TETSUO von Hera_Tenebrae89 (When one person changes everything) ================================================================================ Kapitel 6: Connection --------------------- Die Stille im Zelt war unerträglich. Es klang von draußen nur der Gesang von Vögeln rein. Noch dazu weil es sehr früh am Morgen war. Tetsuo hatte gelernt früh aufzustehen. Und das war der Grund warum er bereits schon wach war und das Frühstück zubereitete. Die Priesterin war immer noch früher wach als er und bis sie von ihrer morgendlichen Reinigung zurückkam, machte er das Frühstück fertig. Seit 2 Jahren machte er das schon so, inzwischen war er 8 Jahre alt. Aber es machte ihm nichts aus. So konnte er seine Gedanken fokussieren lernen und wurde nicht von den kindischen Spielereien anderer abgelenkt. Noch dazu musste er nicht mehr allein frühstücken. Er mochte die Kinder im Dorf nicht. Das lag aber eigentlich nur daran, weil sie ihn von Anfang an nicht akzeptiert hatten. Sicher er war ein Findelkind von Außerhalb, aber er war kein böser Mensch und konnte nichts dafür. Mutter Miyako hatte ihm bereits die Geschichte erzählt, als er noch kleiner war. Erzählt wie sie ihn gefunden hatte. Er lag an einem Fluss nahe des Dorfes. War eingewickelt in ein blutiges Handtuch und in einem Körbchen. Sicherlich war er damit den Fluss runter getrieben. Sein Schrei war sehr laut gewesen und deswegen hatte sie ihn gefunden. Abgemagert war er auch und krank. Dem Tod nahe. Sie spürte dass er ein besonderes Kind war, genau wie alle im Dorf. Und sie nahm ihn mit. Einerseits wegen diesem Gefühl und anderseits weil sie kein Kind sterben lassen konnte und sich abwenden würde. Kümmerte sich bis zu seinem vierten Lebensjahr um ihn, denn danach erzogen alle im Dorf mit. Das war Tradition. Hätte sie ihn an dem Tag nicht gefunden, wäre er gestorben. Und dafür konnte er ihr nicht dankbarer sein. Deswegen machte es ihm auch nichts aus für sie zu arbeiten. Er genoss es. Und als er das Geräusch des Türvorhangs hinter sich hörte sah er freundlich hin. Mit einer Schüssel voll Früchten in den Händen. Er lächelte und sah die alte Oma in das Zelt hinken. Sie trug eine schwarze Brille, die ihre Augen verdeckte und noch dazu ein komplett weißes Gewand und Cape. Hatte langes schwarzes Haar, das am Ende zusammengebunden war. Sie war sehr alt, daran gab es keinen Zweifel. Auch von ihr kam ein warmes Lächeln und sie grüßte ihn: „Guten Morgen Tetsuo mein Junge.“ Dann hinkte sie weiter in den Raum und setzte sich vorsichtig am den runden Kreisteppich am Boden. Legte ihren Gehstock sanft rechts neben sich. Jeder wusste dass sie die Brille egal zu welcher Tageszeit trug. Was daran lag dass sie hinter dieser Brille ihre Augen verbarg, die komplett weiß und leer waren. Miyako hatte ihr Augenlicht bereits viele Jahrzehnte vor ihm verloren und es war eines ihrer Markenzeichen geworden. Einige munkelten dass sie mit dem Verlust ihres Augenlichts sogar noch besser sehen konnte. Sogar Blicke in die Zukunft hatte. Aber wer wusste das schon? Sie sprach auch nicht darüber. Er kam freundlich mit der Schale an Früchten näher und stellte sie vor ihnen auf den Teppich. Dann setzte auch er sich hin und verbeugte sich dabei respektvoll. Antwortete ihr: „Guten Morgen Mutter Miykao. Ich habe das Essen fertig.“ Vor ihnen stand bereits mehr als nur die Schale voll verschiedenster Früchte. Es gab auch Reis und Gemüse aller Art, so wie auch Wasser zu trinken. Sie lächelte und sah zu dem Essen vor sich. Es sah aus als könnte sie es echt sehen. Dann griff sie eine Dattel und sprach lieb: „Du bist so ein guter Junge. Wie immer vorzüglich und vorbildlich gearbeitet.“ Dann aß sie eine Dattel. Es schmeckte ihr, dass wusste Tetsuo. Sie liebte Datteln, deswegen hatte er auch welche selber angebaut. Nur für sie. Danach griff sie zu ihm vor und streichelte ihm sanft durch das Haar. Dabei lachte er auf und genoss es. Nur Mutter Miyako und Kaori durften ihn so berühren. Deswegen war er auch etwas enttäuscht als es nur kurz war und sie dann weiter aß. Machte ihm aber noch mit einer Handgeste zu verstehen, dass er auch essen durfte. So schnitt er sich vorsichtig eine Honigmelone auseinander und in feine Stückchen für jeden. Und fing dann auch an zu essen. Er aß sehr vornehm und anständig. Schlang nicht und benutzte auch nicht die Finger sondern Essstäbchen. Ein gut erzogenes Kind. Das wusste auch Miyako und sie lächelte erneut. „Was liegt denn heute bei dir an Tetsuo? Was musst du heute lernen?“ Er schluckte sein Stück Melone runter und antwortete ihr wie auf Kommando: „Heute kommt das Fliegen dran. Aber auch wenn ich das schon kann, werde ich gut aufpassen. Vielleicht lerne ich noch was extra dazu?“ „Das ist mein kleiner Junge.“ Ein Lob. Etwas was nur sie ihm gab…Und dennoch spürte er, dass sie etwas bedrückte. Und genauso besorgt sah er sie dann auch plötzlich an. „Ist alles okay Mutter Miyako?“ Er war so wachsam und einfühlsam…Und das besorgte sie. Weswegen sie auch die Datteln vor sich legte und ihn ansah. Ernst ansah. Es lag wie ein Stein auf ihrem Herzen und sie musste es los werden… „Tetsuo…Du bist ein gutes Kind und ein wundervoller Junge, egal was die anderen Kinder über dich sagen. Und genau deswegen möchte ich dass du lernst dich davor abzuschotten.“ Er sah sie verwirrt an. Das verstand er nicht. „Du wirst ab morgen, zusammen mit Kei, trainieren wie man sich vor Einflüssen anderer abgrenzt. Du bist noch sehr jung und es ist gefährlich wenn du von zu starken und vielen Gefühlen überflutet wirst. Sie können deinen Verstand zerstören Tetsuo.“ Sie hatte also Sorge wegen letzten Mal. Vor einigen Tagen war Tetsuo zusammen gebrochen, nachdem er einen jungen Mann im Dorf angefasst hatte. Er erlitt einen mentalen Schock und lag einen ganzen Tag lang flach deswegen. Konnte nichts essen oder trinken. Miyako hatte sich deswegen schreckliche Vorwürfe gemacht. Das sie nicht vorhersehen konnte dass er so einfühlsam war. Aber wie sollte sie das auch? Immerhin gab es sowas eigentlich nicht bei Kindern. Tetsuo war das einzige Kind das sie mit solchen starken Kräften, in so jungem Alter, kannte. Und deswegen musste er auch beschützt werden. Auch vor seinen eigenen Kräften. Er sah auf den Boden zu seinen Beinen. Er saß ja im Schneidersitzt. Der Gedanken gefiel ihm nicht wirklich. Er mochte Kei nicht. Sie war etwas älter als er und angehende Lehrpriesterin. Aber sie war auch immer kalt wie ein Fisch und sehr ernst. Aber wenn er das lernen musste, dann würde er es auch tun. Er nickte. „Ja Mutter Miyako. Ich werde das tun, wenn Ihr das für richtig empfindet.“ Plötzlich öffnete sich schnell der Vorgang von dem Eingang des Zeltes und ein junger Mann kam rein gelaufen. Er sprach laut und etwas aufgebracht: „Mutter Miyako! Bitte kommt schnell!“ Sie sah zu ihm hinter. Blieb aber sehr ruhig. „Was gibt es denn Teno?“ „Es geht um Akira…er ist verschwunden.“ Es war verdammt laut in der Kantine. Kaneda schlang sich sein Essen nach und nach runter. Tetsuo, der ihm gegenübersaß, sah ihm dabei einfach nur zu. Hatte sein eigenes Essen noch nicht mal angerührt. Es stand noch völlig unberührt vor ihm auf dem langen Tisch. Nichts besonderes nur einige Pommes und Salat. Und ehrlich gesagt wollte Tetsuo auch nichts davon essen. In der Bruchbude verging ihm so oder so der Appetit. Auch die Kantine der Schule war sehr dreckig und die Schüler vulgär und laut. Wie konnte Kaneda nur an so einem Ort essen?! Naja er war es sicherlich schon längst gewohnt. Tetsuo sah sich um. An einem Tisch in einer der hintersten Ecken sah er wie ein Pärchen sich wild küsste. Punks die eh wild an sich waren. Und nach wenigen Minuten knallte er seine Alte auch schon auf den Tisch und beugte sich über sie. Küsste sie weiter wild und wollte sich anscheinend vor allen mit ihr paaren. Einige Jungs standen um sie herum und verdeckten den Blick auf das Geschehen. Sie hatten echt Spaß dabei und feuerten ihn an. Alles was Tetsuo noch hörte war leichtes Stöhnen. Anscheinend trieben sie es echt wie Tiere vor denen. Er sah beschämt weg und nahm sich seine Gabel. Stocherte im Essen rum. An was für einem Ort war er nur gelandet? Er sah auf. Kaneda aß einfach weiter und ließ sich nicht an seinem Umfeld stören. Als er bemerkte dass der Kleine nichts aß fragte er ihn: „Willst du das noch essen Tetsuo?“ Tetsuo sah auf seinen Teller und dann wieder hoch. Kurz darauf schob er ihm das Zeug zu und sprach: „Bedien dich.“ Erfreut nahm es Kaneda an und aß einfach weiter. Er hatte doch erst gefrühstückt. Was ein Vielfraß. Die Geräusche hinten aus der Ecke wurden lauter und Tetsuo verzog unwohl und noch dazu errötet das Gesicht dabei. Und nach einer Weile platzte er dann. Sprach zu Kaneda: „Wie kannst du hier nur so seelenruhig essen?!“ Der Ältere sah von seiner Portion auf und verdutzt drein. Es dauerte aber auch nur einige Sekunden und er verstand was gemeint war. Er sah ebenfalls hinter in die Ecke wo gerade heftig rumgemacht wurde. Danach sah er wieder zu Tetsuo und sprach ganz locker: „Das ist normal. Der Typ vögelt gerne mal zur Schau in der Kantine oder wo es sich gerade anbietet. Rüstet sich damit dass er den größten Schwanz hat. Was ein Idiot.“ Er aß einfach weiter. Bitte was?! Das war es?! Nicht mehr?! Der PsyKI lehnte sich zu ihm vor und flüsterte beschämt: „Das macht dir nichts aus?! Wie widerlich bis du denn?!“ Kaneda sah vom Essen zu ihm auf. Er kam dann auch etwas näher und lächelte leicht dabei: „Ach komm schon. Du weist doch wie man sagt: Nicht die Größe des Hammers ist entscheidend, sondern wie man damit nagelt. Warum soll ich mich von dem und seiner lachhaften Nudel vom Essen abhalten lassen?