Miraculous Ladybug ~ Wahre Lügen von Sparkis ================================================================================ Kapitel 7: Erntezeit -------------------- ~Marinette~ ---------------- Marinette gähnte hinter vorgehaltener Hand und tappte durch das dämmernde Paris, welches langsam aus seiner Nachtruhe erwachte. Es war noch frisch, der Tau glänzte auf den Rasenflächen und angelegten Blumenbeeten. Die Vögel trällerten ihren Morgengruß. Nur vereinzelt waren schon Menschen unterwegs. Die Bluenette grüßte einen Straßenfeger und huschte über einen Zebrastreifen. Tief atmete sie ein und genoss die Atmosphäre des jungen Morgens und den köstlichen Geruch, der aus der Tüte strömte. „Marinette, ich hab Hunger!“ flüsterte die kleine rote Gestalt aus der geblümten rosanen Umhängetasche. „Gedulde dich bitte Tikki. Nachher können wir essen. Jetzt muss ich die Bestellung pünktlich abgeben.“ Der Kwami kicherte: „Gib es zu, du hoffst Adrien zu sehen!“ Natürlich hoffte Marinette das. Doch statt einer Antwort errötete sie nur. Doch sie kannte ihre Quote in die Villa Agreste zu kommen. Meistens ging nur der Briefkasten auf. Als sie endlich das große vergitterte Tor erreichte zögerte das Mädchen. Sie brauchte doch jetzt nur klingeln, das Gebäck abgeben und nach Hause gehen. Und doch war sie schrecklich nervös. Aber es half ja nichts. Ihre Eltern hatten ihr diesen wichtigen Auftrag gegeben und sie würde nicht kneifen und einfach die Tüte abstellen, um dann heimlich zu verschwinden. Marinette war wirklich versucht… doch dann nahm sie ihren Mut zusammen und schellte. Augenblicklich öffnete sich das Kameraauge und studierte sie. „Ja?“ fragte eine unfreundlich klingende weibliche Stimme aus dem kleinen Lautsprecher neben dem Klingelknopf. „Äh…“ sag was Marinette. „Äh… Boulangerie Dupain-Cheng… sie haben bei uns bestellt… also bei meinen Eltern. Ich bin Marinette… ich war schon öfters hier… also hier an der Tür… ich bin in Adrien… quatsch in Adriens Klasse und…“ Scharrend ging die Tür auf. Erstaunt beobachtete die Bluenette wie das Eisen ihr den Weg freigab. Einfach so… langsam ging sie über den Vorhof und die Stufen zur Haustüre hoch. Als diese geöffnet wurde erwartete sie die Assistentin von Adriens Vater zu sehen. Vielleicht auch seinen Bodyguard. Doch als sie in das strahlende Gesicht ihres Schwarm sah fiel Marinette fast die Tüte aus dem Arm. „Marinette komm rein!“ Adrien trat zur Seite und das Mädchen folgte der Aufforderung. Die Eingangshalle war weitläufig und kühl. In Schwarz-weiß gehalten. Zwei große Blumenkübel neben der Tür. Unwohl sah sich Marinette um und erschauderte, als das junge Model neben sie trat. „Äh… deine Bäckchen… äh nein Brötchen! Dein… euer Gebäck… die Bestellung… hier!“ Fahrig drückte die Bluenette ihrem Schwarm die Tüte in die Hände und wollte sich umdrehen, doch seine melodische Stimme unterbrach ihr Vorhaben: „Bleib noch einen Moment. Ich wollte dich etwas wegen dem Schulstoff fragen. Das ist doch in Ordnung oder Natalie?“ Marinette hatte sie gar nicht bemerkt, doch die Frau mit dem strengen Dutt stand neben einer der Türen, nickte und kam dann herüber um Adrien die Gebäcktüte abzunehmen. „Aber beeil dich bitte. In fünfzig Minuten müssen wir aufbrechen zur Schneiderei.“ Natalie wandte sich um und verlies die Halle durch die Tür, vor der sie bis eben gestanden hatte. „Komm!“ Adrien packte die völlig überforderte Bluenette an der Hand und zog sie die große Treppe nach oben und in sein Zimmer. Erst hier löste er seinen Griff und ging zu seinem Schreibtisch. Wie bestellt und nicht abgeholt stand nun das Mädchen mit den schwarzblauen Zöpfen zwischen den Skateboardrampen, welche die Zimmertür einrahmten und trat unruhig von einem Bein aufs andere. Ihre Hände zuppelten an dem Band der Umhängetasche herum. Marinette war zu aufgeregt um all die Eindrücke, die gerade auf sie einprasselten zu verarbeiten. Sie stand in Adriens Zimmer! In ADRIENS Zimmer! Einfach so. „Könntest du mir das erklären?“ Marinette zuckte zusammen und sah zu ihrem Schwarm, der ihr ein Blatt entgegenhielt. Etwas staksig bewegte sich das Mädchen zu ihm hinüber und nahm das Blatt entgegen. Die Buchstaben und Zahlen verschwammen vor ihren Augen. Angestrengt krallte die Bluenette die Finger in das Papier und versuchte sich zu konzentrieren. Dazu wäre es gut gewesen sich zu beruhigen, aber genau das wurde in dem Moment unmöglich, denn Adrien stellte sich neben sie und sagte etwas. Ihr Blut rauschte wie die Niagarafälle in Marinettes Ohren und sie konnte nichts hören. Der Blonde berührte sie an der Schulter als er sich vorbeugte und mit dem Finger der anderen Hand auf eine Aufgabe zeigte. Das Mädchen hörte auf zu atmen. So nah! So nah! So nah war Adrien ihr nicht mehr seit Chloes Party gekommen, wo sie zusammen getanzt hatten. Aber da waren viele Leute gewesen. Hier waren sie allein. Nur sie Beide! In seinem Zimmer! Der junge Mann wandte sein Gesicht zu der Salzsäule, die mal Marinette geheißen hatte und stutzte. „Ist alles ok?“ Keuchend schnappte die Bluenette nach Luft und flüchtete zwei Schritte in den Raum. Ihr fast blau angelaufenes Gesicht normalisierte sich auf ein peinlich berührtes Rot. Adrien sah ihr sprachlos nach und lächelte dann. „Du weißt die Antwort auch nicht oder?“ Er schenkte ihr sein gewinnendes Grinsen und legte das Blatt zurück. Antwort? Marinette hatte ja nicht mal die Frage verstanden. In ihr tobte ein Gefühlssturm. Das Herz wollte ihr aus der Brust springen. Das musste der Blonde doch hören, oder ihr zumindest ansehen, aber er lächelte nur unbeteiligt und kam erneut auf sie zu: „Was ich dich noch fragen wollte… was hast du gestern vor meinem Haus gemacht? Wolltest du mich besuchen?