Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz von uk ================================================================================ Kapitel 50: Rückkehr aus der Hölle ---------------------------------- Loki wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit er sich aufgeteilt hatte. Seit sein Zwilling dieser dunklen Dimension hatte entkommen können, um ihrer beider Leben zu retten. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. In seinem Bewusstsein gab es nichts anderes mehr als Schmerz. Hatte er wirklich einmal geglaubt, die Hölle kennen gelernt zu haben? Welch fataler Irrtum! Die Hölle, das war das Hier und Jetzt, die Geister, die dafür sorgten, dass er ohne Unterlass gepeinigt wurde - und die sich an seiner Qual weideten. Dabei war diese nicht nur körperlich, obwohl er sicher war, dass es keine Nervenzelle in seinem Leib mehr gab, die nicht in Flammen stand. Nein, was fast noch schrecklicher war, waren die Erinnerungen seiner Opfer. Die Bilder. Er hatte sie ja schon vorher zur Genüge gesehen, in seinen Alpträumen. Doch da waren es trotz allem nur Bilder von aussen gewesen, sogar in jenen Momenten, wo er gemeint hatte, mittendrin zu stehen, mit den Opfern zu verschmelzen, die er hinterlassen hatte. Wieder ein grässlicher Irrtum! Nun WAR er die Opfer selbst... Ein Geräusch vom anderen Ende der Höhle liess ihn zusammenfahren. Oh nein, sie kamen zurück! Manchmal liessen sie ihn über einen längeren Zeitraum hinweg allein – wie lange, hätte er allerdings nicht zu sagen vermocht – doch wenn sie dann wiederkamen, waren sie immer schlimmer als zuvor. Er stöhnte und versuchte, sich von ihnen wegzuschieben. Ein sinnloses Unterfangen, wie immer. Er stiess nur an die glühend heisse Wand in seinem Rücken. Er brannte bereits so sehr, dass ihm dieser zusätzliche Schmerz kaum noch etwas ausmachte. Viel schlimmer war die Angst, die wie ein böses Tier durch seine Glieder kroch. Was würden sie diesmal mit ihm anstellen? Er wusste, dass eigentlich nichts von dem hier wirklich geschah. Es passierte nur in seinem Kopf... Aber dort so effektiv, dass es jeden noch so grauenhaften Alptraum wie ein süsses Märchen aussehen liess. Die Schmerzen waren echt, auch wenn sie ihm nicht das Geringste anhaben konnten. Eigentlich. Genau wie bei der Folter in Asgard blieb er auch hier völlig unversehrt. Theoretisch. Praktisch hatte er mit jeder Sekunde mehr das Gefühl, es nicht mehr länger ertragen zu können... Sie waren inzwischen viele, seine Peiniger. Er wusste nicht, ob alle seine toten Opfer hier versammelt waren, doch er hatte wenig Anlass, daran zu zweifeln. Sie sprachen nie mit ihm – aber das war auch nicht nötig. Ihre Blicke aus den leeren Augenhöhlen in ihren Schädeln sagten genug... Da waren sie, er konnte ihre Umrisse erkennen. ‘Nein, bitte nicht schon wieder!’ schrie es in ihm. Aber kein Laut entrang sich seinen ausgedörrten Lippen. Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, zu betteln. Es würde sie im Gegenteil nur noch wütender machen. Also beschränkte er sich darauf, gegen die stummen Wände zu flehen... In Gedanken. Er konnte wirklich nicht mehr. Obwohl, wie er sich gleich mit bissigem Galgenhumor eingestand, ein solcher Gedanke dämlich war: als ob es darauf ankäme, was er konnte - oder gar wollte! Trotzdem... Würden sie denn nie genug davon kriegen, ihn zu peinigen? Oder ihm wenigstens zwischendurch eine Atempause gönnen? Denn unabhängig davon, ob sie nun anwesend waren oder nicht - seine Qualen ebbten nie ab. Die leisen, kaum hörbaren Schritte kamen näher, und Loki begann zu zittern. Er hasste sich selbst für seine erbärmliche Angst, aber konnte nichts dagegen tun. Und da sie leider nur zu berechtigt war, war es im Grunde genommen auch idiotisch, den Helden spielen zu wollen. Als ob man dazu noch in der Läge wäre, wenn man ohne Unterbruch gequält wurde! Die ersten Geister wurden sichtbar, und Loki spürte, wie er wieder versucht war, laut um Gnade zu betteln. Nur das absolut sichere Wissen, dass sie ihn - genau wie einst Thor - dafür bestrafen würden, dass er so etwas überhaupt wagte, hielt ihn davon ab. Doch in ihm drin schrie es pausenlos... Aber als sie nun langsam näher kamen, spürte er sofort, dass etwas anders war. Seine panischen Gedanken verlangsamten sich, und er starrte die Ankömmlinge prüfend an. Er hätte nicht zu sagen vermocht, woran die Veränderung lag. Waren es ihre Blicke? Ihre Haltung? Als einer von ihnen plötzlich sprach, meinte er zu träumen, so unwirklich war es, nach all der Zeit mal wieder den Klang einer Stimme zu hören. «Wir lassen dich gehen.» sagte der Geist unbewegt. «So wenig du es verdient hast – aber die Welt braucht dich.» «Das ist deine letzte Chance.» sagte ein zweiter. «Rette die Welt, und du kommst nie wieder hierher.» Was war denn das für ein neues Spiel? Hoffnung säen, wo es keine gab? Denn ernst meinen konnten sie das ja wohl kaum... Aber ehe er den Gedanken zu Ende führen konnte, spürte er, wie die heisse Felswand in seinem Rücken merklich abkühlte, die flimmernde Luft klarer wurde und seine Schmerzen – ein Wunder! – nachzulassen begannen. Und dann öffnete sich vor seinen fassungslosen Augen plötzlich ein Portal... «Geh!» zischten die Geister im Gleichklang. «Ehe wir es uns anders überlegen!» Da rappelte Loki sich hoch, ohne nachzudenken, und taumelte der Wand entlang auf das Portal zu. Er wunderte sich darüber, dass er überhaupt in der Lage war, zu gehen. Doch dann merkte er bei jedem Schritt, wie seine Kräfte langsam zurück kehrten. Er rechnete damit, im letzten Moment wieder zurück gerissen zu werden. Es konnte nur so sein, dass sie mit ihm spielten wie die Katze mit der Maus! Etwas anderes war nicht denkbar... Sie liessen ihn nach vorne torkeln in der Hoffnung, entrinnen zu können - nur um ihn dann daran zu erinnern, dass es kein Entrinnen gab. Und er war auch noch so dumm, darauf herein zu fallen! Aber er konnte nicht anders. Denn tief in seinem Inneren war da dieses kleine 'vielleicht'... Fast schon panisch warf er einen Blick zurück: die Geister standen immer noch unbeweglich da, schienen jedoch gleichsam ins Hintere der Höhle zu verschwinden. Loki wandte sich wieder um. Das Portal war nur noch wenige Zentimeter entfernt. Ein letztes Stöhnen, ein letzter Anflug von heisser Angst, ein letzter zitternder Schritt... ...und er stand wieder in dem Stollen, aus dem er entführt worden war! Hinter ihm schloss sich das Portal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)