“ Dann zwinkerte er und steckte sich eine Pommes in den Mund. Tetsuo lief nur noch röter an und ging wieder auf Abstand. Er schütze mit den Armen vor sich die Brust und sah einfach von Kaneda weg. So ein Blödmann…Kaneda lachte aber nur leicht und hatte endlich fertig gegessen. Er schob den Teller bei Seite und stand von der Sitzbank auf. Tetsuo sah ihm zu, dann machte der Ältere eine nickende Bewegung mit dem Kopf. Die Geste ihm zu folgen. Er lief vorne weg und schnell stand der Jüngere von der Bank auf. Er folgte ihm durch die Kantine und an den zwei Stöhnenden vorbei die bereits von einer Meute umgeben waren die sich daran aufgeilten. Tetsuo sah nicht mal blickend hin. Ihm war das einfach zu wider. Sie liefen aus der Kantine und den langen Gang runter. Kaneda hatte nicht wirklich Lust wieder in den Unterricht zu gehen und bewegte sich deswegen auch auf den Vorhof der Schule zu. Den wo sie auch angekommen waren. Tetsuo fiel das auf, als sie bereits die Tür nach draußen öffneten und fragte dann sichtlich verwirrt: „Willst du schon gehen?!“ Das Wetter war sehr schön und teils sogar sonnig, als sie auf den Vorhof liefen. Kaneda grinste zu ihm hinter und antwortete frech: „Wir haben noch genug Zeit bis heute Abend. Du hast die Schule gesehen und nun zeige ich dir andere Sachen.“ Er lief in Richtung seiner Karre und Tetsuo ihm einfach weiter hinterher. Er war davon nicht sonderlich beeindruckt. Sicher war diese Schule der letzte Dreckshaufen, aber dennoch sollte er versuchen etwas zu lernen! Kein Wunder das Kaneda nicht wirklich Ahnung von Bio hatte, wenn er anscheinend einfach ging wann es ihm gefiel. Er sah ihm zu wie der die Decke von seiner Kare zog und diese wieder im Fach dieser verschwinden ließ. Aber er sah auch dass den Älteren etwas zu bedrücken schien. Weswegen er die Arme vor sich verschränkte und ihn ernst fragte: „Was bedrückt dich?“ Er bekam aber keine Antwort und Kaneda machte seine Karre an. Überprüfte die Systeme. Warte mal…ignorierte er ihn? Tetsuo wurde ungeduldiger und sah ihn muffiger an. Fragte erneut: „Was bedrückt dich Kaneda? Mann kann es dir klar am Gesicht ablesen!“ Und es kam immer noch nichts. Das machte ihn sauer und er machte zwei Schritte neben die Karre. Er brauchte offenbar einen Schupser um in die Gänge zu kommen. Deswegen zielte Tetsuo auf das Schutzblech vom hinteren Reifen und trat mit einer Wucht dagegen dass es leicht schepperte. Das riss Kaneda, wie geplant, aus seinen Gedanken und er fauchte Hinter zu ihm: „Alter geht’s noch?! Weist du wie schwer es ist Dellen aus dem Blech zu bekommen?!“ Tetsuo sah zu ihm und fauchte ebenfalls zurück: „Dann hör mir gefälligst zu und antworte wenn ich dich was frage!“ Nun doch etwas genervt lehnte sich der Ältere auf seiner Karre zurück und verschränkte ebenfalls seine Arme vor sich. Interessant wie von einem auf den anderen Moment Kaneda mit seiner Stimmung ebenfalls umschwenken konnte. Er schien auch etwas sauer und die Luft war angespannt. Er maulte: „Was ist denn?!“ „Sag mir endlich was dich so beschäftigt! Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber ich habe das Gefühl du willst mir nicht nur etwas Neues zeigen, sondern auch mit mir aus der Schule fliehen! Sag mir warum!“ „Quatsch! Das bildest du dir ein Tetsuo.“ „Veraschen kann ich mich selber Kaneda!“ „Das ist schön dass du das kannst! Und jetzt schwing deinen Hintern auf meine Karre und lass uns los.“ Es war ein direkter Befehl und damit biss er bei Tetsuo auf Granit und traf einen Nerv. Der wurde nämlich noch dickköpfiger und fauchte: „Sag du mir nicht was ich zu tun habe! Ich lass mich nicht von dir an die Leine legen!“ Und damit war das Fass voll. Er wand sich plötzlich sauer ab und lief den Hof runter, direkt auf die Straße zu. Kaneda sah ihm sauern nach, aber danach wurde ihm erschrocken bewusst was er getan hatte. Er hatte ihn…er wollte ihn zwingen. Etwas was er versprochen hatte nicht zu tun. Er sah ihm dann erschrocken an und schmiss sofort seine Karre an, als er sah das Tetsuo um die nächste Ecke, an der Straße verschwunden war. Bitte was?! Was dachte er sich?! Er konnte doch nicht so einfach in die Stadt laufen! Er fuhr los und auch um die Ecke. Sah den Kleinen verdammt muffig und sauer an der Straße langlaufen. Zum Glück wollte er nicht instinktiv wegfliegen…So kam er neben ihn gefahren und fuhr im Schritttempo mit. Er sah ihn entschuldigend an und sprach: „Tetsuo! Es tut mir leid. Ich weis auch nicht was mich da eben geritten hat. Normalerweise bin ich nicht so…“ Es kam nichts von dem PsyKI. Er lief einfach nur mit den Händen in den Hosentaschen die lange und leere Straße hinab. Neben der Schule fand sich direkt ein Industriegebiet, oder eher sollte da eines in Zukunft entstehen, denn es waren überall Baustellen. Kaneda sah ihn weiter bei laufen zu und hielt das Schritttempo. Sprach dann sanft: „Hey, Tetsuo.“ Und endlich sah der Klein sauer nach rechts zu ihm. „Was? Nerv mich nicht! Du verhältst dich wie ein Mädchen bei ihrer Blutung, du Blödmann!“ Er sah wieder weg. Da musste Kaneda aber leicht Lächeln. Das Selbe hatte er über ihn auch mal gedacht… „Ja genau. Ich hätte dich nicht so dumm anmachen sollen. Das war scheiße von mir. Aber ich…ich mache mir doch nur Sorgen.“ Tetsuo blieb stehen. Sie waren an einer der Baustellen zu stehen gekommen und hinter ihm war der Absperrzaun. Die Arbeiter bauten dort ein neues Gebäude auf und machten demnach auch ordentlich Krach. Dennoch konnten sie sich klar und deutlich verständigen. Tetsuo fauchte: „Ach was?! Genau das wollte ich doch wissen! Wissen was dich bedrückt! Aber weist du was?! Vergiss es! Ist vielleicht auch besser so! Warum mache ich mir überhaupt sorgen um dich?!“ Und er wand sich wieder ab und lief sauer weiter. Kaneda blieb an der Stelle stehen und sah ihm kurz etwas nach. Auch du Scheiße. Der war ja echt sauer. Und er ließ sich anscheinend auch nicht wieder so schnell besänftigen. Na super. Verärgere nie einen Dickschädel…Aber er machte sich Sorgen um ihn?...Kaneda wurde warm ums Herz. Er fuhr wieder neben ihn und sprach: „Es geht mir einfach zu vieles momentan durch den Kopf. Ich mache vielleicht nicht so den Anschein, aber es ist so! Ich kann…ich kann nicht so gut darüber sprechen Tetsuo. Ich teile meinen Kummer in der Regel nicht mit anderen.“ Stimmt er fraß ihn lieber in sich rein. Tetsuo sah ihn weiterhin nicht an und lief einfach stur die Straße runter. Was für ne harte Nuss. Dann sprach er sauer zu ihm, ohne ihn eines Blickes zu würdigen: „Lass mich in Ruhe Kaneda! Verschwinde!“ Der sah ihn von seiner Karre verwirrt an. „Bitte was? Ich lass dich garantiert nicht allein in Neo Tokyo rumlaufen!“ Was dachte er sich nur? Wenn er als PsyKI aufflog, war das sein Ende. Im Nu wären die Polizei, Kopfgeldjäger und vielleicht sogar das Militär an seinen Haken! Wie konnte er es nur so ausarten lassen?! Kaneda ärgerte sich gerade über sich selbst. Er wollte ihn doch nur beschützen und nicht belasten! Tetsuo sah wieder sauer zu ihm: „Ich komme auch ohne dich zurecht! Schon vergessen?! Also verzieh dich!“ Er legte einen Schritt schneller hin und Kaneda fuhr auch schneller neben ihm her. Er fuhr nicht direkt auf der Straße sondern auf dem breiten Bürgersteig, sonst würde er nämlich den Verkehr aufhalten. Er musste ruhig bleiben. Tetsuo war so geladen und eingeschnappt. Ob er ihn überhaupt beruhigen konnte? Sie stritten sich wie ein altes Ehepaar mitten und nicht gerade leise auf der Straße. Peinlich, aber es bekam keiner mit. Es war nämlich kein Passant da und die Bauarbeiter eh beschäftigt. Und dann fasste Kaneda einen Entschluss. Er gab schlagartig Gas und fuhr vor den Kleinen. Versperrte den kompletten Bürgersteig vor ihm, weil er sich seitlich auf diesen, mit seiner Karre, gestellt hatte. Er stieg von seinem Bike ab und Tetsuo blieb auch sofort stehen. Er sah ihn weiterhin sauer an und fauchte: „Was soll der Blödsinn?! Lass mich endlich in Ruhe Kaneda!“ Der Ältere kam direkt auf ihn zu und drängte den Kleinen instinktiv damit zurück. Zumindest machte Tetsuo einen leichten Rückzieher und lief langsam rückwärts. So das Kaneda ihn an den Gitterzaun hinter ihm drängte und damit Schicht im Schacht war. Es ging nicht mehr nach Hinten. Erschrocken sah der Kleine hinter sich, als er den Wiederstand spürte. Aber als er wieder nach vorne sah, war Kaneda bereits vor ihm und drängte ihn an das Gitter. Er stand sehr nahe an dem Kleinen und sah auf diesen herab, weil er ja etwas größer war. Und dann sahen sie sich einfach nur an. Tetsuo wurde sehr unwohl in dieser Position. Er wollte ihn wegdrängen, aber in seinem Hinterkopf war verankert, dass er es nicht durfte, sonst könnte vielleicht jemand anderes erkennen das er ein PsyKI ist. So sah er Kaneda einfach nur erschrocken an. Warum…machte er das? Er sollte damit aufhören. Er war…zu nahe. Und dann sprach sein Gegenüber: „Ich will dich doch nur beschützen Tetsuo. Wenn jemand mitbekommt was du bist, dann bist du eine wandelnde Zielscheibe in dieser Stadt! Und der Grund warum ich nicht mit anderen rede ist…ist eben weil ich Menschen beschützen möchte!“ Er sagte das ernst und aus seinem tiefsten Innern. Das konnte Tetsuo spüren… „…Du kannst nicht jeden beschützen.“ Kam es ruhig von dem Kleinen und sie sahen sich einfach nur danach an. Es war alles für sie still geworden. Nur dieser Moment war klar und deutlich. Diese Nähe…Kaneda fasste sich ein Herz und sprach: „…Aber ich kann dich beschützen…Und das werde ich auch tun.“ Er sagte das so sanft und eindringlich, dass dem Kleinen warm wurde. Warum…er hatte doch keinen Grund. Sie kannten sich kaum. Sie waren gerade mal Freunde geworden. Noch nicht mal beste Freunde. Er würde ihn nicht so behandeln. Es sei denn er hat vielleicht… Tetsuo grinste frech und sehr schnell verpasste er Kaneda einen Schlag auf den Kopf. Der zuckte kurz zusammen deswegen und sah dann den Kleinen verwirrt an, der ebenso frech und sicher sprach: „Denkst du echt ich lass mich so leicht um den Finger wickeln Kaneda? Nur weil du mir schöne Augen machst, du Blödmann?