“ Schweißperlen sammelten sich auf Matrinettes Stirn. Panisch versanken ihre Augen in den abwartenden von Adrien. Schnell sag was! Lippen bewegt euch. Irgendwas würde da schon rauskommen. „Iiirgh..un…mööö…en…“ Gut, das war nicht gerade das erhoffte Ergebnis ihres Sprechversuchs gewesen. Die Augenbrauen des jungen Mannes gingen kurz nach oben. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und betrachtete seine Klassenkameradin von oben bis unten und zurück, während Marinette immer noch dastand, als hätte man sie bei der Flucht unterbrochen. Abwartend stand ihr nun dieser viel zu gut aussehende junge Mann gegenüber. Komm schon Hirn! Irgendein brauchbarer Satzhaufen musste doch zu finden sein, den das Mädchen hochwürgen konnte. „Heim…weg…“ „Was?“ Adrien legte den Kopf schief. Die Bluenette stellte sich entspannter hin, zumindest hoffte sie so zu wirken und wippte auf ihren Fersen herum, die Hände verkrampft, auf der Unterlippe kauend und mit den Augen den Boden studieren. Es war ein schöner Boden! Der würde sie sicher auffangen, wenn sie in den nächsten Sekunden ohnmächtig würde. „Ich wollte heim zu dir… äh heim zu mir! Und bin zu dir gelaufen… nein, zufällig hier vorbei gelaufen.“ Gott, bitte das musste er glauben. Sorry ich war in Gedanken und bin vor deiner Tür gelandet, weil ich hoffnungslos in dich verknallt bin, kam sicher nicht so gut. „Aber du wohnst doch in der anderen Richtung von der Schule?“ Verdammt, warum musste der Typ auch noch gut in Geographie sein? Gut aussehen und auch noch intelligent sein sollte verboten werden. „Aaaah… eeeh… iiich… wollte… mal woanders lang laufen!“ Während ich mir den Kopf zerbrochen habe was ich an Chat Noir anziehend finde und befunden habe, dass du immer noch der tollste Junge unter der Sonne bist. Oh konnte jemand ihren Gedanken einen Maulkorb anlegen bitte! Zweifelnd musterte Adrien sie und verschränkte nun die Arme vor der Brust. Er wirkte enttäuscht. „Ach so und ich hatte schon gehofft du hättest mich besuchen wollen.“ Das hatte er jetzt nicht gesagt? Marinette blinzelte und blickte nun in dieses herrliche frühlingshafte Grün von dem die Augen des Blonden waren. Vorsichtig lockerte das Mädchen mit den Zöpfen ihre Haltung und gestand kleinlaut: „Hätte ich gern gemacht…“ Nun veränderte sich auch der Ausdruck des jungen Models. Verlegen legte er sich eine Hand in den Nacken und sah betreten weg. „Äh… gut, mach das doch einfach das nächste Mal. Sorry, ich hab leider bis zur Fashion Week kaum Zeit. Bin ziemlich verplant. Aber wenn möglich…“ Er schluckte und straffte dann die Schultern: „Sonst alles ok? Bei dir?“ Marinette sah ihn aus großen Augen an und lächelte dann schüchtern. „Alles gut.“ „Und in der Schule? Was macht unsere Klasse?“ Jetzt musste Marinette tatsächlich überlegen. Was sollte sie sagen? Am besten die Wahrheit: „Die kauen alle noch an dem letzten Akuma Angriff. Alle denken, dass Ladybug und Chat Noir Stress miteinander haben.“ „Glaubst du das auch?“ Adrien klang plötzlich sehr interessiert. Die Bluenette scharrte leicht mit dem rechten Fuß über den Boden und knibbelte ihre Finger. Dann wiederholte sie einfach, was ihre Freundin Alya zu dem Thema gesagt hatte: „Äh… ich denke wir sollten abwarten, was die Beiden selber dazu sagen. Aber bis jetzt hat… keiner von ihnen sich blicken lassen und ein Statement abgegeben.“ Der blonde junge Mann schien nachzudenken und legte eine Hand an sein Kinn, die andere stemmte er in die Seite. Langsam nickte er. „Äh… kann ich dir bei noch was helfen? Sonst… ich muss langsam nachhause und dich frühstücken… äh… nein… du musst frühstücken!“ Adrien sackte die Hand vom Mund und Marinette lief noch röter an. Warum entwichen ihrem Mund immer so seltsame Versprecher. Gerade wollte sie sich entschuldigen, da surrte ihr Handy. Beide junge Menschen starrten hinunter zu Marinettes Hosentasche, aus der sie das Smartphone fischte. Auf dem Display stand Alya. Wenn man den Teufel nennt… „Entschuldige kurz!“ bat das Mädchen ihren Schwarm und nahm das Gespräch an. „Ja?“ „Marinette!!! Ein Akumaangriff! Komm schnell in den Park, dass musst du sehen!“ Wie immer klang die Rothaarige euphorisch wenn sowas schlimmes passierte. Und legte einfach auf. Die Bluenette starrte auf den nun wieder schwarzen Display und dann Adrien an. So laut wie Alya gesprochen hatte, musste auch er mitgehört haben. Zumindest erklärte das seinen nun ernsten Gesichtsausdruck. „Du hast es gehört… Alya will mir was zeigen. Ich muss los.“ Vorsichtig schlich sich Marinette an dem jungen Mann vorbei, der sie plötzlich am Arm packte. „Marinette…“ Überrascht sahen sich Beide an. Schon ließ Adrien sie wieder los: „Pass bitte auf dich auf!“ Die Bluenette lächelte und war schon an der Tür ehe sie zurück rief: „Du auch auf dich! Und lass dir die Croissants schmecken.