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Miraculous Ladybug ~ Wahre Lügen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Halli- Hallo- Hallöchen!
Wie versprochen reiche ich noch ein Kapitel nach, bevor ich mich in den Urlaub verkrümmele.
Ein längeres um euch die Wartezeit zu versüßen... weil nächste Woche keins kommt.
Diesmal ist der Teil eingearbeitet, den ich als aller aller erstes je zu dieser Fanfiction geschrieben hatte... bis auf den Anfang. Ihr könnt gerne mal raten, welcher Teil das war XD

Ich wünsche euch jetzt eine gute Zeit, bis wir uns wieder lesen!
Passt bei dem Wetter auf euch auf!!!
Und jetzt viel Spaß! Komplett anzeigen

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Conceal, don't feel!

~Adrien~

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Sein Zimmer lag dunkel und einsam vor ihm. Nichts deutete darauf hin, dass jemand nachgesehen hätte wie es ihm ging. Es war als würde die Einrichtung ihn verspotten. Die Stille schrie in seinen Ohren und brannte in seiner Brust. Chat Noir holte tief Luft und verwandelte sich zurück. Sofort erhellte sich der Raum mit Plaggs Gezeter: „Junge bist du des Wahnsinns? So lange in der Verwandlung zu bleiben… willst du mich verhungern lassen?“

Adrien grinste und öffnete das Schränkchen, aus dem sofort ein Schwall miefiger Käseduft ströhmte. Die Beschwerde von seinem Kwami erleichterte den blonden jungen Mann, füllte sie den Raum doch mit Leben.

„Entschuldige Plagg!“

Der kleine Katzengeist machte ein beleidigtes Gesicht und switchte dann in das Schränkchen. Mampfend wandte er sich wieder seinem Partner zu: „Alsooo… du und die Bäckerstochter?“

Ertappt rötete sich Adriens Gesicht: „Was redest du?“

„Nun ja, ich könnte mich irren, aber ich glaube wir haben noch nie woanders übernachtet und versuch mir nicht zu erzählen, du hättest nichts empfunden, als sie sich an dich gedrückt hat. Ich war dabei!“ Das Grinsen des schwarzen Kwamis wurde eindeutig dreckig.

Der Blonde hatte geweitete Augen und starrte in das Schränkchen. Jetzt würde er Plagg gerne seinen Käse in den Mund stopfen um auch ihn zum schweigen zu bringen. Stattdessen drehte der junge Mann sich um und entriegelte seine Zimmertüre. Beim verlassen des Raumes wäre er beinahe in seinem Bodyguard gerannt. Der Gorilla stand wie eine Mauer mit dem Rücken zu ihm und drehte sich nun grummelnd um.

„Äh… Guten Morgen.“ Sagte Adrien. Der große Mann mit dem kantigen Gesicht und den noch breiteren Schultern musterte seinen Schützling. Nickte dann und ging zur Treppe und diese hinab. Unbehaglich legte sich das junge Model eine Hand in den Nacken und folgte dann.

Der Gorilla blieb vor der Esszimmertüre stehen und wartete bis Adrien hindurchgetreten war, dann ging er seinen Aufgaben nach. Der Tisch war für eine Person gerichtet. Die Teller abgedeckt. Anscheinend hatte man erwartet, dass Adrien heute erst später erscheinen würde. Ohne großen Appetit begann er zu essen. Genaugenommen stocherte er nur darin herum und schob die Bissen von einer zur anderen Tellerseite. Er legte gerade das Besteck weg, da erschien Natalie.

„Guten Morgen Adrien. Ich hoffe du hast dich beruhigt?“

Resignierend nickte der Sohn ihres Chefs. Auch wenn sich ihr Gesichtsausdruck nicht veränderte, wirkte die Assistentin seines Vaters erleichtert und blickte auf ihr allgegenwärtiges Klemmbrett.

„Ich habe deine Termine auf heute Nachmittag verschoben. Damit hast du Zeit dich wieder herzurichten. Ich lasse dir ein Kühlpad für deine Augen bringen.“

Adrien seufzte: „Welche Termine habe ich denn?“

Durch die Ereignisse des gestrigen Tages und seinen bevorstehenden Hausarrest war sein Kopf blank. Eigentlich wollte er nicht daran denken.

