Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz von uk ================================================================================ Kapitel 24: Der Gott der List ----------------------------- «Wie ist das möglich?» Loki fand endlich Zeit zum Gespräch mit Thor während ihres erneuten Fluges nach Europa. «Wieso habe ich meine Magie auf einmal zurück? Ist das nur... temporär?» Thor setzte sich auf die bequeme Liege in Lokis Kammer im Privatjet von Stark und schlug die Beine übereinander. «Weisst du noch, aus welchem Grund ich damals meine Kraft zurückerhalten habe?» Lokis Augen weiteten sich. «Aber Odin sagte doch, bei mir wäre das nicht möglich...» «Das sagte er.» Thor schmunzelte leicht. «Aber gemeint hatte er was anderes.» «Dann... bleibt es also wie es ist?» Loki musste sicher sein. Er musste wissen, ob er eine permanente Hilfe für die Avengers sein konnte – oder ob sich das wieder ändern würde. Aber Thors nächste Worte beruhigten ihn. «Natürlich bleibt das. Einmal gebrochen, lässt sich das Siegel deiner Kräfte nicht wieder schliessen. Einzig duch unseren Vater... aber erstens ginge das nur, wenn du ihm gegenüberstehst, und zweitens hätte er keinen Grund dazu. Denn die Tatsache, dass du deine Kräfte zurückerhalten hast, bedeutet, dass du dich wirklich verändert hast.» «Habe ich das?» fragte Loki nachdenklich. Jetzt, da er sozusagen wieder der Alte war, fürchtete er plötzlich, dass er sich wieder in den widerlichen Kerl verwandeln würde, der er einst gewesen war. Als habe Thor seine Gedanken erraten, sagte er: «Loki, ich glaube an dich. Du bist anders. Ganz anders. Vielleicht hast du es selbst noch gar nicht richtig gemerkt, aber der Mann, den ich das letzte Mal erlebt habe, hätte sich niemals vor einen Roboter geworfen um das Leben eines sterblichen Menschen zu retten. Und das mit der sicheren Aussicht auf den eigenen Tod.» Loki starrte ihn an. So sehr Thors Worte auch der reinste Balsam waren – die Erinnerung an das, was er ihm alles angetan hatte, lastete immer noch schwer auf ihm. «Ich bin echt der mieseste Bruder, den du haben konntest.» entfuhr es ihm bitter. «Red' keinen Unsinn!» gab der blonde Muskelprotz scharf zurück. «Ich habe auch so einiges getan, auf das ich alles andere als stolz bin. Und das nicht erst in jüngster Zeit.» «Lassen wir das.» Loki wollte das Thema lieber nicht weiter vertiefen. Was geschehen war liess sich nicht mehr rückgängig machen. Er erhob sich und starrte auf den Bildschirm, der fix an der Wand montiert war. «Es kann nicht mehr lange dauern, bis Ultron den Köder schluckt. Dann sollten wir bereit sein.» Thor wusste, was sein Bruder meinte. Er hatte im Netz eine Spur gelegt, der Ultron garantiert folgen würde: angeblich war der Gedankenstein in Lokis ehemaligem Zepter eine Fälschung, und Loki hatte nun mittels scheinbar sicher verschlüsselter Software Kontakt mit demjenigen aufgenommen, in dessen Besitz sich der echte Stein befand. Er hatte es so aussehen lassen, als habe er nichts unversucht gelassen, um seine digitale Spur im Internet zu verschleiern und eine Nachverfolgung seiner Kontaktaufnahme mit dem fiktiven Mittelsmann zu verunmöglichen. Eine falsche Fährte, der Ultron mit Sicherheit nachgehen würde – zumal Loki dank seiner Magie und seiner ehemaligen engen Verbindung zum echten Infinity-Stein dessen Wirkung vorübergehend hatte einfrieren können. Sollte Ultron den Stein jetzt benutzen oder zumindest testen wollen, würde er ihm als unbrauchbares - wenn auch nach wie vor hübsches - Schmuckstück erscheinen. Auch wenn Thor ehrlicherweise nicht genau nachvollziehen konnte, wie sein Bruder das angestellt hatte, zweifelte er nicht an Lokis Worten. Aber er staunte. Loki hatte ihm zwar inzwischen gestanden, dass er vor ihm und allen anderen immer geheim gehalten hatte, wie gross seine magischen Fähigkeiten tatsächlich waren, aber er begriff erst jetzt langsam, was das genau bedeutete. Loki hatte ihnen allen den weitaus Schwächeren vorgespielt, als er in Wirklichkeit war, um sie zu täuschen und dafür zu sorgen, dass sie ihn für einen weniger gefährlichen Gegner hielten, als es den Tatsachen entsprach. Was Asgard oder der Erde gut und gerne hätte zum Verhängnis werden können, wenn Lokis frühere finstere Pläne geglückt wären, wurde nun zu einer riesigen Hoffnung in ihrer derzeitigen schwierigen Lage. Sein Bruder konnte sich nicht nur an jeden beliebigen Ort auf jeder