“ Er nahm das echt spielerisch. Das Gefühl kam immer wieder bei ihm hoch und langsam schien Tetsuo zu verstehen. Es war etwas verspieltes aber auch…Verführerisches. Jede Nähe die er suchte, kam dem Kleinen wie ein Versuch vor zu flirten. Und auch wenn es ungewöhnlich war…Noch nie schien er auf so einen Art und Weise begehrt worden zu sein. Nicht mal von einem Mädchen. Das ein junger Kerl jetzt sowas bei ihm hinlegte löste Unbehagen aus aber…aber auch das Interesse wie weit er gehen würde für ihn…Stand Kaneda wirklich auf Kerle? Stand er auf ihn? Solle er ihn testen? Testen was er so erreichen konnte? Aber was würde ihm das bringen? Jungs konnten nicht aneinander begehren. Das war genetisch nicht so vorgesehen. Warum war er so anders? Er musste mehr über ihn erfahren… Und als der verspielte Schlag bei Kaneda ankam grinste er frech und kam doch tatsächlich etwas näher mit seinem Körper. Sah ihn noch eindringlicher an und antwortete: „Schade…normalerweise funktioniert mein Charme so immer am Besten…Nicht mal ein bisschen Tetsuo...?“ Tetsuo grinste frech zu ihm. „Pass auf dass du nicht auf deinem Schleim selber mal ausrutschst du Blödmann…“ Sie waren sich so nahe, dass sich locker hätten küssen können. Und Kaneda schien auch genau dies zu wollen…Tetsuo wollte nur noch flüchten. Ihm war warm und unwohl…Doch plötzlich schepperte etwas neben ihnen an den Zaun. Er wackelte und erschrocken sahen die Beiden an die Stelle rechts von Tetsuo. Und dann sah der Kleine hinter sich und Kaneda an ihm vorbei. Denn in der Ferne brüllte ein Bauarbeiter zu ihnen: „Ey! Sucht euch ein Zimmer ihr Homos und macht euch von der Baustelle ab!“ Er hatte einen Stein an den Zaun geworfen und sie kamen von diesem Weg. Kaneda ließ von Tetsuo ab, der neben ihn kam und brüllte dann zurück: „Und hast du nicht Steine zu schieben du Arschloch?! Mach dich lieber vom Acker bevor ich über den Zaun klettere, zu dir rüber komme und dich in den Graben werfe, du elender Mistkerl!!“ Er fuhr richtig sauer auf und Tetsuo sah ihn erstaunt an. So böse hatte er ihn ja noch nie gesehen. War das wegen ihm? Der Bauarbeiter wand sich ab und lief wieder zu seinen anderen Leuten. Tetsuo sah auf und erblickte über den Arbeitern bedrohlich einen Stahlpfeiler an einem Seil hängen. Er grinste böse und sprach zu Kaneda: „Weist du…es könnte einfach ein kleiner Arbeitsunfall sein…“ Kaneda sah verwirrt zu ihm. Was meinte er? Dann folgte er seinem Blick und erkannte ebenfalls den Pfeiler. Er schrak zusammen. Sah sofort erschrocken zu dem Kleinen und sprach laut: „Tetsuo! Du kannst nicht einfach…!“ Aber der fing plötzlich an laut zu lachen und wand sich dann von Kaneda ab. Der sah ihm nur verwirrt nach, als er auf seine Karre zu lief. Er lief locker mit den Händen in den Hosentaschen weg und setzte sich dann auf das Bike. Sah frech zu dem Älteren und sprach schon etwas mit einem sexy Blick: „Es schmeckt einfach zu gut, dich so zu kitzeln Kaneda…“ Kitzeln? Also meinte er das nicht ernst? Erleichtert atmete er aus. So im Nachhinein…er konnte nicht glauben dass Tetsuo wegen sowas jemanden töten würde. Aber der Anblick von Tetsuo auf der Karre riss ihn wieder aus diesen Bedenken raus. Er saß da so sexy und verführerisch. Machte er das mit Absicht? Er schien Kaneda bewusst damit aufzuziehen in dem Moment. In zappeln zu lassen, denn er wusste, wenn er hinging und sich holen wollte, was ihm gehört, würde der Kleine ihn abblitzen lassen. Es war bestimmt ein unbewusstes Flirten des PsyKI. Oder spielte er mit ihm? Und verdammt noch mal es funktionierte auch, wenn das der Fall war…Was ihm gehörte…Kaneda fühlte einfach so. Tetsuo sollte ihm gehören. Alles an ihm sollte sein Eigen sein. Er würde den Kleinen mit niemand teilen. Und irgendwann…würde er auch ihm gehören. Tetsuo dagegen machte das wirklich nicht mit Absicht. Dennoch war ihm aufgefallen, dass Kaneda seine Blicke viel auf ihm ruhten…Es war böse, aber er genoss es mal so im Rampenlicht der Interesse zu stehen. Auch wenn er das nicht tun sollte. Kaneda lief zu ihm und setzte sich vor ihm auf die Karre. Sofort spürte er wie Tetsuo seinen starken Oberkörper umschlang und sich fest an diesen drückte. Kaneda wurde warm und er zog dabei froh seine Brille auf. Er setzte die Maschine in Gang und beide rasten die Straße hinab. Letzten Endes hatte er den Kleinen doch wieder beruhigt und irgendwie rumgekriegt. Tetsuo schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Herzschlag des Älteren…Was sollte er nur tun? Sie verließen das kommende Industriegebiet und fuhren direkt auf die Stattmitte zu. Da Kaneda mal nicht mit der Karre raste, konnte sich der PsyKI ordentlich hinsetzten und sein Umfeld bestaunen. Sie standen im Stau und das mitten auf der Hauptstraße. Es war sehr laut. Autos hupten. Leute brüllten aus diesen, warum es nicht weiter ging und auf den Bürgersteigen war kein Platzt mehr. Zu viele Menschen drängten sich aneinander vorbei und rammten sich sogar dabei. Kinder weinten ab und zu. Hunde kläfften und hinter den Glasscheiben der Schaufenster schimmerten Bildschirme und zeigten die neusten Nachrichten. Es war Chaos. Laut und unruhig. Grell und hektisch. Und je mehr sich der junge PsyKI umsah…umso klarer wurde ihm, dass diese Stadt verrottet war bis ins Herz. Sie war wie eine überreife Frucht die anfing zu schimmeln und in den Müll gehörte. Oder wie ein Geschwür das Wuchs und die Krankheit weiter verbreitete. Es war nicht schön. In seiner Heimat war das nicht so. Dort herrschte Ordnung. In Neo Tokyo war Chaos. Aber dennoch…gehörten sie zusammen. Ordnung konnte nicht ohne Chaos existieren. Ohne Licht gibt es keinen Schatten. Und ohne Menschen…gäbe es keine PsyKI, denn aus diesen hatten sie sich entwickelt. Tetsuo wurde klar dass alles in einer Art und Weise miteinander verbunden war. Es konnte nicht das Eine ohne das Andere sein. Und deswegen spürte er plötzlich…Mitleid? Vielleicht weil er diese Erkenntnis endlich erlangt hatte…Nur die Menschen nicht. Sie standen noch immer im Stau und Tetsuo sah rechts neben sich. Er sah ein Schaufenster und die Fernseher dahinter. Sah die Nachrichten. Er hatte davon gehört. Fernseher und Nachrichten. Aber auch dass viel dort erzählt wird was die Menschen hören wollten, nicht unbedingt was stimmte. Erinnerte ihn an eine Religion oder Sekte. War das da nicht auch so? Der Priester erzählt seinen Anhängern das was sie hören wollen und woran sie glauben wollten. Oder vielleicht auch sollten. An Gott oder an wer weis was. Gott…Tetsuo hielt nichts davon. Wenn es wirklich einen Gott gäbe…warum ließ er dann dieses Chaos zu? Warum stand er am Seitenrand und sah dabei zu wie seine Schöpfungen leiden mussten? Krank wurden und starben. Tetsuo glaubte nicht an ihren Gott. Denn er war unauffindbar gewesen, als er ihn als Kind mehr als alles andere brauchte. Kleine Kinder standen auch vor der Scheibe und sahen was im Fernsehen lief. Tetsuo sah auf dem Bildschirm wie eine Frau über Unruhen in der Stadt sprach. Anscheinend ein Marsch gegen das Militär. „Die bereits vor 2 Stunden begonnen Unruhen am Shinjika Pass, im Osten von Neo Tokyo verstärken sich. Die Aufstände dringen in die Stadtmitte vor. Geleitet von einer Gruppe die sich die „Neuen Kinder“ nennt. Diese Gruppe fällt seit Jahren immer wieder in Unstimmigkeiten mit der Regierung und dem Militär in Neo Tokyo. Da sie die Ansicht vertreten dass PsyKI die selben Rechte wie Menschen besitzen sollten. Sie fordern das Militär auf mehr PsyKI zu erschaffen und damit der Entwicklung der Menschheit ihren Lauf zu lassen.“ Die Frau sagte dies in einer sehr monotonen Stimme und wechselte dann das Thema zu dem Wetter. Die Neuen Kinder? Das klang ja schon nach einer kranken Sekte…Sie setzten sich für PsyKI ein? Für Menschen wie ihn? Tetsuo hätte nie gedacht dass es sowas unter den Bewohnern gab. Er fand es nicht schlecht. Zumindest zu hören dass es Menschen gab, die ihn anders sahen und nicht als Monster. Aber die Mittel zu denen sie griffen waren radikal und unmenschlich. Er hatte die Bilder gesehen, als die Frau das erzählte. Sah wie die Typen durch die Straßen liefen und andere Menschen angriffen. Häuser in Brand setzten und Kinder vorführten als wären sie Tiere. Kinder ohne seine Fähigkeiten. Es war ekelhaft. Und so langsam beschlich ihn dass Gefühl…das diese Menschen die Menschen wie ihn nur noch weiter nach unten zogen. Und ihnen einen schlechten Ruf verpassten. Und was laberten die da für einen Müll mit: mehr PsyKI erschaffen? Menschen erschufen sie nicht. Sie kamen ganz normal zu Welt… Kaneda setzte sich aufrecht und schob seine Fahrerbrille hoch. Er saß locker da und sah zu Tetsuo hinter. Fragte diesen: „Was siehst du dir an?“ Tetsuo nickte zu dem Schaufenster. „Die Nachrichten.“ Kaneda sah daraufhin auch rüber und sah still zu. Nach wenigen Sekunden sprach er aber: „Und? Gibt’s irgendwo Sonderangebote?“ Frech. Er wollte die Stimmung lockern. Tetsuo dagegen sah nicht zu ihm und schwieg einfach nur. Er war in Gedanken. Was Kaneda nicht entging. Er sah ihn besorgt an… „…In den Nachrichten läuft nur das was die Menschen hören wollen. Dinge um das Feuer des Hasses weiter zu schüren und Lügen um die Menschen bei Laune zu halten.“ Und da sah der Kleine wieder zu ihm vor. Er…wusste es also auch? Kaneda sah wieder nach vorne zum Stau. Es hatte sich natürlich nichts getan. Dann sprach er ruhig: „Wenn ich höre was in den Nachrichten gesagt wird…könnte ich kotzen. Sie tun so als wären wir der Mittelpunkt der Welt und als gäbe es nur negatives in Neo Tokyo…Bevor ich Kai und Yamagata traf, dachte ich genauso. Ich konnte nicht glauben dass es auch noch sowas wie Freunde und Liebe in diesem ausgelutschten Hamburger von Stadt gab. Aber meine zwei Jungs haben mich vom Gegenteil überzeugt…“ Die Schlange bewegte sich etwas und Kaneda fuhr auch einige Zentimeter mit. Hielt dann wieder an und fuhr fort: „…Und ich dachte auch immer das alle PsyKI Monster sind und getötet gehören…“ Als er das sagte…tat Tetsuo die Brust weh. Es war als würde sich alles verkrampfen in ihm und ein Kloß seinen Hals blockieren. Es war ein…schreckliches Gefühl. Er fasste sich sogar kurz an den Hals deswegen und sah auf seinen Schoß. Es tat…echt weh. Warum tat es weh? Aber dann sah er wieder auf, als Kaneda sich vor ihm leicht bewegte und freundlich zu ihm hinter lächelte. Er sprach: „Aber dann habe ich dich kennengelernt Tetsuo. Und plötzlich…wurde mir klar dass die Welt so viel mehr ist, als die Nachrichten und Neo Tokyo. Und das es sich einfach weiterhin lohnt für Dinge zu kämpfen an die man glaubt.