischen, ließ es nicht zum Streit eskalieren und sprach:

„Hört auf ihr zwei! Ich weis nicht Tetsuo, es könnte zu riskant sein.“

Und schon sah der kleine wieder zu ihm und sprach schon sichtlich etwas gereizt wegen der Aussage:

„Behandel mich nicht wie ein Kind Kaneda! Ich bekomm das locker hin! Vertrau mir einfach!“

Und danach sahen sie sich einfach nur an. Tetsuo sehr entschlossen und Kaneda ernst…Er sollte ihm vertrauen. Und genau das tat er auch. Auch wenn es ihm nicht gefiel. Er nickte und sprach:

„Okay. Aber sei vorsichtig. Wir bleiben hier und du sagst uns dann gleich ob du was sehen konntest.“

Frech lächelte der junge PsyKI und nickte. Er machte nur drei Schritte vor und schloss dann die Augen. Im nächsten Moment war er auch schon verschwunden gewesen. Er hatte sich erfolgreich teleportiert und ließ die Jungs zurück. Yamagata schüttelte den Kopf.

„Wenn du zurück kommst, bring wenigstens ein Bier mit.“

Kam es doof aus ihm und Kai wand sich auch schon gleich an Kaneda:

„Also? Wie ist dein Plan? Wenn Tetsuo gleich zurückkommt und uns bestätigst das wir richtig sind, was passiert dann als nächstes?“

Kaneda legte die Hände an seine Hüfte.

„Wir müssen da rein. Joker und Mad werden sich bestimmt nicht am Eingang aufhalten, sondern mehr im Herzen oder im Keller des Gebäudes. Viele Bandenverstecke sind so gebaut. Ich hab schon genug davon in unserer schönen Stadt gesehen. Was bedeutet wir sollten den Schuppen vom Keller aus bis ins Herz auf den Kopf stellen. Also unten anfangen. Da kommst du ins Spiel Kai. Du hast dich doch in jungen Jahren öfter in solche Gebäude geschlichen. Kennst du dich mit der Struktur des Ladens vielleicht aus?“

Das war nicht mal so dumm. Es stimmte, Kai hatte in jungen Jahren wirklich viel aus Fabriken geklaut, allein weil er schon auf der Straße lebte seit er geboren wurde. Klauen aus Fabriken war nicht einfach, wenn man nicht wusste wie. Er hatte allerdings sowas schon mit Erfolg durchgezogen. Also nickte er und überlegte kurz, legte seine linke Hand an sein Kinn.

„Naja im Grunde sind die Fabriken bei uns vom Baustil gleich. Es gibt ein Kanalsystem das unter der Straße langführt. Dieses ist mit allen Gebäuden verbunden, allein zu Wartungsgründen. Und deswegen erst recht mit großen Fabriken. Wir könnten also diese Tunnel nutzen und direkt zum Wartungskeller zu kommen. Allerdings sollten wir wachsam sein, denn vielleicht wird der Bereich überwacht.“

Ja das war zu erwarten. Mad war nicht blöd und dieser Bereich war immerhin eine Art von Hintertür in das Gebäude. Kaneda nickte ihm zu.

„Davon gehe ich auch aus. Aber besser in einem Keller Randale anfangen, als direkt vor der Tür und alle gleich alarmieren. Und außerdem wird Tetsuo uns auch gut helfen können. Wir haben eigentlich nur Vorteile.“

Kai sah ihn aber plötzlich so besorgt an. So das Kaneda locker, aber freundlich fragte:

„Was? Hab ich wieder was Falsches gesagt Kai?“

„Nein, es ist nur…du willst ihn wirklich so tief mit reinziehen Kaneda? Ich schätze seine Hilfe sehr. Ich hab gesehen was er kann und wie er uns bei Joker geholfen hat. Aber was wenn es dein Handeln beeinflussen könnte? Wenn sie ihn gefangen nehmen, dann haben sie das perfekte Druckmittel gegen dich. Ihr seid zusammen vielleicht stark, aber auch angreifbarer in einer gewissen Hinsicht. Wenn wir da reingehen dürfen wir uns keine Blöße erlauben Kaneda.“

„Ja oder was ist wenn er wieder so ausrastet wie damals auf der Baustelle? Er ist gefährlich Kaneda, dessen musst du dir bewusst sein!“

Warf Yamagata noch hinterher, aber sofort wand sich Kaneda an ihn und sprach etwas lauter:

„Er ist nicht gefährlich! Er…er bekommt das hin. Ich weis dass es riskant ist und ich will ihn nicht in Gefahr bringen, aber ihn betrifft das noch mehr als uns! Es geht hier auch um SEIN Leben. Er hat Angst Leute…Alles was er bisher an den PsyKI in unserer Stadt gesehen hat macht ihm schreckliche Angst. So sehr das er schon anfängt Angst vor sich selbst zu haben! Ich will ihm diese Angst nehmen die er wegen uns Menschen bekommen hat. Ich weis dass er es drauf hat und er anders ist! Er wird uns nicht enttäuschen und uns helfen! Und wir helfen ihm!“

Er war fest davon überzeugt. Das glaubte ihm jeder der in diesem Kreis stand so wie er es sagte. Und während er weiteres, nach dieser kleinen Klarstellung, mit den Jungs besprach, stand Tetsuo bereits auf dem kleinen Gebäude und sah sich um. Also doch. Er ging etwas in die Hocke und damit leicht in Deckung. Das Gebäude wurde tatsächlich überwacht. An den Eingängen standen Menschen und Motorräder. Er wusste nicht dass es Clowns waren, aber das war auch egal. Fakt: es wurde bewacht und sie waren am richtigen Ort. Also nickte er und schloss wieder die Augen. Teleportierte sich zurück vor die Jungs. Diese erschraken auch, als er so plötzlich vor ihnen auf dem Asphalt landete und sich dann kurz den Kopf schüttelte um wieder klar zu werden. Teleportieren war nicht ganz so einfach. Aber langsam hatte er den Dreh raus. Es war interessant wie schnell er das hinbekam. Miyako nannte ihn schon immer ein Naturtalent seit er klein war. Das hatte er damit erneut bewiesen. Er sah zu ihnen und alle kamen zu ihm. Kaneda fragte sofort neugierig:

„Und? Was hast du herausgefunden?“

„Also das Gebäude wird bewacht. Am Vordereingang stehen mindestens sieben Personen vielleicht sogar mehr um die hintere Ecke, wo ich nichts sehen konnte. Am Hintereingang des Gebäudes auch noch mal fünf Stück.“

„Das sind zu wenige. Da sich die Clowns und die Hatters zusammengetan haben, müssen es viel mehr sein.“

Warf Kai darauf ein, womit er auch vollkommen recht hatte. Tetsuo sah dann nur zu Kaneda und überlegte…Es war nicht seine Art aber er würde es tun wenn…

„Kaneda?“

Der sah zu dem PsyKI.

„Ich würde sie alle töten…wenn du das willst.“

Als Tetsuo das sagte war Kaneda sichtlich erschrocken. Was hatte er da gesagt?! Die Mine des Kleinen vor ihm war ernst und todsicher. Es war anders als die leere und freche Drohung damals auf der Baustelle, als er drohte einen Stahlpfeiler einfach mal auf einen Bauarbeiter fallen zu lassen und das es wie ein Arbeitsunfall hätte aussehen können. Nein. Das eben war bitterer Ernst gewesen. Und genau das erschrak ihn so. Tetsuo war kein eiskalter Mörder. Und Kaneda würde ihn auch nicht dazu machen. Also schüttelte er sofort den Kopf und sprach laut und etwas aufgebracht:

„Was?! Nein! Vergiss es! Du wirst sie nicht einfach umbringen!“

Tetsuo verstand das nicht. Warum? Warum sollte er das nicht tun? Und dann sprach er ebenfalls aufgebracht zurück:

„Warum nicht?! Sie töten andere Menschen und meine Art wo sie nur können! Und ich soll Mitleid mit ihnen haben?! Warum?! Warum soll ICH sie verschonen, wenn sie das bei keinem von uns tun werden?!“

„Weil du besser bist als DIE!“

Und da sah ihn der PsyKI erstaunt an. Er war…besser als Menschen? Oder bezog er das jetzt nur auf ihre Feinde? Aber Kai konnte nicht anderer Meinung sein.

„Kaneda hat recht. Wir wollen auch so viele von den Mistkerlen so tot wie möglich sehen. Aber das ist etwas was WIR tun müssen und nicht du Tetsuo. Mach dich nicht zu dem Monster, das Menschen gern in dir sehen wollen.“

Und da hatte er verdammt recht, denn genau darauf würde es hinauslaufen. Menschen sehen PsyKI als Monster an. Als blutrünstige Bestien die nur töten und sich vermehren. Nur ihre Art erhalten. Und das war Tetsuo nicht. Er war viel menschlicher als es ein Mensch sein konnte. In seiner Brust schlug ein gutes Herz. Und sicherlich auch eins das noch nie bewusst getötet hatte…Kaneda machte einen Schritt auf ihn zu und fasste ihm auf die rechte Schulter. Lächelte ihn lieb an. Dieses liebe Lächeln…

„Ich sagte dir schon einmal…das ist nicht der Tetsuo den ich kenne. Du bist schlau und vermeidest solche Dinge. Und genau das wirst du auch jetzt tun. Wenn wir da rein gehen…will ich dass du dich immer unter Kontrolle hast. Lass dich nicht von deiner Angst und deiner Wut leiten. Sondern überlass uns die Drecksarbeit und halte uns nur den Rücken mit deinen Kräften frei. Wenn du sie ablenkst und uns schützt hilfst du uns mehr. Wenn du bei uns bist…musst du keine Angst haben.“

Und als er das sagte sah sich der PsyKI um. Sah abwechselnd zu Kai, Yamagata und Kaneda. Und es erfüllte ihn mit…Freude. Mit Glück sogar. War es das was man…Freunde nannte? Oder sogar Familie? Wenn man sich auf die anderen verlassen konnte und sie einem halfen? Er hoffte es. Und ihm gefiel das Gefühl ein Teil von etwas zu sein. Ein Teil einer Familie. Denn er war immer allein gewesen. Hielt sich selbst ausgeschlossen. Aber nun wollte er das nicht mehr. Nie wieder. Wie gesagt er wollte bei ihnen bleiben. Egal wo. Und natürlich besonders bei Kaneda. Er lächelte nur ganz kurz und nickte dann zum Boden. Kaneda ließ die Schulter los und sah dann zu Kai.

„Also? Wo müssen wir lang um in das Gebäude zu kommen?“

Tetsuo sah wieder verwirrt zu ihm. In das Gebäude kommen? Einfach so?
 

Sie schlichen sich vorsichtig in das rechte Gebäude auf der Straße, das in der Nähe der Fabrik war.

So zwei weitere Häuser lagen zwischen ihrem Haus und der Fabrik. Abstand war besser und auch völlig egal. Das Kanalsystem verlief groß unter den Straßen lang. Tunnel die überall hinführten und verknüpft waren. Sie würden an ihr Ziel kommen, nur mit einem etwas weiteren Marsch durch die Tunnel unter der Erde und mehr Zeitaufwand. In der Regel hatte jedes Gebäude eine Luke die in die Kanalisation führte. Und es dauerte auch nicht lange da hatten die Jungs ihren Eingang in dieses System gefunden. Yamagata ließ den Starken spielen, zusammen mit Kaneda und sie öffneten damit die Luke locker. Kaum als sie sich geöffnet hatte kam ihnen bereits ein fauliger Geruch entgegen. Diese Tunnel wurden seit Jahren nicht mehr benutzt und gewartet. Gereinigt erst recht nicht. So angenehm war dann auch der Duft der sich in ihre Nasen schlich. Als sie die Leiter runter kletterten wurde es immer intensiver, so hielten sich alle etwas die Nase zu und der junge Tetsuo hielt komplett die Luft an. Aber er konnte das nicht lange durchhalten. PsyKI und übermächtig schön und gut, aber auch er brauchte Luft zum Atmen. Also musste er nach einigen Minuten wieder Luft holen und hustete dann sofort angewidert. Musste sogar leicht würgen, als sie alle an einem Weg neben einem Wasserlauf standen durch den sich altes, modriges Wasser schlich. Ein Duft den er nicht kannte von Zuhause. Und dafür war er auch dankbar. Sowas wollte er nie mehr erleben. Kniehoch war der Fluss neben ihnen, wenn man richtig hinsah. Dunkel war es auch in diesen Tiefen, aber jeder außer Tetsuo hatte eine Taschenlampe von seinem Bike mitgenommen. Hey, zu Einbrecherwerkzeug gehörte auch eine Taschenlampe, also hatten sie sowas immer dabei. Kaneda sah zu Tetsuo und bemerkte wie der langsam aber sicher grün anlief vor Übelkeit, während Yama und Kai sich umsahen und versuchten sich zu orientieren. Das war sehr wichtig. Einmal verlaufen in diesem Tunnelnetzwerk und es war vorbei. Oder eher schwer wieder rauszufinden. Kaneda konnte sich den Kommentar gegenüber Tetsuo einfach nicht verkneifen und sprach zu ihm:

„Das ist ne Note was?“

Der Kleine sah zu ihm. Die Übelkeit noch sichtlich ins Gesicht geschrieben und etwas erstickend sprechend:

„Was zum Teufel stinkt hier so?!“

Eine Frage auf die er eigentlich keine Antwort wollte…

„Du warst noch nie knietief in den Örtlichkeiten was? Hier läuft alles durch Tetsuo. Hauptsächlich aber tote Tiere. Wahrscheinlich Rattenkadaver, Müll, Scheiße und wer weis vielleicht auch noch andere Körperflüssigkeiten die ich hier nicht nennen möchte.“

Und als er das so locker sagte und den Kleinen damit stichelte, bemerkte er nicht wie es Tetsuo immer und immer mehr hoch kam. Fatal sogar. Und nach einigen Sekunden konnte er auch nicht mehr und rannte schnell an den Rand des Weges. Hing über dem Wasser und übergab sich. Ein jämmerliches Geräusch und alle sahen erstaunt zu ihm während er sich auskotzte. Das war jetzt nicht Kanedas Ernst gewesen! Kai sah dann sauer zu seinem Anführer und fauchte ihn an:

„Musste das jetzt sein Kaneda?!“

Okay das Kotzen war eine Reaktion mit der auch Kaneda nicht gerechnet hatte. Er kratzte sich verlegen und unsicher lächelnd am Hinterkopf und sprach dann zu ihm:

„Ups…Sorry…Aber es ist die Wahrheit.“

„Kaneda!“

Maulte Kai. Weswegen der gleich handelte und sofort lief Kaneda neben Tetsuo, der sich zwar nur kurz übergeben hatte aber noch immer etwas schnell atmete und weiter über der Brühe hing. Er fasste dem PsyKI sanft auf den Rücken und sprach dann entschuldigend zu ihm:

„Geht’s wieder? Ich hätte echt nicht gedacht das es dich so sehr erwischt Tetsuo.“

Der Kleine wischte sich den Speichel vom rechten Mundwinkel mit einem Arm weg und sah dann leicht gebückt zu dem Blödmann neben sich auf. Er sah sauer aus und sprach dann auch genauso giftig und leise hoch:

„Wenn du nicht die Klappe hältst…dann landest du auch gleich in der Brühe, direkt in meiner Kotze…Das garantiere ich dir…“

Und dann riss er sich muffig von dem Älteren weg und lief neben Kai, der auch nur den Kopf schüttelte, Tetsuo behütend an den Rücken fasste und dann sagte:

„Wir müssen in DIE Richtung hier. Na kommt schon.“

Er lief los und Tetsuo neben ihm her, ließ sich sogar noch etwas von Kai behutsam über den Rücken streicheln. Kaneda sah ihnen nach…was lief denn da plötzlich für ein Film? Derweil sah Yamagata zu seinem Boss der noch immer etwas zurückgelassen an dem Rand der Brühe stand und sprach dann locker zu ihm:

„Mann du weist echt wie man jemanden den Tag in den Örtlichkeiten versüßt. Ich mag Tetsuo nicht, aber sogar ICH hätte dich bei der Aktion, als Reaktion, in die Scheiße geworfen Alter.“

Und dann lachte er kurz vor Freude und folgte den anderen beiden. Kaneda stand noch etwas da und kam sich blöd vor. Was denn?! Er hat doch nur die Wahrheit gesagt! Er kratzte sich erneut am Hinterkopf und folgte ihnen dann als Letzter. Jetzt musste er sich wohl bei Tetsuo entschuldigen was? Ach scheiße er meinte das doch nicht böse.

Sie liefen eine Weile an dem Ufer des Kanals lang. Kai und Tetsuo übernahmen die Front, dahinter, aber weiter weg, war Yamagata und dann kam Kaneda als Nachhut. Inzwischen hatte sich der PsyKI wieder gefasst und lief mit den Händen in den Taschen seines Hoodie neben Kai. Der sah sich mit der Taschenlampe um und orientierte sich. Was sich daran zeigte das er dann an der nächsten Kreuzung nach links abbog. Tetsuo fragte sich echt woran er sich orientierte. Für ihn sah alles gleich aus. Aber was soll`s. Solange sie sich nicht verliefen war ihm das egal und Kai schien zu wissen was er tat. Und währen sie weiter dem Tunnel folgten sah Kai dann nach links zu seinem Nachbarn neben sich. Er lächelte kurz undsprach dann:

„Er ist manchmal so ungehobelt.“

Darauf sah ihn Tetsuo verwirrt an.

„Hm? Was?“

„Na Kaneda. Er meinte das vorhin nicht so. Er wollte dich nicht ärgern, aber manchmal ist er einfach so blöd. Er war vorhin einfach nur zu ehrlich und unsensibel.“

Er brauchte ihn nicht in Schutz zu nehmen. Sicher war die Aktion vorhin blöd gewesen, aber Tetsuo war Kaneda deswegen nicht mehr böse. Er reagierte ja auch spontan in dem Moment und drohte ihn in die Brühe zu werfen, hätte das aber nie getan. Inzwischen konnte er etwas verstehen wie der Ältere tickte. Und er war nun mal ein blödes Arschloch. Aber mit dem Herz am richtigen Fleck. Sonst hätte er sich nie mit ihm paaren wollten. Hmmmm…Oder war Tetsuo vielleicht ein kleiner Masochist und stand darauf so von Kaneda behandelt zu werden?! Er sah sie kurz beim Sex und wie Kaneda ihn etwas masochistisch…Er schüttelte den Gedanken aber gleich wieder ab und antwortete:

„Ich weis das!...Inzwischen kenn ich ihn auch gut! Vielleicht noch nicht so lange wie du, aber dennoch hab ich gemerkt das er eigentlich ein sehr guter Kerl ist…“

Aber das Genervte verschwand auch wieder schnell und er sah etwas beschämt auf den Boden, lief rot an dabei. Das zwischen ihnen war…etwas anders als bei anderen. Sie verstanden sich auf einer ganz anderen Ebene als andere Menschen. Und Tetsuo war auch sehr glücklich darüber das es so war. Immerhin liebte er diesen verkrachten Blödmann. Was ihn immer wieder erstaunte. Wie hatte er das nur geschafft? Vielleicht bekam er irgendwann die Antwort auf seine Frage. Aber zumindest wusste er jetzt warum er mehr über ihn erfahren wollte. Nicht nur weil etwas an Kaneda anders war…sondern weil er sich damals offenbar sofort in ihn verliebt hatte. In der Nacht wo sie sich das erste Mal begegnet sind…Kai lächelte weiter zu ihm.

„Soll ich mal ehrlich zu dir sein?“

Tetsuo sah wieder zu ihm.

„Hm?“

„Ich denke ihr seid ein süßes Paar.“

Und da lief Tetsuo schlagartig noch röter an. Sein Kopf war wie ein roter Luftballon so knallig rot und er verzog das Gesicht, fauchte dann aufgebracht und beschämt zu ihm:

„R-Red nicht so einen Blödsinn!! Als ob ICH mit diesem Blödmann zusammen sein könnte!“

Er wand sich mit dem Oberkörper ab und verschränkte die Arme schützend vor sich. Ihm war das sehr peinlich dass Kai offenbar spürte dass etwas zwischen ihm und Kaneda knisterte. Aber es machte ihn auch froh zu hören dass sie offenbar ein süßes Paar abgaben. Das schmeichelte ihm. Kai lachte kurz und sah sich wieder um als er frech antwortete:

„Naja wie du meinst. Aber ich finde schon dass ihr euch gut ergänzt. Und er mag dich ja offensichtlich auch sehr.“

Er tat mal einfach so, als wüsste er nicht was Kaneda ihm damals im Wohnzimmer gesagt hatte. War auch nicht sein Bier. Er hoffte nur dass die beiden echt zueinander finden würden. Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Welt, dass ein Mensch und ein PsyKI sich liebten. Und das war sehr wichtig. So empfand zumindest Kai. Ob es ein Wendepunkt in der Geschichte von Japan werden könnte? Das blieb abzuwarten.

Kaneda, der ganz hinten lief, sah vom Boden auf und nach vorne in den Rücken von Tetsuo. Er hatte eine Weile nachgedacht und kam nun fröhlicher nach vorne gelaufen. Lief schnell an Yamagata vorbei, der ihm verdutzt nach sah. Oh nein. Was hatte er jetzt wieder vor. Nichts Gutes mit dem dummen Lächeln auf dem Gesicht. Meist machte er Dinge nur noch schlimmer wenn er so war. Es ging bestimmt um Tetsuo? Sollte er seinen Boss aufhalten, bei was auch immer er gleich machen wollte?...Neeeee. Konnte amüsant werden. Er machte sich langsam eine Kippe an und sah nach vorn da er nun der Letzte war. Kaneda kam zwischen Kai und Tetsuo an und lächelte noch immer. Fragte dann locker:

„Und? Alles klar bei euch? Genießt ich auch die abwechslungsreiche Aussicht?“

Beide sahen zu ihm und warfen ihm genervte Blicke zu. Klare Antworten. Kai sah sich dann aber wieder um und sprach:

„Wenn ich mich nicht irre sollten wir gleich da sein.“

Er ging erst gar nicht drauf ein. Tetsuo drehte nur den Kopf eingeschnappt weg und versuchte sein Männchen zu ignorieren. Wie gesagt er war ihm nicht mehr böse, aber er wollte mal wissen was Kaneda tat wenn er so tat als wäre er es noch. Wollte wieder auf schwer zu kriegen machen und mal sehen was als Reaktion kam. Und nicht überraschend fackelte Kaneda auch nicht lange und sprach dann lieb zu Tetsuo:

„Bei dir wieder alles klar?“

Es war ehrlich gefragt. Aber Tetsuo blieb weiterhin stur und gab ihm keine Antwort sah noch immer von ihm weg und schwieg. Was sofort bei dem Älteren an kam und er wieder etwas frech grinste. Aha, machte wieder einen auf schwer zu kriegen was? Okay…hatte seinen Reiz, wie immer.

„Ach komm schon. Redest du wieder nicht mit mir Tetsuo? Wir wissen beide das es nicht lange so bleibt süßer.“

Nach was hörte es sich denn an Blödmann?! Das dachte sich der Kleine in dem Moment und schwieg einfach nur weiter. Der schien sich seiner Sache ja sehr sicher zu sein dieser Dummkopf! Kaneda aber wurde da bewusst das der junge PsyKI anscheinend echt noch etwas sauer zu sein schien. Oh mann er hätte das vorhin echt nicht sagen sollen. Er kam frech etwas näher und umschlang ihn dann mit dem linken Arm um den Rücken. Zog ihn damit etwas zu sich näher und schlagartig sah der PsyKI erschrocken zu ihm. Er hatte seine volle Aufmerksamkeit damit. So nah…Sie blieben plötzlich stehen und Kaneda fasste ihn mit der freien Hand sanft an das Kinn. Drückte es etwas hoch. Sorgte wieder für etwas Anspannung zwischen ihnen. Noch bevor er was zu dem PsyKI sagen konnte lief Yamagata genervt an ihnen vorbei. Er musste nur den Kopf dabei schütteln, als er das sah. Gab aber dafür dass er genervt war ziemlich lässig von sich:

„Beschissene Idee Kaneda.“

Und lief dann weiterhin Kai nach. Ließ die Zwei etwas weiter hinten zurück. Kaneda ignorierte ihn einfach und sah nur dem Kleinen in die Augen und Tetsuo sogar scheu zurück. So wie er immer wurde wenn sie sich einfach nur ansahen. Er verfiel sofort in die unterwürfige Haltung eines Weibchens. Zitterte er wieder leicht? Und war er wieder etwas errötet? Es war ein sanftes Zittern, also anscheinend vor Erregung wegen der Spannung zwischen ihnen…Kaneda grinste und auf dieses blöde Grinsen reagierte dann Tetsuo doch endlich und sprach:

„Was grinst du wieder so blöd?! Lass mich los!“

Zickig wie immer, um sich zu schützen vor Charme. Aber wollte er das auch? Eigentlich wollte er nur weiter so von Kaneda gehalten werden…

„Echt? Ich soll dich loslassen? Es gefällt dir doch.“

So sicher ja? Er spielte dieses Spiel? Okay. Das konnte Tetsuo auch…Kurz nach dieser frechen Aussage wand er sich in dem Griff und drehte sich komplett zu ihm um. Umschlang drauf sanft mit beiden Amen den Nacken des Älteren und drückte sich an ihn. Er spielte sie Sexy-Karte und ließ die Luft förmlich knistern zwischen ihnen. Sah ihn verführerisch an dabei. Sie waren sich sehr nahe und sahen sich Sekunden lang nur an. Bis Tetsuo genauso verführerisch hauchend zu Kaneda sprach:

„Ist das so…?“

Und drückte sich dann wieder etwas näher an ihn ran. Rieb sich an den starken Körper seines Gegenübers, so das es sofort wirkte und Kaneda…nun ja, gleich wieder geil auf ihn wurde. Er hatte keine verfickte Willenskraft in dem Sinne. Tetsuo machte ihn sofort wild wenn er so war. Fuhr alle seine primitiven Paarungsinstinkte, wie als würde er einen Schalter umlegen, hoch. Und dann gab es nur noch das Verlangen Sex mit ihm zu haben. Ihn sehnsuchtsvoll zu begatten. Wie gesagt das zwischen ihnen war anders und es funkte demnach auch schneller. Aber Kaneda war das egal was das war, er genoss es immerhin. Er antwortete dem Kleinen ebenso hauchzart:

„Wenn ich das so spüre, dann bin ich mir sicher…“

Er würde sich wundern…Tetsuo grinste frech zu ihm und fing an mit ihm langsam zu laufen. Drängt ihn Schritt für Schritt nach hinten und kam mit dem Gesicht öfters so nahe, dass sie sich hätten locker innig küssen können. Schmuste sich aber nur mit der Stirn an die seines Gegenübers und atmete schneller. Kaneda wollte ihn so sehr küssen und nehmen. Es war immer wieder verrückt wie schnell der Kleine ihn doch dazu bekam einfach überall mit ihm Sex haben zu wollen. Sogar hier. Sie blieben plötzlich wieder stehen und Tetsuo sah ihn weiter verführerisch an. Sprach dann:

„Weist du was Kaneda?“

„Erzähl.“

„Du machst es mir einfach zu leicht.“

„Hä?“

Und dann löste er plötzlich die innige Umarmung um den Nacken seines Gegenübers und grinste weiter. Riss die erregte Stimmung zwischen ihnen ab. Schlagartig folgte ein starker Schubser und Kaneda fühlte wie er nach hinten fiel und…und den Halt verlor! Es spielte sich für ihn wie in Zeitlupe ab und das schlimme an der Erkenntnis, das er fiel, war…da war kein Boden mehr hinter ihm! Er sah erschrocken im Fallen hinter sich und erblickte die dunkle Brühe unter sich, die sich lautlos bewegte und nur nach Bakterien und Krankheiten roch. Er würde in den Kanal fallen! Hatte Tetsuo sie noch alle?! Er war erst verletzt worden! Wenn er mit der Wunde in das Zeug fiel holte er sich weis Gott was für Infekte! Er fing an mit den Armen zu wedeln als wäre er ein Vogel und wollte fliegen. Aber natürlich brachte das nichts. Und er fiel.

„TETSUO!“

Brüllte er noch und verließ die Kante des Weges. Sein gegenüber hatte die Arme frech vor sich und grinste. Und Kaneda kam die Erkenntnis wie ein Blitz…Er hatte das so geplant! Diese kleine freche Ratte! Er kniff nur die Augen zusammen. Machte sich auf einen Badegang in dieser Pampe bereit…aber er schlug einfach nicht auf der Wasseroberfläche auf. Als sich nichts tat öffnete er nach Sekunden wieder die Augen und sah sich um. Er schwebte tatsächlich über der Brühe und sah sich verwirrt um. Was? Wie machte er…? Aber dann sah er Tetsuo über sich der an dem Rand des Kanals kam und frech zu ihm runter sah. Er genoss etwas den Anblick des Älteren, das sah man ihm an und Kaneda blinzelte nur verwirrt.

„Stimmt was nicht Kaneda? Da hast du aber noch mal Schwein gehabt was?“

Bitte was? Also doch. Tetsuo hielt ihn mit seinen Gedanken fest. Zuerst schubste er ihn von der Kante und dann ließ er ihn nicht mal fallen. Er spielte mit ihm! Er spielte…mit ihm. Und plötzlich verstand Kaneda. Das war wie…wie er es immer mal mit ihm tat. Nur auf eine andere Art und Weise. Kurz darauf wurde er wieder hochgezogen und hatte endlich wieder Boden unter den Füßen. Er sah Tetsuo erstaunt an, der noch immer frech lächelte, aber sich das dann plötzlich in eine ernstere Mine wechselte und sprach:

„Kein schönes Gefühl wenn man so mit einem spielt, oder?“

Und dann wand er sich ab und lief wieder Kai und Yamagata nach, die das Gebrüll von Kaneda gehört hatten und kurz hinter sich sahen deswegen. Aber dennoch schwiegen und nichts dazu sagen. Das war etwas zwischen Kaneda und Tetsuo, da mischten sie sich nicht ein. Aber der Ältere verstand was Tetsuo ihm da für eine Lektion beibringen wollte…Es stimmte. Das war kein schönes Gefühl gewesen und er verstand noch mehr. So dachte er an viele Momente zurück. Momente zwischen ihnen wo sie sich so nahe waren. Wo er Tetsuo bewusst an gegraben hatte und ihn dann…fallen ließ. Bewusst auch noch fallen ließ um die Spannung zwischen ihnen zu intensivieren. Und das war scheiße. Es war echt scheiße und Tetsuo musste sich jedes Mal vielleicht genauso gefühlt haben. Und da wurde ihm bewusst was er doch teils…für ein Arschloch war. Noch bevor der Kleine zu weit weg war fragte Kaneda ihm nach:

„Hasst du es…Tetsuo?“

Der PsyKI blieb stehen und sah über seine rechte Schulter hinter sich. Er schwieg kurz, aber musste da nicht lange überlegen. Dann sah er weg und antwortete ihm etwas errötet, was Kaneda aber nicht sah:

„Nicht wirklich. Aber…ich dachte es wäre wichtig das du das auch mal erlebst.“

Man sagte Fehler wären die besten Lehrer. Aber er wusste was Kaneda damit meinte. Es bedurfte keiner Erklärung. Und es machte ihn froh. Er drehte sich deswegen um und lief wieder zurück zu Kaneda. Kam in Sekunden wieder bei ihm an. Der sah ihn überrascht an und erstarrte als der Kleine ihn dann sanft auf die rechte Wange küsste und danach scheu zu ihm sprach:

„Hör nicht auf…aber bitte…denk auch an meine Gefühle.“

Er ließ von ihm ab und lief dann endlich zu den zwei Anderen vor ihnen. Kaneda sah ihm noch kurz nach. Das würde er. Er war glücklich zu sehen das Tetsuo ihn so akzeptierte wie er war. Und er war nun immer mal wieder etwas egoistisch und ein Arschloch. Und dennoch schien Tetsuo ihn zu wollen und zu mögen…sehr sogar. Und er liebte den Kleinen…Nun wusste er noch mehr was er zu tun und worauf er zu achten hatte. Der junge PsyKI war noch immer etwas rot und atmete aus. Er wollte ihn wirklich innig küssen, wie vorhin. Aber es gab erst mal anderes zu erledigen. Und innerlich hoffte er Kaneda eben eine wichtige Lektion erteilt zu haben und das diese auch ankam. So wie es sich anhörte schien das aber der Fall gewesen zu sein. So war das zwischen ihnen. Sie konnten nicht so direkt offen über Gefühle oder ähnliches reden, sondern agierten eher. Naja bis auf Kaneda wenn er aufdrehte, dann trug er Herz und Gedanken auf der Zunge. Und sogar in den Händen… Aber Tetsuo war nun mal nicht so…Aber er wusste dennoch eines ganz genau…Er wollte für ihn nicht nur ein Lustobjekt sein. Oder ein Weibchen für die Paarungstriebe. Sonden viel mehr.

Weitere 15 Minuten später waren sie endlich am Ziel. Kaisuke blieb stehen und zeigte mit seiner Lampe links von sich hoch, kurz darauf standen alle anderen auch bei ihm. Ein Schild hing an der Wand auf dem etwas in Japanisch geschrieben stand. Es war der Name des Gebäudes über ihnen und der Sektor in dem es sich befand, also nichts Wichtiges für sie. Bis auf vielleicht Kai, denn der kannte sich sehr gut Außerhalb von Neo Tokyo aus, da er viel als Kind dort gelebt hatte, so wusste er wo er war. Und natürlich war es damals wichtig gewesen für Leute die an diesem Ort Wartungen durchgeführt haben. Weiter daneben erleuchtete er eine Leiter aus Metall die zu einer weiteren Luke nach oben führte. Raus aus dem Drecksloch. Yamagata kam dicht neben ihn und sah ebenfalls nach oben, fragte ihn dann locker:

„Hier ist es?“

Der Jüngste nickte neben ihm. Er war sich zu 100 Prozent sicher. Und dann sah er hinter sich zu Kaneda und Tetsuo, die direkt hinter ihm standen. Sein Blick fiel zu dem PsyKI als er sprach:

„Kann sein das wir gleich deine Hilfe brauchen Tetsuo.“

Klang nach einem Einreißjob. Ein zustimmendes Nicken kam von dem PsyKI und dann sahen sie alle zu Yamagata, der anfing die Leiter hochzuklettern und die Führung übernahm. Er ging voraus und kam schließlich oben an und drückte gegen die Luke. Nur um seinen Verdacht bestätigt zu bekommen, das Ding war verschlossen. Kai kam unter ihm an den Ansatz der Leiter und fragte hoch:

„Und?“

„Nichts zu machen, die Drecksluke ist zu.“

Also musste Plan B ran. Er dachte sich sowas schon und wäre der PsyKI nicht dabei gewesen hätten sie echt Probleme haben können da durch zu kommen. Aber nun sollte es ein Kinderspiel sein. Kai sah zu Tetsuo und sprach:

„Bekommst du diese Luke mit deinen Kräften auf?“

Interessiert kam Tetsuo näher und sah neben ihm ebenfalls hoch. Also doch ein Einreißjob. Sah auch das Metallstück das ihnen den Weg versperrte, während er an dem noch immer da oben hängenden Yama vorbeischaute. Sekunden später grinste er kurz frech und fragte zu Kai:

„Hättest du es gerne in Stücke oder lieber nur aus dem Weg?“

Aber Yamagata fauchte, anstatt Kai, runter als er das hörte:

„Mach das gefälligst so dass ich hier oben nichts abbekomme du Irrer!“

Er könnte ja einfach runter kommen…Aber er verstand schon. Möglichst leise und unauffällig. Und das bedeutete nicht pulverisieren. Er gab Sinn und war sicherer. Also konzentrierte er sich und sah weiter nach oben auf das Objekt das sich unter seinem Einfluss bewegen sollte. Erst versuchte er es wegzuschieben. Bemerkte aber sofort dass es nicht funktionierte. Etwas blockierte es. Vielleicht eine Verrieglung von innen. Also war sie ganz sicher von innen verschlossen und nicht einfach nur schwer. Nun schloss er doch die Augen und konzentrierte sich weiter. Spürte ein Schloss an der Luke und ließ es knacken. Brach es ohne Anstrengung kaputt. Nun war nichts mehr im Weg und er öffnete die Luke nach oben ohne Wiederstand und ebnete damit den Weg aus diesem Drecksloch. Bereits Sekunden danach schlich sich frischere Luft durch das Loch und es war wie ein Segen. Danach öffnete er wieder die Augen und lächelte einfach nur frech. Yamagata sah zu der Öffnung über sich und dann wieder zu Tetsuo runter. Sprach danach:

„Sieh mal einer an: unser ganz persönlicher Türöffner. Bist ja doch zu was nütze.“

Und dann kletterte er hoch. Am liebsten hätte ihn der junge PsyKI sofort runter gerissen und in das dreckige Wasser geworfen, aber er verkniff es sich. Dieses Arschloch! Aber es änderte nichts daran wenn er das tat. Er mochte Yamagata einfach weiterhin nicht. Kai fasste ihm auf die eine Schulter, nickte dankend und lächelnd. Machte sich schließlich auch die Leiter hoch. Während er das machte sah Tetsuo etwas frech und stolz zu Kaneda, der die ganze Zeit so still war. Ihn aber nun anlächelte und sprach:

„Praktisch.“

„Kinderkram.“

Kam es leicht stolz von dem jungen PsyKI und er flog nach oben anstatt die Leiter zu benutzen. Na na…jetzt drehte er aber richtig auf mit der Angeberei. Aber Kaneda gefiel das. Er versuchte also zu imponieren…und zeigte das Tetsuo anscheinend Aufmerksamkeit wollte…Hatte funktioniert. Er kletterte dann auch hoch und kam aus dem Loch raus. Leise schloss er die Luke hinter sich wieder zu und sah sich dann um. Ein Wartungskeller wie vorher auch. Geräte zum beheizen des Gebäudes und so vieles mehr konnte er sehen, aber natürlich war alles alt und kaputt. Und es war beunruhigend still. Tetsuo sah sich einfach auch nur um. Interessiert denn immerhin hatte er sowas nie gesehen. Vorhin der Wartungskeller war nicht anders, aber er schien noch immer beeindruckt zu sein über das Neue. Yamagata war bereits schon eine Treppe hochgelaufen und überprüfte die Tür aus dem Keller. Sie ging tatsächlich auf und der Schlüssel steckte noch. Also schob er diese leise einen Spalt auf und spähte raus. Zu seinem Schock sah er am Ende des langen Ganges dahinter auch schon seine Bestätigung dass sie richtig waren. Er sah zwei Clowns die sich unterhielten und Drogen nahmen. Sofort schloss er wieder leise die Tür und schloss ab. Sah an den Anfang der Treppe wo bereits Kai stand und auf eine Antwort wartete. Vorsichtig kam der Größte die Treppe runter und flüsterte dann zu ihm:

„Goldrichtig.“

Kai nickte und lief dann zu Kaneda rüber um ihm Bericht zu erstatten. Letztendlich standen sie alle im Kreis und besprachen wie es weitergehen sollte. Kai fing an:

„Also wir befinden uns im richtigen Gebäude. Yamagata hat Clowns oben gesehen. Wie geht’s jetzt weiter?“

Da musste Kaneda nicht lange drüber nachdenken. Er wollte da rein gehen und die Mistkerle einen nach dem anderen auseinandernehmen. Aber wenn er sich so seine Jungs ansah…bemerkte er dass sie erschöpft waren. Kein Wunder sie hatten seit einiger Zeit auch nicht mehr richtig geschlafen. Und seit der Nacht mit diesem armen Hund Takeyama hatte erst recht keiner mehr geschlafen. Er sah zu Yamagata.

„Die Tür ist sicher?“

„Klar. Um die einzureißen brauchen die etwas mehr Feuerkraft, warum?“

Das fragte sich Tetsuo auch und sah mit vor sich verschränkten Armen zu Kaneda.

„Weil wir uns jetzt erst mal ausruhen.“

Als Kaneda das sagte schienen alle etwas erstaunt. Aber dann seine Jungs auch wieder nicht. Er war nicht rücksichtslos wenn es um seine Freunde ging und sehr umsichtig. Das er jetzt wollte dass sie sich ausruhen, kam nicht überraschend. Sie brauchten alle Kräfte die sie aufbringen konnten und einen klaren, entspannten Kopf. Und erleichtert waren ganz besonders Kai und Yamagata. Man sah ihnen es vielleicht nicht wirklich an, aber nach dem Sex waren sie doch schon etwas erschöpfter. Zur Ruhe zu kommen und sich etwas zu erholen für den Kampf war eine weise Entscheidung. Also stimmten sie ihm zu und Yamagata bewegte sich zu der Treppe. Er setzte sich am Fuße der Treppe lässig angelehnt an die Wand und schloss die Augen. Die große Laserwaffe vor sich im Anschlag, die er die ganze Zeit über auf dem Rücken getragen hatte. Hielt also doch etwas Wache beim Ausruhen. Kai sah zu ihm. Er wollte sich gerne zu ihm setzte und sich an ihn kuscheln. Sich an seine Wärme schmiegen, die er tatsächlich schon etwas vermisste. Aber er tat das schwere Herzens nicht und setzte sich stattdessen an einen alten Heizkörper und legte sich dann seitlich auf den Boden. Er brauchte auch dringend Ruhe. Immerhin verarbeitete sein Körper noch etwas den Sex und die starken, bestimmten Stöße von Yamagata. Kaneda und Tetsuo standen einfach noch etwas da. Sahen sich an und dann lächelte Kaneda. Er lief in eine andere Ecke des Raumes und setzte sich an die Wand. Tetsuo sah ihm genau dabei zu und bemerkte wie der Ältere ihm mit einem Kopfnicken zeigte er soll zu ihm kommen. Erst zögerte der Kleine etwas beschämt und sah zu den Anderen hinter sich. Sie hatten beide die Augen geschlossen. Ob sie schon schliefen? Sie würden das bestimmt nicht sehen…Und schließlich gab er sich einen Ruck und lief zu Kaneda. Er setzte sich links von ihm und lehnte sich auch an die Wand. So verweilten sie auch eine Zeit lang…bis Tetsuo die Müdigkeit überkam und er die Augen schloss. Sich schließlich sanft nach rechts fallen ließ und an den Älteren schmiegte. Er war leicht errötet vor Charme, aber ließ die Augen geschlossen. Kaneda dagegen sah lieb zu ihm runter und gab ihm dann einen Kuss auf die hohe Stirn.

„Ruh dich etwas aus Tetsuo.“

„…Hältst du wache? Du solltest auch etwas schlafen…“

„Das mach ich schon Süßer. Aber erst mal musst du fit genug sein.“

„Nenn mich nicht Süßer, du Blödmann.“

Kaneda grinste.

„Okay…Süßer.“
 

Es war ein dunkler und kühler, aber wunderschöner Ort.

Natürlich und rein. Er saß im Licht des Vollmondes in diesem kühlen Raum einer Ruine und sah ihm nur zu. Dem Männchen vor ihm. Völlig entblößt, ohne irgendwelche Kleidung saß er auf dem Boden und spürte den kühlen Wind auf seiner zarten Haut. Saß dort so wie er geboren wurde, nackt und natürlich. Unter ihm sein Cape, auf dem er saß. Aber obwohl der Wind wehte, war ihm nicht kalt, sondern er glühte innerlich. War so paarungsbereit wie noch nie zuvor in dieser Nacht. Einfach nur weil er vor sich seinen Partner sah. Sein Männchen…solange er lebte und selbst darüber noch hinaus. Er balzte um ihn. Wollte ihn. War vor ihm und sein Weibchen sah ihm dabei nur zu. Sie wollten sich beide so sehr. Es war magisch und unbeschreiblich. Sah ihm genau dabei zu und ihn dadurch auch in seiner vollen Pracht und Natürlichkeit. Nackt, stark und wild. Nur noch ein Cape um seinen Hals gebunden, das nach hinten am Rücken runter hing, alles was er noch an Stoff trug. So war es Tradition. Und als der Balz vorbei war, drehte sich der Kleine vor ihm um. Sah über seine linke Schulter hinter sich und gab sich preis. Warf dem Älteren flehende und erregte Blicke zu. Er war soweit. Soweit für immer sein zu sein. Er war bereit begattet zu werden. Und das wurde auch so verstanden. Sein Männchen kam auf ihn zu. Fasste ihn bestimmt, aber zart an der Hüfte und lehne sich teils über ihn. Noch durfte er ihn nicht küssen. Erst danach. Aber er würde es tun, wenn es geschafft war. Ihre Blicke trafen sich und ruhten aufeinander unzertrennlich. Das Cape bedeckte sie beide und verbarg dadurch den Akt. Wahrte damit die Würde des Weibchens und umschloss es sanft und behütend. Geschützt von seinem Männchen. So wie es in diesem Ritual gewollt war. Und dann ließ er sich von ihm begatten. Ein kurzer ziehender Schmerz im Unterleib, aber dann war es heiß und sanft. Stark und bestimmt. Füllte ihm mit der Sehnsucht und Wärme die er schon immer fühlen wollte. Schweiß rann an ihm herab. An Beiden. Stöße wurden noch härter und bestimmter. Und es gab nur noch dieses Gefühl. Und ihre ewige Liebe…
 

Tetsuo erwachte schlagartig aus seinem Traum.

Er schwitzte leicht und atmete schnell. Sah sich kurz darauf hektisch um. Er war noch immer in dem Keller von vorhin, in dem sie sich etwas Ruhe gönnten. Sah wie Kai und Yamagata auch noch in ihren jeweiligen Ecken saßen und scheinbar schliefen. Dann fuhr sein Blick hoch. Durch ein Fenster am oberen Ende des Raumes strömte Licht rein. Mondlicht. Es war also schon wieder dunkel? Hatte er so lange geschlafen? Schien so. Schließlich fuhr sein Blick neben sich zu Kaneda, der auch zu schlafen schien. Echt jetzt?! Sie hatten alle geschlafen?! Sehr riskant, aber zum Glück war nichts passiert. Er sah ihn nur an…und dann fiel ihm sein Traum wieder ein. Was…war das gewesen? Ein komischer Traum. Peinlich schon irgendwie. Und dennoch…fühlte er sich erregt dabei. Waren das wirklich sie gewesen? Oder doch nicht? Es fühlte sich wie eine Erinnerung an. Oder auch nicht….er war durcheinander. Besser nicht darüber nachdenken. Träume sind Schäume sagte man immer. Er schüttelte den Kopf und damit den Gedanken ab. Aber wenn es so war...fing er nun auch noch an sich im Traum von Kaneda verrücktmachen zu lassen. Aber wenn er ihn so schlafend sah…wurde ihm anders. Sein Herz schlug schneller und er überlegte kurz…ließ sich aber dann einfach von seinen Gefühl leiten. Er kam von der Wand weg und setzte sich vor ihn. Kniete über dem Schoß des Älteren und küsste ihn dann sanft auf den Mund. Er wollte das jetzt einfach tun…Als er den Kuss aber löste gab der Ältere ein Murmeln von sich. Er wurde wach. Etwas ertappt und beschämt kam Tetsuo schnell von ihm runter und saß neben ihm, sah ihn nur an. Kaneda blinzelte und streckte sich dann gähnend. Kaum als er Tetsuo sah lächelte er und fragte müde:

„Wie spät ist es?“

„Ähm…ich denke wir sollten langsam mal anfangen.“

„So spät also, ja?“

Er streckte sich noch mal ordentlich und sah sich um. Erkannte auch endlich dass es wieder dunkel war. Wow er war wirklich eingeschlafen…ups. Er sah rechts neben sich und nahm sich einen kleinen Stein. Hob ihn hoch und warf ihn rüber zu Kai. Der Stein knallte neben ihn an den Heizkörper und schlagartig war der Jüngste auch schon wach. Sah sich hektisch um und rüber zu seinem Anführer, der zu Yama rüber nickte. Sofort schien der Jüngste zu verstehen und nahm sich den Stein, warf ihn dann zu Yamagata rüber und traf ihn leicht damit am Kopf. Ihn riss es auch aus seiner Döserrei und er umklammerte die Waffe vor sich stark. Schrak auf und sah sich ebenfalls um. Abwechselnd zu den Jungs und dann rüber zu Kai, der noch etwas leicht kicherte. Der Große sah den Stein neben sich und zählte nur 1 und 1 zusammen. Dann motzte er leise rüber zu ihm:

„Alter geht’s noch?!“

Aber er meinte das natürlich nicht so böse wie es klang. Tetsuo dagegen sah den Dreien nur bei ihrem Spiel zu…Interessante Kommunikation die sie da hatten. Wie kleine Neandertaler. Aber es war auch lustig und er lachte deswegen sogar innerlich leicht. Würde er auch in Zukunft so locker mit allen umgehen können? Dazu gehören? Schließlich kam Kaneda auf die Beine und renkte sich den Rücken locker ein. Machte einige Schritte und sprach:

„Also dann…jetzt geht der Spaß wohl los.“

Kaneda übernahm die Vorhut und öffnete die Tür aus dem Keller. Natürlich sah er erst vorsichtig vorbei und erspähte ob der Gang dahinter sicher war. Nichts. Es war unheimlich wie still es war, was nur noch den Verdacht auf Gefahr bestätigte. Dennoch, mit dem Revolver an der rechten Hand, öffnete er dann sacht die Tür komplett und schlich sich den Gang runter. Direkt hinter ihm war Tetsuo, dann Kai und dann Yamagata. Der Große übernahm die Nachhut, für den Fall das hinter ihnen urplötzlich jemand auftauchen sollte, wenn sie durch das Gebäude liefen. Man könnte sagen: Ihre Schätzchen sicher in der Mitte. Am Ende des Ganges spaltete sich dieser in zwei Wege. Rechts und links. Kaneda hob die freie Hand, als Geste dass alle stehen bleiben sollen und er wartete auch kurz. Er wollte niemanden in Gefahr bringen und es machte ihn einfach nervös dass es so still war. Deswegen musste er erst vornweg gehen. Lief alleine langsam vor und sah um die linke Ecke, an der er stand. Es erstreckte sich nur ein kurzer Gang vor ihm und eine leere Ecke. Eine Sackgasse in der sich große Müllsäcke häuften. Und dem Geruch nach nicht mit was Gutem drin. Wahrscheinlich Abfälle und wer weis was noch. Danach sah er nach rechts, den anderen Weg der zur Verfügung stand runter. Und dann…packte ihn ein eiskalter Schauer, der dann auch seinen Rücken runter lief, als er sah was in dem Gang lag. Und noch mehr wie er verziert war. Und während er da so starr stand war es kein Wunder das Tetsuo ihm, von weiter hinten, den Schrecken förmlich an sah und deswegen auch gleich besorgt näher kam. Kai wollte ihn noch packen, aber es war zu spät. Der PsyKI kam direkt neben Kaneda, der sich inzwischen um die Ecke in den Flur gestellt hatte und sah auch vor…war ebenfalls schockiert was er sah. Schließlich standen alle kurz darauf hinter und neben Kaneda und sahen in den Gang…sahen das Massaker. Der Gang war blutverschmiert. Spuren von Handabdrücken, als hätte man noch versucht sich an der Wand festzuhalten, waren zu sehen. Am Boden wie an den Wänden. Dicke Blutspritzer zierten den Boden und eine gewaltige Blutlache mit Körperteilen, einem Kopf und den Gliedmaßen war weiter vorne in einer Ecke am Ende des Gangs. Was auch immer passiert war, der Leichnam war von einem der Clowns. Yamagata lief an ihnen vorbei und näherte sich dem Massaker. Er wollte das zuerst untersuchen. Je näher er kam umso unwohler wurde auch ihm. Er hatte echt schon viel Scheiße gesehen, aber DAS jagte ihm sogar ne Gänsehaut ein. Er kam an die Ecke am Ende des Gangs vor ihnen und hockte sich neben die Überreste. Mit einem kurzen Blick auf diese sprach er dann:

„Den hat es zerrissen.“

„Ach was?“

Offensichtlich. Kam es schon aus Kai, der auch sichtlich geschockt war wegen dem Anblick. Yamagata sah sich genauer alles an, warf die Waffe über seine rechte Schulter dabei.

„Aber wisst ihr was das erschreckende ist? Es sieht aus als wäre er explodiert. Der gesamte Oberkörper ist verschwunden. Oder in der Matsche vielleicht nur nicht mehr wiederzuerkennen.“

Kai kam neben Kaneda links und fragte nach vorne:

„War dass eine Waffe gewesen?“

Yamagata sah hinter und schüttelte den Kopf.

„Es wirkt auf mich eher, als wäre er von INNEN explodiert…“

Kaneda sah dann zu Tetsuo rechts von sich runter. Der Kleine war nervös. Er wusste sicherlich was das angerichtet hatte und inzwischen…konnten sich alle anderen Anwesenden das auch vorstellen. Er sah wieder vor und Yamagata zeigte den Gang links von sich runter, den wo sie weiter mussten. Den den die Anderen noch nicht sahen. Sprach dann:

„Und der ganze restliche Scheiß Gang…sieht genauso aus.“

Die Anderen kamen endlich zu ihm. Sahen dann auch was er meinte. Überall waren zerfetzte Leichen im Gang verteilt. Es war ein schrecklicher Anblick. Das Blut ersteckte sich bis hoch an die Decke. Und zu aller Schrecken waren es nicht nur Clowns sondern auch Hatters. Was zum Teufel war passiert? Yamagata hatte sie noch vor Stunden gesehen. Sie waren lebendig gewesen. Zumindest Zwei von denen und er konnte sich nicht vorstellen, dass sie so locker neben den Leichen ihrer Kameraden Drogen nahmen! So abgefucked war keiner. Nicht mal die Clowns oder Hatters. Und in ihm machte sich immer mehr das Gefühl breit…das sie abhauen sollten. Denn dieses Massaker ist während ihres Schlafes entstanden. Aber der nächste beängstigende Fakt war…das Blut und die Körper waren noch warm…Er sah zu Kaneda und kam hoch.

„Kaneda die sind noch warm. Was bedeutet sie sind noch nicht lange tot. Was auch immer dafür verantwortlich war…es ist noch in dem Gebäude.“

Tetsuo sah zu dem Großen. Was es war? Es war offensichtlich. Nahm er Rücksicht auf ihn? Und dann sprach der Kleine:

„Du meinst den meiner Art der dafür verantwortlich ist. Sag es doch einfach wie du es denkst.“

Yamagata sah zu ihm. Das war sehr unverblümt und direkt gewesen. Schon überraschend.

„Ja okay! Der kranke PsyKI ist mit großer Wahrscheinlichkeit noch hier in der Hütte!“

„Du weist nicht ob das einer war.“

Kam es aber dann schützend von Kaneda. Der das so sagte, weil er Tetsuo damit in Schutz nahm, klare Sache. Das fiel dem Kleinen auch auf, aber sogar er war Realist und wusste dass das Massaker an diesem Ort nicht von Menschen gemacht war.

„Alter was glaubst du sonst was das war?!Du bist doch sonst auch nicht so Kaneda!“

Yamagata fuhr ihn leicht an. Er war wütend. Wütend über den Fakt das Kaneda den Blick dafür verlor weil er verdammt noch mal Gefühle für diesen kleinen Freak neben sich hatte! Tetsuo sah dem zu…und wusste was er zu tun hatte.

„Yamagata hat recht.“

Erstaunt sahen alle zu dem jungen PsyKI der das eben so locker von sich gegeben hatte. Besonders der Große…denn damit hatte er ja mal überhaupt nicht gerechnet.

„Wir wissen alle dass es einer von meiner Sorte war. Und das würde auch erklären was ich gespürt habe. Ich spürte Kälte und Angst. Wenn ein Artgenosse hier ist, dann hat er das alles aus Angst getan. Angst ist ein starkes Gefühl und lässt uns sehr schnell die Kontrolle verlieren, im schlimmsten Fall. Du musst mich nicht in Schutz nehmen Kaneda. Er hat recht.“

Kaneda lächelte ihn an. Dann war ja alles geklärt. Es stimmt er wollte Tetsuo in Schutz nehmen, aber nun war das nicht mehr nötig. Er konnte auf sich selber aufpassen und sich verteidigen. Sogar gegen Yamagata. Der Große griff sich dann seine Waffe wieder mit beiden Händen und sprach zu dem jungen PsyKI:

„Dann sind wir auch beide der Meinung dass ich ihn wegballern muss, wenn der so ne Scheiße auch bei uns versuchen will.“

Und Tetsuo…nickte. Er hätte nie gedacht das er das mal freiwillig zugeben würde aber…es musste sein. Lieber würde er einen seiner Artgenossen sterben sehen, als einen von den Jungs um sich. Nicht das er Yama mochte, aber Kaneda würde das nicht wollen, also wollte er das auch nicht. Diese Menschen waren irgendwie…neun sie waren seine Freunde geworden. Und Kaneda den den er liebte. Ganz einfach. Und mit der Aussage machte sich der Größte den Gang runter und stieg über die zerfetzten Leichen. Machte erneut die Vorhut. Kai kam aber besorgt zu Tetsuo und fragte:

„Bist du dir sicher? Geht es dir gut?“

Tetsuo nickte wieder nur stumm und sah auf den Boden zu seinen Füßen.

„Ich will…niemanden von euch verlieren an…wer weis, vielleicht an ein Monster was Joker und Mad wieder geschaffen haben.“

Vielleicht hatte er recht. Vielleicht war es noch nicht mal aus Angst gewesen dass er diese Menschen getötet hatte. Sein Artgenosse konnte auch schon ein blutrünstiges Monster sein, das nur noch um sich schlug. Wer wusste das schon? Aber er hatte den bösen Verdacht…das sie es erfahren würden. Und dafür musste er sich ebenfalls rüsten. Denn nur er konnte im Extremfall die Jungs beschützen. Und das würde er auch tun.

Yamagata stand bereits am Ende des Gangs und hatte eine Tür rechts von sich geöffnet. Und während er den Raum vor sich sah sprach er dann hinter zu seinem Anführer:

„Kaneda…das solltest du dir mal ansehen…“

Kaneda sah von der Leiche vor sich auf und zu seiner rechten Hand vor. Wenn der Satz schon so anfing konnte es nichts Gutes sein. Also machte er eine Handbewegung zu den zwei Jüngsten, dass sie hier bleiben sollen. Wiederwillig gehorchten sie. Danach lief er los. Stieg über einige Leichenteile im Flur, die verteilt lagen und kam neben Yamagata. Und sah so letztendlich auch was in dem Raum vor ihnen war…Und es erschreckte ihn noch mehr. Er lief rein und sah sich um. Keine Gefahr ging von dem Raum aus. Keine Feinde oder andere Bedrohungen dieser Art. Sondern was viel schlimmeres in Kanedas Augen. Es war ein steriler Raum. Er war sehr hell und beleuchtet mit kaltem Licht wie es in Krankenhäusern gern benutzt wurde. In der Mitte war ein Tisch mit Schnallen, um etwas darauf festzubinden. Rechts und links im Raum befanden sich Schränke und Ablagen auf denen sich Gläser befanden. Reagenzgläser. Und noch anderes Zeug was den Eindruck an ein Krankenhaus vermittelte, oder eher an ein…Labor. Und da sie beide Unruhe im Arsch hatten, kamen nun auch Tetsuo und Kai dazu. Und nicht überraschend war auch Kaisuke erschrocken über das was er sah. Nur Tetsuo nicht, denn er hatte noch nie im Leben ein Labor gesehen. Aber dennoch fühlte auch er dass dieser Raum ein schreckliches Geheimnis hatte. So sehr das ihm allein beim Anblick des Tisches ein eiskalten Schauer überkam. So waren alle im Raum drin und Yamagata schloss die Tür hinter sich leise. Er war noch immer sehr auf der Hut. Wer wusste schon wo sich der aggressive PsyKI rumtrieb. Er würde sich viel wohler fühlen, sobald er das Problem weggeballert hatte. Tetsuo lief neben Kaneda, der an dem Tisch stand und sich eine der Schnallen fasste. Eine am oberen Ende des Tisches. Sah sie in Gedanken an. Es waren fünf Schnallen an sich. Zwei oben am Ende und zwei unten und die letzte Große in der Mitte. Teils war Blut daran. Klarer Fall, die wurden benutzt um jemanden daran festzuschnallen und zu fixieren. Es war eine Art von Operationstisch. Und das machte ihn noch unruhiger. War dies vielleicht der Ort an dem sie an den PsyKI´s rumexperimentiert hatten? Dann sah er zu Tetsuo neben sich, der ebenfalls auf den Tisch starrte. Selbst wenn man noch nie sowas gesehen hatte, konnte man sich denken wozu es benutzt wurde. Dazu brauchte man keine Fantasie. Und da er so ruhig war fasste ihm Kaneda sanft auf die Schulter und sprach:

„Alles okay?“

Erst ein Schweigen.

„Warum machen Menschen sowas?...Warum tut man anderen solch ein Leid an?“

Eine Frage die Tetsuo leise in den Raum warf, aber auf die es keine universelle Antwort gab. Es gab so viele Gründe. Missgunst, Neugier, Hass, Angst, Rücksichtslosigkeit. Alles kam in Frage. Aber das was sie hier sahen…konnte in die Kategorie der Neugier und Experimente fallen. Aber so funktionierte Wissenschaft. Es wurde erforscht und dann wurde an Menschen experimentiert, egal in welcher Art. Am Ende musste immer ein Versuchstier her um Fehlschläge und Krankheiten auszumerzen um das Produkt zu verbessern. Ob das bei Mad und Joker auch der Fall war? Was suchten sie verdammt noch mal? Aber dann antwortete Kaneda:

„Weil sie kranke Spinner sind, die aufgehalten werden müssen.“

„Vielleicht aber noch schlimmer als wird dachten.“

Als Kaisuke das sagte sahen alle zu ihm. Kaneda und Tetsuo noch immer vom Tisch aus und Yamagata legte ein Reagenzglas wieder zurück, das er von einem der Tische genommen hatte. Der Jüngste stand inzwischen an einem anderen Tisch und hielt ein kleines Notizbuch in den Händen. Er hatte es auf dem Tisch gesehen und aus Neugier mal drin rumgestöbert. Hoffte Antworten auf diesen kleinen Laborkomplex zu finden und hatte offensichtlich auch einige gefunden. So drehte er sich zu den Jungs und hatte noch immer die Nase in dem Buch stecken, als Kaneda fragte:

„Was meinst du damit?“

„Ich hab das Notizbuch gerade auf dem Tisch hier gefunden. Es scheint eine Art kleines Tagebuch zu sein, also es stehen da zumindest verschiedene Datum drin und Hinweise. Haltet euch fest: So wie es scheint haben die hier tatsächlich Versuche an PsyKI durchgeführt. Ich sehe hier an sich sechst Stück als Versuchsobjekte gelistet.“

„Namen?“

Fragte Tetsuo sofort und Kai schüttelte den Kopf.

„Nein. Aber eine Aufzählung von Medikamenten die sie ihnen offenbar verabreicht haben. Komische Zeichen und Buchstaben und Zahlen. Keine Ahnung was das alles bedeutet.“

„Haben die denen vielleicht Drogen gegeben? Vielleicht eigene neue Cocktails, oder so.“

Fragte Yamagata darauf hin. Das war nicht mal so blöd, konnte sogar sein. Aber warum machte sie sowas? Was wollten sie damit herausfinden oder testen?

„Möglich. Aber ich finde nichts genaues hier drin. Nicht mal in den Tagebucheinträgen finde ich was ihr Ziel war. Nur so Sachen wie: dass sie Kontrollverluste erlitten durch die Behandlungen. Oder das sie an den Prozeduren verstorben sind, oder Wahnsinnig wurden. Aber mehr nicht. Was hat das nur alles zu bedeuten?“

Kai blätterte wieder schnell im dem Büchlein herum. Aber für Kaneda war eines definitiv klar geworden, was er dann auch sofort aussprach:

„Die haben das nur gemacht um sie kontrollieren zu können. Mehr ist es einfach nicht.“

„Bist du dir da so sicher…Kaneda?“

Eine kalte und schwache Stimme ertönte und ließ alle aufschrecken. Sofort warf Kai das Büchlein weg und griff sich seine Waffe aus dem Hosenbund, richtete sie rechts von sich an das andere Ende des Raumes. Auch Yamagata sah rüber und hielt den Lauf seiner Laserwaffe auf diese Person. Kaneda dagegen stellte sich schützend vor Tetsuo und der sah an ihm vorbei.

Am anderen Ende des Raumes, wo eine weitere Tür aus diesem aus war, stand eine bekannte Person. Die ebenfalls ihre Waffe in der rechten Hand zittrig auf Kaneda richtete. Komplett in der Unterzahl aber entschlossen wenigstens einen zu erschießen stand er da…es war Mad. Er sah schon mal besser aus. Er war verschrammt und übersät mit leichten Wunden die noch etwas bluteten. Aber am Bauch klaffte eine schwere Wunde und blutete ebenso stark. Er schien zu schwächeln deswegen und war sicherlich auch am Rande des Zusammenbruchs. Dennoch hielt er sich mit der freien blutigen Hand an der Wand neben sich fest und atmete schnell. Was war ihm passiert? Und war er echt so größenwahnsinnig das er noch schießen und drohen wollte, obwohl er klar in der Unterzahl und unterlegen war wegen seinen Wunden? Jeder blieb angespannt an seiner Position stehen und hatte Mad im Blick. Warteten auf den Nächsten Zug. Und sofort packte Kaneda die Wut wenn er ihn sah. Er verzog das Gesicht wütend und fauchte dann im normalen Ton zu ihm rüber:

„Da ist ja genau das Arschloch das ich suche! Schön das du mir die Arbeit abnimmst und freiwillig zu mir kommst! Bist ja ganz schön mitgenommen was? Eigentlich wollte ich dich gerne so zurichten, aber da kam mir wohl jemand zuvor!“

„H-Halt die Klappe Klugscheißer. Du hast ja keine Ahnung womit du es hier zu tun hast Kaneda. Was wir hier gemacht haben…geschaffen haben.“

Schlagartig zog Kaneda seinen Revolver vor sich und zielte auch auf seinen Gegner, fauchte:

„Und es ist mir auch scheiß egal! Ich werde dich für alles was du getan hast vor deinen Schöpfer schicken du Arschloch!“

„Darf ich abdrücken Boss?!“

Fragte Yamagata laut brüllend und schon sichtlich nervös mit dem Finger am Abzug. Eigentlich wollte jeder in diesem Raum Mad einfach nur tot sehen und deswegen einfach abdrücken. Jeder hatte mindestens einen Grund um abzudrücken. Aber es lang nur an Kaneda was getan werden sollte. Er war der Boss. Tetsuo stand noch immer etwas geschützt hinter seinem Männchen und sah ebenfalls zu Mad. Bemerkte dass er schwer atmend zu ihm sah. Und da bemerkte er es…er konnte nicht abdrücken. Er war allein durch die Wunde viel zu schwach und das Blut wurde auch immer mehr zu den Füßen des Mistkerls. Er würde sicherlich bald verbluten. Kaneda brüllte zu Yamagata rüber:

„Er gehört mir!! Keiner von euch knallt ihn ab! Das mache ich persönlich!!“

Es war Wut in seinem Satz. Es war nicht zu überhören. Er ließ sich förmlich davon leiten und Tetsuo wusste auch warum…Aber genau deswegen reagierte er und kam vorsichtig neben ihn. Fasste sanft auf den Revolver und drückte den leicht nach unten. Kaneda sah deswegen verwirrt zu ihm runter. Und dann schüttelte der junge PsyKI nur den Kopf und sah ihn besorgt an. Das war nicht sein Kaneda. Sein Kaneda war ein frecher Blödmann. Und kein bösartiger Killer…Und dann sagte er sanft zu ihm:

„Kaneda…lass ihn einfach. Sieh ihn dir an. Er macht doch eh nicht mehr lange.“

Deswegen fuhr der Blick des Älteren auch wieder zu Mad rüber. Tetsuo hatte recht. Das war kein Kampf mehr…das war eine gnadenlose Hinrichtung. Und als Mad plötzlich die Waffe vor Schwäche senkte und dann sogar zu Boden fallen ließ, war es eh vorbei. Er hatte keine Chance mehr, lachte aber leicht und zittrig, sprach danach:

„Wer hätte…das gedacht…? Das ich mir mal Mitleid von…einem Tier anhören muss…Seht euch nur an…So zusammen…Völlig sinnlos…“

„Was ist hier passiert Hatter!? Wo ist Joker?!“

Diese Fragen bekam er laut von Kai gestellt und der Verletzte sah sogar schwach zu ihm rüber, auch wenn sich durch den Blutverlust langsam alles anfing zu drehen.

„Mit etwas Glück…ist er bereits tot…So wie ich es bald bin…so wie wir alle…hier…“

„Was habt ihr mit den PsyKI hier gemacht?! Ich will Antworten Hatter! Tu wenigstens noch ETWAS Gutes in deinem Leben!“

Sagte Kai wieder erneut sehr laut.

„Du bist…ganz schön frech kleiner…“

„Antworte ihm einfach und erspar uns dein Rumgetue du Blödmann!“

Dieser Satz kam von Yamagata, der noch immer am liebsten einfach abdrücken wollte. Mad sein Blick fuhr durch den Raum und es war sehr still geworden. Was er wohl dachte? Ob er vielleicht ein bisschen Reue zeigte für das was er getan hatte in seinem Leben? Wer wusste das schon…Aber als er sich anscheinend etwas bewusst wurde sprach er doch tatsächlich:

„Die haben uns verarscht…Einfach jeden…Es war so simpel…So viel Versprochen…Und dann kamen so viele Fehler…So viele Verluste…“

Er sah wieder zu Kai rüber…Und dann wieder zu Kaneda und Tetsuo. Sah sich genau an wie sie da standen. So dicht beieinander. Und er fragte sich doch tatsächlich…ob es echt war? Ob es stimmte das PsyKI und Mensch Gefühle füreinander haben konnten. Denn er hatte so viele Abgründe gesehen seit er für…

„Es gibt weitaus schlimmere Menschen…als mich und Joker…Leute für die wir…“

Er schien langsam das Bewusstsein zu verlieren, so das Kaneda zu ihm brüllte:

„Für die ihr was?! Habt ihr für jemanden gearbeitet?! Rede verdammt noch mal!!“

Und wer hätte es gedacht, er raffte sich echt noch mal auf und sah zu Kaneda…Vielleicht ein letztes Mal.

„Pass gut auf…deinen PsyKI auf…Kaneda…Sie werden auch wegen ihm…kommen…Und ihn…“

„WER?! Verdammt rede Mad!!“

Aber weiter kam er nicht denn dann zerriss ein lautes Kreischen das Gebäude. Es war so unmenschlich und schrill, dass es wirklich allen bis in Mark und Bein fuhr. Und jeder an seiner Position erstarrte vor Schreck. Es war aber kein Geräusch eines Gegenstandes der zerriss, oder etwas das Einstürzte. Nein…es war organisch. Es hörte sich nach einem Schrei an. Traurig aber auch wütend. Und kurz darauf packte etwas Mad. Er war allerdings schon so erschöpft das er nicht mal mehr schrie deswegen, sondern schlaff in der riesigen Masse hing die ihn gepackt hatte. Eine Masse aus Fleisch die wie eine Hand nach ihm griff. Und ihn dann aus dem Sichtfeld der Jungs zog. Gefolgt von einem schrecklichen Geräusch von Fleisch das zerrissen wurde. Instinktiv und mit Schrecken stellte sich Kaneda vor Tetsuo und sah zu der Tür, durch die Mad nach hinten rausgezogen wurde in das Dunkel. Kai sprang auch sofort zurück. Yamagata schrie aber dann zu ihm rüber:

„Kaisuke! Komm sofort hier her!“

Und das tat er auch. So schnappe er sich noch schnell das Notizbuch und lief dann am Rand des Raumes entlang, weit weg von der Tür. Kam zwischen Yamagata und Kaneda an, so dass nun alle nebeneinander standen und weiter erstarrt zu der Tür sahen. Hörten noch immer das Geräusch von etwas was versuchte sich durch die Tür zu zwängen und dabei widerlich weich klang. Bis sie sahen wie sich eine blutige Masse durch die Tür zwängte und zu ihnen langsam rein glitt. Noch immer begleitet von Heulen und einer frischen Blutspur, die aber nicht von der Kreatur war…Kam immer weiter in den Raum rein. So das Yamagata mit der Waffe zielte und ohne Anweisung einfach abdrückte. Der Schuss knallte durch den Raum und traf auch sein Ziel…aber ohne Erfolg. Nur das Heulen wurde lauter und vermischte sich mit einem Kreischen. Was auch immer es war, es wurde pissig deswegen. Aber jeder wusste was es war…es war ein mutierter PsyKI. Der Große nahm die Waffe wieder runter und fluchte:

„Scheiße!! Warum wirkt das nicht?!“

Kaneda fackelte aber auch nicht lange. Es hieß immer: Kampf oder Flucht. Und da das Erste nicht wirkte war es an der Zeit für die Flucht. Also sprach er laut:

„Keine Ahnung! Aber wir müssen weg!!“

Die beste Idee überhaupt. Sofort rannte der Große an die Tür, durch die sie reingekommen waren und machte diese auf. Hielt diese dann auch noch auf. Kai rannte als erster raus und Kaneda wollte folgen aber…blieb stehen und sah zu Tetsuo hinter sich…der sich einfach nicht rührte. So das er zu ihm brüllte:

„TETSUO!“

Aber der junge PsyKI konnte sich nicht rühren. Er war wieder erstarrt vor Angst. Es war wie damals…wie damals im Dschungel. Seine Vergangenheit und der Terror hatten ihn wieder eingeholt und er konnte diesem nur in die Augen sehen. Und nichts tun. Er zitterte sichtlich. Und ohne zu zögern rannte Kaneda wieder zu ihm und schnappte ihn sich, als er das bemerkte. Er hob ihn ohne lange zu überlegen wie eine Prinzessin auf seine Arme und schleppte ihn raus. Hatte das zarte, zittrige Gewicht in seinen Armen. Rannte durch die Tür und Yamagata folgte. Sah noch mal in den Raum, wo das Monster diesen fast völlig gefüllt hatte und noch immer wütend nach ihnen brüllte. Dann schloss er endlich die Tür und verdeckte die Sicht auf diese Horrorshow. Er sah zu Kaneda und den Jungs und brüllte:

„Das wird nicht halten!!“

Kaneda sah zu Tetsuo, der noch immer in seinen Armen lag. Völlig wehrlos und zittrig. Er hatte…er hatte ihn nun schon oft so gesehen. Damals bei Joker war er auch nicht in der Lage sich zu bewegen. So ach auf krach. Und bei Takeyama war es ebenso. Warum…wurde er so? Es wirkte fast so als hätte er sowas schon mal als Kind....