„Heute Nachmittag um 15Uhr steht ein weiteres Fotoshooting mit dem neuen Model Ivette Roux an, danach noch ein Covershooting für die Vogue. Heute Abend beschäftigst du dich bitte mit deinem Schularbeiten. Ich habe Direktor Damocles gebeten dir den Schulstoff der nächsten Wochen via Email zu schicken.“

Gefügig nickte Adrien, bedanke sich und schlich wieder in sein Zimmer.

Nachdem die Türe ins Schloss gefallen war warf er sich auf sein Bett.

„Na? Standpauke abgeholt?“ Plagg schwebte über ihm wie eine schwarze Schmeißfliege und der Blonde schüttelte den Kopf. Eine Strafpredigt hätte wenigstens bedeutet, dass sich jemand um ihn gesorgt hätte. Irgendein tröstendes Wort zu gestern, aber nein, alles lief professionell ab. Er musste funktionieren.

Es klopfte und Adrien schwang die Beine über die Bettkante. Vor der Türe stand der Gorilla und drückte dem blonden jungen Mann grunzend ein Kühlpad in die Hand, sah ihn mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck an und drehte sich wieder um.

„Vielen Dank!“ rief ihm Adrien nach und verschloss wieder sein Gefängniss.

„Der hätte dir lieber Eis zum essen bringen sollen. Das hebt die Laune!“

Plagg folgte Adrien, der sich an seinen Schreibtisch setzte und mit der Bereitschaftstaste den Computer hochfuhr. Sofort erschien das Bild seiner Mutter auf dem Bildschirm und blickte dem jungen Mann freundlich entgegen. Wie er sie vermisste!

Ihre Stimme. Ihren Geruch. Ihre Umarmungen. Die ganze Atmosphäre als sie im Haus war. Alles war wärmer und lustiger gewesen. Sein Vater wirkte schon immer ernster, doch damals waren sie dennoch das gewesen, was man… eine Familie nannte.

Nicht zum ersten Mal fragte sich Adrien was mit seiner Mutter passiert war. Es gab keine Anhaltspunkte. Emilie Agreste war von einem Tag auf den anderen einfach verschwunden.

Adrien lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl zurück und legte brav das Kühlpad auf die Augen. Einfach funktionieren…

Plagg schwebte zu ihm und machte es sich mit einem Stück Camembert auf der grauen Tischplatte bequem.

„Du siehst so beknackt aus… möchtest du was?“

Der Blonde schob mit dem Daumen das Pad etwas hoch und sah wie sein Kwami das Stück Käse teilte. Sie waren schon ein seltsames Duo. Plaggs führsorgliche Art versteckte er gekonnt zwischen kecken Kommentaren und motzigen Gemecker. Eine Art, die Adrien erst hatte durchschauen lernen müssen. Doch jetzt war es ihm fast die liebste Art von Unterhaltung.

„Danke.“ Lehnte Adrien ab und der Katzengeist stopfte sich beide Käsestücke tief in den Rachen.

„Wer nicht will der hat schon!“ Plagg sauste davon und kramte in Adriens Comicsammlung. Dieser sah ihm lächelnd nach und legte dann das Kühlpad wieder über sein Auge. Links und rechts baumelten gleich darauf die Arme des jungen Models neben dem Stuhl hinab. Mit der Ruhe kamen die Gedanken. Es waren keine besonders erbaulichen Gedanken, die meisten drehten sich um den gestrigen Akuma Kampf und um Ladybugs Reaktion. Noch immer wusste Adrien nicht, was ihm als Chat Noir und unter Einfluss des Feindes passiert war, was sie so aufgebracht hatte. Er zermarterte sich das Hirn. Feststand nur, dass die sonst so besonnene Käferheldin völlig außer sich geraten war.

Mit einem Mal fiel es Adrien wie Schuppen von den Augen und das Kühlpad in seinen Schoß. Eilig tippte er in den Internetbrowser die News der vergangenen 24 Stunden ein und Nadja Chamack erschien auf dem Bildschirm.