“ ~Gael Marteau~ ---------------------- Das kleine Blumengeschäft Mille Fleurs hatte bereits früh an diesem Tag seine Tür geöffnet, um die frische Morgenluft in den Laden strömen zu lassen. Um anzuzeigen, dass eigentlich noch geschlossen war, stand das Ladenschild direkt im Eingang. Trotzdem war der Besitzer bereits fleißig dabei, die neu gelieferten Blumen und Pflanzen zu versorgen. Gael Marteau, ein schlaksiger Mann mittleren Alters liebte seine Arbeit. Zwar hatte sie seine Hände rau und die Fingerkuppen braun werden lassen, nie hatte er saubere Fingernägel, doch trotzdem würde er niemals aufhören Blumen zu hegen und pflegen. Ansonsten hatte er sich seit seiner Jugend nicht groß verändert fand er. Er war immer noch der Träumer mit einem wunderbaren Sinn für Humor. Dazu sein schier unerschöpfliches Wissen über die Bedeutung der Pflanzen in der Blumensprache. Etwas was seine Freunde sehr an ihm schätzten. Gael Marteau war ein pünktlicher Mann. Nie hatte er einen Termin übersehen oder nicht eingehalten. Dafür ging er mit Worten sparsam um. Reden brauchte er mit seinen Kunden nur das nötigste. Seine Arbeit sprach für ihn. Und die prächtig gedeihenden Pflanzen verstanden ihn auch so. Scharrend wurde das im Weg stehende Ladenschild verschoben und eine genervt dreinschauende junge Blondine schob sich in den Laden. Den Blick starr auf ihr Smartphone gerichtet. Gael Marteau hievte gerade einen Kübel pfirsichfarbener Rosen auf den Verkaufstresen und blickte verwirrt auf die Uhr. Er öffnete erst in mehreren Stunden. Die junge Kundin sah auf und sich im Laden um. „Wird man hier nicht bedient? Hallo-ho?“ Geal Marteau seufzte. Die schneidende Stimme bedeutete Stress. Dann wechselte er in den Verkäufermodus und kam hinter der Theke nach vorne: „Guten Morgen Mademoiselle. Verzeihen sie aber ich habe noch nicht geöffnet.“ Mit einem vor Verachtung triefenden Blick bedachte die Blondine ihn. „Was soll das heißen? Wissen sie nicht wer ich bin?“ „Bedaure Mademoiselle.“ Nun baute sich die junge Dame vor dem Blumenverkäufer auf, als befände sie ihn für absolut inkompetent. Vermutlich entsprach das in ihren Augen auch der Wahrheit. „Das ist inakzeptabel. Ich bin Chloe Bourgeois, mein Vater ist der Bürgermeister!“ Oha, ein Prinzesschen also. Gael Marteau seufzte innerlich. Das konnte heiter werden. „Pardon Mademoiselle Bourgeois. Womit kann ich behilflich sein?“ Chloe stolzierte durch den kleinen Laden als würde er ihr gehören, schnippste hier und da eine Pflanze an und rümpfte die Nase. „Was ist das hier?“ fragte sie schnippisch. Sofort war der Florist zur Stelle: „Was meinen sie Mademoiselle? Die Calla? Die Strelitzien? Oder vielleicht die Sonnenblumen?“ Die junge Frau blickte angewidert die genannten Blumen an und gleich darauf den hilfsbereiten Mann: „Wollen sie mich für dumm verkaufen? Was soll ich mit diesem Unkraut? Was ist das für ein Blumenladen ohne die Königin der Blumen? Nur die Rose ist meiner würdig!“ Gael Marteau schluckte alles was ihm im Moment auf der Zunge lag hinunter, knetete seine rauen Hände und lächelte gequält: „Mademoiselle, wie ich vorhin bereits angemerkt habe, ist der Laden noch nicht geöffnet und demnach noch nicht alle Blumen an ihrem Platz. Ich habe Rosen, doch bis auf die pfirsichfarbenden hier auf der Theke noch im hinteren Bereich. Schwebt ihnen eine bestimmte Farbe vor?“ „Was für eine dumme Frage! Rote natürlich!“ Der Florist nickte und verschwand hinter dem Perlenvorhang, der den Laden von seinem Lager- und Vorbereitungsraum trennte. Schnell fand er die verlangte Blume und brachte den schweren Kübel voller roter langstieliger Rosen nach vorne und stellte diese neben ihre helleren Schwestern. „Gefallen sie ihnen Mademoiselle? Wie viele darf ich ihnen richten?“ Chloe kam mit gekräuselter Nase näher und tippte mit einer Ecke ihres Handys gegen das spitze Kinn. Die andere Hand in die Seite drapiert. Als hätte Gael Marteau wieder etwas unglaublich dummes gesagt gab sie gehässig zurück: „Was soll ich mit einzelnen Rosen? Ich benötige ein Bukett! Und zwar ein prächtiges! Der Preis ist egal! Die Rechnung geht an Papilein… ich meine natürlich an Bürgermeister Bourgeois.“ Der Florist seufzte still in sich hinein: „Natürlich Mademoiselle. Wünschen sie nur Rosen oder noch…“ „Fragen sie nicht so blöde! Machen sie endlich! Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“ Fauchte die Blondine und stolzierte zum Schaufenster. Beruhig dich Gael, sprach sich der Mann selber zu. Er war genervte Kunden gewöhnt, aber nicht so früh am Morgen. Einen gewissen Grad an Höflichkeit konnte man doch verlangen. Aber gut… Er begann Rosen zu arrangieren, nahm Goldrute und Delphinium (Rittersporn) dazu, wand Schleierkraut ein, steckte noch mehr Rosen nach und bedachte den Rücken seiner jungen Kundin mit gespielter Freundlichkeit. „Mademoiselle, ist das Bukett für einen besonderen Anlass?“ Besser er fragte nach. Nicht, dass er Blumen verwendete die in ihrer Sprache unpassende Wünsche lieferten. Gern hätte er Narzissen verwendet, denn diese passten genau auf den Charakter vor ihm: Selbstsucht und Gleichgültigkeit. Aber das Delphinium musste reichen. In der Blumensprache stand diese für Untreue. Hatte er noch gelbe Nelken für Verachtung? Die Blondine würdigte Gael Marteau keines Blickes, sondern studierte den Inhalt ihres Smartphones: „Das geht sie nichts an! Aber wenn sie es unbedingt wissen müssen, der Strauß ist für Adri-Cherie. Meinem Freund! Zur Aufmunterung. Ist das nicht eine nette Geste von mir?“ „Gewiss Mademoiselle!“ Der Florist band Farne, Pistaziengrün und Typhagräßer ein und studierte sein Werk. Ein prächtiges Bukett war es geworden. Groß und anmutig. „Sind sie zufrieden Mademoiselle?“ fragte Gael Marteau und Chloe drehte sich mit geschürzten Lippen um. Entgeistert sah sie den wunderschönen Strauß an: „Was soll das sein? Der ist ja winzig! Das ist lächerlich! Absolut lächerlich! Sie können ja gar nichts! Hier kaufe ich nichts. Sicherlich weiß man woanders meine Wünsche zu respektieren!