„KANEDA!“

Schrie dann Kai und sein Anführer wachte wieder auf. Er nickte. Sie mussten Weg. So schnell wie möglich, also sah er den Gang vor ihnen runter, den den sie noch nicht runter waren. Sie mussten da lang. Eigentlich konnten sie auch wieder den Weg zurück wo sie herkamen, aber in der Kanalisation war es zu dunkel und selbst mit Taschenlampen war es zu riskant da unten vor etwas zu fliehen. Wenn sie sich verirrten in der Panik, oder hinfielen, wurde es vielleicht kritisch. Also nickte er zu dem Gang vor sich und schrie:

„DA LANG!!“

Und dann rannten sie los. Hörten noch immer das wütende Donnern des Monsters hinter ihnen gegen die verschlossene Tür, das versuchte sie zu überwinden. Was auch kurz darauf geschah. Die gewaltige Masse riss die Tür aus den Angeln und schlich sich in den Gang dahinter. Verfolgte die Jungs wie verrückt, als hätten sie eine Zielscheibe am Arsch. Aber keiner von ihnen wusste…dass es eigentlich auch ein Ziel hatte und nur eines verschlingen wollte…Denn das war sein Urinstinkt. Alles was es noch hatte…Es wollte Tetsuo fressen…

Determination

Der Wind wehte leicht über das Kürbisfeld in dem Tetsuo saß.

Noch immer zitterte er. Der Schock ließ einfach nicht los und war so stark in seine Glieder gefahren, dass er nicht mehr aufstehen konnte, sondern einfach nur da saß. Er war noch so jung, aber hatte schon sowas schreckliches gesehen. Etwas was er nicht mehr aus seinem Verstand löschen konnte. Was für Kinderaugen nicht bestimmt war.

Sicherlich saß er, nach diesem Vorfall im Dschungel, schon eine Stunde einfach nur da und bewegte sich nicht mehr. Sichtlich an Ort und Stelle festgewachsen. Er sah es noch immer vor seinen Augen. Diese Masse die seinen Artgenossen verschlang und dann nach ihm griff. Die Hand die ihn ergreifen wollte, den Himmel verdunkelte und über sich legte…Aber plötzlich einen Rückzieher machte und dann wieder im Dickicht verschwand. Ohne Grund. Einen den er nicht kannte zumindest. Und dann die Stille…Sekunden verstrichen danach…und dann war er nur noch gerannt. Gerannt so schnell er konnte. Nur noch heim. Er hatte alles stehen und liegen lassen, auch die Blumen für Kaori. In purer Angst und Panik. Sie würde traurig sein, aber er hatte einfach zu große Angst gehabt. Musste nur noch weg…

Kaori dagegen hatte ihn inzwischen überall gesucht und kam als letztes an dem Kürbisfeld vorbei. Der Ort wo sie ihn am wenigsten erwartete und wo sie ihn dann auch sitzen saß. Das kleine Mädchen, die nicht die Hübscheste war, erkannte ihn sofort und kam unter einem Holzzaun durch gekrabbelt, rannte zu ihm und rief fröhlich nach ihm. Bekam aber keine Antwort. Ihre Worte verschwanden in der Leere von Tetsuos innerer Angst. Noch immer saß er nur zitternd da und starrte auf seine Hände in seinem Schoß. Er konnte sie nicht ruhighalten…sie hörten nicht auf zu zittern….Hatte keine Kontrolle über sie. Und als sie dann endlich bei ihm ankam…erkannte auch Kaori das er schlimm aussah. Er war blass und weinte noch teils. Leise schlichen sich Tränen aus seinen Augen und rollten die Wangen hinab. Tropften einfach nur auf den Erdboden. Ohne zu zögern setzte sie sich neben ihn und fasste ihm sanft auf die linke Schulter. Er reagierte nicht und das machte ihr damit Angst.

„Tetsu? Tetsu was hast du denn? Tut dir was weh? Haben Watanabe, Kuwata und Takeyama dich wieder geärgert? Warum weinst du denn? Tetsu…du zitterst…Bitte rede mit mir.“

Nichts…Es kam einfach nichts von ihm. Und als er weiter nicht reagierte umarmte Kaori ihn dann sanft. Schmuste ihren Kopf an seinen und gab ihm kleine Küsschen auf die Wange. Und als wäre es ein Zauber gewesen, reagierte Tetsuo endlich wieder und drehte seinen Kopf zu ihr. Der Schock deutlich in seinen Augen abzulesen. Was war nur passiert? Das fragte sich Kaori immer wieder. Sie sahen sich nur an und dann stotterte er:

„I-Ich…I-Ich…hab was schlimmes gesehen…Kaori…D-Da war ein Monster…ein Monster im Wald und…und…Whaaaaa!“

Und dann fing er an richtig zu heulen. Es brach einfach alles zusammen und über ihm ein. So viele Emotionen. Er war schon immer sehr gefühlvoll und weinerlich gewesen, deswegen konnte er es nicht mehr halten. Seit er dieses Monster vor sich hatte spürte er einen innerlichen Druck. Als würde etwas seinen Körper aus dem Innern heraus zerquetschen. Seine komplette Lebensenergie und Kraft aus ihm saugen, nur weil es in seiner Nähe war…Er kniff die Augen zusammen und drückte sich wieder an seine beste Freundin, die auch gleich zurückschmuste. Ließ alles in ihrer Umarmung raus und zitterte noch mehr, als er schrecklich jammerte:

„I-Ich hatte solche Angst! Es w-wollte mich fressen! Mich fressen Kaori! I-Ich hab so Angst..!“

Und dann weinte er einfach weiter. Sein Weinen war so laut, es hallte über das ganze, leere Feld, das nur mit frischen Kürbissen besät war. Niemand konnte ihn hören außer ihr und dann streichelte sie ihm über den Kopf, während er weinerlich sich an ihre Brust schmiegte. Sie hasste es ihn so traurig zu sehen. Und musste auch leicht weinen deswegen.

„Alles ist gut Tetsu…Alles ist gut…“

Sprach sie und gab ihm dann noch einen sanften Kuss auf die hohe Stirn. So war er nun mal. Er war sehr weinerlich und lieb. Hatte sich wahrscheinlich im Dschungel vor einem Tier erschreckt und Angst bekommen. Er war einfach anders als alle anderen Kinder. Genauso anders wie sie…und deswegen hatte sie ihn auch so lieb. Er war der Bruder den sie immer haben wollte und der sie akzeptierte wie sie war. Also knuddelte sie weiter mit ihm und spendete ihm Trost. Dachte dass alles wieder gut werden würde damit. Aber nichts war gut. Sie hatte nicht den Schrecken gesehen im Dschungel. Diese Masse die heulte und sich über den Boden zog. Eine Spur aus Blut hinter sich her zog, als sie den Jungen gefressen hatte und dann verschwand. Aber er wusste was er gesehen hatte. Der Horror und Terror waren echt gewesen…Auch wenn ihm keiner glauben würde in diesem Dorf…Nicht mal Kaori.
 

Sie rannten noch immer den langen Flur runter.

In der Ferne war noch immer das Heulen und Brüllen des mutierten PsyKI zu hören, welches wie ein Damoklesschwert über ihnen hing. Und wenn sie nur einen Fehler machten dieses auf sie niederfallen und somit jeden töten würde. Das Biest würde jeden fressen und nichts mehr übrig lassen, so wie es Mad passiert war. Egal was er für ein Arschloch auch war, das hatte keiner verdient. Lebendig von sowas gefressen zu werden. Das dachte sich wirklich jeder der den Flur runter rannte. Bis auf Tetsuo, der noch immer zittrig und völlig regungslos in den Armen von Kaneda lag. Er war wieder ganz weit weg. Und so langsam fragte sich der Ältere auch wo genau. Es passierte zu oft und das musste aufhören. Aber es war kein passender Zeitpunkt, deswegen würde er das sofort fragen sobald sie dieses Monster losgeworden waren. Und sich dafür etwas Luft bot. Denn das konnte nicht so weiter gehen…

Kai rannte vorne weg. Er war der Erste von den Vieren und führte die Gruppe quasi an in dem Moment. Lag auch daran weil er so ziemlich der einzige war der sich etwas in solchen Fabrikgebäuden auskannte. Aber auch das änderte nichts daran dass er ebenfalls sich orientieren musste und momentan rannten sie nur von einem Gang zum nächsten. Und die Gänge sahen schrecklich aus. Das Massaker was sich in diesem Gebäude ereignet hatte wurde immer offensichtlicher. In jedem Flur den sie betraten lagen zerfetzte Leichen von Clowns und Hattern. Unbeschreiblich entstellt, das Werk dieses PsyKI. Aber nicht gefressen…Waru eigentlich nicht? Es war seltsam. Und sie alle beschlich so langsam das Gefühl das die gesamte Gang vielleicht beseitig worden war. Vielleicht schon bevor der PsyKI mutiert war. So mussten sie über eine Leiche nach der nächsten springen und achten nicht hinzufallen. Kaneda war ganz froh das Tetsuo wenigstens DAS nicht mitbekam. Es war einfach nur schrecklich. Yamagata dagegen sah immer mal beim Rennen hinter sich. Er war der Letzte und konnte das Monster inzwischen nicht mehr sehen, auch nur noch hören, weswegen er dann vorschrie:

„Jungs! Ich glaube wir haben den Scheißhaufen abgehängt!“

Kaneda reagierte darauf und sprach dann ebenso laut hinter:

„Ich geh da kein Risiko ein!“

Er sah wieder vor.

„Kai! Wie lange dauert es noch bis wir raus sind?!“

„Nicht mehr lange! Wenn ich das richtig im Kopf habe: dann müsste um die nächste Ecke ein Lagerraum sein und dahinter die Verarbeitungshalle! Dann ist es theoretisch nur noch ein Katzensprung bis zum Ausgang!“

Und selbst wenn, was dann? Selbst wenn sie dieses Gebäude verlassen, was geschah dann mit dem Monster? Keiner wusste etwas von diesem Ding und wenn es das Gebäude verließ dann könnte es sich vielleicht einen Weg rüber nach Neo Tokyo finden und dort weiter wüten! Denn so wie es aussah wollte dieses Ding nur noch fressen…Aber selbst wenn was kümmerte es ihn? Immerhin interessierte sich auch kein Mensch in der Stadt für sie. Warum sollte Kaneda das also anders sehen? Aber…so war er nicht. Er wollte nie das Unschuldige in diese Dinge reingezogen werden. Wenn das Vieh da hin kam, und Menschen dadurch zu Schaden kamen…dann fühlte er sich mit verantwortlich. Dann ist es für ihn als hätte er die Klinge selber geführt…

Sie rannten um die nächste Ecke und Kai donnerte gegen die Metalltür vor sich. Das war die Tür um weiter zu kommen. Er fummelte an dem Türgriff rum…und ein eiskalter Schrecken überkam ihn…Nein…Es war abgeschlossen! Panischer fummelte er rum und Kaneda kam dann auch um die Ecke. Sah das und fragte:

„Was ist los?!“

Kai wand sich zu ihm um.

„Abgeschlossen!! Wenn wir die Tür nicht aufbekommen dann war es das!!“

Und dann war auch schon der Letzte um die Ecke und fragte auch laut:

„Was ist los?!“

„Abgeschlossen!!“

Schrie Kai erneut. Das schlug so richtig rein. Er hatte nicht daran gedacht dass die Tür abgeschlossen sein könnte! Weder er noch Kaneda hatten sowas in Betracht gezogen. Diese Erkenntnis kam gerade wie eine Schlange angeschlichen und biss ihnen in den Arsch. Sehr schmerzhaft sogar. Yamagata aber fackelte nicht lange und kam neben den Jüngsten. Versuchte sich ebenfalls noch mal an dem Türgriff, wen auch etwas rabiater. Er hatte verdammte scheiße noch mal recht! Das wurde ein Problem. Kaneda dagegen sah hinter sich und drückte Tetsuo dabei fester an sich. Nicht hier…Er würde niemals zulassen dass seinen Jungs etwas passiert! Es musste einen Ausweg geben! Und es gab nur einen der ihnen helfen konnte!

So stellte er den noch immer starren PsyKI vor sich ab. Ließ ihn von seinen Armen und hielt ihn an die Wand des Flures in dem sie standen. Stützte ihn dagegen und hatte sanft mit den Händen die jungen Schultern gefasst. Nur für den Fall das Tetsuo doch nicht stehen konnte und zu Boden ging. Aber das passierte nicht, wurde ihm nach Sekunden klar als er Kleine einfach stehen blieb. Er sah ihm in die Augen und sprach dann laut:

„Tetsuo!! Wir bauchen deine Hilfe! Die Tür vor uns ist zu! Du musst sie mit deinen Kräften öffnen ansonsten haben wir ein Problem! Tetsuo hörst du mich?!“

Aber er bekam keine Antwort. Sondern sah nur einen starren und mit Angst erfüllten Blick der sich auf den Boden richtete. Das Zittern des jungen PsyKI war schrecklich. Er schlotterte am ganzen Leib. Noch nie war es so schlimm gewesen wie in dem Moment. Tetsuo hatte sich vollkommen in seiner Angst verloren und war offenbar nicht zu erreichen. Es tat Kaneda weh und versetzte ihn selber in Schrecken ihn so zu sehen. Sogar Yamagata sah wie verloren dieser Kampf war, als er wegen Kaneda seinem Gebrüll nach hinten sah. Deshalb schüttelte er auch gleich sauer den Kopf und zückte seine Waffe. Er musste das selber in die Hand nehmen. Zeigte damit auf die Tür und fauchte:

„Zurück Kaisuke! Ich mach mir einfach selber einen Durchgang!“

Aber als Kai bewusst wurde was er tun wollte drückte den nach vorne gestreckten Lauf der Waffe sofort nach unten und sprach ihn laut an:

„Bist du verrückt?! Es ist zu gefährlich das auf diese kurze Distanz zu machen! Du könntest uns alle damit verletzten! Und außerdem brauchen wir diese Tür! Es ist eine der wenigen Möglichkeiten wenigstens etwas Abstand zu diesem Ding zu bekommen!!“

„Das bringt uns aber nichts wenn wir tot sind, weil diese verschissene Tür zu ist!! Und außerdem wird es sie eh locker einreißen!!“

Brüllte der Große zurück. Kaneda sah zu den Beiden als es etwas lauter wurde und dann wieder zu dem jungen PsyKI. Er stand immer noch da…er war so verletzlich…Ihr aller Leben lag in seinen Händen. Nur er konnte jetzt noch helfen. Immer und immer wieder dachte er sich das. Kaneda ließ die Schultern los und fasste mit beiden Händen das zittrige und heiße Gesicht von Tetsuo. Er musste zu ihm durchdringen. Egal wie. Er musste. Sonst war es für sie alle vorbei.

Das Heulen wurde immer lauter im Gang und zeigte das sich ihr persönlicher Sensenmann immer weiter näherte. In Form einer alles verschlingenden Masse. Und offensichtlich nicht langsam genug…Yamagata und Kai hatten derweil etwas anderes ausgeklügelt. Versuchten die Tür einzutreten und warfen sich gemeinsam dagegen. Taten alles was sie konnten, während Kaneda sanft und nun doch auch etwas verängstigt zu seinem Liebsten sprach:

„Tetsuo…Du bist der Einzige der uns noch helfen kann. Wenn du nichts unternimmst dann holt dieses Monster ein und…es wird uns töten Tetsuo. Tetsuo bitte. Was ist denn los mit dir? Wir brauchen dich Tetsuo!!“

Den letzten Satz sagte er noch mal sehr laut zu ihm…Aber das Ergebnis war dasselbe. Nicht passierte. Tetsuo sah nur weiter auf den Boden und zitterte. Schien aber dabei was zu stammeln, aber man konnte ihn nicht verstehen. Als wären Kaneda seine Worte doch irgendwie angekommen, aber nur wie ein Hauch im Wind den man nicht verstehen konnte. Er war so warm…Und dann reagierte Kaneda einfach nur noch. Er kam näher und drückte seinen Körper an den des Kleinen. Berührten sich somit und dann hob er das Kinn seines Gegenübers etwas an und küsste ihn. Umschlang ihn mit beiden Armen und drückte ihn an sich, während er ihn sinnlich küsste. Er wusste nicht mehr weiter. Es war eine Reaktion aus Verzweiflung und sogar ihm rannte eine Träne schnell aus dem rechten Augenwinkel. Es tat weh. Es tat so weh seinen Liebsten so zu sehen. Das war schlimmer…als die Erkenntnis vielleicht gleich zu sterben.

Und dem Kleinen wurde warm…Tetsuo spürte wie die Kälte aus ihm wich und sich in wohle Wärme verwandelte. Alles bei diesem sinnlichen Kuss…der langsam zu einem Zungenkuss wurde…Spürte eine Zunge die seine sanft berührte und umgarnte. Leidenschaftlich…aber flehend und leicht zittrig. Es war in der Situation etwas komisch und vielleicht unpassend…Aber es traf ihn wie ein Schlag…Und der Schleier lichtete sich. Als würde die Energie von Kaneda ihn mit neuer Kraft füllen…Tetsuo wachte auf. Das Leben kehrte in seine Augen zurück und er blinzelte etwas überrascht. Fühlte die warme Zunge seines Gegenübers in seinem Mund und fühlte wie er wieder etwas schwach davon wurde. Ließ sich fallen und schloss die Augen. Erwiderte. Legte seine Hände auf die Brust seines Männchens und sie küssten sich einfach. Es sollte nicht aufhören…aber musste. Und als Kaneda das spürte, die Erwiderung fühlte, beendete den Kuss und sie sahen sich an. Leichter Speichel zog sich von ihren Mündern zueinander und dann sahen sie sich nur an. Tetsuo atmete schnell und Kaneda sprach dann zu ihm:

„Tetsuo.“

Und danach folgte ein Lächeln, wenn auch besorgt, und Tetsuo dachte… sein Gegenüber formte mit den Lippen den einen Satz der alles ändern würde, auch wenn er ihn nicht sagte direkt sagte…Formte ein endgültiges: Ich liebe dich…Und da machte es Klick. Ein Schalter legte sich in dem Kopf des jungen PsyKI um und er erwachte endlich. Alle seine Gedanken fokussierten sich nur noch auf einen Moment. Auf das Hier und Jetzt. Und die Vergangenheit war für einen Moment wie weggefegt.

Er sah ernst drein und löste sich von Kaneda. Er war so dumm gewesen. Er verstand endlich…ließ sich von Angst verändern, ließ sich einsperren und ins Boxhorn jagen. Wurde dazu zu etwas gemacht was er noch nie war…ein Feigling. Er war sensibel und vielleicht etwas ängstlich. Aber er war kein Feigling! Und er hatte auch keine Angst vor sich! Nicht wenn das Leben der Menschen die er liebte auf dem Spiel stand!

Und so kam er entschlossen von Kaneda weg und neben Kai, sah dann zu der verschlossenen Tür. Innerhalb von Sekunden und gepaart mit dem lauten Kreischen von Metall, riss er sie ohne Probleme aus den Angeln und feuerte sie in dem Raum dahinter an eine Wand, das es laut krachte. Alle sahen erstaunt zu ihm. Bis auf Kaneda…der sah ihm glücklich zu. Denn Tetsuo war endlich wieder da. Genauso wie er ihn kennengelernt hatte. Danach folgte eine Kopfbewegung zu der geöffneten Tür von dem jungen PsyKI und er sprach laut und bestimmt:

„Los verschwinden wir von hier!“

Und da musste sogar Yamagata grinsen. Kam einfach so über ihn. Er schwang seine große Waffe über seine Schulter als er sprach:

„Das muss ich mir nicht zweimal sagen lassen!“

Und dann lief er in den Raum hinter Tetsuo. Kai stand noch etwas da und lächelte Tetsuo nur an. Was auch immer Kaneda gemacht hatte…es hatte funktioniert. Er wie auch Yama hatten von dem Kuss nichts mitbekommen, weil sie so auf die Tür fixiert waren. Sogar Kaisuke kam jetzt auf Tetsuo zu und umarmte ihn schnell. Es kam überraschend für den jungen PsyKI. Mit sowas hatte er nicht gerechnet. Und mit dem noch leichten Kuss auf die linke Wange erst recht nicht! Es war auch nur kurz gewesen und dann sagte der Jüngste:

„Schön dass du wieder da bist.“

Peinlich. Tetsuo lief etwas beschämt rot an und motzte dann:

„Schwing deinen Arsch da rein!“

Zeigte noch auf den eröffneten Weg dabei und Kai gehorchte lächelnd. Rannte auch schon gleich Yamagata nach. Kaneda zögerte auch nicht lange und rannte in den Raum, und dann als letzter kam Tetsuo. Kaum als er drin war, hob er die erst rausgerissene Tür mit seinen Kräften hoch und verschloss wieder den Eingang. Legte sie passgenau wieder in den Rahmen und schien dann das große Riegelschloss auf der Innenseite zu verdrücken und damit die Tür komplett zu versperren. Sie war quasi zerstört und so zerdrückt dass man sie nur noch mit Gewalt öffnen konnte. Aber selbst diese Barrikade würde nicht lange halten. Das wusste Tetsuo. Also hatte er noch eine Idee. Wenn auch eine etwas riskantere. Er kam in die Mitte der Jungs und sah abwechselnd zu ihnen. Es würde schwer werden…aber so konnte er ihnen zumindest etwas Zeit verschaffen. Alle raus zu teleportieren konnte er nicht, dazu war er nicht genug mit der Umgebung vertraut, also schien ihm das momentan als einzige Lösung. Er sprach:

„Bleibt genauso um mich stehen! Jeder von euch fasst mit jetzt auf die Schulter!“

Verwirrt sahen sich die Jungs deswegen in der Runde um. Ihm auf die Schulter fassen? Was hatte er vor? Yamagata verschränkte die Arme vor sich und sprach misstrauisch:

„Warum sollte ich?“

Tetsuo sah sauer zu ihm über seine rechte Schulter hinter und fauchte:

„Wenn du überleben und uns nicht noch dazu in Gefahr bringen willst, wirst du es verdammt noch mal tun!“

Er schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Und wenn er das so sagte, dann tat Kaneda das auch ohne zu zögern. Also fasste er ihm auf die rechte Schulter und ließ die Hand dort verweilen, dann schloss sich auch gleich Kai an und sah rüber zu Yamagata. Machte eine Kopfbewegung als Aufforderung und genervt stimmte der Große dann doch ein. Fasste ebenfalls auf eine Schulter des PsyKI. Tetsuo nickte und schloss dann die Augen. Er musste sich konzentrieren, denn es würde ihn Kraft kosten. Er spürte jeden Einzelnen um sich herum. Jeden der ihn berührte. Theoretisch konnte er nun in jedem seinem Leben rumstöbern. Ihre Vergangenheit sehen. Aber er tat es nicht. Stattdessen fühlte er Wärme und Herzschläge. Spürte zwei…die verbunden waren? Es war sehr durcheinander. Er wusste nicht wer mit wem, aber es war sehr stark. Unzertrennlich. Und dann konzertierte er sich darauf zu teilen. Fühlte wie ein Teil von seiner Kraft auf jeden überging. Der Teil der ihn vor seinen Artgenossen schützen konnte ging leicht auf sie über. Legte sich wie ein unsichtbarer Schutz um seine Freunde. Bis er wieder die Augen öffnete und schwerer anfing zu atmen. Kaneda sah ihn gleich voller Sorge an, aber dann antwortete Tetsuo:

„Es geht mir gut…Damit sollten wir jetzt etwas Luft haben.“

Er wischte die Hände von sich runter und musste seinen Körper erst mal selber umarmen. Er zitterte. Es war doch schwerer als er dachte. Noch nie hatte er sowas gemacht. Wozu auch? Immerhin hatten sie keine Menschen in seinem Dorf. Warum…hatte Miyako also darauf bestanden das er sowas lernt? Das war doch seltsam…Keiner der um ihn stand wusste was passiert war, oder was die Show eben sollte. Bis Kai vorsichtig fragte:

„Warum sollten wir das tun Tetsuo?“

„Ja! Was sollte der Scheiß!? Wir sollten lieber unsere Hintern in Bewegung setzten und weiter rennen! Das Scheißvieh ist bestimmt gleich da!“

Tetsuo sah zu Yamagata rüber.

„Es wird uns erst mal eine Weile nicht spüren können…Ich habe einen Teil meiner Kraft auf jeden von euch übertragen…zum Schutz.“

Er hatte was getan?! Jeder sah an sich herab. Keine Ahnung was sie suchten oder was sie dachten was sich verändert hatte, aber dennoch taten sie es.

„Du hast was getan?!“

Fragte dann Kaneda besorgt, aber da kam auch schon der Kleine auf ihn zu. Langsam und etwas schwächlich. Wackelig auf den Beinen wie es aussah. Ließ sich dann gegen seine Brust fallen und ruhte einfach nur. Er wusste, dass wenn er zusammen brechen sollte…Kaneda ihn fangen würde. Und sofort umschlang ihn der Ältere auch schon und fragte vorsichtiger denn er wollte ihn nicht überfordern:

„Was meinst du damit Tetsuo?“

„Ja, rede verdammt! Bin ich jetzt kein Mensch mehr wegen deiner bescheuerten Aktion?!“

Als Yamagata das sagte, sah Kai neben ihm wütend auf und trat ihm, als Reaktion, mit voller Wucht auf den rechten Fuß! So das kurz darauf der Große auch schon brüllte und leicht auf der Stelle sprang vor Schmerz. Nachdem er sich wieder gefangen hatte fauchte er zu ihm:

„Alter was soll der Scheiß?! Das tut weh mann!“

„Hör auf so ein Arschloch ihm gegenüber zu sein! Tetsuo tut was er kann um uns zu beschützen und du bist immer wieder so unfair und biestig zu ihm! Was soll das Yamagata?!“

„Na er ist ja auch immer der Grund warum wir in diese verfickten Situationen kommen! Vielleicht ist das ja alles ein abgekartetes Spiel und er macht gemeinsame Sache mit dem Feind!“

„Was?! Wo holst du denn den Blödsinn her Yamagata?! Das würde er nie tun!“

„Ach und woher weist du das?! Hä?! Hat er dir es gesagt?! Sehr zuverlässig!“

„Sieh ihn dir an!! Das ist nicht gespielt!!“

Kai setzte sich unglaublich für Tetsuo ein. Sogar so sehr das er gegen den Mann ging den er liebte. Er bedeutet nicht dass ihm der PsyKI mehr bedeutete, sondern zeigte wie gerecht er war. Wenn etwas nicht stimmte in seinen Augen, dann machte er das klar. Und dann stand er natürlich mehr auf der Seite von Tetsuo als auf der von Yamagata, wenn dieser ungerecht Gift verteilte und Gerüchte säte. Und Kaneda schätzte das sehr. Aber es ging zu weit.

„RUHE! ALLE BEIDE!!“

Und als er diese Sätze laut brüllte, da wurde es schlagartig ruhig im Raum und alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Der Alpha hatte gesprochen, so kam es zumindest rüber. Und es wirkte auch wie es sollte. Tetsuo, noch immer schwach an ihn gedrückt, sah leicht zu ihm hoch. Das war ein sehr starkes und bestimmtes Brüllen gewesen. Darin war keine Wut oder Zorn gewesen, sondern nur Klarheit.

„Ich will nichts mehr davon hören! Wir haben beschissenere Probleme an der Backe als das wir noch Zeit dazu hätten und gegenseitig zu zerfleischen, wegen Anmaßungen die nicht mal der Fall sind! Tetsuo ist einer von uns! Er ist mein Partner! Und wenn du ein Problem mit ihm hast Yamagata, dann hast du auch eins mit mir! Verstanden?!“

Er sah ihn sehr ernst an. Noch nie…hatte Kaneda ihm so einen ernsten und sicheren Blick wegen einem Partner zugeworfen. Egal mit wie vielen Mädchen Kaneda schon was gehabt hatte…noch nie war der Blick so gewesen wie bei Tetsuo in dem Moment. Partner…das war bei ihnen nicht so gemeint wie man es eigentlich sonst verstand. Bei ihnen…war es gemeint als…als die Person die man liebte. Der Partner für immer. Noch nie hatte Kaneda jemanden so genannt…nur Tetsuo. Yamagata nickte. Was sollte er auch anderes tun? Er hatte noch nichts erlebt was ihn davon überzeugen könnte das Tetsuo sie nicht verraten würde. Und solange nichts in der Richtung kam…und er noch immer Spiele mit ihnen spielen könnte, würde Yamagata ihn nicht als Kanedas Partner akzeptierten…

Tetsuo drückte sich von Kaneda weg und gab Yamagata endlich seine Antwort:

„Ich habe eine Art psychokinetischen Schutzfilm über euch gelegt. Etwas was wir tun können wenn wir nicht von unserer Artgenossen gefunden werden wollen. Ich hab das damals gelernt und hätte nie gedacht es mal anwenden zu müssen. Aber auch dieser Schutz wird bald wieder von euch abgleiten und zu mir zurückkehren. Ich kann…das nicht lange aufrecht erhalten…“

Er schien angestrengt als er das sagte. Man sah es ihm sofort an. Er schwitzte auch leicht. Und er erstaunte Kaneda immer wieder. Was er alles konnte. Es war der Wahnsinn. Jedes Mal wenn er dachte alles von Tetsuo gesehen zu haben, im Bezug auf seine Kräfte, kam er mit einer neuen Fähigkeit um die Ecke. Also verschaffte er ihnen Zeit? Das war sehr gut denn es musste ein Plan her. Das Ding durfte nicht überleben. Sie mussten es ausschalten. Wenn es sie überwand und seinen Weg aus dem Gebäude fand, dann waren tausende von Leben in Gefahr! Zumindest sobald es sich ins Zentrum von Neo Tokyo bewegen würde. Etwas was ihn einfach nicht los ließ. Er sah zu Tetsuo.

„Das sollte reichen bis wir einen Plan haben das Ding zu vernichten. Danke Tetsuo, dass du das auf dich nimmst und uns damit Zeit verschaffst.“

Kai sah erschrocken zu seinem Boss rüber als er das hörte.

„Was?! Du willst gegen das Ding kämpfen Kaneda!?“

„Wir haben gar keine andere Wahl! Wenn das Ding uns überwindet und keiner in Neo Tokyo davor gewarnt wird, dann sterben tausende von Menschen!“

„Wow wow warte mal Boss! Was interessiert es uns?! Was hat diese verfickte Stadt und deren Bewohner jemals für uns getan, das wir jetzt dafür unsere Ärsche riskieren sollen?! Ich hätte nichts dagegen einige Orte und Menschen in diesem Drecksloch brennen zu sehen! Also was kümmert es uns?! Lass doch die tolle Regierung und das Militär das Problem lösen! Wofür die wahrscheinlich noch mit verantwortlich waren, weil sie PsyKI erschaffen haben! Wenn man den Gerüchten glaubt zumindest.“

Was Yamagata da sagte ergab Sinn…Was hat diese Stadt jemals für sie getan? Letztendlich lebten sie dort doch nur wie Ratten. Kamen mit zwielichtigen Geschäften gerade so um die Runden und machten sich ihre eigenen Regeln außerhalb der staatlichen Gesetze. Warum sollten sie also ihre Hintern für eine Stadt riskieren der sie scheiß egal waren? Alles sprach dagegen…Und dennoch konnte Kaneda es nicht. Er sah zu dem Großen rüber und Tetsuo sah seinem Männchen genau zu…wollte wissen wie er fühlte.

„Du hast recht…Diese Stadt war schon immer scheiße. Ich bin dort geboren worden und seit ich ein kleiner Junge war hat diese Stadt mir immer wieder gezeigt wie beschissen sie ist und wie krank die Menschen dort sind. Und das nicht zu wenig…“

„Kaneda…“

Kam es leise von Tetsuo. So leise das nur er es war der es hörte. Sprach es mehr zu sich selbst. Aber dann lächelte der Ältere vor ihm wieder und beendete:

„Aber so sehr ich diese Stadt auch verabscheue und die Menschen dort hasse, nicht alle sind so! Es gibt Menschen in dieser Stadt die auch jeden Tag ums überleben kämpfen! So wie wir! Die ebenfalls so leiden wie wir! Und ich habe dort Menschen gefunden die meine Familie geworden sind! Nämlich euch! Würde es Neo Tokyo nicht geben…hätte ich euch nie gefunden. Und deswegen müssen wir helfen! Nicht nur den Unschuldigen, sondern auch uns. Unsere Ideale schützen! Wir ziehen keine Unschuldigen absichtlich in unsere Kämpfe rein! Und das werden wir auch heute nicht!“

Und da hatte er verdammt noch mal recht. Das war ne Ansage. Sogar Yamagata musste ihm in einigen Punkten da vollkommen zustimmen. Es lag außer Frage dass diese Stadt einiges für sie getan hatte und nicht alles negativ war. Nämlich auch der Fakt das sie sich dort alle kennengelernt haben. Und in dieser Müllhalde von Stadt hatte er auch Kai kennen gelernt. Und vor allem gelernt ihn zu lieben, Freundschaft gefunden und das war etwas was man ihm nicht nehmen konnte. Und wahrscheinlich…ging es Kaneda genauso mit Tetsuo. Dafür konnte er ihn nicht mal mehr verurteilen…

Er legte die Hände genervt an seine Hüfte und schnaufte dann tief aus. Was sollte er da noch dagegen bringen? Sein Boss hatte mal wieder recht. Und er wusste, wie immer, dass Kaneda sie auch wieder raus boxen würde, wenn seine Entscheidungen riskant wurden und es hart auf hart kam. Kai war auch nicht ganz wohl bei der Idee einen bereits mutierten und gefährlichen PsyKI zu bekämpfen. Was auch daran lag das er schon mal eine tödliche Wunde davongetragen hatte. Und das war nur eine Begegnung mit einem halb Mutierten. Es würde riskant werden…aber Kaneda hatte recht. Also nickte er zu seinem Boss und sprach aufrichtig:

„Ich vertraue dir. So wie immer.“

Und endlich stimmte auch Yamagata ein:

„Ghaaaaa na gut! Aber ich werde nichts tun was Kaisuke in Gefahr bringen könnte! Ich lass nicht zu das ihm das Selbe wie damals wieder passiert bei einem PsyKI!“

Tetsuo erinnerte sich. Das war die böse Wunde die einer ihm damals zugefügt hatte, wo Yamagata ihn ins Krankenhaus bringen musste und man keine Ahnung hatte ob Kai es überlebt. Schreckliche Geschichte. Aber dennoch verstand der junge PsyKI und hatte Verständnis. Wäre er in der Position gewesen…zusehen zu müssen wie vielleicht jemand stirbt den mal liebt…er würde genauso agieren. Und während er daran dachte fühlte er wie seine Stärke wieder zurück kam. Er erschrak. Nicht gut! Es bedeutete dass die Energie, welche er den Jungs gegeben hatte, wieder zu ihm zurück kam. Also würde bald ihr Schutz nachlassen. PsyKI konnten Menschen locker aufspüren. Es war das Selbe wie bei ihnen. Wenn Gefühle so stark waren hinterließen sie Spuren. Und jeder in diesem Raum…hatte starke Gefühle. Und ganz besonders auch Angst…Er wand sich an Kaneda:

„Kaneda, ich spüre wie meine Kraft langsam wieder zu mir zurück kommt. Wir brauchen einen Plan. So schnell wie möglich!“

Und jeder in der Runde hatte verstanden was gemeint war. Sobald das nachließ war dieses Ding wieder auf der Spur und konnte zu jedem Moment vorbeischneien. Also nickte Kaneda und sprach dann in die Runde:

„Also überlegen wir uns was zu tun ist.“

„Mir ist da etwas aufgefallen: Wir haben inzwischen schon gegen drei PsyKI gekämpft. Und bei jedem den wir besiegt hatten ist mir etwas aufgefallen, nämlich WIE wir ihn besiegt haben.“

Alle sahen zu Kai, der auf den Boden sah und die Arme vor sich verschränkt hatte zum überlegen. Wie immer: Er war äußerst wachsam und ihm entging nichts. Yamagata fragte:

„Dann raus damit, lass dich nicht feiern.“

Und Kai sah zu Tetsuo.

„Tetsuo, erklär mir doch bitte mal wie das mit eurer Regeneration funktioniert.“

„Warum willst du das wissen?...Naja ich weis auch nicht gerade viel darüber. Nur das wir es von Geburt an haben und es in der Regel nicht kontrollieren können. Es heilt schnell in jener Sekunde da eine Wunde geschlagen wird. Bei einigen schneller und bei anderen weniger schnell, kommt immer darauf an wie es angeboren ist. Lernen dies zu verbessern kann man nicht. Warum fragst du?“

„Naja ich hab da eine wilde Theorie. Bricht man mal alles nieder kommt man zu der Erkenntnis: das eure Regeneration nicht anders ist als unsere. Ich meine ihr werdet verletzt und die Wunde beginnt in mehreren Schritten abzuheilen. Der Unterschied ist: dass es bei euch viel schneller geht als bei uns. Das konnte ich an deinen Verletzungen damals live miterleben und sehen. Und das ihr anscheinend sogar über die Fähigkeit verfügt Knochenbrüche und Organschäden zu heilen. Was euch uns weit überlegen macht. PsyKI allerdings, die durch diese unbekannten Behandlungen mutieren, verfügen noch über weitere Merkmale. Offenbar heilen die Wunden nicht nur schneller sondern bei zu starken Verletzungen beginnt der Körper offenbar zu schnell das zu korrigieren und macht dabei Fehler. Was sich in Mutationen äußert.“

„Du meinst diese ganzen Tentakel aus dem Fleisch und das sie so aufblähen?“

Fragte Kaneda und Kai nickte zustimmend.

„Sie sind uns sehr ähnlich. Funktionieren aber anders als normale Menschen. Ich weis nicht was sie diesen PsyKI gegeben haben, aber offenbar stärkt es sie enorm von ihren Fähigkeiten her und damit offenbar auch ihre Regeneration. Und DAS ist genau das Problem. Es ist wie bei einem Menschen. Dein Körper heilt deine Wunde, aber macht das von sich aus, ohne das DU darüber nachdenkst. Es verstärkt sie so sehr, dass ihr Körper bei der Heilung übertreibt. Sogar Gliedmaßen werden versucht zu ersetzten, was sich in Form dieser unfertigen Tentakel aus Fleisch zeigt. Und jetzt überlegt mal: WAS haben alle gemeinsam als wie sie besiegt haben?...Nämlich die Art WIE wir sie getötet haben.“

Das ergab alles Sinn. Und es war einleuchtend. Tetsuo konnte dem nur zustimmen. Takeyama war stärker gewesen als sonst. Früher kam er nicht an Tetsuo ran, er war nur eine untere Klasse. Aber in jeder Nacht war er so übermächtig, er schien fast nicht aufzuhalten zu sein. Und er sprach auch darüber, dass er Macht bekommen hätte. Vielleicht war er eine der Personen auf der List in dem Büchlein von Kai. Auf der Liste mit den unbekannten Medikamenten die verabreicht wurden. Und anscheinend war es Watanabe auch gewesen. Aber bei ihm war es anders. Er war normal…warum war er normal gewesen? Ließ er sich nicht darauf ein? Hatte er sich vielleicht unter Kontrolle? Oder war er ein Fehlschlag bei den Versuchen gewesen? Leider konnte er dazu nichs mehr erzählen, es wäre sehr wichtig gewesen. Beide waren tot und es war nichts daran zu ändern. Aber vielleicht lag die Antwort ja vor ihrer Nase. Und Tetsuo wollte wissen…woher diese Medikamente kamen und was da drin war…Und derweil klingelte es bei Kaneda. Er hatte auf Kai seine Frage die Antwort:

„Der Kopf…Wir haben sie alle getötet in dem wir den Kopf zerschossen haben, oder abtrennten.“

Und da fiel es allen wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Es war so offensichtlich, dass es sich verdammt gut tarnte. Und Kai nickte.

„Richtig! Wir haben alle getötet indem wir den Kopf zerschossen oder abtrennten! Wir trennten die Verbindung zwischen Kopf und Körper! Es ist wie bei einem normalen Menschen auch: zerstörst du das Gehirn ist Feierabend. Ihre Kräfte werden in ihrem Gehirn produziert und entwickelt. Und ich habe schon lange darüber nachgedacht ob ihr Gehirn viel weiterentwickelt ist als unseres. Solche Kräfte sind nicht einfach da wie bei Superhelden. Sie müssen von irgendwo im Körper produziert werden. Und jetzt bin ich mir sicher dass es vom Gehirn her kommt. Wenn Tetsuo etwas mit seinen Kräften mach dann konzentriert er sich immer. Das allein ist schon Hinweis genug.“

Er war sehr wachsam, dass musste jeder im Raum eingestehen, und ganz besonders der junge PsyKI. Wer hätte gedacht dass Kai ihn so beobachtet? Aber wenn er das so sagte…es stimmt. Er musste sich konzentrieren um seine Kräfte zu benutzten. Egal ob es das Fliegen war oder sonst was. So offensichtlich. Dennoch hatte er sich nie darüber Gedanken gemacht. Bei einigen Sachen war es wie wenn ein Mensch nach einem Glas griff. Man dachte nicht darüber nach sondern das Gehirn machte es. Instinktiv. Aber was schwieriger war darauf konzentrierte man sich. Tetsuo sprach darauf:

„Er hat recht. Takeyama war sehr stark gewesen. Früher war er das nicht. Und auch bei ihm hat Yamagata den Kopf zerstört und der Spuk war vorbei.“

„Also müssen wir nur das Hirn in dieser Schlabbermasse finden und es wegpusten! Sehe ich das richtig?“

Das war kinderleichtes Rechnen für Yamagata.

„Aber das wird nicht so einfach Yamagata. Wir wissen bei dem Ding ja nicht mal wo oben und unten ist! Geschweige denn Kopf und Arsch! Das Gehirn könnte theoretisch überall sein!“

Warf Kaneda noch ein, was auch berechtigt war. Keiner wusste wo oben und unten sein würde bei dem Teil. Keiner…außer vielleicht Tetsuo. Und der ahnte das auch schon. Er senkte den Kopf und sah zum Boden. Er war der Einzige der vielleicht herausfinden konnte wo der Kopf war. Das Zentrum der Kraft. Fakt war eines musste vorhanden sein. Und dieses zu finden…war sein Part. Er atmete ein und sprach:

„Ich mache es.“

Alle sahen zu ihm rüber. Und ganz besonders Kaneda…in Sorge.

„…Bist du dir sicher?“

Er wollte das nicht. So wie immer. Alles was Tetsuo in Gefahr bringen könnte wollte er nicht. Aber er musste sich selber eingestehen dass es die einzige Lösung war. Und er musste lernen seinen Entscheidungen zu vertrauen. Das war auch eine ehr wichtige Lektion für Kaneda. Sein Leben lang hatte er die Entscheidungen getroffen. Egal ob für sich oder für seine Jungs. Er war schon immer das Alphatier seiner Gang gewesen und sein Wort war Gesetz. Aber nun war Tetsuo da. Er war sein Partner. So gesehen sein Alphaweibchen und das der Gang. Entscheidungen wurden nun von beiden gefällt. Und wenn Tetsuo etwas anderes Vorschlag oder im Sinn hatte, dann musste Kaneda mit ihm zusammen einen mittleren Weg finden. So funktionierte eine Beziehung. Er sah Tetsuo weiter an, als der sicher antwortete:

„Es ist der einzige Weg. Ich kann das locker. Vertrau mir.“

Er war endlich wieder da. So wie er ihn kennengelernt hatte. Selbstsicher und bestimmt. Die letzte Zeit hatte Tetsuo einiges sehr verwirrt und sicherlich vieles zerrissen was er kannte und woran er glaubte. Viele seiner Kenntnisse in den Grundfesten erschüttert. Er hat sich davon mitreißen und verängstigen lassen. Aber nun schien sich das zu bessern. Der Junge in den er sich so sehr verliebt hatte…war zurück. Mit bestimmten und sicheren Blick sah er Kaneda zurück an…bis dieser dann nickte und sprach:

„Alles klar. Aber sollte etwas dein Leben gefährden, oder zu riskant werden, dann verschwindest du sofort kapiert?“

Ohne lange darüber nachzudenken nickte ihm der Jüngere zu. Aber wenn er mental die Finger hinter dem Rücken kreuzte. Er konnte nicht versprechen Kaneda einfach fallen zu lassen und abzuhauen nur weil sein eigenes Leben in Gefahr sein könnte. Nein. Egal was passiert, er würde bei den Jungs bleiben und kämpfen. Nur hielt er das Kaneda zur Liebe hinter dem Berg um Konflikte und weitere Sorgen zu vermeiden. Ablenkung ist etwas was sie nicht gebrauchen konnten. Kaneda sah in die Runde zu seinen Jungs und sprach dann zu Kai:

„Gib mir alles was du über dieses Gebäude weist.“

„Naja soweit ich das jetzt von der Einrichtung und der Karte im Heizkeller mitbekommen habe, war das ein ehemaliges Fabrikgebäude gewesen. Vielleicht zur Verarbeitung von Fleisch. Laut der Karte in meinem Kopf ist der nächste Raum die Fabrikhalle, da wo Fleisch verarbeitet wurde.“

Yamagata sah zu ihm.

„Und was soll uns das bringen? Auch wenn du sicherlich recht hast, erstens: Ist das Gebäude alt und die Maschinen bestimmt schon im Eimer. Und zweitens: würden das Vieh eh nicht in den kleinen Dingern verarbeiten lassen können! Es sei denn wir bitten es freundlich sich freiwillig in den Fleischwolf zu schmeißen und denn dann auch noch dabei zu drehen!“

„Da hast du recht alter, aber das wäre auch nicht der Plan gewesen.“

Yamagata sah zu Kaneda.

„Was meinst du?“

„Ich brauche keine Maschinen die das Vieh verhackstücken. Sondern nur Platz. Wenn die Halle groß genug ist, dann haben wir dort genug Platz uns zu wehren. Und ganz besonders du Tetsuo.“

Der junge PsyKi sah ihn verwirrt mit verschränkten Armen an.

„Ich? Warum ich?“

„Weil du das Monster Ablenken wirst.“

Kaisuke sah Kaneda erschrocken an und fragte etwas besorgter und laut:

„Was?! Warum ausgerechnet er?!“

„Weil er im Gegensatz zu uns viel mobiler ist! Tetsuo kann in einem großen Raum fliegen und sich gefahrlos teleportieren! Es wird nicht leicht sein ihn zu erwischen! Und genau das nutzten wir zu unserem Vorteil aus! Während er es ablenkt und nach dem Gehirn schaut, fokussieren wir uns auf den Angriff. Bringen die Masse etwas in Bewegung und schauen ob wir damit den Kern hervorlocken können. Wir suchen nach der Schwachstelle und pumpen es voll mit Blei. Und am Ende gibst du ihm mit der Laserknarre den Rest!“

Yamagata sah etwas ungläubig zu ihm, als Kaneda das sagte:

„Und du glaubst das Ding lässt es einfach so mit sich machen ja? Steht da und ignoriert komplett das wir auf es schießen?“

Kaneda nickte ihm zu.

„Wird es…weil es kein Interesse an uns hat.“

„Wie kommst du darauf?“

Eine interessante Schlussfolgerung von Kaneda die Kai aber nicht verstand und deswegen fragte. Oder woher er diese Erkenntnis holte. Aber das ließ nicht lange auf sich warten denn ihr Anführer drehte sich wieder zu Tetsuo und zeigte auf ihn.

„Weil es nur Tetsuo will.“

Bei der Aussage wurde dem PsyKI etwas unwohl. Man sah ihm an dass er sich etwas verkrampfte und sich unwohl fühlte bei dem Gedanken. Aber…er wusste was gemeint war. Und woher Kaneda die Idee hatte. Dennoch fragte er vorsichtshalber:

„Du hast es bemerkt…oder?“

Kaneda nickte.

„Jedes Mal. Wir sind jetzt drei mutierten PsyKI begegnet seit wir dich kennen. Zuerst war es der bei Joker. Dann Takeyama und jetzt dieses andere Monster da draußen. Und egal welches es war…jedes Mal, wenn du ins Spiel kamst…lag ihre volle Aufmerksamkeit auf dir.“

Auch Kai ging ein Licht auf in der Sekunde. Natürlich! Das war sehr gut beobachtet gewesen, trotz der gefährlichen Situationen in denen sie sich damals befanden. Kaneda erstaunte ihn gerade, eigentlich war das ja mehr sein Spezialgebiet.

„Bei Joker konnte ich tun was ich wollte, egal was, es ließ nicht von dir ab und hatte sich völlig auf dich konzentriert nachdem es mutiert war. Takeyama war da nicht anders. Er war verrückt nach dir. Wollte dich sogar vergewaltigen und später…als auch er die Kontrolle verloren hatte, lag seine Aufmerksamkeit weiterhin nur noch auf dir. Er wollte zu dir…Und eben, als das Vieh da draußen Mad gefressen hatte und in den Raum kam. Kai stand näher dran als du und dennoch hat es sich nur auf dich fokussiert. Das sind keine Zufälle Tetsuo.“

Der PsyKI sah ihn weiter ernst an…Schließlich schluckte er. Er wusste schon lange, oder hatte schon länger das Gefühl zu wissen was alle drei mutierten Varianten seiner Art von ihm wollten. Er hatte den Verdacht seit der bei Joker ihn damals…

„Und…was denkst du warum sie das machen Kaneda?“

Er wollte wissen ob sein Männchen das auch inzwischen realisiert hatte. Kaneda sah ihn einige Sekunden still an…und gab dann seine Antwort:

„Ich denke sie wollen dich verschlingen.“

Und genau das war es auch was Tetsuo ahnte. Er hatte Kaneda nicht davon erzählt…von diesem Vorfall damals im Dschungel. Aber es war das Selbe Szenario. Der bei Joker der ihn fressen wollte. Takeyama der sich verwandelt hatte und nach ihm griff und nun auch dieser Mutierte der ebenfalls sich auf ihn eingeschossen hatte. Es war alles das Selbe. Aber warum? Warum taten sie das? Nach was verlangte es sie und was war der Sinn dahinter? Und da klingelte es erneut bei Kai! Es stimmte! Wie konnte er das nur vergessen?! Er erhob gleich seine Stimmte, als er sich gegen die Stirn schlug und sprach:

„Natürlich! Ich bin doch so ein Idiot! Wie konnte ich das nur vergessen?!“

Yamagata neben ihm sah runter und auch die anderen warfen ihm die volle Aufmerksamkeit zu.

„Was meinst du Kaisuke?“

Er sah zu Yamagata hoch.

„Es war damals auf dem Pier! Joker hatte damals auch sowas erwähnt! Es war als Kaneda bei Tetsuo im Quartier geblieben ist und ich auf dem Pier mit Joker gewartet habe. Kurz bevor du angekommen bist Yamagata, da hat Joker so komisches Zeug geredet!“

„Was hat er gesagt?“

Kam es neugierig von Kaneda und Kai sah zu ihm rüber.

„Naja er sprach so viel Müll. Ich hatte es nicht ernst genommen, ich hielt ihn einfach für verrückt. Aber was wenn er recht hatte?! Er sagte damals etwas von Potenzial und Entwicklung. Dass wenn sein PsyKI Tetsuo gefressen hätte, er hätte besser werden können! Er sich angeblich weiterentwickelt hätte oder so! Wie konnte ich das nur vergessen?!“

„Was willst du mir damit sagen? Das diese Monster sich weiterentwickeln und stärker werden wenn sie wie Kannibalen ihre Artgenossen verschlingen?!“

Kaneda konnte das nicht glauben…aber irgendwie in seinem Innern wusste er…das es vielleicht stimmten könnte. Joker war ein mieses Arschloch gewesen…aber das bedeutet nicht dass er nicht vielleicht an dem Tag die Wahrheit gesagt hatte…Und Tetsuo neben ihm fing leicht an zu zittern. Er war schockiert. Wenn das stimmte, wenn sie sich fraßen um vielleicht die Stärke des anderen zu absorbieren, dann hatte er damals im Wald…vielleicht dabei zugesehen wie ein Artgenosse genau das getan hatte um stärker zu werden. Dann fing das schon an bevor er überhaupt nach Neo Tokyo kam! Dann fing das schon an…in seiner Heimat…Und er bekam die schreckliche Erkenntnis…das sich die Schlinge immer mehr zu zog. Das nicht nur die Menschen eine Gefahr für seine Art waren…sondern sie selbst. Vielleicht noch eine viel größere Gefahr als Menschen! Und das vielleicht A…

„Es wäre möglich Kaneda! In gewissen Kulturen auf der Welt glaubt man dass der Verzehr menschlichen Fleisches einem gewisse Fähigkeiten überträgt! Geschwindigkeit, Stärke und sogar Unsterblichkeit…Der Einzige der uns Antworten geben kann ist Joker! Kaneda wir müssen ihn finden und herausbekommen was hier los ist!“

Yamagata wand sich, wegen dieser Aussage, an Kai:

„Ja, wenn dieser Wichser überhaupt noch lebt! Ich meine du warst dabei als Mad starb! Angeblich haben die doch zusammengearbeitet! Vielleicht ist er auch schon Fischfutter geworden!“

Sie warfen immer mehr neue Fragen in den Raum. Welche für die später auch noch Zeit war und nicht jetzt. Kaneda musste diese Konversation beenden und sah zu Tetsuo rüber. Er schien wieder fitter zu sein, was bedeutete ihre Zeit war fast abgelaufen und es musste losgehen. Er nickte und sprach laut:

„Darüber machen wir uns später Gedanken! Jetzt müssen wir erst mal diesen Scheißhaufen da draußen über den Jordan jagen! Tetsuo!“

Sofort erwachte der PsyKI und sah zu ihm.

„Hm?“

„Wir schaffen das. Und danach verspreche ich dir…suchen wir nach Antworten. Ich lasse nicht weiter zu dass das passiert!“

Sein Blick war ernst und bestimmt. Es war ein Versprechen das nicht gebrochen werden konnte und er mit den Augen aussprach. Augen in denen Tetsuo sich wieder leicht verlor. Weil er ihn so sehr liebte. Aber dann nickte er tatsächlich etwas frech lächelnd und sprach:

„Ich weis…Aber jetzt lasst uns erst Mal dieses Monster töten!“

Diese Aussage erfüllte alle in diesem Raum mit Zuversicht und Energie. Es war erstaunlich. Nicht nur Kaneda besaß die Gabe Leute um sich herum zu motivieren und mit Hoffnung und Energie zu füllen. Offenbar konnte das Tetsuo auch sehr gut. Und noch nie zuvor…war Kaneda stolzer auf ihn wie in dieser Sekunde. Das war der Junge…und das Weibchen in das er sich verliebt hatte.

Und kurz darauf fühlte der PsyKI wie seine Kräfte zu ihm zurückkehrten. Der Schutzfilm auf seinen Freunden war verschwunden und kehrte zu ihm zurück. Es wurde an der Zeit zu handeln. Denn kurz nach dem der Schutz verschwand hörten sie ein lautes Kreischen durch das Gebäude. Ein Zeichen das sie wieder aufgespürt wurden. Und ganz besonders Tetsuo. Als wäre es ein Startschuss gewesen rannten alle los und auf die andere Tür des Raumes zu. Yamagata machte sie auf und ließ alle durch, ging dann als Letzter auch hindurch und verschloss sie wieder hinter sich. Und wer hätte es gedacht...Kai hatte recht. Das Knallen der Tür hallte umher in der Großen Halle in der sie sich befanden. Alte, verrostete Maschinen für die Fleischverarbeitung standen verteilt ihm Raum, verbunden durch Fließbänder und ein modriger Geruch lag in der Luft. Es war kühl trotz der Tatsache des es draußen warm und hell war und Licht fiel durch die milchigen Fenster in Strahlen durch. Verlassen…so wie der Rest des Stadtteils. Und hier würde ein verlorener Artgenosse auch seine Ruhe finden.

Tetsuo erinnerte sich an Worte von Miyako. Warum auch immer ihm dieser Worte wieder einfielen. Für manche…ist der Tod eine Erlösung. Eine Befreiung von den Qualen auf der Erde. Und ein Weg in die Arme Gottes und in die Wiedergeburt. Und trotz seiner harten Worte eben…war er nicht sauer auf seinen Artgenossen der ihn verschlingen wollte. Nein. Er hatte Mitleid. Und er wollte helfen…auch wenn es zu töten der einzige Weg war.

Kaneda hatte derweil schon die Umgebung analysiert und wusste wo sich jeder in Position bringen sollte. Er zeigte nach rechts des Raumes zu einer großen Maschine und sprach:

„Kai! Du, Yamagata und ich werden dort erst mal in Deckung gehen! Tetsuo!“

Der PsyKI sah zu ihm und dann zeigte Kaneda auf die Mitte des Raumes zu einer anderen größeren Maschine.

„Du brauchst die Aufmerksamkeit. Positioniere dich oben auf der Maschine und lass es kommen. Versuch es, so gut du kannst, abzulenken und seinen Griffen auszuweichen!“

„Ich weis den Plan Kaneda. Mach dir keine Sorgen und konzentriere dich auf deinen Part.“

Er sagte das sehr bestimmt und auffordernd zu ihm rüber. Was Kaneda sehr gut gefiel. Er mochte es wenn der Kleine etwas dominant, bestimmt und mürrisch ist. Das weckte seinen Jagdtrieb in ihm. Der Jagdtrieb nach Tetsuo…Und kurz darauf rannten auch schon Kai und Yamagata los, der Jüngste sah noch mal hinter und rief:

„Sei vorsichtig Tetsuo!“

Der nickte und renkte sich kurz den rechten Arm ein. Wollte gerade losfliegen als Kaneda zu ihm kam und ihn sanft um die Hüfte packte. Ihn damit näher an sich zog und der PsyKI verwirrt zu ihm hoch sah. Auch etwas errötete als er fragte:

„W-was soll das denn jetzt?“

Und dann küsste ihn Kaneda. Verliebt und nur kurz auf die Lippen, aber es hatte gewirkt. Er sah ihn sanft an und sprach ihm zu:

„Pass auf dich auf Tetsuo.“

Ihre Blicke ruhten aufeinander…und dann lächelte der junge PsyKI zurück.

„Das werde ich, keine Sorge…Aber sei du auch vorsichtig.“

Es fiel ihm schwer, aber Kaneda ließ ihn los und rannte zu seiner Deckung hinter. Tetsuo schnaufte kurz aus und fing plötzlich an seinen Hoodie auszuziehen. Er warf ihn neben sich in eine Ecke und sprach zu sich selbst:

„So sehr ich ihn auch mag…der wäre mir jetzt etwas im Weg.“

Dann renkte er sich noch mal schnell den Rücken ein. Lies die zarten Muskeln auf Hochtouren laufen und streckte sich zum Abschluss. Hatte oberhalb nur noch das weiße, ärmellose Hemd an, wodurch man die zarten Muskeln seiner Arme sehen konnte und erhob sich endlich in die Lüfte.

Als er zu der Maschine hochflog erinnerte er sich wieder an dieses Gefühl. Er hatte es echt vermisst. Er liebte das Fliegen. Es gab ihm das Gefühl von Freiheit und seit er mit Kaneda lebte hatte er dies nicht mehr gemacht. Er war wie ein Vogel der endlich seine Flügel wieder öffnen durfte um den Himmel zu erreichen. Es klang verrückt, aber er wünschte sich etwas in der Sekunde als er das tat. Er wünschte sich mit Kaneda zu fliegen. Genauso. Ihm von oben seine Welt zeigen zu können. Mit ihm über den Dschungel seiner Heimat, oder die verschneiten Gebirge fliegen zu können. Nur sie alleine. Ihn fühlen zu lassen wie toll es ist. Auch weil Kaneda mal gesagt hatte dass er gerne fliegen können würde. Mit Kaneda zu fliegen…Seite an Seite über den Wolken und in der Wärme der Sonne…so frei…das war ein wunderschöner Gedanke. Wenn auch kitschig. So könnten sie überall hin. Egal wohin. An Orte wo sie sein könnten wie sie sind. Frei und für immer zusammen…Aber das war etwas Fiktionales. Ein Traum der ein Traum bleiben würde…

Er kam oben an und stellte sich auf die Maschine. Sah runter zu der Tür durch die sie gekommen waren. Nun hieß es warten. Warten auf den Feind. Und es dauerte auch nicht lange da wurde das Heulen lauter. Ein erstes Scheppern war zu hören. So laut und kreischend das es durch das gesamte Gebäude riss. Es war die erste Tür die nachgegeben hatte unter dem Gewicht der Masse die sich auf sie stürzte. Die Tür die Tetsuo noch versiegelt hatte. Was bedeutete mit der nächsten Tür war es bei ihnen. Er atmete noch mal tief ein und fokussierte sich. Er wusste was seine Aufgabe war und was er zu tun hatte. Erst musste er das Ding ablenken und den Griffen nach ihm ausweichen. Was auch immer passierte er durfte sich nicht packen lassen. Es könnte ihn zertrümmern, ihm alle Knochen brechen und zerquetschen. Immerhin…brauchte es ihn nicht unbeschädigt. Wahrscheinlich nur am Leben. Und wenn Kaneda und die Jungs dann anfingen auf es zu feuern, musste er sich noch darauf konzentrieren wo das Gehirn war. Und dann musste Yamagata dem Vieh den Rest geben.

Als das erste Donnern gegen die Tür zur Halle ertönte machten sich alle bereit. Kaisuke checkte seine Barretta. Kaneda seinen Revolver und Yamagata den Ladestatus seiner Waffe. Alle Systeme waren bereit. Gab ihm das Kommando und er würde das Ding ins Weltall pusten! Kaneda sah noch mal zu Tetsuo hoch und der zu ihm runter. Sie nickten sich bestätigend zu und dann riss auch schon das Brüllen der Tür die Stille der Halle in Zwei und sie sahen hin.

Das Wesen rutschte mit seiner schleimigen Masse einfach über die aus den Angeln gerissene Tür hinweg. Tetsuo sah ihm dabei zu. Der Anblick…war schrecklich. Erst jetzt wurde ihm bewusst was er da alles sah. Es hatte keine Form. Man konnte nicht sehen wo Hinten oder Vorne war. Adern zogen sich über blasses, unförmiges Fleisch und ein Auge starrte zu ihm hoch. Leblos und riesig. Und zwischen all der Bewegung des Fleisches schlich sich immer wieder frisches Blut durch. Wahrscheinlich von Mad, den es vorher in seinem Körper zerrissen und zerquetscht hatte. Und dann heulte es laut auf und schlich sich auf ihn zu. Hatte Tetsuo registriert und seinen Instinkt ihn zu fressen wieder in Gang getreten. Kaneda hatte recht. Es war nur auf ihn fixiert. Warum? Selbst wenn es dadurch stärker werden könnte, was hätte es davon? Es würde nie wieder ein Mensch sein…Lenkte nur noch der Erhaltungstrieb sein Handeln? Der Trieb zu fressen?

Tetsuo erhob sich in die Luft und sah das Wesen weiter an, das sich völlig willenlos auf ihn zubewegte. Er empfand pures Mitleid mit seinem Artgenossen. Aber wenn es ihn oder seine Freunde versucht zu verletzten…dann gab es keine Gnade von ihm. Und dann brüllte er runter:

„Mir ist egal was mit dir passiert ist! Ob du es so wolltest oder es gegen deinen Willen war! Denn wenn du mich und meine Familie bedrohst werde ich dich in Stücke reißen!!“

Und dann schnellte ein adriger Tentakel nach ihm. Formte am Ende eine massige Hand die nach ihrer Beute fassen wollte. Doch sie verfehlte ihr Ziel. Tetsuo wich schnell nach rechts von sich aus und flog einige Meter weg, ließ aber nicht seinen Angreifer aus den Augen. Es wer ein fataler Fehler. Die Masse schlich sich langsam auf die Maschine hoch, auf der er eben noch gestanden hatte. Er wusste nicht mal ob sie sich ihm zu wand, weil wie gesagt: keine Ahnung wo Hinten oder Vorn war. Aber er wusste dass sie ihn versuchen würde zu schnappen, das reichte völlig. Über der Maschine sah er einen Deckenpfeiler horizontal hängen. Nicht lange fackelte er und riss ihn mit seinen Gedanken aus den Angeln und ließ ihn auf das Wesen herabfallen. Metall krisch als er das tat, doch kaum als es in der Masse aufschlug gab es keinen Knall. Es war kein Geräusch vorhanden, weil es so weich und unförmig war. Dennoch heulte es auf und schien was zu merken. Mit einem Tentakel packte es den Pfeiler und hob ihn an. Kaneda und seine Jungs sahen dem zu und Yamagata fauchte sauer:

„Ist der bescheuert?! Wenn er so weiter macht begräbt er uns noch mit samt dem Vieh in dieser Halle! Tetsuo! Hör auf damit du Spinner!!“

Und auch Kaneda schrie plötzlich zu seinen Liebsten hoch. Aber nicht wegen der Aktion eben. Sondern weil er sah wie das Vieh den Pfeiler nach Tetsuo werfen wollte!

„Tetsuo!! Pass auf!!“

Und da flog der Pfeiler auch schon auf ihn zu. Erneut wich der junge PsyKI diesem Angriff locker aus und der Pfeiler knallte mit voller Wucht weiter hinter ihm an eine der vier Wände der Halle. Laut und todbringend. Doch er konnte sich nicht darauf konzentrieren denn schon kurz darauf griffen weitere Tentakel nach ihm. Erst einer, dann zwei, dann drei. Es wurde Sekunde für Sekunde mehr. Je öfter und erfolgreicher er auswich. Derweil hatten auch schon Kaneda und Kai angefangen zu schießen und das war der einzige Part an Kanedas Plan der dumm war. Er hatte recht mit der Tatsache dass es sie ignorieren würde, aber das Schießen brachte wirklich nichts. Die Masse regte sich kein Stück, dafür fehlte einfach die Wucht. Weswegen er auch das Feuer einstellte und zu Kai rief, der einige Meter links von ihm war:

„Lass es Kai! Es bringt rein gar nichts!“

„Ach was?!“

Kam es von dem Kleinen genervt zurück und er stellte auch das Feuer ein und sah zu der Masse vor sich hoch. Yamagata kam neben ihn und hatte die Laserknarre im Anschlag. Sie sahen alle wie Tetsuo immer und immer wieder geschickt auswich, sich teils sogar wie auf Kommando teleportierte und damit noch knapp entkam. Er war gut. Verdammt er war sehr gut und alglatt. Aber in dem Tempo würde er nicht mehr lange durchhalten! Denn es wurden ja immer mehr Adern die nach ihm griffen, es war als wäre das Monster auch langsam angepisst und krisch auch vor Wut dabei. Sie brauchten die Stelle wo das Gehirn war und das schnell! So das Yamagata schrie:

„Tetsuo!! Sag mir verdammt noch mal wo ich hin schießen soll!!“

Das war nicht so einfach. Tetsuo konnte sich kaum konzentrieren. Er versuchte es immer wieder mal zu spüren, aber er konnte es nicht festnageln. Je mehr er auswich, umso mehr verlor er den Fokus. Und das machte ihm Angst. Und da er noch keine Antwort hatte schrie Yama wieder los:

„TETSUO!!“

So das der Kleine dann runter brüllte, als er kurz Luft hatte:

„Ich weis es nicht! Ich kann mich nicht konzentrieren! Es scheint überall zu sein!“

Und da platzte Yama der Kragen. Er schnaufte sauer aus und hob die Waffe zum zielen. Immer musste er alles allein machen! Und bevor jemand ihn aufhalten konnte gab er den ersten Schuss ab! Etwas musste getan werden! Denn wenn es nach ihm ging, geriet gerade alles aus den Fugen und sie verloren die Kontrolle über den Plan! Der Schuss fetzte durch den Raum und knallte an der Seite, die ihnen zugewandt war, in das Fleisch. Wie ein Ballon mit Wasser gefüllt platzte die Masse an der Stelle auf und es krisch ein Heulen durch den Raum. Fleisch und Blut ergoss sich aus der Explosion und regneten auf den Boden vor ihnen. Kaneda sah erschrocken zu Yamagata und schrie:

„Bist du bescheuert?! Yamagata!!“

Denn es war in seinen Augen Energieverschwendung der Waffe. Der Große sah zu ihm rüber und fauchte:

„Willst du nur rumstehen und warten bis es Tetsuo geschnappt hat?! Denn wenn wir nicht langsam mal was tun wird genau DAS passieren!“

Machte er sich Sorgen um den PsyKI? Und plötzlich stellte das Monster vor ihnen die Hetzjagd nach Tetsuo ein und kam zum Stillstand. Es wurde ungewöhnlich still im Raum und der junge PsyKI kam in der Luft zu stehen. Was…war los? Warum hörte es auf? Alle fragten sich das in dem Moment und dann schien die Masse zu zucken. Nein zu vibrieren. In einem Bruchteil einer Sekunde war ein einzelner dünner Tentakel aus der Masse gewachsen und schoss auf Yamagata zu. Offensichtlich hatte er die Aufmerksamkeit und es wollte ihn greifen. Es geschah so schnell. Und doch konnte, bevor das Teil sein Ziel traf…ihn Kai noch aus dem Weg schubsen! Er rief dabei Yamagata seinen Namen aus und kaum als der Große auf dem Boden aufschlug hatte der adrige Tentakel den Jungen, der ihn eben gerettet hatte, umschlungen und hob ihn hoch. Erstarrt sah ihm Yamagata nach so wie auch Kaneda, nur der reagierte aus Verzweiflung und schoss mit seinem Revolver an den Tentakel, da wo Kai nicht war. Natürlich sinnlos. Der Junge spürte wie ihm die Luft abgedrückt wurde und wenn es so weiter ging würden Knochen brechen und Organe zerquetscht werden. Er hatte sich in den Weg geworfen. Für den Menschen den er liebte. Genauso wie Tetsuo damals für Kaneda. Der junge PsyKI reagierte auf der Stelle und holte mit dem rechten Arm in der Luft aus. Kurz darauf schwang er ihn nach links und erzeugte damit eine Druckwelle die es in sich hatte. Er riss damit Fleisch aus der anderen Seite Masse und brachte sie erneut zum Brüllen. Der Tentakel der Kai im Griff hatte reagierte und warf den Jungen von sich. Kai knallte rechts an einen großen Metallkessel und keuchte auf vor Schmerz. Lag dabei unter einem Metallgitterweg der über ihm entlanglief. Und kurz darauf knallte der Tentakel wütend über ihn hinweg an einen der Stützpfeiler und zuckte dann zurück in seine Masse. Schwach lag der Junge auf dem Bauch und sah über sich. Sah wie es über ihm zusammenbrach. Es ihn töten würde. Das Metall würde sich in seinen Körper bohren. Ihn aufspießen. Er würde sterben. Hier und jetzt.

Kaneda schrie nach ihm und rannte los, so wie auch Yamagata, der im Schock gerafft hatte was er für Scheiße gebaut hatte. Das war seine Schuld gewesen. Er wäre nicht schnell genug. Er würde ihn verlieren. Und das war seine Schuld. Wie ein kaputtes Band lief dieser Satz in seinem Kopf ab. Er streckte den rechten Arm nach ihm aus und schrie seinen Namen. Er liebte ihn. Wenn Kai starb…dann starb er auch. Eine Träne schlich sich au seinem rechten Auge. Noch nie zuvor hatte Yamagata auch nur eine Träne in seinem Leben vergossen. Aber nun war es passiert. Und es war der schrecklichste Schmerz in seiner Brust den er je gespürt hatte. Und er wurde schon oft verprügelt, brach sich Knochen oder litt seelisch. Nicht war mit diesem Schmerz in der Sekunde zu vergleichen. Er verlor den einzigen Menschen auf dieser Welt den er liebte…und er konnte nichts dagegen tun.