“ „Und woran…glaubst du Kaneda?“ Der Ältere lächelte noch immer. Sehr sanft und in seinem Blick war Hoffnung und Zuversicht, als er antwortete: „Das da draußen eine Welt existieren könnte in der wir in Frieden leben können.“ Das war…ein naiver Gedanke. Kindlich schon beinahe. Aber…dennoch ein sehr schöner. So schön dass sich sogar Tetsuo sich diesen kindlichen Gedanken als Realität wünschen würde. Es kam an etwas ran, was er sich schon seit seiner Kindheit wünschte…Freiheit. Dennoch antwortete er realistisch: „Es gibt kein Leben ohne Konflikt. Er ist Teil davon. Genau wie die Gewalt und die Trauer.“ Aber Kaneda ließ sich davon nicht beirren. „Das stimmt. Aber auch zu den negativen Dingen gibt es immer ein positives Gegenteil. Und vielleicht…sollte man sich an diesen eher festhalten.“ Tetsuo sah ihn erstaunt an. Wow…er war ja doch sehr erwachsen. Und wenn er so lächelte…unglaublich attraktiv dabei… Ein lauter Knall riss ihre Blicke voneinander und beide sahen die Straße vor ihnen rauf. Weiter vorne war eine große Kreuzung an der es sich gestaut hatte. Genau von dieser Kreuzung kam der laute Knall, der sich als Explosion bestätigte. Eine gewaltige Rauchwolke erhob sich von dem Platz und das Hupen der Autos verstummte. Stattdessen stiegen die Menschen aus und fingen an rumzubrüllen. Einige rannten sogar die Straße hinab und weg von der Explosion. Ander rannten hin aus Neugier. Tetsuo war förmlich das Herz in die Hose gerutscht vor Schreck und er sah nur erschrocken hin. Kaneda dagegen sprach ernst und erschrocken: „Was zum Teufel?! Das war eine Explosion!“ Und dann brüllte plötzlich rechts von dem Bürgersteig aus ein männlicher Passant ganz laut: „Das sind die Neuen Kinder! Sie sind hier für unsere Zukunft!“ Und dann rannte er in die Richtung der Explosion. Zu ihm gesellten sich noch andere Menschen. Anscheinend alles keine Anhänger, aber Menschen die an sie glaubten. Tetsuo sah ihnen aufmerksam nach. Das war die Sekte aus dem Fernseher? Und dann packte ihn selber die Neugier…Kaneda zog seine Brille auf und sprach laut: „Okay, weist du was? Ich dreh jetzt einfach um und fahr den guten alten Capsule-Style! Halt dich fest Tetsu…“ Er verschluckte den Rest, als er spürte wie das Bike etwas höher kam und sah wie Tetsuo an ihm vorbeirannte! Er rannte genau der Masse hinterher! Nämlich zu der Kreuzung hoch! „Tetsuo!! Komm zurück!!“ Aber da war der Kleine auch schon in der Masse verschwunden. Sofort sprang Kaneda von seinem Bike ab und stellte sie hin. Riss seine Brille ab und warf sie daneben. Er rannte ihm nach und musste sich durch eine Menge lauter und brüllender Menschen quetschen. Was dachte sich Tetsuo nur?! Jeder normale Mensch rennt vor einer Explosion weg und nicht hin! Er schubste einen wilden Passanten zur Seite und quetschte sich weiter vor. Tetsuo dagegen war bereits vorne an einer Absperrung der Polizei angekommen und sah sich um. Er stand direkt an der Kreuzung und sah wie die Polizei bereits Funksprüche und weiteres rausgab. Sah dass offenbar ein Polizeiwagen in die Luft geflogen war und der noch lichterloh brannte. Und dann erkannte er auch schon von rechts eine Masse die sich auf die Polizei zubewegte. Eine Menschenmasse. Verrückte Anhänger der Sekte die mit Schildern auf denen stand: Lasst unsere Entwicklung zu und PsyKI hören Gott, auf sie zuliefen. Sie sahen aus wie normale Bürger. Und dennoch setzten sie nebenbei Mülltonnen in Brand und warfen Brandbomben auf Autos. Noch nie hatte Tetsuo sowas gesehen…War es das was man unter Rebellion verstand? Solche Gewalt war ihm aus seiner Heimat fremd. Und dann spürte er wie ihn jemand fest am rechten Arm packte. Er schrie kurz auf vor Schreck und zog weg. Sah aber dann dass es Kaneda war, der ihn fest gepackt hatte und endlich auch vorne war. Er fauchte ihn besorgt an: „Tetsuo! Was zum Teufel ist los mit dir?! Wir müssen hier weg! Es ist zu gefährlich!“ Es war unglaublich laut. „Ich wollte mir das mal ansehen! Das sind diese Menschen die sich die Neuen Kinder nennen!“ „Ja ich habe von diesen Spinnern gehört! Und jetzt lass uns gehen!“ „Ich will aber wissen was es mit denen auf sich hat! Es geht hier auch um mich!“ „Tetsuo das sind Wahnsinnige! Das hat nichts mit Religion oder Glauben zu tun! Das ist nur eine Ausrede um seinen Unmut freien Lauf zu lassen und um andere mit einer Ausrede töten zu können! Das sind Monster! Und ich lasse nicht zu dass dir etwas passiert!“ Und dann begannen die Krawalle. Die Polizei fing echt scharf an zu schießen. Es gab kein Bürgerrecht mehr. Einige wurden niedergeschossen auf andere schlug man ein und diese wehrten sich auch. Jeder der für PsyKI sympathisierte war ein Feind. Tetsuo sah das erschrocken mit an. Und Kaneda wollte eigentlich nicht dass er sowas erlebt…Er fasste ihn fester am Arm und zog ihn etwas von der Absperrung weg. Sprach ernst: „Ich bring dich jetzt hier weg!“ Tetsuo sah dagegen wie in Zeitlupe ein kleines Mädchen auf der Kreuzung saß. Sie war von den Anhängern, aber weinte nur. Saß völlig zerstört einfach da während um sie das Chaos herrschte. Sie erinnerte ihn an Kaori. Struppiges braunes Haar…Und dann sah er wie ein Polizist doch tatsächlich mit einem Gewehr auf sie zielte. Gewehre mit deinen sie Rauchbomben verschossen. Wenn es die Kleine traf würde sie schrecklich verletzt werden! Und als der Polizist schoss riss sich Tetsuo plötzlich los und konzentrierte sich. Er lenkte die Bombe von dem Kind ab und zurück zu dem Polizisten, der aufschrie als es ihn traf. Kaneda sah erschrocken zu und wusste was Tetsuo getan hatte. Das Kind sah verweint auf und hinter ihr brüllte ein Anhänger: „Sehrt ihr!? Die PsyKI sind auf unserer Seite! Sie sind überall! Sie vollziehen Gottes Willen!!“ Kaneda fasste Tetsuo an den Schultern und stand hinter ihm. Sah wie einer der Polizisten rechts von ihnen, an der Absperrung, sein Walkie nahm und rein sprach: „Verstanden. Umgebung wird gesichert. Ein PsyKI befindet sich hier. Wir machen Scan-Tests bei den Menschen.“ Und da reagierte Kaneda sofort! Er packte sich Tetsuo. Riss ihn mit sich und kämpfte sich zu seinem Bike durch. Erschrocken ließ sich Tetsuo mitreißen und schrie: „Kaneda! Kaneda was tust du denn?!“ Als er neben seiner Maschine war hob er Tetsuo plötzlich hoch und setzte ihn drauf. Nahm seine Brille vom Boden und legte sie an. In Sekunden war auch er auf der Roten und schmiss sie an, brüllte zu Tetsuo: „Festhalten!!“ Der das auch instinktiv machte. Es wurde eine Drehung an der Stelle vollzogen und sie bretterten mit der Maschine davon. Kaneda fuhr so schnell wie er konnte zwischen den Autos durch und die Straße runter. Versuchte so viel Zeit und Abstand wie möglich zwischen ihnen und der Polizei zu schaffen. Die hoffentlich noch nichts von ihrem Verschwinden bemerkt hatten. Sein Herz schlug ihm vor Angst bis zum Hals. Was wenn jemand gemerkt hatte das es von Tetsuo kam!? Es war eher unwahrscheinlich. Es war viel los gewesen, es hätte jeder sein können. Aber dennoch hatte er Angst davor. Hinter ihnen waren nur noch die lauten Schüsse und Krawalle zu hören. Tetsuo sah hinter sich. Was hatte er nur…getan? Kaneda bog in die nächste Gasse links ab und schepperte durch Müll und Dreck durch, so dass sich der Kleine hinter ihm wieder fester an ihn drückte. Es war holprig. Am Ende der Gasse bremste er ab und driftete nach rechts. Sah links neben sich runter. Sie waren an einem Flussschacht. Kaneda zog nach links und fuhr diesen seitlich runter. Der Beton sorgte dafür dass seine Süße etwas schepperte, aber dann war er am Weg unten angekommen und fuhr weiter den Fluss entlang. So lange bis er unter einer Brücke zum Halten kam. Schlagartig. Tetsuo keuchte auf, weil es ihn gegen den Großen drückte. Und dann wurde es schlagartig ruhig. Alles was man noch hörte war das Wasser neben ihnen und das leicht panische Atmen von Kaneda. Weswegen der PsyKI auch zu ihm sah. Kaneda sah besorgt hinter sie. Als würde er auf etwas warten. Tat er auch. Er hoffte nicht verfolgt worden zu sein. Und als nach 3 Minuten sich nichts tat, machte er auch endlich die Maschine aus. Er schob die Brille auf seine Stirn und stieg von der Roten ab. Tetsuo blieb auf ihr sitzen und sah ihm zu. Sah zu wie er an der Stelle auf und ab lief. Er war verdammt besorgt. Und der Kleine wusste auch warum. Weil er Mist gebaut hatte. Tetsuo setzte sich seitlich auf die Karre und sprach zögerlich und sanft: „…K-Kaneda ich…also ich…“ „DU hast jetzt Sendepause!“ Sprach der Ältere laut zu ihm und sah ihn ernst an. Weswegen der PsyKI sogar etwas zusammenzuckte. Kaneda war sauer. Und das zu Recht. Aber kurz darauf sprach er, zwar noch angespannt, aber wieder sanfter zu ihm: „…Ich muss nachdenken, okay?“ Er griff sich dabei auf die Stirn zu der Brille und sah wieder auf den Boden. Tetsuo wiedersprach dieses Mal auch nicht. Er sah es ein. Kaneda hatte allen Grund sauer zu sein. Es war gerecht fertig. „…Was denkst du dir eigentlich Tetsuo!?