“ Und mit wehendem Haar schob sie sich neben dem Schild durch die Tür. Gael Marteau starrte ihr mit offenem Mund nach. Ungläubig betrachtete er den fantastisch schönen Strauß in seiner Hand und warf dann die Blumen vor sich. Er musste sich festhalten und griff nach der kleinen Gießkanne auf dem Tresen. Krampfhaft umklammerten seine Finger den Griff. Wo war der Stechginster der zu seiner aufbrodelnden Wut passte? Doch statt der Blume flatterte nur ein schwarzer Schmetterling mit violetten Schimmer durch die offene Tür und versank in der Kanne. Mit einem Schatten um die Augen richtete Gael Marteau sich auf und hörte eine wohlklingende sonore Stimme in seinem Kopf: „Monsieur Marteau, zerbrechen sie doch keine Blumenstiele, wenn sie ihre blühenden Freunde doch so lieben. Vergrößern sie stattdessen ihren Garten! Ich gebe ihnen die Macht, all diese Pflanzenzertrampelnden Menschen in zarte Gewächse zu verwandeln. Als Gegenleistung verlange ich von ihnen die Miraculous dieser Schädlinge Ladybug und Chat Noir!“ „Sie werden den Tag bedauern, an dem sie mir, Vertumnus über den Weg gelaufen sind!“ Und mit wabernden Nebelranken verschwand Gael Marteau in einem schwarzblühenden Rosenbusch. ~Marinette~ ---------------- Ladybug erreichte zeitgleich mit Chat Noir den Place des Vosges, der Park welcher normalerweise auf Marinettes Heimweg lag. „Guten Morgen MyLady? So früh schon aus dem Schönheitsschlaf erwacht?“ schnurrte der Kater und verbeugte sich übertrieben. Ladybug sah ihn an und drehte sich schnell beleidigt weg. Na toll, jetzt tauchte dieser Typ grinsend auf als sei nichts gewesen, nachdem er sie zwei Tage versetzt hatte. Ah Moment, nicht sie als Heldin, sondern sie als Marinette. Zerknirscht lächelnd drehte sich der Käfer wieder ihrem Partner zu, der immer noch in seiner Verbeugung da stand und ihren abfälligen Blick so nicht gesehen hatte. „Und du? Katzenwäsche beendet?“ das klang vielleicht etwas biestig. Ladybug musste sich sammeln und ihre persönlichen Gefühle vorerst verwahren. Es war nicht verwunderlich bei ihrem eisigen Ton, dass Chat Noir sich aufrichtete und sie fragend ansah: „Heute so ungehalten? Sag nur du bist ein Morgenmufffel?“ „Genau das! Vor dem Frühstück bin ich nicht zu gebrauchen!“ Gar nicht mal gelogen, denn noch hatte die gepunktete Heldin nichts im Magen. Aufmerksam bewegte sie sich nun über die Kieswege. Die Heldin mit den schwarzblauen Zöpfen konnte niemanden entdecken. Hatte Alya etwa einen anderen Park gemeint? Es war kein Name gefallen, aber normal trafen sie sich immer hier. Der schwarzgewandete Kater legte die Hände in den Nacken und schritt nun neben ihr. Dabei grinste er schelmisch: „Oh wenn das so ist, lade ich dich nachher gerne ein! Wie wäre das?“ Hmmm? Waren diese Blumenbeete neu? Ladybug konnte sich zumindest nicht an sie erinnern. Nachdenklich antwortete sie ihrem Partner: „Besser nicht. Ich steh nicht so auf Katzenfutter.“ „Soll ich dir dann ein paar Blattläuse sammeln?“ Der junge Mann lehnte sich zu ihr herüber, doch Ladybug grübelte still weiter. Eine Hand am Kinn, die andere am Ellenbogen. „Sag mal Kätzchen, hast du mitbekommen, dass hier neue Blumen gepflanzt wurden?“ Chat Noir unterbrach seine Flirtversuche und sah sich nun ebenfalls um. Er drehte sich einmal im Kreis und schien genauso ratlos zu sein wie seine Partnerin: „Das sind aber seltsam angelegte Beete. Jeweils nur eine Blume darin.“ Ladybug nickte und beugte sich zu einer besonders schönen Tigerlilie hinunter. „Das wurde aber auch Zeit!“ Mit einem überraschten Aufschrei hopste die Heldin zurück. Die Blume schüttelte sich und bedeutete mit ihren Blättern wieder näher zu kommen. Der Käfer und der Kater sahen sich kurz an und gingen dann auf alle viere. Die Tigerlilie wackelte hin und her und öffnete ihre Blüte weiter. Da wo ihre Stempel endeten erschien ein bekanntes Gesicht. Es war Alya. Chat Noir fing sich als erstes: „Hey Ladyblog Missy! Steht dir gut… dieser florale Look.“ Mit einer feinen leisen Stimme wisperte die Alyablume: „Haha sehr witzig! Passt auf er verwandelt alle in Blumen, die er mit seiner Gießkanne erwischt!“ „Alle?“ fragte Ladybug und sah über den Platz. Entschlossen ging sie zu dem nächsten Beet, wo eine imposante Sonnenblume blühte. Nur das ihre Blütenblätter wie Dreadlocks aussahen und aus der Mitte Mylenes optimistische Augen blinzelten. Nicht weit davon standen eine Tulpe und eine Rose nahe beieinander. Die Rose war ungewöhnlich gefärbt. Schwarz mit lila Streifen. Die Tulpe hellrosa. Ihre Blätter lagen aneinander, als würden sie Händchen halten. Auch hier riskierte die Pariser Heldin einen genaueren Blick. Juleka und Rose. Das Veilchen weiter vorne war Alix. Ladybug hatte ein Déjà-vu. Ihre Freundinnen waren zu den Blumen geworden, welche als ihre Decknamen fungiert hatten, als Hawk Moth den kleinen August zum ersten Mal zu Babyzilla machte. Der Tag an dem ihr die Mädchen helfen wollten, endlich ein Date mit Adrien zu bekommen. Was für eine Ironie! Chat Noir hatte sich ebenfalls umgesehen und –gehört und als sich ihre Blicke trafen nickte er. Noch mehr verwandelte Menschen. Plötzlich wurde Ladybug panisch und rief ihrem Partner zu: „Siehst du irgendwo eine Butterblume?“ Oh bitte! Inständig hoffte das verliebte Mädchen in ihr, dass Adrien entkommen war… andererseits hätte sie gern an ihm gerochen. Ah nein… wie bescheuert… Ladybug wedelte ihre Gedankenblase von sich weg. Der Kater sah sie skeptisch an, dann sich nochmal um, kratzte sich am Hinterkopf und grinste verlegen: „Ich weiß nicht mal wie ne Butterblume aussieht!“ Mit einem angestrengten Gesichtsausdruck sagte Ladybug: „Hahnenfuß.