Aber dann erschien aus dem Nichts eine Gestalt über Kai. Während das Monster schrie und vor Irritation nicht zu wissen schien was es tun sollte, hatte sich Tetsuo in einem Bruchteil einer Sekunde über den Kleinen teleportiert. Er hielt beide Arme von sich nach oben und verhinderte dass das Gebilde über ihnen zusammenbrach. Er verhinderte das unvermeidliche. Und gewann Zeit. Dabei sah er zu Kai unter sich und sprach etwas angestrengt, weil er schon langsam erschöpft wurde:

„M-Mach das du hier wegkommst Kai!“

Der sah schwach zu ihm hoch und sprach auch zittrig:

„M-Mir tut alles weh…I-ich kann nicht…“

Was bedeutete er konnte sich nicht bewegen. Und Tetsuo wusste nicht wie lange er noch das Gebilde über sich halten konnte! Kaneda bremste aus und sah rechts von sich hoch. Er sah wie das Monster wieder anfing sich zu fassen und gleich wieder angreifen würde. Er musste Yamagata Zeit verschaffen Kai da wegzuholen! Also sah er sich wild im Raum um. Und er fand sein Ziel. Er hatte einen Plan. Zückte seinen Revolver und zielte auf ein Fass rechts neben der Maschine auf der das Monster saß. Ein Kerosinbehälter. Das Zeug würde knallen und Brennen wie Zunder! Und er verursachte auch den Funken. Er schoss ein Loch in den Behälter und die Flüssigkeit lief aus ihr raus. Schließlich kramte er nach seinem Feuerzeug in der Tasche und entzündete es. Warf es auf das Kerosin. Und dann knallte es! Es fing lichterloh an zu Brennen und erwischte sogar das Fleisch der Kreatur am unteren Rand. Die krisch wieder auf und zog sich zusammen. Ihr Fleisch schien gut zu brennen und es breitete sich nach oben weiter aus. Das gab etwas Zeit. Er sah zu den Anderen und sah das Yamagata angekommen war. Sofort kam er auf die Knie und fasste sanft dem Jüngsten an die rechte Wange. Er zitterte, das konnte Kai spüren. Tetsuo, der immer mehr zu kämpfen hatte sah hinter sich und fauchte:

„Schaff ihn endlich weg!!“

Yamagata sah zu ihm hoch. Er hatte…er hatte ihm das Leben gerettet. Er hatte Kai gerettet. Und das obwohl er sich selbst mit in Gefahr gebracht hatte und das hätte nicht tun müssen. Das erstaunte den Großen sehr. Er hatte plötzlich tiefsten Dank und Respekt vor dem PsyKI vor sich. Etwas was er nie für möglich hielt. Das würde er ihm nie vergessen. So nickte er und machte die Waffe auf seinen Rücken. Zog dann Kai sanft unter Tetsuo hervor und hob ihn auf seine Arme. Sah noch mal zu Tetsuo und sprach so ehrlich wie noch nie zuvor zu ihm:

„Danke Tetsuo…“

Das ehrliche Danke tat dem jungen PsyKI gut. Und vielleicht…konnten sie nun endlich auch Freunde werden. Denn akzeptiert hatten sie sich beide in der Sekunde. Dennoch schnaufte er und fauchte erneut:

„Schwing deinen Arsch hier weg!!“

Und Yamagata rannte los und unter der Todesfalle raus. Es brach immer weiter über dem jungen PsyKI zusammen und Kaneda schrie besorgt und laut:

„TETSUO!“

Doch der hatte alles im Griff. Er ließ locker und während es über ihm zusammenbrach teleportierte er sich in Sicherheit und aus dem Radius heraus. Das Geländer schepperte auf den Boden und riss wieder ein schreckliches Geräusch durch die Halle damit. Staub wedelte auf und Tetsuo war schwer atmend über dem Geländer in der Luft. Doch er fand einfach keinen Moment eine Pause, denn dann sah er wie etwas in seinem linken Augenwinkel heran schoss. Er reagierte gerade noch rechtzeitig und konnte dem Tentakel nach hinten weg ausweichen. Das Monster hatte sich wieder gefangen und das Feuer an seinem verkohlten Fleisch ersticken können. Es fasste wieder nach ihm und Tetsuo wich erneut dem Tentakel aus. Es wurde immer schwerer. Dann wich er wieder aus…Aber dafür nicht dem Nächsten…Ein kleinerer adriger Tentakel griff sein linkes Bein und drückte stark zu. Umwucherte das Hosenbein und krallte sich fest. Würde seine Beute nicht mehr loslassen. Tetsuo erschrak dabei und fasste mit beiden Händen diese Adern an. Riss an ihnen aber konnte die schmerzhafte Umklammerung nicht lösen. Sie waren schmierig und heiß. Schleim zog sich als er die Hände davon löste. Und währenddessen wuchsen sie und rankten sich sein Bein hoch. Immer höher, bis sie auch seine Hüfte umklammert hatten und nach den Armen des Jungen bissen. Tetsuo schrie dabei und fing an sich hefiger zu wehren. Er wollte wegfliegen, aber wie ein Fisch am Harken hing er fest. Kaneda sah erschrocken hoch. Brüllte:

„Tetsuo! Du musst dich wegteleportieren!! TETSUO!!“

Das wäre die Lösung gewesen um sich zu befreien. Aber er konnte nicht mehr. Er wurde langsam müde und er kämpfte so sehr körperlich gegen die Adern an, dass er keine Kraft mehr hatte sich zu konzentrieren. Es war wie bei einer Würgeschlange. Je stärker man sich wehrte, umso stärker drückte sie zu und quetschte ihre Beute. Aber los ließ sie auch nicht wenn man locker ließ. Er war gefangen und er konnte nichts tun. Und schließlich waren auch seine Arme umgeben von Adern und diese drückten seine Gliedmaßen an den Körper. Er war gefangen und bis zum Hals gefesselt. Kaneda rannte zu Yamagata hin und riss ihm die Waffe vom Rücken, der sah verwirrt zu wie sein Boss versuchte auf das Monster zu feuern. Aber nichts kam aus der Waffe. Kein Wunder sie war ja auch ID geschützt.

„So ein Mist!!“

Fauchte er und hantierte verzweifelt an der Waffe rum. Keine überhitzte Waffe, dieses Mal eine Geschützte, es war zum kotzen. Er sah zu Yamagata und fauchte:

„Schieß auf es!! Wir müssen Tetsuo da rausholen!!“

Derweil spürte Tetsuo wie etwas seinen Nacken hochglitt. Eine der fingerbreiten Adern schlich sich langsamen diesen hoch und hinterließ ein heißes und nasses Gefühl. Es glitt genau an seiner Wirbelsäule lang und Tetsuo verspürte nackte Angst. Er spürte dass sie nichts Gutes vor hatte. Es war schrecklich. Wie ein Alptraum aus dem man nicht fliehen konnte. Und dann spürte er auch schon einen stechenden Schmerz. Heiß, brennend und qualvoll. Die Ader hatte sich in seine Haut gebohrt, punktuell rein gestochen und suchte in seinem Nacken nach einem Nerv. Den sie auch dann traf und sich an diesen heftete. Und Tetsuo schrie. Noch nie hatte er so laut und voller Schmerz geschrien wie in diesem Moment. Denn es hatte sich an den Hauptnerv zum Gehirn festgesaugt. Und er spürte wie seine Sinne nachgaben. Sein Gehirn anfing abzuschalten und es betäubt wurde. Er hörte nichts mehr. Weder den Zug des Windes oder das verzweifelte Schreien seines Liebsten. Es wurde dunkel um ihn und er schloss leicht die Augen. Es tat weh. Es tat so weh.

Aber zwischen all dem Schmerz…hörte er plötzlich eine Stimme…sie rief seinen Namen. War es Kaneda? Kai? Kaori? Er kannte diese Stimme…Und dann verstand er. Keiner von ihnen…Es war das Monster das zu ihm sprach. Seinen Namen rief als es sich mit ihm verbunden hatte. Durch den Nerv hatten sie eine Verbindung aufgebaut. Wie eine Mutter und ihr Ungeborenes durch eine Nabelschnur. Nein es war…er sah es deutlich vor seinem inneren Auge. In der Dunkelheit. Dieses Wesen…es war…

„…Ku…wata?“

Sprach er leise zu sich und sah seinen ehemaligen Artgenossen vor sich stehen. Er sah traurig aus. Aber er war erwachsen, so wie ihn Tetsuo nie zuvor gesehen hatte. Ihn nur aus seiner Kindheit kannte. Und Kuwata hatte Schmerzen. Genauso wie er auch. Kuwata lächelte ihm zu. Ein großer Kerl. Größer noch als Yamagata und mit wildem Haar das zum Himmel stand. Es war so still. Sie sahen sich nur an und dann reichte er Tetsuo die rechte Hand. Als Geste diese zu nehmen.

„Es tut dann nicht mehr weh. Es wird alles aufhören weh zu tun. Es ist besser so Tetsuo…“

Er sagte das sehr leise und einladend. Aber auch sehr verzweifelt und voller Schmerz. Und Tetsuo wollte das sein Schmerz aufhörte. Seit er geboren wurde hatte er Schmerzen. Immer und immer wieder. Verachtung, Angst, Kälte, Hass…alles verursachte Schmerzen…Einsamkeit…Und währenddessen schlichen sich Tränen aus seinen Augen. Er wollte die Hand nehmen…er wollte das es aufhört…Es sollte einfach aufhören…Er konnte nicht mehr…

Aber dann sah er etwas anderes. Etwas tief aus seiner Seele, was so lebhaft vor ihm erblühte als würde es gerade passieren…Er sah Kaneda. Er lächelte ihn an. Er reichte ihm auch die Hand. Erinnerungen an ihn. Er sah wie sie sich das erste Mal begegnet sind. In diesem Gebäude. Wie sich ihre Blicke trafen und ein Band formten dass keiner verstand. Wie er ihn anlachte. Ihm ein zuhause gab…Wie sie sich das erste Mal geküsst hatten. Fühlte wie ihm das Herz bis zum Hals schlug. Spürte die Wärme des Menschen den er liebte und endlich verstand er…Schmerz gehört zum Leben. Das hatte er auch mal zu Kaneda gesagt. Dieser Schmerz formte wer er war. Denn trotz all diesem Schmerz gab es auch etwas Schönes im Leben…Freunde, Familie, Spaß, Heimat…Liebe. Und das wollte er nicht verlieren. Er wollte nichts davon verlieren! Und so griff er Kanedas Hand in seiner Seele und verweigerte die von seinem Artgenossen Kuwata. Sah zu ihm und sprach sanft:

„Was willst du von mir?“

Kuwata sah ihn still an…

„Hilf mir.“

„Wie kann ich dir helfen?“

„…töte mich.“

Eine letzte verzweifelte Bitte…Und da wachte Tetsuo auf und war wieder in der Halle. Im Hier und Jetzt. Noch immer im eisernen Griff der Adern seines Bekannten aus der Kindheit. Er brüllte vor Wut. Es war nicht fair! Es musste aufhören! Und dann riss er doch tatsächlich einen seiner Arme aus der Umklammerung! Fasste sich hinten an den Nacken und riss die Verbindung zwischen ihnen ab! Weißer Rauch zischte als er die Ader komplett aus sich riss und sie in seiner Hand zerquetschte. Eine Schockwelle aus sich ließ und diese komplett die Umklammerung löste. Fetzte förmlich alles an Adern von sich und flog weiter schwer atmend in der Luft. Und noch nie war sein Blick und Verstand so klar wie in der Sekunde. Er wusste was zu tun war. Und er fand auch was er suchte. Er formte seine Hände vor sich und drückte sie langsam aufeinander zu. Als würde er etwas Unsichtbares zusammendrücken. Was zeigte dass er mit seinen Kräften die Masse vor sich manipulierte und den Kern zwang sich zu offenbaren. Er drückte das Gehirn aus der Masse langsam raus, was sich in Bewegung und kreischen der Masse zeigte und die Jungs sahen ihm erstaunt dabei zu. Tetsuo zeigte sich in vollem Ausmaß seiner Kräfte und Potenzial. Zumindest den Teil den er bewusst kannte. Und als er das machte sprach er laut dabei:

„Ich kann dich nicht retten! Ich besitze nicht die Kräfte um dich wieder zurück zu verwandeln Kuwata! Aber auch wenn ich deinen Körper nicht retten kann, so kann ich das für deine Seele tun! Ich weis nicht was dir angetan wurde! Aber ich verspreche dir, dass ich das herausfinden werde! Ich werde nicht zulassen dass meiner Art noch weiter böses angetan wird! Keinem meiner Freunde, Familie und Menschen die ich liebe! Deswegen bitte ich dich…“

Und schließlich hatte er den deformierten Kopf seines Artgenossen aus der Masse zum Vorscheingebracht. Sah ein letztes Mal in das entstellte Gesicht von Kuwata…das erlöst schien. Vollendete dabei den Satz:

„…Verzeih mir.“

Und dann drückte er die Hände komplett aufeinander. Er drückte zu und die Schlinge damit ebenfalls. Mit einem lauten Knacken gab etwas nach. Etwas was die Menschen unten nicht sehen konnten, aber Tetsuo von oben schon. Sah wie die Schädeldecke brach und der Kopf sich verformte. Und dann war es vorbei. Es wurde still. Die Masse hörte auf sich zu bewegen und zerlief mit der Zeit auf der Maschine. Dampfte genauso wie Takeyama, als er starb. Und Alle wussten dass es vorbei war. Und zum ersten Mal in seinem Leben…hatte Tetsuo bewusst ein Leben genommen. Aber eine Seele vielleicht sogar gerettet und ihr den Weg in die Wiedergeburt eingeleitet. Auch wenn er persönlich nicht an sowas glaubte. Etwas was ihn von seinen Artgenossen in der Heimat unterschied.

Yamagata hatte noch immer Kai in den Armen und sah zu ihm runter. Erntete ein Lächeln des Kleinen und strich ihm dann sanft mit der Stirn durch das zerzauste Haar. Machte Kai damit auch klar, dass es vorbei war. Das sie sicher waren. Kaneda dagegen sah wie sich Tetsuo zurück zum Boden begab. Hinter der Maschine. Er rannte sofort los und kam rechts um die Maschine herum. Und dort sah er ihn dann. Sah Tetsuo wie am Boden kniete und sich die Hände vor das Gesicht hielt.

Er zitterte, dass sah Kaneda selbst auf die Entfernung. Noch immer lief das Blut seinen Nacken hinunter auch wenn die Wunde bereits schon heilte. Und obwohl er sicherlich nicht wollte dass man ihn so sieht, kam Kaneda langsam auf ihn zu. Je näher er kam umso deutlicher hörte er das Schlurzen des Kleinen. Er weinte in seine Hände und der Ältere wusste auch warum. Er war so empfindlich und zart. Obwohl er wusste dass dieses Wesen ihn töten wollte und er nur sein eigenes Leben schützte, indem er es umbrachte…litt er darunter dieses Leben genommen zu haben. Bewusst genommen zu haben.

Kaneda hatte ihn erreicht und kniete sich neben ihn. Fasste ihm sanft an den Schultern und drehte ihn zu sich. Drückte den zittrigen Körper an seinen um ihm Nähe und Schutz zu geben. Und Tetsuo ließ es auch zu, denn er wusste dass es sein Liebster war. In wenigen Sekunden danach drückte er sich an die Brust von Kaneda und schlurzte in diese. Der strich ihm sanft mit der linken Hand über die hohe Stirn und in das weiche Haar. Der andere Arm hielt ihn fest an seine Brust gedrückt.

„…Es war nicht deine Schuld…Das weist du auch.“

Sprach er sanft zu Tetsuo runter und der nickte nur stumm.

„Du hast jeden heute gerettet. Nicht nur uns…auch ihn. Er hätte weiter andere verletzt Tetsuo. Du hast das Richtige getan.“

Und da löste der Kleine sich sanft von ihm und rieb sich vor ihm kniend die letzten Tränen aus den Augen. Sah Kaneda dann in die Augen und antwortete:

„Ich weis es nicht…Ich weis nicht mehr was richtig oder falsch ist. Aber…aber ich weis was ich möchte. Und das ist die Menschen die ich liebe beschützen. Ich möchte…dass es euch gut geht Kaneda. Kai…und nun auch Yamagata sind meine Freunde. Und du…bist der Mensch den ich…Ich möchte nicht das euch was passiert. Ich habe solche Angst davor. Ich lasse es nicht zu Kaneda…“

Kaneda lächelte ihn an.

„…Dann lass es nicht zu. Ganz einfach Tetsuo…“

Als er das gesagt hatte kam Kaneda zu ihm runter und ließ sein Gegenüber verstummen. Durch einen sanften Kuss auf den Mund. Und wie immer drückten sie sich aneinander und genossen es. Verfielen sich sanft gegenseitig und es gab nur noch sie. Etwas was immer wieder geschah zwischen ihnen. Etwas was keiner bestimmen konnte, oder wusste woher es kam oder was es war. Warum es so war. Und genauso wie jedes Mal wurde beiden etwas klar in diesem Moment. Sie mussten herausfinden wie sie diese Sache mit den PsyKI beenden konnten. Und noch etwas wurde klar…dass dieses Band zwischen ihnen nicht nur Liebe war. Es war mehr und reichte tiefer…Tiefer als Liebe es je könnte…

Ai shiteru (愛してる)

Es war ein kalter und nasser Ort.

Der Regen vom Abend schlich sich noch immer den kalten Stein der Mauern herunter, obwohl er schon lange aufgehört hatte. Eine kalte und unerträgliche Nacht. Und leblos wie jedes andere Gebäude stand auch dieses unnahbar und still da. Licht flimmerte in Streifen durch den sich drehenden Ventilator dieses Gebäudes, der aus rostigem Eisen war und dabei bedrohlich brummte. Groß und an der Wand eines Raumes der ebenso leer war, wie der Rest der Fabrik in der er sich befand.

Direkt unter dem Ventilator saß auf einem einsamen Stuhl jemand gefesselt. Blut tropfte seine rechte Schläfe hinunter und seine Wange auf jener Seite war ebenfalls geschwollen. So das er kurz Blut vor sich auf den Boden spuckte und tief schniefte. Wie lange war er schon hier eingesperrt? Tage? Er hatte das Zeitgefühl in der Kälte und Dunkelheit völlig verloren. Vielleicht auch ausgelöst durch die Folter. Und es dauerte auch nicht lange hörte er wie eine Tür vor ihm aufging, die einzige Tür in diesen leeren und dreckigen Raum.

Jemand kam herein und er sah auf. Das Selbe verschissene Gesicht wie immer. Sein Peiniger der kam um wieder Antworten aus ihm raus zu prügeln. Und er würde das tun wie er es immer tat…er würde die Fresse halten. Ein böses Grinsen schlich über die fetten Züge des Gefesselten und dann sprach er verhöhnend:

„Oh? So sieht man sich wieder? Der Köter der das Grobe macht und mehr nicht. Bist du es nicht langsam Leid immer die Drecksarbeit zu machen du Wichser?“

Die Tür schloss sich und sein Gegenüber kam näher. Dieser schüttelte nur den Kopf und stand dann auch schon vor ihm. Packte das freche Mundwerk an der einzelnen Tolle und zerrte den Kopf somit leicht zu sich hoch, als er antwortete:

„Bist ja heute so gesprächig. Mal sehen ob du auch für mich singen kannst Joker!“

Und dann bekam er auch schon mit der Rechten eisern eine geballert. So stark das Joker dachte ihm würde der nächste Schlag den Kiefer ausrenken. Er verweilte kurz, aber dann fing er an zu lachen und sprach wieder hoch:

„Mann…du schlägst zu wie ein Mädchen Yamagata!“

Nur um dann von dem Großen wieder eine geknallt zu bekommen. Yamagata hatte die Faxen langsam dicke. Seit einer Woche versuchte er schon aus diesem fetten Stück Scheiße eine Antwort raus zu prügeln. Joker war aber genauso hart wie sein Ruf. Er war nicht leicht zu brechen und sang nur gelegentlich. Aber nicht genug damit sie endlich vorankamen.

Nachdem das in der Fabrik damals passiert war, wo sie diesen mutierten PsyKI besiegt hatten, waren sie ihm auf den Fersen gewesen. Joker war ganz tief untergetaucht und nach dem Tod von Mad Hatter fast nicht zu finden gewesen. Aber Kaneda hatte Mittel, Wege und Tricks auspacken müssen um ihn aufzuspüren zu können. Was auch geklappt hatte. Das war jetzt 3 Wochen her…Einiges hatte sich in Neo Tokyo getan. Es herrschte teils Chaos auf den Straßen. Es war im Untergrund sicherer als auf der Straße…

Joker hustete nach der Schelle und lachte noch immer in sich. Schön das er das so witzig fand. Yamagata aber platzte bald der Geduldsfaden. Der ehemalige Anführer der Clowns sah wieder zu ihm rauf, während Yama sich die Faust etwas einrenkte. Es war zum Lachen…zumindest für Joker. Er sprach:

„…Ihr steckt tief in der Scheiße…“

„Nicht so sehr wie du Arschloch! Sag mir was ich hören will!!“

Yamagata fasste ihn mit der Linken am Kragen und holte drohend mit der Rechten aus. Vielleicht sang er ja mal endlich wenn er ihm komplett das Gesicht verstümmeln würde! Aber Joker sah ihn nur eisern an, er war damit nicht zu erschüttern.

„Was du hören willst? Geh raus auf die Straßen und du bekommst was du hören willst…Jeder wird sterben…Jeder der sich den neuen Kindern wiedersetzt wird früher oder später sterben. Sie sind inzwischen zu mächtig, aber das scheint ihr mit eurem Erbsenverstand noch nicht gerafft zu haben! Sie sind überall. Sie sind ab jetzt die neue Weltordnung! Und an deiner Stelle…würde ich diesem Wichser Kaneda ausrichten das er schön auf sein kleines, durchgebumstes Luder von PsyKI aufpassen soll! Bevor dieses selber noch auf den Geschmack kommt und ihm diese neue Welt gefällt…“

Bei dem losen Maul rutschte Yamagata schon wieder die Hand aus und er schlug zu. Dieses Mal sogar so stark dass der Fettsack einen Zahn verlor und die Faust des Großen leicht blutete, da er so fest zugeschlagen hatte. Er atmete schnell und fasste sich dann die verletzte Faust. Wand sich aber auch schon nach einigen Sekunden ab und sprach hinter sich:

„Falsche Antwort Arschloch! Wenn ich wiederkomme hast du besser was Gutes für mich auf Lager!“

Und dann lief er zu der Tür und machte sie auf. Verließ den dreckigen Raum hinter sich und ließ Joker mit einem Denkzettel zurück. Erst mal hatte er genug. Später würde er noch mal sein Glück und seine Methoden testen. Er schloss die Tür hinter sich, denn er konnte und wollte die Fresse langsam nicht mehr sehen.

Der nächste Raum war etwas komfortabler eingerichtet, wenn dennoch etwas dreckig. Aber wen wunderte das bei ihrem Gebäude? Einige Tische unter anderem ein etwas größerer in der Mitte mit einer Karte von Neo Tokyo und Blaupausen zu den Abwassersystemen unter der Stadt. Auch hatten sie hier ihre Vorräte gelagert, mit samt Waffen. Dieser Raum in einer Fabrikhalle war ihr Unterschlupf geworden. Der tiefste Raum im Gebäude, der nur noch durch einen Tunnel vom Abwasserkanal erreicht werden konnte, denn alle anderen Eingänge wurden verschüttet, und die Luke zum Tunnel war rechts im Raum immer fest verschlossen. Es war der sicherste Ort den sie finden konnten und der am besten zu überwachende.

Er sah zu dem großen Tisch, an dem er endlich ein gutes Gesicht sah, nämlich das seines Liebsten. Kaisuke stand am Tisch und durchforstete Akten und die Karte des Tunnelsystems. Er machte sie wie immer extrem nützlich. Mal abgesehen davon dass er es bevorzuge immer mehr über die Umgebung zu wissen, wenn es mal hart auf hart kam und sie fliehen mussten. Natürlich sah er auch schon gleich zu Yama rüber, als der die alte Metalltür hinter sich hörte und dieser die dann auch geschlossen hatte. Er richtete sich etwas auf und sprach:

„Und? Hat er endlich mal was Nützliches gesagt?“

Yamagata schüttelte den Kopf und kam rechts neben ihn. Küsste ihm schell flüchtig auf die Stirn und sprach danach:

„Mich würde es wundern wenn der Fettesack nur ein Mal das Maul aufreißen würde und es käme keine Scheiße raus…Also: nein. Nichts was wir nicht selber schon herausgefunden haben. Er ist ein harter Brocken, das geb ich zu, aber ich bekomm den schon noch weich!“

Kai sah ihn an. Seit sie Joker vor einer Woche endlich gefangen hatten trampelten sie auf der Stelle. Alle hatten sich erhofft das durch seine Gefangennahme endlich etwas Progress in das Geschehen kommt, aber leider Fehlanzeige. Innerhalb dieser drei Wochen hatte sich vieles getan in Neo Tokyo. Die Welt da draußen war nicht mehr die Selbe. Sie dachten immer es wäre schlimm, aber im Vergleich zu der aktuellen Situation war ihr Leben früher locker gewesen. Jetzt herrschte Krieg auf den Straßen. Bürger gegen die Regierung. Militär gegen die neuen Kinder und die neuen Kindern gegen alle die nicht ihren Glauben teilten. Es war schrecklich. Straßen waren zerstört, genauso wie Häuser. Keine richtige Arbeit mehr und viele hungerten. Es war eine Kriegszone. Und Neo Tokyo war auch komplett abgeschottet von der Außenwelt. Oder sagen wir mal so: zumindest die Kanto-Region Japans. Zu Sicherheit wie es im Fernsehen vom Militär aus hieß. Und genau jene fingen inzwischen an auf jeden eine Jagd zu machen der verdächtig erschien. Und Mitglieder der neuen Kinder wurden erst recht gesucht…und auf Sicht erschossen. Das selbe radikale Vorgehen wie bei den PsyKI. Es gab kein Recht mehr. Es zählte nur noch überleben. Innerhalb von 3 Wochen war die Apokalypse ausgebrochen in Neo Toyko. Und Gott sei es gedankt, denn der einzige PsyKI in dieser Stadt…war Tetsuo. Wären noch andere seiner Art an diesem Ort würde kein Stein mehr auf dem Anderen bleiben. Und er war ihr Freund, dass war das Beruhigende.

Sein Blick fuhr runter zu der verletzten Hand seines Freundes. Er schnaufte und lief dann vom Tisch weg. Yamagata sah ihm nach, sah wie er Desinfektionsmittel und einen Verband aus dem Erstehilfekoffer rausholte, der unter Kai seinem Bett stand und dann kam er wieder zu ihm. Er setzte sich lässig auf die Tischkante vor den Großen und machte auf ein Tuch das Mittel. Tupfte dann sanft über den geschundenen Handrücken.

„…Du sollst dich nicht selber dabei verletzten. Ich möchte nicht dass es sich entzündet oder du dich infizierst. Das können wir momentan nicht gebrauchen ohne Krankenhäuser und medizinische Hilfe.“

Er hörte auf und legte das blutige Tuch weg, fing dann an sanft die Hand zu verbinden. Er machte das so zart wie immer. Er war in allem so zärtlich…Yama grinste und sprach nur darauf:

„Was wollen sie für ihre Dienste Frau Krankenschwester?“

Er kam etwas näher und Kai machte die Schleife auf dem Verband fertig, ließ dann von der Hand ab und sah zu ihm hoch. Muffig sprach er:

„Wie wäre es wenn du einfach vorsichtiger bist du Blödmann?“

Der Große aber ging nicht darauf ein und drückte Kai stürmisch nach hinten auf den Tisch. Der konnte nicht mal so schnell reagieren wie sein Gegenüber dann auch schon über ihm war und zwischen seinen gespreizten Beinen stand. Ihm einen verführerischen Blick zuwarf.

„Ach komm schon…du magst es doch wenn ich so stürmisch bin Kaisuke…“

Der lief rot an, als seine Arme rechts und links neben sich auf den Tisch gedrückt und festgehalten wurden. Er wusste was sein Freund wollte…

„D-Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?...Du willst wirklich JETZT Sex?!“

„Warum nicht? Ich würde meine aufgestaute Energie gern irgendwo ablassen und du magst es doch wenn ich dich hart nehme.“

„Aber nicht mitten auf unserem Operationstisch!! Und erst recht nicht jetzt!“

„Ach komm schon. Kaneda und Tetsuo sind doch nicht da und so schnell kommen die nun auch nicht wieder. Dauert bestimmt ne Weile bis die wieder da sind und das können wir sinnvoll nutzen.“

„Willst du mich veräppeln?!“

Und plötzlich wurde er geküsst. Innig und verlangend. So stark das er schon fühlte wie er langsam schwach wurde. Es hatte nichts damit zu tun das er nicht wollte. Er wollte Sex mit ihm. Aber momentan war er selber so aufgekratzt und in Sorge, dass er nicht einfach so umschalten konnte…Er unterbrach den Kuss von Yamagata und sprach zu ihm:

„…Ich kann nicht…Ich will, aber ich kann gerade nicht…Bitte versteh das Yamagata.“

Sie sahen sich nur an…Und der Große hörte auf. Natürlich verstand er. Und natürlich hörte er auf. Wenn Kai nicht wollte, dann tat er natürlich auch nichts, egal wie sehr er selbst wollte. Er lehnte sich wieder hoch und nahm damit Abstand zu dem Kleinen unter sich. Kai sah ihm dabei zu. Vielleicht sah man ihm das im Moment nicht an, aber es machte ihn sehr glücklich. Er war glücklich dass sein Liebster so verständnisvoll war. Kai wusste dass unter Yamagata seiner harten und rauen Schale ein lieber- und rücksichtvoller Mensch steckte. Was er mit der Aktion wieder bewies.

Und kurz darauf erschraken beide, als sie hinter Kai hörten wie die Luke zu ihrem Versteck auf ging. Erschrocken und in der Situation erstarrt sahen sie von ihrer Position aus hin und waren erleichtert als Kaneda seinen Kopf, vom Boden aus, in den Raum streckte und zu ihnen sah. Das typische breite Kaneda Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit und er kam endgültig rein geklettert. Stellte sich aufrecht und sprach frech:

„Hoppla! Kommen wir ungelegen? Wenn ihr ficken wollt, können wir auch kurz wieder gehen, hehe!“

Kai nahm das Lineal neben sich vom Tisch und warf es im hohen Bogen auf seinen Boss zu, der dem gerade noch mit Ducken ausweichen konnte. Er lachte nur dabei und zwischen das Lachen brüllte Kai:

„Leck mich Kaneda! Du bist so ein Blödmann!“

Er war dabei knallrot und kämpfte sich vom Tisch runter. Kaneda lachte einfach nur weiter und sogar Yamagata stimmte mit ein, so dass er einen bösen Blick von dem Jüngsten zugeworfen bekam und der fauchte:

„Das ist nicht witzig! Warum lachst du?!“

„Ach komm schon! Ein bisschen witzig ist es schon!“

Antwortete Yamagata und bekam einen leichten Schlag von Kai auf den Hinterkopf bis der sich muffig in eine andere Ecke des Raumes verzog und dort an einen anderen Zettel arbeitete. Der Große sah zu seinem Boss hinter und der streckte ihm frech und mit einem geschlossenem Auge die Zunge raus. Kleiner Spaß, durfte in solchen Zeiten nicht fehlen. Yamagata verstand das natürlich und grinste nur zurück. Und endlich kämpfte sich auch Tetsuo die Leiter hoch und kam durch die Luke in den Raum. Er sprach dabei ebenso unbeeindruckt:

„Seid ihr jetzt fertig mit dem Scheiß? Habt ihr Kai genug geärgert?“

Er war auf der anderen Seite der Luke und schloss sie schließlich leise. Kaneda sah ihm dabei zu. Und in dem Moment wurde es ihm wieder bewusst…er hatte sich echt gemacht.

In den letzten drei Wochen war Tetsuo zu einem festen Mitglied der Gruppe geworden. Jeder respektierte ihn und er kam auch, seit dem Vorfall in der Fabrikhalle mit Kuwata, super mit Yamagata zurecht. Es war unglaublich. Er hatte tiefen Respekt von Yamagata bekommen für die Rettung von Kai. Das hatte den entscheidenden Unterschied gemacht.

Tetsuo trug eine blaue Bikerhose und ein weißes, ärmelloses Shirt, darüber eine rote Jacke mit weißem Kragen. Seine Haare waren aber noch immer kurz. Er ließ sie sich auch regelmäßig schneiden. Er mochte die kurze Länge. Auch Kaneda trug mal etwas anderes. Er hatte einen schwarzen langen Mantel an, zu einer schwarzen Bikerjeans und ein weißes T-Shirt darunter. Beide trugen sie schwarze Bikerstiefel. Yamagata sah frech zu ihm und sprach:

„Nein, wir fangen gerade erst an Tetsuo. Wann bist du eigentlich mal dran den Arsch hinzuhalten, hm?“

Tetsuo klatschte sich den Staub von den Händen, den er durch die Luke an sich kleben hatte und sah dann unbeeindruckt und genervt zu Yamagata rüber. Kaneda der Clown spielte den Ball von Yamagata weiter und steckte die Hände in die Jackentaschen, fragte frech zu seinem Liebsten rüber:

„Ja Tetsuo! Wann hältst du mir eigentlich mal den Arsch zum ficken hin?“

Kurz darauf fühlte er auch keinen Boden mehr unter den Füßen und wurde von Tetsuo wortlos, ohne auch nur eines Blickes würdig zu sein, nach rechts gegen die Wand geschmissen und landete dann auf seinem Bett. Natürlich mit seinen telekinetischen Kräften. Kaneda lag auf dem Bett und lachte sich schlapp. Hatte ja auch nicht weh getan, sollte es ja auch nicht. Tetsuo zeigte dagegen mit der rechten Hand auf Yamagata und sprach kalt:

„Nur ein Wort...“

Eine kleine Drohung denn Yamagata würde nicht so glimpflich davonkommen wenn etwas doofes kam. Und dann lief er von der Stelle und machte sich zu Kai hinter, der das alles versuchte zu ignorieren und sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Yamagata hatte verstanden und schwieg nur lächelnd. Sah sich auch wieder die Karte unter sich auf dem Tisch an. Anscheinend war er etwas geladen.

Tetsuo zeigte sich meist ruhiger als er es war. Innerlich war er nämlich sehr nervös, das verstand auch inzwischen der Große. Das eben war nur Spaß gewesen, aber es war auch etwas an der Sache dran. Es war kein Geheimnis mehr, dass Tetsuo und Kaneda sich liebten. Es war sehr offensichtlich und fast offiziell. Es fehlte in Yamas Augen nur noch der Sex um das Ganze zu besiegeln. Küssen und etwas fummeln konnten die Beiden inzwischen sehr gut, aber es kam nie zum Sex. Natürlich wusste Yama das nur weil Kaneda offen mit ihm darüber gesprochen hatte. Gesehen hatte er die Zwei aber noch nie dabei. Am Anfang schien es seinen Boss etwas zu bedrücken und Sorge zu bereiten. Doch das hatte sich inzwischen geändert. Denn nun war das Interessante…das es Kaneda plötzlich nicht mehr eilig zu haben schien. Er hatte ihn mal gefragt: wie er es nur aushalten konnte ohne mal die Gurke endlich zu parken. Aber sein Boss meinte drauf nur: Es wäre noch nicht an der Zeit. Er konnte es Yama selber anscheinend nicht erklären was er damit meinte. Sagte nur es wäre so ein Gefühl. Keine Ahnung. Aber ganz ehrlich: Sex täte beiden echt mal gut.

Kaneda lag locker auf seinem Bett, machte sich ne Kippe an und schloss entspannt die Augen. Dass er in solch einer Welt und in gewissen Situationen momentan ruhig bleiben konnte beruhigte auch automatisch seine Gang. Wenn der Anführer die Nerven verlor ging in der Regel alles drunter und drüber. Deswegen war es gut das Kaneda so locker blieb. Er strömte momentan Ruhe aus und das verteilte sich im Raum.

Tetsuo kam neben Kai an und setzte sich an die Tischkante links von ihm. Die Zwei hatten in den letzten Wochen schon sowas wie ein brüderliches Band geformt. Sie kamen gut miteinander zurecht und verstanden sich gegenseitig auch sehr gut. Lag wahrscheinlich auch daran dass sie beide jeweils in einen Jungen verliebt waren. Kai war ihm quasi nur eine Schippe voraus und das war der Sex. Aber das war Tetsuo auch egal. Das zwischen ihm und Kaneda war etwas anderes. Und Kaneda schien das inzwischen auch voll zu realisieren. Sie küssten sich vielleicht und fummelten Mal aneinander rum, nicht im Intimbereich verstand sich, aber Sex wollten sie so wirklich keinen. Naja…WOLLTEN ist nicht ganz richtig ausgedrückt. Sie wollten schon, immerhin lieben sie sich. Aber es fühlte sich noch nicht richtig an. Ganz komisch. Es war als müsste es zu einem bestimmten Ort und einer gewissen Zeit passieren. Und es würde auch passieren…sie mussten nur schauen wann. Aber das würden sie spüren. Ganz bestimmt…Tetsuo wusste es vielleicht auch schon…

„Hat er geredet?“

Kai sah neben sich zu Tetsuo hoch der diese Frage gestellt hatte. Auch gleich schüttelte er schon den Kopf deswegen und ließ von dem Zettel unter sich ab.

„Nein. Immer noch nicht.“

Yamagata hatte das gehört und setzte sich ebenfalls auf den Tisch vor sich, so dass er zu den beiden gedreht war.

„Es dauert aber nicht mehr lange. Ich hab das im Griff. Er ist zäh aber jeder gibt nach genug Schmerzen irgendwann nach. Ich muss nur seine Schmerzgrenze erreichen und dann wird er singen.“

Tetsuo sah zu ihm rüber und sogar Kaneda hauchte den Rauch aus und hielt die Kippe in der rechten Hand, als er zu Yamagata sah. Dann schwang er sich locker vom Rücken hoch und setzte sich auf das Bett. Machte im Anschluss die Kippe an der Wand hinter sich aus und schnicke sie in eine Ecke neben seinem Bett.

„Dieses miese Arschloch.“

Kam es von Kaneda plötzlich leicht sauer und er stand auf. Von ein auf die andere Sekunde schwang seine Stimmung plötzlich um. Aber es war teils verständlich. Wie gesagt sie hatten nach einiger Sucherei endlich diesen blöden Arsch geschnappt und hofften so dem Ganzen ein Ende gesetzt zu haben. Dass Joker und Mad sich mit den neuen Kindern zusammengetan hatten, sorgte damals dafür das sie glaubten sie wären die neuen Anführer der Gruppierung geworden. Mad war gestorben und so dachten sie mit der Gefangennahme von Joker würde sich etwas ändern. Aber nichts war der Fall, ganz im Gegenteil: die neuen Kinder machten sich in Neo Tokyo breit wie ein parasitäre Spore die sich über die Luft verbreiten konnte. Es wurden immer mehr und sie wurden unaufhaltsamer. Ihre Lehren und Gebete gelangen in so viele Köpfe der Menschen das alles aus dem Ruder lief. Sie wurden bekehrt. Das wurde nicht nur zu ihrem Problem sondern auch zu dem der Menschen in der Stadt und vor allem dem Militär. Es war wie im Weltkrieg da draußen. Keiner traute mehr dem Anderen auf den Straßen. Jeder konnte einer der neuen Kinder und ein Spitzel sein. Und sie wussten auch noch immer nicht was ihr Ziel mit den PsykI gewesen war. Diese Experimente…

Aber was machten die neuen Kinder genau? Ganz einfach: sie verteilten die Lehre das die PsyKI die neue Rasse wären die die Menschheit ablösen würde. Das alles den PsyKI gehören würde. Das sie sie Kinder Gottes wären und das die Menschen sterben mussten damit die Welt leben und gedeihen konnte. Witzig wenn man in Betracht zog das MENSCHEN sowas von sich gaben. Denn kein PsyKI war mehr in dieser Stadt…außer Tetsuo. Und genau DIE würden sowas nicht sagen. PsyKI sahen sich nicht als Ersatz für die Menschheit an. Das hatte Tetsuo schon mal gesagt. Sie lebten lieber versteckt und in seiner Heimat in Frieden. Wollten nichts mit anderen Menschen zu tun haben. Es war also nur krank was in Neo Tokyo abging und wiedersprach jeglicher Logik. Es war nur ein weiterer Grund der vorgeschoben wurde um zu rebellieren und zu morden. So sah das zumindest Kaneda.

Er kam neben Yamagata.

„Dann versuche ich jetzt mal mein Glück.“

Kam es von seinem Boss und er machte sich auf den Weg zur Tür vor ihnen. Die Tür die zu Joker seinem Gefängnis führte. Aber Kai schien besorgt und sprach ihm nach:

„Warte doch mal Kaneda! Vielleicht gehen wir die Sache auch ganz falsch an!“

„Was gehen wir falsch an?! Soll ich ihm seinen Arsch küssen oder was?!“

Kaneda wurde etwas lauter dabei und alle sahen zu ihm als er sich wütend auf der Stelle umgedreht hatte und vor der Tür stand. Besonders Tetsuo sah ihn eindringlich an. Er verlor die Geduld…nicht gut. Kaisuke antwortete ihm:

„Das meinte ich doch gar nicht! Es ist nur…!“

„Mir egal was ist! Ich will Antworten und dieses Stück Scheiße kann sie mir geben!“

Er war so aggressiv…

„Ich kann ihn auch nicht leiden Kaneda. Verdammt ich wünsche mir auch dass er bezahlt für die Dinge die er getan hat! Aber das hier…das sind nicht wir. Wir haben noch nie sowas getan. Alle von unserer Bande sind tot…Und jetzt…seit Wochen foltern wir ihn. Ich…ich fühl mich nicht mehr wohl dabei. Lass uns doch versuchen „normal“ mit ihm zu sprechen.“

Darauf sah auch Yamagata etwas verwirrt und pissig zu seinem Liebsten rüber.

„Was? Normal? Ich denke wir sind weit über NORMAL hinaus Kaisuke! Hast du vergessen was da draußen los ist?“

„Nein hab ich nicht! Aber…kann Gewalt wirklich immer NUR die Lösung sein?“

Da war etwas Wahres dran. Auch wenn das in der Sekunde keiner in dem Raum so sah…außer Tetsuo. Er war auch abgebrühter geworden. Verdammt er hatte sogar schon Menschen draußen auf den Straßen verletzt um sich und seine Freunde zu schützen. Aber dennoch…hat er nie den Glauben an friedliche Lösungen verloren. Alles war er tat, tat er um sich und seine Familie zu schützen. Nie griff er zuerst an…Und seit Kuwata hatte er auch nicht mehr getötet…Alles was seine Feinde abbekamen waren Denkzettel die sie überlebten.

Er sah nachdenklich auf den Boden…und dann kam er von der Tischkante und lief mit beiden Händen in den Hosentaschen zu Kaneda. Sprach dabei:

„Ich geh mit dir rein.“

Alle sahen zu ihm. Aber schon gleich schüttelte der Ältere den Kopf.

„Nein. Du bleibst hier bei Kai und Yamagata. Ich kann das allein.“

Tetsuo kam neben ihm an und sah zu ihm auf. Ein leichtes, freches Lächeln auf seinen Lippen. Eines womit er seine Sorge tief in sich vergrub die er im Herzen hatte. Er konnte es ihm nicht vor den anderen sagen…aber sie gehörten zusammen und passten aufeinander auf. Also standen sie auch das zusammen durch…

„Ich denke Kai hat recht. Vielleicht sollten wir es mal anders versuchen. Und jemand muss ja auf dich aufpassen…damit du keinen Blödsinn machst Kaneda…“

Sie sahen sich an…und dann seufzte der Ältere vor ihm und legte die rechte Hand an seine eine Schläfe, sprach dabei etwas genervt:

„Haaa…macht keinen Sinn dir das auszureden. Aber du bleibst im Hintergrund.“

Tetsuo war dickköpfig. Machte wirklich keinen Sinn. Und dann wand der Ältere sich ab und schloss die dreckige Metalltür auf.

Kaneda wand sich noch mal an seine zwei Jungs:

„Seit vorsichtig wenn ihr da raus geht.“

Denn es war ihre Streife dran und die Suche nach Lebensmitteln. Sie mussten als nächstes raus. Kurz darauf waren beide auch hinter der Tür und im nächsten Raum verschwunden. Und kaum als sich die Tür geschlossen hatte schnaufte Kai etwas erleichtert. Er war froh das Tetsuo das auch so sah. Denn nur er konnte das mit Kaneda in den Griff kriegen und ihn am Boden halten. Ihn daran hindern sich selbst zu verlieren.

Kaneda und Tetsuo standen in dem nur schwach beleuchteten Raum. Lediglich das Licht hinter dem Ventilator spendete etwas Sicht. Noch immer saß Joker einfach nur schlapp in seinem Stuhl. Allein wenn Kaneda das Gesicht und diese Gestalt nur sah wurde ihm schlecht! Er lief auf ihn zu und Tetsuo blieb rechts neben der Tür etwas im Schatten stehen. Sah nur zu…fürs Erste.

„So Joker…dann lass uns jetzt mal etwas reden.“

Kam es selbstsicher und böse von Kaneda und dann stand er auch schon vor ihm. Joker erkannte die Stimmte und fing leicht an in sein Innerstes zu kichern, bis er endlich den Kopf hochhob und dem Schnösel ins Gesicht sah den er schon seit dem ersten Tag ihres Treffens gefressen hatte. Seit er ihn kannte hasste er Kaneda. Der hielt sich immer für etwas Besseres…

„Oh…womit habe ich denn diese Ehre verdient? Das sich der König mal erbarmt nach mir zu sehen…“

Er sah kurz an Kaneda vorbei und erspähte Tetsuo, der mit verschränkten Armen und komplett still nur da stand.

„..und seine übersinnliche Hure hat er auch gleich dabei.“

Und da platzte Kaneda natürlich sofort der Kragen. Er packte ihn an der Tolle und verpasste ihm einen ordentlichen Schlag in die Fresse. Es war erschreckend was für eine kurze Zündschnur Kaneda inzwischen entwickelt hatte. Das bewies es erneut. Er wirkte bald wie eine tickene Zeitbombe…Dann nahm er wieder die Tolle des Clowns und fauchte zu ihm runter:

„Wag es nicht ihn zu beleidigen du mieses Stück Scheiße!!“

Er konnte alles tun. Er konnte gegen jeden lästern und herziehen wie er wollte. Aber wenn er Tetsuo anging dann wurde Kaneda zum Alpha. Und dann schlug er über die Stränge und konnte gewalttätig werden. Immerhin war das sein Weibchen über das er herzog…Joker lachte ihn aber nur dreckig an und sprach:

„Sonst was?! Willst du mich töten?! Dazu hast du nicht die Eier! Aber schön zu sehen das auch DU eine aggressive und egoistische Ader hast Kaneda! Kennt die dein kleines Flittchen schon? Ach was sag ich denn da? Lässt du ihn bestimmt immer spüren wenn du ihn so richtig durchfickst, oder?!“

Es gab das Sprichwort: Rotsehen. Und so ähnlich ging es dem Anführer der Capsules auch gerade. Er holte erneut aus, aber dann hörte er Tetsuo laut sagen:

„Kaneda!“

Er stoppte und sah zu dem PsyKI hinter, der nur den Kopf schüttelte und etwas…besorgt aussah? Und sofort verstand Kaneda ohne Worte und sah wieder zu Joker. Sah wie er den Mistkerl gepackt hatte. Wie er bereits verbeult und blutend unter ihm war. Angebunden. Und er…er schlug auf ihn ein wie auf ein frisches blutiges Steak…Und dann senkte er den Arm. Sowas…tat kein Anführer. Und sogar Joker schien in der Sekunde verwirrt. Nanu? Hatte da jemand doch noch nicht sein Herz und seine Seele an den Teufel verkauft? Den Teufel der Gier, Gewalt und Macht. Und Tetsuo was sehr erleichtert zu sehen was da passierte. Kaneda…war noch immer da drin. Auch wenn er sich verändert hatte in den letzten Wochen…

„Was denn? Hörst du etwa auf dein kleines Sexspielzeug?“

Joker versuchte ihn wieder zu reizen. Er wollte Kaneda brechen. Aber mehr in dem Sinne das er sich selbst verlor und der der er war. Aber nun wieder mit einem kleinen Funken Ruhe sah ihn Kaneda nur an und kam näher zu seinem Gesicht runter. Sprach bestimmt:

„Ich will Antworten Joker. Ich will wissen wo der Hauptkopf der Hydra ist damit ich ihn abschlagen und dem allem ein Ende setzen kann!“

Joker grinste ihn nur an.

„Du hast nicht bitte gesagt Arschloch…“

Er tat wirklich alles dafür um Aggression aus Kaneda raus zu kitzeln. Der hielt sich aber gerade noch, auch wenn er laut dabei wurde:

„Schluss mit dem Scheiß Joker! Wenn du noch ein bisschen Grips und Anstand hast, in dieser gewaltigen Melone die du da auf deinem Hals trägst, dann sag uns endlich wo ihr neuer Anführer ist! Sag mir was ihr Ziel ist! Warum tun die neuen Kinder das alles?! Was ist ihr wahres Ziel?!“

„Hahahah! Ihr wahres Ziel?! Hörst du dich eigentlich selber reden Kaneda?! Das ist alles Bullshit! Hast du nicht zugehört!? Es gibt kein WAHRES Ziel! Nur das was sie immer wieder sagen: nämlich das sie den PsyKI die Welt schenken werden! Und uns Menschen ausradieren!“

„Das ergibt aber keinen Sinn.“

Sie wurden still und sahen beide zu Tetsuo hinter, der das sehr locker gesagt hatte und endlich etwas aus den Schatten kam. Er kam auf sie zu und sprach dabei weiter:

„Ich habe gesehen was sie tun. In den letzten Wochen ist mir so einiges aufgefallen, was aber für mich speziell keinen Sinn ergab. Allein die Logik dahinter ist schon komisch.“

Er stellte sich neben Kaneda und der kam wieder aufrecht und ließ Joker los. Sah Tetsuo an. Was meinte er? Joker grinste dagegen nur und sprach leicht verhöhnend:

„Ooohhhh? Sie mal einer an…entweder hat er dir noch nicht das Gehirn aus dem Leib gebumst, oder du bist doch schlauer als ich es für einen PsyKI möglich gehalten hätte.“

Klar denn Joker sah PsyKI nur als Tiere an.

„Wenn sie wirklich drauf aus sind die gesamte Menschheit auszurotten, damit meine Art sie ersetzten kann, warum töten sie nicht dann auch ihres Gleichen? Liegt es wirklich an der simplen Vorstellung dass erst mal alle Ungläubigen getötet werden müssen und dann töten die Gläubigen sich selbst danach? Funktioniert so ein Glaube bei euch? Funktioniert so eine Reinigung?“

„Tetsuo versuch da nicht mit Logik dranzugehen. Es gibt keine. Das sind einfach nur Mörder die sich austoben wollen!“

Der PsyKI sah zu Kaneda.

„Aber auch das kann ich nicht glauben. Es gibt so viele Möglichkeiten in Massen zu töten. Warum sollte man ausgerechnet meine Art als Auslöser in den Vordergrund stellen nur um offizieller töten zu können? Ich denke hier läuft noch etwas anderes. Und ich denke du weist es Joker.“

Er wand seinen Blick wieder auf den Gefesselten. Und dann folgte Schweigen. Aber es war das erste Mal, obwohl geschwiegen wurde, dass es sich nach Progress anfühlte. Joker hatte etwas auf der Seele. Etwas was er für sich behielt und es dennoch gern ausspucken wollte. Vielleicht nicht unbedingt um ihnen zu helfen, oder weil er plötzlich etwas wie Gerechtigkeit entwickelt hatte. Hah geschweige denn ein Herz. Nein, dass war etwas anderes. Etwas ganz anderes.

„…Hast du dir mal überlegt…wie viel besser es der Welt ohne den Menschen gehen würde? Oder wenn es etwas gebe was uns leiten würde und unsere kaputte Zerstörungswut im Griff behält? Ich bin kein Ökoverfechter oder ein Umweltschützer. Aber sogar ich laufe durch diese Straßen und sehe den Dreck in ihnen…Nämlich Menschen. Wir bekriegen uns. Pumpen uns mit Medikamenten voll um unsere Lebensdauer zu erhöhen und rotten Arten aus für unser Wohl. Verdammt wir stellen sogar die Gesamte Zusammensetzung der Genetik auf den Kopf. Alles weil wir nicht genug bekommen können. Weil wir Egoisten sind. Wir…wir sind die größten Fleischfresser. Wir stehen ganz oben an der verfickten Spitze der Nahrungskette und uns kann keiner was antun…Aber nicht mehr lange…Sobald deine Art uns Menschen ausgerottet hat, wir eine neue Ordnung entstehen. Ein komplette Neuanfang und eine bessere Zukunft.“

„Sagt wer?“

Erstaunt sah Joker Tetsuo vor sich an, der das sehr ernst und bestimmt gesagt hatte.

„Was?“

„Wer sagt dir dass die neue Welt besser wird? Du klammerst dich an Illusionen von denen du keine Ahnung hast ob sie überhaupt wahr werden. Wer sagt denn dass es nicht wieder genauso werden wird? Lass es weitere tausend Jahre sein und dann steht meine Art vielleicht wieder vor demselben Problem und der Zerstörung wie jetzt eure. Und was passiert dann?! Wieder eine Ausrottung?! Ich will wissen wer dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat!...Einer unserer Freunde meinte du hättest mal etwas von „Entwicklung“ gesagt. Das wenn mein Artgenosse, in deinem Hauptquartier damals, mich gefressen hätte, sich hätte weiterentwickeln können…Wer hat dir das gesagt!? Irgendjemand muss dir das gezeigt haben damit du daran so stark glaubst und ich will wissen wer!“

Nun wurde Tetsuo sogar etwas lauter. Kein Wunder denn es wurde auch etwas persönlich. Und ehrlich gesagt…hatte Tetsuo Angst das sich eine Theorie von ihm bewahrheiten könnte…Kaneda sah auch wieder zu Joker. Der Arsch hatte schon mehr gesagt als sonst. Aber es musste noch mehr rauskommen. Und nach den Sekunden Stille fing der ehemalige Anführer der Clowns breit an zu lächeln. Er spuckte rechts von sich auf den Boden und sah dann arrogant zu Tetsuo hoch, als er antwortete:

„Wer?...Du willst wissen WER mich an diesem Plan der neuen Ordnung teilhaben ließ?...Ganz einfach es war Gott…Er kam zu mir und weihte mich ein.“

Tetsuo sah ihn nur still an…

„…Hat dein Gott auch ein Gesicht?“

Fragte er schließlich und Joker grinste nur weiter.

„Man soll sich kein Bild von Gott machen…So sagen die Gläubigen doch immer oder? Aber was wenn ich dir sage das IHR Gott, der Gott der neuen Kinder und MEIN Gott, eine Gestalt hat. Und das er uns versprochen hat uns alle zu führen, als gerechter und gütiger Gott! Etwas was auf dieser Welt immer gefehlt hat! Einer der uns führt und über uns wacht! Über uns richtet wenn es sein muss! Nur so kann man frei sein! Das ist Freiheit die bald Wirklichkeit sein wird!“

Kaneda schüttelte nur angewidert den Kopf. Er konnte nicht fassen was er da hörte und Tetsuo schwieg plötzlich nur in sich hinein, als sein Liebster dann dem kranken Clown antwortete:

„Das was du da laberst, woran du glaubst, ist keine Freiheit…Es ist nur eine neue Art der Versklavung. So zu leben wie es dein Gott für richtig hält, da er dich sonst bestraft? Vielleicht sogar tötet? In Angst vor ihm zu leben? Ihr seid krank. Und deswegen wird das auch niemals passieren.“

Joker sah zu Kaneda. Niemand hätte ihm das zugetraut, aber er schien wirklich gläubig zu sein. Jeder konnte sein was er wollte. Gläubig oder nicht. Religiös in egal welcher Hinsicht. Aber sobald man Menschen etwas damit aufzwang und sie in Mitleidenschaft zog da hörte es bei Kaneda auf. Das war kein Glaube, das war dann fanatisch und einfach Wahnsinn.

„Deine Zeit läuft ab Kaneda…Deine und die jedes Menschen auf dieser gottlosen Erde...Aber Gott ist jetzt da. Und er wird über deine Sorte richten. Und die die an ihn glauben führen und leiten…“

Dann sah er zu Tetsuo hoch, der auch wieder zu ihm sah.

„ Und was dich betrifft…Du solltest schnell von den Menschen ablassen und dankbar sein. Du bist der nächste Schritt in der gottverdammten Evolution des Menschen und du würdigst das nicht mal! Du könntest so viel mehr sein! Diese Welt mit unserem Gott retten und sie in eine bessere Zukunft führen! Aber das tust du nicht!! Du spuckst auf dein Erbe und benutzt deine Kräfte um dieses Ungeziefer von Mensch zu schützen!! Paarst dich sogar mit ihm!! Warum wirfst du dieses Geschenk weg?! Warum?!“

Er sagte das sehr laut und teils…klang aus seiner Stimme Verzweiflung…Glaubte er wirklich daran dass die Welt besser werden würde? Durch diesen angeblichen Gott an den er glaubt? Tetsuo schüttelte nur den Kopf und sprach dann leise zu ihm runter:

„…Das kannst du nicht verstehen. Keiner konnte das je verstehen…Nicht einmal ich…“

Und damit wand sich Tetsuo endgültig ab und lief zu der Tür. Kaneda sah ihm noch nach und dann wieder zu Joker runter, der plötzlich einen ganz komischen Ausdruck im Gesicht hatte…War es Mitleid? Nein das musste sich der Ältere einbilden. Sowas konnte er nicht empfinden.

„Du suchst auch deinen Platz auf der Welt nicht war?

Sagte Joker plötzlich und Tetsuo blieb an der Tür stehen, sah erstaunt zu ihm hinter. War es…so offensichtlich? Warum aber sagte er sowas? Und dann sprach Joker etwas was sehr unvorhergesehen kam:

„…Fahr nach Norden. In das alte Tokyo. Dort oben, außerhalb von Neo Tokyo, in den Trümmern des alten Tokyo, gibt es ein großes Militärgelände…Dort wirst du ein Labor finden…und vielleicht die Antworten die du suchst...“

Tetsuo sah ihn erschrocken an…und dann verließ er auch plötzlich den Raum wortlos und schloss die Tür hinter sich. Kaneda sah von ihm weg und zu dem Clown runter.

„Warum machst du das? Du lügst doch eh. Er wird nichts dort finden. Und du kommst hier auch nicht mehr lebend raus. Also was soll das?“

Joker sah wieder zu ihm.

„Glaub mir oder lass es sein, aber du weist gar nichts…Du weist nichts…Nicht mal etwas über IHN. Denkst du wirklich du kennst ihn? Nur weil ihr euch angeblich liebt? Weil er dir vertraut und dir hilft? Du weist NICHTS über ihn. Wenn er sich nicht mal versteht…wie willst du das dann? Vielleicht…vielleicht hilft es ihm ja wirklich…zu wissen wo er herkommt. Herauszufinden wo er herkommt. Denn scheiße es sieht aus als wüsste nicht mal er woher er kommt. Oder als hätte man es ihm nie gesagt.“

„Worauf willst du hinaus?!“

„…Mir wurden die Augen geöffnet…aber dir nicht. Die Menschheit wird sterben. Und nur die PsyKI werden das überleben. Es gibt immer etwas was die Welt wieder auf Null setzt. Wieder von Vorne anfangen lässt. Sei es ein Stein der vom Himmel fällt, eine Krankheit…oder eine neue Rasse…Im Norden wird er vielleicht seine Antworten finden. Und vielleicht wachst du dann auch auf aus diesem Traum…Heh…Ich hasse dich Kaneda. Ich habe dich schon immer gehasst seit ich dich kenne. Seit du einen Fuß auf meine Straßen gesetzt hast! Aber…nicht mal du solltest unwissend aus dieser Welt gehen…“

Kaneda sah ihn kalt an und kam plötzlich zu ihm runter. Direkt vor sein Gesicht und sprach dann leise:

„Zu Schade…ich hoffe wo auch immer du hingehst…das du dort deinem Gott danken kannst…das er dich hat fallen lassen.“

Und mit diesem Satz zückte er plötzlich eine Waffe mit Schalldämpfer aus der Innenseite seines dünnen Mantels und hielt sie Joker an die rechte Schläfe, bereit es zu beenden. Er hatte genug gesungen…nein…es war egal. Er wollte ihn einfach nur tot sehen…Und Joker grinste noch breiter. Böse und lachte leise, bis er dann sprach:

„Also doch…du bist wie ich…auch du gehst über Leichen…wenn du das hast was du willst…Ich wusste es Kaneda…“

Kaneda sah ihn nur an…

„Ich bin nicht wie du…Ich bin besser.“

Und dann drückte er ab.
 

Als Kaneda einige Minuten danach in den Raum kam, saß Tetsuo bereits auf dem Bett seines Liebsten und sah zu seinen Füßen runter.

Er mochte das nicht. Tetsuo war wieder in Gedanken und genau das mochte Kaneda nicht. Eigentlich war es nichts schlimmes sich Gedanken zu machen. Aber er kannte den PsyKI zu gut und wusste dass er sich nämlich innerlich mit Gedanken zerreißen konnte. Und genau das passierte wieder in dem Moment. Kaneda schloss die Tür hinter sich und lief zu ihm. Still und ohne Worte setzte er sich rechts neben den Kleinen und sah ihn an. Es kam natürlich keine Reaktion. Tetsuo war bereits so tief in Gedanken versunken das er die Blicke seines Geliebten nicht mal spürte. Wo…war er nur wieder? Erst als er ihm sanft auf die Schulter fasste kam eine Reaktion und der PsyKI sah zu ihm. Er schien sogar etwas überrascht und aus seinen Gedanken gerissen worden zu sein. Zumindest sah er Kaneda so an.

„Du musst nicht darüber nachdenken Tetsuo. Er lügt. Er hat schon immer nur Müll gelabert. Alles was er noch hat ist uns in den Wahnsinn zu treiben.“

Aber Tetsuo war sich da nicht so sicher…Aber was er nicht wusste…war das Tetsuo nicht über die Worte von Joker nachgedacht hatte. Nicht nur zumindest. Er dachte mehr an Kaneda. Das was er eben da drin gesehen hatte machte ihm Sorgen. Es war gut zu sehen das Kaneda noch immer da drin war und so rücksichtsvoll und besorgt wie er ihn kennengelernt hatte. Und dennoch…war Kaneda momentan an einem dunklen Ort. Die Art wie aggressiv er eben gewesen war und die Gewalt die er zeigte…machte Tetsuo nicht nur Sorge sondern auch Angst.

Er drehte sich zu ihm um und fasste Kaneda sanft mit der rechten Hand an die Wange. Sein Gegenüber genoss es sogar und schloss kurz die Augen. Schmiegte sich an die Wärme des Kleinen die seine Hand ausstrahlte und seufzte sogar erleichtert. Es tat so gut…eine vertraute Wärme und Geborgenheit…Und dann sprach Tetsuo sanft zu ihm:

„Darum geht es nicht. Ich…naja…“

Er konnte es nicht aussprechen. Er konnte es einfach nicht. Er hatte Angst. Denn er liebte diesen Mann…Aber was sollte er sonst tun? Und dann löste er die Hand von der Wange seines Liebsten und sofort öffnete Kaneda die Augen wieder, als er das spürte. Als riss man ihn aus einem Traum oder das Kind aus der Geborgenheit der Mutter. Schließlich sah er seinem Gegenüber in die Augen. Etwas war komisch, dass spürte sogar Kaneda. Warum tat er…Und es dauerte auch nicht lange da tat Tetsuo etwas was er normalerweise nicht einfach so von sich aus tat…

Er lief plötzlich etwas errötet an und sah auf seinen Schoß runter. Was trieb ihn nur an…was passierte gerade mit ihm…? Und während Kaneda ihm verwirrt zusah, kam eins zu anderen und Tetsuo zog sich seine Jacke aus. Er legte sie neben sich auf den Boden und sah dann beschämt zu seinem Partner auf. Der eine Träger seines ärmellosen Hemd rutschte ihm von der rechten Schulter und entblößte die zarte Haut darunter. Saß da wie ein aufreizendes Mädchen, was aber mehr so bei Kaneda in der Birne ablief. Was Tetsuo tat kostete ihn sehr viel Mut. Dann fasste er auch schon leicht unsicher die rechte Hand von Kaneda, der noch in Trance war von den zarten Schultern und führte sie…führte sie langsam unter sein ärmelloses weißes Oberteil. Sacht unter die Stelle des Oberteils wo er am Bauch sein konnte und so Kaneda die weiche Haut an diesem fühlte, die auch sehr warm war und vor Erregung etwas zitterte. Tetsuo ließ die Hand an der Stelle ruhen und genoss selber die Wärme von ihr auf seiner Haut. Natürlich gefiel ihm das auch. Es gefiel beiden. Aber gleichzeitig traf sein Tun seinen Geliebten wie ein Hammerschlag, als er aus der Trance erwachte. Kaneda sah ihn erschrocken an, ihm blieben die Worte im Hals stecken, nie hätte er gedacht das Tetsuo das mal von sich aus machen würde. Und vor allem so aus dem Nichts! Er wollte…Sex? Konnte es sein?! Dann sprach der Kleine auch unsicher zu ihm:

„Willst du…willst du mit mir schlafen? Also…wollen wir uns paaren?“

Bingo verdammt!

„…Was?“

Das war zu schön um wahr zu sein! Das war wie in einem Traum! Scheiße JA! Ja er wollte mit ihm Sex! Schon immer! Aber dennoch war Kaneda noch immer total verdutzt. Denn obwohl er es wollte fühlte es sich…nicht richtig an. Etwas stimmte nicht. Es fühlte sich komisch an…Hier sollte es nicht…Tetsuo schien plötzlich noch unsicherer zu werden und wand sogar den Blick ab. Er konnte diesem nicht mehr stand halten…Warum ging es nicht mehr?

„I-ich dachte…ich dachte dann geht es dir vielleicht besser…Naja ich dachte…“

Aha…daher wehte also der Wind. Er wusste doch dass da was nichts stimmte. Etwas aufzwingen was noch nicht sein sollte…

„Mir? Und was ist mit dir?“

Sprach Kaneda und darauf sah Tetsuo ihn wieder an. Erstaunt. Wie es…ihm dabei ging? Dessen war er sich gar nicht bewusst. Wie würde es ihm dabei gehen? Wenn er sich jetzt hingab und mit ihm Sex haben würde…wäre das richtig? Wollte er das überhaupt so? Aber warum bot er sich erst an? Er verstand es ja selber nicht.

Kaneda schien ihm diese Frage aber zu beantworten zu können. Und er tat dabei etwas Unglaubliches: Er zog die Hand unter dem Oberteil weg und verließ damit die warme Haut. ER unterbrach das ganze! Es fiel schwer, aber es war besser so. Nein…es war richtig so. Dann sprach er schon etwas lauter, aber nicht aggressiv oder sauer:

„Du möchtest das doch überhaupt nicht! Und das weist du auch! Du weist und spürst genau wie ICH das es noch nicht Zeit dafür ist! Ich…ich kann dir nicht sagen woher ausgerechnet ICH das weis, aber ich kann es auch spüren! Ich kann spüren das dass hier so nicht richtig ist! Also warum machst du das Tetsuo?!“

Er war so gut…er war so ein guter Mensch…Also warum hatte Tetsuo…

„Weil ich Angst habe.“

Kaneda sah ihn erschrocken an, als dies sehr unsicher und leise aus dem Kleinen kam. Etwas war einfach anders geworden…Sie sahen sich dabei noch immer an, als Tetsuo weiter sprach:

„Etwas an dir hat sich verändert… ich dachte vielleicht bin ich daran schuld. Vielleicht liegt es an mir, weil ich dich nicht an mich ranlasse und mich dir ständig verweigere. Vielleicht…vielleicht brauchen wir das ja dringend mal, also uns zu paaren, aber ich verstecke diese Sehnsucht nach dir hinter einem Gefühl von dem ich nicht mal weis ob es richtig oder wahr ist! Ich will mit dir eins werden! Ich will mich mit dir paaren! Aber ich kann nicht! Und ich weis nicht wieso! Mein Gefühl sagt mir das es noch nicht richtig ist! Wie bei dir. Aber warum tut es das?! Ist es überhaupt richtig?! Oder bilde ich mir das nur ein weil ich Angst davor habe?! Weil ich Angst vor einer Paarung habe?! Angst dass es wehtun könnte?! Ich weis nicht mehr was ich tun soll! Ich…das was da gerade passiert ist…wie du gerade da drin warst…so hab ich Angst vor dir…Und ich zweifel selber auch an mir! Was soll ich nur tun Kaneda?! Wer…wer bin ich?! Wo gehöre ich hin?!“

Und das zu hören war als würde man Kaneda einen Dolch ins Herz rammen und danach noch auf ihn eintreten als er am Boden lag. Es war ein schreckliches Gefühl. Unnachgiebig. Und die Sorge das Joker ihm eben einen Floh ins Ohr gesetzt hatte wurde größer. Und genauso erschrocken sah er den Kleinen auch an, der leise in Tränen ausbrach als er das gesagt hatte. Aber etwas tat noch mehr weh als die Sorge um den Floh im Ohr…Er…hatte Angst vor ihm? Er hatte Zweifel an sich selbst? Tetsuo verbarg sein Gesicht hinter seinen Händen und weinte noch leicht. Er kam sich selber so dumm vor. Wie ein kleines Mädchen das rumheulte weil es nicht weiter wusste. Aber er konnte es auch nicht abstellen. Er wollte nicht vor ihm weinen, also warum tat er es dann? War das ein…verzweifelter Hilferuf? Hoffte sein Herz somit das von Kaneda zu erreichen? Das war doch dumm…Aber genau das geschah. Denn kurz darauf fühlte er wie er mit beiden Armen umschlungen wurde, eine Hand dann sein Kinn packte und sie sich plötzlich küssten.

Es war ein langer und inniger Kuss gewesen. Diese Art von Kuss die Tetsuo so liebte…Wo er…ohne seine Kräfte nutzen zu müssen, spürte was Kaneda empfand. Er spürte die Liebe und die Lust nach ihm. In dem Kuss und in jeder Bewegung die er während des Küssens tat. Sie wie Kanedas eine Hand gerade von Rücken sanft runter glitt und sich auf seine Hüfte legte. Dort zupackte. Und als er zupackte schoss ein Schlag durch Tetsuo. Ein Schlag der Erregung…Es war natürlich. Wie wenn ein Männchen sein Weibchen von hinten fest an der Hüfte packte, verhinderte das sie floh, um dann in sie einzudringen und sie zu befruchten…Und genau diesen Instinkt weckte diese Berührung in ihm. Es war verrückt…wie animalisch sie doch waren. Nicht anders als Tiere. Und noch seltsamer war es das Tetsuo wie ein Weibchen darauf reagierte, obwohl er nicht das Zubehör hatte. Er sehnte sich danach von Kaneda genommen zu werden. Stark genommen und am Ende des sexuellen Aktes dann leidenschaftlich befruchtet zu werden. Auch wenn er ihm nie Kinder schenken konnte. Es war komisch, aber so fühlte er. Aber noch bevor er weiter den Gedanken vertiefen konnte ließ Kaneda plötzlich von ihm ab. Er löste den Kuss und sah ihm in die Augen. Ihre Gesichter dicht beieinander, als er sprach:

„Ich bin noch immer ich…und wenn du Angst hast, dann kannst du mir das sagen. Sag mir was es ist…Ich will nicht das du Angst vor mir hast Tetsuo…“

Und das war nicht gelogen…natürlich was es das nicht…Der PsyKI schluckte. Wo sollte er anfangen?

„…Seit ich dich kenne bist du ein Anführer. Deine Freunde respektieren dich und folgen dir. Weil sie dir vertrauen. Und auch ich…ich vertraue dir. Du hast etwas in mir berührt und damit Vertrauen geweckt von dem ich dachte es verloren zu haben…Und als Anführer willst du nur das Beste für dein Rudel. Das hat ein Alphatier so an sich…Doch momentan bist du so auf Rache und auf Beendigung dieses Konflikts mit den neuen Kindern fixiert…dass ich das Gefühl habe du verlierst deinen natürlichen Instinkt…“

„Welchen Instinkt meinst du…?“

Tetsuo fasste ihm sanft auf die linke Wange.

„Dein Rudel zu beschützen und zu behüten…“

Sie sahen sich nur an…und es tat Tetsuo weh diese Worte zu sagen:

„Denn in deine Güte, dein Herz, deine Stärke und deine Treue…in das habe ich mich…Ich habe Angst das du dies verlieren könntest…vielleicht wegen mir.“

Und das traf Kaneda noch heftiger. Und plötzlich bekam er auch Sorge. Hatte er sich wirklich so verändert und das nicht mitbekommen? Aber wenn Tetsuo das sagte…dann war da was dran. Und das wollte er nicht. Er schüttelte den Kopf und schmuste sein Gesicht an das von Tetsuo dran. Beide schlossen ihre Augen und genossen einfach nur die sanften Berührungen dabei. Es war wunderschön. Und bindend, genau das was sie liebten…Bis Kaneda aufhörte und sie sich wieder tief in die Augen sahen…als er sagte:

„Lass das. Du bist nicht daran Schuld Tetsuo…Ich…es tut mir leid. Es ist meine Schuld… Bitte sag mir weiterhin wenn du das spürst…Wenn du spürst das ich vom Weg abkomme…dann hol mich auf diesen zurück, ja Tetsuo? Und bitte…bitte wein nicht mehr wegen mir. Du weist ich will nicht das du wegen mir weinst…Ich liebe dich und ich möchte das nicht…“

Er liebt ihn…Tetsuo liebte ihn auch. Aber anders als Kaneda hatte…hatte er das noch nie gesagt. Er hatte noch nie gesagt dass er ihn liebt. Warum fiel ihm das so schwer? Oder eher gesagt: wovor hatte er Angst? Und dann küsste er ihn noch mal. Es war wieder innig, wenn auch etwas kürzer. Es tat so gut zu hören dass er ihn liebte…auch wenn er das bei jeder Berührung oder bei einem Blick spüren konnte…Aber der Kuss war so knapp gewesen weil Kaneda noch was danach sagte:

„Und es liegt nicht an dir! Ich will nicht hören das es an dir liegt Tetsuo! Ich kann es nur immer wieder sagen bis du es in deinen kleinen Dickkopf bekommen hast! Nicht von all dem ist deine Schuld! Hier in Neo Tokyo…hier ist es einfach anders als in deiner Heimat. Hier ist es kaputt und rücksichtlos…Also lass dich davon nicht beeinflussen Tetsuo. Es hat nichts mit dir zu tun!“

In dem Moment löste sich der PsyKI von seinem Männchen und setzte sich wieder normal neben ihn. Sah auf den Boden. Kaneda verstand nicht was dieser Abbruch sollte. Das war ungewohnt. Aber als Tetsuo anfing zu reden, wurde es ihm klar…

„Nein…es ist hier nicht wirklich anders…“

„Wie meinst du das?“

Und man sah dem jungen PsyKI an das er weit weg war. Das er mit den Gedanken seine Heimat so bildlich sah als wäre er dort…Und dann fing er an zu erzählen…Etwas was er Kaneda nicht gesagt hatte…aber es an der Zeit war.

„In meiner Heimat ist etwas nicht anders als hier…Weist du…auch wir wurden klassifiziert. Auch bei uns gab es soziale Unterschiede und nicht jeder ist gleichberechtigt. Ich denke Hierarchie muss in jeder Gesellschaft sein, sonst geht alles vor die Hunde…“

Das verwunderte Kaneda nun doch etwas.

„Wirklich? Ich dachte ihr seid sowas wie eine Sekte und jeder ist auf derselben Wellenlänge mit Gott oder so.“

Tetsuo sah ihn verwirrt an.

„Was? Nein das ist kompletter Schwachsinn. Wo hast du das denn her?“

Kaneda lächelte kurz frech.

„Keine Ahnung.“

Und dabei musste Tetsuo auch lächeln. Nur eine freundliche Geste von ihm…und er bringt den PsyKI damit auch sofort zum lächeln…Aber er erzählte dann auch schon weiter:

„Jedenfalls…Es gibt auch bei uns eine Rangordnung…Noch neben der Art und Weise dass wir durch unsere Fähigkeiten in gewisse Reihen fallen…Ich hab dir niemals gesagt warum ich so gekleidet war wie ich war, als wir uns damals kennenlernten.“

„Nein hast du nicht. Gab es dafür echt einen Grund? Ich dachte das wäre nur dein Stil gewesen.“

Tetsuo schüttelte den Kopf verneinend.

„Diese Kleidung…Jeder in meiner Heimat trägt diese Kleidung. Wir alle tragen weiß, aber der Unterschied liegt dann in der Farbe unseres Capes. Das ist unsere Daseinsrangordnung die wir nach außen tragen.“

„Also sowas wie ein Personalausweis?“

Tetsuo schüttelte erneut den Kopf.