“ Der Kleine sah ihn unsicher an. Kaneda hatte das sehr laut gesagt und wütend. Wenn er so war, war er…sehr dominant und man konnte seine Stärke aus seiner Stimme hören. Er sah ihn auch noch immer sauer an. Ein Blick dem Tetsuo nicht standhalten konnte und er weg sah. Unterwürfig schon beinahe auf den Boden vor sich. Aber der Ältere war noch nicht fertig: „Hätte ich jetzt nicht so schnell die Flucht ergriffen, wärst du schon längst tot!! Und soll ich dir sagen warum?! Weil das die beschissenste Aktion war die ich je gesehen habe!! Du stehst zwischen Menschen, in der Nähe der Polizei und du benutzt einfach deine Kräfte!! Nur mal so zum mitschreiben: Die haben Scan-Tests!! Wenn wir da nicht schnell rausgekommen wären, hätten die den Laden dicht gemacht, wir wären gefangen gewesen und die hätten mit ihren Test nach dir gesucht!! Sie hätten systematisch einen nach den Anderen getestet bis sie dich gefunden hätten!! Nur um dich dann zu erschießen!!“ Tetsuo schwieg einfach nur und Kaneda hörte auf. Sah ihn nur weiter sauer an. Der Kleine wusste dass er Mist gebaut hatte. Immerhin. „…Ein Test?“ Kam es scheu von Tetsuo. Er sah aber noch immer nicht sein Gegenüber an. „Ja verdammt! Was denkst du denn warum PsyKI so gut ausfindig gemacht werden?! Obwohl sie aussehen wie wir! Dieser Test prüft etwas am Nacken! Ich weis nicht was es ist, vielleicht dir Hirnströme oder die Gene, keine Ahnung! Aber sie hätten dich damit gefunden!“ „…Bin ich dir eine Last Kaneda?“ Er sagte das sehr schwach und scheu. Kaneda dagegen sah ihn nur weiter ernst an. Was sollte denn die Frage? Er atmete tief ein kam wieder etwas runter. Tetsuo klang dabei…traurig. „Red keinen Scheiß, du bist mir keine Last. Aber ich hatte eben Angst um dich!“ Und da sah ihn Tetsuo erstaunt an. Er klang verletzt dabei. Besorgt. Nicht mehr wütend wie vorher noch. Und er sah ihn auch so an. „Warum hast du das getan Tetsuo? Das war verdammt dumm. Und das bist du doch nicht.“ Er war nicht dumm. Aber er konnte nicht einfach wegsehen…Langsam kam er von dem Bike runter und stand einfach nur da. Sah auf den Boden und überlegte sich wie er darauf antworten sollte. Er entschied sich für die Wahrheit: „Dieses Kind…hatte nichts damit zu tun. Und dennoch hätte dieser Polizist auf sie geschossen. Er hätte sie schrecklich verletzten können…Vielleicht sogar töten. Ich konnte doch nicht einfach meinen Blick abwenden und…und das ignorieren.“ Hammer…Kaneda wurde in dem Moment bewusst…das Tetsuo ein zu gutes Lebewesen war. Er machte nie den Anschein und verbarg es verdammt gut, aber er war einfach gutherzig und lieb. Vielleicht sogar schon ZU sehr. Vor ihm stand das liebste Geschöpft das er kannte. Jemand der einem Kind half, auch wenn es von der verhassten anderen Seite kam. Einfach aus Barmherzigkeit und Mitgefühl. Er war…besser als jeder Mensch. Er war wirklich sowas wie die nächste Stufe der Evolution. Und da lief der Ältere auf ihn zu. Und in wenigen Sekunden hatte er ihn mit seinen Armen umschlossen und drückte ihn sanft an sich. Und Tetsuo wehrte sich nicht. Er ließ es einfach zu und schloss die Augen. Er fühlte sich mies, weil er beide solch einer Gefahr ausgesetzt hatte. Aber wenn Kaneda ihn so schützend umarmte…Da verflog dieses Gefühl und es umgab ihn nur noch Wärme. Wärme und ein starker, aber sanfter Herzschlag seines Gegenübers. Indem er sich erneut verlos und nur lauschte. Er war anders…Kaneda war so anders. Was auch immer ihn zu ihm zog…er wollte es nicht verlieren. Und dann hob er seine Arme und drückte sich an ihn. Der Moment sollte nicht aufhören. Und auch Kaneda wollte diesen Moment ewig währen lassen. Und erstaunlicherweise war er es der sich zuerst löste. Er löste die Umarmung und Tetsuo sah verwirrt zu ihm rauf. Ein Lächeln war auf den Lippen des Älteren. Eines das den Kleinen erneut warm werden ließ. Schlug sogar sein Herz etwas schneller? Und plötzlich hatte er ein Bedürfnis. Noch nie hatte er sowas verspürt. Aber plötzlich war es da…Das Bedürfnis Kaneda küssen zu wollen…Denn er war neugierig. Er wollte ihn schmecken. Er wollte mehr fühlen und vielleicht mehr dadurch erfahren…Kaneda sprach zu ihm: „Ich verstehe das. Auch ich war sauer deswegen und kann bei sowas nicht zusehen. Aber du warst wichtiger für mich…Versprich mir bitte, nie wieder sowas zu tun. Ja, Tetsuo?“ Er war wichtiger? Das machte den Kleinen plötzlich sehr glücklich. Er war wichtiger…Scheu nickte er und sah auf den Boden. „Ich…ich versuch es Kaneda.“ Yamagata saß an der Bar und kippte sich den nächsten Shot rein. Er saß zusammen mit Kai und anderen Jungs der Gang im Harukiyas und wartete nur darauf dass die Party losgehen konnte. Es war bereits spät am Abend und sein Boss war noch immer nicht da. Links von ihm saß Kai und las die aktuelle Zeitung vom Tag, die er von dem Großen bekommen hatte. Er hatte sie vor sich liegen und stützte seinen Kopf mit dem rechten Arm auf dem Tisch ab. Er war versunken in die Schrift. Yama sah ihn dann an und fragte: „Was gibt es denn da drin wichtigeres als die Sportschau, dass du da so vertiefst bist?“ Kai sah ihn nicht mal an und antwortete: „Sehr vieles. Anscheinend sind die Neuen Kinder wieder mal randalieren gewesen. Gab mehrere Tote. Auch ein kleines Mädchen…wie traurig.“ Yamagata nahm einen weiteren Shot vom Barkeeper an sich und nippe leicht, sah dann wieder zu ihm und fauchte böse: „Die sind doch eh total bescheuert! Wer glaubt dass PsyKI was Besonderes sind gehört eh aus der Stadt geworfen!“ „Also auch Kaneda?“ „Nein, der gehört in den Arsch getreten! Und der braucht ne Fotze, damit der mal wieder klar in der Birne wird. Der fängt ja noch an schwul zu werden, bei seinem Durschnitt momentan.“ „Meinst du mit Tetsuo?“ Yamagata verschluckte sich fast an seinem Shot und musste danach husten. Als er sich wieder eingekriegt hatte, sprach er muffig: „Mach mir keine Angst du Blödmann! Oh mann jetzt muss ich den erst recht wieder gerade biegen.“ Kai lächelte nur kurz und sah dann zu ihm. Er machte die Zeitung zu und lehnte sich lässig auf den Tresen, so dass sogar Yama zu ihm sehen musste. Dann sprach der Jüngere frech: „Weist du…vielleicht ist schwul sein nicht mal so schlecht?“ Yamagata sah ihn starr an. „…Willst du mich veraschen? Oder ist das hier versteckte Kamera?“ Er sah sich kurz unsicher um. Kai aber lächelte nur weiter und nahm sich dann kurz sein Glas mit Cola. Er trank einen kurzen schluck und sprach dann, mit dem Blick auf den Glas ruhend: „Ich meine ja nur. Wenn ein Mann und eine Frau zusammen kommen, sagen wir Menschen es wäre Liebe und das man zusammen gehört. In Wirklichkeit tun wird das aber nur aus unseren primitiven Instinkten heraus, nämlich um uns fortzupflanzen und Nachkommen mit unserem genetischen Code zu zeugen und in die Welt zu setzten. Das ist auch bei uns Menschen noch so. Wenn allerdings zwei gleichgeschlechtliche Wesen zusammen kommen, sagen wir Sex haben und sich zueinander hingezogen fühlen…ist das dann nicht eher dass was wir Liebe nennen? Auf der Biologischen Ebene haben diese zwei keinen Nutzen von dem Geschlechtsakt. Warum tun sie das also? Ich sag dir warum: Wegen dem Gefühl der Nähe und wegen dem Anderen. Und das ist doch was schönes, oder?“ Er sah wieder zu Yamagata der ihn einfach nur starr ansah und nicht antwortete. Als er sich wieder gefasst hatte sprach er erstaunlich ruhig: „…Jetzt weis ich immerhin was du so für Bücher ließt. Ist das dein Ernst Kai? Das ist das schwulste was ich je gehört habe.“ Kai nahm die Zeitung und knallte sie ihm an den Kopf. Sprach leicht muffig: „Warum rede ich eigentlich mit dir Yamagata?“ Der nahm die Zeitung aus seinem Gesicht und rollte sie zusammen. „Weil du auch schon länger keine Muschi mehr hattest und dein Hirn auch auf Durchzug ist Kleiner.“ Und da bekam er noch eine mit der rechten Hand an den Hinterkopf gewatscht. Er lachte dabei kurz auf und sprach mal fröhlicher: „Ach komm schon Kai! Angeblich hast du doch ne Olle am Start. Lässt sie dich nicht ran? Erzähl mal etwas von ihr.“ Der Kleine trank wieder einen Schluck und schüttelte dabei den Kopf. „Was geht dich das an?“ „Ach komm schon! Ist sie heiß?“ Er kam etwas näher an den Kleinen ran und legte seinen rechten Arm um die schmaleren Schultern. Kai lief etwas beschämt rot an und sah ihm ins Gesicht. Yama grinste und sprach: „Naaaaaaa?“ Das konnte ja was werden. Eigentlich könnte er sich mit einer Wand unterhalten. Da würde mehr bei rauskommen… „Sie ist größer als ich. Arrogant. Verarscht mich gerne. Hat eine große Klappe und ist öfters ein Trottel.“ „Autsch. Warum hält es dich bei der blöden Schlampe, wenn sie doch so mies zu dir ist?“ Kai sah ihn einfach nur an…Warum eigentlich? Aber dann lächelte er und löste den Arm von seinen Schultern, der ihn fest gepackt hatte. Yama war etwas erstaunt über dieses Lächeln und dann gab ihm Kai als Antwort: „Weil ich diese Person einfach liebe. Aber sie checkt das anscheinend nicht.“ Der Knirps war zu gut für die Welt. Warum wurde dem Großen dabei plötzlich unwohl? Das hatte doch nichts mit ihm zu tun und dennoch fühlte es sich persönlich an. Er kratzte sich am Hinterkopf und sah wieder vor zu seinem Shot. Griff diesen und sprach: „Vielleicht solltest du mal mehr Schenkel zeigen und aufdrehen.“ Schenkel zeigen…echt jetzt? „Ach sollte ich das ja?“ Irgendwie wollte er den Kleinen aufmuntern… „Ach komm. Du solltest sie dann wenigstens mal beschreiben. Mach dich nicht selber nieder Kai.“ Der Kleine war etwas überrascht von den Worten und legte den Kopf leicht schnief. Dann aber lehnte er sich frech vor und sprach: „Das könnte ich sogar.“ Yamagata sah nach links zu ihm. Sie sahen sich einfach nur an als Kai etwas leicht verführerisch sprach: „Nun ja sie sind zart, wohl gerundet und leicht trainiert noch dazu. Und es ist unglaublich aufregend sie zu berühren…“ Und dann machte er eine elegante Bewegung von dem Stuhl an der Theke und lief davon. Er lief in die Richtung zum Bad und war dann auch in der Tür verschwunden. Yamagata hatte ihn beobachtet bis er verschwunden war. Dann schüttelte er den Kopf und sah auf seinen Shot. Schnaubte kurz und lächelte leicht. „Oh man. Kleiner Homo.