„Seid gespannt es wird brillant!“ begann sie ihre übliche Moderation und der junge Mann verfolgte die nächsten Minuten die Bilder, welcher er eigentlich aus seinen Gedanken hatte verbannen wollen. Es war irgendwie seltsam. Adrien war dabei gewesen und doch kam es ihm vor als wäre er ein Außenstehender, als sehe er einen üblen Albtraum. Mit so einem manipulativen Akuma hatten sie es irgendwie noch nie zu tun gehabt. Oder doch… aber kein Kampf war den Pariser Helden so unter die Wäsche und unter die Haut gegangen. Gespannt legte der junge Mann eine Hand quer über den Mund und blendete Nadja Chamacks Kommentare komplett aus. Da! Da hatte er sich vor Ladybug geworfen und dann…

Schockiert lehnte sich Adrien wieder in seinem Stuhl zurück. Er schluckte und war angewidert von sich selber. Er hatte seine Lady schützen wollen und war über ihre Grenze getreten. Von all diesen Menschen auf dem Platz, war er es gewesen, der über sie hergefallen war wie ein wildes Tier. Das hatte nichts mit Liebe zu tun gehabt…

„Oh Mann…“ flüsterte der Blonde und verbarg das Gesicht in den Händen, die Ellenbogen auf der Tischplatte abgestützt.

Das Video endete und das nächste startete automatisch. Erneut erschien die magenta haarfarbene Reporterin im Nachrichtenfenster: „Seid gespannt es wird brillant! Heute gaben das Model Ivette Roux und ihr Manager Maurice Gauthier offiziell ihre Verlobung bekannt. Wir wünschen ihnen alles Gute!“

Adrien sah auf. Das war doch die junge Dame mit der er neuerdings für seinen Vater modelte und sie war auch Luxuria gewesen. Scheinbar hatte sich ihr Problem geregelt. Auf dem Bild in Nadja Chamacks Hintergrund strahlte die junge Frau. Enthusiastisch begann die Nachrichtensprecherin den Werdegang des jungen Models zu analysieren. Fast sofort erschien auch ein Bild von Adrien und seinem Vater auf dem Bildschirm. Der aktuelle Höhepunkt in der Karriere der jungen Frau.

Den Browser beendend stand Adrien auf und ging zu seinem Fenster. Einen Arm über seinen Kopf an die Scheibe gelehnt sah er hinaus über die Dächer von Paris. Jetzt wusste er war geschehen war und auch wenn er es nur gut gemeint hatte, nur Ladybug schützen wollte… das hätte nicht passieren dürfen. Sie hatte ihm anvertraut, dass sie einen anderen Jungen liebte und als ihr Partner hatte er es akzeptiert, seine Gefühle hinten angestellt. War bereit gewesen sie immer zu unterstützen… und jetzt das!

Das musste er wieder gerade biegen! Und wenn er buckeln und zu Kreuze kriechen musste… er würde sich entschuldigen!

Hoffentlich würde sie ihm vergeben.

Der Vibrationalarm in seiner Gesäßtasche holte den Blonden in die Realität zurück. Nino hatte ihm geschrieben, was er heute noch vorhatte.

Tja, da konnte er ihm gleich von seinem Hausarrest erzählen.

Adriens drückte die Rückruftaste.

„Yo Alter! Damit hab ich jetzt gar nicht gerechnet.“ Begrüßte Nino seinen besten Freund.

„Mit was? Das ich anrufe?“ witzelte der Blonde und setzte sich auf die weiße Couch vor dem Fernseher.

Der Junge mit dem allgegenwärtigen Basecap lachte: „Nö! Das du sofort anrufst. Dachte vielleicht hat dein Alter dich verplant. Wie schauts aus? Haste Zeit? Alya und ich wollen ins Kino.“

Von hinten hörte man ein dumpfes: „Hi Adrien!“

Die Rothaarige war also schon da.

Wie gern hätte Adrien zugesagt. Wie gern wäre er seinem Gefängniss entkommen. Aber das ging nicht. Kurz erklärte er seinem Freund die Umstände. Ninos Antwort fiel genauso ausfallend aus wie Adrien es gewohnt war und auch von Alya hörte man den einen oder anderen Kommentar. Dann folgte belangloser Smalltalk, der den jungen Mann erfreute. Noch zwei Freunde die an ihn dachte und den Blonden nicht hängen ließen. Adrien war so dankbar. Sich durchzusetzen um in die Schule zu gehen war wirklich seine beste Idee gewesen.