„Ich denke nicht. Wenn auf dem draufsteht welche Daseinsberechtigung du im Stamm hast, dann ja.“

„Nein das steht definitiv nicht auf einem Perso drauf…Echt? Das wusste ich nicht. Also ich dachte echt nicht das dein Cape den Unterschied macht.“

Tetsuo stockte kurz. Man sah ihm an das es nicht leicht war darüber zu reden. War es so schlimm? Er wusste nicht mal ob Kaneda es verstehen würde. Aber…er wollte ihm das sagen. Er wollte ihm sagen woher er kommt und was in seiner Heimat normal war denn…es war kaum ein Unterschied zu hier…

„Weist du es gibt in meiner Heimat fünf Farben die uns bekleiden. Je nach der Farbe hast du quasi einen Stellenwert und unser Dasein im Stamm geregelt. Kinder tragen ein blaues Cape. Es steht für die unreife und die freie Kindheit. Wenn wir dann erwachsen werden, also fruchtbar und fortpflanzungsfähig, dann erhalten wir die Farbe Gelb. Das passiert in der Regel bei den Männern wenn sie ihre erste Ejakulation haben und die Frauen wenn sie ihre Tage bekommen und anfangen zu bluten. Beides wird dann der Hohepriesterin und dem Oberhaupt gesagt und damit wird dann der Rangwechsel vollzogen. Unser Oberhaupt hat ein schwarzes Cape. Es gibt nur ein einziges Oberhaupt und wie du ja weist beschützt er den ganzen Stamm in meiner Heimat. Seine Farbe steht für die Vielfalt und für die Erde auf der wir leben. Für das Fleisch und den Körper könnte man sagen.“

Daran konnte sich Kaneda erinnern, denn dass hatte Tetsuo schon mal gesagt. Er war sozusagen das Alphatier der Sippe. Was er sagte war Gesetzt und dazu war er noch mächtig.

„Dann kommt die Farbe Weiß…Weiß trägt nur die Hohepriesterin im Stamm. Meine Adoptivmutter Miyako. Weiß steht für die Reinheit und die größte stärke die Gott gleich kommt. Sie steht für die Seele und den Geist. Also ist sie sozusagen das Gegenstück zu unserem Oberhaupt das den Körper und das Fleisch symbolisiert.“

Kaneda drehte sich zu ihm und hörte weiter gespannt zu. Vollendete:

„Also bilden diese zwei eine Einheit…Körper und Seele.“

Tetsuo sah ihn an und nickte. Das hatte er gut beobachtet.

„Sie sind die Basis auf der wir leben. Ihre Worte sind Gesetzt und Stütze zugleich. Sie führen uns…Du merkst wir sind nicht zu verschieden. Auch ihr hab Menschen die euch führen. Habt eine Rangordnung. Im Grunde ist es doch das Selbe nur anders ausgelebt. Deswegen hasse ich Menschen auch nicht mehr…weil wir uns ähnlich sind. Nur haben wir eine andere Art dies zu leben. Unser Lebensstil ist anders. Aber…kann man einen dafür wirklich verteufeln? Nur weil er anders ist? Ich meine…wir tun doch niemanden was. Wir leben friedlich und geschützt, weit weg von euch und eurem Krieg. Also warum…warum hassen Menschen uns so?“

„Weil ihr anders seid.“

„Was?“

„Naja ihr seid schon anders. Ich meine du kannst mit deinen Gedanken Häuser in Trümmern legen, Schädel von Menschen platzen lassen und fliegen! Du kannst in die Vergangenheit und in die Gefühle von Menschen sehen! Das sind alles Dinge die ich nicht kann. Also ein Mensch wie ich nicht kann. Und wenn Menschen etwas nicht verstehen…dann bekommen sie Angst davor. Alles was anders ist und was sie nicht verstehen davor haben sie Angst. Und dann tun sie zwei Dinge: Sie fangen es und versuchen es zu verstehen…Oder sie töten es damit es ihnen nicht mehr gefährlich werden kann…So funktionieren Menschen Tetsuo.“

Und das war leider eine bittere Wahrheit die Kaneda und Tetsuo einsehen mussten. Vielleicht…vielleicht gab es nie eine Möglichkeit das ihre Rassen miteinander leben konnten. Nebeneinander leben konnten. Nicht solange sie voneinander wussten. Man sah es an der Stadt. Neo Tokyo versank im Chaos wegen Gerüchten aus der Vergangenheit und fanatischen Menschen die glaubten ein neues Zeitalter wäre angebrochen und das PsyKI die Menschen ablösen würden. Der nächste Schritt der Evolution und so…Aber Kaneda wollte das nicht glauben…Er wollte wirklich daran glauben dass sie zueinander finden würden. Da sie miteinander leben können, in Frieden und mit einer guten Zukunft im Blick. Ich meine: bei ihm und Tetsuo funktionierte das doch auch! Sie lieben sich! Menschen und PsyKI konnten sich lieben und verstehen! Es funktionierte doch…

Aber etwas fiel Kaneda noch auf…

„Was bedeutet die letzte Farbe?“

Tetsuo stockte erneut und sah ihn nur an. Man merkte richtig dass er nicht wusste wie er darauf antworten sollte. Als hatte er gehofft sein Liebster hätte nicht mitgezählt oder hätte vergessen was sein Cape noch mal für ne Farbe hatte. Aber offensichtlich nicht…

„Was bedeutet die Farbe Rot, Tetsuo?“

Und der junge PsyKI sah wieder auf den Boden und zuckte mit den Schultern undwissend und sanft. Als Kaneda das sah zog er die rechte Augenbraue verwirrt hoch.

„Wie? Du kennst die Bedeutung deiner eigenen Farbe nicht? Wie kann das denn passieren?“

Das wüsste er auch gerne…

„Es wurde mir nie gesagt…Ich habe diese Farbe schon getragen als ich ein Kind war.“

„Moment mal. Du sagtest eben dass Kinder Blau und dann später Gelb tragen. Warum hast du nicht Blau getragen und dann was anderes? Das verstehe ich nicht.“

„Ich auch nicht. Mutter Miyako hat es mir nie gesagt. Und irgendwann traute ich mich auch nicht mehr. Ich war nicht der Einzige im Dorf. Einige trugen auch Rot, aber es waren sehr wenige, du konntest sie an einer Hand abzählen. Aber ich spürte…dass ich anders war. Das etwas nicht stimmte. Ich wurde wegen meiner Farbe verachtet und beschimpft. Ich war ein Außenseiter, oder wurde eher zu einem gemacht. Und ich wusste nicht mal warum…“

Okay das klang wirklich komisch. Kaneda legte die rechte Hand an das Kinn und sah in Gedanken auch zum Boden. Wenn sie alle doch in Frieden und in Einigkeit lebten, warum gab es dann sowas im Stamm? Warum wurde Tetsuo ausgeschlossen und gehänselt? Das ergab überhaupt keinen Sinn. Zumindest keinen den Kaneda sehen konnte…

„…Blut.“

Sprach Tetsuo leise und sein Liebster sah wieder zu ihm.

„Was?“

„Ach ich weis auch nicht ich…ich hab die Farbe immer mit Blut verbunden. Mit unreinem Blut oder so…Keine Ahnung.“

Naja Blut ist rot und das Cape auch. Konnte man so sehen, aber unrein? Das war vielleicht nur eine Einbildung von Tetsuo. Wie konnte Blut unrein sein? Plötzlich stand Tetsuo auf und lief zu seinem Bett rüber. Unter diesem zog er einen Karton heraus und öffnete ihn. Darin waren andere Klamotten, aber alles was er tat war sich sein lieblingsstück rauszuholen…Und er streifte ihn sich auch gleich über…seinen türkisen Hoodie. Kaneda sah ihm dabei zu und lächelte dann. Als der PsyKI das Lächeln sah wurde er etwas beschämt und fragte:

„Was denn?“

„Nichts…Ich finde es nur schön wie sehr du das Teil magst.“

Tetsuo sah an sich runter und fasste sein Oberteil an dem unteren Rand. Dann musste er auch leicht lächeln und sprach:

„Daran hängen Gefühle…Ich hab ihn von einem Freund…Und er ist etwas was mich an mein neues Leben erinnert…“

So wie der Haarschnitt. Deswegen ließ er sich auch immer wieder die Haare regelmäßig von Kai schnippeln. Er verband das mit etwas schönem. Mit einem Neuanfang. Naja und Kaneda konnte nicht leugnen das er süß darin aussah…Aber warum zog er sich plötzlich um?

„Willst du irgendwo hin?“

Kam es spaßig von Kaneda. Er hatte aber selber keine Ahnung dass er damit voll ins Schwarze traf, denn Tetsuo nickte und lief dabei zu der Luke rüber. Er blieb stehen und machte diese auf und da wusste Kaneda auch was los ist und sprach erschrocken:

„Wowwowwow! Ist das jetzt dein Ernst?! Wo willst du hin?!“

Tetsuo sah zu ihm.

„Blöde Frage. Ich gehe in das alte Tokyo im Norden!“

Und da sprang Kaneda förmlich vom Bett auf und sprach lauter:

„Was?! Tetsuo das ist kompletter Blödsinn! Joker hat gelogen! Dort wird nichts zu finden sein!“

„Naja dann haben wir beide immerhin etwas frische Luft geschnappt.“

„Willst du mich verarschen?! Wir waren bereits Stunden unterwegs gewesen! Wir hatten genug Luft! Kai und Yamagata sind jetzt da draußen und wir zwei passen hier auf den Laden auf! Außerdem geht die Sonne schon langsam auf!“

„Hast du Angst dass man mich entdecken könnte am Tage?“

„Tetsuo! Lass den Blödsinn! Es ist einfach zu gefährlich!“

„Tja dann wirst du mich wohl beschützen müssen mein Großer.“

Und damit verschwand Tetsuo durch die Luke und aus dem Sichtfeld seines Partners. Kaneda schlug sich nur fassungslos an die Stirn. Oh mann. Wieder mal musste der Kleine seinen Dickschädel durchsetzten…Und natürlich war ihm nicht entgangen dass Tetsuo ihm eben noch verführerisch den Arsch entgegengestreckt hatte, als er in die Luke stieg…Wie konnte er bei dem Arsch „nein“ sagen? Richtig: nämlich gar nicht…Der mieseste und älteste Trick der Welt. Und Kaneda konnte ihm nicht wiederstehen wie ein Köter in seiner Hitze.
 

Es war ein fröhliches Fest wie immer.

Um das gewaltige Feuer, das mitten auf dem Platz des Dorfes gebaut wurde, tanzten viele Menschen. Der Nachtimmel war klar und Sterne erleuchteten diesen. Sterne wie man sie noch nie gesehen hatte. Hell klar und so weit weg. Frei in der Dunkelheit des Himmelbetts das blau bis schwarz funkelte. Es hatte etwas Beruhigendes an sich. So empfand das zumindest Tetsuo.

Auch er saß in der Nähe des Feuers und konnte seinen Blick nicht vom Himmel über ihm weichen lassen. Was gefeiert wurde interessierte ihn überhaupt nicht. Hatte nichts mit ihm zu tun. Für ihn war das nur ein weiterer Grund um an einem Ort und Ritual gebunden so sein, dass ihm so am Arsch vorbei ging wie nichts anderes. Obwohl er lieber wo anders sein wollte. Aber Mutter Miyako bestand darauf. Jeder sollte an diesem Fest der Liebe und der Paarung teilnehmen. War ja auch okay, aber Tetsuo glaubte nicht an die Liebe. Es gab mal eine Zeit als Kind wo er daran geglaubt hatte, aber das war lange her. Er war immerhin schon 15 Jahre alt. Kindische Ausmalungen von Liebe und ewiger Paarung waren nicht mehr in seinen Gedanken und belasteten diese. Er hatte sich damit abgefunden allein zu sein. Er empfand eben sowas nicht. Hatte keine Lust an der Paarung.

Dennoch wurde er aus dem Himmel über sich gerissen, als ihn etwas sanft an dem linken Oberarm berührte und er dann hinsah. Es war ein kleines Mädchen. Hellbraune Haare, die zu zwei Zöpfen geflochten wurden und mit rosa Bändern die diese zusammenhielten. Sie trug ein blaues Cape, wie alle Kinder und natürlich das weiße Gewand, als sie lieb zu ihm lächelte und fragte:

„Was bedrückt dich denn Tetsuo?“

Sie sagte das so lieb und freundlich und lächelte, dass ihm schon etwas unwohl dabei wurde.

„Nichts. Es ist nichts Kiyoko.“

Es war komisch. In der Regel mieden ihn alle im Dorf. Mutter Miyako und seine beste Freundin Kaori waren die einzigen großen Ausnahmen. Und dennoch schien er mehr Fans zu haben als er dachte. Kiyoko war gerade mal 7 Jahre alt, aber schon viel weiser und mächtiger als manch ein anderes Kind momentan im Dorf. Ausnahmen wurden pro Generation geboren. Natürlich reichte sie nicht an seine Kräfte ran, er war da doch als Kind noch gewaltig mächtiger gewesen, aber sie konnte auch schon Dinge sehr gut die andere Kinder nicht konnten. Unter anderem…Menschen durchschauen. Sie konnte Menschen berühren und sah sofort deren Gefühle und Charakter. Es lag ihr frei wie ein offenes Buch. Sie war sehr emphatisch. Deswegen wusste er auch das er ihr nichts vormachen konnte…Klar hatte sie ihn schon durchschaut. Sie wusste das ihn etwas bedrückte…und vielleicht auch was…Aber wie gesagt er wusste nicht was dieses Kind an ihm fand. Sie setzte sich sogar freiwillig neben ihn und suchte seine Nähe. Nervig.

„Du lügst.“

Sagte sie darauf freundlich und ehrlich. Klar log er! Das ging diese kleine Ratte nichts an. Muffig sah er zu ihr runter und fauchte leicht:

„Und du nervst! Geh jemand anderem auf den Sack Kiyoko! Ich bin nicht dein Babysitter und erst recht nicht dein Freund!“

Kalt. Und damit wand er sich ab und verschränkte die Arme schützend vor sich. Er sah genervt zum Feuer. Es nervte ihn…dieses ganze Fest nervte ihn! Verstand nicht warum diese notgeilen Affen um das Feuer tanzten nur um dann geknallt zu werden! Was sollte das?! Gab es echt nichts Wichtigeres im Leben?!

Kiyoko sah ihn einfach weiter an. Sie war nicht wütend über das was er sagte und auch nicht verletzt. Sie wusste…dass er das nur sagte weil er selber sehr traurig und verletzt war. Sich nach Liebe und Anerkennung sehnte. Und genau deswegen blieb sie weiter neben ihm sitzen und fing spontan an einen kleinen Blumenkranz zu flechten, aus den kleinen Blumen zu ihren Füßen. Sie wuchsen vor dem Holzstamm auf dem sie saßen. Diese gefällten Baumstämme waren nämlich Sitzmöglichkeiten um das Feuer herum. Aber etwas auf Abstand das natürlich genug Platz war um tanzen zu können. Grillen zirpten um sie herum und verstummten leicht durch die Lieder die gesungen wurden und die Trommelklänge die durch die Nacht hallten. Es hatte alles etwas sehr altes an sich. Es war eine neue Kultur die nichts mehr rein mit der Japanischen zu tun hatte. Sogar teils etwas indianisch war. Eben eine neue Kultur und Welt.

Tetsuo war noch immer innerlich etwas wütend auf alles um sich herum. Aber besonders auf sich…Und dann wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen, als ihn von rechts ein kleiner Junge am roten Cape rumzupfte und Aufmerksamkeit wollte. Er sah genervt hin und der kleine Junge sah ihn fröhlich an. Lachte auch etwas dabei. Er hatte ebenfalls hellbraune Haare, kurz und strubbelig und sprach dann zu dem Älteren:

„Du Tetsuo, willst du mit mir und Masaru fangen spielen? Bitte bitte!“

Er könnte platzen! Tetsuo hatte so die Schnauze voll und sah dann auch noch wie der Junge der genannte wurde, nämlich der kleine dickere Masaru mit ebenfalls hellbraunen Haaren, zu ihnen geschwebt kam. Und so waren sie beisammen. Das berüchtigte Esper Trio. Er schlug die Hand des Jungen von seinem Cape leicht weg und fauchte:

„Nein ich will nicht mit euch spielen Takashi! Lasst mich gefälligst in Ruhe und nervt jemand anderen!“

Esper Trio. Die drei Kinder wurden so genannt. Es waren drei sehr begabte Kinder, aber interessanter Weise brachten sie ihr volles Potenzial nur hervor wenn sie gemeinsam unterwegs waren. Sie bildeten eine Einheit etwas was sehr selten war. Noch dazu waren alle am selben Tag und im selben Jahr geboren. Sogar zur selben Stunde, plus minus Minuten. Aber von verschiedenen Eltern. Sowas hatte es noch nie gegeben. Kiyoko war die Einfühlsame und die Stimme der Vernunft. Sie war sehr emphatisch und konnte sogar leicht in die Zukunft sehen, aber das kam sehr selten und unkontrolliert. Sie war auch die Älteste der Drei. Masaru kam direkt nach ihr zur Welt. Er war der kluge Kopf und war sehr bewandert in Telekinese und im Fliegen. Er nutzte das wegen seinem Gewicht auch ununterbrochen und schwebte immer. Selten sah man ihn laufen. Und dann kam Takashi der Jüngste. Er war ein gutherziger Junge und war sehr talentiert im teleportieren. Auch verbarg er eine unglaubliche innere Stärke die es ihm ermöglichte Gedanken zu lesen. Er war der stärkste der Drei, aber auch der der nicht kämpfen wollte und Konfrontationen mied wie die Katze das Wasser. Gemeinsam ergeben sie eine Einheit und ein Wesen. Zudem verband sie das ihre Eltern tot waren. Tetsuo wusste nicht mal warum das passiert war. Interessierte ihn auch nicht. Und warum auch immer, hatten sie die Angewohnheit sich in der Nähe von ihm aufhalten zu wollen. Behandelten ihn wie einen großen Bruder. Der er aber nicht sein wollte. Tetsuo konnte nicht mit Kindern. Das wussten sie auch, er hatte es oft genug durchschimmern lassen. Aber dennoch gaben sie nicht auf. Immer wieder kamen sie zu ihm. Das waren seine kleinen persönlichen Anhänger. Sie waren so nervig für ihn…

Er stand auf und sah hinter sich zu dem Stamm runter, auf dem er eben noch gesessen hatte. Wie Tauben hatten sich die Kinder da hingesetzt und sahen ihn erwartungsvoll und lieb an. Was erwarteten die denn nun!? So drehte er sich um und legte die Hände in die Hüfte, beugte sich etwas runter und fauchte zu jedem abwechseln runter:

„GEHT. MIR. NICHT. AUF. DEN. SACK! Hat das jetzt eure Schaltkreise erreicht, oder muss ich euch erst ne Zeichnung davon machen!?“

Nachdem er das gesagt hatte sahen sich die Kinder verwirrt und abwechselnd an. Tetsuo ahnte schon schlimmes. Und dann sahen sie wieder zu ihm hoch und Takashi sagte freundlich:

„Wir mögen dich trotzdem großer Bruder. Egal wie du bist.“

Sie lachten dann leicht abwechselnd und Tetsuo schwillte der Kamm und platzte förmlich der Sack vor Wut. So das er runter fauchte:

„ICH BIN NICHT EUER GROßER BRUDER!!“

„Weist du, du bist viel netter als du zu gibst.“

Sagte dann plötzlich Kiyoko sehr neutral zu ihm hoch und dem Älteren blieb plötzlich alles im Hals stecken. Er sah sie verwundert an und war etwas erschrocken zugleich. Woher…wollte sie das wissen? Eigentlich war er gut darin seine Gefühle zu verbergen, aber dieses Balg schaffte es echt durch seinen Schutz und seine Fassade durchzuschauen. Sie sahen ihn weiter an. Blicke die ihn zu durchbohren schienen. Und er…verlor die Stärke. Er spuckte neben sich auf den Boden und stellte sich wieder aufrecht, verschränkte die Arme vor sich, als würde es ihn schützen und sah arrogant weg dabei. Er konnte das nicht…also Blicken so lange standhalten.

„Denk doch was du willst! Blöde Gören.“

„Es wird schon bald jemand kommen…“

Als sie das sagte sah Tetsuo wieder verwirrt zu ihr hin. Was? Was laberte sie da? Und sogar die Jungs rechts und links neben ihr sahen erstaunt zu ihr. Kiyoko hatte die Augen geschlossen und hielt den Blumenkranz ganz dich bei sich an ihre Brust gedrückt. Tat sie…etwa…? Dann machte sie die Augen auf und sah zu ihm hoch, lächelte und vollendete ihren Satz:

„…jemand der dich liebt wie du bist. Und um deine Hand anhält. Er trägt den Selben Schmerz wie du in seinem Herzen Tetsuo. Und er wird…alles verändern…“

Er sah sie nur an…Veraschte sie ihn? Es war ja bekannt dass sie immer mal Blicke in die Zukunft erhaschen konnte, aber auch dass diese nicht sehr präzise waren. Mehr Bruchstücke, die missverstanden werden konnten und zusammenhangslos waren. Reimte sie sich da gerade etwas zusammen? Jemand…der ihn liebte und um seine Hand anhielt…Er schüttelte den Kopf sauer und sprach:

„Veralbern kann ich mich selber! Dafür brauche ich dich nicht Kiyoko!“

Aber er konnte nicht weiter in Wut ausbrechen…den etwas erdrückte ihn. Er fühlte wie sich ein Druck in seiner Brust breitmachte und ihn etwas umschlang. Wie eine Lawine über ihn kam und ihn drohte darunter zu verschütten. Und es kam von hinten. Das Gefühl kam von hinter ihm rein gebrochen. So das er sich langsam umdrehte. Und sich alles wie in Zeitlupe abspielte. Die Kinder sahen auch an ihm vorbei. Und nur Kiyoko verzog das Gesicht leicht unsicher.

Er war…wieder da. Schemen und Schatten tanzten. Funken sprühten in der Nacht. Und diese Person tanzte um das Feuer und hatte Tetsuo mit seinen Blicken gefangen und mit einer Kraft umschlossen. Eine die ihn innerlich zerdrückte und versuchte sein Herz zu manipulieren. Er stand nur da…konnte sich nicht lösen. Sah ihm beim Tanzen zu und die Angst machte sich in ihm breit. Er konnte sich nicht bewegen. Er wollte…aber konnte nicht. Panik überkam ihn innerlich. Etwas hatte ihn fest im Griff.

Und dann kam der junge Mann näher. Hörte auf zu Tanzen. Ziel gerecht. Bis er leicht auf Abstand vor ihm stand. Ein böses Lächeln…und dann eine Hand die er Tetsuo reichte. Die Geste anzunehmen…auf das er ewig ihm gehören würde. Es gab dann kein Zurück mehr. Wenn er die Hand nahm, dann war das versprochen. Wie ein Packt mit einem Gott. Unzertrennlich. Tetsuo zitterte. Das war…es war nicht richtig. Er…er wollte diese Hand nicht nehmen. Aber…etwas zwang ihn…Etwas zwang ihn! Es sollte aufhören!

Und als er langsam den rechten Arm anfing zu heben, stand Kiyoko still von dem Baumstamm auf. Takashi und Masaru sahen ihr verwirrt nach. Das sie sich das traute…denn im Gegensatz zu ihr hatten die Jungs auch Angst vor ihm. So wie viele im Dorf. Sie kam neben Tetsuo und hielt den Arm fest. Verhinderte einen schrecklichen Fehler, der durch Manipulation beinahe durchgeführt wurde. Und damit riss sie Tetsuo aus dieser Trance. Er sah erschrocken zu ihr runter und sie lächelte sanft zu ihm hoch, schüttelte den Kopf dabei. Es war nicht richtig…sie hatte jemand anderen gesehen für Tetsuo…Und Tetsuo sah wieder auf. Sah zu dem jungen Mann…Sah Akira an und wand sich dann fluchtartig ab. Er rannte. Es kam ihm vor als würde er um sein Leben rennen. Denn beinahe…hätte er sich auf ewig mit Akira gepaart. Und als er in die Dunkelheit rannte, hoffte alles hinter sich zulassen, sah ihm Kiyoko noch nach. Sie war froh. So war es richtig. Denn sie sah einen ganz anderen Mann in ihrer Vision. Einen jungen Mann…mit einem warmen und aufmunternden Lächeln das Hoffnung in den Herzen sprießen ließ.
 

Die Sonne ging langsam auf und flutete mit ihrem Dämmerlicht den Highway am äußeren Rand von Neo Tokyo.

Noch war die Sonne nicht hoch genug am Himmel, so das sich die Schatten der Nacht noch über die Hochhäuser gelegt hatten, aber langsam spielten und ihre Form änderten, je höher sie stieg. Kaneda und Tetsuo saßen beide auf seiner roten Karre, als sie an einem großen und sehr alten Highway aus Neo Tokyo raus standen. Der Ältere zog seine Bille ab und sah über diesen hinweg. Hinter zu dem alten Stadtteil der sich als Ruinen hervorhob und langsam in Licht getränkt wurde. Der PsyKI hinter ihm dagegen sah dem Sonnenaufgang rechts neben sich zu, die im Osten über den Rand der Welt kam. Es war wunderschön. Und es war wie immer warm, so dass nur der leichte Wind kühlte. Kaneda sah auf seine Uhr am rechten Handgelenk und dann wieder nach vorne. Bevor sie los gefahren sind hatte er sich noch seine rote Motorradkleidung angezogen und darunter trug er eine rote Hose und sein gelbes T-Shirt. Er musste gestehen dass er noch nie zuvor über diesen Highway gefahren war. Dieser Bereich des alten Tokyo war komplett tabu für die Bevölkerung. Es war als wollte die Welt dass man diesen Ort vergisst oder hinter sich lässt. Und wenn er aus der Ferne die Gebäude sah, passte das perfekt. Sie waren noch älter und kaputter als alles andere außerhalb von Neo Tokyo. Und rechts neben ihm stand auch ein altes verwittertes Schild. Auf dem dick draufstand: Zutritt verboten. Radioaktives Gebiet. Nur für Militär zulässig. Und so weiter und sofort. Man sollte nie das Kleingedruckte lesen. Tetsuo sah von dem Sonnenaufgang ab und über die rechte Schulter seines Liebsten zu ihm. Fragte neugierig:

„Alles okay? Warum halten wir hier? Warten wir auf etwas Bestimmtes?“

Kaneda sah verwirrt zu ihm und schüttelte auch gleich den Kopf. Dann setzte er sich gerade auf seine Kiste, so das Tetsuo sich auch etwas hinter lehnen musste, damit beide gerade saßen.

„Nein ich hab nur kurz über etwas nachgedacht.“

„Über was denn?

Kaneda lächelte, so dass der Kleine es nicht sah. Verrückt. Er könnte locker seine Gedanken lesen, aber tat es einfach nicht. Er fragte wie ein ganz normaler Mensch nach. Kein Wunder er hatte versprochen das nicht mehr zu tun. Oder…hatte er vielleicht vor etwas Angst? Er sah wieder auf und dann freundlich über seine rechte Schulter nach hinten.

„Steig ab.“

Tetsuo sah ihn verwirrt an.

„Hä? Warum das denn? Müssen wir nicht nach da drüben?“

„Hey vertrau mir. Steig einfach mal ab.“

Was sollte das denn? Etwas unsicher und muffig stieg er allerdings dann doch ab. Warum sollte er ihm auch nicht vertrauen? Und so stand er neben der Karre und sah Kaneda an. Kam sich etwas wie abgestellt vor bis er dann mit den Schultern zuckte und fragte:

„Und? Was soll das jetzt genau?“

Kaneda sah ihn an und der kleine fühlte förmlich wie die Blicke seines Gegenübers seinen Körper rauf und runter fuhren, so das ihm unwohl wurde. Da war es wieder…warum erzeugte es so komische Gefühle wenn er spürte wie Kaneda ihn begutachtete…

„Zieh deinen Hoodie aus.“

Wie ein Stein erschlugen den jungen PsyKI diese Worte und er lief rot an. Fasste den Rand seines Hoodie unten stramm und fauchte zu ihm:

„W-was denkst du dir?! Ich werde nicht anfangen mich hier im Tageslicht und vor allem im Freien zu entblößen du Perversling!!“

Total überzogen und voller Phantasie. Kaneda dagegen sah ihn baff an. Und schlagartig musste er lachen. So stark das er sich echt am Griff seines Motorrades festhalten musste damit es ihn nicht davon runter pfefferte. Oh mann, dachte er echt es sollte jetzt für ihn strippen?! Das war zu drollig. Und Tetsuo lief noch röter an. Er kam sich dumm vor und fauchte beschämt:

„Hör auf zu lachen Kaneda!!“

Es dauerte einige Sekunden aber der Ältere bekam das hin. Wenn auch unter leichten Tränen. Er rieb sie sich weg und sprach dann:

„Oh mann…Hehehe…Du bist echt süß weist du das? Dachtest du echt ich will dass du für mich strippst damit wir dann auf meiner Karre vögeln können? Zieh mal deinen Kopf aus dem Gitter Tetsuo. Obwohl ich deinen Gedankengang mag, hehe.“

Zugegeben auf de Karre zu ficken wär schon echt geil. So im Licht der aufgehenden Sonne. Tetsuo seine Elfenbein farbene und wunderschöne Haut auf der sich der Schweiß sammelte und dann durch seine starken Stöße im Licht funkelte…Während er in perversen Gedanken kurz abdriftete wurde Tetsuo noch röter. Er kam sich so dumm vor. Es war wirklich peinlich. Aber…er dachte wirklich kurz daran das er wieder etwas versautes vorhatte. Warum auch immer…Kaneda fing sich wieder aus seiner Traumwelt und sprach:

„Ziehst du ihn bitte aus und gibst ihn mir?“

Was solle das denn? Egal. Es war schon peinlich genug, also tat er es einfach ohne lange zu fackeln. Er zog ihn über seinen Kopf und warf ihn dann genervt seinem Liebsten zu, der ihn auch locker mit der rechten Hand fing. Tetsuo stand nur noch mit seinem Hemd da und fragte genervt:

„Und? Zufrieden? Was soll der Blödsinn?“

Kaneda legte sich den Hoodie unter das rechte Bein und sah wieder freundlich zu Tetsuo rüber.

„Der würde dich beim Fliegen nur stören.“

„Was?“

Was meinte er damit…beim Fliegen? Das verstand er nicht. Nicht die Worte sondern den Sinn dahinter. Aber Kaneda erleuchtete ihn auch schon:

„Ich dachte du möchtest deine Flügel mal wieder austrecken. Weist du…seit du bei uns in Neo Tokyo bist hast du nicht mehr die Möglichkeit gehabt zu fliegen wann du möchtest oder falls überhaupt. Zwischen Menschen bist du damit auffällig und es ist gefährlich…Ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube es bedeutet dir sehr viel fliegen zu können. Oder irre ich mich?“

Nein…nein er irrte überhaupt nicht damit. Fliegen zu können…war etwas wovor Tetsuo keine Angst bei seinen Kräften hatte. Schon als er klein war liebte er es. Es gab ihm das Gefühl von Freiheit und hingehen zu können wo man wollte. Er sah auf den Boden und nickte nur langsam. Er wollte nicht antworten…das war auch nicht nötig, denn Kaneda verstand auch so.

„Ich fühle mich als hätte ich dir die Flügel gestutzt.“

Und da sah Tetsuo wieder auf. Sichtlich verwirrt. Er…dachte was? Und Kaneda sah plötzlich weg und in die Ferne. Schien etwas betrübt.

„Oder als hätte ich eine Leine um dich gelegt…Als ich dich kennengelernt habe, sagtest du dass du dich von niemanden an die Leine legen lässt. Du liebst deine Freiheit sehr und hattest Angst dich fesseln zu lassen. Das ist gerecht. Ich glaube das ist der natürliche Instinkt von uns Männern. Auch ich möchte nach meinen Regeln leben…Aber auch ich habe mich teils selbst an die Leine gelegt. Ich glaube sowas passiert einfach wenn man Menschen trifft die man liebt oder die zur Familie geworden sind. Man macht automatisch Abstriche und sucht nach einen Beisammensein und einem Leben miteinander. Das ist der Lauf der Natur. Wir können nicht ewig egoistisch sein wie Kinder. Und gemeinsam Leben bedeutet sich der Gefühle der anderen bewusst zu sein und damit zu leben. Einen mittleren Weg zu finden auf dem alle glücklich sein können. Es ist viel mehr Arbeit als sich allein und egoistisch durch die Welt zu schlagen. Aber ich denke…es lohnt sich immer. Oder was meinst du?“

Er sah dann wieder freundlich zu Tetsuo rüber, der ihn erstaunt ansah. Was er dazu meinte? Es stimmte. Alles was er sagte stimmte, oder zumindest sah das Tetsuo genauso. Und in der Sekunde realisierte er…das er nie wirklich erwachsen geworden war. Als er noch in seiner Heimat lebte, auch als er bereits fünfzehn wurde…war er noch immer das Kind das dachte lieber allein sein zu wollen, weil andere einem wehtun. Und er hätte nie gedacht…das Kaneda der sein würde der ihm den Spiegel vorhält und mit einem Schlag auf den Hinterkopf klarmachen würde…das es an der Zeit war erwachsen zu werden. Erwachsen werden bedeutete nicht dass man aufhören sollte Spaß zu haben, zu spielen, frech zu sein oder endlich sein Gemüse zu essen ohne zu meckern. Es bedeutete Verantwortung zu übernehmen. Nicht nur für sich…sondern auch für die die man liebt. Und wenn er ihn so sah…diesen Mann auf dem Motorrad, die Sonne hinter ihm aufgehend und das Lächeln auf den Lippen, dass ihn warm werden ließ und ihn mit Mut und Hoffnung füllte…da wusste er es…Er wollte erwachsen werden. Denn nur so konnte er mit dem Mann zusammen sein den er liebte. Er konnte mit Kaneda zusammen sein. Es stimmt. Er wollte sich nicht anleinen lassen. Das hatte er immer gesagt. Aber nun…Verstand er es. Man wurde nicht voller Zwang an eine Leine gelegt und war mit diesem Menschen deswegen zusammen. Nein. Man ließ sich freiwillig an die Leine legen. Weil man es wollte. Weil es bei den Menschen den man liebt…keine Leine ist.

Er schluckte kurz und lächelte dann glücklich zurück. Er war…wirklich gesegnet. Gesegnet diesen Mann gefunden zu haben. Nie glaubte er an die Liebe. In seiner dummen Kindlichkeit dachte er nicht an Liebe. Aber das hatte sich geändert. Er war…erwachsen geworden. Und bevor wieder Tränen des Glücks sich aus seinen Augenwinkeln schleichen konnten, schniefte er und streckte sich kurz. Drehte sich den rechten Arm etwas zu Recht und sprach dann frech zu Kaneda rüber, der fragte:

„Lust auf ein kleines Rennen?“

Tetsuo grinste.

„Präg dir mein Gesicht gut ein.“

Kaneda sah ihn verwirrt an.

„Was? Wieso?“

Tetsuo kam etwas auf Abstand rechts vorne an das Motorrad und sah frech zu ihm.

„Weil du gleich nur noch meinen Rücken sehen wirst!“

Und just der Sekunde erhob sich Tetsuo auch schon vom Boden und flog los. Sauste förmlich davon. Kaneda grinste und klemmte sich den Hoodie unter sein rechtes Bein, zog die Fahrerbrille auf, schmiss seine Karre an und ließ sie auf schnurren. Und dann raste er ebenfalls los. Der warme Wind rannte beiden durch das Haar und wirbelte es auf. Tetsuo hatte noch etwas Vorsprung, aber es dauerte auch nicht lange da hatte sich sein Liebster mit dem Motorrad genähert. Der PsyKI sah rechts hinter sich und grinste lieb. Bekam ein Lächeln zurück und dann ließ er sich zurück zu ihm fallen, so das Tetsuo und Kaneda auf der selben Höhe die Straße runter bretterten. Er flog links neben dem Menschen und lächelte so glücklich dabei, was Kaneda nach links sehend nur erwiederte. Alles zog in Schemen an ihnen vorbei. Es gab nur noch sie in dem Moment. Und Kaneda wusste das es Tetsuo gut tat. Dieses Lächeln, was tief aus dem Herzen kam, war der Beweis.

Und dann machte der junge PsyKI noch verspielt und glücklich eine seitliche Rolle neben ihm und lachte sogar mit geschlossenen Augen dabei. Er genoss es. Er war frei wie ein Vogel dem man aus einem Käfig gelassen hatte. Und allein DAS machte Kaneda glücklich. Er wollte diesen Jungen glücklich sehen. Und hoffte…das er das für immer tun könnte…ihn glücklich machen.

Tetsuo sah wieder zu ihm und erkannte das Lächeln auf den Lippen seines Gegenübers, der nicht mal auf die Straße sah sondern seinen Blick auf den jungen PsyKI fokussiert ließ. Alles beobachtete was er tat. Und Tetsuo…verstand ohne Worte, lächelte sanft zurück und flog ein Stück näher an ihn ran. Streckte seinen rechten Arm zu ihm raus und reichte ihm die Hand. Als wollte er sich binden. Und während sie so schnell fuhren, diesen langen Highway hinunter, streckte Kaneda ebenfalls einen Arm aus, den linken und fasste nach der Hand von Tetsuo. Sie berührten sich. Erst ganz sanft an den Fingerspitzen und dann an der Handfläche. Zart, auch wenn Kaneda Handschuhe trug, fühlte Tetsuo die Wärme und Energie seines Gegenübers durch diese. Ein Wirbel der Gefühle entstand in den Bäuchen der Beiden. Und aus der sanften Berührung wurde schließlich ein Griff. Eine Verbindung. Sie hielten die Hände und rasten gemeinsam weiter. Dieser Moment zeichnete das Ganze aus wie sie sich kennengelernt hatten. Erst vorsichtig, wie am Rande der Fingerspitzen, was dann immer mehr wurde, bis zur Handfläche und jetzt…waren sie verbunden. Und so sollte es für immer bleiben. In alle Ewigkeit.

Sie sahen sich an und lächelten beide sehr sanft zueinander. Egal aus welcher Welt sie kamen…sie liebten sich. Und was auch immer sie verband war nicht mehr zu trennen. Und dann lachte Tetsuo und ließ ihn los. Er machte einen Satz über Kaneda rollend in der Luft und kam auf die andere Seite des Motorrads. Der Ältere sah ihm nach und lachte dann auch. Dann gab der PsyKI auch wieder Gas und raste nach vorne davon. Kaneda setzte nach und folgte. Und beide realisierten: Dies war einer der schönsten Momente seit sie sich kennen gelernt hatten. Als flogen sie zusammen. An einen Ort wo sie einfach sie sein konnten und sich auf ewig lieben.

In dem alten Stadtteil von Tokyo sah es schlimm aus als sie dort ankamen.

Zumindest von dem was sie sehen konnten. Es war normal geworden das die Teile um Neo Toyko herum verwittert, alt und Ruinen waren, aber der Norden setzte dem Ganzen noch mal ne Schippe drauf. Er war absolutes Sperrgebiet, denn kaum als Kaneda und Tetsuo das Ende des Highway erreicht hatten war da bereits ein Zaun im Weg und ein Checkpoint. Dieser wurde benutzt um Leute abzufangen und zu kontrollieren eher durfte keiner in diesen Bereich rein. Es war offensichtlich dass der Checkpoint erst später erbaut wurde. Sicherlich erst nachdem das Labor dort errichtet wurde. Wenn sich dort wirklich eins befand, aber der Zaun ect. sprach schon sehr dafür dass dahinter etwas war was die normale Bevölkerung nicht sehen durfte.

Tetsuo hatte das Rennen übrigens gewonnen. Er kam zuerst an dem Checkpoint an und war somit der Sieger. Kaneda hatte das mit dem Rennen nur so zum Spaß gemacht um ihn etwas anzufeuern. Es gab keinen Preis, also war es egal wer zuerst an kam. Sie standen vor dem Checkpoint. Zwei kleine Räume an denen man sich anmelden konnte und zwischen diesen waren Stahlgitterzäune, die sich drehten wenn man durch durfte. Alles war natürlich runtergekommen und sogar mit Brettern verstellt. Fenster zugenagelt und das große Schild rechts am Zaun, der der Gebiet umgab, war vollgeschmiert und am rosten. Auch wuchs überall schon Gras und Efeu durch die kleinsten Ritzen, egal ob im Boden oder an dem Gebäude und dem Zaun. Auf dem Schild stand: Militärsperrbereich. Zutritt nur mit Ausweis. Aber unter dem stand mit Graffiti hingeschmiert: Lügner. Und: Tod. Nicht sehr einladend. Aber dennoch war diese Stille sehr entspannend, wenn auch gespenstisch, die durch die Stadt fegte.

Kaneda saß auf seiner Karre und sah sich um. Tetsuo stand links neben ihm und war dabei sich seinen Hoodie wieder anzuziehen. Als er damit fertig war strubbelte er sich noch mal das wüste Haar zu Recht und streckte sich. Durch das Fliegen war sein Haar etwas struppig nach hinten gefegt worden, aber dennoch merkte man dass es ihm gutgetan hatte. Er fühlte sich endlich mal wieder ausgetobt. Und das ohne sich erschöpft zu fühlen wie es in letzer Zeit öfter der Fall gewesen war. Dann sah er zu Kaneda und fragte:

„Und? Wie wollen wir da durch? Soll ich uns nen Eingang machen?“

Kaneda sah noch nicht zu ihm und schob sich die Fahrerbrille hoch auf die Stirn, als er dabei von seiner Karre abstieg und sie ausmachte. Er war sich selber noch nicht sicher. Im Grunde war es eine einfache Lösung. Tetsuo konnte locker ein Loch in den Checkpoint reißen und sie spazierten rein. Aber er wollte noch nichts überstürzen. Also schüttelte er den Kopf.

„Warte noch. Ich möchte erst Mal schauen womit wir es zu tun haben. Vielleicht finden wir in den Hütten da Hinweise ob es hier wirklich ein Labor gibt. Dann können wir noch immer alles einreißen.“

Tetsuo sah ihn erstaunt an.

„Wow das ist…beachtlich vorsichtig von dir. Du bist doch eher der impulsive und spontane Typ bei sowas.“

Kaneda sah dann doch endlich zu ihm.

„Wir sollten vielleicht wirklich nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen. Selbst wenn wir wirklich da drin ein Labor finden, sollten wir nicht gleich zeigen dass wir hier sind. Das Militär ist momentan etwas aufgekratzt, die gehen jedem Hinweis nach. Ich möchte kein Aufsehen erlangen mit der Aktion. Wir finden heraus ob es sich lohnt und dann einen Weg hinein ohne alles in Schutt und Asche zu legen.“

Als das getan war lief er einige Schritte von seiner geparkten Karre weg und auf die rechte kleine Hütte zu. Tetsuo sah ihm nach. Er war noch immer begeistert. Was auch immer Kaneda so aggressiv und unberechenbar gemacht hatte, wie vorhin, war komplett verflogen. Er sah Dinge wieder sachlicher und ruhiger, dass beruhigte den jungen PsyKI selber sehr. Machte ihn froh. So kannte er ihn nämlich. Das laute und aufdringliche das war doch eher Yamagata sein Stil. Und dann lief er ihm nach und sah sich dabei neugierig in der Umgebung um. Immerhin hatte er sowas noch nie gesehen. Kaneda hatte derweil die Hütte erreicht und stand vor der Tür. Sie fehlte komplett und war nur mit losen Brettern vernagelt worden, so das Kaneda sich eins fasste und stark daran zerrte. Etwas verwirrt sah ihm der PsyKI dabei zu und blieb hinter ihm stehen. Sollte er helfen?...Nee. Mal sehen wie er sich anstellte. Und natürlich bekam der Ältere es dann auch mit einem Ruck ab und warf es neben sich auf den Weg. Tetsuo verschränkte die Arme und verzog das Gesicht etwas frech und amüsiert. Nicht schlecht. Derweil machte sich Kaneda in die Hütte und wedelte erst mal den Staub aus seinem Gesicht den er durch das Brett aufgewirbelt hatte. Dann sah er sich um. Rechts waren einige Aktenschränkte und ein Mülleimer. Überall lag eine dicke Staubschicht auf den Sachen und Pflanzen hatte sich bereits Wege in das Innere geschaffen, so dass im Licht der Sonne Pollen zauberhaft durch die Luft tanzten. Und dann sah er links von sich den Schreibtisch und Stuhl direkt unter dem Fenster stehen was zum Durchsprechen da war. Er öffnete eine Schublade links des Tisches und wühlte darin rum während Tetsuo hinter ihm rein sah und fragte:

„Wonach suchst du eigentlich genau?“

Kaneda setzte sich auf den Stuhl und blätterte durch verschiedene Dokumente. Das wüsste er auch gerne. Er wusste selber nicht genau was er zu finden hoffte. Dann legte er die Beine lässig vor sich auf den Schreibtisch und antwortete, weiter mit dem Blick auf die Blätter:

„Nach etwas was mir vielleicht sagen kann ob es hier ein Labor gibt.“

„Und du machst es dir dabei bequem?“

„Jap. Könnte vielleicht etwas dauern.“

„Und was soll ich machen?“

„Ich bin mir sicher du findest schon was. Flieg nur nicht zu weit raus und bleib in der Nähe.“

Tetsuo sah ihn muffig an.

„…Alles klar Mama.“

Kam es motzig aus ihm und er drehte sich um und ging von der Tür weg. Kaneda grinste nur frech. Ihm war der Sarkasmus natürlich nicht entgangen und das amüsierte ihn. Aber bisher waren bei den Dokumenten noch keine besonderen Sachen dabei. Aber er war auch erst mit der ersten Schublade durch. Er hatte im Notfall noch zwei vor sich.

Tetsuo saß derweil draußen, seitlich auf der roten Karre seines Liebsten und sah einfach nur zum Himmel rauf. Er wusste nicht was er tun sollte. Er war nicht gut darin Zeit zu töten und langweilte sich in der Regel auch sehr schnell. Bei so einer Situation zeigte sich das auch er schnell Hummeln im Hintern hatte, obwohl er bei anderen Dingen eher ruhig bleiben konnte. So fühlte er sich gerade abgestellt und gelangweilt. Oh mann.

Er streckte sich und sah dann wieder vor zu dem Checkpoint. Und dann fiel ihm etwas auf. Ein Leuchten…Sofort sprang er von der Karre und lief im Eiltempo hin. Nämlich zu der anderen Hütte links von ihm. Als er dort ankam ging er langsam in die Hocke und lächelte. Er…er hätte nie gedacht hier so was zu finden. So schob er ein loses Brett von der Mauer der Hütte weg und befreite dort etwas und ließ Sonnenlicht darauf scheinen. Kaneda hatte dagegen einen Volltreffer gelandet und kam von dem Stuhl runter, sprach laut und erfreut:

„Bingo! Wusste doch es lohnt sich!“

Eine Akte über einen Menschen der an diesem Ort gearbeitet hatte. Jemand aus einem Labor wie es aussah. Und dann kam er nur mit dem Dokument in der rechten Hand aus der Tür raus gewackelt und sah sich um.

„Tetsuo! Ich hab was gefunden! Tetsuo?“

Wo war er denn? Er war nicht zu sehen und innerhalb von Sekunden hatte Kaneda das Gefühl jemand würde sein Herz zerdrücken. Die Sorge krabbelte gleich in ihm hoch. Aber bevor es schlimmer wurde und er sich panischer umsah, wanderte sein blick nach rechts und er sah den jungen PsyKI auch schon. Sofort lockerte sich der Griff um sein Herz und er atmete auf. Er mochte es nicht wenn er Tetsuo nicht in seiner Nähe hatte oder wusste wo er war. In den letzten Wochen hatte sich das zu einer Angst entwickelt. Er wollte ihn immer um sich haben. Ganz besonders weil Neo Tokyo für den Kleinen nicht sicher war. Noch weniger als vorher…

Er sah ihn da hocken und lief zu ihm hin. Was machte er da? Warum hockte er neben der Bude?

„Tetsuo? Was machst du da? Warum antwortetest du nicht wenn ich dich rufe? Du weist doch das ich da schnell nervös werde vor Sorge.“

Jammer, jammer, jammer. Und dann kam er neben dem Schweigenden an und sah zu ihm runter. Sah endlich was der Kleine da machte. Ein sanftes Lächeln lag auf den Lippen von Tetsuo und Kaneda sah warum, auch wenn er es nicht verstand. Dort waren Blumen. Stink normal Butterblumen, aber auf einer saß ein Insekt drauf. Ein Glühwürmchen. Ganz still und schweigsam saß es auf einer der Blüten und flatterte nur leicht mit den Flügeln, als würde es sich strecken oder damit kühlen. Ein wunderschönes Insekt und auch nicht so oft zu finden. In der Stadt erst recht nicht. Es waren ländliche Tiere und brauchten Ruhe so wie auch Dunkelheit. Sowas gab es in Neo Tokyo mit seinen ganzen Lichtern nicht. Wieder etwas was die Stadt verloren hatte durch die Technologie und Industrie. Er kam runter in die Hocke und sah mit auf das Insekt. Und Tetsuo sprach dann, ohne den Blick von dem Kriecher abzuwenden:

„…Ich habe noch nie eins gesehen…Wusstest du das Glühwürmchen eigentlich keine Würmer sind? Eigentlich sind es Käfer. Warum hat man sie so genannt? Vielleicht weil es süßer klingt? Ich habe in Büchern von ihnen gelesen. Nur die Männchen können fliegen. Wusstest du dass sie die Dunkelheit brauchen? Ohne sie finden sie nicht das Glühen ihrer Partnerin und finden nie zueinander um sich zu paaren. Sie sterben dann ganz allein…Sicher die Männchen sterben so oder so nach der Paarung. Aber wenigstens nicht allein…“

Kaneda sah ihn an. Es kam so…mit Trauer aus Tetsuo…Er lächelte aber dann und stand wieder auf. Lief hinter den Kleinen und umschlang ihn auf den Knien von hinten. Er fasste die Hände des PsyKI und verwirrt fragte Tetsuo nach hinten sehend:

„Was machst du denn?“

„Vertrau mir.“

Hauchte ihm Kaneda sanft in das rechte Ohr und führte dann die Hände von Tetsuo mit seinen eigenen. Legte seine Handflächen auf die Handrücken des Kleinen und führte ihn. Schnell aber sacht führte er sie um das Glühwürmchen zusammen und Tetsuo erschrak. Er hatte das Insekt in den verschlossenen Händen und sprach dann erschrocken zu Kaneda hinter:

„Nicht! Du tust ihm noch weh!“

So besorgt, auch um ein Insekt…Es war in seinen Händen gefangen und er spürte wie es panisch darin flatterte. Wollte seine Hände öffnen, als würde die Panik auf ihn übergehen und er fühlen was das Insekt fühlte, aber sein Liebster ließ das nicht zu, hielt sie in der Position. Nicht…Es kribbelte immer weiter und dann hörte es auf. Kaneda sein Gesicht war rechts über der Schulter des PsyKI und er fragte:

„Fliegt es noch?“

Tetsuo schüttelte den Kopf. Warum machte er das? Er…er tötet es damit…Doch Kaneda zeigte ihm gleich warum. Ganz vorsichtig öffnete er mit seinen Händen die sanften Hände darunter und nur einen Spalt breit, so dass Dunkelheit darin herrschte und man diese sehen konnte. Man sah den Käfer nicht aber dann:

„Pass auf.“

Sprach der Ältere und pustete dann ganz sanft in den Spalt zwischen den Händen hinein. Und wie durch Magie leuchtete der Käfer sanft darin auf und zirpte. Ein zarter, grünlicher Ton der ein Funkeln in den Augen des PsyKI auslöste. Es ging ihm gut. Es war…wunderschön. Obwohl Tetsuo teils sehr ernst war und schnell zu emotionalen Wutausbrüchen neigte, zeigte sich dort eine kindliche Seite an ihm. Denn wie ein kleines Kind, dem man was zu Weihnachten schenkte, strahlten seine Augen vor Freude. Und er lachte sanft dabei. Und das war alles was der Ältere damit erreichen wollte. Er hatte damit es geschafft. Er wollte ihn glücklich sehen.

„Und?“

„Es ist…wunderschön. Das Zirpen ist so beruhigend.“

Antwortete Tetsuo leise und Kaneda ließ seine Hände los, verblieb aber hinter ihm in der Position. Diese kindliche Unschuld…hatte er auch mal gehabt. Es tat gut zu sehen das sowas noch existierte…auch in ihm, denn es machte ihn ebenfalls glücklich das mal wieder getan zu haben. Und der Junge vor ihm sah noch immer auf das Leuchten in seinen Händen hinab, als Kaneda zu ihm sprach:

„Ich hab das als Kind auch öfter gemacht. Immer wenn ich traurig war…Meistens habe ich mich nachts aus dem Zimmer im Waisenhaus geschlichen und welche auf dem Spielplatz beobachtet. Sie flogen immer in der Nähe der Büsche. Bis heute habe ich sie nur dort gesehen, weil das Waisenhaus weiter außerhalb und ländlicher lag. Dort haben diese Insekten noch ihre Ruhe. Ich hab mir eins gefangen und genau das hier immer gemacht. Es…spendete mir Trost. Es wirkte auf mich wie ein Licht der Hoffnung das alles besser wird.“

Er sagte das…mit gemischten Gefühlen. Trauer und Glück, dass hörte Tetsuo genau. Es war der selbe Schmerz den er kannte…Vorsichtig öffnete er dann seine Hände und sah den Käfer noch dort sitzen. Er hörte auf zu glühen, innerhalb von Sekunden, bis er seine Flügel öffnete und davon flog. Sie sahen ihm noch nach wie er in den Schutz der dunklen Hütte verschwand und dann drehte der PsyKI sich halb zu Kaneda hinter und sah ihn an. Sie waren sich wieder sehr nahe und sahen sich nur an…Bis Kaneda wieder lächelte.

„…Wir haben das genauso gemacht.“

Tetsuo legte den Kopf schief.

„Hm? Was denn?“

Sein Gegenüber lächelte noch sanfter.

„Wie die Glühkäfer. Du…du hast in der dunklen Nacht da gesessen und geleuchtet im Licht des Mondes. Und ich schwirrte herum und hab…dich gefunden. Erinnerst du dich?“

Und da lächelte Tetsuo sanft zurück. Natürlich erinnerte er sich.

„Sicher erinnere ich mich. Aber…du hast mich mehr gejagt du Witzbold.“

„Jagen Männchen nicht immer ihren Weibchen hinterher? Hehe, wo war da der Unterschied?“

„Du wolltest mich wegen Geld töten. Das ist für mich ein klarer Unterschied du Blödmann.“

Tetsuo ärgerte und stichelte ihn spielerisch, denn er lächelte die ganze Zeit dabei. Das verstand auch Kaneda und haute ihm leicht verspielt die Stirn an seine, beide lachten und sie schlossen gleichzeitig die Augen dabei, während sie Stirn an Stirn nur da saßen und atmeten. Es wurde um sie herum still. Es gab nur wieder sie und das Gefühl den anderen zu spüren. Er liebte es. Tetsuo konnte ewig so sitzen bleiben…Kaneda aber löste sich und der Kleine erwachte ebenfalls davon, sah ihm nur verträumt dabei zu und drehte sich komplett zu ihm um. Sie saßen nun direkt zueinander gerichtet und sahen sich an. Kaneda leicht größer als Tetsuo.

„Ich bin froh dass ich es nicht getan habe...“

Damit meinte er den Kleinen getötet zu haben. Das verstand er sofort. Und Tetsuo sah ihn nur an. Hörte ihm genau zu…

„Seit ich klein war habe ich mich verlassen gefühlt. Ich habe Freunde gefunden, aber nicht mal bei ihnen redet man tief aus seiner Seele, oder zeigt sich verwundbar. Ich hab…meine Gefühle und Ängste immer weggesperrt. Dinge aus meiner Kindheit die mich verletzt hatten. Meine Eltern die mich einfach ausgesetzt hatten und den Menschen in mir damit getötet haben der ich einmal war. Ich…ich hatte mich verändert zu etwas was ich nie war. Etwas was ich nicht sein wollte, aber musste um zu überleben. Ich hatte an dem Tag mein Herz und meine Seele getötet und dachte nie mehr lieben zu wollten. Aber…aber nun mache ich das. Aus dem Nichts tauchte da ein Junge in der Dunkelheit auf. Riss all meine Schutzwände nieder und ließ mich wieder in die Liebe vertrauen. Und dafür…möchte ich dir danken Tetsuo. Du hast mich gerettet und tust das noch immer.“

Er beendete kurz den Blick und streckte sich dann Tetsuo rechts vorbei. Pflückte eine der Butterblumen und kam wieder in seine Position zurück. Er lächelte und Tetsuo wurde warm. Er lief leicht rot an und spürte wie auch seine Atmung schneller wurde. Es war…so offensichtlich was…Zart und leise steckte ihm Kaneda die Blume in das Haar über den linken Ohr und ließ dann die Hand auf der Wange des jungen PsyKI ruhen. Er lächelte…er lächelte noch immer so sanft und behütend. Es würde Tetsuo nichts passieren, allein das sagte das Lächeln schon aus: Ich beschütze dich…Und während ein warmer Sommerwind über sie hinwegfegte sprach Kaneda zu ihm:

„Ich liebe dich Tetsuo. Und wenn du dir das wünschst…werde ich für immer an deiner Seite bleiben und dich beschützen. Denn ich möchte…das du meine Königin bist, die ich auf Armen tragen werde.“

Vielleicht war es etwas dick aufgetragen aber…es wirkte. Nein, es waren ehrliche Worte. Tetsuo sah ihn nur an und der Wind wehte noch immer sanft um sie herum. Bis sich leise eine einzige Träne aus dem rechten Auge des PsyKI schlich. Es war geschehen. Es gab keinen Zweifel mehr…und kein Zurück. Denn das wollte er auch nicht mehr.

„…Ich liebe dich auch…Shotaro.“

Und der Ältere sah ihn erstaunt an. Shotaro…Normalerweise hasste er diesen Namen. Alles an diesem Namen ließ ihn sich an seine Vergangenheit erinnern. Aber wenn Tetsuo ihn sagte…fühlte es sich vertraut und gut an. Zum ersten Mal seit er seine Familie verloren hatte…Und in seiner Brust schlug ihm das Herz so stark bis zum Hals, dass es das Gefühl erzeugte es würde gleich aus diesem springen. Noch nie war er so glücklich gewesen. Er beugte sich vor und küsste die Träne sanft von der Wange des Kleinen. Rieb dann noch mal mit der linken Hand über diese drüber und fasste schließlich beide Wangen mit seinen Händen. Zog das Gesicht näher zu seinem und flüsterte lieb:

„Du sollst doch nicht wegen mir weinen du Dickkopf.“

Er lächelte frech und lachte kurz dabei und auch Tetsuo regte sich endlich wieder und schniefte, sprach dabei leicht muffig, aber glücklich:

„Dann sorg auch nicht dafür du Esel!“

Blöd machte der Ältere das Geräusch eines Esels nach und beide fingen danach an zu lachen. Es war unvergleichlich. Unvergesslich. DAS war der Grund warum sie sich liebten. Genau dieser Moment. Weil sie sein konnten wie sie waren und sich nicht verstellen mussten. Und als sie aufhörten zu lachen, sprach Tetsuo noch leise:

„Es tu mir leid dass es so lange gedauert hat…“

So lange gedauert hatte zu sagen das er ihn liebt. Kaneda hatte das verstanden und lächelte nur frech darauf.

„Tja, bei Dickschädeln dauert das immer etwas länger, weist du?“

„Sagt der Typ mit der Wand um sein Herz.“

„Hehe touche…Ich mag ihn übrigens.“

„Hm? Was denn?“

„Meinen Namen…aber nur wenn du ihn sagst. Benutze ihn bitte nicht so oft. Lass es…was Besonderes ein. So wie gerade…“

Tetsuo lächelte und nickte. Das würde er…er hatte es nie gesagt, aber…er liebte den Namen. Shotaro war ein schöner Name…Und dann küssten sie sich. Es war überfällig. Aber es gab keine Zweifel mehr. In jener Nacht hatten sich zwei Seelen mit dem selben Schmerz gefunden. Zwei die sich ähnlich waren und auf der selben Wellenlänge ritten. Und ohne dass sie es wussten hatten ihre zwei Seelen nach einander gegriffen. Wollten einander berühren und sich kennenlernen. Denn da war etwas…Und als sie das getan hatten, hatten sie sich untrennbar miteinander verbunden. Sie konnten nicht voneinander weg und sich lösen. Wie Ranken ineinander verwachsen und verschlungen. Sie wollten sich weiter kennenlernen und fühlten sich zueinander hingezogen. Und in diesem Moment. In dem Moment wo sie sich küssten, der Sommerwind sie sanft umhüllte und das Licht sie noch extra wärmte, war es endgültig. Sie wussten es zu dem Zeitpunkt noch nicht, aber ihre Seelen waren durch den Kuss und der Liebe verschmolzen. Aus dem Griff der Seelen wurde eine Einzige. Von dem Zeitpunkt an, waren sie unzertrennlich geworden. Ihre Schicksale und Leben waren miteinander verknüpft. Was auf der körperlichen Ebene nicht offiziell war, war es auf der Spirituellen bereits. Denn ab diesem Zeitpunkt…waren ihre Seelen miteinander verheiratet. Die tiefste Bindung die es gab. So wie Miyako es mal erwähnt hatte…

A storm is approaching

Es war später am Nachmittag.

Die Sonne ging schon unter und tauchte alles in orangenes Licht. Der überfüllte Spielplatz wurde deswegen auch immer leerer und die Kinder machten sich einem nach dem Anderen in das Gebäude um zu Abend zu essen. Schaukeln, schwungen langsam aus vom Spielen und Sandburgen wurden im Sandkasten kaputt getreten. Eine Ziehmutter schrie laut über den Hof und trommelte alle Kinder nach und nach zusammen. Alle…bis auf Shotaro.

Er saß sehr weiter außerhalb des abgegrenzten Spielplatzes vom Waisenhaus, um den sich ein Maschendrahtzaun zog. In der Nähe von einem Gebüsch das an den Zaun gedrückt war und auch teils durch diesen wucherte. Und gekonnt ignorierte er den Ruf der alten Schabrake. Stattdessen saß er in der Hocke da und beobachtete etwas in der Dunkelheit des Gebüschs. Seine ganze Aufmerksamkeit lag darauf. Leise schwirrte dort ein einzelnes Glühwürmchen herum. Schimmerte wunderschön grün auf und wurde wieder dunkel. Im Wechsel schaltete es sich an und aus, wie eine Ampel. Bis es sich auf einen dünnen Ast setzte und nicht mehr glühte, dort ruhte. So das er es genau begutachten konnte. Eigentlich ein hässlicher Käfer, aber es gab noch schlimmere. Doch gerade weil sie so leuchten faszinierten sie ihn. Und weil sie fliegen konnten wo hin sie wollten…

Er war nun seit sechs Monaten schon in diesem Waisenhaus gestrandet. In der Hölle, in welche seine Eltern ihn brachten und dort zurückließen. Bewusst oder genötigt das war inzwischen egal. Und er hatte auch sein Bestes gegeben um sich unbeliebt zumachen. Warum eigentlich? Hoffte er echt darauf dass seine Eltern ihn wieder abholen würden, wenn die Leute hier die Schnauze voll von ihm hatten? Das würde nicht passieren.

Shotaro war…eines von diesen Kindern geworden dass verloren hatte das Gute in dieser Welt zu sehen. Er war am Boden zerstört. Und das zeigte sich in einer rebellischen Ader. Er hatte keine Freunde. Warum auch. Sein Vertrauen war zerstört und das auch in andere Menschen. Lange hatte er darüber nachgedacht warum er ausgesetzt wurde. Sehr lange. Und er fand keine Antwort darauf. Vielleicht niemals. War es Hass auf ihn gewesen? Wurde er eine Bürde? Zermaterte sich zu sehr den Kopf darüber für ein Kind in seinem Alter…Nichts…Er fand keine Lösung. Und dann verfielen die Trauer und die Gedankenspiele in etwas anderes. Verwandelten sich um. Aus Furcht wurde dann Wut und aus der Wut wurde Hass. Und der Hass wurde zu unvermeidbarem Leid, dass er dann auch öfter zu spüren bekam. So wie gerade…

Er hörte wie hinter ihm, sicherlich nur 4 Meter entfernt, ihn ein Junge verpetzte. Weswegen er bei der Stimmte hinter sich sah und einen düsteren Blick aufgelegt hatte. Natürlich. Er wusste an dem Klang der Stimme, dass es dieses fette Arschloch Toshi war. Der klassische Junge, der König des Spielplatzes war und mit seinen Freunden andere mobbte. Shotaro stand auf und lief langsam zu ihnen hin. Denn Toshi stand neben der alten Frau und zeigte auf ihn. Und der Blick von Shotaro…Wenn Blicke töten könnten, dann wären alle schon längst umgefallen. Die ältere Dame legte ihre Hände in die Hüfte und sprach etwas sauer:

„Shotaro! Du weist das wir alle reingehen, ohne Ausnahme! Warum bist du also so ungehorsam?“

Der Kleine blieb vor ihr stehen und sah sauer zu dem dicken Kind rechts neben ihr rüber, der nur fies grinste. Danach zuckte er mit den Schultern und sprach:

„Keine Lust.“

„Mitkommen. Alle beide.“

Sagte sie dann bestimmt, auf der Apell-Ebene und lief los. Noch bevor die Kinder ihr folgen konnten sagte Shotaro sauer zu Toshi rüber:

„Sag mal hast du ein Problem? Warum petzt du Toshi?“

Der sah wieder mies zu ihm.

„Klar hab ich ein Problem. Wir sollen alle rein und du hast nicht gehört, also hab ich das gesagt. So soll das doch sein, oder Shotaro?“

Und dann lief er vorne weg. Natürlich lag es daran. Sarkasmus. Das war nicht das Problem gewesen. Er hatte Probleme mit ihm, deswegen petzte er. Wie konnten Kinder in dem Alter schon so giftig sein? Dieser Ort verwandelte sie alle in Monster. Nein. Diese ganze Welt war verdorben und schlecht. Dinge die der junge Shotaro noch besser sah als früher…

In dem großen Speisesaal des Waisenhauses saßen dann schließlich alle Kinder zusammen und warteten auf das Essen. Drei lange Tische waren in dem Raum aufgestellt und ebenso lange Sitzbänke auf denen sie saßen und warteten. Dadurch dass es Kinder waren wurde es schnell unruhig in dem Raum. Erzieher mussten die Kinder ruhig halten und sprachen deswegen auch laut, oder nehmen einigen auch noch Spielsachen weg, die sie am Tisch dabei hatten, obwohl es verboten war. Einzig Shotaro saß leise an dem Tisch und starrte nur auf seine Hände die er vor sich auf dem Schoß liegen hatte. Sechs Monate…seit Sechs Monaten schlich sich immer wieder der Gedanke in seinen Kopf: Warum er abgegeben wurde. Er konnte es nicht abschalten. Es legte sich meist, wie ein Virus das sein Programm überspielte, in seine Gedanken. Und auch genau in diesem Moment passierte es erneut. Er schüttelte den Kopf. Wollte kindisch die Gedanken damit abschütteln. Es funktionierte nur teils. Und der andere Teil…wurde wieder zu Wut…

Toshi saß ihm gegenüber. Sie hatten die zwei Plätze bekommen, ohne das die Erzieher wussten dass die Jungs sich nicht leiden konnten. Und so wie ein Sturm sich meist erst ruhig ankündigte, wurde es schnell lauter und drohte zu eskalierten. Was genau in dem Moment begann, als das Essen auf den Tisch gestellte wurde und Toshi anfing zu essen. Es war nichts Besonderes. Nur Kartoffelbrei und Gemüse mit etwas Fisch. Aber zur Abwechslung schmeckte es mal gut. Aber wie gesagt nach einer Weile fing Toshi an Shotaro zu ärgern. Er trat ihm beim Essen immer mal wieder absichtlich, unter dem Tisch, an das rechte Bein. So das der Junge nach einer Weile genervt von seinem Teller aufsah und mürrisch sprach:

„Würdest du das sein lassen?!“

Toshi aber zuckte nur mit den Schultern.

„Ich kann nichts dafür. Dein Bein ist halt einfach im Weg, ich habe keinen Platz.“

Bullshit. Alles Lügen…Shotaro musste sich zusammenreißen und aß weiter. Aber dann passierte etwas was er seinen Lebtag nicht bereuen würde…Toshi schnickte egoistisch und frech etwas Kartoffelsalat von seinem Löffel zu Shotaro rüber. Traf ihn genau an der rechten Brusthälfte und versaute damit sein lilanes Oberteil. Die Kinder neben ihnen schraken kurz auf, aber aßen auch schnell weiter. Keiner wollte sich da einmischen und Ärger bekommen. Shotaro saß wie erstarrt da und sah nur auf seinen Teller. Er musste…ruhig bleiben. Aber sein Gegenüber machte es ihm nicht leicht und fing an zu lachen, sprach dann flüsternd rüber:

„Oh je. Da bekommst du aber ganz schön Ärger wenn du deine Sachen einfach so dreckig machst.“

Er drehte sich um und winkte nach einer Erzieherin und rief:

„Frau Sato! Shotaro hat sich dreckig gemacht und spielt mit dem Essen!“

Und noch nie zuvor…fuhr so viel Hass durch den jungen Körper des kleinen Shotaro. Er saß noch immer geschockt da und sah weiterhin auf seinen Teller hinab. Aber der Griff um seine Stäbchen in der rechten Hand verkrampfte sich bereits. Frau Sato kam derweil angelaufen. Eine etwas jüngere Dame mit langen schwarzen Haaren, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren und stellte sich dann neben Shotaro, da er am Rand des Tisches saß. Schließlich kam sie zu ihm in die Hocke und sprach erstaunlich ruhig:

„Das schöne Oberteil. Sowas kann passieren. Zieh dich danach sofort um, ja Shotaro?“

Er nickte nur still und dann strich sie ihm sanft über den Rücken und ging wieder weiter. Frau Sato war eine der wenigen Personen die nett zu ihm waren, was sich in der Sekunde wieder bestätigte. Und schließlich fand er wieder die Kraft weiter zu essen. Toshi schien aber nicht zufrieden zu sein. Das lief anscheinend nicht wie er es geplant hatte. Aber er wusste auch nicht dass er bei dieser Dame ausgerechnet die Falsche erwischt hatte zu dem Thema. Er sah Shotaro giftig beim Essen zu…

„Hatte deine Mama dich nicht lieb?“

Und da erstarrte der Kleine aufs Neue. So sehr das er noch mit den Stäbchen das Stück Brokkoli in der Luft hielt und es nur ansah. Aber bedauerlicherweise zuhörte.

„Sie hatte bestimmt keine Lust mehr auf dich. Deswegen bist du hier. Ich habe nie Eltern gehabt und da bin ich froh drüber, wenn ich dich so sehe. Tja böse Kinder kommen hier her, wenn die Eltern sie nicht mehr wollen. Oder deine Mama war einfach nur blöd.“

Und da legte Shotaro seine Stäbchen samt dem Essen ab und sah zu ihm rüber. Erstaunlicherweise…gelassen. Er lächelte sogar dabei etwas. Ein sehr böses Lächeln. Denn innerlich kochte die Wut.

„Ich muss mal aufs Klo.“

Sagte er unglaublich kühl und erhob sich endlich von der Sitzbank. Die Aura die ihn umgab was blutrünstig und voller Rache. Aber keiner in diesem Raum bekam dies mit. Bis es zu spät war…Shotaro ging um die Ecke an der er saß und rüber zu Toshi, der einfach wieder angefangen hatte zu essen. Und kaum als er neben ihm war…warf er ihm einen Blick in den Nacken der hätte töten können. Und als würde er von jemand anderem gelenkt werden…passierte es.

Schnell und geschickt hatte er Toshi am Nacken gepackt und drückte ihn nach vorne in das Essen! Es schepperte laut auf, als das Gesicht den Teller und Tisch küsste. Und die anderen Kinder daneben fingen an zu schreien. Etwas was Shotaro aber nicht mehr wahrnahm. Denn kurz darauf riss er den dicken Jungen von der Bank nach hinten und ließ ihn auf den Boden schmettern. Es war verdammt laut gewesen. Die Aufmerksamkeit von Jedem in dem Saal lag nun auf ihnen. Und Entsetzten ebenfalls. Dann schmiss Shotaro sich sofort über ihn und schlug auf ihn ein. Immer und immer wieder. Saß da und ließ seine Faust immer wieder in das Gesicht des Jungen unter ihm schmettern. Und zum ersten Mal, seit er in diesem Irrenhaus gelandet war…fühlte er sich gut. All die aufgestaute Wut ließ er aus sich strömen. So sehr das Toshi nur noch schrie und sich vor Schmerz nicht mehr wehren konnte. Das Gesicht rot von den heftigen Schlägen und die Nase bereits blutig. Und Shotaro genoss es. Denn das war schon lange überfällig gewesen. Es setzte Urinstinkte in ihm frei…

Kurz darauf wurde er von jemand runter und nach hinten gerissen. Sanfte Arme umschlossen ihn und drückten ihn fest an einen Körper. Es war Frau Sato gewesen die ihn fest an sich drückte und dabei laut sprach:

„Schluss Shotaro! Lass das!“

Der aber zappelte nur und wand sich in ihren Armen. Sie sollte ihn loslassen. Er wollte ihn weiter verprügeln! Er sollte bluten! Er sollte leiden! So wie er! Dabei Schrie er und versuchte nach dem Arschloch vor sich zu greifen:

„LOS LASSEN! ER HAT ES VERDIENT! ICH BRINGE IHN UM! ICH HASSE IHN!!“

Es hallte durch den ganzen Raum. Und während ihn Frau Sato noch immer mit alle Kraft fest hielt, wurde Toshi bereits von einer Kollegin ins Krankenzimmer gebracht. Wie ein Häufchen Elend und weinend. Aber genau so…wollte Shotaro ihn sehen…Er war fest in der Zange von Frau Sato. Saß in ihrem Schoß und atmete schnell und wütend. Sein ganzer Körper war verkrampft. Sein Blick Toshi folgend. Wie ein Raubtier das seine Beute nicht aus den Augen verlor…

Als es dann später bereits dunkel draußen war, saß Shotaro alleine in einem Zimmer auf einem Bett und sah auf dem Boden. Er wurde durch den Anfall in ein Zimmer gesteckt wo keine anderen Kinder schliefen und nicht normalerweise in sein Zimmer dem er zugewiesen wurde. Die Erwachsenen hielten es besser ihn diese Nacht zu isolieren. Und so saß er nun da. Allein in der Stille und nur das Mondlicht das ins Zimmer schien erhellte den Raum. Aber er fühlte sich nicht schlecht deswegen. Ganz im Gegenteil…es ging ihm großartig. Als hätte man eine Last von ihm genommen. Und er hatte seine Ruhe. Aber kurz darauf öffnete sich die Zimmertür rechts von ihm und er sah wütend hin. Frau Sato kam wieder rein und hatte ein Tablett mit Essen dabei. Sie lächelte ihm sanft zu und verschloss die Tür hinter sich. Als sie langsam auf ihn zukam sah er wieder weg und schwieg auch weiterhin. Bis sie sich rechts von ihm auf das Bett setzte und sanft zu ihm sprach:

„Hier. Du hast doch kaum was gegessen.“

Aber er reagierte nicht. So das sie das Tablett neben sich abstellte und sanft sprach:

„Was sollte das vorhin Shotaro? Du bist doch ein guter Junge. Toshi so zusammen zu schlagen das passt nicht zu dir.“

„Sprechen sie nicht mit mir als wären sie meine Mutter! Sie sind nicht meine Mutter!“

Kam es sauer aus ihm und er fauchte es zu ihr rechts hoch. In seinem Blick lag noch immer so viel Zorn. Zorn den er ihr zuwarf obwohl sie nichts damit zu tun hatte. Sie ihm nur helfen wollte. Aber das verstand er nicht. Er verstand die Welt an sich nicht mehr. Obwohl…doch er verstand sie. Es ging nur darum zu überleben. Es ging nur noch um ihn.