“ Und so nahm er einen Schluck aus dem Glas. Der Barkeeper sah ihn mürrisch an, als er eines seiner Gläser polierte, so dass es dem Großen nicht entgangen war und er aggressiv fragte: „Gefällt dir was du siehst Alter?!“ Der Muskelprotz blieb aber ruhig und sprach nur zu dem Großmaul: „Ich bin zu Tränen gerührt…wie blind manche Menschen doch sein können.“ Er stellte das Glas ab und bediente jemanden rechts von sich. Ließ Yamagata verwirrt auf seinen Platzt zurück. Was zum Geier? Was war nur los in dem Moment? Warum waren alle so auf dem Homo-Trip? Er hörte wie sich hinter ihm die Tür der Bar öffnete und sah über seine Schulter hinter. Und da kam sein Boss. Seine Mine verzog sich aber wieder negativ, als er sah dass er den Freak im Schlepptau hatte. Kaneda hielt wie ein Gentleman Tetsuo die Tür auf und ließ diesen in die Bar reinkommen. Unsicher sah sich der PsyKI um und die Tür fiel hinter ihm zu. Es war schon einiges los gewesen. Mädels tanzten teils auf den Tischen, Männer grabschten oder gaben sich die Kante und Musik lief. Das war also das Nachtleben in den Bars? Unheimlich. Sie waren noch etwas länger unterwegs gewesen. Und dann noch mal bei Kaneda zuhause damit er sich umziehen konnte. So trug er jetzt einen Biker-Anzug komplett in Rot und aus Leder. Sollte das nicht ein lockerer Abend werden? Warum hatte er sich so verpackt? Das war genau das Gegenteil von Locker. Aber da klingelte es bei Tetsuo. Bestimmt hatte er Angst vor diesem Schwanzfressenden Monster mit der orangen Dauerwelle. Verständlich. Wenn die kommen sollte war der Abend im Eimer. Kaneda lief an Tetsuo vorbei und vor zu Bar. Er folgte ihm und setzte sich auch unsicher hin. Direkt neben Yamagata, der sich mürrisch trinkend abwand. Der Kleine sahsich dabei um. Tetsuo war ein Beobachter. Er lernte schnell dadurch und hatte eine sehr gute Beobachtungsgabe. Kaneda grüßte Yamagata und derweil sah sich Tetsuo weiter um. Er sah hinten in einer Ecke ein Pärchen sitzen. Sie küssten und befummelten sich. Aber dennoch war es nicht so ekelhaft wie in der Schulkantine. Es war schon etwas wild, aber wirkte dennoch zart und innig. Er kam sich vor wie ein Spanner, aber er konnte einfach nicht weg sehen. Wenn er sowas sah…fragte er sich gelegentlich mal, wie es sich anfühlte. Er studierte förmlich nebenbei jede Bewegung und jede Emotion. Das war Sehnsucht nacheinander. Körperliche Sehnsucht…Er erschrak als ihm Kaneda auf die Schulter fasste und rechts neben ihn kam, den Blick auf das Pärchen versperrte. Er grinste breit und sprach frech: „Na schon am spannen?“ Tetsuo lief rot an und fauchte: „Halt die Klappe! Ich spanne nicht!“ Kaneda reichte ihm ein Glas zu Trinken vor die Nase und der Kleine nahm es muffig an sich. „Womit willst du mich jetzt vergiften?“ „Das ist nur Wasser. Ich dachte wir fangen mal langsam an.“ Er schien seinen Spaß zu haben und sah zu den Zwei hinter, die sich noch immer wild küssten. Er streckte kurz die Zunge raus und sah dann wieder frech zu Tetsuo. Fragte: „Gefällt dir was du siehst?“ Tetsuo trat nach rechts aus und traf im sitzen voll Kanedas Bein. Der zuckte kurz zusammen und lachte dabei leicht. Der Tritt hatte gesessen, scheiße. Dann lehnte er sich vor und nahm das Glas vom Barkeeper an, das er vor ihn auf die Theke gestellt hatte. Sofort trank er daraus. Im Gegensatz zu Tetsuo hatte Kaneda gleich ordentlich Sake bekommen. Traditionell war scheiß egal, Hauptsache Alkohol. Tetsuo roch den bitteren Duft und rümpfte nur die Nase. Er wusste dass es Alkohol war. Sake gab es auch bei ihnen im Dorf mal gelegentlich. Er sprach muffig: „Wirklich? Du besäufst dich?“ Kaneda stellte ab und sah zu ihm. „Nur ganz leicht um etwas lockerer zu werden.“ Er lächelte erneut blöd und Tetsuo sah genervt weg. Und erneut stellte er sich die Frage: Was fand er nur an dem Blödmann? Drogen, Alkohol, Sex und Gewalt. All dass hatte der schon mal gehabt. Tetsuo war dagegen ein weißes Tuch der Unschuld. Und noch oben drauf jungfräulich. Aber vielleicht zog genau das ihn so an. Und wie gesagt etwas was er nicht fassen konnte…Kai kam aus dem Bad und lächelnd zu den Jungs rüber. Er setzte sich auf die Andere Seite von Kaneda und fing an fröhlich zu reden. Tetsuo sah ihnen dabei nur zu. Die Musik war sehr laut und langsam wurde es eng in der Bar. Es kamen mehr Menschen dazu und tanzten wo sie konnten. Er aber sah nur Kaneda an. Der es nicht mal bemerkte, da er sich mit Kai unterhielt...Tetsuo konnte einfach nicht leugnen dass Kaneda ein hübscher Kerl war. Er war für sein Alter genau richtig groß, stark gebaut und hatte wildes Ebenholzfarbenes Haar. Und unwiderstehliche Augen. Haselnussfarbene Augen…Mit ihm küssen und Sex zu haben musste doch…Er schüttelte den Kopf und schlug sich innerlich ins Gesicht. Wie kam er denn auf sowas?! Er fasste sich sein Glas und nahm einen Schluck. Er verhielt sich ja wie ein verliebtes Milchmädchen! Er riss sich zusammen. Und dabei sah er nach links. Und sah zu Yamagata, der ihn grimmig im Auge behielt. Tetsuo passte das nicht. Er mochte ihn auch nicht. Aber er hatte Kaneda verpochen sich nicht zu streiten. Also würde er das auch versuchen. Er zwang sich ein freundliches Lächeln auf und sprach dabei: „Nette Party?“ Yama nahm sein Glas und trank daraus, sprach danach: „Könnte besser sein. Aber bestimmte Dinge lassen es halt nicht zu, du verstehst?“ Klar verstand er. Er meinte nämlich Tetsuo. Der musste sich zusammenreißen und lächelte nur weiterhin falsch. Er wollte verdammt noch mal explodieren! „Du wirst nie einer von uns sein. Dazu fehlt dir nämlich der Mumm. Und deine Tricks sind eh die unterste Schublade du Freak.“ Tetsuo fing an mit einem Fuß nervös zu wippen. Ruhig bleiben. Du kannst ihn irgendwann mal in Stücke reißen! Aber momentan nicht. Er sprach zu ihm: „Du gibst mir ja nicht mal eine Chance. Oder gibt es einen speziellen Aufnahmeritus den ich verpasst habe?“ Er sagte das mehr so verhöhnend, aber bei Yamagata kam das anders an. Der hatte plötzlich eine miese Idee und stellte sein Glas ab. Das konnte lustig werden…Er grinste und sprach dann: „Wenn du das so sagst…“ Und dann stand er plötzlich auf und machte dem Barkeeper eine Handbewegung dass der die Musik leiser machen soll. Der nickte und es wurde still. Yama stellte sich auf seinen Hocker an der Bar und brüllte plötzlich: „Hey! Alle mal her hören!!“ Und das taten auch alle. Kaneda sah verwirrt zu ihm. Was hatte er denn nun vor? Und als die gesamte Aufmerksamkeit auf Yamagata ruhe beendete er: „Unser Neuankömmling hier…!“ Er zeigte auf den PsyKI. „…Tetsuo hat vorgeschlagen dass wir Flaschendrehen spielen!!“ Tetsuo sah ihn verwirrt und erschrocken an. Bitte was?! Kaneda spuckte seinen Sake aus vor Schreck und sah zu Tetsuo. Das Umfeld dagegen wurde richtig laut und alle klatschen und brüllten. Warn voll dafür. Yamagata klatschte auch und schrie: „Man bringe eine Flasche!!“ Kaneda stellte sofort sein Glas ab und drehte Tetsuo zu sich. Fragte laut und besorgt: „Du hast WAS vorgeschlagen?!“ „Ich habe überhaupt nichts gemacht! Ich weis nicht mal was Flaschendrehen ist!!“ Kaneda rutschte förmlich das Herz wieder woanders hin. Eigentlich war das ein Spiel für Kinder. Aber bei ihnen war das etwas völlig anderes. Es war eine Mischung aus Wahrheit oder Pflicht mit Flaschendrehen. Am Anfang wird eine dumme Bedingung festgelegt. Und auf den dann die Flasche zeigt der muss das auch tun. Aber wir sprachen von Halberwachsenen. Die hatten Scheiße im Kopf. Und so war auch das Spiel. Hier war nicht: Erzähl mal dein peinlichstes Erlebnis, oder so. Hier ging es um Sex, Drogen, Alkohol und Erotik! Es kam schon einmal vor, dass einer einem anderen einen blasen musste! Und das vor der Meute! Und nun war Tetsuo mitten drin. Und wie sollte ihm das Kaneda nur erklären oder ihn davor schützen?! Er fasste ihn fest an den Schultern und sprach eindringlich: „Tetsuo! Bei diesem Spiel geht es um…!“ Aber da kam Yama mit einer Flasche an und sprach laut in die Runde: „Also! Dann soll die Flasche für Tetsuo drehen! Wer macht mit?!“ Viele stellten sich im Kreis auf. Kaneda sprang sofort von seinem Hocker auf und kam zu Yamagata. Er fauchte ihm in der lauten Bar zu: „Das kannst du nicht machen! Tetsuo hat davon keine Ahnung! Du verkaufst gerade seine Unschuld!“ Yama grinste aber nur frech: „Hey er wollte sich beweisen, also bekommt er das auch. Mach doch mit, wenn er Glück hat zeigt die Flasche ja auf dich.“ Er meinte das aber nicht ernst. Er wollte auf keinen Fall das sein Boss mit Tetsuo rummachte! Kaneda schubste ihn sauer und sah dann wie sich Tetsuo noch etwas verwirrt auch in den Kreis stellte. Der Ältere lief sofort hin und zog ihn förmlich aus dem Kreis raus. Setzte ihn wieder auf den Hocker und fauchte: „Was zum Geier machst du da?!“ Tetsuo riss sich los und stand wieder auf. „Ich werde vor dem Blödmann keinen Rückzieher machen! Also stell dich mir nicht in den Weg Kaneda!“ Er lief an ihm vorbei und der packte ihn wieder am rechten Arm, so das Tetsuo zu ihm sah. „Ich versuche dir gerade zu helfen du Blödmann! Yamagata führt dich gerade wie ein Vieh zur Schlachtbank!“ Tetsuo sah ihn etwas an…grinste aber dann und sprach frech: „Tja dann wirst du mich wohl beschützen müssen, oder Kaneda?“ Und er lief wieder in den Kreis. Bitte was?! Es lief völlig aus dem Ruder! Er konnte aber auch nicht lange überlegen, denn Yama rief plötzlich in die Runde: „Wer will noch? Letzte Chance!“ Und Kanda fasste sich und stellte sich auch in den Kreis. Er konnte allerdings nicht neben Tetsuo stehen, sondern ihm gegenüber. Kai saß fassungslos an der Bar und schlug sich gegen die Stirn. Dieser Hornochse Yamagata! Er rannte zu dem Kreis und rief: „Ich auch! Moment!“ Er tat das auch Tetsuo zur liebe. Die anderen die im Kreis standen machten das nur um sich aufzugeilen, Spaß zu haben, oder einem die Unschuld zu nehmen. Leider fiel Tetsuo wahrscheinlich in die letzte Spalte. Er sprach dann noch zu Yamagata: „Da Tetsuo neu ist und das Spiel noch nicht kennt, zeige ich ihm die erste Runde! Ich übernehme, okay?