der neun Welten teleportieren, sondern auch sein Bewusstsein innerhalb einer Welt fast unbegrenzt ausdehnen. Das erlaubte ihm, über riesige Distanzen hinweg Lebewesen zu beeinflussen. Oder Maschinen wie dieser Ultron. Oder sogar einen Infinity-Stein. Würde Ultron erst einmal angebissen haben, würden sie ihn erwarten. Und da sich Lokis angeblicher Besitzer des scheinbar echten Steins in unmittelbarer Nähe zur Hydra-Basis aufhielt, würden Thor und die Avengers den Roboter so lange ablenken, bis Loki sich den Infinity-Stein im Keller der Basis geschnappt hatte. Gelingen konnte das nur, wenn Ultron anderweitig beschäftigt war und so die ganzen Chitauri-Androiden, die dort lagerten und von ihm kontrolliert werden konnten, nicht einsetzte. Einen kleinen Teil davon würde er zwar sicher zur Jagd auf den Stein mitnehmen, aber niemals alle. «Wir könnten es natürlich auch auf einen offenen Kampf ankommen lassen und einfach nochmal die Festung stürmen,» hatte Loki gemeint. «Aber meiner Erfahrung nach wäre das keine sehr gute Idee. Es sind tausende dieser Androiden in der Basis gebunkert.» Thor hatte ihm sofort zugestimmt: ein Kampf gegen eine solche Übermacht an Chitauri-Androiden wäre fast wahnsinnig und nur dann eine Option, wenn sie keine andere Wahl mehr hatten. Zumal keiner von ihnen so genau wusste, wie diese künstlichen Intelligenzen funktionierten, denn beim Angriff auf New York waren hauptsächlich die Chitauri selbst ins Feld gezogen. Ihre Android-Kopien waren sozusagen der Plan B gewesen, der nach der Deaktivierung des Hauptschiffes und dem damit verbundenen Zusammenbruch des gesamten Neuronalnetzwerkes der Ausserirdischen nicht mehr zur Anwendung gekommen war. Nein, Lokis List war genial und konnte gelingen. Aus diesem Grund waren sie alle jetzt wieder auf dem Weg nach Sokovia. Thor machte sich allerdings heftige Vorwürfe, dass er dieses geheime Versteck nicht entdeckt hatte, und Lokis Versuch, ihn damit zu trösten, dass er ja nichts davon habe ahnen können, half auch nicht wirklich. Auch wenn sein Bruder natürlich Recht hatte – Loki selbst wusste es ja auch erst, seit er in Ultrons Bewusstsein eingedrungen war – fühlte Thor sich als Versager. Auf einmal wurde Loki hellhörig. Noch ehe er die Bestätigung am Bildschirm erhielt, sagte ihm sein magischer Sinn bereits, dass Ultron angebissen hatte. Er war auf dem Weg zum Köder. An Bord von Tony Starks 'Golden Eagle' befanden sich diesmal ausser den Avengers und Melinda Crave auch noch Maria Hill, Sam Wilson und James Rhodes, genannt Rhodey. Loki hätte die neuen, vor allem diesen 'Falcon' und 'War Machine', allerdings lieber zurück gelassen, denn bei einem solchen Einsatz konnte es verheerend sein, unbekannte Grössen dabei zu haben. Die übrigen Avengers kannte er: ihre Schwächen genauso wie ihre Stärken. Bei den Neuen wusste er nur das, was er in ihren Gehirnen sehen konnte - was weniger befriedigend war als die Erfahrung, sie sozusagen 'live' erlebt zu haben. Aber er wusste, dass er nicht in der Position war, Bedingungen zu stellen. Ausserdem vertraute Thor ihnen, und das musste dann wohl genügen. Die Avengers würden sich zusammen mit Falcon alias Sam Wilson, War Machine alias Rhodey und den beiden S.H.I.E.L.D.-Agentinnen Ultron stellen und ihn solange hinhalten, bis Loki mit dem Infinity-Stein heran war. Er und Thor wären danach in der Lage, durch die Macht des Steins und ihrer gemeinsamen Kraft Ultrons Existenz auszulöschen. Zumindest hoffte Loki, dass er sich da nicht verrechnet hatte. Aber er war sich eigentlich ganz sicher, dass dieselbe Macht, die Ultron erschaffen hatte, auch seine Vernichtung herbeiführen konnte. Und Ultron verdankte seine Existenz dem Gedankenstein in seinem ehemaligen Zepter. Und natürlich Tony Stark, der mal wieder mit etwas herumgespielt hatte, das er nicht mal ansatzweise kontrollieren konnte. Sobald Thor und die anderen weg waren, teleportierte sich Loki in die Basis rein. Er spürte genau, wo das Zepter mit dem Stein gelagert wurde, und brauchte daher nur seinen Instinkten zu folgen. Wie anders war es doch jetzt, wieder hier zu sein! Nicht als nutzloses Anhängsel, sondern wieder im Vollbesitz seiner Fähigkeiten. Trotzdem beging Loki nicht den Fehler, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen. Er war sich sicher, dass Ultron das Zepter – auch wenn er den Infinity-Stein darin momentan für eine Fälschung hielt – nicht