“ „Aaaaah…“ der Kater schnippte und drehte sich mit wachsamen Blick um und schüttelte zu der Bluenetten Erleichterung den Kopf. Puh! Aber eigentlich hätte es ihr klar sein sollen. Marinette hatte Adrien erst vor wenigen Minuten verlassen. Wie sollte er so schnell hier her kommen? „Ok… möchte ich wissen nach wem du dich umschaust Pünktchen?“ „Nein!“ sagte Ladybug bestimmt und lehnte sich wieder zu der Tigerlilien-Alya hinab. „Weißt du wo der Akuma ist?“ Die orange Blume mit den Tupfen schüttelte sich. Seufzend richtete die ebenfalls gefleckte Heldin sich auf. Gleich darauf stand das Käfer- Katzen Team beieinander. „Es ist so still in der Stadt. Keine Schreie… kein Krachen, weil der Gegner alle in Blumen verwandelt. Wo sollen wir mit der Suche beginnen?“ Chat Noir schmunzelte: „Vielleicht einfach hierbleiben? Hier scheint ja der Garten zu sein… einfach auf den Gärtner warten!“ Ladybug stieß gegen die große Glocke am Hals ihres Partners, die kurz klingelte: „Kluges Kätzchen.“ Ihr Partner errötete und schnurrte näher: „Wo wir schon mal in einem Blumengarten sind, könnten wir es uns ja gemütlich machen… nur pflücken werde ich dir heute nichts. Auf die Blumenkrone müssen wir verzichten.“ „Ich verzichte auf die komplette Vorstellung, danke! Nun gut…“ der Käfer drehte sich um und setzte sich auf eine der Bänke. Es war ihr etwas unangenehm die nun nötige Geduld aufzubringen. Die Bluenette lehnte genervt auf ihrer Hand, den Ellenbogen auf den überkreuzten Beinen abgestützt. In ihrem inneren beschäftigte sie sich sofort wieder mit der Frage, warum der Kater die letzten zwei Tage nach seiner Patrouille sie nicht besucht hatte. Also ihr wahres Ich… Ladybug wollte gar nicht daran denken, aber sobald sie einen Moment Ruhe fand krabbelte dieser Gedanke durch ihren Kopf und hinterließ einen kräftigen Nachgeschmack. Wie zu viel Knoblauch auf einer Pizza, in dessen Geruchgenuss alle um einen noch Tage später kamen. Chat Noir setzte sich neben sie und lächelte unglücklich: „Ich… ich dachte zwischen uns ist alles wieder gut? Wieso hab ich das Gefühl, du bist immer noch sauer?“ Weil es so ist! Fauchte das Mädchen in Gedanken und schluckte den Wutball in ihrem Hals runter. Natürlich konnte sie das nicht laut sagen, aber Ladybug musste ihm antworten, denn sonst würde sie des Katers Verdacht verstärken, sie wäre noch wütend wegen der Grapsch Attacke. Also hüstelte das Mädchen mit den Zöpfen und versuchte sich an einem Lächeln: „Das ist es nicht… ich… ich hab vorhin… dieses Mädchen getroffen. Marinette, du erinnerst dich? Du hast sie vor dem Evillustrator und dem Glaciator beschützt.“ Chat Noirs Augen wurden groß und er sah betreten weg. Ladybug atmete tief ein und erfand dann weiter: „Also auf dem Weg hier her bin ich an der Boulangerie Dupain-Cheng vorbei gekommen, da stand sie auf dem Balkon oben. Du kennst den doch… nun ja, sie sah so traurig aus und deswegen hab ich kurz gefragt ob alles in Ordnung sei?“ Kaum hatte sie es ausgesprochen biss sich der Käfer auf die Lippen. Na toll, jetzt hatte sie den Eindruck erweckt, sein Ausbleiben würde sie extrem runterziehen. Dass dies so war wollte das Mädchen mit den Zöpfen allerdings nicht zugeben. Schnell weiterflunkern: „Nun ja… da hat sie mir verraten, dass du sie in letzter Zeit häufiger besucht hast und ihr gute Freunde geworden seid und jetzt macht sie sich Sorgen, weil du plötzlich verschwunden scheinst. Auch wegen der ganzen Sache mit… mir…“ Chat Noir rutschte unruhig hin und her. Ihm stand das schlechte Gewissen im Gesicht und irgendwie empfand Ladybug einen Hauch Genugtuung. Sie sah nach oben zum wolkenlosen blauen Himmel an dem eine strahlende Morgensonne stand und fantasierte als weiter: „Du weißt, dass wir bei Zivilisten aufpassen müssen. Wenn jemand herausbekommt, dass wir näheren Kontakt zu jemand pflegen, machen wir diese Person zur Zielscheibe für unsere Feinde. Du bringst Marinette und ihre Familie in Gefahr und dich… und uns ebenso… das ist dir schon bewusst, oder?“ So jetzt hatte die Heldin ihren Partner an seine Pflicht erinnert… jetzt war es an der Zeit, sich selber einen Gefallen zu tun. Sie faltete die Hände in den Schoß und streckte die Füße aus. Heute durfte sie ein wenig egoistisch sein, oder? „Aber… ich finde auch, du solltest ihr keinen Kummer machen. Vielleicht ist dir das ja selber bereits bewusst geworden, aber dann solltest du es ihr sagen. Nicht einfach ohne Erklärung sie meiden. Und…“ Ganz ruhig bleiben Marinette. „…wenn du mir versprichst vorsichtig zu sein, habe ich nichts dagegen wenn du sie besuchst. Schließlich kämpfen wir für den Erhalt von Freundschaft und… Liebe. Warum sollte das nicht auch für uns gelten?“ ~Adrien~ ------------- Sie hatte es herausgefunden! Ladybug hatte sein kleines eigenes Geheimnis herausgefunden. Chat Noir rutschte das Herz in die Hose, als seine Partnerin erklärte warum sie heute so humorlos war. Sie hatte von Marinette erfahren, dass sie sich trafen! In ihm zog sich alles zusammen. Davor hatte der Kater Angst gehabt! Wie erwartet erinnerte Ladybug ihn an die Notwendigkeit von Professionalität und Abstand zu Zivilisten, um weder sie noch die Pariser Helden in Gefahr zu bringen. Er hatte es gewusst… gleich würde sie ihm sagen, er solle Distanz zwischen sich und seiner Vertrauten bringen. Dabei… Was genau wollte er eigentlich! Nein, Ladybug hatte Unrecht mit ihrer Vermutung, dass er selber soviel Verantwortungsgefühl besaß und deswegen Marinette die letzten zwei Tage nicht besucht hatte. Da gab es andere Gründe… ein aufgewühltes irgendwie unbeständiges Herz zum Beispiel, welches sich gerade ganz unbehaglich fühlte. Unruhig rutschte der katzenohrtragende Held herum und fühlte sich wie ein Fünfjähriger, dem man erklärte was Richtig und Falsch war und ihm war klar er würde seiner Partnerin Recht geben. Es war vielleicht wirklich Besser Abstand zu halten. Vielleicht beruhigten sich dann auch endlich diese seltsamen Gefühle die in Chat Noir hochbrodelten wenn er seiner Klassenkameradin nahe kam und ihn allmählich verrückt machten. Also wappnete der junge Mann sich… doch zu seiner Überraschung gab Ladybug ihrem Partner die Erlaubnis. Er musste sich verhört haben! „Du… verbietest es mir nicht?