“ Alle sahen erstaunt zu Kai. Kaneda dagegen lächelte sanft und dankbar. Wow…er war der Jüngste, aber er hatte in dem Moment die dicksten Eier von allen. Und ein verdammt gutes Herz. Der PsyKI sah zu ihm. Er verstand nicht ganz was das sollte, aber okay. Yama dagegen schüttelte nur den Kopf. Wie auch immer. Er sprach: „Na gut. Ich drehe! Also lege ich die Bedingung für die nächsten drei Runden fest!“ Er sah kurz zu Kaneda und der böse zu ihm zurück. Vielleicht sollte man mit etwas harmlosen beginnen…Er vollendete: „French kissing in den ersten drei Runden!“ Kaneda schluckte. Dieser Mistkerl! Okay es hätte schlimmer kommen können aber…! Und dann lief der Große in die Mitte und drehte die Flasche. Es war für Kai, wie abgesprochen. Alle sahen gespannt auf das Glas vor ihnen. Tetsuo hatte die Arme vor sich verschränkt und kam sich dumm vor. Noch dazu wusste er nicht mal was French kissing überhaupt war. Er sprach nun mal nur japanisch. Und auch das Wort hatte er noch nie gehört. Und dann kam die Flasche zum stehen und zeigte auf den glücklichen Auserwählten. Zu Kanedas Erleichterung war es nicht Tetsuo oder er. Nein, Karma war eine miese Bitch. Die Flasche zeigte auf Yamagata. Die Meute fing an zu klatschen, zu brüllen und pfeifen. Oh mann war sauber gelaufen. Yama kratzte sich am Hinterkopf und sprach locker: „Keine Tussi? Schade.“ Kai kam in die Mitte und entschlossen kam der Große auf ihn zu. Tetsuo sah nur mürrisch zu. Und? Was sollte nun passieren? Yama stand dann vor Kai und grinste auf diesen runter. Der blieb aber ruhig und sah sauer hoch. Flüsterte: „Du kannst echt ein Arschloch sein, weist du das?“ „Und schon wieder stehen wir zwei bei Flaschendrehen hier drin. Wir dürfen uns nicht so oft küssen Kai…die Leute reden…“ „Halt einfach die Klappe.“ Und dann zog sich der Kleine an ihm hoch. Packte ihn fest am Oberteil und fing wild an mit ihm zu knutschen. Ein wilder Zungenkuss und noch dazu innig. Wie geübt. Tetsuo dagegen…rutschte der ganze Mumm in den Keller. Er lief rot an und brach innerlich in Panik aus. Moment!! Das ist french kissing?! Ein Zungenkuss?! Wo zum Teufel war er da rein geraten?! Er sah panisch an den Küssenden vorbei und zu Kaneda. Der mit den Händen an der Hüfte da stand und mit seinen Mund wütend den Satz formte: Ich wollte dich warnen! Und der Kleine das auch so ablesen konnte. Ihm wurde sofort bewusst dass er aus der Nummer nicht mehr raus kam. Und was kam danach?! Selbst wenn es ihn nicht in den nächsten zwei Runden traf, was kam dann?! Vielleicht schlimmeres! Und wie lang ging das Spiel überhaupt?! So gesehen konnte er sich in den Arsch beißen, dass er nicht auf Kaneda gehört hatte. Er war so dumm und stur! Als Kai sich von seinem Küsser löste war er etwas rot und sah scheu weg. Yama sah das aber als Spiel und grinste nur. Sah sich um und fragte: „Und? 10 aus 10 oder Jungs?“ Er bekam Applaus und Pfiffe und andere Wörter zugeworfen, die nicht ausgesprochen werden sollten. Kai schubste ihn weg und ging wieder in den Kreis. Er war noch immer leicht rot und rieb sich über den Mund. Dieser Blödmann…Und dann lief der Große wieder an die Flasche und fragte Kai: „So Opfer? Wer soll als nächstes dran sein?“ Opfer war ein Ausdruck für den den es erwischt hatte. Es war also nicht böse gemeint gewesen. Kai sah auf und sich um. Er würde definitiv nicht Tetsuo nehmen. So ein Spiel ging Sechs Runden lang. Sein Blick flüchtete kurz zu Kaneda rüber, der leicht den Kopf schüttelte. Also nicht. Aber wen dann? „Mal so am Rande: Du kannst echt wie ein Mädchen küssen Kai. Alle Achtung!“ Sagte Yama und fing dann an zu lachen, wozu sich einige einstimmten. Wütend und nicht darüber nachdenkend fauchte er beschämt zu ihm: „Du bist dann dran du Blödmann!“ Erschrocken hielt er sich die Hand vor den Mund und der Große nickte ihm zu. „Oh welche eine Ehre. Ich darf gleich zweimal ran.“ Und dann fing er auch schon an zu drehen. Tetsuo sah nervös hin. Was wenn sie auf ihm landen würde?! Was sollte er…?! Moment mal! Wer sagt denn das sie dass MUSS? Er grinste etwas selbstsicher. Vielleicht war es an der Zeit das Spiel etwas nach seinen Regeln umzugestalten…Also konzentrierte er sich auf die Flasche und ließ sie bei jemand anderen zum Stehen kommen. Eine junge Dame. Das war die Idee. Egal was passiert, oder was verlangt war, er konnte die Flasche stehen lassen wo er wollte. Warum war er nicht gleich darauf gekommen? War für ihn ein Kinderspiel. Und plötzlich war er viel entspannter als vorher. Er war quasi aus dem Rennen… Kaneda sah besorgt an dem sich in der Mitte rumknutschenden Paar vorbei und zu Tetsuo. Ihm kam auch nicht die Idee dass der Kleine das Spiel etwas abändern konnte. Aber ihm fiel auf dass Tetsuo plötzlich lockerer war. Beinahe schon selbstsicher und frech sah er sich um. Was zum…? Verdrängte er echt so sehr den Ernst der Lage? Kaneda erwischte sich selbst dabei…Welchen Ernst eigentlich? Wenn es Tetsuo erwischte musste er vielleicht knutschen, oder sonst was. Es ging ja nicht um sein Leben. Mehr um seine Unschuld könnte man sagen. Aber er wollte das nicht. Keiner sollte Tetsuo anfassen! Es könnte sein das Kaneda dann ausrasten würde… Yama nahm die Flasche und grinste sie böse an. Es war der Moment gekommen an dem er dem Freak einen reinwürgen konnte. Das Kai sich freiwillig meldete passte ihm genau in den Kram. Er musste den Kleinen nur etwas kitzeln und nun war er am Drücker…Und so sprach er: „Als nächsten nehme ich Tetsuo! Meine Partnerin überlässt MIR die Entscheidung!" Erschrocken sah Kaneda zu ihm und auch den PsyKI riss es aus seiner Sicherheit. Warte! Verdammt er konnte nicht…! Scheiße! Er hatte in der Panik vergessen dass der Letzte bestimmen kann wen es als nächstes erwischt! Und jetzt schummelte Yama auch noch irgendwie und hatte das Ruder übernommen! Er sah zu dem Großen rüber der ihn frech angrinste. Dieser Mistkerl hatte das so geplant. Das wurde auch Tetsuo in dem Moment klar. Kaneda dagegen wurde richtig wütend auf Yamagata. Was dachte sich der Blödmann nur?! Hasste er den Kleinen wirklich so sehr? Es kam ihm plötzlich naiv vor. Er hätte die zwei nicht nebeneinander sitzen lassen sollen. Er musste das verhindern! Irgendwie! Yama lief in die Mitte und sprach laut: „Alles klar! Für Tetsuo!“ Und dann drehte er los. Zu spät. Kaneda konnte nichts tun außer hoffen dass etwas passierte. Das Licht geht aus, oder alle haben kein Bock mehr…Wunschdenken. Tetsuo dagegen musste in Sekunden entscheiden was er tun sollte. Er konnte die Flasche nicht mit seinen Kräften werfen oder schnicken. Es würde Panik ausbrechen und alle würden ihn verdächtigen. Die Menschen hier kannten sich. Es wäre klar dass der Neue ein PsyKI sein müsste. Und dann war es das. Er musste entscheiden auf wen die Flasche zeigt! Und zwar schnell! Er sah sich flüchtig und schnell um. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und vernebelte sogar sein logisches Denken. Und als es ihm alles zu viel wurde schloss er einfach die Augen und tat nichts. Und dann…kam die Flasche auch schon zu stehen. Es herrschte Stille für einige Sekunden und alle sahen zu der Person die es erwischt hatte. Zu Tetsuo seinem Kuss-Partner. Kai blieben die Worte ihm Hals stecken und Yama war nun auch schockiert. Damit…hatte er nicht gerechnet. Tetsuo öffnete die noch eben zusammengekniffenen Augen, als es so leise war und sah die Flasche. Er folgte ihr und sah die Person auf die es zeigte. Und dann lief er rot an. Genauso wie die Person die es erwischt hatte. Es war Kaneda…Yamagata sagte zu einem Kerl neben sich: „Das zeigt auf den rechts von Kaneda, oder?“ „Bist du blind Yamagata? Das Ding zeigt voll auf Kaneda!“ „Quatsch tut es nicht!“ Yama setzte sich plötzlich für seinen Boss ein. Wie gesagt: Er wollte nicht dass der Freak mit Kaneda rumknutschte! Das hatte noch gefehlt! Wieso traf es ausgerechnet ihn?! Tetsuo hatte nichts getan. Er hatte die Flasche definitiv nicht manipuliert. Und dennoch zeigte sie auf…auf die einzige Person in diesem Raum…bei dem er sich zierte vor Charme. Er sah Kaneda errötet an und dann schnell auf den Boden. Er konnte ihn doch nicht einfach so küssen! Vor allen Leuten noch dazu! Das…das ging doch nicht…Vorhin hatte er noch dumm daran gedacht und wollte ihn küssen aber plötzlich, wenn es darauf an kam, kniff er zusammen und wollte nicht! „Ich denke wir hören auf. Das ist nicht fair.“ Kam es dann plötzlich von Kaneda und alle sahen verwirrt zu ihm. Auch Tetsuo. Er bekam aber schnell Kontra. Einer rief aus den Reihen: „Sei kein Frosch Kaneda!“ Der Nächste: „So sind aber die Regeln du Spielverderber!“ Kaneda sah hinter sich, wo das her kam. „Ich kann Tetsuo nicht einfach küssen! Er ist neu und…“ „Er hatte es doch vorgeschlagen!“ Das stimmte…Er hatte diesem blöden Spiel zugesagt. Und nun musste er die Konsequenzen dafür ernten…Kaneda wollte das aber nicht. Es war schon komisch. Er wollte Tetsuo küssen. Um mehr als alles auf der Welt! Aber das so zu tun, so gezwungen…das fühlte sich falsch an. Nein, es war falsch. Und deswegen war er dagegen. Auch wenn er den Regeln wiedersprach, er würde es für den Kleinen jeder Zeit tun! Und dann sprach einer laut: „Dann lass noch mal drehen, wenn er keinen Mumm dazu hat!