unbeaufsichtigt lassen würde. Und er sollte sich nicht getäuscht haben. Rund hundert aktivierte Chitauri-Androiden erwarteten ihn, als er am Ziel angelangt war. Es hatte keinen Sinn, sich unsichtbar machen zu wollen, das wusste Loki: nur die Sinne von biologischen Lebewesen liessen sich dahingehend täuschen, dass er, obschon direkt vor ihren Augen, nicht sichtbar war. Bei künstlichen Intelligenzen funktionierte dieser Trick leider nicht. Sei's drum, es ging auch anders. Als sie ihn geschlossen angriffen, kopierte er sich selbst mehrfach und sorgte so für genügend Verwirrung, um die Androiden wenigstens eine Weile abzulenken und ausreichend zu beschäftigen. Es gelang ihm auf diese Weise, rund dreissig von ihnen bereits in den ersten Minuten zu zerstören. Aber es war schwieriger, an den Stein heranzukommen, als er gehofft hatte. Die Androiden hatten ihn mit einer energetischen Sperre umgeben, die es Loki unmöglich machte, das Zepter einfach mittels Gedankenkraft an sich zu reissen. Er musste es wohl oder übel auf die gute alte manuelle Art tun... Gedacht, getan: er rannte im Zickzack an den kämpfenden Androiden vorbei und löschte auf seinem Weg weitere zehn von ihnen aus. Da spürte er plötzlich einen reissenden Schmerz an der linken Seite: einer der Strahlen hatte ihn getroffen. Mit einer raschen Drehung warf er sich auf den Boden, sodass der zweite Laserstrahl über seinen Kopf hinwegschoss. Seine Rechte schnellte nach vorn, und der Energiestoss daraus zerstörte den Androiden. Der Schmerz in Lokis Seite ebbte so schnell ab, wie er gekommen war, und flüchtig dachte er daran, wieviel angenehmer Verletzungen doch waren, wenn sie innert Sekunden wieder verheilten. Wenn er richtig gezählt hatte, waren inzwischen nur noch rund etwas über fünzig Androiden übrig. Loki erschuf nochmals ein paar Kopien seiner selbst, da die ersten inzwischen alle zerstört worden waren. Das machte natürlich nichts, denn auf seine künstlichen Zwillinge durften die Roboter gerne feuern. Und da Loki mehr konnte als blosse Hologramme herzustellen, waren seine anderen Ichs durchaus in der Lage, den Feind erfolgreich zu bekämpfen. Nur noch ein paar Schritte, und er würde das Zepter greifen können. Um die Sperre machte er sich keine Gedanken: seine Magie würde diese problemlos durchbrechen, wenn er heran war. Doch da stellte sich ihm plötzlich ein neues Hindernis in den Weg. Eine junge Frau tauchte hinter dem Tisch, auf dem das Zepter schimmerte, auf. Ihre langen, rotblonden Haare flatterten, ihre Augen glühten dunkel und auf ihren Handflächen bildeten sich magische Energiekugeln. 'Nanu,' wunderte sich Loki, 'wo kommt denn die Kleine auf einmal her?' Er wollte es herausfinden, indem er in ihren Kopf eindrang, stellte aber zu seiner grössten Verblüffung fest, dass sie es schaffte, ihn zu blocken. «Nicht schlecht!» sagte er laut, «Du bist der erste Mensch, der es hinkriegt, mir den Zutritt zu seinen Gedanken zu verwehren. Wenn ich Zeit hätte würde ich dich glatt nach deinem Namen fragen. Aber ich habe keine Zeit.» Seine Hand hob sich, doch sein Energiestrahl traf auf diejenigen der jungen Frau. Die Wucht des Aufpralls riss Loki fast von den Füssen. Seine Augenbrauen fuhren in die Höhe. «Hoppla, du willst mir wohl Probleme machen..? Ich frage mich nur warum. Arbeitest du etwa echt für diesen potthässlichen Blechkassten?» «Mein Name ist Wanda!» gab die Frau mit deutlich slawischem Akzent zurück. «Und ich helfe jedem, der dafür kämpft, Tony Stark zu vernichten.» «Oh wie nett: ich bin mal nicht das Hauptziel!» Loki antwortete in ihrer Muttersprache, was sie deutlich überraschte. «Aber so leid es mir auch tut, dir das sagen zu müssen, Wanda: diese Maschine ist ganz sicher nicht dein Freund.» «Jeder Feind von Tony Stark ist mein Freund.» zischte sie und hob ihre Hände wieder. «Ich würd' ja gerne weiter mit dir plaudern, denn bestimmt steckt eine interessante Geschichte hinter deiner Wut auf Stark,» erwiderte Loki mit einem flüchtigen Grinsen, «aber wie ich schon sagte: ich habe keine Zeit.» Er liess sich fallen und teilte sich dabei in mehrere Kopien auf. Die Frau fiel auf den Trick herein: während sie sich mit den falschen Lokis beschäftigte, gelang es ihm, an ihr vorbei zu hasten und den Tisch mit dem Zepter zu erreichen. Doch gerade, als er danach greifen wollte, riss ihn etwas von den Beinen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)