„Ich habe…keine Mutter mehr. Keine Eltern. Sie sind gestorben. Bei einem Unfall gestorben.“

„Shotaro, du musst so nicht sein. Du bist ein gutes Kind und manchmal passieren guten Kindern schlimme Dinge. Deswegen musst du nicht böse werden und aufhören das Gute in dieser Welt zu sehen. Wir wollen dir alle helfen, auch wenn du das nicht so siehst.“

„Ich will ihre Hilfe nicht!! Ich will von niemanden Hilfe!!“

Er sprach das sehr laut, krisch es schon fast weil er so wütend war. Seine Nachbarin sah ihn nur an und griff dann wortlos das Tablett. Stellte es auf ihnen Schoß und pickte sich mit den Essstäbchen ein Stück Fisch das sie ihm dann reichte und lieb sprach:

„Hier. Ess erst mal was.“

Aber sofort wurde ihr alles aus der Hand gefeuert. Shotaro hatte ihr wütend die Stäbchen samt essen aus der Hand geschlagen und es fiel auf den Boden. Sie sah ihn erschrocken dabei an. In seinen Augen…war so viel Hass. Dieses Kind…hatte sich komplett in seinen Gefühlen verlaufen. An einen Ort wo es dunkel war.

„Ich will nicht von ihnen gefüttert werden! Lassen sie mich in Ruhe! Lasst mich alle in Ruhe!“

Es war endgültig und sie sah ihn nur an. Es brachte nichts mit ihm zu reden. Er war noch immer zu geladen und unerreichbar. Also stand sie wortlos auf und ließ das Essen auf seinem Bett stehen. Hob alles was er auf den Boden gefeuerte hatte noch auf und legte es auf das Tablett. Und dann schüttelte sie nur den Kopf.

„Irgendwann wirst auch du wieder anfangen zu vertrauen. Auch wenn du jetzt denkst du kannst alles alleine. Die Welt ist nicht nur böse. Anstatt diesen Ort als Gefängnis zu sehen, solltest du ihn als etwas sehen was dir eine zweite Chance gibt.“

Aber Shotaro sah sie nur ernst an.

„Ich bin aufgewacht…aber sie nicht.“

Und damit war für ihn das Thema abgeschlossen und er drehte sich mit dem Rücken zu ihr und sah auf dem Fenster in der Ferne. Und als hätte sie den Kampf verloren verließ die liebe Dame schweigend das Zimmer und im Herzen von dem Kind machte sich immer mehr Wut breit. Aber plötzlich…wurde aus dieser Wut und der Stille…Trauer. Und er fing bitterlich an zu weinen. Nicht laut. Keiner bekam es mit außer ihm. Es brach einfach alles über ihm ein. Wurde zu viel. Doch zwischen seinem vertränten Blick sah er etwas hell grünlich schimmern. Etwas was draußen am Zimmer vorbeiflog und wieder seine Aufmerksamkeit erhaschte. Genau das Selbe was auch vorhin ihn in den Bann zog. Es waren Glühwürmchen. Und ohne lange darüber nachzudenken stand er auf und öffnete das Fenster. Bestaunte sie vertränt und kletterte dann aus dem Fenster. Wie hypnotisiert folgte er. Flog beinahe wie ein Glühwürmchen selbst raus in die Nacht. Als würde ihn etwas rufen. Oder als würde er etwas suchen. Jemanden suchen der ihn versteht. Ihn liebte wie er war. Mit all seinen Fehlern. Als würde er sein Weibchen suchen…Wie ein männliches Glühwürmchen…
 

Der Wind zog leise durch die Bäume und brachte die Blätter damit zum rascheln.

Bäume die am Rande des Feldes standen auf denen Kürbisse gezogen wurden. Inzwischen war es auch schon soweit das sie groß genug waren um sie zu ernten und zu essen. Und genau an diesem Feld, an einem Zaun der um eines der vielen Felder gestellt war, saß Tetsuo.

Er war angelehnt an den Pfeiler und blätterte im Schneidersitz in einem Buch rum. Es war sehr alt. Kam wahrscheinlich aus der alten Welt. Und war eigentlich auch zusammengeflickt aus verschiedenem Wissen der alten Welt. Darin stand alles, von einigen Maschinen, zu Tieren und Pflanzen. Er hatte es sich still aus dem Haus von Miyako mitgenommen. Da er nicht gerne mit anderen Kindern spielte, las er lieber für sich alleine in Büchern. Eigentlich sollten Kinder in dem zarten Alter von 6 Jahren anders sein. Aber er konnte schon richtig gut lesen und nutzte das auch. Er war schon immer anders gewesen. Begabter als andere. Aber leider auch verstoßener als sie. Warum wusste er nicht.

Und so kam es das er lieber für sich und allein war. Einzig Kaori ihre Anwesenheit mochte er. Sie war seine beste und einzige Freundin. Und genau jenes Mädchen kam langsam den Hügel hoch, auf dem er sich oben niedergelassen hatte und schlich sich leise an den Zaun ran. Hinter ihm kletterte sie dann auf das erste Stück Holz von unten und sah dann über den Zaun zu ihm runter. Sie lächelte und sprach:

„Was machst du hier Tetsuo?“

„Ich lese.“

Kam es in Gedanken aus ihm, als er noch weiter seine Nase im Buch auf seinem Schoß stecken hatte und sie nicht mal ansah. So das sie schließlich über den Zaun kletterte und zu ihm runter kam. Setzte sich rechts neben ihn und umschlang ihre angewinkelten Beine dabei, als sie zu ihm in das Buch sah. Er war gerade auf einer Seite auf der man eine Eidechse abgebildet sehen konnte. Schleimiges Tier. Kaori mochte sie nicht. Tetsuo aber fasste das Bild mit der rechten Hand sanft und strich drüber.

„Wusstest du das Eidechsen viele Eier auf einmal legen können? In einem Rutsch? Aber sie kümmern sich nicht um ihre Kinder. Sie schlüpfen ganz allein und überlassen sie sich selbst.“

Kaori sah ihn traurig an. Sie wusste warum er das sagte…Und da war er nicht anders als sie. Auch sie hatte keine Eltern und war allein. Sie waren sich sehr ähnlich…wenn auch mit einem großen Unterschied. Nicht der das sie Junge und Mädchen waren. Noch etwas anderes…Tetsuo blätterte dann weiter bis er auf eine Seite mit Insekten kam. Auch etwas was sie nicht mochte. Aber Jungs halt. Typisch. Er zeigte auf einen hässlichen Käfer und sprach dann:

„Die hier sind toll. Sie heißen: Glühwürmchen. Aber eigentlich sind es Glühkäfer. Ihr Hinterteil leuchtet im Dunkeln grün. Wusstest du dass sie so ihre Partner finden? Die Weibchen leuchten im Dunkeln und so können die Männchen sie finden.“

Da musste auch Kaori plötzlich lächeln.

„Wie schön. Dann finden sie so also den Jungen den sie lieben? Das ist so romantisch.“

Typisch Mädchen. So einfach war das dann doch nicht. Es kam einfach irgendein Männchen vorbei das schneller war. Nicht aus Liebe…Und da wechselte der Blick des Kleinen schnell wieder in das Traurige um. Er schniefte kurz mit der Nase und fragte dann:

„Meinst du…auch ich finde mal jemanden der mich liebt? Mich so liebt wie ich bin? Miyako sagte mir mal sowas, aber ich weis nicht was ich davon halten soll…“

Da rutschte Kaori etwas näher zu ihm und legte ihren einen Arm um seine Schultern. Drückte sich dabei etwas an ihn und sah runter auf das Bild von diesem hässlichen Käfer.

„Wenn sie das so sagt wird das schon stimmen. Ich denke dass da draußen für jeden ein Partner wartet. So wie Gott es will. Aus zwei Hälften wird eins. Und du bist auch eine Hälfte. Du wirst genauso wie die Anderen auch deine fehlende Hälfte finden die dich dann komplett macht. Miyako sagte mal: sie kommt in verschiedenen Formen. Junge oder Mädchen. Das ist egal und man würde sie erkennen. Man würde es fühlen.“

Er sah zu ihr und verzog etwas angewidert das Gesicht.

„Bäh! Ich liebe keinen Jungen! Ich bin doch selber einer! Sowas geht doch nicht!“

Aber er wusste es inzwischen auch anders. Er hatte schon Jungs gesehen die sich lieben. Und ehrlich gesagt…fand er das nicht mal schlimm. Da sprach nur die kindliche Trotzigkeit aus ihm. In der Sekunde zumindest. Kaori lächelte und sprach lieb:

„Wenn deine Liebe in der Gestalt eines Jungen auftaucht hast du keine Wahl, hehe!“

„S-Sag nicht sowas Kaori! Sowas gibt es nicht!“

Er meinte damit das Schicksal. Bei ihnen war es der Glaube, das Gott für jeden ein Schicksal hatte dem er folgen musste und von dessen Weg er nicht abkommen konnte. Aber Tetsuo glaubte nicht daran. Er wollte nicht daran glauben dass sein Weg fest in Stein gemeißelt war und er von diesem nicht abweichen konnte. Er wollte selber bestimmen wohin er geht und was er aus seinem Leben macht. Und wen er liebt. Mit der Einstellung stieß er nicht gerade auf Freunde. Nicht das ihn andere Kinder als Freund haben wollten. Sie gaben ihm nicht mal ne Chance…Kaori aber wusste woher seine Einstellung kam. Die anderen Kinder sahen es ihm nicht an, weil sie ihm keine Chance gaben ihn kennenzulernen. Aber sie wusste es. Er war ein kleiner Junge der sich nacheinem mehr sehnte als alles andere…und das war Liebe. Er hatte ein so reines und gutes Herz das nach Liebe schrie, aber keiner gab ihm diese. Nicht so wie er es brauchte zumindest. Auch sie konnte das nicht, so sehr sie auch wollte. Sie liebte ihn. Aber nicht als Mädchen sondern als Schwester. Als wäre er ihr Bruder. Aber was er brauchte war jemand der ihn als Person liebte. Aus tiefsten Herzen romantisch liebte.

Sie hörten Schritte und sahen beide hinter sich am Zaun vorbei. Drei Jungs kamen zu ihnen den Hügel hochgelaufen und bei ihrem Anblick drehte sich Tetsuo der Magen um vor Sorge. Es waren nämlich Watanabe, Kuwata und Takeyama. Die Drei hatten ihn schon immer auf dem Kiker gehabt und er wusste nicht mal wieso. Wahrscheinlich aber aus dem selben Grund wie jeder andere im Dorf…weil er ein rotes Cape trug. Sofort schlug er das Buch schnell zu und stellte sich hin, Kaori tat es ihm gleich und sie kamen über den Zaun, das Einzige was als eine Art Schutz zwischen ihnen angesehen wurde. Sie waren nicht feige, also machten sie es. Dennoch drückte Kaori sich etwas unsicher an Tetsuo und der musste sich allerdings ebenfalls die Unsicherheit unterdrücken. Zumindest für sie. Er musste jetzt ein Mann sein. Für sie ein Mann sein. Denn er spürte das die Drei nichts Gutes im Schilde führten. Das roch er zehn Meilen gegen den Wind.

Watanabe war der Anführer der Kids und kam vorne weg. Er hatte frech die Hände in den Hosentaschen und lächelte auch so. Mit einem Hauch des Bösen dabei. Sie waren alle natürlich weiß gekleidet und mit Cape. Nur Tetsuo seins stach in einem grellen Rot hervor, zu dem Blau der Anderen. Und dann waren sie auch fast vor ihnen. 2 Metern entfernt und standen da. Sahen Tetsuo fies an und Watanabe sprach:

„Ohhhhh, ist das nicht süß Jungs? Zwei Stinktiere die auf dem Pfad der Liebe wandeln wollen. Warum wollt ihr immer allein sein? Liebt ihr euch? Oder spielst du gerne mit Mädchen Tetsuo?“

Und dann fingen sie an zu lachen. Klassische kindliche Stichelleien. Tetsuo lief etwas rot an. So war das nicht! Aber er wollte sich auch nicht streiten. Seine Männlichkeit war sofort in den Keller gerutscht und er verlor den Mut. Fasste Kaori mit der rechten Hand an ihre Linke, da er das Buch in der Linken hatte, und sprach dann zu ihr:

„Komm wie gehen Kaori.“

Und erzog sie mit sich. Natürlich folgte sie ihm still und unsicher. Er war sehr erwachsen in dem Moment, dass er sich nicht auf Stichelleien einließ. Aber die Kids ließen sich nicht davon abschrecken. Zumindest Watanabe nicht. Er grinste frech und stellte Tetsuo genau in dem Moment ein Bein, als er an ihnen vorbei lief. Vor Schreck ließ er Kaori los und knallte auf den Boden. Quiekte kurz auf vor Schmerz als er unsanft auf dem rechte Knie landete und es etwas blutig geschrammt war. Dennoch blieb er still und sah auf seine Wunde. Es tat weh…

Die Jungs lachten ihn aus und Watanabe sagte:

„Was ist los Tetsuo? Du kannst so toll fliegen, aber anscheinend nicht mal richtig laufen!“

Kaori kam gleich zu dem Kleinen runter und rieb ihm über den Rücken. Er sah so…traurig aus. Und da platzte ihr der Kragen. Sie kam wieder wütend hoch und drehte sich zu den Jungs um. Fauchte:

„Was soll das?! Er hat euch doch nie etwas getan! Warum seid ihr so gemein zu ihm?!“

Überrascht sahen die Jungs sie an. Bis Takeyama dann verspottend sprach:

„Und bist du jetzt seine Mama? Das du ihn wie ein Baby in Schutz nehmen musst?“

Sie lachten wieder.

„Er ist kein Baby! Er ist viel erwachsener als ihr! Und ich denke ihr ärgert ihn nur weil ihr WISST dass er besser ist als ihr! Tetsuo kann alles im Unterricht besser! Aber ihr seid so kindisch dass ihr das nicht akzeptieren könnt und ihn deswegen ärgert! Lasst ihn gefälligst in Ruhe!“

Tetsuo sah erstaunt auf, als er das hörte und zu ihr hinter und hoch. Sie setzte sich so sehr für ihn ein. Obwohl sie doch keine Chance hatte…Denn als sie das gesagt hatte bekam sie Blicke zugeworfen die töten könnten. Und auch die Stille war unerträglich geworden. Und dann machte Watanabe einen Schritt auf sie zu.

„Sonst was? Was willst du schon tun? Hm? Du Schwächling. Du bist nicht mal gesegnet! Du bist einfach nur ein Mensch der die nächste Stufe nicht erreicht hat! Du kommst von außerhalb! Genau wie er! Du bist sogar noch weniger wert als er! Also erhebe nicht deine Stimme Mädchen!“

Es stimmte. Kaori war anders. Sie war ein ganz normaler Mensch. Genau wie Tetsuo kam sie von außerhalb ihrer Welt. Miyako fand sie als Baby in den Armen ihrer sterbenden Mutter, ganz in der Nähe ihrer Schutzbarriere. Sie versprach das Kind zu schützen und nahm sie auch mit. Sicher konnte sie nichts was die Anderen konnten. Aber sie gehörte zum Stamm. Lernte bei ihnen und ganz besonders in der Heilkunde. Das konnte sie auch richtig gut. Das Watanabe so mit ihr sprach…das ging gar nicht! Es war verachtend und gemein! Und kurz darauf sah Tetsuo mit Schrecken zu, wie das Mädchen das ihn eben beschützt hatte, sich gegen Jungs auflehnte sie stärker waren als sie, von den Füßen gerissen wurde und gegen den nächsten Baum geworfen wurde! Sie knallte dagegen und jammerte kurz auf dabei. Lag dann an dem Baum und kam auf die Knie. Sie schlotterte und weinte leicht. Und sie so zu sehen…legte in Tetsuo einen Schalter um. In Sekunden sah er plötzlich rot. Denn das Mädchen weinen zu sehen, die wie eine Schwester für ihn war…das durfte nicht sein…da wurde er zum Tier!

Er kam auf die Beine hoch und atmete schnell und wütend. Ihr Jammern das zu ihm drang feuerte seinen Wut und seinen Zorn nur noch mehr an. Etwas was er immer unter Verschluss gehalten hatte, aber nun wie ein Monster aus ihm hervorbrach. Die Ketten sprengte und die Barriere in ihm einriss. Und kurz darauf…blieb den Kids das Lachen im Hals stecken. Denn dann flog schon der Erste. Ohne Vorwarnung hatte sich Tetsuo Kuwata geschnappt, ihn mit seinen Gedanken von den Füßen gerissen und ihn in voller Stärke gegen den Zaun gedonnert. So stark das dieser dabei sogar sprang und Holzsplitter sich in den Rücken des Kindes bohrten. Kuwata schrie auf und heulte dabei. Es tat sehr weh. Aber Tetsuo war blind dafür geworden. Er sah zu den anderen Beiden, die sichtlich erstarrt waren. Nie hätten sie mit sowas gerechnet. Und dann sah Takeyama zu ihm und sprach sauer:

„Du Blödmann! Spinnst du?! Das bekommst du…!“

Er redet zu viel…Und kurz darauf wurde auch er in die Luft gehoben und mit voller Wucht auf den Boden geschmettert! So stark das er sich im Gesicht verletzte dabei. Seine Nase anfing zu bluten. Und Tetsuo…lächelte. Auf seinen Lippen machte sich ein genüssliches Lächeln breit, das Kaori mit einem Schrecken sah. Was…war mit ihm los? Sie bekam plötzlich Angst vor ihm. Das war…nicht Tetsuo. Und so rappelte sie sich auf und rannte davon.

Watanabe war der Einzige der noch stand und sah dann von Takeyama erschrocken zu Tetsuo rüber. Er genoss es…wieso genoss er es so?! Diese Kraft in ihm! Diese Macht tun zu können was er wollte! Sie hatten keine Chance gegen ihn. Er war ihnen überlegen. Und es gefiel ihm so sehr! Er würde jeden leiden lassen! JEDEN! Dieses Band lief immer wieder im Kopf des Kindes ab. Das Monster in ihm hatte übernommen und Tetsuo sein Selbst in einen Käfig gesperrt. Es gab keinen Ausweg mehr. Watanabe schrie zu ihm:

„Lass das Tetsuo! Du tötest niemanden von uns! Dazu bist du nicht mutig genug!“

Und kurz darauf machte Tetsuo eine Kopfbewegung nach rechts. Sie kam schnell und zuckend. Und synchron zu dieser Bewegung…brach ein Knochen. Es war der Knochen im rechten Bein seines Gegenübers. Schreiend brach Watanabe zusammen und hielt sich jammernd sein gebrochenes Bein. Es war sauber in der Mitte gebrochen. Nicht am Gelenk oder so, sauber der Knochen im Bein. Und es tat so gut ihn am Boden zu sehen…

„Nein…Aber ich will dich nicht töten. Nur leiden sehen!“

Sprach Tetsuo sauer und sadistisch und fing dann an zu lachen. Diabolisch wie man es einem Kind nicht zutrauen würde. Und zum ersten Mal…fühlte er sich frei.

„TETSUO!“

Sprach dann eine Stimme laut zu ihm und sein Lachen blieb ihm im Hals stecken. Langsam drehte er sich um und sah die Person die zu ihm gerufen hatte. Streng aber mit Verständnis sah sie zu ihm rüber…Miyako war gekommen und Kaori stand direkt neben ihr, so wie auch Kei. Kaori war nicht einfach weggerannt. Sie hatte alles der Hohepriesterin erzählt und sie geholt. Denn sie wusste nur SIE konnte ihn stoppen. Zu ihm durchdringen. Denn immerhin…war sie wie eine Mutter für ihn. Und es funktionierte. Der Junge stand nur da und sah sie erschrocken an. Die alte Frau tippte mit ihrem Gehstock einmal auf den Boden und sprach weiter:

„Es ist genug Kind. Lass deinen Zorn nicht weiter wüten. Er hatte seinen Spaß. Nun ist es genug Tetsuo.“

Keine Ahnung wie sie das machte, aber Tetsuo hörte auf. Der böse Blick in seinen Augen verschwand und es war als konnte man sehen wie der wahre Tetsuo zurück an die Oberfläche kam. Sie hatte ihn erreicht und aus dem Käfig geholt. Wie auch immer sie das getan hatte, dass konnte sich Kaori nicht erklären. Und dann fing der Kleine an zu zittern. Er sah voller Schrecken um sich. Sah was er angerichtet hatte und hielt sich dann die Hände vor den Mund. Er hatte das…getan. Er hatte Menschen…Und dann rannte er einfach los. Er floh panisch und mit Schrecken von dem Hügel und dem Feld. Rannte nach Hause. Das Buch ließ er einfach auf dem Boden liegen. Die Seite mit den Glühkäfern aufgeschlagen und im Wind wackelnd. Und als er endlich zuhause ankam, saß er dann im Dunkeln in der Ecke seines Zeltes. Er schlotterte und weinte schrecklich. Es war finster. Er war so allein. Er hatte schreckliche Angst. Er wollte das nicht. Er wollte nicht verletzten. Er wollte doch nur geliebt werden. So wie er war. Das eben war nicht er gewesen! Und dann saß er einfach nur da im Dunklen. Sendete Signale nach außen die keiner verstand oder wahrnahm. Nicht mal er selbst. Als würde er nur da sitzen…und auf ein Männchen warten das ihn nur so finden kann. Und ihn einfach liebt wie er ist…mit all seinen Fehlern. Wie ein weibliches Glühwürmchen…
 

Die schwere Luke zu ihrem Unterschlupf öffnete sich langsam nach oben.

Dadurch ließ sie die muffige Luft der Kanalisation in den Raum und Yamagata kam hustend nach oben geklettert und legte den Lukendeckel hinter sich ab, den er mit beiden Händen schwer geöffnet hatte. Das scheiß Ding wog immer wieder viel. Aber Hauptsache er kam aus diesem Scheißloch raus. Und so kletterte er in ihre Basis und reichte hinter sich nach unten. Eine Geste für Kai das er die Hand nahm und sich in den Raum hoch helfen ließ. Es war nicht viel Zeit vergangen seit sie weg gewesen waren. Vielleicht nur ne Stunde. Was aber auch an dem genialen Einfall des Kleinen gelegen hatte. Im Gegensatz zu ihnen machte sich Kai nämlich über die Karte der Stadt her und recherchierte alles gründlich und machte sich dabei sogar noch Notizen. Schrieb Orte nieder an denen sie waren oder es noch sinnvoll wäre diese zu überprüfen. Für Vorräte versteht sich. Und genau so haben sie nämlich einen Laden gefunden und kamen endlich an Medikamente ran, etwas was schon länger überfällig gewesen war. Denn so langsam wurden ihre Vorräte knapp in der Beziehung. Also ein voller Erfolg bei dem man sich auf die Schulter klopfen durfte.

Doch kaum als sie beide in den Raum hoch kamen, Yamagata die Luke wieder schloss und Kai sich umsah…stimmte etwas nicht. Besonders dem Jüngsten wurde unwohl…Kaneda und Tetsuo waren nicht da. Er sah besorgt zu Yamagata hinter der sich am rechten Arm etwas kratzte und sich ebenfalls umsah. Er schien allerding nicht so besorgt zu sein.

„Sind die noch immer Joker am foltern?“

Yama zuckte mit den Schultern auf diese Frage. Wenn ja war das ebenfalls beunruhigend, denn das würde zeigen das Kaneda echt mies drauf war im Moment wenn der ihn so lange foltern konnte. Aber das konnte eigentlich nicht…Der Große lief an ihm vorbei und setzte sich auf sein Bett, zückte ne Packung Kippen unter dem Kopfkissen hervor und nahm eine raus. Kai sah ihn fassungslos an, als er da so einfach saß und sich das Ding anzündete. Bis er auf ihn zeigte und sprach:

„Ist das dein Ernst?“

Yamagata sah zu ihm und hauchte den Rauch aus.

„Hm? Was denn?“

„Kaneda ist wahrscheinlich noch immer da drin und foltert Joker. Verliert sich dabei vielleicht sogar selbst. Und du sitzt einfach nur da und rauchst eine?!“

Er nahm die Kippe aus dem Mund.

„Jetzt stell dich nicht so an. Kaneda ist nicht so einer. Das weist du genauso gut wie ich Kaisuke. Außerdem ist der Spinner Tetsuo bei ihm, der passt schon auf ihn auf.“

Nach der Ansagte machte er sich gemütlich auf seinem Bett breit und steckte die Kippe wieder in den Mund. Dann verschränkte er die Arme hinter seinem Kopf, schloss die Augen und rauchte einfach wieder weiter. Er wollte sich endlich mal entspannen. Tetsuo würde ihn schon daran hindern Scheiße zu machen. Immerhin ist er sein Partner geworden. Sie passten aufeinander auf. Kai auf der anderen Seite allerdings stand nur noch fassungsloser da. War das sein Ernst?! Er schnaubte aus und drehte sich von ihm weg. Na gut! Er liebte diesen Mann wirklich, aber manchmal machte er ihm doch zu sehr einen auf: Is mir schnurz ich will chillen. Also nahm der Kleine das selbst in die Hand. Er zog seine Jacke aus und hängte sie über einen Stuhl, so das er oberhalb nur noch sein grünes Hemd trug und eine rote Krawatte. Eigentlich konnte man bei der Wärme draußen auch ohne Jacke fahren, aber wenn man sich dann so mit der Karre hinlegte, konnten deine Freunde dich mit nem Spachtel vom Asphalt kratzten. Kurz gesagt: Es gab ne riesen Sauerrei. War also immer besser mit ner Lederjacke. Aber in ihrem Quartier war es damit doch zu warm, denn die Luft staute sich dort gerne. Schließlich lief er zu der Tür, die zu Joker seiner persönlichen Folterkammer führte und öffnete diese langsam einen Spalt breit, da sie auch sonderlich schwer und aus Metall war. Er sah noch mal hinter sich und sprach:

„Blödmann.“

„Ich liebe dich auch.“

Kam es locker von Yamagata und Kaisuke schüttelte nur den Kopf. Öffnete die Tür breit genug dass er durch passt und verschwand dann in den Raum dahinter. Schloss sofort die Tür.

Zu seiner Überraschung…war niemand da. Zumindest die die er suchte waren nicht da. Er stand noch etwas erstarrt an Ort und Stelle und sah sich in dem düsteren Raum um. Kaneda und Tetsuo waren nicht hier. Nur Joker saß noch immer fest gebunden auf seinen Stuhl und in sich gesackt. Wenn sie aber nicht hier waren…wo konnten sie dann sein? Und schlagartig verwandelte sich seine Sorge in leichte Panik. Es war so nicht abgesprochen. Normalerweise war es so: Zwei gehen und zwei warten. Wenn er und Yamagata weg waren, passten Kaneda und Tetsuo auf ihr neues Zuhause auf. Und genauso war es dann auch andersrum. Nie wurde es unbewacht gelassen! Etwas stimmte nicht.

Er machte einige Schritte auf Joker zu. Er saß ihm…etwas zu still auf dem Stuhl ehrlich gesagt…Und kaum als er vor ihm war…hustete der Clown auf. Was dazu führte das Kai innerlich aufatmete. Er dachte beinahe das Kaneda ihn vielleicht getötet habe. Es war schon schlimm dass er ihm inzwischen sowas zutrauen konnte.

Joker sah zu ihm auf und grinste breit. Widerlich, so dass Kai gleich die Arme vor sich schützend verschränkte und fragte:

„Macht dir das Spaß ja? Könnte man echt denken wenn du so grinst.“

„Wer hätte das gedacht? DU bist der Letzte mit dem ich gerechnet hätte…da ist sogar diese Nutte Tetsuo noch öfter hier drin als du. Verträgst den Anblick von Gewalt nicht was? Hast mich auch damals wie ein Mädchen feige von Hinten angegriffen.“

Es stimmte das er nicht so für Gewalt war. Aber der Schlag damals von hinten tat tatsächlich sehr gut. Den hatte Joker verdient.

„Wo sind sie? Wo sind Kaneda und Tetsuo hin?“

„Woher soll ich denn das wissen? Bin ich ihr Babysitter? Nachdem euer PsyKI den Raum fluchtartig verließ ist ihm Kaneda wie ein treuer Köter sofort hinterhergerannt…Da fragt man sich doch: wer WEN da an der Leine hat, oder?“

Kai machte einen Schritt näher auf ihn zu.

„Du hast doch keine Ahnung! Was weist du denn schon von Liebe? Du könntest sowas nie verstehen. Du hattest lediglich eine Olle zum vögeln, mehr nicht.“

Joker grinste noch breiter. Warum…machte er das? Seit er bei ihnen gefangen genommen wurde war er so. Er wirkte so…zuversichtlich. Jeder müsste bei dem was ihm zugefügt wird brechen, oder um sein Leben bangen, aber er machte das nicht. Okay wenn man sich mit den neuen Kindern einließ musste man ein verrückter religiöser Fanatiker sein, aber reichte es echt so tief bei ihm? Woher kam dieses Selbstvertrauen? Und irgendwie wurde Kaisuke unwohl wenn er das sah. Es war als…würde Joker etwas aushecken. Spielte er Spielchen mit ihnen? Und nun sorgte er sich noch mehr um Kaneda und Tetsuo. Vor allem weil er sagte das Tetsuo den Raum vorhin fluchtartig verlassen haben soll. Vorausgesetzt das stimmte. So kam er noch einen Schritt näher und stand direkt vor ihm. Beugte sich zu ihm runter, das er auf der selben Augenhöhe war und sprach:

„Ich bitte dich…Ich weis das die Dinge die wir momentan alle machen nicht richtig sind. Und ich wünsche mir dass diese Gewalt aufhört. Aber das kann es nur wenn du mit uns zusammen arbeitest Joker! Bist du wirklich so verkommen oder verzweifelt das du die Welt brennen sehen willst?! Durch die Hände von Fanatikern?! Joker wenn die so weiter machen wirst auch du sterben! Sie wollen keine Menschen! Sie wollen nur PsyKI auf dieser Erde! Was bedeutet jeder Mensch wird ausradiert! Das ist eine Ausrottung! Und da zählst auch du dazu! Wir müssen das stoppen!...Was Kaneda und Tetsuo da tun…das könnte alles ändern, verstehst du?“

Und da fing Joker an zu lachen. So laut das Kai kurz zusammenzuckte deswegen, aber in seiner Position verblieb.

„Verändern? Was willst du mir damit sagen? Das Kaneda und Tetsuo die neuen Adam und Eva sind?! Das mit ihnen ein Zeitalter des Beisammenseins zwischen PsyKI und Menschen entsteht?! Das wir uns genetisch vermischen sollen?! Das glaubst du doch selber nicht! MENSCHEN UND PSYKI KÖNNEN NICHT GEMEINSAM LEBEN! Es liegt…nicht in unserer Natur. Aber noch erschreckender ist…das wir selber für unsere Ablösung gesorgt haben. Indem wir sie erschaffen haben.“

„Was redest du da? Neue Arten entstehen jeden Tag Joker. Das hat nichts mit…“

„Du glaubst doch nicht etwa den Müll? Ich erzähle dir jetzt mal eine Geschichte…Etwas was ich auf meiner Suche nach der Wahrheit und dem Treffen von Gott gelernt habe…Vor 100 Jahren passierte hier etwas im Land. Die Regierung hat ein Kind gefunden das außergewöhnliche Fähigkeiten besaß. Es konnte Dinge mit seinen Gedanken in Flammen setzten. Forscher studierten sie und versuchten herauszufinden woher diese Kraft kam. Gingen sogar soweit dieses Kind auseinander zu nehmen und versuchten ihre Fähigkeiten nachzubauen. Verstehst du? Die PsyKI wurden von UNSERER Regierung geschaffen! Mit der Absicht Supersoldaten zu schaffen oder so ein Blödsinn! Tja lief nicht so gut und einige sind abgehauen. Klar die sehen ja auch aus wie normale Menschen. Alles war hier in Neo Tokyo ablief ist ein Versuch den Scheiß den sie angerichtet haben wieder grade zu biegen! Was glaubst du denn sonst warum wir Aufträge bekommen sie zu töten um uns etwas Kohle zu verdienen. Es ist alles wahr. Diese ganzen Gerüchte. Ich habe es persönlich herausgefunden.“

Kai schüttelte nur den Kopf.

„Du lügst. Ich habe diese Geschichten auch schon gehört! Keiner weis ob sie wahr sind oder nicht! Und das spielt auch keine Rolle mehr! Fakt ist: das sie hier sind und wir mit ihnen leben müssen. Nein, dass wir mit ihnen leben können uns sollten! Sie sind nicht anders als wir Joker!“

„Sie sind Ungeheuer die unsere feine Regierung erschaffen hat, indem sie mit unseren Genen rumspielten! Und nun ist es an der Zeit das Recht gesprochen und dies sich in die Tat umsetzt! Sie werden uns ablösen! Und es ist mir egal ob ich dabei sterbe oder nicht! Gott wird mich zu einen von ihnen machen!“

Und da wurde Kai hellhörig. Gott…was meinte er damit?

„Was? Du spinnst doch Joker.“

„Er hat es…mir gesagt. Mir versprochen. Er sagte ich kann ebenfalls die nächste Stufe erreichen. Jeder der ihm treu ist kann das…Ich brauche nur einen starken PsyKI. Mehr nicht…Du kannst es nicht mehr aufhalten. Es ist alles in die Wege geleitet…“

In die Wege gelei…Kai erstarrte förmlich und sah ihn voller Schrecken an. Er hatte doch nicht etwa vor…

„Und ich weis genau was Liebe ist Kleiner…Meine Freundin wird mit mir zusammen den Himmel erreichen…Meine treue Saya…“

Und da fuhr Kai ein Schock durch die Glieder. Denn er kannte diesen Namen zu gut. Und Joker grinste noch breiter.

„Habt ihr euch nie gefragt woher ich immer wusste was ihr plant? Warum ich euch immer einen Schritt voraus war? Ich hatte meine kleine fast immer bei euch. Sie sollte sich an Kaneda ranmachen und behielt ihn damit im Auge. Was mit einer Perücke und ner Fotze zwischen den Beinen doch so alles möglich ist oder?“

Saya. Das Miststück das sich immer wieder an Kaneda rangemacht hatte war Joker seine Freundin?! Zugegeben die orangen Haare sahen schon immer etwas unnatürlich aus, aber das es eine Perücke war…So schlimm diese Erkenntnis in dem Moment auch einschlug, es war nur zweitrangig, er musste wissen wo Kaneda und Tetsuo waren! Denn nun stand es fest: sie waren in Gefahr! Und da fasste er ihn wütend am Kragen und fauchte Joker ins Gesicht:

„WO SIND SIE?! Was hast du Tetsuo gesagt?! Wo hast du sie hingeschickt?!“

Joker lächelte ihn böse an.

„…Dort hin wo man sich Versuchstiere hält natürlich…Und…du hast nicht „bitte“ gesagt, du Schwächling.“

Und kurz darauf riss sich Joker aus seinen Fesseln! Es ging so schnell und stark, dass Kai nicht mal reagieren konnte. Im Nu hatten sich zwei große und starke Hände an seine Kehle gelegt und drückten zu! Was dazu führte dass ihm schlagartig die Luftzufuhr abgedrückt wurde und er an die Arme des Hünen fasste. Versuchte den Griff zu lösen und sogar zutrat. Nichts. Joker erhob sich von dem Stuhl und drückte Kai mit Leichtigkeit nach vorne auf den Boden vor sich. Wie konnte er sich befreien? Durch tagelange Arbeit. Er hatte immer wieder seinen Fesseln an einem Holzstück, das am Rücken des Stuhls raus ragte, dran gerieben. Und schließlich waren sie durch. Nie hatte einer danach gesehen. Es war dumm gewesen nie seine Fesseln zu überprüfen. Das biss ihm jetzt in den Arsch.

Verzweifelt kämpfte er gegen das Gewicht über sich an und schlug mit dem rechten Arm immer und immer wieder gegen einen der starken Arme die ihn im Griff hatten. Während die Andere versuchte am Handgelenk den Griff zu lösen. Alles hoffnungslos. Und er bekam immer schlechter Luft. Er wollte nach Yamagata schreien, aber dazu bekam er nicht genug Sauerstoff in die Lungen. Und so langsam wurde ihm auch deswegen schummrig vor den Augen. Ein Schleier fing an sich vor seinen Augen zu bilden und Panik kroch innerlich in ihm hoch. Er würde…ersticken. Ganz simpel. Joker dachte nicht mal daran den Griff auch nur leicht zu lockern. Immerhin fühlte es sich für ihn gut an jemanden mit bloßen Händen zu erwürgen…Er lächelte böse und sprach:

„Verrückt oder? Was hast du kleiner Scheißer nur an dir, dass man die Finger nicht von dir lassen kann? Echt schade, hübsch bist du schon für einen Kerl. Aber hab keine Angst…ich schicke dich nur schon vor. Deine Freunde werden dir noch alle folgen.“

Und er drückte noch fester zu. Kai fing langsam schon an blass anzulaufen. Sein Herz rannte wie verrückt, versuchte verzweifelt Sauerstoff durch den Körper zu pumpen der einfach nicht kam. Und dann fühlte er wie sein Verstand langsam anfing auszusetzten. Er starb. So lief das ab. Zuerst wurde man bewusstlos. Das Gehirn schaltete zuerst ab. So starb man beim ersticken. Und dann erschlafften seine Arme und fielen neben ihm auf den Boden. Er wollte nicht…sterben. Und in einem letzten Aufleben und der Angst…griff er neben sich leise in die Hosentasche. Der letzte Funken Hoffnung den er noch hatte befand sich darin. Joker bekam nichts mit durch den Rausch des Mordens. Drückte einfach weiter und genoss es. Immer und immer wieder…Und dann zückte Kai sein Taschenmesser! Die Klinge schnellte automatisch hervor und er hob ein letztes Mal den rechten Arm…und stach schließlich zu! Verfehlte auch nicht sein Ziel. Er traf Joker volle Kanne in das linke Auge und dieser schrie auf. Ließ ihn natürlich dadurch los und als die Luft wieder in Kai seine Lugen kam wurde er sofort aktiv. Er schrie auf und schubste Joker über sich runter, der noch immer in sein blutiges Gesicht fasste und brüllte. Und im Adrenalinrausch kam der Kleine hoch und warf Joker um. Setzte sich auf den nun am Boden liegenden drauf und holte aus…ließ die Klinge wieder herabfahren und ihr Ziel treffen. Joker lag auf dem Rücken und fühlte wie der kalte Stahl immer und immer wieder in seine Haut drang. Immer wieder in das Gesicht und sich seine Sicht rot färbte. Kai hörte nicht auf. Er stach immer und immer wieder schreiend zu und weinte dabei auch leicht. Er verlor komplett die Fassung Noch nie war ihm sowas passiert. Er stach immer wieder zu…bis das Leben den Clown komplett verlassen hatte und er nur noch wie ein Sack unter ihm lag. Und so wie es aussah war Gott nicht da um ihm helfen…Und selbst jetzt schlug Kaisuke noch immer auf den leblosen Körper unter ihm ein. Wie ein kaputtes Band das sich immer wiederholte. Bis er schließlich in seiner Trance von hinten gepackt wurde. Mit einem Ruck wurde er von dem Hünen runtergezogen und hörte eine Stimme die bestimmt und laut sprach:

„KAISUKE! Es reicht! KAI!“

Es war Yamagata der im selben Zug das rechte Handgelenkt des Kleinen packte in der er das Messer verkrampft hielt. Er drückte zu und zwang ihn damit es aus der Hand fallen zu lassen, was auch nach wenigen Sekunden passierte als der Griff zu stark wurde. Er ließ es fallen und extrem laut schlug das Metall auf dem Boden unter Kai auf. Blut spritze noch von der Klinge dabei und verteilte sich am Boden. Und dann drückte Yamagata den aufgebrachten Jungen an sich. Erstaunlicherweise musste er echt kämpfen, da Kai durch das Adrenalin und die Angst Kräfte entwickelt hatte die man ihm auf den ersten Blick nicht zutrauen würde. Dabei drückte er ihn an seine Brust und Kai schrie immer und immer wieder, wehrte sich dabei:

„LASS MICH LOS! GEH WEG!! LASS MICH!!“

Er war so panisch und von der Realität gelöst, dass er nicht mitbekam wer ihn da in seinen Armen hielt. Die Todesangst hatte ihn komplett lahmgelegt. Seinen Verstand lahmgelegt. Yamagata aber hörte nicht auf und drückte ihn weiter an sich.

„Ich bin es! Es reicht Kai! Schhhhht….Es ist vorbei. Hör auf.“

Und er wurde sanfter. Und je sanfter die Fesseln wurden, in denen er sich befand…umso weniger wehrte sich der Kleine in seinen Armen. Bis er nur noch an ihn geschmiegt und zittrig lag, dabei weinte und er sich freiwillig an ihn drückte. Verstand endlich wer da war, ihn hielt und er dadurch keine Angst mehr hatte. Blutspritzer klebten in seinem Gesicht und an seinen Händen. Noch nie zuvor…hatte Kai jemanden getötet. Verletzt, aber nie getötet. Und das schockierte ihn in dem Moment. Nicht die Tatsache dass er fast gestorben wäre. Sondern zu was er fähig war, wenn es so knapp wurde und sein eigenes Leben auf dem Spiel stand. Er weinte nur noch. Jammerte immer mal wieder den Namen seines Liebsten. Und Yamagata sah rüber. Sah zu dem zerstochenen Körper des Clowns und spuckte noch mal nach. Von seinem Gesicht war nichts mehr klar zu erkennen…Geschah dem Scheißkerl recht. Er hielt weiter seinen Kleinen in den Armen und schmiegte sich an ihn. Er hatte ihn noch nie…so aufgelöst gesehen. Und das tat ihm schrecklich weh. Und er musste selber die Angst abschütteln…das Kai beinahe gestorben wäre und er nicht mal da war um es zu verhindern. Wäre etwas anders gelaufen…Er durfte nicht daran denken.

„Sie…sind in Gefahr…Yamagata.“
 

„Ich erzähle euch etwas, was ich jedem bereits erzählt habe. Kennt ihr die Prophezeiung des Lichtbringers? Es ist eine alte Geschichte. Etwas was ich gesehen habe, als ich in eurem Alter war. Als ich meine Kräfte bekam sah ich einen Jungen. Ich sah dass er Frieden und Schutz über unsere Art bringen würde. Uns in ein friedliches Zeitalter leitet, wenn die Menschheit bereits am Aussterben ist. Er wird unermessliche Kräfte besitzen und beide Arten ins sich vereint haben. Mit seinem Mut, seiner Stärke, Güte und seiner Liebe wird er uns alle beschützen. Sein Herz gereinigt von dem Blut derer die verloren wurden und gestärkt durch deren Seelen. Eines Tages wird er zu uns kommen. Aber bis dahin dürft ihr nie die Hoffnung aufgeben. Denn es wird alles gut werden für unsere Art.“

„Ich glaube ich habe ihn auch gesehen…Mutter Miyako.“
 

Nachdem sie schon eine Weile tiefer in das Sperrgebiet im Norden gefahren waren, hatten Kaneda und Tetsuo nun endlich eine Pause eingelegt.

Inzwischen stand die Sonne am höchsten Punkt im Himmel und brannte gnadenlos auf sie nieder. Inzwischen hatte der Sommer seinen Höhepunkt erreicht. Die Tage wurden länger und die Nächte kürzer. Unter anderem wurden die Tage sehr heißt. Es war nichts ungewöhnliches aber diesem Zeitpunkt im Jahr, aber dieser Sommer war im Vergleich richtig heiß. Es gab seit langem Gerüchte das sich die Erde verändert und damit auch das Wetter. Das in ferner Zukunft alles überschwemmt oder Ödland sein könnte. Das hörte man immer wieder in den Medien. Und wenn Kaneda so zurück dachte konnte er sich das vorstellen. Vielleicht war es der Mensch der dies alles verursachte, mit seiner Technik und den Experimenten. Vielleicht war es aber auch die Erde selber die anfing sich zu reinigen. Er war kein Crack in Biologie, aber sogar er wusste, dass wenn ein Körper gegen eine Infektion kämpfte, er dies mit Fieber tat. Er brannte die Keime einfach aus. Ob das mit der Erde auch passierte? Gab es deswegen diesen Wetterwechsel und die immer wieder auftretenden Krankheiten die Menschen plagen? Keine Ahnung. War auch zu viel Kopfgeficke für ihn. Er würde eh nicht lange genug leben um das mitzuerleben…

Sie hatten Rast in einer verlassenen Tankstelle gemacht. Draußen in der Hitze standen die leeren Zapfsäulen und man sah die Hitze über den Asphalt der Straße tanzen, was wie Flimmern wirkte. Seine Karre stand dicht an dem Laden der Tankstelle, in dem sie sich befanden. Dennoch würde sie nachher heiß sein, Metall erhitzt sich auch im Schatten. Er saß locker auf dem Verkaufstresen und trank eine Cola. Nicht mal sie kamen unvorbereitet. Kaneda hatte vorher noch Proviant eingepackt und im Sattel seiner Karre verbunkert, da wo eigentlich die Decke zum Schutz des Motorrads vorher drin war. Durch die Hitze hatte er alles rausgenommen. Nun musste es besser gegessen werden, denn Sushi sollte man nicht lange warm werden lassen, von denen er sich wieder eins in den Mund schob. Und während er sich etwas den Bauch füllte sah er zu Tetsuo rüber, der durch den alten und zerstörten Laden lief und sich neugierig umsah. Inzwischen hatte der PsyKI seinen Hoodie ausgezogen und lief nur noch in seinem weißen Hemd, oberhalb bekleidet, rum. Dieser war inzwischen in seiner Karre verstaut. War klar in dem Ding schwitzte Kaneda nur schon vom Zusehen. Nicht das es in seiner Lederkluft besser war, ihm war auch warm. Es war immer wieder interessant zu beobachten wie der Kleine sich neugierig umsah. Alle Dinge die er nicht kannte und von denen er lernen wollte, beäugte er genauer. Er war an sich sehr aufmerksam und neugierig. So blieb Tetsuo plötzlich an einem Regal stehen und zog eine Tüte Chips raus. Stirnrunzelnd sah er sie an und drehte sie um, da sie aber schon sehr alt war, konnte er nicht mehr lesen was auf der Rückseite stand. Das war was zu essen. Ganz bestimmt. Aber warum sah es so komisch aus? Kaneda schluckte das Sushi in seinem Mund runter und sprach dann rüber:

„Die würde ich nicht essen, wenn ich du wäre. Es sei denn du möchtest danach kotzen, oder schlimmer.“

Tetsuo sah wie ertappt zu ihm und legte sie wieder schnell in das alte Regal zurück. Er lief leicht rot an und sprach muffig:

„Du musst mich nicht die ganze Zeit beobachten.“

Kaneda lächelte. War leider ein Fakt dass er das Tat. Er bekam nun mal nicht genug von dieser Schönheit…

„Ich pass nur auf das du dich nicht selbst vergiftest.“

Kam es frech und Tetsuo sah mit verschränkten Armen und weiterhin muffig zu ihm rüber.

„Hältst du mich echt für so blöd?!“

„Nein nur für etwas treudoof, hehe.“

„Halt die Klappe!“

Und kurz darauf flog eine Tüte faule Chips durch den Raum und traf ihn seitlich am Kopf. Knallte dann auf den Boden. Kaneda lachte aber nur und rieb sie die Wange. Genau so war es zwischen ihnen. Was für andere aussah als würde es in einem Streit eskalieren, war bei ihnen eine lockere Stimmung. DAS war Normalität zwischen ihnen. Aber nicht negativ. Kaneda hielt ein Sushi hoch und streckte es zu ihm, wedelte sogar damit etwas und sprach dann frech:

„Na komm her. Du magst doch Sushi. Es muss jetzt alles gegessen werden.“

„Köderst du mich gerade mit Essen?“

„Nein mit meinem Charme. Funktioniert es?“

„Nein.“

Und dennoch kam Tetsuo zu ihm gelaufen und setzte sich links neben seinen Geliebten, nahm das Sushi und sprach etwas leicht arrogant:

„Aber ich habe hunger, also lasse ich dir das durchgehen.“

Kaneda grinste frech. Ja klar, natürlich nur deswegen…Und so saßen sie einfach da, dort wo es wenigstens etwas kühler war und man ausharren konnte bis die Hitze weniger wurde und aßen. Tetsuo trank dann auch einen Schluck von der Cola und aß weiter. Er hatte echt kohldampf so wie er schlang. Und er liebte Suhsi. Seit dem Tag wo er es mal bei Kaneda zuhause essen konnte. Cola war nicht so sein Fall, aber es war momentan okay. Er hatte bei dem Zeug das Gefühl er würde unruhig werden, also innerlich. Und als würde es ihn noch durstiger machen. Dann lächelte der Ältere plötzlich auf den Boden vor sich…

„Hey Tetsuo. Erinnerst du dich noch an die alte Frau Nakamura?“

Tetsuo sah zu ihm und schluckte runter.

„Hm? Das war doch die alte Frau die neben dir gewohnt hat, oder? Ja, aber wie kommst du denn jetzt da drauf?“

Frau Nakamura…ob sie noch lebte? Seit der Chaos auf den Straßen ausgebrochen ist haben sie sie nicht mehr gesehen, oder waren in der Wohnung von Kaneda gewesen. Aber wie kam er auf sie?

„Ich weis nicht ich…musste gerade an sie denken. Sie war immer sehr hilfsbereit und lieb zu mir gewesen. Und…hehe, ich musste daran denken wie sie dich für ein Mädchen gehalten hatte. Hoffentlich geht es ihr gut.“

Der PsyKI lief etwas rot an.

„Warum erinnerst du dich ausgerechnet an diese Situation?!“

„Naja weil das eine Mädchen letztens dich auch für eins gehalten hat. Passiert dir öfters wenn du neben mir stehst hehe.“

„Kaneda!“

Es stimmte. Es war schon einige Wochen her. Bevor alles in der Stadt den Bach runter ging. Sie waren zusammen auf dem Markt in der Nähe von der wieder aufgebauten Shibuya-Kreuzung gewesen. Dort hatten sie sich einige Takoyaki geholt. Das waren Oktopusbällchen in Teig. Um diese dann nebenan in einem Park zu futtern. Als sie auf der Parkbank saßen kam ein kleines Mädchen vorbei. Sie war vielleicht gerade mal 7 Jahre alt gewesen oder so und ganz schmutzig angezogen. Also ein Kind von der Straße. Kam auf die Beiden zu, kaum als sie sie erspäht hatte und noch bevor sie was sagen konnte reichte ihr Tetsuo schon die Hälfte der Bällchen die er hatte. Ohne zu zögern. Die Kleine war verwirrt das es so ohne zu zögern kam und sah ihn auch verdutzt mit dem Essen in den Händen an. Noch bevor Tetsuo was sagen konnte lächelte sie lieb und sprach dann zu Kaneda rauf: „Deine Freundin ist echt lieb und hübsch! Auch wenn sie keine große Oberweite hat!“, und dann lief sie fröhlich weg. Tetsuo saß erstarrt und errötet auf der Bank. Kaneda dagegen pisste sich weg und musste das Essen abstellen, denn kurz darauf krachte er rechts von der Parkbank runter und lachte weiter am Boden. Und während er sich dort eingekugelt hatte und lachte, maulte ihn Tetsuo nur an: Er solle aufhören, oder das wäre nicht witzig! Vielleicht lag es daran das Tetsuo den Hoodie trug und Kinder daher nicht ganz erkennen konnten was da vor ihnen saß. Offenbar hatte er eine kleine feminine Ausstrahlung und das verwirrt Kinder. Auf jeden Fall war es köstlich und Kaneda lachte noch am Abend darüber. Der PsyKI fand das nicht so witzig. Auch wenn er von den Beiden das Weibchen war, kratzte es an seiner Männlichkeit. Sah er wie ein Mädchen neben Kaneda aus?

„Das war schon das zweite Mal dass man dich für ein Mädchen gehalten hat.“

„Ja genau, weil das auch total zählt! Von einem Rotzgör was den Unterschied kaum auseinanderhalten kann vom 30 Sekunden hinsehen und von einer alten Oma die halb blind war! Total aussagekräftig!“

Kam es leicht pissig von Tetsuo zurück und er aß dann einfach weiter und drehte sich dabei sogar etwas von Kaneda weg. Der aber schmunzelte nur und sah den wunderschönen Rücken vor sich an. Schön geschwungen und mit zarten Muskeln übersät. Wenn er ihn so sah kamen ihm verschiedene Gedanken in den Kopf. Die meisten nicht gerade jugendfrei. Aber einer ganz besonders: Er verglich Tetsuo seinen Rücken mit denen der Frauen mit denen er damals Sex hatte. Und wenn er daran zurück dachte und das verglich…viel ihm auf das er mehr auf den Rücken des Kleinen stand. Vielleicht gerade weil er etwas kräftiger war und es dort was zum Packen gab. Zarte Muskeln unter der Haut…Und wenn sein Blick noch tiefer fuhr, was er natürlich tat, sah er den Hintern des Kleinen. Der…ohne Witz nicht der klassische Jungen-Arsch war. Tetsuo hatte eine leicht weitere Hüfte, was ihm einen schwachen Mädchen-Arsch gab. Also da war mehr Hüfte zum packen als bei anderen Jungs. Und wenn er das so sah fuhren wieder seine Instinkte hoch. Er wollte diesen Arsch schon gerne endlich mal knallen…Aber warum fühlte es sich noch nicht intensiv genug an? Das Verlangen war da, aber nicht stark genug das er über ihn herfallen würde. Das ergab keinen Sinn. Damals in seiner Wohnung wollte er es auch sofort und hätte es getan. Warum war jetzt diese Sperre da? War es…wirklich nicht der richtige Zeitpunkt? So fühlte e sich irgendwie an…

Tetsuo spürte das Kaneda gewisse Schwingungen von sich gab und sah verwirrt zu ihm hinter. Nur um das noch zu erhaschen wie der Ältere schnell weg sah und weiter aß. Okay…Was sollte das denn? Er drehte sich wieder leicht zu ihm und runzelte die Stirn. Sah dann mal kurz zu seinem Hintern runter und dann wieder auf, als er fragte:

„Hast du mir auf den Arsch geklotzt?“

„Was? Nein!“

Kam es abhackend von dem Älteren…Was war denn da los? Warum so zurückhalten? Tetsuo schmunzelte. Das Spiel konnte er auch spielen.

„Bist du dir sicher?“

„Ja!“

„Gefällt dir denn was du siehst?“

„Ja!...Ach fuck! Ich meine…!“

Und da fing Tetsuo an zu lachen. Es war ein glockenhelles und fröhliches Lachen. Ehrlich und rein, so das Kaneda ihn ansah und…verzaubert war. Sein Herz machte bei dem Lachen einen Sprung und er errötete leicht. Es geschah immer wenn er so lachte. Er…liebte es wenn Tetsuo so glücklich war. Und wenn er ihn so lachen sah da…Der PsyKI hörte auf und lächelte nur zu ihm, als er sprach:

„Du bist so ein Blödmann. Es ist völlig okay, dass du mir auf den Arsch glotzt. Es ist mir nicht aufdringlich Kaneda, auch wenn ich vielleicht etwas verklemmt wirken kann dabei. Ich bin das halt noch nicht gewohnt. Aber danke dass er dir gefällt. Tut irgendwie gut.“

Und kaum als er den Satz beendet hatte senke Kaneda den Kopf und sah wieder auf den Boden vor sich. Er schien plötzlich in Gedanken zu sein. Und er wirkte betrübt. Was war plötzlich los mit ihm? Hatte Tetsuo was Falsches gesagt? Nein das kann es nicht gewesen sein. Der Jüngere drehte sich komplett zu ihm und fasste dann sanft die linke Hand des Älteren, die auf dem Tresen ruhte. Dies ließ ihn erwachen und er sah zu seinem Gegenüber, der ihn besorgt fragte:

„Hey. Was hast du denn? Es ist doch gar nicht deine Art so schnell den Gemütszustand zu wechseln Kaneda.“

Kaneda sah ihn an…Er wollte…Er wollte das dieser Junge glücklich ist. Er wollte ihn beschützen und ihm ein sicheres Leben schenken. Eine Zukunft schenken in der sie zusammen leben konnten, ohne Angst und ohne Vorurteile. Erst glaubte er daran dass Menschen und PsyKI miteinander leben können. Das sie lernen könnten sich zu verstehen und miteinander zu existieren. Sich zu akzeptieren. Aber…aber je mehr passierte in der letzten Zeit…umso mehr wurde ihm mit Sorge bewusst das es vielleicht nie klappen könnte. Es wirkte aussichtlos. Inzwischen war er sich auch immer mehr bewusst dass es nicht an den PsyKI lag, die dies nicht ermöglichen wollten, sondern an den Menschen. An seiner eigenen Art, die ihnen böses angetan hatten und noch immer machten. Und DAS machte ihm Angst. Er war ein Mensch. Aber er liebte diesen Jungen vor sich und er würde alles für ihn tun. Sie waren verbunden. Das spürte er. Aber konnte er…? Und endlich machte er den Mund auf:

„Bist du hier eigentlich glücklich?“

Tetsuo legte den Kopf leicht schief vor Verwirrung. Woher kam das denn jetzt?

„Was? Wie kommst du denn jetzt darauf? Was ist denn heute los mit dir?“

Er war nicht oft so nachdenklich…Kaneda sah wieder auf den Boden vor sich und stütze sich mit den Armen auf seinen Beinen ab, so dass er gekrümmt nach vorne da saß.

„Seit du hier bist hast du so viel Leid erlitten. Hier in Neo Tokyo bist du wie in Ketten gelegt. Du kannst nicht sein wer du bist, ohne in Angst leben zu müssen. Vielleicht wäre es bei dir zuhause besser. Wenn du dorthin zurückkehren würdest könntest du sein wer du bist. Und daher frage ich mich ob du überhaupt hier glücklich bist, mit all diesen Einschränkungen.“

Dieser Satz traf Tetsuo wie ein Schlag. Es wäre…vielleicht besser? Nein. Er hatte keine Ahnung. Aber woher auch? Er hatte ihm ja nie die ganze Wahrheit erzählt. Und…und vielleicht war es endlich mal an der Zeit damit rauszurücken…Er holte tief Luft und schob das Essen zwischen ihnen nach hinten, so das er an ihn ran rutschen konnte. Fasste Kaneda seine linke Hand dabei und er sah zu ihm. War leicht verblüfft. Und dann seufzte der Kleine vor ihm, so das sein Gegenüber ihn weiter ansah. Er spürte…das da gleich was Wichtiges kommen würde. Wo hatte er sich nur wieder rein manövriert? Aber vielleicht war es auch gut so…

„Ich bin hier glücklich Kaneda, weil ich bei dir bin…Habe ich dir jemals erzählt warum ich meine Heimat verlassen habe?“

Kaneda schüttelte den Kopf.

„Nicht das ich mich daran erinnern könnte. Du hast mal was angeschnitten. Sowas wie: Du warst nicht da wo ich war, oder so. Ist aber schon ne Weile her.“

Tetsuo sah auf die Hand seines Liebsten runter, die er gefasst hatte und dann wieder zu ihm hoch.

„…Ich denke…Es wird Zeit das ich dir die Wahrheit sage. Ich liebe dich und ich möchte…dass du es weist. Ich habe endlich den Mut und das Vertrauen gefunden es dir zu sagen.“

Wenn er sagte: Ich liebe dich, machte das Herz des Älteren immer einen Sprung vor Freude.

„Okay…Dann sag es mir.“

Er wollte alles von ihm wissen. Tetsuo stockte kurz und sah ihn nur an. In die Augen…Und dann fasste er sich und fing an zu erzählen. Wusste wo er anzufangen hatte:

„Ich bin weggelaufen…aus Angst. Ich habe fluchtartig mein Zuhause verlassen und dabei ließ ich auch alles hinter mir. Auch meine beste Freundin und meine Mutter.“

Das erstaunte Kaneda nun doch. Er war geflohen? Er dachte her mehr daran dass er wegging weil ihn dort Sachen nervten. Strukturen des Clans oder so.

„Du bist aus Angst weggelaufen? Wovor? Ich meine du hast doch gesagt das ihr dort in Frieden lebt und eine geregelte Struktur habt. Das ihr euch von den Kriegen unserer Welt schützt indem ihr euch versteckt. Ich dachte ihr seid friedlich. Warum solltest du also vor Angst wegrennen?“

„Weil ich das Gefühl hatte ich müsste sonst sterben. Also wenn ich dort bleibe.“

„Du müsstest sterben? Wovon redest…Erklär mir das Tetsuo.“

„…Du weist das ich ein Findelkind bin. Ich wurde von Mutter Miyako gefunden. Ausgesetzt und fast tot. Sie hat mich mitgenommen und mich bis zu einem gewissen Alter erzogen, danach macht dass das gesamte Dorf zusammen. Das ist Tradition. Aber nicht viele haben sich mit mir abgegeben, weil ich dieses rote Cape trug, dessen Bedeutung ich nicht kenne. Ich war verstoßen unter den Anderen, obwohl ich nie was getan hatte. Lediglich Mutter Miyako und meine beste Freundin Kaori waren für mich da und behandelten mich wie einen Menschen.“

Kaneda sah ihn erstaunt an.

„Kaori? Du hattest eine Freundin?“

Tetsuo errötete etwas.

„Sie war mir mehr eine Schwester. Sie…sie hat sich wahrscheinlich mit mir angefreundet, weil auch sie verstoßen war. Ich hab sie nie danach gefragt ehrlich gesagt…“

„Trug sie auch diesen roten Lappen?“

Tetsuo schüttelte den Kopf.

„Nein sie trug gar nichts in der Hinsicht. Also kein Cape. Sie war…sie war ein normaler Mensch.“

Und diese Aussage traf Kaneda wie ein Blitzschlag! Sie war ein Mensch?! Inmitten der PsyKI?! Das war ja sehr seltsam aber auch höchst interessant zugleich.

„Warte mal! Sie war ein gewöhnlicher Mensch unter euch?! Ich dachte ihr habt keine Menschen bei euch, sondern nur eure Art! Wie geht das denn?!“

„Ich weis es auch nicht, sie war so alt wie ich, aber ich hab sie erst mit 4 Jahren besser kennen gelernt. Weis nicht mal ob sie vor mir da war im Dorf. Sie…sie hat mich genommen wie ich bin. Und ich hatte sie immer gern an meiner Seite. Wir waren Freunde. Ich…ich hab andere sogar für sie verletzt. So gute Freunde waren wir. Sie wurde einmal von Takeyama, Kuwata und Watanabe geärgert und verletzt. Und da hab ich mich zum ersten Mal verloren. Die Kontrolle verloren über meinen Zorn.“

Die Kontrolle verloren…wie damals auf der Baustelle, als dieser eine PsyKI starb…

„Moment mal. Diese Namen kenn ich. Das sind alles die PsyKI die wir getötet haben oder vor kurzen umkamen. Daher kanntest du sie also.“

Tetsuo nickte ihm zu und sah dann auf den Boden vor sich.

„Ich weis nicht was sie hier wollten. Angeblich waren sie hier um mich zurückzuholen, aber das glaube ich nicht. Wer das Dorf verlässt ist Geschichte. Der braucht sich nicht mehr blicken zu lassen, so wurde es immer gesagt. Daher ergab es keinen Sinn. Sie kamen nicht meinetwegen her…Aber wie gesagt Kaori war immer für mich da und Mutter Miyako auch…Und dennoch hab ich alles hinter mir gelassen.“

Kaneda sah ihn an…und rückte dann noch etwas näher.

„Warum bist du gegangen?“

Tetsuo sah wieder zu ihm hoch.

„…Weil sich jemand gegen meinen Willen mit mir paaren wollte.“

Und diese Aussage schockte Kaneda zu tiefst, man sah es ihm auch an und er brauchte einige Sekunden um wieder sprechen zu können. Wut machte sich auch in ihm breit und er fragte lauter:

„Was? Wer?! Jemand wollte dich vergewaltigen?!“

Tetsuo schüttelte den Kopf.

„Bei uns ist das anders. In gewisser Weise hast du recht. Eine Paarung muss immer von beiden Seiten kommen, das ist richtig. Aber es gibt verschiedene Arten von Paarungen.“

„Wie kann man denn anders Sex haben als wie man Sex hat?“

Er erzählte ihm wirklich alles…

„Bei uns gibt es zwei Arten von Paarung. Man kann sich wie gesagt mit jedem Paaren wenn es von beiden Seiten kommt. Zu jeder Zeit. Diese Art ist nicht bindend. Aber die andere Paarung…ist bindend. Es gibt einmal im Monat eine Nacht die wir die „Nacht der Paarung“ nennen. Kōbi no yoru, sagen wir auch dazu. Wenn man sich in dieser Nacht mit jemand vereint, dann ist das bindend und auf Ewig. Es ist wie ein Pakt. Und…und in jener Nacht wollte mich einer auf ewig zu seinem Eigentum machen. Ich hätte die Hand einfach nicht annehmen müssen, die mir gereicht wurde und das Thema wäre vom Tisch gewesen. Aber mein Artgenosse…der mich wollte…er versuchte mich mit seinen Kräften dazu zu zwingen. Er manipulierte mich und beinahe hätte es auch geklappt. Ich weis nicht wie aber ich konnte mich losreißen und bin nur noch gerannt! Dieser Mann er…er ist schon lange in diesem Dorf und er trägt genau wie ich ein rotes Cape. Schon als ich klein war hat er mich immer mal beobachtet und jedes Mal jagte es mir eine gewaltige Angst ein! Ich spürte dass er böse war! Er ist viel zu mächtig und jeder im Dorf weis das auch! Aber keiner traut sich sich gegen ihn zu wehren! Er kann tun und lassen was er will!“

„Warte Mal! Du sagtest deine Mutter ist die Stärkste im Dorf! Warum unternimmt sie nichts gegen ihn?! Du hättest ihr sagen sollen was er getan hat! Er durfte damit nicht durchkommen!“

„Sie ist schon sehr alt! Ich hatte Angst dass er sie töten würde! Jeder in dem Dorf hat Angst vor ihm! Einfach jeder! Mutter Miyako ist nicht von Angst verfüllt. Sie hat vielleicht als Einzige keine Angst vor ihm, aber sie kann nicht mehr kämpfen! Jedes Mal wenn sie ihre Kräfte benutzt schwächt es sie stark. Sie braucht länger um sich zu erholen. Er würde sie töten! Deswegen habe ich nichts gesagt! Das ist mein Problem das ich tragen muss! Ich wollte sie da nicht mit reinziehen! Und ich hatte auch Angst das er Kaori was tun würde, wenn ich nicht spurte wie er will!“

„Also bist du Hals über Kopf aus dem Dorf geflohen…“

Fasste sein Liebster zusammen. Und ihm wurde langsam bewusst…was Tetsuo doch schon für Scheiße erlebt hatte. Das setzte dem ganzen noch mal die Krone auf. Nun ergab es Sinn warum er in Neo Toyko war. Er war nicht aus freien Stücken da. Sondern aus Angst. Er brachte sich selbst aus Angst ins Visier von Menschen, die ihm auch nur böses wollten. Er stand also zwischen zwei Stühlen. Tod hier, oder Tod da. Aber warum eigentlich Tod?

„Aber warum sagst du: Du hättest angst sterben zu müssen? Ich meine hattest du Angst das er dich zu tote bumst oder so?...Tut mir leid ich sollte sowas nicht so unverblümt sagen.“

Kam es auch gleich hinterher. Er kratzte sich kurz verlegen am Hinterkopf. Das war sehr uncharmant gewesen. Aber Tetsuo nahm ihm das nicht übel, so war Kaneda halt.

„Nein nicht deswegen…Ich hatte bei ihm das Gefühl…das er mich töten wollte. Ich kann es dir auch nicht erklären, aber dieses Gefühl hatte ich seit ich ihn das erste Mal sah…“

„Aber das ergibt doch keinen Sinn. Warum sollte er dich dazu zwingen, dass du dich ewig mit ihm bindest, nur damit er dich dann tötet. Da stimmt etwas nicht.“

„Das weis ich auch. Aber… ich konnte mich schon immer auf mein Gefühl verlassen…Es hat mich auch zu dir geführt.“

Da war was dran. Dieses Gespür hatte sie zusammengebracht und hatte Tetsuo Kaneda vertrauen lassen. Aber das war dennoch sehr seltsam. Warum sollte er jemanden töten wollen mit dem er sich doch auf ewig binden will…Aber so gesehen verstand inzwischen auch Kaneda das es gut war dass Tetsuo gegangen ist. Es war nicht die richtige Lösung, aber vielleicht ein Weg um gewisse Dinge aufzuschieben und eine Lösung zu finden. Oder Mut zu finden. Manchmal brauchten Lösungen Zeit. Aber das bedeutete auch…das Tetsuo noch zuhause was zu erledigen hatte…

„…Wie war der Name von dem Arschloch?“

Tetsuo sah ihn erschrocken an.

„Was?“

„Wie war sein Name? Der Typ der dir Angst macht. Wie heißt er?“

Er sagte das sehr ernst und bestimmt…Und sein Gegenüber antwortete scheu und unsicher:

„Er…sein Name ist: Akira.“

Akira also…Kaneda nahm beide Hände seines Liebsten und sah ihm entschlossen in die Augen, als er sprach:

„Er wird dir nichts mehr tun. Was auch immer passiert, ich bin jetzt bei dir. Mir ist egal was er kann oder ob alle vor ihm Angst haben. Wenn er mein…mein Weibchen bedroht oder verängstigt bekommt er es mit mir zu tun! Wir gehören zueinander. ICH gehöre zu dir! Deine Probleme sind auch automatisch meine Probleme! Und wir finden zusammen einen Weg! Das verspreche ich dir Tetsuo!“

Und ohne zu zögern umarmte er den jungen PsyKI auch gleich. Und er wurde sanft zurück umarmt und schmiegte sich an den starken Körper seines Liebsten. Er war glücklich. Natürlich war er das, denn er liebte diesen Mann über alles. Diese Worte aus seinem Mund zu hören machten ihm zu glücklichsten Menschen auf dem Planeten. Aber er würde nie zulassen das Kaneda sich mit Akira anlegt. Niemals. Akira…würde ihn töten…Es war nicht zu leugnen das Tetsuo große Angst vor Akira hatte. Aber wenn er Kaneda…

„Danke…Kaneda.“

Und es machte sich ein Gefühl in der Stille der Stadt breit. Als würde…ein Sturm aufziehen.

Red wine

Als die Mittagshitze endlich verflogen war und der Nachmittag anfing, raste Kaneda auf seiner Karre die leere Straße runter.

Tetsuo saß hinter ihm und krallte sich in die rote Lederkluft seines Liebsten. Hatte dabei die Augen geschlossen und lauschte nur dem Herzschlag, während Kaneda sich durch seine Fahrerbrille umsah und Ausschau nach einem Gebäude hielt das vielleicht ein Labor sein könnte. Es wirkte schon wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Sie wussten nicht mal wo es sein könnte, nur das es da sein musste. Die eine Akte, die sie gefunden hatten, sprach sehr dafür. Was wenn es unterirdisch angelegt wurde? Dann suchten sie sich hier oben nen Wolf ab. Tetsuo konnte ihnen in der Situation leider auch nicht weiterhelfen. Seine Kräfte funktionierten so nicht. Das letzte Mal haben sie es nur gefunden, weil Kuwata dort gewesen war und Tetsuo ihn aufspüren konnte. Nun tappten sie fast gänzlich im Dunkeln. Hoffentlich bekam Tetsuo dadurch seine Antworten. Welche das auch immer sein mochten.

Dennoch ließ ihn der Gedanke an vorhin einfach nicht los. Nachdem Tetsuo so offen über das geredet hat, was bei ihm in seiner Heimat passiert war, machte sich Kaneda Gedanken. Er konnte spüren dass das Thema um diesen Akira für den Kleinen nicht abgeschlossen war und nun gehörte er ebenfalls dazu. Denn er meinte es genauso wie er es gesagt hatte. Alles was Tetsuo betraf, ob Probleme oder anderes, betraf nun auch ihn. Sie waren ein Paar und als dieses löste man Probleme gemeinsam. Sicher hatte jeder sein Päckchen zu tragen, aber man konnte sich gegenseitig stützen und das würde er auch tun. So gesehen wusste er nicht ob er diesen Akira jemals treffen würde, aber wenn das mal der Fall sein sollte…dann gnade ihm Gott. Tetsuo war nun das Weibchen von Kaneda. So konnte man es in der Sprache von den PsyKI sehen. Und der Ältere wurde zum Alpha wenn dieser Akira sich Tetsuo nur nähern würde! Egal ob er unterlegen war oder nicht. Wahrscheinlich war er nur wahnsinnig töricht wenn er dachte er könnte sich mit einem PsyKI anlegen. Aber so fühlte er. Und so würde er auch handeln. Er musste Tetsuo das Gefühl geben sicher zu sein. Geborgen und keine Angst mehr haben zu müssen. Denn er hatte gehört und gefühlt dass der Kleine den Namen mit Angst aussprach. Und diese Angst musste er ihm nehmen.