“ Und da zuckte der Ältere zusammen. Wenn noch mal gedreht wurde, dann müsste Tetsuo…! Er würde weiterhin dranbleiben! Es änderte sich nur der Partner! Er sah zu dem Kleinen und nickte entschlossen. Er musste handeln, auf der Stelle…Tetsuo sah dagegen wieder auf den Boden. Er war völlig überfordert. Am liebsten wollte er einfach nur wegfliegen, oder unsichtbar werden. Kein Wunder, sowas hatte er noch nie erlebt. Er kam sich so bescheuert vor. So naiv dass er nicht auf Kaneda gehört hatte. Er war so dumm… Und dann hörte er Schritte. Er sah auf und sah wie Kaneda entschlossen und schnell auf ihn zu kam. In wenigen Sekunden war er vor ihm und drängte ihn nach hinten. Er drückte ihn an die Theke der Bar, so dass der Kleine das Holz an seinem Rücken fühlte und nach hinten gedrückte wurde. Er lag so halb auf der Theke und sah erschrocken zu Kaneda rauf, der über ihm war. Er wollte was sagen, sich wehren, aber alles blieb stecken. Er war erstarrt. Und wie ein Blitzschlag so schnell lehnte sich Kaneda runter und küsste ihn. Und Tetsuo konnte nichts tun. Er spürte es. Den innigen Kuss. Fühlte wie Kaneda versuchte mit seiner Zunge gegen die des Kleinen zu kämpfen. Wie er ihn mit einer Hand an der Hüfte gepackt hatte und die andere am Nacken war und damit verhinderte dass der Kuss sich lösen könnte. Er presste sich gegen Tetsuo und der hing schwach und hilflos in seinem Griff. In seinem Kuss. In seinem Kopf drehte sich alles. Er fühlte Kaneda seine Wärme. Sie verschlang ihn förmlich. Er kostete seinen Geschmack und seinen Duft. Und er konnte…er konnte der Zunge nicht mehr wiederstehen. Sie forderte ihn so sehr auf zu kämpfen, dass er anfing dagegen zu gehen. Schloss die Augen und kämpfte gegen den Eindringling an. Eine starke Röte legte sich auf seine Wangen und das Herz schlug ihm nervös und schnell bis zum Hals. Er hörte nichts mehr. Nicht das Pfeifen und Brüllen im Raum, noch die Musik der Musikbox. Er hörte nur noch Kanedas Herz und sein Keuchen wegen des Kusses. Er war ihm komplett verfallen. Und er…er fühlte sich zum ersten Mal in seinem Leben begehrt…Er genoss es… Kaneda löste den Kuss. Es fiel ihm nicht leicht, aber er musste. Besonders nachdem er fühlte das Tetsuo erwiderte war es noch schwerer sich zu lösen. Er hatte zurückgeküsst…Noch nie hatte Kaneda solch einen Kuss erlebt. Dieser Kuss war wie Feuer gewesen! Elektrisierend und knisternd. Und er war sich ziemlich sicher einen leichten Ständer zu haben, auch wenn man nichts sah durch die enge Kleidung...Tetsuo kam auch wieder zu sich und sah ihn einfach nur an. Kaneda hatte ihn komplett losgelassen, aber war noch leicht über ihn gebeugt. Stützte sich links und rechts mit den Händen an der Theke ab. Der Kleine war knallrot und ihre Blicke ruhten aufeinander. Er war erstarrt. Erneut. Ihm wurde bewusst was er getan hatte. Wozu ihn Kaneda gebracht hatte… „Tetsuo ich…“ Aber weiter kam der Ältere nicht denn ein Schlag traf ihn wie ein Hammer. Tetsuo hatte ihm eine mit der Rechten geknallt, schnell und scharf. Es war ein lautes Geräusch gewesen. So das es jeder im Raum gehört haben musste. Und dann breitete sich Röte und Hitze auf Kaneda seiner linken Wange aus. Da wo der Schlag sein Ziel traf. Es war eher eine knallharte Backpfeife gewesen. Und es zog ganz schön an der Wange. Er sah den Kleinen erschrocken an, der sich dann von ihm riss und an allen vorbei stürmte. Raus aus der Bar und ins Freie. Die Tür knallte laut zu und Kaneda sah ihm erschrocken nach. Er war…so ein Idiot. Aber was hätte er sonst tun sollen? Er griff sich an die Wange und Kai sah zu ihm. Sah ihn traurig an. Die Wange…tat echt weh. Tetsuo dagegen rannte die Treppe hoch und kam in der Gasse vor dem Harukiyas zum stehen. Er musste erst wieder einen klaren Kopf bekommen und die frische Luft half ihm dabei. Er atmete noch immer schnell und auch sein Herz wollte sich einfach nicht beruhigen. Es drohte aus seinem Hals zu springen so stark schlug es. Und er schmeckte ihn noch immer. Kanedas Geschmack war noch immer in seiner Mundhöhle. Und er war…nicht mal unangenehm. Er schüttelte den Kopf und schlug sich leicht selbst auf die Wange. Warum war das passiert? Wie konnte der Abend nur so abdriften? Und warum zeigte die Flasche von ALLEN ausgerechnet auf KANEDA!? Er fasste sich fest an seine Oberarme. Wie sollte er…ihm jetzt noch ins Gesicht sehen? Nicht nur wegen des Kusses, auch wegen der Flucht gerade. Er kam sich wie ein dummes kleines Mädchen vor! Er verzog das Gesicht sauer und sah neben sich einen Mülltonne stehen. Er hob sie mit seinen Gedanken hoch und knallte sie wütend brüllend an die gegenüberliegende Wand. Es schepperte laut, aber niemand hörte das in der Ferne. Und dann keuchte er sauer. Eine Zeit lang. Bis er sich umdrehte und…er sah Kanedas Maschine. Langsam schritt er auf sie zu und…und setzte sich einfach drauf. Machte mit geschickten Bewegungen die Kiste an und las auf dem Display die Daten ab. Umdrehungen, Akku ect. Er musste sich ablenken. Komisch dass er dies an der Karre dessen tat, den er erst geküsst hatte. Und weswegen er sich ablenken musste. Er war so ein Idiot…Er hätte sich nie auf Neo Tokyo einlassen sollen… Kaneda kam auch die Treppe rauf und raus in das Freie. Er sah auch gleich die zerschepperte Tonne weiter vorne liegen und war froh etwas später rausgekommen zu sein. Sonst hätte vielleicht er das sein können. Er lachte etwas unbeholfen und leise und sah dann nach rechts. Und er sah auch schon Tetsuo, der leise auf seiner Roten saß und an ihr rumfummelte. Das machte Kaneda…etwas froh. Er kam dennoch vorsichtig auf ihn zu. Tetsuo schien ihn nicht zu bemerken, bis er lieb sagte: „Willst du ne Runde drehen, Tetsuo?“ Und da sah der PsyKI grimmig und noch immer geladen zu ihm rüber. Weswegen Kaneda auch gleich auf Abstand blieb und ihn nur anlächelte. Besser war das. Dann sah der Kleine aber auch wieder weg und erneut auf das Display vor sich. Er ignorierte ihn? Okay…Vorsichtig kam der Ältere wieder etwas näher. Er fasste sich an die noch immer pochende Wange dabei. „…Die Schelle hat echt gesessen, alle Achtung. Das wäre dann schon die Zweite von dir, die ich verdient habe. Für einen der Leute normalerweise mit seinen Gedanken in Stücke reißen kann, sind die echt nicht von schlechten Eltern.“ Tetsuo sah wieder wütend zu ihm und schlagartig blieb Kaneda wieder auf Abstand stehen. Endlich fauchte der PsyKI zu ihm rüber: „Verpiss dich Kaneda! Ich bin nicht in Stimmung dafür!“ Wow harte Worte. Aber der Ältere nahm das locker und steckte die Hände in die Hosentaschen. Dennoch war Tetsuo leicht errötet. Noch immer vor Charme oder einfach nur vor Wut? Bestimmt Beides. Und dann kam es ruhig von Kaneda: „Wow…bist du echt so sauer wegen dem Kuss?“ Tetsuo sah ihn verstört an. Hallo?! Warum sollte er nicht sauer sein?! „Bitte was?! Ist das gerade dein Ernst?!“ Kaneda fasste sich dann mit der rechten Hand an den Hinterkopf und kratzte sich etwas unbeholfen und beschämt. Sprach dabei lieb und frech: „War ich echt so schlecht?“ Tetsuo sah ihn nur an…War das für ihn ein Spiel?! Er fauchte: „Was hat das denn damit zu tun?! Veraschst du mich gerade Kaneda?!“ Er drehte sich auf dem Bike zu ihm um und machte die Süße aus. Stand auf und lehnte sich gegen diese, als er brüllte: „Du hast mich vor allen da unten fast aufgefressen als wäre ich etwas Süßes und fragst mich ob ich sauer bin?! Wegen etwas wozu du mich gezwungen hast?! Wie bescheuert bist du eigentlich?!“ Kaneda blieb aber ruhig, Tetsuo war schon sauer für drei Leute, reichte also. Er wollte die Stimmung lockern, so wie immer. Und so wie immer war das bei dem PsyKi nicht gerade einfach. „Es war scheiße von mir. Okay ich weis das. Aber ich wusste nicht was sonst zu tun war. Es tut mir leid Tetsuo.“ „Es tut dir leid?! Es tut mir leid zieht nicht Kaneda!! Du hast mich…!“ Er verstummte plötzlich. Das ganze Gebrülle war ihm doch nach einer Weile etwas zu viel und er musste erst mal wieder Luft holen…und sich beruhigen. Kaneda vollendete den Satz: „…dich bloßgestellt? Wenn du das so siehst…dann tut es mir erst recht leid Tetsuo.“ Der PsyKI sah zu ihm auf. Und sie sahen sich nur eine Weile an. Kaneda blieb auf gesunden Abstand und erklärte sich dann weiter. Er musste ehrlich sein. „Ich wollte nicht dass du von einem anderen geküsst wirst…Dieses ganze Spiel war eine scheiß Idee gewesen! Und ich hoffe das du mir verzeihen kannst. Ich…“ Er sah kurz weg und suchte die richtigen Worte. Aber Kaneda wäre nicht Kaneda wenn er nicht das folgende sagen würde…Er sah wieder auf und grinste leicht frech: „Ich hab mir echt Mühe für dich gegeben...“ Und Tetsuo lief wieder rot an. Dieser…dieser Idiot. Es wäre ihm lieber gewesen von jemand anderem geküsst zu werden weil…weil er Kaneda nämlich gern hatte. Und nach diesem Kuss…mochte er ihn noch mehr. Als sie sich geküsst hatten konnte er es spüren…Spürte was für ein gutes Herz und für ein guter Mensch Kaneda war. Ihre Seelen hatten sich erneut berührt in dem Moment. Und deswegen hatte Tetsuo auch erwidert. Weil Kaneda ihn verschlang. Sein gutes Herz und seine Seele verschlangen ihn in dem Moment. Es gab nur noch das Gefühl des Kusses…und Kaneda. Und das machte Tetsuo Angst. Angst er…er könnte sich verlieben. Denn er durfte sich nicht verlieben. Nicht in einen normalen Menschen. Das würde keiner in seiner Heimat, keiner auf dieser Welt akzeptieren… Er wand sich leicht ab und sah wieder auf den Boden. Aber dieses Mal…mit leichter Trauer. Was Kaneda nicht entging. Und dann sprach der PsyKI leise: „Tut das nicht…geb dir keine Mühe. Es…das ist es nicht wert…“ Kaneda sah ihn an. Wenn es das wirklich nicht wert war…warum war er dann so traurig deswegen? Warum gab er Kaneda das Gefühl, dass er es selber wollte? Was hielt ihn davon ab? Denn es war sicher irgendetwas…Tetsuo war noch immer leicht errötet... Dieser Blödmann... das war sein erster Kuss gewesen... Eine laute Tür schepperte hinter ihm zu und beide sahen dahin. Kai kam die Treppe hoch gerannt und brüllte: „Kaneda!! Wir haben Probleme!“ Sofort war der Ältere aufmerksam und fragte besorgt: „Was ist los?!“ Kai kam vor ihm zum stehen und sprach: „Es…es geht um Mad Hatter!...Er hat sich mit den Neuen Kindern zusammengetan!!“ Erschrocken sahen ihn Kaneda und Tetsuo an. Der Abend war gelaufen. Und der kommende Tag konnte nur noch schlimmer werden… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)