„Alter, wenn du dich einsam fühlst melde dich! Ich weiß zwar, dein Alter siehts nicht gern… aber zur Not renn ich die Türe ein!“

Zustimmendes Gemurmel von Alya aus dem Hintergrund, dann lauter: „Marinette wird voll traurig sein, wenn du die nächsten Wochen nicht zur Schule kommst!“

Adrien stutzte. Wieso erwähnte die Rothaarige jetzt speziell Marinette? Vermutlich, weil sie ihre beste Freundin war. Trotzdem machte sein Herz einen kleinen Sprung. Irgendwie gefiel dem Blonden die Vorstellung, dass das Mädchen mit den Zöpfen ihn vermissen könnte. Ach Blödsinn! Marinette war einfach eine gute Freundin… zumindest für ihn. Ob sie ihn mochte oder nicht wusste er nicht. Sie war ihm gegenüber ja immer so… seltsam. Überdreht und distanziert. Ganz anders, als wenn er Chat Noir war.

Nino und Alya verabschiedeten sich mit den Worten, dass nächste mal wieder was zusammen zu unternehmen. Adrien ließ sein Smartphone sinken. Er beneidete sie. Um ihre Freiheit und um ihre Gemeinsamkeit. Gern wäre er selber jetzt bei seiner gepunkteten Lady und würde sie auf ein Eis oder Crepe ausführen. Bei dem Gedanken schmunzelte der Blonde und schloß die Lider. Die Vorstellung war so… unmöglich und trotzdem gab sich der junge Mann einen Moment der Illusion hin. Vor seinem inneren Auge wurde der Moment real. Er und Ladybug bei einem Date. In einem netten kleinen Cafe sitzend, vor einem wundervoll garnierten Eisbecher. Die Vögel sangen und Blumenrabatten schwängerten die Luft mit süßen Gerüchen. Ladybugs strahlenden Augen hinter der roten Maske, von einem Blau wie das Südseemeer. Leuchtend von der Sonne beschienen. Adrien wurde sehnsüchtig, da…

Plötzlich verzerrte sich das Bild seiner Imagination. Die unangefochtene Eleganz von Ladybug verschwamm und klare himmelblaue Augen ruhten auf ihm. Der rote enganliegende Suit löste sich auf und vor ihm am Tisch saß nun seine Klassenkameradin im rosanen Schlafanzug. Ihr Blick schüchtern, mit geröteten Wangen. Auch das Eis verschwand. Auf dem Tisch stand nun Gebäck. Noch dampfend wie frisch gebacken.

In dem Moment begann Adriens Magen zu knurren und er öffnete die Augen. Er hatte Hunger… richtig Hunger, aber wieder nach unten gehen in dieses weitläufige kalte Esszimmer? Nein das wollte er nicht. Der blonde junge Mann schob sein Handy nach einem Blick auf die Uhrzeit, zurück in die Hosentasche und schaute zu seinem Kwami, der auf seinem Bett lag, einen Asterix Comic vor der Nase und eine geöffnete Tüte Käsecracker daneben.

„Sorry Plagg!“ flüsterte Adrien und rief dann laut: „Plagg verwandle mich!“
 

Mit besonderer Vorsicht war Chat Noir hier her geflohen und saß nun unterhalb von Marinettes runden Fenster, welches zur Seineseite lag. Genausten darauf bedacht nicht gesehen zu werden spickte er durch das Glas und stellte erleichtert fest, dass Marinette zu Hause war. Sie wirbelte auf ihrem Schreibtischstuhl herum, schob sich von der Nähmaschine zu ihrem Computer, vor dem viele Papierstücke lagen, kritzelte darauf etwas rum und sauste wieder über den Boden vor die Maschine. Ihr Gesicht war so konzentriert. Die Zungenspitze ragte aus einem Mundwinkel. Sie trug immer noch ihren Schlafanzug… gut es war ja noch gar nicht so lange her, dass der Kater sie verlassen hatte.

Sollte er wirklich?

Jetzt war schon den ganzen Weg hier her gekommen… aber würde er die Bluenette nicht stören? Sie schien sehr beschäftigt und er hatte sie am Morgen schon genug behelligt. Vom gestrigen Abend gar nicht zu reden…

Der Magen des Katers grummelte erneut. Die Idee war ihm so spontan gekommen und hatte erst so verlockend geklungen. Seinen Hunger mit frischem Gebäck zu stillen… und jetzt kam er sich vor wie eine streunende Katze. Wer sagte denn, dass Marinette ihn füttern wollte?