Tetsuo war mächtig. Kaneda hatte noch nie einen so mächtigen PsyKI wie ihn getroffen. Okay das war auch nicht wirklich eine Kunst, in Tetsuo seiner Heimat gab es bestimmt welche die stärker waren, wie man ja auch gehört hatte. Aber dennoch…er hatte es drauf. Er musste nur anfangen wieder an sich selbst zu glauben und sich nicht von der Angst unterdrücken zu lassen. Er musste wieder das kleine Rotzgör werden, voller Zuversicht und Stärke, dass er war als sie sich kennen gelernt hatten. Und dabei wollte er ihm helfen…

Tetsuo fühlte wie sich der Herzschlag seines Liebsten steigerte und schneller wurde. Offenbar durch Kaneda sein Nachdenken. So das es ihn raus riss und er die Augen öffnete. Noch immer an ihn gedrückt sah er zu ihm auf und sprach besorgt:

„Kaneda? Ist alles okay?“

Der nickte nur entschlossen ohne den Blick von der Straße vor sich abzuwenden. Es holperte kurz, weil sie über ein kleines Loch gefahren waren und Tetsuo krallte sich fester. Dann sprach der Ältere zu ihm hinter:

„Ja, alles okay!...Du musst keine Angst mehr haben.“

„Hm?“

„Solange ich bei dir bin, brauchst du dich vor nichts zu fürchten! Ich lasse dich nicht mehr alleine! Wir stehen ab jetzt alles gemeinsam durch!“

Er sah rechts über seine Schulter zu Tetsuo hinter und lächelte aufrichtig und entschlossen, als er den einen Satz sagte:

„Klingt kitschig aber: weil ich dich liebe.“

Und dann sah er wieder vor und konzentrierte sich weiter auf die Straße und Umgebung. Tetsuo lief dagegen leicht rot an und lächelte dann auch. Sein Herz machte einen Freudensprung und er drückte sich wieder an den starken Rücken des Älteren. Er liebte ihn auch und…er hatte recht. Er würde versuchen keine Angst mehr zu haben. Denn er war zuhause…

Aber plötzlich machte er die Augen wieder auf und sah sich um. Etwas…stimmte nicht. Da war so ein komisches Gefühl. Er zupfte an dem Rücken der Lederkluft seines Liebsten und sprach dabei laut:

„Kaneda! Bleib mal stehen!“

Der reagierte sofort verwundert und trat auf die Bremse. Als die Rote endlich zum Stillstand kam setzte sich Tetsuo aufrecht und sah sich um. Kaneda dagegen setzte sich auch gerade und fragte über die rechte Schulter hinter:

„Was ist? Spürst du was?“

Tetsuo war sich da selber nicht ganz sicher. Es war nicht wie wenn er seine Kräfte benutze um seine Artgenossen aufzuspüren. Es war dieses mal anders. Wie wenn man sich beobachtet fühlte. Er sah sich weiter um. Ließ seinen Blick über die Straße und an den Häusern entlang fahren. Doch da war nichts. Was war das nur? War machte ihn so nervös? Und auch Kaneda sah sich um, als der Kleine das tat. Es war totenstill. Endlich etwas kühler da die Sonne bereits unter ging. Und dennoch jagte ihm plötzlich die Umgebung einen kleinen Schauer über den Rücken der nichts mit der sinkenden Temperatur zu tun hatte. Es war gespenstisch. Erst jetzt nahm er so wirklich wahr…wie still es doch in diesem Teil der Stadt war. Keine Vögel die sangen und auch keine Insekten mehr die zirpten. Als würde die Stadt komplett vor Schrecken den Atem anhalten. Als würde sie verschweigen was für schlimme Dinge an diesem Ort passiert waren. Die Gebäude waren hundert Jahre alt und sie ragten unheilbringend über sie hinaus. Und Kaneda…konnte es fühlen. Etwas Schreckliches war vor vielen Jahren hier passiert. Dennoch schüttelte Tetsuo den Kopf misstrauisch und dann lehnte er sich wieder fest an Kaneda und sprach:

„Es ist nichts…Ich fühle mich nur nicht so wohl hier. Komisch oder?“

„Ja. Es ist als würde hier alles den Atem anhalten, oder als würde die Zeit stillstehen. Ich kann es dir nicht verdenken. Auch ich merke das.“

Kurz nach dem er das gesagt hatte warf Kaneda die Karre wieder an und sie fuhren weiter.

Sie fuhren immer tiefer in diesen Stadtteil hinein und man konnte etwas Interessantes beobachten…Das Ausmaß der Zerstörung nahm zu. Je tiefer sie fuhren umso mehr war die Stadt zerstört. Häuser teils zerrissen, Straßenlampen umgeworfen, der Asphalt der Straße aufgerissen, so schlimm das Kaneda über die Buckelpiste konzentriert fahren und auf Schlaglöcher achten musste. Und alles natürlich überwuchert mit der Natur. Wunderschön und doch zugleich traurig. Wenn man sich vorstellte…das die ganze Welt so mal aussehen würde, also wenn die Menschheit irgendwie ausstreben sollte. Es hinterließ in Tetsuo ein zerschlagendes Gefühl der Einsamkeit und er sah sich weiter um. Aber warum verursachte es in ihm Einsamkeit?

Bisher konnte er kein Gebäude sehen das verdächtig aussah. Und auch Kaneda, wenn er mal von der Straße aufsah, konnte nichts erkennen. Und nach einigen Minuten wurde ihm immer mehr bewusst…das Joker sie sicher verascht hatte. Aber es gab doch Akten das hier ein Labor sein sollte. Er war hin und her gerissen. Ehrlich gesagt wollte er die Kurve kratzten und wieder verschwinden. Es wurde immer dunkler und er wollte Tetsuo und sich nicht der Gefahr aussetzten vielleicht aufgespürt zu werden. Von Menschen die ihnen böses wollten. Denn wer sagte dass dieser Ort unbewohnt war? Vielleicht kamen die Arschlöcher nur nachts aus ihren Verstecken gekrochen. Die ganze Aktion war dumm gewesen. Sie hätten daheim bleiben sollen. Kurz darauf blieb er an einer Kreuzung stehen und Tetsuo sah neugierig über seine Schulter zu ihm. Warum bremste er? Kaneda erlöste ihn auch gleich von der Frage:

„Das ist doch kompletter Blödsinn. Wir sollten es lieber für heute sein lassen und wieder zurück fahren.“

Tetsuo schien etwas erschrocken deswegen.

„Was? Jetzt wo wir schon mitten drin sind?“

Kaneda sah zu ihm und drehte sich dabei etwas hinter.

„Es wird dunkel Tetsuo. Es war vielleicht ein Fehler danach zu suchen. Kai und Yamagata machen sich bestimmt auch schon Sorgen. Ich weis das es dir keine Ruhe lässt, aber was wenn Joker uns in eine Falle lockt?“

Und er ärgerte sich das er nicht schon eher daran gedacht hatte. Er tat unbedachtes aus Liebe. Und das konnte gefährlich werden. Tetsuo aber schüttelte den Kopf.

„Das glaube ich nicht. Sicher es könnte eine Falle sein, aber alles spricht dafür da er nicht gelogen hat. Es gibt hier ein Labor, ganz bestimmt. Du hast selber den Beweis gesehen.“

„Tetsuo das war nur ein Dokument! Vielleicht wurde es dort falsch verlegt!“

„Das kann ich mir nicht vorstellen.“

„Warum ist dir das so wichtig?!“

Er schien etwas gereizter zu werden, denn seine Stimme wurde lauter, weswegen ihn Tetsuo nur ansah. Das kam so spontan und aus dem Nichts. Und dann sagte er mit sanfter und bestimmter Stimme zu Kaneda:

„Weil ich…wissen möchte woher ich komme Kaneda.“

Der Ältere sah ihn an und Tetsuo sprach weiter:

„Ich weis dass es riskant ist. Aber ich spüre etwas. Ich bin mir ganz sicher dass es wichtig ist das heraus zu finden. Kaneda…ich muss wissen ob ich etwas ändern kann. Vielleicht etwas in diesem Labor finde was uns helfen kann.“

„Manchmal…ist es besser den Geist in der Flasche zu lassen Tetsuo.“

Sie sahen sich nur an.

„Ich bin mein Leben lang als Monster abgestempelt worden. Von meiner eigenen Art. Und ich wusste nie warum. Aber vielleicht kann ich in diesem Labor wirklich die Antworten finden die ich suche.“

„Tetsuo ich weis wie es ist der Außenseiter zu sein. Aber glaub mir: Es ist nicht wichtig zu wissen woher man kommt. Es ist viel wichtiger zu wissen wer man ist und was man sein möchte!“

Tetsuo brach den Blickkontakt ab. Erst weil er nicht damit umgehen konnte. Er sah nach links von ihnen. Wahrscheinlich hatte er recht. Aber es ließ ihm einfach keine Ruhe. Wer bin ich? Wo gehöre ich hin? Sätze die ihn sein Leben lang verfolgt hatten. Die sein Handeln bestimmten. Einfach so aufzugeben und das alles fallen zu lassen, das war nicht seine…Er blieb weiterhin verstummt und sah plötzlich starr in die eine Richtung. So fixiert das es Kaneda nicht unbemerkt blieb und er seinem Blick folgte. Und dann sah er ihn auch. Das Objekt worauf die Aufmerksamkeit lag. In der Dämmerung und hinter der einen Straße, an der Kreuzung auf der sie standen, sah er einen Fluss langlaufen. Still und dreckig und über diesen führte eine der Straßen der Kreuzung. Folgte er mit dem Blick dem Flusslauf weiter nach rechts dann machte er nach einigen Metern einen Biegung und folgte der Straße nach oben zu einem Gebäude. Es war sehr schlimm zerstört. Aber es sah aus als wäre es ein Teil eines Campus oder so. Tetsuo zeigte auf den Fluss und sprach dann:

„Fahr bitte mal an den Fluss.“

Er klang komisch. Mit einem Ton wie in Trance, oder als wäre er sehr weit weg. Kaneda sah wieder zu ihm. Überlegte. Er wollte nicht wirklich. Er hatte kein gutes Gefühl dabei. Aber ihm zur Liebe…tat er es. Er schmiss die Maschine wieder an und fuhr gegenüber zum Fluss. Zumindest an den Straßenrand und ließ Tetsuo absteigen, der sich auch gleich den kleinen Hang runter machte. Kaneda stellte seine Schöne sicher ab, zog die Brille auf seine Stirn und folgte ihm. Er sah den PsyKI am Rand des Wassers stehen und wie er dann plötzlich auf die Knie ging und in das Wasser mit der rechten Hand fasste. Erst sah es so aus als würde er Durst haben. Aber er ließ die Hand einfach nur darin gleiten. Aber kaum als Kaneda rechts von ihm stand und zu ihm runter sah sprach Tetsuo:

„Ich…“

Er sah wieder auf und dem Flusslauf entlang.

„…Ich habe das Gefühl…ich war schon mal hier.“

Es war nur sehr leicht und verschwommen, aber es kam ihm bekannt vor. Er stand wieder auf und sah nach rechts zu dem selben Gebäude und Campus rüber den Kaneda schon erspäht hatte. Offenbar hatten sie ihr Ziel erreicht. Und der Ältere sah ebenfalls da rüber.

„Und du bist dir wirklich sicher?“

Tetsuo sah zu ihm mit einer Mine der Aufmerksamkeit, bis der Ältere dann auch endlich zu ihm runter sah und weiter sprach:

„Ich will dich beschützen. Das es dir gut geht. Und ich weis nicht…ob dir das da drüben den Frieden bringen wird den du suchst Tetsuo.“

Der Kleine sah von ihm weg und wieder zum Campus rüber. Über dessen Gebäude bereits die letzten Strahlen der Sonne herab schlichen und sich in Dunkelheit verwandelten.

„…Das werde ich sehen.“
 

Sie fuhren über die Straße und den darunter liegenden Fluss. Und bereits nach wenigen Minuten waren sie an einem weiteren Checkpoint des Militärs angekommen. Dieser war noch schlimmer zerstört als der Letzte. Und auch auf dem Weg zu ihm war bereits kahles Brachland neben der Straße verteilt gewesen. Alle Häuser waren zerstört und flach wie der Boden. Nur noch Bruchstücke. Alles wirkte wie…als hätte man eine Bombe über diesem Ort abgelassen. Er war schrecklich verwüstet und es wirkte merkwürdig. Alles in diesem Stadtteil war dagegen noch ordentlich und an diesem Ort wirkte es als wäre eine Bombe explodiert. Warum nur hier? Inzwischen war auch Kaneda klar dass sie ihr Labor gefunden hatten. Hat man hier alles zerstört um…Beweise zu vernichten?

Sie fuhren durch den Checkpoint durch und direkt dahinter war ein großer Platz. Alles klar. Das hier war ein: Stadt in Stadt Prinzip. Dieser Campus war so riesig und auch Schilder deuteten darauf hin, dass es sich hier um einen Wohn- und Arbeitsort handelte. An mehreren Straßen, von diesem Platz weg, konnte man manchmal ein verschwommenes Schild lesen auf dem zum Beispiel: Wohnanlage B, stand. Kaneda hielt mitten auf dem Platz an und sah sich um. Er suchte nach einem Schild mit einer anderen Aufschrift, aber alles was er sah war unleserlich oder zerstört gewesen.

„Mist. So kommen wir nicht weiter.“

Tetsuo sah sich auch um und erspähte dann etwas. Er klopfte seinem Liebsten auf die rechte Schulter und zeigte nach rechts, sprach:

„Kaneda! Sieh mal!“

Der Ältere folgte seiner Geste und sah auch was der junge PsyKI erspäht hatte. Er machte das Motorrad wieder an und fuhr hin. Nach einigen Sekunden stoppte er seitlich an einem großen, futuristischen Schild und las abwärts. Es zeigte an einer Karte wo sie sich gerade befanden und…Bingo! Auch wo was zu finden war! Er nickte und sprach:

„Gut gemacht Tetsuo. Jetzt finden wir uns wenigstens etwas zurecht.“

„Wir suchen ein Labor.“

Aber da ging es schon los. Es gab mehrere. Aber nun hatten sie die Bestätigung dass es sich um einen Wissenschafts-Campus handelte. Sie waren goldrichtig. Kaneda verzog das Gesicht etwas genervt.

„Heh scheiße. Such dir was aus. Denn offenbar gibt es drei Labore.“

Tetsuo schüttelte den Kopf und zeigte auf der Karte auf eine 5 und sprach:

„Nicht ganz. Unter der Nummer Fünf steht Hauptlabor und ich würde sagen wir fangen da an zu suchen.“

Kaneda sah zu ihm.

„Anfangen zu suchen? Wie lange willst du denn hier suchen?!“

„So lange bis wir was gefunden haben.“

„Das kannst du gleich mal vergessen!“

Kaneda sagte das aufgebrachter zu ihm hinter. Durch die Schatten, die die hohen Gebäude um sie warfen, wurde es schnell dunkler denn die Sonne war fast untergegangen. Der Himmel schimmerte in einem rötlichen Ton und graue Wolken zogen über diesen. Die Schatten der zerstörten Gebäude warfen unheimliche lange Schemen auf dem Boden und Tetsuo sah ihn etwas muffig an. Er verstand nicht dieses Uneinsichtigsein seines Liebsten. So das er auch etwas genervter sprach:

„Was ist dein Problem?!“

„Was mein Problem ist?! Ich riskiere es nicht dich in Gefahr zu bringen, nur weil wir einem Geist hinter her jagen! Ich wollte nicht dass die Suche so lange dauert! Es wird schon dunkel und wir müssten eigentlich schon längst mit unserem Arsch auf dem Heimweg sein! Du weist doch selber das die ganzen Arschlöcher lieber im Dunkeln rauskommen! Und wir sind gerade jetzt nicht genug ausgerüstet!“

Es stimmte das es nicht so lange geplant war. Kaneda hatte nur eine Waffe bei sich und das war der Revolver den er von Yamagata bekommen hatte, der leicht hinten aus seiner Hose raus ragte. Er zückte diesen auch gleich und öffnete ihn, zählte die Patronen im Magazin. Nicht viel. Er hatte mit den Reservepatronen nur ganze 18 Stück dabei. Wenn es also gut lief und jeder Schuss ein tödlicher Treffer war, konnte er nur 18 Leute töten um sich zu verteidigen. Das war nicht viel bedenkt man das die meisten Gruppen aus mehreren Leuten bestanden. Durch die Neo Tokyo Apokalypse hatten Menschen sich in Gruppen zusammengetan, denn das war sicherer. Sie taten das ja auch. Tetsuo sah ihm zu wie er wieder den Revolver schloss und zurücksteckte. Er schüttelte den Kopf und sprach etwas aufgebracht:

„Wir sind schon so nahe dran! Ich bin auch noch da und kann Menschen töten wenn es sein muss!“

Und genau das wollte Kaneda nicht. Es hatte nichts damit zu tun das er dem Kleinen nicht vertraute oder nicht wollte dass er seine Reinheit verlor wenn er jemanden umbrachte. Das hatte er bereits. Er wollte verhindern…das Tetsuo die Kontrolle verlor. Er fürchtete sich vor dem Kontrollverlust den er mal auf der Baustelle erlitten hatte. Das er in einem großen Angriff nur noch ungezügelt um sich hauen würde und das es ihm…Spaß machen könnte. Er wollte ihn nie wieder so sehen…Tetsuo spürte dass da was im Busch war und schubste ihn leicht am Rücken an, so dass der Ältere von seinem Lenkrad abließ und wieder zu ihm hinter sah. Er könnte locker Kanedas Gedanken lesen um herauszufinden was los war. Aber er machte das nicht. Er hatte es versprochen. Also fragte er ihn etwas ruhiger und eindringlicher:

„Wovor hast du Angst Kaneda? Das ich Menschen töten könnte? Ich verteidige und beide bis aufs Blut wenn es sein muss!“

Diese Entschlossenheit von dem Kleinen erstaunte und beeindruckte Kaneda sehr. Natürlich würde er das. Das stand außer Frage. Aber wie weit würde er gehen…? Nach einigen Sekunden ließ er mit seinem Blick von dem PsyKI ab und machte seine Karre wieder an. Er zog die Brille über seine Augen und sprach dabei:

„Ich mache dir einen Vorschlag: Wir fahren jetzt zu diesem Hauptlabor. Wenn wir innerhalb einer Stunde nichts gefunden haben, suchen wir einen sicheren Raum und machen dort Rast bis zum Morgen. Ich werde nicht mitten in der Nacht in einem unbekannten Gebiet herumfahren und schutzlos suchen. Morgen früh können wir dann noch mal reden.“

Tetsuo war überrascht und erfreut. Er ließ sich darauf ein? Aber er war sich sicher dass er dies nicht aus Neugier tat. Er tat es nur ihm zur Liebe. So wie alles was er bisher auf dem Weg hierher getan hatte…Der Kleine nickte und antwortete:

„Okay. Danke Kaneda.“

Er drückte sich wieder fest an den Fahrer und Kaneda zog die Karre rum. Ließ sie aufheulen und fuhr in Richtung Norden des Platzes. Und nach wenigen Sekunden waren sie von diesem runter und fuhren die große Straße hinab. Unwissend das sie bereits beobachtet wurden…

Als sie die Straße hinab fuhren konnten sie bereits in der Ferne schon das große Hauptgebäude sehen. Es erhob sich mit gläsernen Wänden die wie Spiegel aussahen besonders hervor. Es sah aus wie ein Glaskasten. Und natürlich waren fast alle Fenster und Wände eingeschlagen oder zersplittert. Das konnte man genau sehen. Die Zerstörung war immens und es wurde noch schlimmer je näher sie dem Gebäude kamen. Einige Straßen, die rechts und links von ihrer Straße abwichen, waren komplett in den Erdboden versunken und meist nur noch Schluchten zum Tunnelsystem darunter, indem auch ein reißender Fluss sich gebildet hatte und vereinzelt Autos mit sich riss, oder Laster schwer darin standen wie Felsen in der Brandung. Man kam sich vor wie am Ende der Welt. Und es war nicht nur das. Man sah auch vereinzelt Skelette von Menschen auf den Straßen oder an den Häusern liegen. Überbleibsel der alten Welt und überwuchert von Moos. Mahnmale der Dummheit der Menschheit. Tetsuo sah vor zu Kaneda, da dieser nicht sehr schnell fuhr und fragte dann:

„Was ist hier nur passiert? Hast du davon was gehört?“

Kaneda schüttelte nur den Kopf und konzentrierte sich weiter auf die Straße.

„Nur das was man so an Gerüchten hört. Ich habe mal mitbekommen das es einen Stadtteil um Neo Tokyo geben soll der durch einen Krieg vor Jahren zerstört wurde. Ich selbst habe davon nichts mitbekommen, ich war noch ein Baby. Das Militär hielt alles gut unter Verschluss. Aber wenn ich das hier sehe bin ich mir sicher dass es hier gewesen ist. Die Skelette sind alt, aber nicht SO alt.“

Tetsuo sah ihn weiter an.

„Etwas Schreckliches ist hier passiert…Ich kann das fühlen wenn ich mich umsehe.“

„Dann lass uns mal hoffen das wir schnell finden was du suchst.“

Sie kamen am Ende der Straße an und standen vor einem weiteren Checkpoint. Dieser war erstaunlich gut in Takt und nicht aus Stein oder Holz gebaut. Er wirkte sehr futuristisch und aus Metall. Dennoch konnten sie durchfahren und kamen dahinter auf einem Parkplatz an, oder zumindest was man davon noch erkennen konnte, denn die gemalten Linien verschwammen unter dem Dreck und Moos am Boden. Kaneda hielt an und ließ Tetsuo absteigen. Dann fuhr er noch mal kurz hinter zum Checkpoint und stellte dort, im Schutze eines Gebüschs, seine Rote ab und hängte die Fahrerbrille über das Lenkrad. Der junge PsyKI sah derweil zu dem Gebäude vor sich hoch, das so weit zum Himmel ragte. Erstaunlicherweise war es noch gut in Takt. Nicht ganz so zerstört wie alles auf dem Weg hier her. Das faszinierte ihn. Aber wenn er es so ansah…überkam ihn wieder das Gefühl sowas schon mal gesehen zu haben. Als wäre er mal hier gewesen. Und genau jenes Gefühl machte ihm Angst. Er wollte es wissen. Aber er hatte wirklich, wie Kaneda es sagte, angst vielleicht etwas zu finden was er bereuen könnte. Doch das musste er eingehen. Nicht nur für ihn. Sondern für alle seiner Art.

Was Joker sagte ließ ihn einfach nicht los. Besonders dieser Teil mit „Gott“ ließ ihn nicht los. Es klang nicht wie eine Spinnerei. Er hatte jemanden getroffen, ganz sicher und diesen bezeichnete er als Gott. Und Tetsuo hatte Sorge dass es einer seiner Art gewesen sein könnte…

Kaneda kam neben ihn und stupste ihn leicht an. Holte den Kleinen aus seiner Trance und er sah zu ihm, bekam ein Nicken und der Ältere sprach:

„Los geht’s. Wir haben nicht viel Zeit bevor er komplett dunkel ist.“

Er zückte dabei zwei kleine Taschenlampen und reichte eine davon Tetsuo, der diese auch wortlos annahm. Dann lief Kaneda vorne weg und der PsyKI hinterher.

Sie stiegen die 2 Meter langen Stufen hoch und kamen am Haupteingang an. Die Glastüren waren gesplittert und verschlossen. Aber sie konnten einfach durch das gesplitterte Glas durchschreiten und befanden sich in einem großen und kalten Raum wieder. Eine Halle. Und man konnte, wenn an hoch sah, sehen wie pro Stockwerk die Gänge mit der Halle verbunden waren. Abgetrennt mit Geländern das man nicht in die Tiefe fiel. Während Tetsuo sich davon faszinieren ließ, lief Kaneda nach rechts zum großen und runden Anmeldetresen an der Wand. Der Schein seiner Taschenlampe fiel über das alte, modrige Holz und offenbarte eine Staubschicht darauf. Mit dem Oberkörper lehnte er sich drüber und sah dahinter auf den Boden. Natürlich. Dort lag ebenfalls ein Verstorbener. Das Skelett einer Frau, wenn man nach dem Kleid ging. Sicher die Dame zur Anmeldung damals. Er kam mit einem Satz locker über den Tresen und rechts neben dem Skelett auf den Boden. Bückte sich und Tetsuo sah bei der Lautstärke zu ihm. Sein Liebster war hinter dem Tresen verschwunden und deswegen bewegte er sich auf ihn zu. Kaneda dagegen sah eine Akte in den Armen des Skeletts und zog sie weg. Staub lag darauf und er pustete es runter. Öffnete vorsichtig das Dokument und blätterte darin rum. Tetsuo war nun angekommen und sah über den Tresen zu ihm runter. Erst etwas erschrocken über das Skelett verstummte er, aber fing sich nach Sekunden bereits und fragte:

„Und? Steht da was Wichtiges drin?“

Kaneda ließ den Blick weiter in der Akte und sprach:

„Nichts Besonderes denk ich. Das war die Dame bei der man sich anmelden konnte. Aber so wie es aussah hat sie auch Zugriff auf interne Akten gehabt am PC. Zumindest sind hier welche drin…Da steht es gab einen Unfall im Labor im 4ten Stock. Das war am 3ten August 2018. Danach gab es keine Einträge mehr.“

Das war also 15 Jahre her.

„Ob dieser Unfall für das alles hier verantwortlich war?“

Fragte Tetsuo neugierig und Kaneda schloss die Akte, kam hoch und legte sie auf den Tresen. Er zuckte dabei mit den Schultern und stützte sich auf dem Holz vor ihm mit den Händen ab, sah wieder zu dem PsyKI.

„Keine Ahnung. Ist aber schon mal etwas wo wir anfangen sollten zu suchen. Besser als auf gut Glück jedes Zimmer abzuklappern.“

Er kam links um den Tresen herum und beide liefen zusammen die Halle runter. Nicht weit entfernt konnten sie eine Treppe sehen. Rechts daneben stand eine Tafel auf der die einzelnen Stockwerke und Bereiche aufgeschrieben waren. Tetsuo ging bereits die ersten zwei Stufen rauf und Kaneda las noch die Tafel. Als er allerdings nicht nachkam sah der junge PsyKI zu ihm runter und fragte verdutzt:

„Kaneda? Was ist los? Wir müssen in den 4ten Stock, warum schaust du noch auf die Tafel?“

Der Ältere sah zu ihm und schien sichtlich etwas verwirrt, was Tetsuo nicht verborgen blieb. Nun kam er doch wieder die Treppe runter und stellte sich neben seinen Liebsten. Sah auch auf die Tafel und Kaneda zeigte auf den vierten Stock. Was da stand…war unfassbar. Tetsuo las laut vor:

„Biogenetisches Labor? Gentherapien? Was bedeutet das?“

„Das bedeutet das hier ganz schöne Scheiße gelaufen ist. Für mich hört sich das an als wurde hier Genmanipulation im großen Stil betrieben. Tetsuo sowas ist verboten. Die haben hier mit den Genen von was weis ich rumgespielt und sie verändert. So kann man neue Lebensformen erschaffen wenn man will. Kreuzungen.“

Tetsuo sah ihn erstaunt an. Das war schrecklich. Aber was ihn mehr faszinierte:

„Woher weist DU denn sowas?“

„Hab ich mal von Kai erzählt bekommen.“

„Dann sollten wir erst recht da hoch.“

Kam es entschlossen von dem Kleinen. Er lief wieder zur Treppe und Kaneda ging dieses Mal mit. Ein saurer Geschmack machte sich in seinem Mund breit. Genmanipulation. Der böse Gedanke, dass alle Gerüchte über die erschaffenen PsyKI sich verwirklichen könnten, war näher als je zuvor. Es schien nicht mal mehr abwegig. Und Kaneda wusste das Tetsuo nicht blöd war. Ihm war dieser Gedanke mit Sicherheit schon viel früher gekommen. Pushte er deswegen so sehr und bestand darauf hier her zu kommen? Aber viel wichtiger war: War er bereit für die Antwort?

Sie kamen nach einigen Minuten oben im 4ten Stockwerk an. Auf dem Weg da hoch lagen einzeln mal einige Tote auf der Treppe, oder in den Gängen zu den anderen Stockwerken. Was auch immer hier passiert oder ausgebrochen war…es hatte um sich geschlagen. Und bei Kaneda festigte sich der Gedanke: Was auch immer hier passierte, es war Ground Zero für das was mit der Stadt passiert war. Es fing hier an. Sie liefen den Gang hinab und waren wieder in der Halle angekommen, nur etwas höher als vorhin. Liefen rechts den Weg lang und an einigen Laboren vorbei. Die Türen waren offen, da die Elektrik nicht mehr funktionierte und sie nicht mehr schließen konnten. Es waren elektrische Türen und Schlösser. Kaneda spähte in einen der Räume rein und machte dann vorsichtig einen Schritt in diesen. Sah aus wie eines der Labore in der Schule. Einzelne Laborreihen mit eigenen Spülen und aus Stein. Rechts war eine Tafel und der geschriebene Teil darauf natürlich verwischt und nicht mehr erkennbar. Tetsuo kam auch rein und sah sich um. Auch hier lagen tote Menschen.

„Was ist hier nur passiert?“

Fragte er sichtlich schockiert aber gefasst.

„Etwas was ihnen in den Arsch gebissen hat. Vielleicht ein fehlgeschlagenes Experiment. Oder wer weis…vielleicht auch einfach Gerechtigkeit?“

Damit wand er sich ab und lief an Tetsuo wieder vorbei nach draußen zu dem Flur. Der PsyKI sah ihm besorgt nach. Kaneda war sehr kühl geworden seit sie in diesen Stadtteil gefahren waren. Sicherlich aus Sorge. Aber es machte Tetsuo Sorgen das sein Männchen so kalt gegenüber dem Tot von Menschen war…Als wären ihm diese Leben nichts wert gewesen. Er lief ihm nach und sprach dann im Flur:

„Hör bitte damit auf.“

Kaneda blieb stehen und sah verwirrt hinter sich über die linke Schulter. Tetsuo stand nur einen Meter entfernt und warf ihm einen bittenden Blick zu, den der Ältere nicht verstehen konnte.

„Was? Wovon redest du da?“

Er drehte sich komplett um und sie sahen sich nur an. Der Kleine schien traurig zu sein.

„Ich weis dass du in deiner Kindheit sehr unter Menschen gelitten hast. Und ich weis das du auch jetzt unter den Taten der Menschen leidest, weil sie momentan schreckliche Dinge tun. Aber das bist du nicht! Du bist jemand der Menschen hilft und immer irgendwie etwas Gutes in ihnen findet. Kai und Yamagata sind das beste Beispiel dafür das dir Menschen was bedeuten! Du sagtest du tust alles für deine Freunde und Familie. Deine Freunde und Familie sind Menschen Kaneda! Deswegen bitte ich dich: tu nicht so als wären dir die Verstorbenen hier egal, oder als wären sie wertlos!“

Das war es also? Kaneda verstand seinen Punkt, aber so einfach war das nicht.

„Das kannst du nicht miteinander vergleichen Tetsuo! Kai und Yamagata sind meine Freunde und gute Menschen! Diese Menschen hier haben verdient was ihnen passiert ist! Wenn man sich auf eine gottgleiche Ebene begibt und Gott spielen will, dann muss man auch mit den Konsequenzen leben! Das was sie hier getan haben war nicht richtig! Und sie haben die Quittung dafür bekommen! Also verzeih mir wenn ich kein Mitleid mit ihnen haben kann für die Scheiße die sie selber verzapften! Und Menschen wie dir und mir noch immer damit schaden!“

Tetsuo sah ihn nur an. Und dann kam es sehr neutral aus ihm:

„Weist du was Vergebung ist?“

Kaneda blieb eisern an seinem Standpunkt, aber seine Mine wurde wieder weicher und leichte Trauer spiegelte sich darin.

„Ja…Es gab mal eine Zeit da habe ich jeden Tag darum gebeten.“

„Kein Mensch ist frei von Schuld Kaneda. Jeder macht Fehler. Aber es kommt auf uns an ob wir ihnen vergeben können oder nicht. Tote können nicht vergeben…aber wir schon. Ich weis dass sie nicht frei von Schuld sind und noch dazu eine sehr schwere getragen haben. Aber es ist vorbei Kaneda. Sie haben dafür bezahlt und es liegt nun an uns ihre Seelen in Frieden ruhen zu lassen und unsere ebenfalls. Hasse sie. Aber tute es aufrichtig und lass dann von ihnen ab. Es bringt dir nichts ihnen bis auf alle Zeit Hass entgegen zu werfen. Wir müssen jetzt mit dem leben was passiert ist und einen Weg finden das zu meistern. Und wir können das…gemeinsam.“

Aber Kaneda war sich da nicht so sicher. Er konnte nicht einfach so vergeben. Wie sollte er diesen Menschen vergeben können…wenn er das noch nicht mal bei seinen Eltern konnte?

Er wand sich still um und lief einfach weiter. Tetsuo sah ihm nur traurig nach. Er wusste dass er bei seinem Liebsten damit einen Nerv getroffen hatte. Aber das musste sein. Kaneda musste sich solchen Verantwortungen stellen. Er kann nicht vor allem weglaufen. Und wenn sie zusammen leben wollten…musste er das lernen.

Er folgte ihm weiter und sie kamen schließlich, nach mehreren Türen an eine mit zwei großen Türen. Es sah wie das große Labor auf dieser Etage aus. Der Ältere öffnete die rechte Tür und trat in den Raum dahinter, Tetsuo dicht hinter ihm. Der Strahl seiner Lampe erfasste in dem dämmrigen und schwach beleuchteten Raum eine große Maschine, die alt und bedrohlich dort stand, in mitten des Raumes. Sie kamen rein und Kaneda lief nach rechts zu einigen Tischen und sah dort verteilt Akten liegen. Er hatte das Gefühl das sie hier richtig waren. Er schob sie hin und her und las was er noch lesen konnte auf den Umschlägen. Wind und Wetter hatten sie schwer in Mitleidenschaft gezogen und sie waren auch teils modrig durch Regeneinfluss. Tetsuo lief vor die große Maschine und sah sie nur an. Was…machte man damit? Er stellte diese Frage laut:

„Was glaubst du wofür die gewesen ist?“

Kaneda nahm sich eine Akte und sie verlief förmlich in seinen Händen und riss, klatschte auf den Boden. Er machte einen Schritt zur Seite und nahm sich etwas Trockeneres vom Stapel.

„Bestimmt für nichts Gutes.“

Er nahm eine Akte und machte sie auf. Lehnte sich mit der Hüfte an den Tresen und Tetsuo sah zu ihm.

„Steht da was Wichtiges drin? Was das hier war?“

„Nur so medizinisches Mumbojumbo. Ach verdammt! Wenn man Kai braucht ist er nicht da. Er wüsste bestimmt etwas von dem was hier steht.“

„Was steht denn da genau? Les mal vor.“

„Medikament und Behandlung schlagen an. Hohe kognitive Antworten. Immunsystem reagiert stärker als gewohnt. Behandlung beobachten. Tägliche Dosis XT224 erhöhen. Nummer 41 zeigt keinerlei Einfluss durch XT224. Dosis erhöhen.“

Las Kaneda vor und Tetsuo verschränkte die Arme und drehte sich zu ihm.

„Das hört sie wie eine Behandlung an. Also wie ein aufgeschriebener Verlauf einer Behandlung. Nummer 41 scheint eine Testperson gewesen zu sein. Von wann ist der Eintrag? Steht da was?“

Kaneda sah weiter oben auf dem Zettel und erstarrte etwas…

„Der Eintrag war 5 Tage vor dem Unfall. Also vor dem letzten Eintrag unten bei der Dame am Tresen.“

Das konnte kein Zufall sein. Der Kleine sah wieder zu der Maschine und machte einen Schritt auf sie zu.

„Das kann kein Zufall sein…Was wenn hier…“

Er fasste die Maschine mit der rechten Hand an…und verstummte schlagartig. Als würde ein Blitz durch seinen Körper fahren gab es einen Schlag und sein Kopf fing an zu schmerzen. Er ließ sofort von dem kalten Metall ab und zuckte zusammen. Seine Augen wurden leer und er verlor das Gefühl in seinen Beinen. Noch ehe Kaneda was tun konnte, sah er wie Tetsuo schwach und leblos zusammenbrach und mit offenen Augen am Boden lag. Zitterte und sich sonst nicht mehr rührte. Der Ältere ließ alles fallen und rannte zu ihm hin. Schrie seinen Namen und kam auf die Knie. Er hob den schlaffen Körper sanft an und drückte ihn an sich. Fühlte wie warm der junge PsyKI war, er atmete aber noch und Kaneda schrie immer wieder nach ihm. Aber Tetsuo konnte nicht antworten. Er war ganz wo anders…
 

„Bist du dir sicher?“

„Es ist absolut ungefährlich. Es ist nur eine vorsorgliche Untersuchung.“

„Sie wird aber unserem ungeborenen Kind nicht schaden oder?“

„Genau dafür wurde sie gemacht. Er wird etwas ganz besonderes. Und du bist in der richtigen Schwangerschaftswoche dafür. Der Fötus ist stark genug und gesund. Es wir alles gut werden Schatz.“

Eine wunderschöne junge Frau mit langem schwarzen Haar und einem zierlichen Körper sah unsicher zu ihrem schwangeren Bauch hinab. Ihre Augen waren wunderschön und später wird ihr Kind diese ebenfalls besitzen. Sie strich sanft über den prallen Bauch und nickte.

„Ich will nur…dass er glücklich wird. Ich weis nicht was ich tun soll.“

„Du hast zugestimmt Liebling. Unser Sohn gehört diesem Labor.“

„Aber er gehört doch in erster Linie uns! Er ist unser Baby!“

„Wie haben unterschrieben! Es gibt kein Zurück mehr! Dieses Kind wird alles verändern! Und wir sind die Eltern von diesem Wunder, warum siehst du das nicht ein?“

„Ein Kind…ist immer ein Wunder. Ich will nicht dass er nur eine Nummer ist. Er ist unser Sohn.“

„Er ist nach seiner Geburt nur noch: Nummer 41.“

Ein Filmriss. Eine Explosion und ein schreiendes Kind, das in den Armen jener schönen Frau getragen wurde, die wie als wäre der Teufel hinter ihr her den Flur hinab rannte. Das Bündel in ihrem Arm war blutüberströmt und krisch laut, aber nicht vor Schmerz, sondern aus Angst. Um sie herum schrien Menschen und bekämpften sich gegenseitig. Einigen Menschen zerbrachen die Köpfe und andere lachten dabei. Sie selbst trug eine schlimme Bauchwunde mit sich und schaffte sich schwer atmend aus dem Gebäude das teils in Flammend stand, die aus dem 4ten Stock kamen. Aber sie drehte sich nicht um und rannte weiter. Das Sicherheitsteam war auf dem Weg in das Gebäude und sie entkam so runter an den Fluss. Sie hatte sich den dort bereitgestellten Korb neben sich gezogen, als sie am Ufer kniete und schweren Herzens ihr kleines Baby mitsamt dem Tuch in diesen legte. Sie weinte dabei und griff sich mit der linken Hand schmerzhaft an die Bauchwunde. Das Kind hörte auf zu schreien und sah zu seiner Mutter hoch. Sie kam über ihn und sprach:

„Es tut mir so leid. Ich wünschte ich könnte bei dir sein, aber das ist nicht möglich. Ich werde dich immer lieben. Und ich wünsche mir dass du ein glückliches Leben führen wirst. Finden ein Zuhause. Jemand der dich liebt…mehr noch als ich es konnte…Pass gut auf dich auf mein Sohn. Ich…ich hab dich lieb…Tetsuo.“

Sie kam runter und gab ihm schwach einen Kuss auf die Stirn. Fasste sein kleines Händchen und streichelte es ein letztes Mal. Als sie loslassen wollte, hatte das Baby sie noch gefasst und sie löste sich mit schwerem Herzen von ihrem Sohn. Ließ das Körbchen in den Fluss und sah wie er in der Ferne mitgezogen wurde. Und wie er wieder anfing zu schreien. Dann überkam sie Dunkelheit. Und sie hauchte ihr Leben aus.
 

Tetsuo erwachte schlagartig aus seiner Starre und atmete schnell und panisch. Als würde er aus einem bösen Traum erwachen kehrte das Leben in seine leeren Augen zurück und er blinzelte schnell. Kaneda hatte ihn derweil noch immer in den Armen und drückte ihn sofort an sich.

„Tetsuo! Tetsuo alles okay!? Was war denn mit dir los?!“

Der Kleine war noch immer im Schock, aber so langsam lichtete sich der Nebel vor seinen Augen. Er sah erschrocken zu Kaneda hoch, der noch immer Angst um ihn hatte. Er wusste nicht was los war. Als Tetsuo so schlagartig zusammenbrach war er schockiert bis ins Mark. Dann wurde ihm aber klar dass es erst passiert war nachdem er die Maschine angefasst hatte. Und das erinnerte ihn an eine Situation von damals. Das war ihm das bei Kaneda schon mal passiert. Das war der Moment wo Gefühle über Tetsuo hereinbrachen und er dies nicht kontrollieren konnte. Er konnte Erinnerungen von Menschen an Gegenständen erkennen und dadurch sehen, wenn sie stark genug waren. Aber das er so zusammenbrechen würde, dass kam einfach zu spontan und unvorhersehbar.

Er fasste dem Kleinen sanft auf die verschwitzte Stirn und spürte noch immer das leichte Zittern, so dass er erneut, aber dieses Mal sanft fragte:

„Hey…was ist passiert? Was hast du gesehen? Geht es dir gut?“

Stumm nickte Tetsuo nur und sah ihn an. Und ohne es kontrollieren zu können…schlich ihm eine Träne aus dem rechten Auge und lief die heiße Wange runter. Hinterließ eine kühle Spur dabei. Dieser Moment verschreckte Kaneda noch mehr und er sah ihn auch so an. Aber Tetsuo sprach dann auch schon gleich zittrig und mit einem seltsamen Unterton von Glück darin:

„I-Ich habe…Ich habe meine Mutter gesehen…Ich hatte…eine Mutter.“

Und dann löste er sich von seinem Partner und setzte sich allein hin. Saß auf dem kalten Boden und nahe bei Kaneda, als er die Maschine vor ihnen wieder ansah. Es…es war klar. Er hatte etwas gefunden was er so lange gesucht hatte. Und nun wurde ihm auch klar warum er so anders war. Er sprach:

„Ich…hier wurde ich geboren.“

Kaneda fragte überrascht und laut:

„Was?! Bist du dir da sicher?!“

Natürlich war das eine dumme Frage. Wenn Tetsuo das gesehen hatte, dann musste es so sein. Aber er könnte ja auch Dinge gesehen haben und sie falsch interpretieren. Der PsyKI sah wieder zu ihm und wischte sich dabei mit der einen Hand die Träne von der Wange. Er nickte und sprach zuversichtlich:

„Ja. Hier bin ich geboren worden. Hier in diesem Wissenschaftsgelände…“

Er zögerte auch nicht lange und erzählte Kaneda alles was er gesehen hatte:

„Ich verstehe nun…Endlich weis ich woher ich komme. Ich habe meine Eltern gesehen. Meine Mutter eigentlich nur. Sie war…wunderschön und freundlich. Sie war mit mir schwanger und es wurde gesagt dass ich an dieses Labor verkauft wurde. Noch vor meiner Geburt. Sie wollte nicht dass ich nur eine Nummer bin. Dann war da dieser Unfall und das Labor stand in Flammen. Ich habe andere meiner Art gesehen die randalierten. Das Massaker was wir hier sehen haben sie verursacht. Sie brachte mich noch an den Fluss und setzte mich aus…Deswegen kannte ich diesen Fluss. Er führt bis zu meinem Dorf in meiner Heimat. So konnte mich Miyako finden.“

So war das also. Es war für Kaneda ein Hammerschlag zu hören das Tetsuo hier geboren worden sein sollte. Joker hatte sie hier her geführt…das konnte kein Zufall sein. Und das beunruhigte ihn.

„…Wie war deine Nummer Tetsuo? Ich gehe mal davon aus das du eine hattest. Hast du was davon gesehen?“

Der Kleine sah ihn wieder an und nickte.

„Ich hatte die Nummer 41.“

Und das beunruhigte Kaneda nur noch mehr. Die selbe Nummer wie in der Akte von eben. Sie haben also hier an ihm experimentiert. Sofort stand er auf und zog Tetsuo behutsam mit sich. Der schien verwirrt über diese rasche Aktion und stand noch etwas klapprig auf den Beinen, als sein Gegenüber ihn fragte:

„Kannst du gut laufen?“

Tetsuo nickte leicht. Etwas schwammig war ihm schon auf den Beinen, aber laufen konnte er natürlich. Was sollte die Frage? Inzwischen war es draußen dunkel geworden. Wie lange war er weggewesen? War Kaneda deswegen so nervös?

„Okay. Wir verschwinden jetzt sofort von hier! Ich will nicht dass du auch nur eine Sekunde länger an diesem Ort bist! Vielleicht kippst du wieder um, oder erleidest einen Schock! Wir fahren jetzt heim!“

„Kaneda es ist viel zu dunkel draußen! Du sagtest doch selber dass es gefährlicher ist im Dunkeln! Wir sollten hier lieber rasten und…“

„Ja ich weis dass ich das gesagt habe! Aber da wusste ich nicht dass du solch einen Schock erleiden würdest! Dieser Ort tut dir nicht gut! Es war ein Fehler ich wusste es verdammt! Ich hätte nie mit dir hier her fahren dürfen!“

Tetsuo riss sich von ihm los und fauchte zurück. Sie wurden beide sehr laut.

„Ich verstehe nicht was das soll! Ich habe endlich erfahren wo ich herkomme! Ich weis endlich wer ich bin! Ich bin eine Laborratte! Ich wurde hier gezüchtet! Warum soll das ein Fehler gewesen sein zu wissen woher ich komme?!“

„Du weist doch überhaupt nicht viel!! Okay du weist nun das du hier geboren wurdest, aber das sagt doch nichts darüber aus WER du bist!! DU bist TETSUO! Du bist der Junge den ich liebe und der nicht aus Neo Tokyo kommt! Du bist keine gezüchtete Laborratte! Daher bitte ich dich: Lass uns endlich von hier verschwinden! Verstehst du denn nicht?! Es passt einfach zu gut! Joker sagt wir sollen hier her und genau hier findest du heraus dass du hier geboren wurdest?! Das ist kein Zufall! Und ich habe ein ganz ungutes Gefühl bei der Sache! Als würden wir in eine Falle laufen!“

Und plötzlich hallte ein Geräusch zu ihnen. Es war ein lauter Schlag gewesen, als würde etwas umfallen und er drang durch das ganze verlassene Gebäude wie ein bedrohliches Echo. Erschrocken sahen die zwei zu der Tür die aus dem Labor raus führte.

„Was war das?“

Flüsterte Tetsuo leise und Kaneda nahm seinen Revolver instinktiv aus seinem Hosenbund am Rücken und entsicherte ihn. Er war so modifiziert das er einen Sicherungshebel hatte. Normale Revolver besaßen sowas nicht. Dann kam er schützend vor Tetsuo, hielt die Waffe im Anschlag vor sich und machte einige Schritte zur Tür.

„Ich will es nicht wissen. Wir verschwinden jetzt von hier.“

Er lief vorsichtig rechts neben die eine Tür und sah hinaus in die Halle. Den Gang links und rechts hoch. Nichts. Es war wieder totenstill geworden und Tetsuo kam neben ihm, spähte ebenfalls hinaus.

„Vielleicht nur etwas altes was umgefallen ist.“

„Einfach so? Irgendwer muss es umgeworfen haben.“

„Kaneda das Gebäude ist alt. Hier bricht bestimmt mal mehr zusammen.“

Aber der Ältere glaubte das nicht. Er hatte einen guten Instinkt für sowas entwickelt und dieser schlug eben an. Jemand war hier…ganz bestimmt. Mutig verließ er geduckt zuerst den Raum und schlich hinter dem Geländer entlang. Tetsuo tat es ihm gleich. Bei der nächsten Biegung nach rechts blieb er an der Ecke in der Hocke und sah vorsichtig da rum. Nichts. Nichts zu sehen oder zu hören. Ein Hinterhalt? Die unheimliche Stille und der Wind der durch die Halle pfiff, machte die Situation nicht gerade angenehmer. Beide hatten die Taschenlampen aus, also war es auch noch stockfinster gewesen. Nur der Mond erhellte von oben etwas die gewaltige Halle, weil das Dach zertrümmert war. Kaneda zog wieder den Kopf zurück und sah zu Tetsuo, der angespannt schien.

„Hier ist jemand. Kein Zweifel.“

Flüsterte er zu dem Kleinen und der fragte verwirrt:

„Woher weist du das?“

Berechtigte Frage denn Tetsuo konnte nichts spüren. Eigentlich war er in der Lage mentale Schwingungen zu fühlen, wenn er sich nur stark genug konzentrierte. Das Problem war, das jedes Lebewesen sowas besaß. Also war das nicht sehr genau und konnte nicht aussagen ob Mensch oder Tier. Deswegen verwendete er es nicht wirklich. Es sei denn er hatte eine Fährte oder einen Fingerabdruck, so wie bei Kaneda damals. Kaneda sah wieder um die Ecke.

„Du hast deine Instinkte und ich habe meine. Ich bin schon öfters in Fallen oder in einen Hinterhalt gelockt worden und sie spielten sich genau so ab. Es ist wie ein ungutes Gefühl im Magen. Und es ist eine unnatürliche Stille. So wie jetzt.“

Es war wirklich ein unangenehmes Gefühl. Das fühlte auch der PsyKI.

„…Also was machen wir?“

„Kannst du dich teleportieren?“

„Vielleicht. Aber es ist zu gefährlich. Ich kenne das Gebäude nicht gut genug, weil es so groß ist. Ich könnte in einer Wand landen und dann wäre ich tot. In kleinen Räumen und übersichtlicher wäre das leichter.“

Ergab Sinn. Kaneda atmete aus und überlegte…Es gab keine andere Möglichkeit.

„Okay pass auf: Egal was auch passiert…ich möchte das du dich bis aufs Blut verteidigst.“

„Was?“

„Du sagtest vorhin dass du das tun würdest. Ich denke jetzt ist der Zeitpunkt gekommen. Wenn wir angegriffen werden sollten…und ich hoffe das ich mich irre, dann will ich dass du um dein Leben kämpfst! Wenn sie nichts Böses vorhätten, dann würden sie sich nicht verstecken. Die wollen uns nichts Gutes, oder der, je nach dem wie viele es sind. Das muss dir klar sein. Und du wirst dich verteidigen. Klar?“

Er sagte das leise, aber sehr ernst. Und Tetsuo…nickte. Das würde er. Er fühlte sich noch immer schwach durch seinen Anfall eben, aber er würde kämpfen. Aber innerlich hoffte er genauso wie Kaneda das dieser sich geirrt hatte und es wirklich nur morsches Holz oder so war das umgefallen war.

Der Ältere nickte zurück und sah dann neben sich auf dem Boden eine Dose liegen. Sie war leer und er hob sie an, sah um die Ecke und warf sie dann in diese Richtung. Es schepperte laut und Tetsuo zuckte sogar etwas zusammen dabei. Eigentlich wollte Kaneda die Ratten damit aus ihren Löchern aufscheuchen, aber daraus wurde nichts. Keiner zeigte sich. Vielleicht doch nur ein Fehlalarm? Nein. Sie konnten auch gerissen sein und wissen was er vorhatte. Dann mussten sie anders weiter. Er machte eine Handbewegung hinter sich zu Tetsuo. Eine die sagte: Folge mir. Und dann schlich er los und der Kleine ebenfalls gebückt und in Deckung hinter dem Geländer, das nicht durchlässig war, ihm nach. In der Dunkelheit rüber in den nächsten Raum. Keiner war dort und sie waren sicher. Was Kaneda aber mehr Sorgen machte war die Treppe. Die konnte man leicht besetzten, oben so wie unten konnte einer dort lauern. Das könnte sich als Mausefalle entpuppen. Er legte die rechte Hand an sein Kinn und überlegte. Dann sah er zu Tetsuo und flüsterte:

„Tetsuo. Bist du in der Lage nach jemanden zu suchen? Kannst du durch dessen Augen sehen?“

Er sah ihn an.

„Ich kann nicht gezielt nach Menschen suchen, nur nach Lebensformen im Allgemeinen. Und das ist nichts so einfach! Ich kann nicht einfach durch jemandes Augen sehen! Das sagte ich dir schon mal. Und ich spüre nichts Kaneda. In diesem Gebäude ist einfach niemand. Nicht mal ein Tier.“

Nicht mal Tiere? Das war seltsam. Da stimmte doch etwas nicht.

„Bist du dir sicher? Geht es dir gut?“

Er hatte die Befürchtung dass durch den Schock einige von Tetsuo seinen Fähigkeiten blockiert sein könnten. Das wäre nicht mal weit her geholt. Und als wüsste er warum sein Liebster diese Frage so gezielt gestellt hatte, antwortete er:

„Ich fühle mich wieder gut. Das hat nichts mit dem Schock zu tun. Hier ist nichts Kaneda, glaub mir.“

Der Ältere kaufte das aber nicht wirklich ab. Und ehe er sich versah…bestätigte sich auch schon sein Verdacht.

Hinter Tetsuo trat eine Gestalt in den Raum. Durch die selbe Tür durch die sie eben noch geschlichen waren. Es spielt sich für Kaneda wie in Zeitlupe ab. Er sah wie der Lauf einer Pistole langsam an Tetsuo seinen Hinterkopf gelegt werden sollte. Und ehe das passierte regte er sich. Er drückte den Kleinen zur Seite. So grob das er seitlich auf den kalten Boden donnerte und zu ihm hoch sah. Und dann knallte ein Schuss. Kaneda hatte mit seinem Revolver gezielt und schneller abgedrückt auf die fremde Person. Es hallte ein Schrei und der Angreifer fiel nach hinten auf den Boden. Ein sauberer Schuss in die Brust klaffte und blutete. Die Person war in einer Kutte verhüllt bis zur Hüfte gewesen. Aber es hörte sich an, als hätte er eine Frau erschossen, die sich noch etwas an der Stelle wand wo sie lag und als das Schreien aufhörte, auch ihr Leben versiegte. Der PsyKI sah erschrocken hin und stammelte:

„D-Das kann doch nicht sein…d-das ist…“

Es war ein Mensch. Das meinte er damit. Und er hatte sie nicht gespürt. Er hatte sie nicht fühlen können! Kaneda packte ihn am rechten Bein und zog ihn aus der Linie der offenen Tür weg! Tetsuo quiekte deswegen erschrocken, aber ließ sich ziehen. Bis er sich neben Kaneda dann hinkniete und erschrocken sprach, nun auch nicht mehr leise:

„Das ist ein Mensch! Ich konnte sie nicht spüren! Wie kann das sein!?“

Kaneda lud bereits eine Patrone nach, damit er wieder einen vollen lauf hatte und sprach ebenso laut:

„Ich weis es nicht! Aber jetzt müssen wir uns konzentrieren zu kämpfen! Es werden durch den Schrei sicher noch mehr kommen!“

Und schon knallte ein Schuss zu ihnen in den Raum! Tetsuo hielt sich vor Schreck die Ohren zu und sah das Einschussloch am Boden neben ihnen. Nun war es offiziell: Sie waren aufgespürt und mussten kämpfen. Aus der Ferne und unbestimmbar woher, da die Halle groß war und es hallte, hörten sie einen Mann schreien:

„Ich habe sie gefunden! Der PsyKI ist hier!“

Kaneda horchte auf. Was? Der PsyKI? Woher wussten sie dass einer von ihnen ein PsyKI war?! Sein Verdacht hatte sich bestätigt. Joker hatte sie in eine Falle gelockt. Es musste einfach so sein! Vielleicht hatte er das von langer Hand geplant gehabt?! ! Er war sich sicher dass sie niemand verfolgt hatte! Geschweige denn Tetsuo sich unterwegs als PsyKI offenbart hatte. Es konnte nicht anders sein! Aber warum erst jetzt? Warum griffen sie erst jetzt an? Sie wurden bestimmt schon länger verfolgt. Er sah zu Tetsuo hinter und sprach lauter und ernst:

„Tetsuo! Wir müssen uns den Weg freikämpfen!“

Der Kleine nickte entschlossen.

„Was sollen wir tun?“

„Ich muss wissen mit wie vielen ich es zu tun haben! Bist du dir sicher das du nichts spüren kannst?!“

„Ich sagte doch bereits: Ich kann nicht! Etwas stimmt nicht Kaneda! Ich kann niemanden von ihnen aufspüren! Aber ich weis nicht wieso!“

Was war nur los? Er hockte neben der Tür und spähte leicht um die Ecke. Gerade so, dass er nur mit einem Auge raus sehen konnte. Drei Stück. Er sah ihnen gegenüber und ein Stockwerk weiter oben bereits über das Geländer drei Personen hocken und die Waffen im Anschlag habend. Scharfschützen? Wie konnte das sein? Es handelte sich hier nicht um Anfänger. Das schienen Menschen mit Erfahrung zu sein, wenn vielleicht auch keine Profis. Wer wusste wie viele es noch sind.

Er kam wieder zurück und sah sich im Raum hinter ihnen um. Nichts um abzuhauen. Es war eine Sackgasse. Und das im vierten Stock…Ihm kam eine Idee. Er kroch außerhalb der Sichtweite der Tür und am Rande lang, zu den Fenstern des Raumes. Dort kam er vorsichtig hoch und spähte raus. Nicht das da auch schon welche lauerten. Es war sicher und er griff an einen der Fenstergriffe. Mist. Sie waren alle verriegelt und konnten nicht geöffnet werden. Eine Laborranfertigung. Es war normal dass in Laboren nicht die Fenster geöffnet werden konnten zum Lüften. Das war zur Sicherheit. Und wenn er sie einschlug wussten alle was sie vorhatte in diesem Gebäude. Er dachte sich das es klug wäre Tetsuo vielleicht durch das Fenster entkommen zu lassen. Er konnte fliegen und war somit in Sicherheit. Hätte Kaneda vielleicht mitnehmen können, aber der Plan war im Eimer. Also kroch er wieder zurück und Tetsuo sah ihm dabei zu, bis er wieder neben ihm war und wieder nachdachte.

„Was hattest du vor Kaneda?“

„Ich dachte durch das Fenster zu flüchten. Aber die sind komplett verschlossen und sie zerbrechen verrät unseren Plan.“

Der Kleine sah zu den Fenstern.

„Ich könnte uns draußen aber in Sicherheit teleportieren.“

Kaneda sah ihn an.

„Bist du dir sicher?!“

„Naja ich habe das noch nie mit einem „Mitfahrer“ gemacht, das ist neu für mich. Aber ich könnte es versuchen.“

„Nee lass mal lieber…Ich möchte gern in einem Stück in Sicherheit gelangen.“

Tetsuo sah etwas beleidigt aus und muffte ihn leise an:

„Danke für dein Vertrauen du Blödmann!“

Kaneda muffte zurück:

„Ich vertraue dir! Aber nun ist nicht der richtige Zeitpunkt für Experimente!“

Ein weiterer Schuss knallte zu ihnen in den Raum und beide zuckten zusammen. Tetsuo drückte sich sogar an seinen Liebsten dabei. Brüllen von vielen Leuten hallte zu ihnen von draußen in den Raum und Kaneda fällte einen Entschluss, der ihm schwer fiel:

„Wir müssen uns durchkämpfen…Tetsuo, du musst mich schützen.“

Der Kleine sah ihn an.

„Was?“

Kaneda sein Blick fuhr auch wieder zu ihm und er sagte bestimmt:

„Du musst mir da draußen Rückendeckung geben! Ich kann nicht fliegen wie du! Ich muss die Treppen runter und aus dem Gebäude zu Fuß raus! Was bedeutet ich werde mich auf dich verlassen. Du hältst mir mit einer Barriere oder Ablenkung die Schüsse vom Leib die ich nicht abwehren kann und ich kämpfe mich nach unten! Wenn wir zusammen bleiben schaffen wir das! Du bist stärker als jeder zusammen in diesem Gebäude! Du kannst das! Du hast damals auch Schüsse abgelenkt und dich verteidigt! Ich vertraue dir! Deswegen gehen wir jetzt da raus und bringen uns in Sicherheit!“

Er grinste dabei etwas frech und brachte sie beide auf Hochtouren. Und Tetsuo sah ihn nur an…Er…vertraue ihm sein Leben an? Diese Aussage setzte Stolz und Freude in dem Herzen des Kleinen frei und er nickte. Ein frecher Zug legte sich auf sein Gesicht und er sprach ebenfalls zuversichtlich:

„Okay. Dann treten wir denen mal in den Arsch!“

Und sofort sprang der Kleine auf und rannte aus dem Raum. Das überraschte Kaneda schon und er sah ihm erschrocken nach. Damit hatte er nicht gerechnet. Und kaum als Tetsuo draußen war fingen die Drei, ein Stockwerk höher, schon an auf ihn zu schießen. Es schien ein Reflex gewesen zu sein, denn sie zögerten nicht oder schauten auf was sie schossen. Aber ohne Erfolg. Vor seiner Nase prallten die Patronen ab. Es war eine Barriere die er um sich erzeugt hatte und an der alles abprallte wenn er sich darauf konzentrierte. Und seit langer Zeit…war Tetsuo wieder da. Den Kampfgeist den er so lange als verloren geglaubt zu haben schien, aus Angst und Unsicherheit, war wieder da. Er war wieder der Alte. Aber mit gewissen Upgrades die sich als neue Lebenserfahrung abstempeln lassen konnten.

Sichtlich erschrocken sahen seine Angreifer zu ihm. Hatten offenbar nicht damit gerechnet das ausgerechnet der PsyKI aus dem Zimmer springen würde. Und das zuerst! Kaneda huschte derweil hinter ihm aus dem Zimmer und kam an dem Geländern in Deckung. Er sah stolz zu Tetsuo hoch. Auch wenn ihn die Aktion unsicher überrascht hatte, war er nun froh ihn so zu sehen. Etwas flammte in den Augen des kleinen auf. Es schien Zuversicht zu sein. Tetsuo fing an zu schweben und kam über das Geländer. In der Luft und mitten im 4ten Stock befand er sich nun dadurch und sprach dann verhöhnend:

„Na? Keine Lust mehr? Ich hatte mehr erwartet.“

Er lenkte die Aufmerksamkeit auf sich und verschaffte Kaneda damit die Zeit die er brauchte um sich hinter dem Geländer zu der Treppe zu schleichen. Er sah hin und bemerkte das der Teil frei war den er davon sehen konnte. Noch weiter gebückt kroch er hin und machte sich auf den Weg nach unten. Tetsuo sah derweil seine Angreifer genauer. Sie trugen ebenfalls das Selbe was die Frau von eben trug. Zerrissene Kutten. Das war nicht das Militär. Einer von denen hob die rechte Hand und sprach dann laut:

„Keine scharfe Munition! Das ist unser Zielobjekt!“

Das hörte Kaneda, der inzwischen im 2ten Stock war auch, so laut hatte er gebrüllt. Er sah erschrocken nach oben. Was?! Ihr Zielobjekt?! Und dann sah Tetsuo wie sie schnell die Gewehre ablegten und zu kleineren Pistolen griffen, die sehr futuristisch aussahen. Ehe er verstand was da geschah knallte ein Schuss. Es war ein elektrisches Geschoss und im Schrecken wehrte Tetsuo dieses nach links von sich ab. Genauso wie er es damals bei den Laserschüssen von den Jungs getan hatte. Das war…vielleicht ein Betäubungsschuss?! Warum wirkten sie so vorbereitet?! Er ging durch die Aktion kein Risiko mehr ein. Er fegte mit seinen Kräften einen der Angreifer nach rechts an die Wand und hob die anderen Beiden dann hoch. Hielt sie in der Luft das sie nichts mehr tun konnten. Sie schrien und Kaneda kam an das Geländer und sah nach oben. Tetsuo konzentrierte sich. Er wollte das nicht, aber er musste es tun. Er wollte sie töten. Versuchte ihnen die Köpfe zu zertrümmern! Doch dazu kam er nicht, denn Kaneda sah wie ein weiterer Fremder aus einem Raum im dritten Stock gescheppert kam und nach oben zum PsyKI anlegte. Er wollte schießen und Kaneda schrie:

„Tetsuo!! Unter dir!“

Er zückte seinen Revolver und schoss auf den Feind. Erschrocken von dem Schuss ließ Tetsuo seine Beute fallen und sah runter. Sah wie der eine in Deckung ging und dem Schuss von Kaneda gerade noch hinter dem Geländer entging. Der PsyKI kam wütend runter in den zweiten Stock geflogen und machte eine ziehende Handbewegung. Er zerrte den Typen aus seiner Deckung hervor und über das Geländer, so dass dieser schreiend in die Tiefe fiel. Kaneda sah ihm nach als dieser fiel und bemerkte so nicht das rechts von ihm noch jemand aus einer Tür kam! Erst als die Tür aufkrachte sah er hin, so wie auch Tetsuo, der erschrocken nach seinem Liebsten schrie:

„Kaneda!!“

Er nutzte wieder seine Kräfte und zerrte auch diese Person zu dem Geländer um sie in den Tod stürzen zu lassen. Um Kaneda zu helfen. Aber dieses Mal…löste sich noch ein Schuss aus der Waffe des Typen und flog auf den Älteren zu. Der Fremde fiel in die Tiefe und schrie. Aber die Patrone traf ihr Ziel ohne Umwege. Sie schmetterte rechts in die Schulter des Älteren und der zuckte nach hinten und fing sich an dem Geländer. Hielt sich fest und schrie kurz auf vor Schmerz. Es brannte wie Feuer, als sein Fleisch zerrissen wurde. Blut rann unter seiner Lederkluft hervor an dieser Stelle und erzeugte einen großen Fleck. Es war ein sauberer Durchschuss, er hatte Glück gehabt, denn die Kugel krachte hinter ihm in die Wand. Aber dieser Treffer sorgte für eine Kettenreaktion…mit der keiner gerechnet hatte.

Kaneda sah mit Schmerzen in der Schulter auf, als er plötzlich Tetsuo wie am Spieß brüllen hörte und sah zu ihm rüber. Sah wie er sich vor Schmerz krümmte. Was war…Er schien nicht getroffen zu sein und keiner war zu sehen der auf ihn geschossen haben könnte. Tetsuo wurde von ein auf die andere Sekunde schwarz vor Augen und sein Kopf schaltete sich ab. Was dazu führte das er die Konzentration verlor und in die Tiefe unter sich fiel. Und schließlich wurde er bewusstlos vor Schmerz und fiel vom zweiten Stock weiter nach unten. Kaneda sah ihm erschrocken nach und schrie zu ihm runter:

„TETSUO!“

Der Kleine fiel noch immer. Er würde sich das Genick brechen, wenn er unten aufschlug! Und Kaneda konnte nur fassungslos mit zusehen. Er war erstarrt und zitterte. Und als hätte er einen Schutzengel, der ihn im Fall wachrüttelte, passierte es das Tetsuo, kurz bevor er aufschlug, wieder zu Bewusstsein kam und blinzelte. Er sah den Boden unter sich, der immer näher kam und konnte sich gerade noch ausbremsen im Schreck! Kurz vor dem Boden blieb er in der Luft stehen und dann verließen ihn wieder prompt seine Kräfte und er schlug auf und krächzte dabei. Lag seitlich auf dem Boden und hielt sich schmerzhaft die rechte Schulter. Als der Schmerz nicht aufhörte sah er zu ihr hin. Was…was war passiert? Er hatte keine Verletzung aber seine Schulter brannte als wäre sie durchlöchert worden…Kaneda kam derweil die Treppen runter gerannt und sah den Kleinen am Boden liegen. Sein Herz klopfte noch immer stark vor Schrecken in der Brust.

„Tetsuo! Tetsuo!““

Schrie er und kam neben ihm auf die Knie geschlittert. Fasste ihn dann sanft an den Schultern und half ihm in eine sitzende Position. Dabei strich er sanft über eine der Wangen und sprach den Tränen nahe:

„Was ist passiert!? Warum bist du abgestürzt?! Geht es dir gut?!“

Tetsuo hielt sich noch immer die schmerzende Schulter und sah zu ihr hin. Er trug nur das ärmellose Shirt, was bedeutet man konnte gut sehen das an der Stelle keine Wunde war. Warum tat sie also so…Dann sah er wieder zu Kaneda. Dickes Blut sickerte noch immer durch das zerfranste Einschussloch und offenbarte die Wunde die in der Schulter seines Liebsten klaffte. Und da wurde ihm mit Schrecken bewusst dass er…

„K-Kaneda ich…“

Er wusste nicht was er sagen sollte. Er hatte einen Verdacht aber…Doch weiter kam er nicht, denn Kaneda bekam von hinten einen starken Schlag in den Nacken verpasst. Wie ein Blitz, gezielt mit einem Gewehr schlug eine Gestalt hinter ihm zu. Kaneda sah nach Sekunden wie seine Sicht verschwamm. Ohne völlige Kontrolle über sich kippte er zur Seite und erblickte Tetsuo, der erschrocken zu ihm sah und seinen Namen schrie während alles schwarz um ihn wurde:

„KANEDA!!“
 

Als sich sein Kopf endlich wieder einschaltete und er das Bewusstsein wiederfand, brummte ihm unglaublich der Schädel. So stark das er nicht mal mehr den Schmerz der Wunde in seiner Schulter wahrnahm.

Verschwommen sah er zu seiner Wunde. Sie hatte bereits aufgehört zu bluten und war inzwischen ein klaffendes, getrocknetes Loch im Fleisch. Da er dagegen vor Schwache nichts tun konnte ließ er den Kopf wieder schwach auf seine Brust baumeln. Wodurch er nach unten sah und bemerkte dass er auf den Knien war. Noch immer orientierungslos hob er den Kopf schließlich erneut an und wollte sich umsehen. Er sah noch nicht klar und die Sicht kam nur langsam zurück, aber er erkannte viele Leute die in einem großen Raum standen. Sie waren still und regten sich nicht. Und dann fühlte er einen Klaps auf seinen noch schmerzenden Hinterkopf. Wodurch er zusammen zuckte und brüllte dann schließlich instinktiv hinter sich, drehte den Kopf auch dabei um:

„Hey!! Ich reiß dich in Stücke du Penner!!“

Und damit wurde auch seine Sicht wieder klar. Als hätte der Zorn geholfen. Er sah dass er von zwei vermummten Typen an den Schultern festgehalten wurde und bemerkte dann auch dass seine Hände gefesselt waren. Sie drückten ihn kräftig gegen den Boden.

„Mann wo kommst du denn her?! War hier ne Beerdigung in der Nähe?!“

Frech und unbedacht kam Kaneda dieser Satz über die Lippen.

„Er ist wieder wach.“

Sagte eine der Gestalten und Kaneda sah von ihnen weg und sich erschrocken um. Er sah die anderen Gestalten 10 Stück an der Zahl, die vielleicht nur 3 Meter weiter weg vor ihm standen und nun auch alle zu ihm sahen. Mit ihren Kutten sahen sie aus wie Fanatiker oder Gläubige. Sie sahen aus wie…Er erschrak innerlich. Und als würde alles in ihm zusammenbrechen wurde ihm was bewusst. Schrie er plötzlich:

„Wo ist Tetsuo!? Was habt ihr mit ihm gemacht!? ANTWORTET!!“

Keiner sprach. Mussten sie auch nicht denn Kaneda konnte den Kleinen auch schon sehen. Er lag in der Mitte des Raumes, weiter weg vor ihm, auf einem OP-Tisch und war dran gefesselt. Er schien ebenfalls bewusstlos zu sein, aber das hielt Kaneda nicht davon ab zu schreien:

„TETSUO!! TETSUO WAS IST MIT DIR?! TETSUO!!“

Er wollte sich aus den Griffen der Mistkerle nach vorne befreien, aber er wurde eisern am Boden gehalten. War auch nicht schwer. Zwei gegen ihn und eine Verletzung in der Schulter die ihn beeinträchtigte waren Gründe genug. Das war schon die zweite Verletzung die er in einer Schulter hatte.

„Es geht ihm gut. So gesehen geht es ihm besser als jedem von uns.“

Eine weibliche Stimme klang zu ihm und Kaneda sah rechts neben sich wo sie her kam. Aus einem Nebenzimmer kam eine weitere vermummte Gestalt gelaufen und sah zu ihm rüber. Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen, aber er war sich sicher dass er die Stimme von irgendwoher kannte. Nur klang sie viel tiefer und gemeiner. Aber woher kannte er sie? Sie hielt ein Messer in der rechten Hand und lief rüber zu Tetsuo, fasste ihm sanft an den rechten Arm der am Rande des Tisches lag und festgeschnallt war.

„Er hat sehr weiche Haut für einen Jungen. So weich wie Butter, dass man sie sanft mit einem Messer schneiden kann ohne viel Aufwand zu brauchen.“

Sie strich dabei an einer der Venen entlang und Kaneda sah angespannt und sauer zu. Denn es war mit dem Messer gewesen und das kalte Metall strich so scharf über die Haut, das es beinahe schnitt. Aber so schnell wie sie es tat hörte sie auch wieder auf und kam dann auf den Gefesselten zu gelaufen. Langsam und elegant, bis sie vor ihm war und runter sprach:

„Hast du mich vergessen? Scheinst ja förmlich in seinen Bann gezogen worden zu sein.“

Vergessen? Und dann kam sie auf seine Augenhöhe und zog sich die Kapuze vom Kopf. Kaneda erstarrte schließlich doch als er in das Gesicht der Frau vor sich sah und diese erkannte. Ihre Haare waren anders, aber sie war es definitiv…Unverkennbar. Denn dieses Gesicht hatte ihn lange heimgesucht und verfolgt…Es war Saya. Sie hatte langes und schwarzes Haar und auf ihrer Mine lag ein Ausdruck des Genusses und der Rache.

„S-Saya?“

„Oh er erinnert sich an mich! Ist eine Weile her. Hmmmmm Kaneda Boy?“

Wut kochte in ihm auf und er fauchte:

„Du bist für all das hier zuständig?!“

„So kenn ich ihn, er kommt gleich zum Punkt. Kein: Lange nicht gesehen oder so?“

„Was willst du?!“

„Na gut du verschwendest echt keine Zeit was? Dann komm ICH auch mal gleich zum Punkt! Die Welt hat sich verändert Kaneda. Und ich mich auch. Ich habe gelernt mich anzupassen und in die Zukunft zu schauen.“

Sie stand auf und machte einige Schritte von ihm weg.