“ Das schwarzgetupfte Mädchen sah ihn verwundert an, hatte die Hände links und rechts auf die Bank abgestützt und schüttelte dann den Kopf: „Ich kann dir gar nichts verbieten. Ich bin nicht dein Boss. Wir sind Partner… Freunde und ich vertraue dir! Ich bin sicher du gehst verantwortungsvoll mit der Situation um.“ „Keine Sorge Pünktchen! Das tue ich…“ flüsterte Chat Noir und rutschte näher. „Und mach dir keine Gedanken, du brauchst nicht eifersüchtig werden. Sie ist zwar ein wundervolles Mädchen, aber in meiner Herzen thronst nur du!“ Ladybug rollte mit den Augen und stupste ihrem Verbündeten auf die Nase: „Darauf verzichte ich dankend! …und hör auf mich Pünktchen zu nennen, du…“ „VORSICHT!“ Aus den Augenwinkeln hatte der Kater eine Bewegung wahrgenommen und packte Ladybug, als er sich abstieß und sie so mit sich von der Bank riss. Ein grünschimmernder Regen ergoss sich über der Bank und ließ Efeu aus dem Holz sprießen. Die beiden Helden rollten über den Boden und kamen wieder auf die Füße. Im Baum über der Stelle, wo sie bis gerade gesessen hatten hockte… eine Ansammlung von Obst und Gemüse? Zumindest sah es so aus. Die Nase war eine Birne, die Wangen Pfirsiche, Augen Kirschen mit Erbsenschoten als Brauen. Der Kopf komplett von Trauben, Getreideähren und verschiedene Beeren eingerahmt. Das Kinn ungeschälte Esskastanien, der Hals Zucchini und Rettich, ein Kürbis als Brustkorb. Kohlköpfe saßen statt Schultern oberhalb der lauchigen, mit Bohnenranken umwundenen Arme. Überall konnte man Blumen ausmachen, die zwischen den Verbindungen von Obst und Gemüse wucherten und wohl alles zusammenhielten. Einzig die Rechte Hand schimmerte Goldmetallic und hatte die Form einer Gartenbrause. „Ein wandelnder Obstsalat…“ sagte Ladybug fassungslos. Das seltsame Wesen welches nun herunter zu ihnen sprang, stemmte die vegetarischen Arme in die Seite und… äffte sie nach? Ohne Ton? Einfach durch Gestik? Das Heldenduo sah sich verwirrt an, dann mussten sie ausweichen, denn der wandelnde Obstkorb schoss wieder eine Wassersalve auf sie. Zwischen den Blumen herum hopsend, bedacht ja keine umzuknicken oder platt zu treten kam Chat Noir hinter ihrem Gegner zu stehen und lehnte sich auf seinen Stab. Ladybug war ihm quasi gegenüber und ließ ihr Jojo kreißen. „Hmmm… das erinnert mich an das berühmteste Werk des Malers Guiseppe Arcimboldo.“ Das Wesen wirbelte auf seinen Wurzeln herum und der Kater fuhr seinen Stab aus um über es hinweg zu segeln. Noch immer gab ihr Gegner kein Geräusch von sich. „Wer?“ fragte das Mädchen mit den Zöpfen als ihr Partner wieder neben ihr stand und Chat Noir grinste. Endlich zahlte sich all die Lernerei aus. „Kennst du sicher MyLady! Er war bekannt für seine seltsamen Porträts aus Blumen, Früchten, Gemüse und anderen Zeug wie zum Beispiel Bücher. Sein berühmtestes Bild zeigt Kaiser Rudolf den Zweiten.“ Wieder entkamen sie dem unheilbringenden Wasser. „Wieso weißt du sowas?“ Leider klang seine Lady nicht so beeindruckt wie gehofft, eher als wäre ihr Hirn überfordert. Der Kater grinste und schlug ein Rad um wieder an ihre Seite zu kommen: „Du etwa nicht? Bist du gar nicht überwältigt von meinem Wissen? Hey! Mit Essen spielt man nicht!“ Letzteres hatte er ihrem Gegner zugerufen, der soeben Radieschen nach ihnen schleuderte und Ladybug wirbelte ihren rotierenden Schutzschild vor sie Beide: „Später vielleicht! Da es nicht spricht werden wir kaum erfahren, was es so wütend gemacht hat… geschweige denn seinen Namen.“ „Was hältst du von wandelnder Komposthaufen?“ Mit Leichtigkeit entkam Chat Noir einem Rankenarm. Der Akuma war nicht so behände auf seinen Wurzelbeinen wie manch anderer Gegner zuvor. Ehrlich gesagt amüsierte sich der Kater gerade immer im Kreis um ihn zu hüpfen. Ladybug schwang ihre Waffe und segelte über den Feind hinweg. Fluchend korrigierte sie ihren Ladeplatz, da sie fast ein paar Blumen mitgenommen hätte. „Nicht hilfreich!“ fauchte sie. Der schwarztragende junge Mann schnipste: „Ich hab’s! Vertumnus! Gott der Erde und Jahreszeiten!“ Wie aufs Stichwort wirbelte der benannte Gegner herum und rammte dem Kater eine riesige Melone vor den Latz. Chat Noir ging zu Boden und sah bereits eine Fontäne auf sich zuschießen, doch dann zog etwas an seinem Bein und er wirbelte durch die Luft. Nicht gerade sanft landete der junge Mann mit den Katzenohren neben seiner Partnerin, die ihr Jojo löste. „Gut, Vertumnus… ich bin dafür, dass wir ihn bekämpfen wo er weniger Wurzeln schlagen kann.“ Damit rannten sie zusammen los und der wütend gestikulierende Obstsalat hinter her. Ladybug und Chat Noir verließen den Park und hechteten um eine Ecke in eine Häuserflucht. Auch in dieser Straße konnten sie niemanden mehr ausmachen. Nur der Wind sirrte über die zahlreichen Fenster. „Ich denke der Akuma ist in seiner Wasser-Spritze-Vorrichtung.“ Spottete der Kater und das Mädchen mit dem Zöpfen an seiner Seite nickte: „Denke ich auch… nur wie kommen wir da ran? Zwar bewegt sich Vertumnus nicht besonders schnell, aber um sich selber recht wendig. Wir müssen ihn zum stillhalten bringen.