Gib einer Katze zu fressen und sie kommt immer wieder! Das stimmte wirklich, stellte Chat Noir fest. Nur war es hier zuerst keine feste Nahrung gewesen, sondern eher solche von der emotionalen Art. Und davon wollte er ebenfalls mehr.

Der katzenohrtragende Held schluckte und schwang sich dann auf den Balkon. Etwas verunsichert ging er ein paar Schritte hin und her. Seine Gedanken rotierten. Vielleicht war das doch eine blöde Idee.

Schon schlüpfte er durch die nicht verschlossene Dachluke und schlich auf Katzenpfoten ein paar Stufen der Treppe hinab.

Marinette bemerkte ihn nicht. Gerade war sie dabei zwei Stoffbahnen ratternd durch ihre Nähmaschine zu jagen. Chat Noir hatte ehrlich vorgehabt seine Stimme an sie zu richten… sich irgendwie bemerkbar zu machen, aber dann entschied er sich anders. Still setzte er sich auf die Treppe und sah dem Tun der Bluenetten durch die Stufen zu.

Stecknadel um Stecknadel wurde aus dem Stoff gezogen und in ein Nadelkissen gepikst, immer wenn ein weiterer Abschnitt durch die Maschine mit Faden verbunden war. Surrend betätigte ein zarter nackter Fuß das Pedal unter dem Tisch. Dann schnitt Marinette den Faden durch und hob das nun vereinigte Stoffstück hoch um es zu betrachten. Summend schob sie sich nach links und legte das nächste Stück an, setzte Nadel um Nadel… und stach sich in den Finger. Recht undamenhaft fluchte das Mädchen mit den Zöpfen, stand auf und trat zu ihrem Kosmetiktisch, zog eine Schublade auf und badagierte sich den malträtierten Finger.

Chat Noir sah ihr dabei zu… träumerisch. Zu oft hatte er die verschiedensten Kleidungsstücke getragen. Immer und immer wieder für seinen Vater oder andere bekannte Designer. Selten war ihm eines in Gedächtnis geblieben. Es war sein Job als das bekannte Model Adrien Agreste jedes Teil perfekt zu präsentieren, doch bei ihrer Erschaffung zuzusehen, war ihm neu. Noch dazu tat Marinette es mit einer solchen Hingabe. Ein Stich in den Finger entmutigte sie nicht. Im Gegenteil! Das Mädchen mit den schwarzblauen Haaren rutschte wieder vor ihre Nähmaschine und begann erneut die Nadel zum tanzen zu bringen.

Chat Noir zog sein rechtes Knie nach oben, legte die Arme darum und den Kopf darauf. Naht um Naht wurde gesetzt, dann stieß sich Marinette ab und rollte wieder vor ihren Computer, studierte die Notizen und Skizzen die sie angefertigt hatte, legte Stoffproben aneinander, strich eine Idee durch und fügte eine neue hinzu. Der Kater bemerkte zwei weitere Pflaster. Dann war das eben, nicht der erste Ausrutscher gewesen. Er schmunzelte. Marinette war wirklich toll.

In dem Moment rollte das Mädchen wieder vor ihre Nähmaschine und begann erneut Stoffbahnen zu verbinden.

Sie war so enthusiastisch dabei, wirkte routiniert und trotz des hektischen Treibens friedlich. Das gefiel Chat Noir! Wie in allem was Marinette tat ging sie vollends dabei auf. Das war ihm schon öfter aufgefallen. Wie oft hatte das Mädchen mit ihren Vorschlägen in der Klasse Krisen abgewandt und mit frischen Ideen, den Schulalltag bereichert?

Das Geräusch der Schere ließ den Kater aufhorchen. Die Bluenette stand auf und schritt entschlossen zu ihrer Chaiselongue wo sie ihr Werk ausbreitete. Kritisch beäugte sie das Kleidungsstück und auch Chat Noir reckte den Kopf um einen Blick darauf zu erhaschen. Es war eine Weste aus walnussbraunen Leinen mit raffiniert abgesteckten Ziertaschen. Das Innenfutter hatte ein blaues Paisley Muster. Noch fehlten Versäuberung und Knöpfe, aber man konnte schon erahnen wie fantastisch das Endproduckt aussehen würde. Marinette schien noch nicht zufrieden. Sie drehte sich um, setzte sich wieder auf den Stuhl, schlitterte zu ihrem Computer und holte einige ihrer Notizen, rollte an dem katzenohrtragenden Jungen vorbei ohne ihn zu bemerken. Chat Noir grinste und biss sich auf die Lippe. Wie versunken sie einfach nur war! Dieser Zustand machte sie ungemein attraktiv.