„Hast du dich eigentlich jemals gefragt: Warum Joker dir immer einen Schritt voraus war? Ich kann es dir sagen: Ich habe dich für ihn im Auge behalten. Ich bin…oder sagen wir WAR seine Freundin.“

Das traf Kaneda wie ein Schlag. Er hatte ja mit allem gerechnet aber das Joker so raffiniert war, ihm ein bespitzelndes Miststück unter die Nase zu jubeln, darauf wäre er nie gekommen. Er biss die Zähne zusammen ehe er fauchte:

„Also doch! Es war eine Falle von Joker! Er hat mich und Tetsuo hier her gelockt damit DU und deine Affen uns umlegen könnt!“

Sie drehte sich elegant zu ihm um und legte eine Hand an das Kinn.

„Guter Versuch, aber nicht ganz richtig mein Süßer. Es stimmte dass Joker mir, bevor ihr ihn geschnappt habt, aufgetragen hat hier in Stellung zu gehen und mit einigen der neuen Kinder den Hinterhalt zu machen. Aber euch töten war nicht Teil seines Plans. Er hatte weitaus mehr vor als das. Also dich zu töten wohl eher als ihn…“

„Spiel keine Spielchen mit mir Saya! Was soll das hier?!“

Fauchte er sichtlich zornig zu ihr und sie lächelte nur. Er könnte ihr in die Fresse schlagen wenn er das Lächeln sah. Sie genoss es förmlich, das sah man ihr an. Endlich war sie mal am Drücker und das nutzte sie aus.

„Joker wollte deinen kleinen Tetsuo für seine eigenen Pläne benutzen. Die Versuche PsyKI zu zähmen schlugen fehl. Harakiri war das beste Beispiel und auch dieser Trottel Kuwata war nutzlos. Sie haben sich als so fragil und unkontrollierbar erwiesen, dass es keinen Sinn mehr machte in die Richtung zu gehen, sondern den Weg einzuschlagen der ursprünglich geplant war.“

Hatte sie sich von ihm abgewandt? Er erinnerte sich an die Szene damals bei Joker im Hauptquartier. Als er die eine Frau geschlagen hat. Das war Saya gewesen? Okay wenn er sie immer so behandelte war es kein Wunder mehr dass sie sich nun so verhielt und auf die Idee kam ihn zu verraten.

„Du bist ja sehr offen mit deinen Informationen. Bist dir wohl ziemlich sicher dass wir hier nicht mehr rauskommen, oder? Ziehst das Ding ohne Joker durch?“

Sie lächelte noch böser.

„Ich brauche Joker nicht mehr das ist richtig. Ich bin wesentlich besser vorbereitet als er. Glaubst du wirklich er hat sich unbeabsichtigt fangen lassen? Das gehörte alles zu seinem Plan. Mir ist egal was ihr mit ihm anstellt oder angestellt habt. Ich ziehe meine Show durch. Und du Schätzchen…wenn ich mit dir fertig bin willst du nicht mehr sterben…Du wirst dein neues Leben genießen. Vielleicht sogar als mein Mann.“

„Niemals du Miststück!“

Dann hatten sie Joker nur gefangen weil er es so wollte? Wenn ja war es gut geplant gewesen. Sie hatten es erneut nicht geahnt. Und wieder erwies sich dass er doch mehr in der Birne hatte als Kaneda dachte. Saya lief plötzlich zu Tetsuo und blieb neben ihm stehen. Sah zu ihm herab und sprach weiter:

„PsyKI können sich nicht kontrollieren lassen. Ihr Fleisch ist sehr rebellisch wie du ja auch gesehen hast. Sie mutieren bei dem kleinsten Kontrollverlust. Ich war dabei als dieser Kuwata im Labor die Kontrolle verlor. Joker und ich konnten uns vom Acker machen, aber Mad hatte wohl nicht so viel Glück. Das zeigte uns dass die Arbeit vorher umsonst gewesen war. Und PsyKI zu finden die sich unserer Sache anschließen ist zu riskant und schlicht unmöglich. Deswegen hatte Joker wieder die Idee seinen ursprünglichen Plan in die Tat umzusetzen. Den den er angeblich von Gott gesagt bekommen hatte…Wenn die PsyKI nicht gehorchen wollen, dann müssen Menschen eben zu PsyKI werden.“

Kaneda sah sie erschrocken an, aber dann wurde er wieder wütend und fauchte:

„Ihr seid doch verrückt! Sowas kann nicht passieren! Menschen können nicht zu PsyKI werden! Das ist unmöglich!“

„Nichts ist unmöglich mein Schatz. Sie wurden doch genauso erschaffen. Hier in diesem Labor nahm alles seinen Anfang. Als Joker und ich diesen Ort das erste Mal fanden, waren wir erschrocken über das was wir hier gelesen hatten. Der erste PsyKI wurde vor 100 Jahren geboren. Es war ein Mädchen und das Militär versuchten ihre Fähigkeiten zu kopieren. Erbauten mit der Regierung dieses Labor und unterzogen Kindern Gentherapien. Versuchten sie zu verändern. Keine Ahnung was aus Patient Null wurde, aber eines war sicher: Es wurden immer mehr PsyKI gezüchtet. Dann gab es diesen Unfall das einige aus dem Labor entkamen und sich in der Bevölkerung vermehrten. Sie alle ausfindig zu machen war unmöglich. Also forschten sie weiter und einige wurden versucht zu finden und getötet. Die Forschungen fingen wieder bei Null an. Bis zu Nummer 41 und dann gab es wieder einen Unfall. Keiner der Forscher überlebte die Rebellion der PsyKI und das Militär ging wieder auf die Idee los sie alle mit Waffen auszurotten. Der verzweifelte Versuch etwas rückgängig zu machen, was nicht mehr rückgängig zu machen war.“

Kaneda konnte das nicht glauben. Das war doch völliger Blödsinn! Er hatte dieses Geschwafel auch mal gehört, aber dazu gab es nie Beweise. Es war das Straßenflüstern von Gangstern und Banden die so oder so Jobs vom Militär annahmen wie Söldner. Söldner zu denen er auch gehört hatte in der Hinsicht. Tetsuo war mit diesen Kräften geboren worden und sie machten deswegen Experimente an ihm! Nicht anders musste es sein! Saya sprach weiter:

„Joker hatte mir mal erzählt dass Gott zu ihm kam und ihm erzählte was passieren würde. Das die Menschheit aussterben und nur noch die PsyKI als neue Rasse in den Überresten der alten Zivilisation leben würden. Er hatte es gesehen und Joker angeblich auch gezeigt. Seit dem sagte mir Joker immer wieder dass wir auch zu PsyKI werden können, sollte es keinen Ausweg mehr geben. Gott hatte ihm gesagt das er nur das Blut eines starken PsyKI trinken müsse und seine Macht würde ihn auch auf die nächste Stufe heben.“

„Du bist doch nicht wirklich so blöd Saya!? So blöd kannst du nicht sein!! Glaubst du wirklich an das was Joker gesagt hat?!“

„Ich hielt es auch für Blödsinn. Aber hier im Labor gibt es Beweise dass ihr Blut anders ist. Und seien wir mal ehrlich: Was sollte schon passieren? Einen Versuch ist es immer mal Wert oder?“

Sie sagte das sehr selbstsicher und diabolisch es war erschreckend. Es war unglaublich von was Kaneda hier Zeuge wurde. So gesehen sah er in diesem Raum nur Fanatiker. Und endlich wurde ihm auch klar wer diese Leute waren. Sie gehörten zu Saya und Joker. Das machte sie in dem Fall zu Anhängern der neuen Kinder und wahrscheinlich ehemalige Clowns.

Tetsuo kam derweil endlich wieder zu sich, wenn auch nur langsam. Er hörte Stimmen. Eine konnte er mit verschwommender Sicht klar und deutlich erkennen. Es war die Stimme von Kaneda. Die Andere war sehr hoch und klang unerträglich selbstsicher in seinen Ohren. Er blinzelte einige Male müde und grummelte. Sein Kopf dröhnte. Was war passiert?...Ach ja…Er war von hinten mit etwas geschockt worden und bekam einen Stromschlag der ihn außer Gefecht setzte. Das war kurz nach dem Kaneda…

Schlagartig war er wacher als vorher und wollte sich aufsetzten! Aber es ging nicht. Straff gezogene Lederfesseln hielten ihn fixiert am dem Tisch fest und er sah zu ihnen. Erkannte sie noch bevor er um sich die Fremden stehen sah.

„Was zum…?!“

Sprach er laut und sah wieder auf. Und dann erblickte er Kaneda in der Ferne am Boden kniend und wie er festgehalten wurde. Und nicht weiter vor ihm stand…Er erstarrte. Das war doch diese blöde Schlampe aus der Schule! Es dauerte nicht lange und er erkannte sie auch sofort. Aber ihre Haare waren anders. Beide sahen zu ihm hinter und dann sprach Tetsuo lauter:

„Du bist doch…!“

„Ach nein was für perfektes Timing! Er ist genau rechtzeitig wach geworden.“

Sie lief sofort auf ihn zu und lächelte böse. Was wollte sie? Aber Tetsuo hatte keine Angst. Warum auch? Dachte sie echt es würde was bringen ihn festzuschnallen? Offenbar hatte sie ihn böse unterschätzt. Er musste nicht in der Lage sein seine Fesseln zu lösen. Das konnte er auch nicht mit seinen Gedanken. Diese Kunst war etwas was viel Konzentration brauchte und nicht viele in seiner Heimat konnten. Aber wie gesagt er musste das auch nicht können. Er musste ihr nur den Schädel zerquetschen! Und so grinste er fies und sprach:

„Dir wird gleich das Lachen vergehen…Es war ein Fehler mich wachwerden zu lassen.“

Und er konzentrierte sich auf sie. Sendete Schwingungen aus um sie zu töten…aber nichts passierte. Sekunden danach sah Tetsuo sie erschrocken an und versuchte es erneut. Wieder kein Erfolg. Auch Kaneda schien zu verstehen was der Kleine vorhatte, aber warum wirkte es nicht? War es der Blackout vorhin gewesen? Hatte ihn das so viel Kraft gekostet? Nein das konnte es nicht sein. Er fühlte sich sehr gut. Aber was war es dann?

Saya blieb vor ihm stehen und sah runter, legte eine Hand in die Hüfte und sprach verhöhnend:

„Na? Sollte mir nicht das Lachen vergehen? Hast du ein kleines Problem Süßer? Wie es scheint bringen dir deine kleinen übersinnlichen Tricks nichts mehr, hm?“

Tetsuo konnte sie nur weiterhin erschrocken ansehen. Dann lehnte sie sich etwas zu ihm runter. Ihr Busen sprang ihm fast entgegen so bückte sie sich aufreizend zu ihm und sprach dann bitterlich leise und mit Freude in der Stimme:

„Dachtest du wirklich wir wären unvorbereitet für dich? Es war nur eine Frage der Zeit bis du hier auftauchen würdest und wir waren jeden Tag darauf vorbereitet. Haben Joker in der Hinsicht vertraut und er hat uns nicht im Stich gelassen. Wenn wir von dir haben was wir wollen…schauen wir mal ob wir Joker finden, wo auch immer ihr ihn versteckt habt. Ich habe da noch eine persönliche Rechnung mit ihm offen…Aber wenn wir ihn nicht finden sollten: naja dann ist es auch egal.“

Und ohne Vorwarnung gab sie Tetsuo plötzlich eine Backpfeife die sich gewaschen hatte! Es knallte laut durch den großen Raum und auch Kaneda sah erschrocken hin. Sie hatte ihn geschlagen! Dieses…! Die rechte Wange des Kleinen tat weh und lief etwas rot an. Er hatte durch den Schlag den Kopf leicht weggezogen, aber sah nun wieder zu ihr hoch. Wütend. Er wollte sie töten! Aber es funktionierte immer noch nicht. Was war nur los?!

„Dachtest du echt ich hätte vergessen wie frech du mal zu mir gewesen bist? Und ich lasse dich einfach damit davon kommen? Die war für dein freches Maul du kleine Kröte! Gesegnet mit solch einer Macht und dann so ein freches Mundwerk.“

„Was willst du von mir?! Warum kann ich dir nichts antun?!“

Sie lächelte und sah kurz zu Kaneda hinter. Wackelte etwas mit dem Hintern zu ihm, als sie sprach:

„Hat er das von dir gelernt? So schnell zum Punkt kommend…“

Sie sah wieder zu Tetsuo runter.

„Du willst mich töten, richtig? Tja Kleiner so wird das nichts. Und auch nicht bei meinen Leuten hier. Wir haben in diesem Labor herausgefunden wie man sich vor deinem Einfluss schützen kann. War ganz einfach. Immerhin gibt es genug Dokumente an diesem Ort wo man deine Rasse erschaffen hat! Es ist ein Sensor den wir uns am Hinterkopf angesteckt haben. Er verhindert dass deine Schwingungen, die du bei Angriffen aussendest, uns erreichen können. Es ist wie eine Art Schild. Leider waren nicht genug für alle da und du konntest einige meiner Leute vorhin töten.“

Tetsuo sah sie ungläubig an. Ein Sensor? Woher sollte man wissen wie sowas zu bauen war? Er wollte das nicht glauben, aber der rationale Teil seines Verstandes sah es leider ein. Es musste wohl so sein. Saya sah welchen Blick er ihr zuwarf.

„Oh du glaubst mir nicht? Naja dann ist das wohl so. Denke was du willst, aber du bist letzten Endes nur ein Mensch bei dem es funktionierte dir diese Kräfte zu geben. Es ist etwas in deinem Blut. Und WIR wollen diese Kräfte ebenfalls. Was bedeutet…“

Was? Er wäre ein Mensch dem diese Kräfte geben wurden? Wovon sprach sie da? Sie hob das Messer in ihrer Hand hoch und in Augenhöhe des PsyKI der es erschrocken ansah, als sie vollendete:

„…das mir das hier gleich sehr gefallen wird. Und dir wohl nicht.“

Als Kaneda sah wie sie bedrohlich das Messer hob brüllte er sich wehrend zu ihr hinter:

„Lass ihn in Ruhe!! Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst dann bringe ich dich um!! ICH BRINGE EUCH ALLE UM!!“

Etwas genervt warf ihm Saya einen Blick über die rechte Schulter zu.

„Du bist überhaupt nicht in der Lage zu drohen Kaneda. Entspann dich einfach mein Schatz und genieße die Show. Ich werde ihn schon nicht töten…Ich brauche doch genug von ihm.“

Dann schnippte sie und einer ihrer Leute kam angelaufen. In seinen Händen trug er vor sich etwas was aussaß wie eine Schale, oder Schüssel. War sicherlich hier aus dem Labor. Sie war geformt wie ein Halbmond und glänzte metallisch und kühl. Und je näher der Typ Tetsuo kam, umso unruhiger wurde Kaneda. Er fing an sich wieder heftiger zu wehren. So stark das er schließlich wieder von einem der beiden, die ihn festhielten, einen Schlag auf den Hinterkopf bekam. Kaneda brüllte kurz auf und das reichte auch schon das Tetsuo zu ihm sah und nach ihm schrie:

„Kaneda!“

Doch dann lag seine Konzentration auch wieder mit Schrecken auf Saya, die mit einer Hand seinen Arm nahm und von dem Tisch zog. Gerade so das der Unterarm in der Luft hing und der andere die Schüssel direkt darunter hielt. Er wollte sich wehren. Versuchte sie wegzustoßen mit seinen Kräften, aber es passierte nichts. Sie war ja geschützt und diese Dinger schienen zu funktionieren. Also machte er es klassisch: er zappelte und versuchte sich loszureißen. Aber auch das war nicht drin denn er war wirklich stark festgeschnallt an dem Tisch. Und endlich machte sich die Panik in ihm breit und er fing leicht an zu wimmern, während er noch immer versuchte sich loszureißen. Kaneda sah wieder auf und zu ihnen. Sah gerade noch wie Saya die kalte Klinge an einer der Venen im Unterarm von Tetsuo anlegte und er dann wieder nach ihm brüllte. Dieses mal mit schrecklicher Angst in der Stimme. Jeder wusste was passieren würde. Und er gab einen schrecklichen Schrei von sich, so laut und schmerzhaft, das es durch den Raum hallte, als die Klinge in seine weiche Haut glitt und das Fleisch darunter zerschnitt.

Saya zog das Messer tiefer und nach unten zu Hand hin in das Fleisch und Tetsuo schrie noch immer. Dazwischen brüllte Kaneda seinen Namen und zappelte wieder mit aller Kraft und konnte sich nicht lösen. Er konnte nur zusehen wie seinem Liebsten Schmerzen zugefügt wurden. Was ihm mehr wehtat als seine eigene Wunde. Saya grinste böse und sprach dann, mit der Klinge noch immer in seinem Arm verweilend:

„Sie mal einer an. Du hast ja eine schöne Stimme wenn du qualvoll schreist.“

Und dann zog sie das Metall aus seinem Fleisch und ließ die Wunde den Rest machen. Sie ließ ihn ausbluten. Es rannte bereits stark und dickflüssig aus seiner Schnittwunde und tropfte darunter in die Auffangschale. Doch gleichzeitig setzte die Regeneration des PsyKI auch schon ein und die Wunde begann bereits wieder sich schließen und heilen zu wollen. Schneller als bei einem Menschen, aber auch nicht zu schnell, dass sie nicht gleich wieder nachschneiden musste.

Nach wenigen Sekunden des starken Blutverlustes wurde Tetsuo auch schon schwummrig vor Augen. Er schrie nicht mehr. Nur seine Atmung war noch schnell und hektisch. Er fühlte wie sein Blut ihn verließ und wie ihm kühler wurde nachdem die Hitze der Angst verblich. Er fühlte sich nicht gut und es rann immer weiter aus ihm. Ihm wurde sogar leicht schlecht und sein Kopf schmerzte. Und dann wurde ihm bewusst wie sehr er sich wünschte Kaneda würde ihm helfen. So sehr das sich sogar schwach eine Träne aus seinem rechten Auge schlich und auf den kalten Tisch tropfte. Saya sah ihn böse an und strich ihm dann sanft über die Stirn, als sie sprach:

„Ohhhhh du armes Baby. Würde ich es nicht so genießen dich so zu sehen, würde ich glatt Mitleid haben.“

Und da platzte Kaneda der Kragen. Sie verletzte ihn nicht nur körperlich sondern quälte ihn noch mit ihren Worten danach. Es wurde ihm alles zu viel und er brüllte:

„Soll ich es dir sagen?! Dir sagen warum ich niemals mit dir vögeln wollte Saya?!“

Es hörte sich komisch an, aber es gab einen Grund warum er das sagte. Und wer hätte es gedacht? Sie drehte sich doch tatsächlich zu ihm um und sah ihn an. Kaneda wusste das sie das plagen musste. Egal was sie damals auch versucht hatte, er hatte sich nie auf Sex mit ihr eingelassen. Man merkte es ihr an, auch in der Sekunde noch, dass es sie nie losgelassen und immer noch geärgert hatte. Auch wenn sie Joker seine Freundin war, so schien sie doch unbedingt mit ihm schlafen zu wollen. Ihr Blick wurde nachdenklich und sie schnitt noch einmal tief in Tetsuo seine Wunde, dass dieser aufschrie dabei. Es war viel schwächer gewesen als vorher und er wimmerte nur noch danach. Kaneda dachte ihm würde das Herz zerbrechen bei dem Geräusch und dann sah er sie wieder zornig an. Er wollte sie töten. Sie sollte sterben. Die Wunde blutete weiter und Saya legte das Messer neben Tetsuo ab. Dann lief sie auf Kaneda zu und kam vor ihm runter in die Hocke. Okay. Sie spielte sein Spiel mit und biss an. Sah zu ihm leicht auf und sprach:

„Du bin ich ja mal gespannt. Auch wenn das nichts an dieser Situation hier ändern wird. Ich lasse deinen Kleinen Freund weiterhin ausbluten wie ein Schwein, bis wir genug für uns haben…“

„Machst du das wegen mir? Tust du ihm wegen mir weh?“

Sie lächelte ihn böse an.

„Teils. Aber wir brauchen sein Blut, also mache ich das nur teils wegen dir. Aber es tut gut zu sehen wie du leidest wenn ich ihn verletzte.“

„Genau das ist der Grund gewesen. Der Grund warum ich nie mit der Sex wollte.“

Sie sah ihn darauf erstaunt an und fragte:

„Was?“

Kaneda musste da böse lächeln und fauchte sie an:

„Weil ich schon immer gespürt habe das du ein herzloses Miststück bist! Und du niemals an jemanden wie Tetsuo rankommen wirst! Er ist ein viel besserer Mensch als du! Und im Gegensatz zu dir würde ich immer mit ihm Sex haben und ihn lieben! Und du kannst nichts dagegen tun! Ich werde niemals dir gehören! Denn ich gehöre zu ihm!“

Und da knallte der doch eigentlich ruhigen Saya eine Sicherung durch. Kaneda hatte echt einen Nerv getroffen und sie packte ihm ohne Vorwarnung direkt mit einem Finger in seine Wunde an der Schulter. Dann bohrte sie den Daumen in das Fleisch und Kaneda brüllte auf vor Schmerz. Aber zur Überraschung aller in dem Raum nicht nur er…Tetsuo schrie auch plötzlich wieder auf dem Tisch auf, als würde man ihn verbrennen und beide sahen dann verwirrt zu ihm. Denn kaum als Saya den Finger aus der Wunde nahm hörte der Schmerz von Kaneda auf…und auch der PsyKI brüllte nicht mehr. Das war…interessant. Beide verstanden nicht genau was passierte, aber es war ungewöhnlich dass der Kleine so brüllte, ohne verletzt zu werden. Und Kaneda…kam das bekannt vor. Es war wie vorhin. Kurz bevor er ohnmächtig wurde war da etwas passiert was dem von eben sehr ähnlich war. Nämlich als er angeschossen wurde. Tetsuo hatte da auch plötzlich vor Schmerzen geschrien und war in die Tiefe gestürzt. Das jetzt…das konnte kein Zufall sein. Saya sah wieder zu ihm und schien das nicht wirklich zu realisieren, oder es war ihr egal. Sie sprach sauer:

„Du wirst dir wünschen mich niemals so behandelt zu haben Kaneda. Denn wenn ich ein PsyKI geworden bin und ich deinen kleinen Mistkerl dort umgelegt habe, wirst du darum betteln mein Mann sein zu dürfen!“

Sie stand schnell und wütend auf und lief zu ihrem Handlanger rüber. Tetsuo sein Arm war inzwischen wieder fast geschlossen, aber der Kleine sah nicht gut aus. Er war blass und atmete sehr schnell. Sein Herz raste auch und versuchte das noch vorhandene Blut durch den Körper zu pumpen um alles am Leben zu halten. Sein Augen waren halb geschlossen, als er Leise nach Kaneda rief und der zu ihm rüber brüllte als Antwort. Die Schale war mit Blut zu Hälfte gefüllt und Saya ließ sich einen Becher reichen. Sie tauchte ihn hinein und füllte ihn mit Blut als sie dabei sprach:

„Seht euch diesen wundervollen roten Wein an...So viel Macht in dieser von Menschen gegebenen Flüssigkeit...Du bist ein Dummkopf Kaneda! Die ganze Zeit über hast du das Mittel zu einem längeren und besseren Leben auf dieser Welt bei dir gehabt. Aber statt an sein Blut zu kommen wolltest du lieber mit ihm befreundet sein! Nein hast dich sogar verliebt! Hier und jetzt werde ich das machen was Joker sein Gott ihm aufgetragen hatte! Ich werde mit meinen Leuten die nächste Stufe der Evolution erreichen und diese Welt von dem Menschen befreien!“

Da war nichts mehr zu machen. Keine Ahnung was sie eingenommen hatte, aber da gab es kein Durchdringen mehr. Saya war komplett dem Wahnsinn verfallen die alle neuen Kinder hatten. Und Kaneda hatte nicht mal Mitleid mit ihr. Er war treu und gutherzig. Aber wenn man seine Treue in irgendeiner Weise brach konnte er selbst- und rachsüchtig werden.

Er schüttelte nur den Kopf bei dem Mist den sie von sich gab. Aber dann tat Saya was widerliches und unfassbares zugleich. Es kam wie aus dem Nichts: Sie trank das Blut aus dem Becher! Sie trank das Blut des jungen PsyKI als wäre es ne Limo. Wischte sich den Rest von den Lippen und füllte ihn wieder auf. Kaum als sie ihn gefüllt hatte und sich damit auf Kaneda zubewegte, machten es ihr die Anderen im Raum schon gleich. Sie tranken von Tetsuo seinem Blut und der sah auch nur schwach und fassungslos dabei zu. Da er sich schnell regenerierte war er bereits wieder etwas fitter und ihm wurde schlecht dabei zuzusehen. Sie waren alle krank. Er sah zu Kaneda rüber und rief:

„Kaneda!“

Saya kam bei seinem Liebsten an und ließ die Zwei hinter ihm jeweils einen Schluck Blut trinken. Kaneda schüttelte nur den Kopf erneut energischer und brüllte:

„Ihr seid doch krank! Wir sind alle Menschen in diesem Raum! Keiner von uns ist besser oder schlechter! Oder der nächste Schritt der Evolution! Wir können lernen zusammen zu leben! Aber Menschen wie IHR lasst das nicht zu und führt unnötig Krieg gegeneinander!“

„Doch Kaneda sie sind der nächste Schritt…“

Sagte Saya und ließ sich auch nicht weiter darauf ein. Sie kam zu ihm runter machte eine Augenbewegung zu einem der Typen hinter ihm. Dann fühlte er wie er fest, von einem der beiden Typen, an den Haaren nach hinten gezogen wurde und Saya beendete:

„…Und du bist es auch bald.“

Und schon wurde ihm der Mund gezwungen geöffnet und Kaneda schmeckte Eisen. Frisches Blut rann seine Kehle herunter. Im Schock konnte er sich von dem Griff losreißen und er spuckte die Hälfte davon noch vor sich auf den Boden. Dennoch hatte er schon viel getrunken und sah erschrocken auf den Boden vor sich. Ein widerlicher Geschmack machte sich in seinem Mund breit und erzeugte einen leichten Würgreiz. Aber nicht genug das er gleich kotzen musste. Sie hatte ihn gezwungen Tetsuo sein Blut zu trinken und ihm wurde noch zusätzlich übel bei dem Gedanken. Tetsuo schrie noch einmal nach ihm und brüllte Saya dann an. Er war fassungslos zu was sie seinem Freund rieben.

„Kaneda!! Lass ihn in Ruhe!! Was hast du gemacht?! Warum seid ihr so?! Ihr seid einfach nur pervers und krank!! Mein Blut wird euch nicht verändern!! Woher habt ihr diesen Schwachsinn nur?!“

Saya warf den Becher neben sich auf den Boden und kam wieder hoch auf die Beine. Einige Tropfen verteilten sich auf dem kalten Boden dadurch. Sie sah noch immer zu Kaneda runter, dem schlecht wurde, aber er konnte einfach nicht brechen.

„Darüber musst du dir gleich keine Gedanken mehr machen PsyKI. Du hast deinen Zweck erfüllt.“

Sie drehte sich zu ihm und hob die Arme leicht, als würde sie zum Himmel beten, hoch. Sie schien wie in Trance gefallen zu sein, schloss die Augen und sprach dabei freudig:

„Wir haben endlich den nächsten Schritt erreicht und werden die Welt zu einem besseren Ort machen. Wir als PsyKI unter der Obhut unseres Gottes. Nur wirst DU das nicht mehr erleben…Verräter.“

Sprach sie herablassend zu Tetsuo rüber und der fing wieder an sich zu wehren. Er musste sich losreißen! Er musste Kaneda helfen! Eine Stille machte sich derweil in dem Raum breit und alle stellten sich wie diese Wahnsinnige hin. Tetsuo schüttelte nur den Kopf. Er hatte einiges erlebt seit er in Neo Tokyo war, aber solcher Fanatismus war ihm neu und ekelte ihn an. Es wirkte wie aus dem Mittelalter und das war in dieser Zeit einfach unverständlich. Menschen waren mehr geworden als das. Oder nicht? Und gleichzeitig über kam ihn dieses Gefühl…Noch nie hatte er sich so sehr gewünscht jemanden tot zu sehen. Dennoch steckte er es in einen hinteren Bereich seines Denkens und sah besorgt wieder zu Kaneda. Rief:

„Kaneda! Kaneda geht es dir gut?! Bitte sag was Kaneda!“

Der hatte derweil gegen den Boden gesehen und versucht zu brechen. Es kam aber nichts und bei dem Ruf sah er auch wieder auf und spuckte neben sich. Nickte nur.

„Es wird alles gut Tetsuo! Ich lasse nicht zu das sie dir was tun!“

Genau das würde Tetsuo auch nicht zulassen…Nur das Gespräch der Beiden zerriss die Stille des Raumes. Und irgendwie hatten die anderen sie auch nicht mehr auf dem Schirm. Keiner reagierte auf sie und sie standen noch immer starr auf ihren Plätzen. Auf was warteten sie? Was sollte jetzt genau passieren? Sollte ein Blitz in sie fahren und sie hatten plötzlich göttliche Kräfte? Das war doch kompletter Schwachsinn! Aber Kaneda musste sich einfallen lassen wie er sie wieder aus der Sache rausholte. Und ehrlich gesagt wünschte er sich Kai und Yamagata wären hier um ihnen zu helfen. Doch aus der Lage musste er sich selber raus boxen, immerhin hatte er mit seiner Entscheidung hier her zu kommen alles zu verantworten. Auch wenn Tetsuo ihn dazu genötigt hatte her zu kommen. Es war auch egal, denn es musste eine Lösung her. Und während er anfangen wollte sich was zu überlegen…passierte etwas Komisches.

Erst war es nur kurz und nicht laut, aber es wurde intensiver. Es war ein Husten. Kaneda und Tetsuo sahen beide zu einem der Typen hinten rechts der plötzlich stärker anfing zu husten. Und es klang schmerzhaft. So sehr dass sogar kurz darauf andere seiner Sippe zu ihm sahen und verwirrt zu sein schienen. Am Anfang waren es noch genervte Blicke…Besonders bei Saya. Die blieb kühl und sprach:

„Geht es etwas leiser?!“

Aber die Lage wurde immer dramatischer. Denn plötzlich griff sich der Typ, von ein auf die anderen Sekunde, an die Brust und schien Schmerzen zu haben. Etwas schien seine Brust innerlich zu zerdrücken und sein trockenes Husten verwandelte sich innerhalb von weiteren Sekunden in ein nasses und es dauerte noch weniger da benetzte dies auch seine Lippen. Er spuckte Blut. Aber es war nicht das Blut was er gentrunken hatte…es war sein Blut gewesen. Es kam aus der Lunge, dem Magen, es schien von überall zu kommen, es war nicht richtig zu deuten und er brach zusammen. Krümmte sich vor Schmerzen und konnte nicht mal brüllen durch das Husten. Entsetzt sahen der PsyKI und Kaneda zu dem Erstickenden hin. Tetsuo sah allerdings von dem Husten nicht mehr viel, da der Typ aus seinem Blickwinkel gefallen war. Aber Kaneda dafür noch immer und es ließ ihm eiskalt den Rücken runter laufen. Und ehe sie sich versahen…war der Todeskampf vorbei. Der Typ regte sich nicht mehr und es wurde wieder still im Raum.

Es wurde angespannt still und Saya sah sich um. Einer der nicht würdig war? So musste es gewesen sein. Es musste so sein…Aber da irrte sie. Und schon fing noch einer an zu husten und noch einer. Dann schließlich einer Hinter Kaneda und er sah erschrocken hinter sich hoch. Es mehrte sich und dem Älteren wurde sofort klar dass es etwas mit Tetsuo seinem Blut zutun haben musste! Inzwischen gab es da keinen Zweifel mehr. Und innerhalb weniger Minuten verwandelte sich der Raum in eine Folterkammer. Qualvolles Husten von jedem der sich Blut gegönnt hatte und Tetsuo sah sich verängstigt um. Er konnte nicht fassen was passierte. Einfach jeder der sein Blut getrunken hatte hustete und wand sich teils am Boden vor Schmerzen. Sie starben. Einer nach dem Anderen. Und es schien kein angenehmer Tod zu sein. Sogar Saya fing leicht an zu husten und sie bekam es mit der Angst zu tun. Sofort schlug ihre Stimmung von selbstsicher zu panisch um. Sie schrie darauf und fühlte wie sie innerlich verbrannte und etwas ihre Organe schmelzen ließ. Sie schrie Sätze wie: Wie kann das sein? Oder: Was habe ich nicht beachtet? Und dann lag sie auch am Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Alle spuckten Blut und Tetsuo sah voller Schrecken zu Kaneda rüber. Wenn das an seinem Blut lag, dann würde auch er…!

„KANEDA! KANEDA GEHT S DIR GUT?! KANEDA!“

Schrie er panisch und der Ältere sah nicht zu ihm. Er wurde losgelassen und konnte endlich seine leichten Fesseln dabei lösen. Stand danach langsam auf. Er machte unsicher einige Schritte vor und stand in mitten des Raumes. Sah wie alle um ihn herum am Boden ihr Leben qualvoll aushauchten und Blut spuckten. Und dann sah er Saya, sah wie sie sogar aus den Augen blutete und ihm einen Blick zuwarf der ihn erschauern ließ. Es war der Blick nach Hilfe. Aber auch Angst und Leid lag darin. In der Sekunde ihres Todes wurde ihr klar was sie getan hatte. Wie dumm sie doch gewesen war und besonders…warum sie immer mit ihm Sex wollte. Es war nicht um an ihm dran zu bleiben für Joker…es war weil sie geliebt werden wollte. Von ihm. Und dann spuckte sie das letzte Mal Blut, als sie seinen Namen sagte und sie langsam das Leben verließ. Ihr Atem wurde hauchend und verließ sie. Schließlich war es vorbei und sie trat vor ihren Schöpfer, wer auch immer das sein mochte.

Für jede Person am Boden kam Hilfe zu spät. Und als Saya erstarrte, wohl gemerkt als Letzte im Raum, stand Kaneda in einem Feld voller Leichen um ihn herum. Fragte sich noch immer was genau geschehen war. Und wenn es an Tetsuo seinem Blut lag dann…Der PsyKI weinte und jammerte nach ihm. Aber Kaneda hörte ihn für einige Sekunden nicht. Er fasste sich an die Brust und sah sich weiter um. Sie waren alle gestorben…als wären sie vergiftet worden…Vergiftet durch Tetsuo sein Blut.

„KANEDA!!“

Und endlich wachte er auf, als er diesen besorgten Schrei nach sich hörte. Er sah zu Tetsuo und erblickte wie sein ganzes Gesicht vertränt und rot war vor Angst. Sein Brustkorb sich schnell hob und senkte durch die panische Atmung. Und er noch immer an diesem Tisch festgekettet war. Und das allein genügte um Kaneda wieder aus seinem Schock zu holen. Er reagierte und rannte zu ihm. Machte erst die Fesseln an den Beinen los und schließlich die an dem einen Handgelenk. Der Kleine fühlte wie gut es tat, als sie das Leder von der Haut löste und diese darunter wieder atmen konnte. Spuren waren an seinem einem Handgelenk noch zu sehen, aber das würde wieder verschwinden. Er setzte sich hektisch auf dem Tisch hin und konnte Kaneda an den Wangen fassen. Seine Hände zitterten und besorgt, ja beinahe erstickend sprach Tetsuo:

„Kaneda! Kaneda geht es dir gut?! Fühlst du dich gut?!“

Das war eine berechtigte Frage denn…er hatte auch von seinem Blut getrunken. Aber er bekam nur ein stummes nicken und wurde schließlich fest von dem Älteren in die Arme geschlossen und gedrückt.

„Es…es geht mir gut Tetsuo.“

Er fühlte sich nicht anders. Er hatte keinerlei Schmerzen oder allein das Gefühl es könnte etwas nicht stimmen. Es war alles okay. Und während er den Kleinen fest an sich drückte und Tetsuo noch immer schlotternd an seiner Brust lag, ging hinter ihnen eine Tür zu dem Raum auf. Sie wurde buchstäblich aufgerissen und donnerte gegen die Wand an der sie angebracht war. Sekunden danach kam auch schon ein bekanntes Gesicht rein. Es war Yamagata und direkt neben ihm war Kai. Tetsuo und Kaneda lösten sich leicht und sahen beide zu der Tür links von ihnen. Wie hatten sie…?

Eine Mine des Schreckens legte sich auf das Gesicht von Kai, als der langsam näher kam und sich umsah. Er war bewaffnet mit einer kleinen Baretta und hielt diese vor sich zum Boden, als sein Blick von links nach rechts schweifte. Er verarbeiten musste was er sah. Yamagata blieb an der Tür stehen und sah sich auch nur kurz um. Dann schüttelte er fassungslos den Kopf und fragte laut:

„Was zum Teufel ist passiert?“

Das wussten sie nicht. Kaneda sah wieder zu Tetsuo und drückte diesen dann an sich. Sie blieben einfach so und rührten sich nicht. Sie wussten nicht was passiert war. Aber wenn es an Tetsuo seinem Blut gelegen hatte…dann stimmte etwas mit Kaneda nicht. Das war ein Fakt gewesen. Ob es gut war oder nicht…wer wusste das schon?

Decisions

Es war unglaublich still in dem Gebäude geworden.

Die anfängliche, gespenstische Stille, dieses Giganten aus Marmor und Glas, verwandelte sich mehr und mehr zu einer eisigen Kälte. Eine die sich immer mehr in den Gängen ausbreitete und deren Ursprung man nicht mehr ausmachen konnte. Und das lag nicht an der Nacht, die noch immer draußen aktiv war. Sondern an der Atmosphäre die sich nach diesem Horror vorhin gebildet hatte.

Noch immer lagen die Leichen der ehemaligen Anhänger der neuen Kinder in diesem Raum in einer unteren Etage rum. Völlig unangetastet und mit leeren Augen ins Nichts starrend. Das Blut, das sie in ihrer Qual vergossen hatten, fing schon bereits an zu gerinnen, da es mit der Luft reagierte. Und nach einer Stunde wandelten sich die roten Flecken am Boden in das Bräunliche um. Zeugen der vergangenen Zeit seit ihrem Tod. Ein schrecklicher Geruch fing an sich über diesen Raum zu legen. Die Türen da rein waren verschlossen und sperrten den Gestank des Todes damit aus. Die Fäulnis. Aber das waren alles Dinge von denen die Jungs nichts mitbekamen.

Sie befanden sich in einem Labor, weiter oben im Gebäude und Yamagata sah aus dem Fenster raus, an dem er es sich gemütlich gemacht hatte. Sein Schrotgewehr im Schoß. Er behielt die Gegend draußen im Auge, da er hoffte nicht kämpfen zu müssen. Er wollte schnell vorgewarnt sein, falls noch mehr Idioten auf die Idee kam an diesen Ort zu kommen. Das Militär oder noch mehr der neuen Kinder. Oder einfach nur Rumtreiber. Er hatte nichts gegen einen guten Kampf. Aber in der momentanen Situation war das vielleicht nicht so gut.

Ihm direkt gegenüber, am Fenster, saß Kai und hatte die Beine angewinkelt, so dass er sie umklammern konnte. Er wirkte noch immer leicht geschockt aber auch sehr in Gedanken versunken. Und das seit er einen Fuß in diesen Raum unten getan hatte. Die Leichen gesehen hatte…Genau das meinte Yama mit der Situation.

Kaneda stand dagegen angelehnt rechts neben der Tür und sah mit verschränkten Armen immer mal wieder unsicher zu Tetsuo rüber, der auf einem der Tische in der hintersten Ecke saß und auf den Boden starrte. Keiner wusste so wirklich was er sagen sollte. Vielen hing der Schock noch in den Knochen. Und einem unter ihnen sogar schwere Fragen die den Verstand teils blockierten. Widerliche Stille. Es war nicht zum aushalten. So das Yamagata erstaunlicherweise der Erste war und diese Stille durchbrach. In den Raum fragte:

„Und? Wollen wir uns jetzt weiter alle anschweigen, oder reden wir über den scheiß riesen Elefanten hier im Raum?“

Und bei dem Satz sahen doch tatsächlich alle erstaunt zu ihm. Er sagte das sehr ernst, aber auch gleichzeitig klang ein Unterton der Besorgnis aus ihm heraus. Etwas was Kai tatsächlich ein kurzes Lächeln auf die Lippen zauberte. Yamagata hatte sich wirklich verbessert und lernte mehr Mitgefühl für andere zu zeigen. Das tat gut. Es war gut erkannt das sie offensichtlich alle Probleme hatten und nur keiner wusste wie sie den Elefanten im Raum ansprechen sollten, der noch dazu bedrohlich über ihnen hing und drohte sie zu erdrücken wenn keiner was sagte. Erstaunlicherweise war es bei jedem der selbe Fakt der sie belastete, obwohl keiner was gesagt hatte. Und schließlich war Kaneda der jenige der zu ihm sprach:

„Wie habt ihr uns überhaupt gefunden?“

Auf diese Frage drehte sich der Große zu ihm rüber und stellte das Schrotgewehr neben sich rechts auf den Boden. Es sah aus als würde keiner mehr draußen rumschleichen, also war es okay seinen Schutz gerade mal runter zu lassen. Er kam wieder hoch und sah zu Kaneda als er antwortete:

„Dazu muss ich erst mal weiter ausholen: Als wir wieder zurückkamen, waren du und Tetsuo ja bereits verschwunden. Wir dachten ihr wärt noch bei Joker drin und Kai ging deswegen rein. Wart ihr aber nicht mehr. Darauf gab es einen Zwischenfall indem Joker sich von seinen Fesseln befreien konnte und Kai angriff.“

Das war ein Schocker und traf ganze besonders Kaneda auch so. Er griff ihn an?! Erschrocken sah er zu dem Jüngsten im Raum, der nun auch zu ihm rüber sah. Besorgt fragte er:

„Was?! Wie konnte das passieren?! Hat er dich verletzt?!“

„Er konnte seine Fesseln lösen in dem er über einen längeren Zeitraum sie durchgerieben hatte. Wahrscheinlich an seinem Stuhl und da er eh so ein Hüne war brauchte er auch nicht viel an dem Seil kaputt zu machen. Nur etwas Kraft. Aber es geht mir gut. Es ist nichts passiert.“

Kam es von Kai beschwichtigend und wollte das nicht so hoch spielen. Er hatte ihm natürlich nicht alles erzählt. Wäre er mit der Sache um die Ecke gekommen, dass Joker ihn noch fast erwürgt hätte, wäre Kaneda vielleicht voller Schuld zusammengebrochen. Er wollte seinen Boss nicht weiter belasten. Denn man sah ihm schon an dass etwas schwer auf seinem Gemüt ruhte. Ihm ganz besonders…

Yamagata sah zu dem Kleinen neben sich. Er bemerkte dass Kai nicht alles sagte und verstand auch wieso. Also ging er auch nicht weiter darauf ein und erzählte:

„Bevor er Kai was tun konnte hab ich ihn erschossen.“

Erstaunt sah der Kleine zu ihm. Er…spielte mit? Das machte ihn sehr froh. Es gab Dinge die mussten nicht erzählt werden. Das war einer davon. Er kam mit dem Erschießen um die Ecke, obwohl Kai dem Clown ja mit einem Messer ein Gesichtslifting gegeben hatte. Das tat aber nichts mehr zur Sache denn sie hatten sich des Fettsacks auch schon längst entledigt. Verbrannt und die Knochen vergaben. So das ihn keiner mehr wieder fand. So gesehen war er es nicht mal wert gewesen, also die Arbeit wert gewesen. Dann wand Kai sich wieder an Kaneda und sprach für Yama weiter:

„Ich habe von Joker gehört dass er euch in eine Falle laufen lassen würde. Also haben wir uns nach seinem Tod sofort auf den Weg gemacht. Wir haben uns eine Gruppe von neuen Kindern vorgenommen. Vier haben wir getötet und einen ausgehorcht und…naja hier sind wir. Man kann aber echt sagen das wir Glück hatten dass es so einfach war.“

Ja da schien wirklich viel Glück mitgespielt zu haben. Fast unmöglich. Der Kleine sah unsicher zu Tetsuo, der auch gleich den Blick abwand als Kai sprach:

„Aber ihr wart ja zum Glück sicher…“

Und dann sah er wieder zu Kaneda.

„…Was ist da unten passiert Kaneda?“

„Das frag ich dich Kai.“

Kam es sofort zurück und der Jüngste schien überrascht.

„Mich? Warum mich?“

Endlich bewegte sich ihr Anführer von der Wand weg und kam auf sie zu. Er blieb an einem der alten Tisch neben ihnen stehen und setzte sich lässig auf diesen, als er weiter sprach:

„Du bist viel bewanderter als ich in sowas. Du hast die Leichen unten gesehen. Was denkst du woran sie gestorben sind?“

Er wich der Frage aus? Das machte Kaneda sonst nie…Es stimmte das Kaisuke sich mit Biologie und Krankheiten, oder Verletzungen besser auskannte als der Rest. Er war lange der Medic und teils auch Mechaniker der Gang gewesen und hatte in seinem Leben viele Verletzungen oder Krankheiten mit behandeln müssen. Sicher hatte er da so seine Erfahrungen gesammelt, auch weil er sich belesen hatte in sowas. Er sah auf den Boden und überlegte kurz. Yamagata verstand nicht ganz was sein Boss damit erreichen wollte und sah zu ihm.

„Was soll denn die Frage Kaneda? Er hat noch nicht mal die Möglichkeit gehabt das genau zu überprüfen und du stellst ihm so ne Frage?“

Kaneda sah aber weiterhin nicht von Kai ab und wartete stumm auf dessen Antwort. Und instinktiv gab ihm der Jüngste auch gleich eine:

„Ich müsste sie eigentlich noch mal genauer sehen…Aber wenn ich meinen Hut so in den Ring werfen darf sah es für mich nach Organversagen aus. Vielleicht auch innere Verätzungen ausgelöst durch eine Chemikalie oder ein sehr potentes Gift. Aber wie gesagt: ich müsste sie mir genauer ansehen. In der Regel haben Opfer durch Vergiftungen bestimmte Merkmale wie: blutunterlaufende Augen. Aber meist erkennt man sowas vor dem Tod. Haben sie was Bestimmtes gemacht? Also wie sie die Symptome äußerten.“

„Sie schienen alle Schmerzen zu haben. Krämpfe und starken Husten. Bis sie angefangen haben Blut zu spucken. Und das innerhalb weniger Minuten.“

Gab ihm Kaneda als Antwort und er blickte dabei nur leicht und sehr kurz zu Tetsuo rüber, der wieder auf den Boden sah und in Gedanken zu sein schien. Kai war dieser kurze Blick nicht entgangen…

„Nun das spricht eher für eine starke Vergiftung und Schädigung der Organe. Aber sowas braucht eine Weile bis es wirkt. Minuten reichen da nicht aus. Selbst das potenteste Gift wirkt innerhalb von einer halben Stunde erst mit seinen Anfängen. Bis zum Tod dauert das noch in der Regel. Obwohl ich mal von einer Kegelschnecke gehört habe die innerhalb von Sekunden jemanden tötet mit ihrem Gift.“

„Was soll das alles überhaupt?!“

Sprach Yamagata plötzlich genervt dazwischen, so dass alle zu ihm sahen.

„Warum stellst du ihm diese Frage Kaneda?! Du und Tetsuo ihr wart doch dabei! Ihr müsst doch gesehen haben was passiert ist! Verdammt ihr wart die einzigen Beiden die innerhalb dieses Massakers gestanden haben und wohl auf waren! Eigentlich sind WIR die Zwei die Fragen ohne Ende haben sollten!“

Kai wand sich sanft näher an ihn und legte ihm eine Hand auf die linke Schulter. Wollte ihn damit beruhigen, auch wenn er eigentlich recht hatte. Es musste aber nicht noch laut werden und ausarten. Die Spannung war schon genug in der Luft. Es gab bestimmt einen Grund warum Kaneda der Frage ausgewichen war. Und der besorgte den Jüngsten etwas.

„Yamagata es ist okay. Es muss nicht noch…“

„Nein nichts ist okay Kaisuke! Wir hatten eine Vereinbarung! Wenn zwei draußen sind, bleiben zwei zurück und bewachen die Bude! So haben wir uns geschützt! Nicht indem einfach zwei ihr eigenes Ding machen und dann noch still und heimlich verschwinden! Wir wussten nicht wo ihr wart! Wir hatten Glück das wir den ehemaligen Clown ausquetschen konnten! Und es hätte hier alles viel schlimmer Laufen können! Euch beiden hätte was passieren können! Und zudem habt ihr Kai und mich auch noch unnötiger Gefahr ausgesetzt! Alles weil IHR euch nicht an unsere Regelung gehalten habt! Weil ihr nen scheiß egoistischen Trip gefahren seid! Und ich will jetzt verdammt nochmal wissen was hier passiert ist!“

Und er hatte es auch verdient. Es stimmte das sie durch ihre egoistische Aktion die Gruppe unnötig in Gefahr gebracht hatten. Das mit Kai war der beste Beweis dafür gewesen. Und das war alles auf dem Mist des PsyKI gewachsen. Dessen war er sich auch selber bewusst. Was dazu führte das Tetsuo endlich den Mund aufmachte und zu ihnen kam. Er musste sich seiner Angst stellen und kam schließlich zwischen Kaneda und Yamagata.

„Ich bin daran schuld.“

Er sagte diese Worte sehr gefasst und ruhig, auch wenn er das innerlich nicht wirklich war. Und bei dieser Aussage sahen ihn alle erstaunt an. Kai und Yamagata weil sie nicht verstanden was er damit meinte und Kaneda weil er sich das gedacht hatte. Er zog es erneut auf sich. Sah es als seinen Fehler an. Das war inzwischen typisch Tetsuo. Und dieses Mal…stimmte es wahrscheinlich sogar. Es gab keine andere Erklärung für das was da unten passiert war. So stand Tetsuo da und sah auf den Boden. Fing an zu erzählen:

„Es ist meine Schuld. Wir waren wegen Joker hier. Aber sie hatten Kaneda und mich in einen Hinterhalt gelockt und nahmen uns gefangen. Es ging alles so schnell und…ich konnte das alles nicht verhindern…“

Er konnte wirklich nichts tun. Da war die Sache mit den plötzlichen Schmerzen gewesen. Was ihn hinderte ordentlich zu kämpfen und dessen Ursprung er nicht kannte. Etwas was er aber bewusst ausließ und einfach weiter sprach:

„Sie sprachen immer wieder davon dass sie so werden wollten wie ich. Angeblich war das auch Jokers ursprünglicher Plan gewesen. Bis er von diesem abdriftete und nun Saya versuchte das umzusetzen.“

Yamagata sah ihn fassungslos an.

„Saya?! Warte mal! Saya war auch da unten?!“

In all der Aufregung und weil er nicht in den Raum ging, hatte er sie natürlich nicht gesehen. Kaisuke aber schon und er sah traurig auf den Boden. Ja…er hatte sie erkannt. Sie sah schrecklich aus als er sie sah. Kaneda nickte zustimmend und sagte auch endlich was zu der Lage:

„Es hat sich herausgestellt das sie Joker seine Freundin war. Und anscheinend kam sie auf den Trichter sich gegen ihn erheben zu müssen. Vielleicht für all den Mist den sie bei ihm erlebt hat. Wer weis das schon? Fakt ist dass sie die Leiterin von dem Kult da unten war und wie jeder andere in dem Raum eine Flüssigkeit getrunken hat…Und…“

Keine Lügen und Ausflüchte mehr. Sie hatten alle die Wahrheit verdient. Und deswegen sprach Tetsuo:

„Es war mein Blut.“

Sie sahen ihn erschrocken an. Besonders Kaneda der sich fragte warum der Kleine nicht damit hinter dem Busch blieb. Es war aber offensichtlich: Tetsuo war verängstigt und wollte Antworten. Er wollte ehrlich zu der Situation sein und nichts vor dem Team verheimlichen. Damit…war er sogar ehrlicher und mutiger als Kaneda selbst. Denn der hätte es verschwiegen. Yamagata schüttelte ungläubig kurz den Kopf und sprach dann lauter:

„Was?! Was meinst du damit die haben dein Blut gesoffen?! Wie krank ist das denn?!“

Kai nahm die Hände erschrocken vor seinen Mund und kam gleich zu Tetsuo gelaufen. Er nahm ihn danach, besorgt und sanft mit beiden Händen an einer Hand und fragte:

„Oh mein Gott! Geht es dir soweit gut Tetsuo?!“

Der PsyKI nickte nur und löste die Hände von seiner eigenen Hand. Er konnte dem im Moment nicht wirklich standhalten. Es ging einfach nicht.

„J-ja. Ja. Alles okay. Sie haben mich etwas ausbluten lassen. Aber ich regeneriere mich schneller als ihr. Das weist du doch. Was bedeutet es geht mir schon wieder besser.“

Er schob sich seinen Ärmel hoch und zeigte die Wunde am Arm, die aber bereits wieder verschlossen war und bald gänzlich verschwinden würde im Fleisch. Inzwischen hatte er sich nämlich wieder mit seinem Hoodie bekleidet, nachdem dem was unten im Labor passiert war. Zeigte dass alles gut war. Kai bemerkte dass der PsyKI im Moment keinen Kontakt wollte und ließ deswegen von ihm ab. Setzte sich neben ihm auf den Tisch und sah ihn weiter an, während Tetsuo wieder den Ärmel runter fallen ließ und den Arm bedeckte. Ihr Chef allerdings schüttelte den Kopf. Wollte es nicht wirklich wahr haben und sprach dann zu Tetsuo:

„Das können wir nicht wissen Tetsuo! Vielleicht haben die vorher schon irgendwelche Drogen genommen und sind dann daran gestorben! Es muss nicht dein Blut gewesen sein!“

Tetsuo sah zu ihm. Er war…so gut zu ihm. Er wollte ihn schützen, aber das war nicht notwendig. Sie mussten sich der Möglichkeit, die sehr wahrscheinlich erschien, stellen. Und die war nun mal, dass es das Blut des PsyKI gewesen sein könnte. Das es giftig war…Und das es Kaneda seltsamerweise nichts getan hatte…Er lächelte schwach und ganz kurz, sprach danach aber wieder ernster:

„Lass es Kaneda. Es ist gut. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dass mein Blut für ihren Tod verantwortlich war. Das müssen wir nicht schönreden.“

Und tatsächlich stellte Yamagata danach Fragen und nicht Kai.

„Okay…Mal abgesehen dass das der krankste Scheiß wäre den ich je gehört habe, stellt sich mir noch die Frage: Warum ihr überhaupt in diesem Laden hier seit! Was wolltet ihr denn hier?! Ich meine ihr seid doch beide nicht bescheuert! Ihr hättet doch ahnen können dass es von Joker eine Falle ist! Warum seid ihr dennoch hier her gefahren?! Dazu möchte ich erst mal eine Antwort!“

Und ehrlich gesagt waren die Fragen gar nicht mal so blöd. Sie waren sehr gut für seine Verhältnisse. So dass Kai ihm nur zustimmend zu nickte.

„Das hier ist ein Labor. Warum sollte Joker euch in ein Labor locken wollen?“

Fragte der Jüngste und Tetsuo antwortete ihm:

„Weil ich dachte hier herauszufinden wer ich bin. Ich…habe mich davon verführen lassen eine Frage beantworten zu können. Eine nach der ich schon so lange suche.“

Kai sah ihn an und Yamagata verschränkte neben ihm die Arme vor sich, als er fragte:

„Hast du wenigstens bekommen was du wolltest?“

Tetsuo sah auf den Boden. Was er wollte…Das war eine gute Frage. Hatte er bekommen was er wollte? Es stimmte das er nun endlich erfahren hatte wo er her kam. Er kam aus diesem Labor. Er hatte seine Eltern gesehen. Er wusste dass er hier geboren wurde und wie er in seine neue Heimat kam, wo Miyako ihn fand. Aber…hatte er dadurch bekommen was er wollte? Es fühlte sich nicht danach an. Er dachte…er dachte wenn er erfahren würde woher er kam, würde sich etwas lösen. Etwas in seinem Herzen würde sich lösen und ihn beruhigen. Als würde etwas von seinen Schultern fallen und es würde ihm besser gehen…Aber nichts war der Fall. Es ging ihm nicht besser dadurch. Ganz im Gegenteil. Er fühlte sich…noch genauso verloren in der Hinsicht wie vorher. Es änderte nichts in seinem Herzen. Wo war seine Heimat? Er wusste dass er bei Kaneda zuhause war. Aber wo war seine Heimat? Wo wollte er leben? Er suchte nach einem Ort an dem er ohne Angst leben konnte. Wo er glücklich alt werden konnte. Des war ebenfalls einer der Gründe gewesen warum er aus seinem Dorf verschwand. Er suchte eine Heimat.

Kaneda kam der weil zu ihm und stellte sich rechts neben ihn. Legte den Arm sanft um seine Schultern und zog ihn schützend an sich ran. Es stärkte den kleinen zusätzlich, zu wissen dass jemand neben ihm stand und ihn sogar etwas schütze mit der Geste. Und dann fing Tetsuo an zu erzählen:

„Wir haben herausgefunden das ich hier geboren wurde…Offenbar haben sie mich hier erforscht und mich Experimenten unterzogen. Meine…meine Mutter konnte mich noch in Sicherheit bringen bevor hier alles den Bach runter ging. Ich weis nicht warum aber es gab einen Unfall in diesem Labor und mehrere meiner Art randalierten hier…Kai, Yamagata…ich habe euch nie erzählt das ich nicht aus Neo Tokyo komme. Vielleicht habt ihr es schon geahnt, aber ich wollte es hier mit noch mal klarstellen: Ich bin nicht von hier. Ich kam hier her weil ich ein Zuhause suchte. Weil ich aus dem Dorf, in dem ich großgezogen wurde, geflohen bin. Einer meiner Art machte mir Angst. Er ist sehr mächtig und ich wollte nur weg von ihm.“

Er löste sich aber schließlich doch von Kaneda und ging einige Schritte von den drei Jungs weg. Sie sahen ihm nach, als er zu der alten Tafel an der Wand vor ihnen ging und dann vor dieser stehen blieb, sie nur anstarrte und in seinen Gedanken war, als er weiter sprach:

„Am Anfang dachte ich es würde alles besser werden. Ich hasste meine Heimat weil ich dort von den Meisten wie Dreck behandelt wurde. Ich behandelt wurde wie ein Außenseiter und man mir keine Chance gab dazugehören zu können…Ich denke jetzt weis ich auch warum. Weil ich ein Außenseiter war. Weil ich aus eurer Welt in ihre gekommen bin…Weil ich hier geboren wurde und dann zu ihnen kam. Ich wollte alles hinter mir lassen und hier neu anfangen. Egal wie sehr man mich hier hasste, zuhause war es für mich speziell nicht anders. Doch je länger ich bei euch geblieben bin, umso mehr wurde mir klar dass etwas nicht stimmt. All diese Dinge die passiert sind. Alles was meinen Artgenossen passiert ist. Watanabe, Kuwata Takeyama…Ich habe sowas noch nie zuvor gesehen. Diese Art von Kontrollverlust…Nein…Das stimmt nicht…Ich habe was Ähnliches gesehen.“

Als er das sagte legte Kaneda den Kopf schief und sprach leicht erschrocken:

„Was? Was meinst du damit? Ich dachte das wäre alles neu für dich! Diese Mutationen meine ich.“

Tetsuo drehte sich zu ihm um und nickte, umschlag dabei deinen Oberkörper sanft und schützend.

„Ich habe lange damit gekämpft ob ich es sagen soll. Ob ich mich nicht vielleicht doch irre oder es nur ein purer Zufall war. Aber…Fakt ist dass ich was ähnliches Mal gesehen habe. Als ich klein war wurde ich im Wald zeuge wie ein Monster einen meiner Artgenossen gefressen hat. Ich habe mir nie was dabei gedacht und versuchte es als Geheimnis in meinem Kopf wegzusperren. Keiner hatte mir als Kind geglaubt. Warum auch? Ich war ja ein Angsthase und hätte mir das nur eingebildet. Aber ich wusste es war echt. Es wollte mich ebenfalls verschlingen…aber es tat es nicht. Es stoppte plötzlich und verzog sich dann wieder in den Dschungel. Ich dachte immer es wäre ein Monster gewesen was durch die Atombombenangriffe vor vielen Jahren entstanden sei. Aber nach dem ich Kuwata gesehen habe…wusste ich das ich mich geirrt hatte. Dieses Ding damals…sah genauso aus wie er als er mutiert war. Ich hatte mich so sehr geirrt.“

„Warte mal! Du willst mir sagen dass dieses Ding in deiner Heimat vielleicht ebenfalls ein mutierter PsyKI gewesen ist?! Aber das würde ja bedeuten…!“

Sprach Kai laut dazwischen und der PsyKI nickte zustimmend.

„Genau. Das würde bedeuten: das was auch immer hier in Neo Tokyo mit meiner Art passiert, schon vor vielen Jahren in meiner Heimat passiert war. Das Joker und Mad nicht die Urheber dieser Mutationen und Versuche waren, sondern was anderes. Vielleicht hat schon früher jemand solche Versuche gemacht und das in meiner Heimat war ein Misserfolg der über geblieben ist.“

„Aber wir reden hier von deiner Heimat! Das würde bedeuten das dort jemand ist der den selben Scheiß praktiziert wie hier! Warum hast du mir das nicht schon viel früher gesagt?!“

Brüllte Kaneda dazwischen und machte einen Schritt auf ihn zu. Warum…ja warum nur…

„Ich kannte dich nicht gut genug. Und später hatte ich dann selber Angst vor dieser Erkenntnis.“

Und genau das war der Knackpunkt gewesen. Genau das dachte sich Tetsuo nämlich auch. Aber er verstand es nicht. Er suchte die Zusammenhänge. Ihm war schon länger der Gedanke gekommen dass das alles keine Zufälle mehr waren. Es fühlte sich alles wie ein riesiges Puzzel an. Aber es fügte sich nicht zusammen. Es schien ein wichtiges Teil zu fehlen. Eines dass, wenn er dieses fand, dann alle anderen Teile verknüpfen würde. Er hatte so viele Dinge erlebt und gesammelt…aber er hatte das Gefühl das er die Lösung…nur in seinem Dorf finden könnte. Und er hatte nun Fragen…viele Fragen die beantwortet werden müssten.

Yamagata sah ihn ernst an. Im Gegensatz zu den anderen Beiden war er die ganze Zeit über still gewesen und hatte nur gelauscht. Seine grimmige Mine war stechend und schließlich bemerkte Tetsuo diese Piekser und sah zu ihm. Sie sahen sich einige Sekunden lang an, bis der Größte im Raum dann auch endlich was sagte:

„Du willst gehen, oder?“

Und als er das sagte sahen Kai und Kaneda erstaunt und auch teils erschrocken zu ihm. Es traf schwer wie ein Stein. Was sagte er da? Es dauerte nur Sekunden da sah Kaneda wieder zu Tetsuo rüber…der verdächtig den Kopf und Blick zum Boden gesenkt hatte. Nein, nicht verdächtig…bestätigend passte besser. Und das verschreckte Kaneda und er machte wieder einen Schritt auf den Kleinen zu. Dieses mal aber zögernd. Yamagata sprach weiter:

„Ich weis ihr denkt immer mal von mir dass ich bestimmte Dinge nicht mitbekomme. Ich bin vielleicht nicht der Hellste, aber ich sehe wenn einem meiner Brüder was auf der Seele lastet. Und bei dir habe ich schon lange das Gefühl dass du etwas planst. Seit dem Tag an dem du diesen Kuwata umgebracht hast hat sich etwas in dir verändert. Deine Aggressivität, die du damals oft an den Tag gelegt hast, hat nachgelassen und du bist mehr in Gedanken versunken. Ich wusste nicht was in deinem Schädel vor sich ging, aber ich wusste dass es dir Sorgen bereitet hat. Das sagte alle dein Blick jeden Tag aufs Neue.“

Er war ihm also aufgefallen? Tetsuo war erstaunt das Yamagata doch so aufmerksam war. Er hielt ihn immer nur für einen Rüpel. Heh…er hatte sich geirrt. Und auch Kaneda war erstaunt das der Große so aufpasste. Also im bezug auf Tetsuo seine Gefühle. Er dachte es wäre nur ihm aufgefallen und Kai. Aber Moment mal…sagte er Brüder? Tetsuo sah wieder auf und Yamagata an, der erneut sprach:

„Ich weis nicht was du vor hast. Aber ich denke es ist an der Zeit das du anfängst für dich selbst gerade zu stehen und selber zu entscheiden was DU willst. Als ich dich kennengelernt habe warst du ein freches Rotzgör. Du warst wie ein Kleinkind und obwohl du Entscheidungen fällen kannst, warst du nie erwachsen genug für diese einzustehen. Du hast dich viel im Schatten und Schutz von Kaneda aufgehalten. Und das war okay. Aber nun denke ich bist du, durch all das was passiert ist, erwachsener geworden. Und ein Erwachsener trifft dann auch Entscheidungen alleine und steht zu diesen. Und jetzt ist es an der Zeit das du dich entscheidest was zu tun ist. Was DU tun willst. Du hast Fragen. Aber die Antworten kann dir keiner von uns geben. Noch kann dir einer von uns vorschreiben wie du dein Leben zu leben hast. Die Antwort findest du nur allein.“

Kai lächelte. Genau das war der Yamagata den er kannte. Den nur ER unter der Oberfläche kannte und wie er ihn kennengelernt hatte. Er kam zu ihm gelaufen und stellte sich dicht neben ihn. Sah lieb zu Tetsuo rüber und stimmte zu:

„Er hat recht. Du hast dich verändert und das ist auch gut so. So sind wir Freunde geworden. Das war auch Veränderung. Und das ist nichts schlimmes Tetsuo. Du gehörst jetzt zu uns. Du bist ein Teil unserer Gang. Aber wenn du Antworten in deiner Heimat suchst dann kannst nur du diese finden. Das ist etwas was wir dir nicht abnehmen können. Ich habe auch so viele Fragen. Ich würde gerne mehr über dich und deine Art erfahren. Über all das was hier im Labor passiert ist. Vielleicht können wir ja doch alle friedlich zusammen leben. Wenn wir nur lernen uns zu verstehen. Und ich habe mich auch für etwas entschieden: Ich bleibe hier und werde versuchen das herauszufinden. Ich möchte alles über euch wissen. Und vielleicht finden wir ja so gemeinsam eine Wahrheit über uns Menschen und euch PsyKI.“

Tetsuo lächelte beide an. Er war…sehr glücklich. Er hatte…nun endlich Freunde. Das was er als Kind immer haben wollte…Diese Art von Freunde die er immer haben wollte. Und dann sah er zu Kaneda. Und er wusste nicht warum aber…aber er konnte dem Blick des Älteren nicht standhalten. In seinem Blick lag Sorge und…Trauer. Und diese Trauer fühlte er und sein Herz wurde ebenfalls sehr schwer. Es trieb ihn fast die Tränen in die Augen und als Kaneda noch näher kam machte der Kleine eine Drehung und lief fluchtartig schnell aus dem Raum. Kaneda sah ihm still nach. Es fiel ihm nicht leicht. Aber er wusste was er zu tun hatte. Und dann folgte er ihm aus dem Raum.

Kai sah zu Yamagata neben sich hoch und der zu ihm runter. Wirkte etwas verdutzt und fragte:

„Du willst hier bleiben und mehr über diese Freaks lernen?“

Kai nickte.

„Ja. So habe ich mich entschieden. Etwas muss getan werden. Und vielleicht kann ich auch dazu meinen Beitrag leisten, dass alles besser wird. Vielleicht…können wir diesen Ort statt einem Ort der Spaltung, in einen Ort des Zusammenfindens verwandeln. Wenn er recht hat und PsyKI hier vielleicht „erschaffen“ wurden, dann können wir hier auch etwas finden um wieder zueinander zu finden. Das wäre doch toll, oder?“

Yama schüttelte den Kopf.

„Das ist total bescheuert.“

Aber dann lächelte er.

„Aber ich denke du wirst einen Bodyguard brauchen um diesen Wahnsinn und Angriffe von Psychos durchstehen zu können. Also bin ich dabei. Ich weiche dir nicht von der Seite.“

Kai lächelte zurück und drückte sich an ihn. Und genau das Selbe würde auch Kaneda tun. Da war er sich sicher.
 

Tetsuo stand draußen in der großen Halle, am Geländer des Stockwerks, in der sie sich befanden. Sein Blick war nach unten gerichtet und er sah in die Tiefe und Schwärze unter sich.

Alles was er da drin gehört hatte war wie Balsam für seine Seele. Sogar das was Yamagata sagte hatte ihn sehr berührt und geschmeichelt. Er hätte das nie von ihm erwartet. Und inzwischen war er auch sein Freund geworden. Es war alles so schön. Und es könnte noch besser sein. Ohne all diese Gewalt in den Straßen und ohne die neuen Kinder. Ohne das Militär und diese Abneigung seiner Art gegenüber. Es könnte…ja es könnte. Aber er war kein Träumer mehr. Nicht in dieser Hinsicht. Er war da realistisch geworden. Er sah für seine Art und normalen Menschen keine Zukunft zusammen. Nicht für alle zumindest und nicht überall. Diese Wunden waren über die Jahre zu tief geschlagen worden. Dessen wurde er sich immer mehr bewusst. Denn wenn es stimmte…was immer mehr den Anschein machte, dann würden Menschen und seine Art sich nie verstehen. Denn Menschen würden se nur als Ausrutscher ansehen. Als Monster die sie geschaffen hatten und nicht als Menschen. Und das resultierte zu einem Hass der nie aufhören würde und immer wieder neu Feuer fing. Menschen mit ihren Angriffen auf sie und seine Art die sich im Zorn wehren würde. Und wenn er ehrlich war…er stand mehr auf der Seite seiner Art in der Beziehung. Immerhin…warum sollte seine Art dafür leiden und ausgerottet werden was die anderen verursacht hatten? Das war nicht gerecht. Aber was war schon im Leben gerecht? Gerechtigkeit war eine Perspektive und zu jedem Lebewesen individuell angepasst. Jeder hatte seine Sicht von Gerechtigkeit. Und genau deswegen gab es Regeln. Aber ohne diese Regeln…was war da Gerechtigkeit? Doch er musste auch zugeben das er di andere Seite auch verstand. Menschen hatten Angst vor ihnen. Sollten sie auch, dass war natürlich. Sie waren stärker als normale Menschen und standen, so gesehen, in der Nahrungskette automatisch weiter oben. Dennoch gab es nicht das Recht deswegen zu töten. Vielleicht aus Angst die Spitze der Nahrungskette abgeben zu müssen? Monster…Menschen sahen sie als Monster und Tiere an. Ein schrecklicher oberflächiger Begriff. Für eine Maus ist eine Katze ein Monster. Nur…Menschen waren es meist gewohnt die Katze in der Situation zu sein. Und deswegen handelten sie vielleicht so. Wer wusste das schon? Aber…in einem war er sich sicher: es gab eine Zukunft für ihn…nämlich mit Kaneda. Daran glaubte er. Doch um diese Zukunft passieren zu lassen…musste er nachhause. Zurück in sein Dorf. Es war der einzige Weg. Er würde mit Kaneda leben. Aber dazu musste er erst was erledigen.

Er sah rechts hinter sich, als er vorsichtige Schritte hörte und sah dann seinen Liebsten. Der ihm ein schwaches Lächeln zuwarf. Tetsuo aber verzog nur das Gesicht etwas traurig und sah wieder am Geländer nach unten, während Kaneda sich rechts neben ihn stellte und sich locker auf das Geländer stützte. Er sah nach vorne und atmete tief durch die Nase ein. Es fiel ihm nicht leicht und das strahlte er auch aus. Er war unruhig. So standen sie für einige Sekunden einfach da. Aber das konnte halt nicht so bleiben. Das Kind im Raum musste beim Namen genannt werden. Also atmete er langsam und laut aus. Gab sich einen innerlichen Ruck und sah dann zu Tetsuo. Sprach:

„Können wir darüber reden?“

Er wusste genau worüber. Also nickte der PsyKI darauf.

„Wir müssen darüber reden. Dass passt besser Kaneda.“

Der Ältere sah zu ihm. Stimmt. Es musste sein. Es sollte sein. Dennoch holte er etwas aus und fing nicht gleich an in die Vollen zu gehen:

„Weist du…Yamagata hat mich eben voll aus den Latschen gehauen. Also mit dem was er gesagt hat.“

Tetsuo schnaubte dadurch ein unterdrücktes Lachen und nickte ihm zustimmend zu, auch wenn er nicht zu ihm sah.

„Ja mich auch.“

„Weist du…das ausgerechnet ER auf die Idee kommen könnte, dass DU vielleicht gehen willst, wäre mir nie in den Sinn gekommen…Aber stimmt es? Willst du wirklich gehen?“

Und es wurde beim Namen genannt…Endlich sah Tetsuo ihn an und drückte sich vom Geländer weg. Hatte nur noch seine Hände darauf ruhend. Man sah ihm an dass es ihm nicht leicht fiel.

„Weist du…Ich WILL nicht gehen. Warum sollte ich gehen wollen, wenn ich doch bei dir zuhause bin? Wenn ich mich nur bei dir wohlfühle. Aber…aber Yamagata hat recht damit. Es gibt Dinge die ich wissen muss Kaneda. Und ich denke…ich denke nur Miyako kann mir diese Fragen beantworten. Also…ehrlich gesagt ich hoffe es. Ich bin jetzt vielleicht auch endlich in der Lage von ihr Antworten zu bekommen.“

„Deiner Ziehmutter?“

Tetsuo nickte. Sein Kopf senkte sich und der Blick fiel auf den Boden zwischen ihnen.

„Ich wollte es dir nicht sagen weil…weil ich Angst hatte du könntest dich noch mehr sorgen. Ich wollte dich nicht noch mehr belasten, als ich es schon tue. Ich hatte immer mal wieder den Gedanken zu gehen. Aber durch da was vorhin passiert war…das mit meinem Blut. Dass dir nichts passiert ist…Das hat mich in meinem Entschluss endgültig bestätigt. Ich muss gehen. Ich habe so viele Fragen. Und ich brauche Antworten. Für uns beide.“

Kaneda sah ihn an. Es war nicht so als würde ihn die Situation von vorhin nicht auch beunruhigen. Er machte sich auch seine Gedanken dazu.

„Vielleicht hatte ich nicht genug Blut von dir zu mir genommen. Schon mal daran gedacht? Vielleicht war es nichts Besonderes und ich hatte einfach nur Glück.“

Doch beide fühlten das dies zu einfach wäre.