“ Sie hatte Recht, wie immer. Chat Noir war das schon gewöhnt. In ihrem Team war sie für die Effizienz zuständig. Er hatte schon versucht, alleine Akumas zu händeln… was meist nicht besonders erfolgreich ausgegangen war. Als der junge Mann im schwarzen Suit noch geglaubt hatte, Ladybug würde mit Absicht Geheimnisse vor ihm haben und immer wieder verschwand, war der Kater allein gegen Frozer vorgegangen, den akumatisierten Leiter einer Eishalle. Doch Teamwork zahlte sich aus und inzwischen wusste Chat Noir was es mit den Alleingängen seiner Partnerin auf sich gehabt hatte. Im Moment dachte sie angestrengt nach und tippte mit dem Finger an ihr Kinn. Dieser ernste Gesichtsausdruck machte sie einfach unwiderstehlich. Mit einem romantischen Ausdruck in den Augen beobachtete der junge Mann sie. Was war das? Wieder eine Bewegung im Augenwinkel. Sofort stellte sich Chat Noir beschützerisch vor Ladybug, nur um im nächsten Moment grob zur Seite gestoßen zu werden. Ein Weiß-gelber Blitz jagte an dem Kater vorbei und sprang in Ladybugs Arme. „Ladybug!“ quietschte Chloe Bourgeois und umarmte ihre Heldin feste. Wo kam die denn her? Chat Noir nahm seinen Stab runter und hörte dem Wasserfall der den Mund der Blonden verließ nur bedingt zu. Bla bla Blumenverkäufer… bla bla warum hast du mich nicht geholt… bla bla ich bin Queen Bee, du brauchst mich… bla bla ja ich weiß, ich darf es nicht mehr sein… bla bla… der Akuma ist hinter meiner Schönheit her… bla bla beschützt mich… und so weiter. In dem Moment kam der träge Obstkorb um die Ecke. Mit einem Satz waren die Helden auseinander und Chloe wurde zwischen zwei parkende Autos geschleudert. Dabei verlor sie ihre Handtasche und der Inhalt verteilte sich auf der Straße. Sofort war ihr lautstarkes Gekeife zu hören, aber darauf konnten sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Seine gepunktete Verbündete warf ihren Glücksbringer in die Luft. Immer wieder wenn Chat Noir das beobachtete verspürte er ein seltsames Gefühl von Neugier und Stolz. Man konnte nie wissen was für ein überraschender Gegenstand erschien und noch weniger, was für ein absurder Plan seine Lady damit schmiedete. Seine Kräfte waren weniger Fantasievoll. Einfach aber funktionell. Mit großen Augen fing Ladybug eine scheußliche rote Sonnenbrille mit schwarzen Punkten auf. Die dunklen Gläser waren mit kitschigen Blumen eingerahmt. „Was ist das jetzt wieder?“ fragte die Bluenette frustriert und fokussierte ihre Umgebung. Der Kater grinste: „Das ist wirklich die peinlichste Brille, die ich je gesehen habe, aber ich glaube mit deiner Anmut bringst du sie zum strahlen MyLady!“ Mit einem kecken Grinsen wandte seine Partnerin sich ihm zu: „Charmant, aber die Brille ist für dich!“ „Was? Nein!“ Chat Noir hüpfte zwei Schritte zurück. „Schlechter Scherz! Die setz ich nicht auf! Ich hab einen Ruf zu verlieren!“ Doch er wusste bereits, dass er verloren hatte. ~Marinette~ ---------------- Der getupfte Filter legte sich auf Chat Noir, die Fensterfronten und Chloes Spiegel, der unweit der Handtasche auf dem Boden lag. Ladybug trat zu ihrem Partner und flüsterte rasch den Plan in sein Ohr, ehe sie wieder dem Spritzwasser ausweichen mussten. Langsam wurde das nervig… „Ok los!“ schrie Ladybug und warf dem Kater die Brille zu. Noch immer nicht begeistert fing er sie auf und setzte sie auf seine Nase. Er sah zum brüllen aus, doch die Bluenette unterdrückte den Pruster, der sich hochdrücken wollte. Stattdessen spurtete sie zu Chloe hinüber und packte den kleinen Schminkspiegel. „Ladybug! Ich verlange das du…“ keifte Chloe und verstummte augenblicklich, als Ladybug ihr Jojo schwang und sich hochzog. Die für sie bestimmte Wassersalbe sauste unter den roten getupften Füßen durch und donnerte gegen die Blondine. Eine tiefendnasse Narzisse , mit weißen Blättern außen und gelber Krone im inneren blühte nun zwischen den Autos. „Entschuldige Chloe!“ rief das Mädchen mit den Zöpfen und landete auf dem Dach der Reihenhäuser. Unter ihr starrte das Gemüsemonster zu ihr hinauf und bemerkte nicht Chat Noir, der Mitten auf der Straße stand, mit peinlicher Sonnenbrille. Seinen Stab wie ein Spazierstock vor sich und die Pfoten drauf abgestützt. Sie selber pfriemelte den Klappspiegel auseinander und sah zur Sonne. „Bereit Chat Noir?“ schrie Ladybug und hörte seine Stimme: „Kataklysmus!“ Vertumnus drehte sich dem Kater zu und wurzelte über den Beton. Noch immer entspannt stand der junge Held da, nur die rechte Hand erhoben, um die seine mächtige Zerstörungskraft wabberte. Das Monster aus Blumen, Obst und Gemüse richtete seine Wasserkanone auf ihn und… warf die Arme stumm schreiend nach oben, als plötzlich die ganze Straße von Licht durchflutete wurde. Ladybug richtete den Spiegel aus, hatte die Augen zusammen gekniffen und reflektierte nun das Sonnenlicht, welches sich zigfach an all den Fenstern brach und gleißend hell einen Lichtkäftig um Vertumnus formte. Nur Chat Noir blieb unbeeindruckt. Pfeifend ging er zu dem Gegner hinüber und streifte das metallische Ende an dessen vegetarischen Arm. Mit einem kreischenden Quitschen rostete die Spritzvorrichtung dahin und ein kleiner schwarzvioletter Schmetterling befreite sich. Dies war Ladybugs Stickwort. Achtlos lies sie den kleinen Spiegel fallen, öffnete die Augen und holte mit dem Jojo aus. Ein geläuterter weißer Falter verlies den magischen Gegenstand und die Bluenette landete neben ihrem Partner, der ihr grinsend die Sonnenbrille reichte. Mit einem „Miraculous Ladybug!“ wurde Paris in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt und füllte sich mit Leben, als der riesige Blumengarten verschwand und all die Menschen wieder auf zwei Beinen standen. „…mich beschützt! …nanu?“ Verwirrt sah Chloe sich um. Ladybug konnte es ihr nicht verübeln, richtete aber ihre Aufmerksamkeit auf den Mann der eben mitten auf der Straße aufgetaucht war. Er hatte eine Gießkanne in der Hand und wirkte desorientiert. Das Mädchen mit den schwarzblauen Zöpfen kannte das Gefühl. Kurz sah sie zu Chat Noir der stolz dastand und ging dann freundlich auf den ihr unbekannten Mann zu. „Ist alles in Ordnung mit ihnen, Monsieur…?“ „Marteau… Gael Marteau… ja ich denke schon.“ Sagte der Florist., warf einen enttäuschten Blick auf Chloe und ging dann nach einem kurzen Dank davon. Ladybug seufzte. Mal wieder Chloe. Sie hatte sich zwar schon verändert, durch ihre Verbundenheit mit dem Bienen Miraculous, aber immer noch einen weiten Weg zu gehen um ein netter Mensch zu werden. „Tja… ich denke ab heute werde ich immer brav mein Gemüse aufessen!“ Der Kater war herüber geschwänzelt gekommen und hielt Ladybug seine Faust entgegen. Sie lächelte amüsiert und mit einem „Gut gemacht!“ besiegelten das Heldenduo ihren heutigen Sieg. „Hey und was ist mit mir?“ fauchte die Blondine von der Seite, doch in dem Moment begannen die roten Ohrringe von Ladybug zu piepsen. „Ich muss los! Das nächste Mal Chloe!“ Der Käfer schleuderte ihr Jojo, bemerkte dann aber den sehnsüchtigen Blick ihres Partners. Kurz ging das Mädchen in sich und lächelte dann aufmunternd: „Wir sehen uns Kätzchen!“ „Immer MyLady! Spätestens in meinen Träumen!“ „Du Spinner!“ lachte die Bluenette, überwand den Abstand zwischen sich und ihrem Verbündeten und flüsterte nochmals in sein Ohr: „Und klär das mit deiner Freundin!“ Dann sauste sie über die Dächer davon. Der dabei entstandene Luftzug brannte auf ihren geröteten Wangen. ~Adrien~ ------------- „Du bist die einzige die ich als Freundin will!“ schrie Chat Noir seiner Lady hinterher, doch sie hörte ihn nicht mehr. „Pah! Wirst du es nie müde, Ladybug hinter her zu schmachten?“ Der junge Mann mit den Katzenohren drehte sich um und sah zu einer genervten Chloe Bourgeois. Diese hatte ihre Habseligkeiten wieder eingesammelt und stand in einer überlegenen Haltung da. Das Smartphone wieder gegen ihr Kinn tippend. Nur nicht hinhören, sagte sich der Pariser Held und wandte sich ab. Jetzt wo die Gefahr vorbei war, fluteten immer mehr Menschen die Straße. Die Stadt füllte sich mit Leben und man ging zum Alltag über. Immer wieder sahen neugierige Augen zu ihm herüber. Chat Noir allein am frühen morgen auf den Pariser Straßen. Ein seltener Anblick. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Irgendetwas an dem Gespräch, welches das Käfer- Katzen Team geführt hatte machte ihn stutzig. Ein Detail stimmte nicht… Chat Noir war es vorher schon aufgefallen, doch hatte er sich in dem Moment zu ertappt und befangen gefühlt um direkt darauf einzugehen. Wie konnte Ladybug Marinette auf deren Balkon gesehen haben? Seine Klassenkameradin war doch zuvor bei ihm zuhause gewesen und wollte zum Park… aber wo war die Bluenette? In den Blumenbeeten war dem Kater nirgendwo eine Blume aufgefallen, die das Wesen von Marinette wiederspiegelte. Doch es war auch unmöglich, dass sie so schnell nach Hause laufen konnte… vor allem wenn sie mit Mademoiselle Journalistin verabredet war. Irgendwas stimmte da nicht. „Hey ignorierst du mich?“ Chloe war herübergekommen und baute sich vor dem Pariser Held auf. Verlegen grinste der Kater, verneigte sich vor der Blondine und stieß sich mit dem Stab vom Boden ab als sein Ring zu piepsen begann. Chat Noir ließ alles hinter sich und rannte über die Dächer davon. „Darf ich fragen, was dich so lange aufgehalten hat? Dieses Mädchen ist doch schon vor geraumer Weile gegangen.“ „Entschuldige Natalie!“ Adrien machte ein zerknirschtes Gesicht. Schnell er brauchte eine Ausrede, die halbwegs plausibel klang: „Nachdem mir Marinette die Aufgabe erklärt hat, habe ich mich gleich hingesetzt und dabei die Zeit vergessen.“ Naja nicht ganz, aber die Wahrheit konnte er sowieso nicht sagen. Der blonde junge Mann, war sofort aus seinem Zimmer gespurtet, nachdem er zum Fenster rein und sich zurück verwandelt hatte. Natürlich stand die Assistentin seines Vaters da schon am Treppenabsatz, mit dem Finger an der Armbanduhr und hatte ihm einen tadelnden Blick zugeworfen. Jetzt trat sie hinter ihn und schob ihren Schützling zur Haustüre: „Keine Zeit mehr. Wir sind schon viel zu spät dran!“ Draußen parkte schon der Wagen und Adriens Bodyguard grunzte ungeduldig aus dem geöffneten Fenster. Eilig setzte sich das Model in das bereits gestartete Auto und dachte sehnsüchtig an die Backwaren, die seine Klassenkameradin am frühen Morgen gebracht hatte. Adrien grummelte der Magen, aber es half ja nichts. Deprimiert seufzte er… da wurde ihm ein Termosbecher und eine kleinere Papiertüte gereicht. Überrascht sah der Blonde in Natalies Gesicht. „Du wirst heute leider im Auto essen müssen. Und jetzt los!“ Damit stieß die Frau die Türe zu und der Wagen brauste davon. Ungläubig starrte Adrien auf sein unerwartetes Frühstück, klemmte den Becher zwischen seine Knie und öffnete die Tüte, auf der das Emblem der Bäckerei Dupain-Cheng aufgedruckt war. Darin waren zwei Croissants. Die grünen Augen begannen zu leuchten und dankbar biss der junge Mann in die krossen Gebäckstücke. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)