„Ja…Vielleicht…Aber auch ohne diesen Vorfall habe ich den schlimmen Verdacht das mein Dorf und meine Art in Gefahr sein könnten.“

Kaneda sah ihn nur an…Dann war da also doch mehr gewesen was ihn beschäftigte. Aber…

„Was kümmert es dich?“

Und da sah Tetsuo wieder auf und war verwirrt.

„Was?“

„Ich meine: Was kümmert es dich? Du hast mir mal gesagt wie du behandelt wurdest. Wie du über dein Dorf und die Leute dort denkst. Und ich hatte nicht das Gefühl das es dir besonders wichtig schien was dort passieren könnte oder los ist. Also warum jetzt? Warum machst du dir plötzlich solche Gedanken darüber? Warum klammerst du dich so sehr an diesen Ort und deren Lebensstil? Denkst du mir wäre das nicht aufgefallen?“

Er sagte das sehr ruhig und gelassen. Aber spitz wie eine Nadel. Gezielt. Und Tetsuo überlegte kurz…wie er darauf antworten sollte. Und dann wusste er es:

„Ich denke mir ist inzwischen auch etwas klarer geworden… Das nicht unsere Vergangenheit bestimmt wer wir sind. Sondern wir selbst mit dem was wir tun. Das ist etwas was du mir klarmachen wolltest. Und…und ich denke ich bin über den Hass hinaus. Ich hasse sie nicht mehr Kaneda. Ich habe etwas sehr wichtiges bei dir gelernt. Von dir gelernt, auch wenn du das vielleicht selber nicht mitbekommen hast…Es nennt sich Verzeihen. Ich weis nicht wie es mit dir ist. Aber ich bin bereit meine Vergangenheit hinter mir zu lassen und zu verzeihen. Ich will nach vorne schreiten. In die Zukunft. In eine Zukunft mit dir. Aber um das zu tun…muss ich alle losen Enden verknüpfen und heilen lassen. Ich muss mich ihnen stellen und sie selber heilen. Und das kann ich nur…wenn ich in mein Dorf zurückkehre. Wenn ich mich meiner Vergangenheit stelle.“

Und das war etwas was er Kaneda weit voraus hatte. Und das wusste dieser auch. Der Ältere sah von ihm weg und nun war er der Jenige der vor sich in die Tiefe der Halle starrte. Er lächelte schwach, aber es war ein verkrampftes Lächeln. Warum war es das?

„Du bist mir da weit voraus Tetsuo…Ich dachte auch immer wieder daran meine Vergangenheit einfach ruhen zu lassen und weiter zu gehen. Aber…aber mir fällt auch immer wieder auf dass es so schwer ist. Ich sehe die Menschen um mich herum. Ich sehe wie sie sich entwickeln. Und ich bleibe stehen…sie gehen weiter. Es ist etwas was ich nicht kann Tetsuo…Eine Narbe die ich tief in meiner Seele habe und die einfach nicht heilt, egal wie viel ich da drauf stapel und versuche sie damit zu vergraben. Dieser Schmerz kommt immer wieder in mir hoch. Immer wieder…“

Es war die Angst vor Verlust. Das war der Schmerz. Das wusste Tetsuo. Und er wusste auch warum. Wegen dem was seine Eltern getan hatten. Sein Vater der ihn in das Waisenhaus gesteckt hatte. Das war die Narbe auf seiner Seele. Und das war es auch was seine Zeit stillstehen ließ. Warum er nicht in der Lage war loszulassen und nach vorne zu gehen. Er war irgendwo noch immer das kleine Kind…was auf dem Hof allein gelassen wurde. Und noch immer dort wartete dass es jemand abholte. Und Tetsuo wollte der sein…der ihn von dort abholt.

„Du bist kein Kind mehr Kaneda.“

Und als er das sagte, sah ihn der Älter erstaunt an. Tetsuo dagegen sah ihn ernst an, aber weich und fürsorglich zugleich in seinem Blick.

„Jeder von uns muss sich seinen Dämonen alleine stellen. Ich sagte dir schon einmal das Schmerzen zum Leben dazugehören. Und manchmal können wir nur weiter gehen wenn wir mit genau diesen Dämonen Frieden schließen die uns quälen. Und genau dieser Schmerz gehört zu dir! Er ist ein Teil von dir und er hat dich zu dem gemacht der du bist! Also akzeptiere ihn doch einfach! Du bist nicht schwach in der Hinsicht Kaneda! Du hast nur Angst dich in eine Welt zu begeben die du nicht kennst! Weil es etwas Neues ist! Aber das musst du nicht! Du bist der geborene Anführer! Du bist fürsorglich und umsichtig auf deine Art. Du schützt die Menschen die du liebst mit deinem Körper. Das allein zeigt wie wichtig dir Familie ist. Aber das konntest du nur lernen weil du genau das einmal verloren hast! Das hat dich zu dem gemacht der du jetzt bist! Und das ist etwas sehr gutes! Es…es tut mir leid was dir passiert ist. Ich will niemanden seine Eltern verlieren sehen. Aber du musst darüber hinwegkommen Kaneda. Du musst lernen diesen Teil von dir zu akzeptieren.“

Aber wem machte er was vor? Auch ihm fiel das selber nicht leicht und er tat sich noch schwer damit. Kurz darauf sah Kaneda aber wieder weg. Ein eindeutiges Zeichen für Tetsuo das er unsicher war und es anscheinend wirklich nicht so leicht viel sich zu lösen. Einfach alles hinter sich zu lassen. Das konnte er sogar verstehen. Denn immerhin hatte es bei ihm ja auch gedauert. Aber das musste aufhören…Kaneda musste damit aufhören sich so zu quälen. Er geißelte sich damit selbst und verhinderte somit seine eigene Entwicklung. Seine Entwicklung…seine Entwicklung in was? In was würde ihn das verändern, wenn er weitergehen würde? Wäre das zum Guten? Oder vielleicht zum Schlechten? Tetsuo wusste es nicht. Das konnte keiner wissen. Man sah es erst wenn man es versuchen würde.

Er sah seinen Liebsten weiter an. Bis er eine Entscheidung fällte und sich bewegte. Er ließ das Geländer los und kam neben den Älteren, der das auch bemerkt hatte und dann zu ihm sah. Kurz darauf wurde er auf den Mund geküsst. Zart und etwas dort verweilend. So das beide ihre Augen schlossen und so blieben. Sekunden sollten ewig währen. So wie jedes Mal wenn sie sich küssten. Und dann löste der junge PsyKI den Kuss und sie sahen sich mit halbgeschlossenen Augen an. Bis Tetsuo wieder zurück ging und dann sagte:

„Ich liebe dich…Aber das ist etwas was ich tun muss. Ich brauche diese Antworten. Das ist es was man Bauchgefühl mir sagt. Und ich habe mich schon immer darauf verlassen können. Bitte verstehe das…Bitte Kaneda.“

Das stimmte. Nur weil er seinem Instinkt und seinem Bauchgefühl gefolgt war waren sie überhaupt hier. Und hatten sich überhaupt kennengelernt. Nie würde der Ältere an diesem Gefühl zweifeln. Aber er konnte…er konnte ihn nicht einfach gehen lassen. Er war in der Hinsicht egoistisch. Er wollte nicht den verlassen den er liebte. Egal was auf dem Spiel stand. Nicht schon wieder wollte er das wichtigste in seinem Leben verlieren. Denn genau das war Tetsuo geworden. Ein Teil seines Lebens. Ihn zu verlieren. Nur der Gedanke daran…gab ihm das Gefühl in der Brust als würde sein Herz zerspringen. Nein. Als würde seine Seele leer werden.

Er ließ auch von dem Geländer ab und drehte sich endlich vollständig zu dem Kleinen um. Sie sahen sich nur an. Man sah in Tetsuo seinen Augenwinkeln den leichten Anflug von Tränen. Er wollte nicht gehen. Das sah man ihm so deutlich und klar an. Aber er musste es tun, genau wie er gesagt hatte. So sprach er auch inzwischen leicht erstickend durch die Entscheidung:

„S-sobald ich meine Antworten habe…komme ich zurück. Du weist ich werde zurück kommen. Ich würde dich nie verlassen. Wir…wir gehören zusammen. Du und ich. Und nichts wird das ändern.“

Natürlich wusste er das. Er musste ihm das nicht sagen. Aber es war dennoch schön dies zu hören. Es stimmte. Sie gehörten zusammen. Noch immer war es etwas was nicht zu beschreiben war. Was nur die Zwei fühlten. Kaneda, ohne ein PsyKI zu sein, auch klar und sicher fühlte. Es war eine Verbindung. Man konnte es wie mit einem Gummiband vergleichen. Wenn der eine sich entfernte, und zu viel Spannung erzeugte, zog es den Anderen automatisch hinterher. Und wenn Tetsuo gehen musste…dann gab es nur eine, für Kaneda, richtige Lösung…

Er nahm die Hände des Kleinen. Sie…sie zitterten leicht. Nicht schwer zu erraten. Es fiel ihm anscheinend schwerer zu gehen, als es in seinen Worten zu hören war. Und bei der Aktion sah Tetsuo verwirrt zu seinen Händen runter. Spürte wie Kaneda sie feste umschlang mit seinen warmen und etwas größeren Händen. Und dann sah er wieder zu ihm rauf. Er…er lächelte. Sein Liebster warf ihm ein sanftes Lächeln zu. Aber es war auch ein entschlossenes Lächeln. Genauso wie die Worte die er dann sprach:

„Das weis ich doch alles Tetsuo. Es ist okay. Wenn du gehen willst dann werde ich dich nicht aufhalten. Du solltest deinem Gefühl folgen. Das war bisher immer der richtige Weg. Aber…du wirst das nicht alleine machen.“

Tetsuo runzelte die Stirn.

„Was? Wie meinst du das?“

„Ich gehe mit dir.“

Und als er das sagte sah ihn der PsyKI erschrocken an. Er will was?! Es kam reflexartig und er schüttelte schon gleich energisch den Kopf von links nach rechts, als er ihm antwortete:

„Nein! Das geht nicht Kaneda!“

Irgendwie kam das für den Älteren nicht unerwartet. Er dachte sich das Tetsuo damit Probleme haben könnte. Wusste auch vielleicht warum. Dennoch fragte er ihn:

„Ach und warum nicht?“

„Weil es dir genauso ergehen würde wie mir!“

Diesen Satz sagte er sehr laut, aber nicht so laut das ihn die anderen Zwei hören konnten. In der Stimme lag Sorge und Schrecken. Was auch immer in seinem Hinterkopf sich abspielte, es schien nichts Gutes zu sein. Und wie gesagt: Kaneda konnte sich auch einen Teil denken an dem es lag. Diesen hielt er aber noch zurück. Er ließ die Hände des Kleinen los und verschränkte locker die Arme vor seiner Brust, lächelte sogar etwas und sprach dann:

„Hast du angst dass mich deine Artgenossen mobben könnten?“

Wenn es nur das wäre…Mobben wäre ein Kinderspiel oder eine Lappalie. Unsicher griff Tetsuo mit der linken Hand an seinen rechten Oberarm und krallte sich dort in den Hoodie, der dabei Falten zog. Es war nicht dieser Grund. Nein. Es war ein viel schlimmerer. Etwas was er selber am eigenen Leib erfuhr. Jeden Tag seit er hier war. Er schluckte und sprach:

„Nein das ist es nicht. Sie…sie würden dich so behandeln wie man mich hier in Neo Tokyo behandelt. Sie würden dich nicht haben wollen.“

Das war noch „nett“ ausgedrückt. Aber Kaneda nahm da kein Blatt vor den Mund:

„Meinst du sie würden mich mit Fackeln und Mistgabeln jagen und erlegen wie ein Tier? Wer hätte das gedacht?“

Tetsuo sah ihn wieder an. Sein Gegenüber sagte das mit einer frechen und ruhigen Art. Bedrückte ihn das so gar nicht? Wie konnte er nur so locker bei der Tatsache bleiben? Und schon sprach der Ältere weiter:

„Ich dachte ihr seid ein friedliches Volk, bis auf einige spezielle Dinge. Ich hätte nicht gedacht das ihr so aggressiv gegen Ausländer vorgehen würdet, hehe.“

„Das ist es nicht! Es hat nichts damit zu tun das sie aus Wut töten würden, oder aus Hass! Sie sind einfach nur verängstigt und haben kein Vertrauen mehr in Menschen von deiner Sorte!“

„Du schützt sie? Warum?“

Kaneda hatte das nicht vorwurfsvoll gesagt, sondern ruhig. Er wollte es wissen. Denn nie schien der Kleine den Eindruck gemacht zu haben dass sie ihm viel bedeuteten. Die PsyKI aus seiner Heimat. Und Tetsuo blieben tatsächlich die Worte im Hals stecken. Stimmt…Warum machte er das? Er hatte vollkommen recht. Er hatte immer Probleme mit den Riten und Lebensgewohnheiten des Dorfes. Und dennoch…schien er daran festzuhalten. Warum hielt er sich so sehr daran fest? Das selbe hatte ihn Kaneda eben schon gefragt…Warum schützte er eben die Menschen, die doch Kaneda nicht akzeptieren würden? Ihn selbst auch nie wirklich akzeptiert hatten. Er sah wieder zum Boden vor sich und sprach leise:

„Ich…ich weis es nicht.“

Es wurde still zwischen ihnen. Aber ehrlich gesagt…konnte sich Kaneda denken warum. Es war ganz simpel in seinen Augen. Er lächelte sanft und antwortetet für ihn:

„Ich denke ich weis es: Weil dieser Ort dennoch deine Heimat ist. Egal wie weit weg du davon zu versuchen rennst, oder du dich davon distanzierst. Irgendwo in deinem Herzen ist es noch immer dein Zuhause.“

Etwas worum er ihn sogar beneidete. Wenn er selbst Neo Tokyo verlassen würde…ihm wäre alles egal. Er würde diesen Ort sogar am liebsten vergessen wollen. Und sicherlich nach einer Weile würde das auch passieren. Nur seine Freunde hielten ihn hier. Sonst nichts. Wenn sie nicht hier wären, dann würde er auf diesen Ort scheißen. Tetsuo hatte immerhin etwas was er mit etwas Gutem verband. Seine Freundin und seine Ziehmutter. Es waren für beide die Menschen die den Unterschied ausmachten. Nicht der Ort. Man war da zuhause…wo die Menschen waren die man liebte. Tetsuo hatte recht. Aber Kai und Yamagata waren hier...Hielt ihn hier also nicht auch etwas?

Der PsyKI sah ihn wieder an. War dem so? Sah ein Teil seines Herzens diesen Ort noch immer als Zuhause an? Das…hätte er nicht gedacht. War es wirklich so tief in ihm verwurzelt? Aber es änderte doch nicht wirklich was an der Situation:

„Ich kann dich nicht mitnehmen Kaneda. Ich möchte dich nicht dem aussetzten was ich hier bei dir erfahren habe. Ich möchte das nicht.“

„Weist du: Du möchtest viele Dinge nicht.“

„Hm?“

„Naja, seit ich dich kenne gibt es viele Dinge die du nicht möchtest oder gegen die du dich sträubst. Und dennoch hast du einigen eine Chance gegeben. Und das war auch gut so. Du hast mir eine Chance geben und bereust es nicht, oder? Vielleicht wäre dies wieder so ein Fall. Lass es uns einfach machen und sehen was passiert.“

Tetsuo schüttelte nun sanfter den Kopf verneinend.

„Ich denke es ist dennoch keine gute Idee. Ich will dich bei mir haben Kaneda. Wirklich. Aber ich möchte dich auch beschützen und…“

„Vor den Bewohnern deine Heimat? Oder vor Akira?“

Und als Kaneda das sagte war es als würde Tetsuo ein Geschwür im Hals entstehen, dass seine Luftzufuhr abschnürte. Versuchte dieses nun durch Schlucken wegzubekommen, aber natürlich brachte das nichts. Er hatte voll ins Schwarze getroffen. Es waren nicht nur die Bewohner vor denen er Sorge hatte. Das war nur leicht der Grund. Vielleicht ihr Oberhaupt könnte problematisch werden. Aber…es war ganz BESONDERS Akira vor dem er sich sorgte. Was wenn er da war? Wenn er genau in dem Moment im Dorf war? Normalerweise tendierte er dazu sich in der Außenwelt zu bewegen und kam nur gelegentlich wieder heim. Doch was wenn er, genau in dem Moment da war, wenn er mit Kaneda ankommen würde? Nicht vorstellbar was passieren könnte. Es würde in eine Situation ausarten in der zwei Männchen sich um ein Weibchen schlagen könnten. Und Akira ist im Vorteil. Klare Sache. Er würde Kaneda mit nur einem Wimpernschlag töten. Nein. Nein das konnte er nicht zulassen.

Da er einige Sekunden nichts gesagt hatte wusste auch Kaneda das er einen Volltreffer verbuchen durfte. Er legte die Hände an seine Hüfte und sprach:

„Ich wusste es…Du hast Angst das er mir was antun könnte, oder? Dachtest du echt ich hätte vergessen was du mir über ihn erzählt hast? Wie er dich damals bedrängen und vergewaltigen wollte? Was für ein Typ er anscheinend ist?“

„Nein! Das ist es nicht! Ich…“

„Doch genau so ist es. Ich kenne dich inzwischen sehr gut Tetsuo. Ich glaube ich weis langsam was in deinem Schädel abläuft wenn ich dir ins Gesicht sehe…Ich hatte dir damals gesagt dass deine Probleme nun auch meine Probleme sind. Und ich habe keine Angst vor diesem Akira. Egal wie stark er ist.“

Tetsuo sah ihn an. War er…wirklich so blöd in der Hinsicht? War das Mut? Oder einfach nur Größenwahn? Er hatte erzählt dass Akira der stärkste in seiner Heimat ist. Er würde Kaneda in Sekunden zerreißen. Und dennoch stand er hier und meinte: er hätte keine Angst vor ihm? Sogar Tetsuo hatte Angst, obwohl er sich wehren könnte. Aber Kaneda war komplett ausgeliefert! Was war der Grund für diese lockere Art? Sein Gegenüber lächelte ihn nun frech an.

„Und wenn er was Krummes versuchen sollte…tja dann beschützt du mich einfach im Notfall mit, hehe.“

Das war es also…Naivität.

„Du machst dir das echt einfach oder?!“

Fauchte Tetsuo etwas beschämt zu ihm und Kaneda lachte leicht. Er hatte mal wieder erfolgreich das Gespräch etwas gelockert. Typisch Kaneda eben. Und als ihm das dämmerte wurde Tetsuo wieder ruhig und sah ihn dann nur an. In seinem Blick lag…Unsicherheit. Was sein Gegenüber spürte.

„Wie…wie kannst du nur so locker damit umgehen? Hast du denn keine Angst das dir was passieren könnte? Hast du…keine Angst sterben zu können?“

Der Kleine sagte das mit einem traurigen Unterton. Er wollte ihn nicht verlieren. Er wollte ihn nie wieder verlieren. Doch Kaneda zuckte nur mit den Schultern locker und lächelte.

„Nein habe ich nicht. Komisch oder? Ich habe…ehrlich gesagt keine Angst mehr zu sterben. Mehr davor…jetzt allein und ohne dich leben zu müssen.“

Tetsuo sein Herz machte einen Hüpfer als er das hörte. Er war so glücklich. Jemand liebte ihn und wollte mit ihm leben. Er kam sich nicht mehr wertlos vor…Und dann schlurzte er doch leicht, wenn auch ohne Tränen:

„D-der Gedanke…das ich dich verlieren könnte…das…das ist für mich schlimmer als selber sterben zu müssen. Ich möchte dich nicht verlieren Kaneda. Ich habe solch eine Angst davor. Und ich bin nicht stark genug um dich vor ihm zu beschützen. Das bin ich nicht…“

Er klang aber als müsste er doch noch weinen. Aber dieses Mal schien er sich zusammen zu reißen. Was lieb war. Er wusste das Kaneda ihn nicht weinen sehen wollte. Deswegen hielt er sich zurück. Er musste das aber nicht tun…

Der Ältere machte einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn dann sanft. Umschlang ihn mit den Armen und schmuste sich mit dem Kopf an den seines PsyKI. Instinktiv wurde das erwidert und sie schmusten mit geschlossenen Augen miteinander. Ein wunderschönes Gefühl. Und Tetsuo hatte das Gefühl als würden ihre Herzen gleichzeitig schlagen. Bildete er sich aber sicherlich nur ein. Schließlich löste sich Kaneda etwas von ihm und sah zu ihm runter, noch immer die Arme um ihn geschlungen und sprach:

„Du bist viel stärker als du glaubst. Ich vertraue dir und ich weis das du alles tun wirst um uns zu beschützen. Du kannst das. Ich habe keine Angst weil du bei mir bist. Mit dir habe ich das Gefühl alles schaffen zu können. Wir schaffen alles gemeinsam.“

Witzig. Eigentlich ging es Tetsuo auch so. Nur war er selber nicht so von sich uns seinen Kräften überzeugt. Zumindest in der Hinsicht zu Akira. Er wusste was er konnte und wusste dass er stark war. Aber an Akira…kam er nicht dran. Da zweifelte er. Denn DAS hatte er damals an sich erlebt. Akira konnte mit ihm tun was er wollte, wenn er wollte. Der Zwang damals war eindeutig gewesen. Unsicher sah er Kaneda an.

„Du…du vertraust mir so sehr? Kaneda…bist du dir sicher das du das willst? Dich dieser Gefahr aussetzten willst? Ich weis nicht was passieren wird, wenn wir in meiner Heimat ankommen.“

Oh? Ein Wind der sich leicht drehte?

„Das ist egal. Ich gehe lieber das Risiko ein, mich in deiner Heimat Gefahren auszusetzten, als dich nicht mehr jeden Tag um mich haben zu können…Ich habe nichts starkes mehr was mich in Neo Tokyo hält. Kai und Yamagata können auf sich selbst aufpassen, im Notfall, bis wir wieder da sind. Die bekommen das hin. Ich denke jetzt ist ein guter Zeitpunkt deine Welt einmal zu sehen. Und damit ich dich noch besser verstehen lerne.“

Seine Welt. Tetsuo hatte sich schon immer mal gewünscht Kaneda seine Heimat zu zeigen. Er hielt es aber wegen der Umstände unmöglich. Doch…vielleicht war das wirklich eine Chance. Und dann lächelte der Ältere noch frecher und sprach:

„Wie gesagt: ich würde es vermissen wenn ich nicht jeden morgen mit deinem Dickschädel und deiner frechen Art um mich aufwachen würde!“

Tetsuo sah ihn muffig an und trat ihm leicht auf einen Fuß dabei, so das sein gegenüber etwas zuckte und dann kurz lachte. Der PsyKI aber schnaufte etwas genervt. Er musste sich eingestehen dass er den Älteren nicht mehr von seinem Kurs abbringen würde. Er hatte sich so entschieden. Sicher könnten sie noch Stunden lang sich darüber streiten, aber das wollte keiner der Beiden. Also gab Tetsuo schweren Herzens nach. Und innerlich trat er sich selber auch in den Arsch. Setzte sich selbst unter Druck damit. Er musste nun beweisen was er konnte. Er musste sich zusammenreißen. Und irgendwie…wollte er auch glauben dass alles gut wird. Wenn sie nur zusammen sind.

Er nahm wieder Kaneda seine Hände und sah auf diese vor sich. Sie waren so schön warm, dass sie auch automatisch anfingen ihn zu wärmen. Immer wieder wurde ihm bewusst wie sehr er diesen Mann liebte. Er würde ihn vor allem beschützen. Versuchen ihn vor allem zu beschützen…

„…Wie willst du es ihnen sagen? Kai und Yamagata.“

Erstaunt sah ihn Kaneda an und sprach sogar überrascht etwas lauter:

„Du stimmst mir zu!? Einfach so?!“

Nun sah ihn doch tatsächlich Tetsuo überrascht an und runzelte die Stirn. Offenbar hatte Kaneda nicht gehofft damit durchzukommen? Konnte das sein? Schon witzig.

„Warum bist du so überrascht? Ich könnte es dir eh nicht ausreden, egal was ich tun würde. Also warum weiter im Streit Energie verschwenden? Ich habe langsam begriffen das es nichts bringt lange mit dir zu diskutieren. Du machst eh was du willst, wenn du dir was in den Kopf gesetzt hast. Egal wie unvernünftig es auch sein könnte.“

Er sagte das mit einer leicht genervten Art, was ihn wieder so frech erscheinen ließ wie damals als sie sich kennen gelernt hatten. Ehrlich gesagt hatte sich der Ältere wirklich auf eine längere Diskussion eingestellt gehabt. Er war froh das Tetsuo so schnell nachgegeben hatte und atmete kurz aus vor Erleichterung. Den Dickschädel vor sich zu brechen war nie leicht. Daher kam ihm das gerade gelegen. Ulkig. Was Tetsuo sagte…hatte Kaneda auch schon mal zu ihm gesagt.

Er sah dann auch zu seinen Händen runter. Sah wie Tetsuo diese noch hielt und wie sie Wärme austauschten. Es ihnen sagen…wie sollte er das tun? Es würde ihm nicht leicht fallen. Die Jungs waren seine Familie und es fiel ihm dennoch nicht leicht sie zurück zu lassen. Er sah wieder zu Tetsuo.

„Ich weis nicht wie ich es ihnen sagen soll…Mitkommen können sie nicht, oder?“

Tetsuo schüttelte den Kopf.

„Du bist schon ein Risiko. Mit noch mehr Menschen würden wir nur noch mehr Probleme bekommen. Dich könnte ich vielleicht mit viel Überzeugung noch durchboxen. Also das dir keiner was tut. Aber drei Menschen deiner Art wären zu viel. Mein Volk ist deiner Art sehr verängstigt und unsicher gegenüber. Ich möchte das nicht ausreizen.“

Klang plausibel und war auch richtig so. Man sollte nicht sein Glück strapazieren. Was an sich aber komisch war, denn PsyKI waren normalen Menschen ja locker im Vorteil. Dennoch hatten sie Angst? Es tat derweil dem Kleinen schon leid. Er würde gerne alle mitnehmen, allein weil er wusste dass es Kaneda viel bedeuten würde. Er wollte nicht noch mehr seiner neuen Familie einer Gefahr aussetzten als es nötig war. Hier waren sie sicherer als in seiner Heimat.

„Tut mir leid Kaneda…“

Er sagte das aufrichtig und etwas traurig. Aber sein Gegenüber nickte nur bestimmt und löste seine Hände von ihm. War nichts zu machen. Er musste es mit ihnen besprechen.

„Dachte ich mir. Vielleicht ist es auch besser…Ich möchte sie keiner Gefahr aussetzten.“

Tetsuo nickte ihm zu. Es war wirklich besser so. Kaneda lehnte sich wieder vor auf das Geländer und sah nach unten in die Tiefe, als er fragte:

„Ich brauche noch eine Minute…Ist das okay?“

Er klang sehr traurig und schwer dabei. Es machte ihm zu schaffen und offenbar musste er noch die Worte finden. Die Worte an seine Jungs. Tetsuo sah ihn traurig an und kam dicht neben ihn. Er schmiegte sich an ihn und schmuste seinen Kopf an den des Älteren. Spendete ihm Trost. Es ertönte ein leichtes Schlurzen. Er hatte sich geirrt. Es war doch nicht leicht Neo Tokyo hinter sich zu lassen. Tetsuo küsste ihn dann kurz auf die linke Wange…Denn Kaneda weinte leicht.
 

Sie waren vielleicht schon gute 20 Minuten weg und Kai hatte in der Zwischenzeit einiges herausgefunden und gelesen. Es war nicht viel, aber schon mal ein Anfang.

Er stand an dem Pult vor der Tafel, die hinter ihm an der Wand hing und blätterte noch immer in einem alten Labordokument rum. Yamagata saß der weil wieder an dem Fenster und hielt nach draußen wache. Und immer mal wieder flüchtig schlich sich der Blick des Jüngsten zu ihm rüber. Er war sehr beeindruckt gewesen wie er vorhin reagiert hatte. Wie er allgemein mit der Situation mit Tetsuo umgegangen war. Er war so sichtig erwachsen gewesen. Das hatte Kai wirklich imponiert, da er ja eigentlich weniger diese Seite von sich zeigte. Yamagata zeichnete sich mehr durch seine Hitzköpfigkeit und Spontanität aus. Er war ein guter Mann. Nur manchmal etwas zu unüberlegt. Aber ehrlich gesagt war nun etwas das Verlangen mit ihm Sex zu haben in Kai entflammt. Er mochte es wenn sein Partner so stark und erwachsen war. Das ließ ihn hochfahren.

Aber das war momentan ein sehr ungünstiger Moment für solche Gedanken oder den Akt an sich. Denn das was er in den 20 Minuten, in der Akte gelesen hatte, war einfach unglaublich gewesen. Und erschreckend. Es bestätigte einen finsteren Verdacht den er schon lange hatte. Und ein Gerücht das es gab. So klappte er schließlich das Dokument wieder vor sich zu und das Umschlagen der Seiten an sich riss Yama aus seinen Gedanken und er sah zu ihm rüber. Kai sah etwas schockiert aus. Er konnte es nicht wirklich verstecken, so dass er ihn besorgt fragte:

„Alles okay Kaisuke? Du bist etwas blass um den Zinken.“

Kai sah darauf erschrocken zu ihm rüber. War das wirklich so offensichtlich gewesen? Naja bei der Bombe die er entdeckt hatte war das auch kein Wunder. Etwas musste nach außen gelangen. Er seufzte und sah wieder auf das Pult vor sich. Wie sollte er Anfangen? Und besonders…wie sollte er das Tetsuo sagen? Das schien der schwierigere Part zu werden. Er wollte ihn nicht verstören.

„Wirklich? Ich dachte eigentlich ich könnte das besser verstecken.“

„Nein kannst du nicht. Was ist denn los?“

Yamagata kam langsam zu ihm und schnallte sich die Waffe über die rechte Schulter dabei. Natürlich war er besorgt wenn er den Kleinen so sah. Kai neigte zu „Überfröhlichkeit“ oder zum ZU positiv sein. Wenn er nicht so war, dann stimmte etwas gewaltig nicht. Dann gingen jedem Mitglied er Gang die Alarmglocken an. Er war sowas wie der emotionale Kompass von allen. Wenn der aus dem Gleichgewicht geriet, dann war die Kacke am dampfen. So kam er vor ihn und auf der anderen Seite des Pults an. Fragte dann:

„Sagst du es mir, oder muss ich dir alles aus der Nase ziehen?“

Kai sah zu ihm auf.

„Ich weis nicht wie ich es sagen soll…Ich denke es wäre besser zu warten bis Tetsuo und Kaneda wieder da sind…Es betrifft sie au…“

Schritte klangen genau in dem Moment rechts von ihm in den Raum, was Kai in seinen Worten abschnitt und beide sahen hin. Nach der lange Zeit kamen Kaneda und Tetsuo auch langsam in den Raum und man sah ihnen an das etwas schwer auf ihren Schultern lastete. Wirklich? Inzwischen kam sich Yamagata wie der Einzige vor der keine fucking Probleme hatte. Er sah wieder zu Kai und sprach:

„Perfektes Timing.“

Als er das gesagt hatte sah ihn Tetsuo etwas verwirrt an.

„Was? Wofür?“

Sie stellten sie zu den Beiden und sahen ebenfalls zu Kai, der wieder seinen Blick gesenkt hatte. Oh je…den Ausdruck kannte Kaneda. Auch er hatte inzwischen geschnallt das etwas nicht stimmte wenn Kai so war. Dann sah er die Akte und das darin verstaute Dokument vor ihm liegen und zählte einfach zwei und zwei zusammen. Er schnaufte leicht. Anscheinend musste er mit seiner Sache noch warten. Augenblicklich wurde ihm klar: das es noch schwerer wurde als es schon war. Er fragte sanft:

„…Was hast du gefunden Kai?“

Und inzwischen wusste auch Tetsuo dass etwas nicht stimmte. Er konnte es von jedem hier spüren. Musste er noch nicht mal, wenn er in die Gesichter um sich sah. Aber was konnte es nur sein was so schlimm war? Er sah nachdenklich zu Kai und verschränkte die Arme vor sich. Auch ihm war nicht die Akte vor der Nase des Jüngsten entgangen und er wusste ebenfalls dass es damit zu tun haben musste. Es war hier aus dem Labor…also hatte es etwas mit seiner Art zu tun…Oder mit ihm.

Er kam zwischen Kaneda und Yamagata wartete dort und dann sah ihn Kai an. Tetsuo lächelte tatsächlich kurz und sprach dann:

„Du musst auf mich keine Rücksicht nehmen. Sag einfach was du herausgefunden hast.“

Irgendwie fühlte er sich in der Lage alles zu verarbeiten. Was auch immer man ihm entgegen warf. Und das gab Kai doch tatsächlich Mut. Er seufzte aus und nahm sich dann das Dokument vor sich, das in der Akte untergebracht war. Er zeigte es, indem er es kurz anhob und senkte es dann wieder auf das Pult unter ihnen.

„Es geht um das Ding hier…Es ist nicht viel, aber ich habe etwas erfahren was hier im Labor gemacht wurde. Viele der Akten waren stark verdreckt oder unleserlich geworden. Also die die ich mir ansehen konnte zumindest. Aber die hier war noch einigermaßen okay zu lesen. Es ist nicht besonders viel, aber das was drin steht ist eine Bombe…Leute…ich glaube hier in diesem Labor wurden PsyKI künstlich erschaffen.“

Kaneda sah ihn erschrocken an. Das war etwas was er nicht hören wollte. Überraschenderweise waren die anderen Beiden aber sehr ruhig und gefasst. Bei Yama ergab das Sinn, aber bei Tetsuo wirkte es schon auf eine Art beunruhigend das es nicht auszusprechen war. Er stand nur da und sah die Akte vor ihnen an. Nicht auszudenken was in seinem Kopf gerade vorgehen musste. Doch der Jenige der etwas sagte war Kaneda. Und das nicht gerade ruhig, sondern besorgt:

„Wie meinst du das? Willst du mir etwa sagen dass all die Gerüchte, die wir unser Leben lang gehört haben, etwa wahr sind?! Das WIR Menschen schuld an dem Schlamassel mit den PsyKI haben?! Das WIR sie erschaffen haben und uns dennoch anmaßen sie wie Abschaum zu behandeln?! Das…das glaub ich nicht!“

„Ich wollte es auch nicht glauben Kaneda. Es steht hier nicht explizit drin das ALLE PsyKI von Menschen erschaffen wurden. Aber die hier im Labor schon! Was bedeutet…“

Er sah unsicher zu Tetsuo rüber, der den Satz sehr kühl beendete:

„…das ich künstlich erschaffen wurde?“

Kaneda sah zu ihm und fasste ihn besorgt an der rechten Schulter.

„Nein! Red dir das bloß nicht ein! Das wissen wir nicht Tetsuo!“

Kai warf sich auch gleich wieder dazwischen. Er wollte den Schlamassel gleich etwas entschärfen den er losgetreten hatte:

„Kaneda hat recht! Du darfst nicht denken dass hier Kinder künstlich erzeugt wurden! Das ist laut der Akte nicht der Fall! Die Kinder wurden während der Schwangerschaft mit bestimmten Proben behandelt. Ich weis nicht genau was es ist, da ich die Bezeichnungen nicht kenne. Aber du bist kein künstlicher Mensch! Du bist ein normaler Fötus gewesen der im Mutterleib eine neuartige Behandlung bekommen hat. Und offenbar hast du dadurch deine Kräfte erlangt!“

„Aber auch das wissen wir nicht!“

Protestierte Kaneda auch schon gleich lauthals dazwischen, so das Tetsuo zu ihm sah. Warum versuchte er diese Möglichkeit so vom Tisch zu fegen? Sicherlich tat er das nur ihm zur liebe. Um ihm Schmerz zu ersparen. Aber das musste er nicht tun. Zugegeben es klang schrecklich und machte ihm Angst. Aber…wenn es so war…ergab vieles einen Sinn. Auch seine Visionen von damals, als er seine Mutter sah, würden so Sinn ergeben. Er wusste nur noch nicht was er davon persönlich halten sollte. Ob es stimmt oder nicht. Bisher waren alles nur Vermutungen. Welche die er auch nicht mehr vom Tisch schob. Das Beste war es erst mal diese Sache beiseite zu schieben. Er brauchte mehr als nur eine Akte aus diesem Labor. Vor allem etwas wo auch sein Name drauf stand und nicht etwas was die Situation im Labor allgemein zeigte. Er könnte wirklich schon immer so gewesen sein und andere wurden mit den Kräften künstlich erschaffen. Das wusste er nicht. Und momentan hatte er auch keinen Kopf sich darüber Gedanken zu machen. Es gab momentan etwas Wichtigeres.

Er schubste Kaneda leicht mit seinem Körper an. Locker und frech so das dieser zu ihm sah. Überrascht wenn er ehrlich sein sollte. Tetsuo…lächelte leicht.

„Du hast recht. Ich denke wir machen uns später darüber Gedanken. Es stimmt das es wirklich beunruhigend ist was du in dieser Akte gefunden hast. Sogar sehr erschreckend wenn wir von euch normalen Menschen künstlich geschaffen wurden. Dahinter müsste auch ein Plan gelegen haben…Aber momentan kann ich mir nicht auch noch Gedanken darüber machen. Vor allem brauchen wir mehr Hinweise und Fakten als nur diese eine Akte. Ich denke das Beste ist es jetzt erst mal wenn ich meine Gedanken auf MEIN Ziel richte. Ich überlasse dir und Yamagata das mit dem Labor hier. Wenn wir wiederkommen habt ihr vielleicht schon mehr rausgefunden.“

Yamagata sah ihn erstaunt an.

„Wir?“

Der Zeitpunkt war gekommen. Und da schaltete sich Kaneda schwer aber sicher ein:

„Ja WIR. Ich gehe mit ihm.“

Er nutzte diese Vorlage von Tetsuo und kam direkt zum Punkt. Aber man musste erstaunt sein wie locker Tetsuo doch die Tatsache von eben annahm. Eigentlich hatte er gedacht dass er viel emotionaler und niedergeschlagener reagieren würde. Ihn so zu sehen ließ Kaneda stolz werden. Er war stark geworden. Er sah Dinge rationaler und lernte sich und seine Gefühle kontrolliert zu beherrschen. Ist es das was Erwachsensein bedeutete? Da schien er Kaneda wieder einen Schritt voraus zu sein. Wenn vielleicht auch nur einen kleinen. Aber nun musste der Löwe am Schwanz gepackt werden…Das wurde Scheiße. Er sah zu Yamagata und sprach:

„Wir haben darüber nachgedacht und ich halte es für das Beste…Ich weis ich überrenne euch jetzt gerade und verlange eine Menge von euch beiden damit ab. Aber das ist etwas was ich tun muss. Er sollte das nicht alleine machen und wir können nur gemeinsam eine Lösung für uns alle finden.“

Kai kam um das Pult herum und stellte sich links neben Yamagata. Sah etwas traurig und überrascht zu ihm. Anders als der Größte im Raum, der grimmig drein sah. Yama verschränkte die Arme vor sich und sprach etwas was noch härter einschlug als die Sachen die Kai herausgefunden hatte:

„Du lässt uns also im Stich?“

Erschrocken sah Kaneda ihn an.

„Was?! Nein! Ich würde euch nie im Stich lassen!“

„Aber genau das tust du damit. Du verlässt Neo Tokyo und lässt so gesehen alles hinter dir, was damit zusammenhängt. Was aus uns hier wird ist dir also anscheinend egal. Ich habe vieles von dir erwartet Kaneda, aber nicht das du deine Brüder fallen lässt wie heiße Kartoffeln und das ohne mit der Wimper zu zucken.“

„Du weist das es nicht so ist!“

„Ach und wie ist es dann?!“

Yamagata brüllte das nun laut zu ihm rüber und Kai zuckte neben ihm erschrocken zusammen. Sah ihn an. Er…er bekam das in den falschen Hals. Und sogar Kaneda war erstaunt das sein Bruder so die Stimme gegen ihn erhob. Das hatte er noch nie gemacht. Nicht mit diesem ernsten Blick und dem Vorwurf darin. Er schien wirklich sauer zu sein. Genau das was Kaneda nicht wollte. Es sollte nicht so eskalieren. Er wollte nicht im Streit auseinander gehen. Doch wie es schien fuhr der Größte gerade erst auf:

„Du wendest dich von uns ab! Egal was SEINE Entscheidung auch ist, dass hat nichts mit deiner zu tun! Du bist unser Anführer verdammt! Wenn du jetzt gehst, ist es als würdest du uns verraten! Du überlässt uns hier der Unsicherheit und den Gefahren auf der Straße allein! Gerade jetzt wo hier Krieg herrscht lässt du uns im Stich?! Ist das dein Ernst Kaneda?!“

Aber der ließ das nicht auf sich sitzen. Das stimmte alles gar nicht! So machte er einen Schritt auf den Größten im Raum zu und zeigte auf ihn, sprach sauer zurück:

„Das stimmt nicht! Gerade weil ich euch so vertraue mache ich das! Ich weis das es scheiße von mir ist! Und ich weis dass ihr mich lieber bei euch haben wollt! Aber ich kann Tetsuo nicht alleine gehen lassen! Er braucht Unterstützung! Er würde bei sich in der Heimat ganz allein sein!“

„Also ist er wichtiger als wir!“

„Ihr seid mir alle wichtig! Ich kann mich nicht zerreißen verdammt!!“

Er brüllte das nun sehr laut und alle sahen ihn erschrocken an. Sogar Yamagata. Denn in diesem Schrei kam der Unterton von Trauer raus. Er wollte nicht. Er war so hin und her gerissen. Er wollte dass sie alle zusammen bleiben. Für immer. Aber dieses Mal mussten sie sich trennen. Es gab keinen anderen Weg. Und genau das schmerzte Kaneda sehr. Es zerriss sein Herz innerlich. Nie würde es ihm egal sein.

„…Ich wünschte es müsste nicht sein. Ich wünschte ich könnte einfach weiter mit euch dreien leben. Frei auf den Straßen nach unseren Regeln. Ich wünschte mir das Tetsuo keine Angst mehr haben muss auf unseren Straßen. Oder das ihr zwei mehr bekommt als ihr jetzt habt. Ich wollte euch immer mehr geben als ihr bekommen habt. Ihr hattet so viel mehr verdient! Aber nie konnte ich euch das geben. Ich habe versagt Yamagata…Ich habe bei meiner Gang versagt. Und ganz besonders habe ich bei euch beiden versagt. Immer und immer wieder. Es…es tut mir leid.“

Er klang so verletzt…Tetsuo fühlte den Schmerz und ihm tat plötzlich ebenfalls sein Herz weh. Aufhören…er sollte aufhören damit…Kai lief eine Träne aus dem rechten Augenwinkel bei der Ansage. Es tat ihm ebenfalls weh, zu wissen das Kaneda gehen würde, aber er wusste auch dass es seine Entscheidung war. Sie war richtig. Tetsuo brauchte Unterstützung, dass stand außer Frage. Sie waren noch immer zu zweit. Aber wenn Kaneda blieb würde Tetsuo allein sein. Das war nicht richtig. Und daran konnte er nichts ändern. Aber noch mehr tat es ihm weh seinen Anführer so zu sehen. Nur Yamagata schien nicht locker zu lassen, oder den Schuss gehört zu haben und sprach noch immer laut zurück:

„Und das macht es jetzt besser oder was?! Denkst du wirklich dass es so einfach ist Kane…?!“

Aber weiter kam er nicht denn etwas traf ihn scharf. Wenige Sekunden danach zischte es über seine rechte Wange und hinterließ eine rote Stelle auf dieser. Er zog dadurch den Kopf zur Seite und sah aber dann wieder vor sich. Sah zu Tetsuo der vor ihm stand und ihm sauber mit der einen Hand eine Schelle erteilte hatte die sich gewaschen hatte. In Tetsuo seinem Gesicht lag Wut und Trauer zugleich. Er verzog den Mund zu einem Knurren und fauchte ihn dann an:

„Es reicht!! Bist du wirklich so bescheuert oder einfach nur verzogen und dickköpfig das du es nicht sehen willst?! Es kann nicht alles immer nach deiner Nase gehen! Denkst du ihm fiel das leicht?! Denkst du das?! Er ist dein Freund verdammt noch mal!! Ihr seid eine Familie!! Er würde nie etwas tun was euch schaden würde!! Ich wollte nicht dass er für mich mitgeht! Er sollte bei euch bleiben! Aber es ist seine Entscheidung was er macht! Nicht unsere! Er leidet mehr als du es dir vorstellen kannst!! Und du stellst dich hier hin und machst es ihm noch schwerer mit deinen Worten!! Als hätte ich ihn manipuliert! Fick dich Yamagata! Ich lasse nicht zu das du ihm noch weiter mit deinen unbedachten Worten verletzt!!“

Noch nie war Tetsuo so laut geworden. Er krisch ihn förmlich zusammen und der Größte machte sogar einen Schritt zurück. Er hatte keine Angst vor ihm…sondern Respekt. Und es beeindruckte ihn. Er setzte sich so sehr für seinen Boss ein…das war beeindruckend. So sehr das er auf den Boden sah und schwieg.

Kai selber konnte in der Situation nichts tun. Er konnte keine Seite ergreifen. Wollte er auch nicht. Denn er verstand beide Seiten und das machte es nicht gerade einfacher. Und als er zu Tetsuo sah, der schnell und wütend atmete und dann wieder zu Yama, der weiter auf den Boden sah…und dann zu Kaneda der selber überrascht von der Aktion des PsyKI war…da reichte es auch dem Jüngsten. Er kam zwischen Tetsuo und Yamagata, sprach dann zu allen:

„Bitte hört auf…Ich möchte nicht das wir im Streit auseinander gehen…Seht uns an. Wir streiten uns hier obwohl wir alles sind was uns noch am Leben hält. Nur weil wir zusammengehalten haben und uns vertrauen sind wir noch hier…Ich kann jeden von euch verstehen. Tetsuo…du musst deine Antworten finden und ich kann verstehen das Kaneda dir dabei helfen will. Er liebt dich und ihr gehört zusammen. Das zwischen euch beiden ist etwas was Yamagata und ich nicht verstehen. Es ist anders als unsere Beziehung. Und genau deswegen müsst ihr gehen. Das ist sehr wichtig, ich weis das. Aber…aber ihr müsst auch Yamagata verstehen. Er meint das nicht böse. Er…er macht das nur weil er euch genauso liebt wie ich auch. Und weil er Angst um euch hat.“

Yama sah erstaunt zu ihm. Kai weinte, das war nicht zu überhören, auch wenn er es nicht sehen konnte, sondern nur seinen Rücken. Dafür konnten das aber die anderen Beiden. Denen der Anblick nicht gefiel und leid tat. Er hatte recht…sie duften nicht mehr streiten. Und Tetsuo machte einen Schritt näher zu ihm und schlang seine Arme um den Nacken des Jüngsten. Drückte ihn fest an sich und strich ihm mit einer Hand dabei über den Rücken, der leicht bebte durch das bitterliche Weinen. Kai schlurzte und umarmte ihn zurück. Ließ sich von ihm drücken und weinte nur weiter still. Somit war auch klar das er nicht wollte das Kaneda und Tetsuo gingen. Aber manchmal…muss man Menschen gehen lassen wenn man sich um sie sorgte oder liebte. So funktionierte das. Und noch nie zuvor war ihm Tetsuo so offen und nahe gewesen. Und in der Situation verstand es Kaisuke: Es fühlte sich nicht anders an…Einen PsyKI zu umarmen fühlte sich nicht anders an als bei einem Menschen. Und ihm wurde noch klarer…das einen Menschen zu töten sich genauso einfühlte wie einen PsyKI. Es machte keinen Unterschied. Sie waren alle Menschen. Mit nur leichten Unterschieden. Es tat gut so von Tetsuo umarmt zu werden. Sie waren sich näher als je zuvor. Und nach einigen Sekunden hatte er sich auch wieder gefangen und löste sich sanft von dem PsyKI. Rieb sich die Tränen schnell mit dem rechten Arm weg und sah ihn an. Tetsuo lächelte traurig aber auch aufmunternd. Das hier…das war kein Abschied für immer. Nur für eine Weile. Und er wollte sein Bestes tun um sie zu unterstützen und herauszufinden was er konnte. So tat er etwas Ungewöhnliches…Er gab den Jüngsten einen Kuss auf die rechte Wange. Und als er sich löste lächelte er ihn lieb an. Kai war erst erschrocken…aber dann lächelte auch er lieb wenn auch traurig. Sie waren Brüder geworden.

Kaneda kam nun auch dazu und fasste Kai auf die rechte Schulter. Es war seiner Meinung nach genug von Tetsuo gesagt und getan und er lächelte ihn lieb an. Der Jüngste nur zurück. Und dann sprach Kaneda:

„Ihr zwei haltet hier die Stellung. Ich weis dass ihr gut auf euch aufpassen werdet so lange ihr zusammen seid. Ich vertraue euch. Das habe ich schon immer. Und wenn wir wieder da sind, bin ich mal gespannt was ihr herausgefunden habt und wie es gelaufen ist.“

Er sah dann zu Yamagata rüber, der seinen Blick und sich komplett abgewendet hatte und zum Fenster starrte. Er sagte kein Wort. Was wohl wirklich in ihm vor ging?

Kai griff plötzlich hinten an seinen Hosenbund und zog dann etwas hervor. Es war ein Walkie und er reichte es Kaneda, der es etwas verdutzt ansah im Moment. Mit den Dingern hatten sie die letzten Wochen und auch schon davor viel kommuniziert. Aber warum reichte er ihm jetzt gerade eins? Der Jüngste lächelte.

„Nimm es. Ihr wusstet es nicht, aber ich habe in den letzten Wochen auch mal in meiner Ruhezeit durchgearbeitet und an denen hier rumgebastelt. Dieses und das was ich hier noch bei mir habe, sind spezielle Anfertigungen von mir. Die Batterien halten viel länger und wir können in Kontakt treten wo auch immer wir uns aufhalten. Sie haben eine sehr gute Verbindung. Hat etwas gedauert bis ich die zusammengebastelt hatte, aber ich denke jetzt ist es das alle mal wert. Ich dachte wenn wir mal in Schwierigkeiten sein sollten, können wir uns überall erreichen. Trifft sich gut oder? So können wir jetzt noch im Kontakt bleiben, wenn was sein sollte. Wir sollten nur nicht so viel darüber sprechen. Ich konnte keinen Störfaktor einbauen um zu verhindern dass wir abgehört werden. Leider kann man die Verbindung leicht hacken und nachverfolgen, wenn man etwas Talent und die Technik dazu hat. Jetzt sollte nur das Militär dazu in der Lage sein, aber ich denke die haben momentan genug zu tun, als das sie einfach mal willkürlich fremde Verbindungen hacken würden.“

Er war einfach klasse. Kaneda hatte nichts davon gewusst. Geschweige denn bemerkt dass er heimlich an einem speziellen Walkie tinkerte. Er nahm es aus der Hand des Jüngsten und sah es an. War sogar kleiner als ein normales Walkie. Deswegen also…Weniger Platz deswegen auch eine Funktion weniger. Das ergab Sinn. Aber so konnte es gut verfrachtet und überall mit hingenommen werden. Das würde ihnen noch nützlich sein. Und so blieben sie immer im Kontakt. Er sah wieder zu Kai. Dankbar.

„Ich…weis gar nicht was ich dazu sagen soll Bruder. Du bist einfach der Wahnsinn. Immer einen Schritt bedachter und weiter als wir.“

„Ein einfaches „Danke“ reicht völlig Kaneda.“

Sagte er lieb zurück und sein Blick fuhr dann zu Tetsuo. Der diesen erwiderte. Ohne lange zu überlegen nahm Kai eine der Hände des PsyKI und hatte sie fest mit seinen Beiden gefasst. Drückte etwas zu und sprach dann etwas flehend und traurig zu ihm:

„Bitte. Bitte versprich das du gut auf ihn aufpasst…Bring ihn uns heil zurück. Ja Tetsuo?“

Der PsyKI sah ihm in die Augen. Was sollte er dazu noch sagen? Er lächelte und nickte entschlossen. Seine Unsicherheit von vorhin war schlagartig verflogen. Man verließ sich auf ihn. Und er würde nicht enttäuschen. Das waren nämlich schon zwei die auf ihn zählten. Mehr als je zuvor.

„Das mache ich. Keine Sorge. Ich passe schon auf das er nichts dummes anstellt.“

Er sagte das sehr frech und sah dann mal neben sich zu Kaneda, der sich am Hinterkopf kratzten musste deswegen. Das machte er immer wenn er etwas beschämt war.

„Kommt schon. Ich bin doch kein Kleinkind mehr auf das man aufpassen muss.“

Er lächelte auch etwas frech deswegen.

„Nein. Aber du bist quasi ein großes Kind auf das man aufpassen muss.“

Kam es schließlich von Tetsuo frech zurück. Passender hätte er es nicht sagen können. Darauf bekam er einen leichten Schubser seines Liebsten und lachte kurz. Es war nur Spaß. Dennoch neigte Kaneda öfter gerne mal zu unüberlegten kindlichen Aktionen. Das war ein Fakt. Und dennoch war er in mancher Hinsicht erwachsener als die Anderen.

Yamagata blieb noch immer merkwürdig still am Fenster stehen und sah nicht zu ihnen. Er brauchte offenbar noch etwas. Er schien noch nicht bereits zu sein sich zu verabschieden, wenn überhaupt. Aber das war auch okay, denn erst Mal mussten sie in das eingeweiht werden was sich Tetsuo gedacht hatte. Noch bevor ihn jemand fragen konnte: Wie das jetzt laufen würde, fing er schon an zu erzählen. Machte die Hände in die Hosentaschen dabei.

„Es wird nicht so leicht werden.“

Kaneda sah zu ihm.

„Wie hast du dir denn gedacht wie es ablaufen wird?“

„Naja wenn ich alleine gegangen wäre, dann wäre der Schritt in meine Heimat zu kommen wesentlich leichter gewesen. Ich wäre hingekommen wie ich hier her kam. Einfach in der Nacht durchgeflogen. Aber mir dir kann ich diesen Plan nun über Bord werfen. Und ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung wie ich dich da hinschiffen soll. Tragen kann ich dich ja schlecht.“

Kai ließ seine Hand los und fragte:

„Ist deine Heimat denn weit weg von Neo Tokyo?“

Tetsuo schüttelte den Kopf.

„Eigentlich nicht. Ich brauche nur eine halbe Stunde in meinem vollem Flugtempo. Meine Heimat ist am Fuji in der Sperrzone.“

„Du meinst das Gebiet das radioaktiv verseucht ist?! Da lebt ihr?!“

Er bekam ein Nicken.

„Es ist gut dass die Menschen weiterhin so denken und diesen Ort meiden. Sonst hätten wir nur Probleme.“

Kai erinnerte sich das dieses Gebiet vor sehr langer Zeit als für immer unbewohnbar abgestempelt wurde. Sogar noch vor seiner Geburt. Es war ungefähr so wie damals in Fukushima. Das inzwischen auch nicht mehr bewohnt wurde und dessen radioaktiver Einfluss sich inzwischen sich noch weiter im Land verbreitete als nur an dem Unfallort und darum. Verseuchtes Wasser drang aus dem Gebiet raus und verseuchte weitere Landmassen weiter weg. Es wurde sehr spät entdeckt und so konnte man nur Teils alles aufhalten. Der originale Ausbruch war im März 2011 passiert. Aber reichte noch bis heute. Und wer weis wie lange es noch unbewohnbar blieb. Aber die Katastrophe die sich um den Fuji befand war schlimmer und gefährlicher gewesen als das in Fukushima. Dieses Gebiet war absolut verboten für Menschen. Bereits Kilometer vor dem Berg waren die Landschaften schon abgesperrt mit Zäunen. Schildern die auf Verseuchung hinwiesen. Er zeugte davon wie sehr die Menschen doch daran arbeiteten den Planeten zu zerstören. Bewusst oder unbewusst dass bleibt mal hingestellt. Aber was Tetsuo da sagte…Wie konnten PsyKI dort leben? Sie waren doch wie Menschen. Machte ihnen Strahlung nichts mehr aus? Das besorgte ihn so schaltete er sich ein:

„Moment mal! Wenn euch die Strahlung nichts aus macht, was ist mit Kaneda?! Er ist nicht wie du und die anderen PsyKI!“

Tetsuo und Kaneda sahen sich an. Stimmt. Er wusste davon ja nichts. Also erlöste ihn Tetsuo auch gleich und brachte damit auch Beruhigung:

„Das Gebiet ist nicht mehr verseucht. Mach dir darüber keine Gedanken. Unser Oberhaupt hat vor langer Zeit, mit seinen Kräften, den Boden und das Wasser dort gereinigt. Frag nicht wie, denn ich habe keine Ahnung. Aber es besteht kein Grund zur Sorge. Kaneda wird nichts passieren.“

Das erleichterte Kai zu hören. Aber erstaunte ihn auch gleich dass es einen so starken PsyKI da draußen gab.

„Wirklich? Da bin ich aber erleichtert…Aber…sobald ihr dort ankommt, wie geht es dann weiter? Hast du dir schon was zu Recht gelegt? Also was ist genau dein Plan?“

Sein Plan…Was war sein Plan? Er hatte nur ein Ziel, aber sich nicht einen genauen Plan ausgedacht.

„Ich weis es noch nicht genau. Das überlege ich mir wenn ich da bin. Fakt ist: das wir nicht ungesehen dort ankommen werden. Unser Oberhaupt hat in einem großen Umkreis um unsere Heimat einen Schutzwall gelegt. Hauchdünn und nicht sichtbar für das bloße Auge. Sobald ein Mensch durch diesen schreitet ist das als würden unserem Oberhaupt die Ohren klingeln. Er wird sofort alarmiert und dann schickt er einige von uns los um das zu regeln, oder zu überprüfen. Mit Kaneda wird das definitiv passieren. Ich werde mich also darauf gefasst machen müssen zu kämpfen, wenn man mit ihnen nicht reden kann. Ich weis nicht wie sie reagieren werden. Auf mich oder auf Kaneda.“

Es klang also sehr riskant. Er riskierte viel mit ihm da hin zu gehen. Das wurde Kaneda in dem Moment bewusst.

„Vielleicht sollte Kaneda sich besser bewaffnen zum Schutz?“

Fragte Kai. Er musste die Waffe ja nicht einsetzten aber dennoch…Aber gleich schüttelte Tetsuo den Kopf.

„Nein. Auf keinen Fall. Sie sind auch so schon nervös genug wenn ein Mensch ohne Kräfte in ihre Heimat eindringt. Mit Waffen bekommen sie nur noch mehr Angst und werden unberechenbarer. Sie könnten angreifen ohne zu überlegen. Eher legen sie ihn um, als das sie das Risiko einzugehen das er zuerst angreifen könnte. Nein das dürfen wir nicht riskieren.“

Das kam überhaupt nicht in Frage. Einen normalen Menschen mitbringen war ein Ding. Aber dann auch noch bewaffnet ein Anderes! Nein. Kaneda musste wenn dann unbewaffnet auftauchen. Er musste zeigen dass er keinem was tun wollte und friedlich gesinnt war. Tetsuo allein musste ihn im Notfall beschützen. Einen Notfall von dem er hoffte dass er nicht eintreffen würde. Doch besser war es vorbereitet zu sein. Also stellte er sich schon mal darauf ein. Es stand außer Frage das Kaneda keine Gefahr war. Darüber sorgte er sich nicht. Tetsuo seine Unsicherheit kam mehr von seinem Volk her. Sie waren noch nie einem normalen Menschen begegnet. Hörten nur von ihnen und mehr nicht. Keine Ahnung wie sie reagieren würden. Die Einzigen die jemals Kontakt mit Menschen, ohne Kräfte, von Außerhalb hatten im Dorf, waren Ryu ihr Oberhaupt und Miyako. Den Kontakt zu Kaori zählte er nicht. Sicher war sie ein normaler Mensch, aber sie lebte schon immer im Dorf und war kein Außenseiter mehr. Kein Mensch von Außerhalb. Keine Gefahr also und irgendwie war sie auch ein Teil des Stammes geworden.

Er sah zu Kaneda.

„Du wirst mir vertrauen müssen.“

Aber das stand für Kaneda auch völlig fest. Warum sollte er ihm nicht vertrauen? Keiner konnte die PsyKI in seinem Dorf besser einschätzen als er. So das er zurück lächelte und sprach:

„Es ist okay Tetsuo. Natürlich vertraue ich dir. Ich habe keine Angst vor deiner Heimat. Alles okay.“

Er bekam ein Lächeln des PsyKI zurück. Das war gut zu hören. Dann sah er wieder zu Kai.

„Ich werde dafür sorgen dass alles gut läuft. Und ich verlasse mich auf euch dass ihr etwas mehr herausfindet was hier passiert ist. Ich habe das Gefühl…dass das was hier passierte und das was ich vielleicht in meiner Heimat erfahren könnte, den Nebel lichten können der über uns liegt. Ich denke wir könnten so Antworten finden warum das alles so ist wie es momentan läuft. Warum unsere Arten so verfeindet sind.“

Und das aus seinem Mund zu hören, war erstaunlich. Als sie Tetsuo kennenlernten wirkte er als wären ihm Menschen egal. Nicht nur seine Rasse sondern auch normale Menschen. Aber nach und nach schien er sich immer mehr zu öffnen. Und er schien jeden mit seinen Fehlern akzeptieren zu lernen. Besonders normale Menschen. Vielleicht suchte er unbewusst, genau wie Kai, inzwischen einen Grund warum die zwei Arten so verfeindet waren. Würden sie vielleicht den Grund finden? Aber die entscheidende Frage wäre doch: würde sich was ändern wenn sie wissen warum? Können so die zwei Arten zueinander finden? Weil es ist möglich. Tetsuo und Kaneda waren das perfekte Beispiel das es möglich war. Das die zwei Arten zusammen leben können und sich auch lieben lernen dadurch. Kaneda war ein Mensch und Tetsuo ein PsyKI. Es funktionierte doch.

Kaneda sah hinter zu Yamagata, der sich immer noch nicht gerührt geschweige denn etwas gesagt hatte. Es tat ihm leid seinen Bruder so sehen zu müssen. Aber das war etwas was nicht Yama zu entscheiden hatte, oder an dessen Ausgang er was ändern konnte. Und während er zu ihm sah, sah er wie durch das Fenster vor Yamagata die Sonne langsam aufging. Die ersten Strahlen sich schon langsam über das Brachland der alten Stadt schlichen und Streifen über diese zogen. Als wollte die Sonne die kalte Welt erwärmen, aber die tote Erde und Gebäude antworteten nicht darauf. Und langsam wurde es dem Anführer der Capsules klar…dass es an der Zeit war. Er fasste sich ein letzte mal schweren Herzens und sprach zu seinem Bruder hinter:

„Die Sonne geht schon auf und ich möchte, bevor sie zu hoch am Himmel steht, aus diesem Stadtteil raus sein. Und am Besten schon so weit wie möglich aus dem Radius von Neo Tokyo raus…Yamagata…Ich weis du willst das nicht verstehen, aber ich will es tun. Und während ich weg bin möchte ich dir Kai anvertrauen. Nein…das ist nicht richtig. Ich möchte das ihr beide gut auf euch aufpasst und gesund bleibt, bis Tetsuo und ich wieder da sind…Das ist meine Bitte an dich Bruder.“

Letztendlich sahen alle zu dem Größten im Raum hinter, der sich noch immer nicht bewegt hatte. Was sehr besorgend war. Er war für seine Verhältnisse viel zu still. Und als weiterhin nichts kam sagte Kai leise zu sich selbst:

„Yamagata…“

Und wollte am liebsten zu ihm hin. Aber er riss sich zusammen. Yamagata war alt genug und brauchte keinen der ihm das Händchen hielt. Auch Kaneda sah darin keinen Sinn mehr, so sehr es ihm auch leid tat so auseinander zu gehen fürs Erste zumindest. Sie würden sich alle wiedersehen, nur wusste keiner wann genau. Er sah traurig zum Boden und nickte dann langsam.

„Wir müssen los…Ich verlasse mich auf euch. Bis dann…Yamagata.“

Und er drehte sich doch tatsächlich um und verließ den Raum. Im ersten Moment wirkte es eiskalt und als wäre es ihm egal. Vielleicht sogar überstürzt und plötzlich, aber es musste so sein. Nur so konnte er mit der Situation selbst umgehen. Ansonsten würde er nämlich mit sich kämpfen müssen zu gehen. Er würde sich innerlich zerreißen und zusammenbrechen daran.

Tetsuo und Kai sahen ihm nach. Der junge PsyKI mit schmerzhafter und trauriger Mine. Er fühlte genau was los war. Kai machte einen Schritt auf ihn zu und stand dann direkt neben ihm sagte, noch immer den Blick auf die Tür des Raumes gerichtet:

„Er ist sich sicher. Aber es fällt ihm dennoch nicht leicht.“

Er sah wieder zu Tetsuo und der zu ihm.

„Bitte pass auf ihn auf und kümmere dich um ihn. Ich weis ich habe das schon mal gesagt, aber bitte mach das für mich. Für uns beide.“

Er sah dann wieder hinter zu Yamagata, der sich inzwischen an das Fenster gestellt hatte und sich dagegen lehnte. Er schien verzweifelt zu sein. Keiner der Beiden wusste dass er in dem Moment tiefe Trauer in sich fühlte. Und selber Schuld. Dann ließ der Jüngste von dem PsyKI ab und lief aus dem Raum raus, Kaneda hinterher. Tetsuo dagegen blieb stehen und sah zu dem Größten hinter. Er wusste nicht was in seinem Kopf vor ging. Aber er konnte fühlen dass er sehr aufgebracht war. Dazu musste er nicht mal seine Kräfte benutzten, selbst wenn das so einfach ginge über die Entfernung. Und während er kurz zu seinen Füßen runter sah und dann wieder zu dem Menschen am Fenster…wusste er was noch zu tun war.

Also lief er langsam zu ihm hin und stellte sich rechts daneben ans Fenster. So das nun beide raus sahen. Das Sonnenlicht wurde stärker und die Wärme erreichte nun auch langsam ihr Gebäude, auch wenn es weniger lebendig dadurch wurde. Dazu war zu viel Tod an diesem Ort. Der Kleine sah zu Yamagata und erblickte die ernste aber auch traurige Mine, die der Große nach draußen in die Ferne warf. Er wusste was zu tun war.

„Du hasst mich dafür…oder?“

Keine Reaktion von Yama und Tetsuo sprach weiter:

„Weist du…Es tut mir leid das ich dich vorhin so angemacht habe. Es ist nur…Kaneda trägt ebenfalls eine so große Last auf seinen Schultern. Eine von der du nichts weist. Ich wollte nicht dass er noch mehr unter der Last zu gehen leiden muss. Es ist seine Entscheidung. Aber ich wollte sie ihm etwas leichter machen und davor schützen. Es…es war nicht richtig dir eine zu knallen. Tut mir leid. Ich…ich kann nicht mehr tun als dir zu versprechen das ich ihn euch so schnell wie Möglich wieder bringe. Ich hoffe du kannst damit umgehen Yamagata.“

Und da er weiter keine Reaktion bekam, wand er sich schließlich auch von dem Größten ab und lief zu der Tür des Raumes. Er hoffte dass er in seiner Heimat schnell alles regeln könnte. Wollte nicht noch länger die Freunde trennen. Was nun wegen ihm passiert war. Dessen war er sich bewusst. Als er an der Tür an kam blieb er noch mal kurz stehen, da eine Stimmte hinter ihm sprach:

„Ich hasse dich nicht dafür.“

Er sah über seine linke Schulter hinter zu Yamagata, der sich endlich bewegt hatte und sich zu ihm drehte. Den Blick auf den Boden gerichtet, aber endlich sprechend:

„Am Anfang konnte ich dich nicht leiden. Ich dachte du wärst ein Monster und würdest uns bei der ersten Gelegenheit alle töten. Ich habe dir Misstrauen und böse Absichten entgegengeworfen weil ich Angst vor dir und deinen Kräften hatte. Dessen bin ich mir nun endlich bewusst geworden… Aber nachdem du Kai gerettet hast konnte ich dich nicht mehr hassen. Nenn mich egoistisch, aber es ist so. Du hast das beschützt und gerettet was ich liebe. Und wer bin ich…das ich jemanden vorschreibe sich von dem zu trennen den man liebt? Es war von mir nicht richtig Kaneda solch eine Scheiße an den Kopf zu werfen. Besonders da ich weis dass er uns nie im Stich lassen würde. Es ist nur…er ist mein Bruder und mit Kai meine Familie. Ich möchte keinen aus meiner Familie verlieren. Und das hat mich vorhin den Kopf verlieren lassen. Und selbst jetzt…bin ich zu feige ihm das zu sagen. Was bin ich doch für ein Schlappschwanz, oder?“

Noch nie zuvor war er so gewesen. Er sprach aus seinem Herzen und offener würde er vielleicht auch nie wieder sein. Allein dem PsyKI gegenüber. So das Tetsuo leicht lächelte und sich zu ihm umdrehte, antwortete:

„Wir sind alle nicht perfekt. Deswegen sind wir Menschen. Und es ist okay, wenn du ihm das nicht sagen kannst. Denn ich denke er weis das schon längst. Weis dass du Angst hast ihn zu verlieren. Kaneda ist zwar immer mal etwas blöd und leicht unbedacht, aber er ist nicht unsensibel. Er weist das du es nicht so gemeint hast. Und er ist jetzt gegangen weil er sonst nicht mehr kann…Ich danke dir Yamagata. Und ich…ich bin sehr froh das du und ich uns inzwischen verstehen. Wir wollen beide das Gleiche. Nämlich Kaneda beschützen. Und vielleicht sind wir uns doch etwas ähnlicher als wir zugeben wollen, oder?“

Er lächelte dabei etwas frech, so dass der Große zu ihm sah und frech zurück lächelte. Gleich schüttelte er den Kopf und sprach arrogant, wie man ihn kannte:

„Vergleich mich nicht mit einem PsyKI und Spinner wie dir.“

Und alles war geklärt. Sie sahen sich nur an. Aber kurz bevor der junge PsyKI gehen wollte sagte Yamagata aufrichtig und aus seinem Herzen zu ihm:

„Tetsuo…Bitte pass auf ihn auf. Ja? Bring ihn uns heil wieder zurück, okay?“

Tetsuo nickte ihm zu. Glücklich.

„Das mache ich. Versprochen.“

Und dann verließ der junge PsyKI den Raum und ließ Yamagata zurück. Der auf den Boden vor sich sah und wusste dass er das Richtige getan hatte. Auch wenn es weh tat. Und dann tropfte eine heiße Träne auf den Boden vor ihm. Und er ließ seine Tränen einfach laufen. Er würde beide vermissen. Und genau wie Kai auf ihre Rückkehr warten. Menschen kamen zusammen. Wurden eine Familie und gehen dann getrennte Wege. Ohne einander zu vergessen. Das war es was man erwachsen nannte. Nämlich Menschen gehen zu lassen die man liebte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (12)
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Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-11-02T14:10:21+00:00 02.11.2020 15:10
Bei Yama denke ich manchmal nur "du Hohlbirne" xD
Ich versteh nicht, warum Tetsuo sich zwanghaft an die Rituale seine Heimat klammert >.<"
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-31T08:24:15+00:00 31.10.2020 09:24
Kai und Yama waren so süß zusammen <3 obwohl ich Yama nicht so mag, seine fürsorgliche Seite hat schon was. Schön, dass es bei Kaneda und Tetsuo auch langsam weitergeht.
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-30T23:36:38+00:00 31.10.2020 00:36
Schade, dass die beiden gestört worden sind u.u ich hoffe sie können bald mit dem schönen Teil weitermachen.
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-30T15:25:44+00:00 30.10.2020 16:25
Ein super Kapitel, da ist soviel passiert, bin begeistert wie dich die Geschichte und die Charas entwickeln :3
Antwort von:  Hera_Tenebrae89
30.10.2020 16:27
Danke. :3
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-30T14:32:37+00:00 30.10.2020 15:32
Ich denke ja Kai schwärmt heimlich für Yama. Dass er Kai küssen musste/durfte xD da hat er sich selbst ein Bein mit gestellt.
Der Tetsuo x Kaneda Kuss war heiß :'D bitte mehr, aber in entspannter Umgebung.
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-30T13:18:05+00:00 30.10.2020 14:18
Hach, ist das schön. Ich mag Saya, sie ist stark, selbstbewusst und weiß was sie will und tut alles um ihr Ziel zu erreichen. Klar, dass zwischen ihr und Tetsuo die Fetzten fliegen. Ich denke, dass ihm unterbewusst schon klar ist, dass da mit Kaneda mehr ist. Witzig ist auch, dass sie trotz allem noch zur Schule gehen, das ist eine tolle Abwechslung zum Gang setting.
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-30T09:17:53+00:00 30.10.2020 10:17
*_*# Kai ist ein toller Freund und es ist schön, dass er keine Vorurteile hat und Kaneda mit Tetsuo unterstützt. Ich freu mich schon darauf, dass die Beziehung endlich offiziell wird.
Antwort von:  Hera_Tenebrae89
30.10.2020 10:19
Wow danke. :)
Freut mich das du so schnell liest und daran Spaß hast. :D
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-30T08:24:20+00:00 30.10.2020 09:24
Awww *3* ein tolles Kapitel, der Kampf war hart und du hast die action super beschrieben. Romantisch wie die beiden sich für einander einsetzen <3
Und es ist sooo süß wie Kaneda sich nun um ihn kümmert, seine Fantasien sind durchaus nachvollziehbar, und er stellt sie sich ha sich mit einem gesunden Tetsuo vor xD von daher cute
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-29T22:11:39+00:00 29.10.2020 23:11
Schön wie du die Spannung in der Geschichte und zwischen Tetsuo und Kaneda aufbaust. Ich mag ihre Dynamik und liebe auch die kleinen Details wie Kanedas Tagträume xD nett, dass Tetsuo offenbar beschlossen hat zu helfen.
Antwort von:  Hera_Tenebrae89
29.10.2020 23:13
Danke. Gebe mir viel Mühe damit. Weiterhin viel Spaß. :)
Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-10-28T21:16:59+00:00 28.10.2020 22:16
Vermutlich wird man gefühlsmäßig abstumpfen um zu überleben. Schön, dass Kai sich für die Mädels einsetzt. Ich mag keinen locker room talk lesen.
Bin gespannt wie es mit den beiden weitergeht, wo sie sich doch rdcht sicher sind was die Art der Gefühle angeht xD
Besonder toll fand ich den Spruch: "Menschen, du Blödmann."
Antwort von:  Hera_Tenebrae89
29.10.2020 19:12
Danke. Ich hoffe dir gefällt es. :)


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