Was? Was dachte er da? Klar Marinette war hübsch aber… fand er sie wirklich attraktiv? Chat Noir kroch das Blut in die Wangen. So hatte er sie nie sehen wollen. Klar seit den letzten Wochen hatte er sie anders kennengelernt als in der Schule, wo sie seinem anderen Ich immer irgendwie auswich. Seinem katzenhaften Ich war sie tausendfach offener gegenüber. Und letzte Nacht… hatte sich etwas zwischen ihnen verändert. Etwas noch nicht greifbares… aber auch nicht bestreitbares.

Chat Noir wedelte mit der Tatze vor seinem Kopf herum um den Gedanken zu verscheuchen. Diese plötzliche Bewegung regte allerdings seinen Bauch an, der sich mit lautem Grummeln bemerkbar machte.
 

Marinettes Kopf schoss in die Höhe als sie das Geräusch hörte und wandte sich samt ihrem Stuhl drehend um. In der nächsten Sekunde beschleunigte ihr Puls. Mit einem erschrockenen Aufschrei und aufgerissenen Augen sprang sie auf und stolperte auf den amüsiert grinsenden jungen Mann zu.

„Chat Noir!“ Marinettes Stimme überschlug sich fast. „Wie lange… seit wann… was machst du hier? Ist was passiert?“

Die Sorge in ihrer Frage rührte den Kater, der sich übertrieben streckte und dann lässig, seinen Gürtel durch die Luft wirbelnd die restlichen Stufen zu ihr hinabschritt.

„Darf ich reinkommen?“

Fassungslos stand das Mädchen ihm gegenüber und Chat Noir genoss es richtig, sie so aus dem Gleichgewicht gebracht zu haben.

Ohne eine Antwort abzuwarten ging er an ihr vorbei und betrachtete die Weste nun genauer. Marinette noch immer überrumpelt gesellte sich schließlich zu ihm und verschränkte beschämt die Hände hinter dem Rücken: „Es ist noch nicht fertig… es ist nicht mal sonderlich gut…“

„Machst du Witze?“ reagierte der Kater mit funkelnden Augen. „Jede Naht sitzt perfekt.“

„Du übertreibst…“ Dann zuckte Marinette plötzlich zusammen und packte Chat Noir am Arm: „Ist alles ok bei dir?“

„Hmm? Ja alles bestens!“

„Aber was machst du dann hier?“ Die Bluenette wirkte ehrlich besorgt und verwirrt. Dem Kater gefiel diese Gedankenfarbe in ihrem Gesicht. Wie als Antwort grummelte sein Magen erneut und plötzlich rutschte die selbstsichere Maske des jungen Mannes und ein leichter Rotstich legte sich auf seine Wangen.

Marinette sah hinab zu dem Körperteil, aus dem der laute Protest zu hören war. Einen Moment zu lange vielleicht, dann sah sie Chat Noir belustigt an: „Warte mal!“

Damit öffnete sie ihre Bodenklappe und verschwand aus seinem Sichtfeld.
 

~Tikki~

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Was macht der denn schon wieder hier?

Als Chat Noir sich durch die Dachluke hineingeschlichen hatte, war Tikki gerade auf dem Kissen gelümmelt. Sie hatte zum Glück bemerkt wie das Fenster angehoben wurde und konnte sich rechtzeitig auf dem Regalbrett, welches Marinette als Nachttisch diente hinter der Lampe verstecken.

Ladybugs Kwami lugte jetzt über die Bettkante von der Galerie hinab und beobachtete Chat Noir, nachdem ihre Besitzerin in den unteren Bereich der Wohnung verschwunden war. Sonderlich begeistert war das kleine rote Geschöpf nicht. Hatte dieser Junge nichts Besseres zu tun? Seit Wochen tauchte er hier auf und lungerte herum. Klar Marinette genoss seine Anwesenheit und Tikki gönnte den Beiden ihre gemeinsame Zeit ohne wirklich voneinander zu wissen. Sie selber wusste ja wer sich hinter der Maske der Pariser Superhelden verbarg und auch um deren gegenseitigen Gefühle. Aber trotzdem… Chat Noir benahm sich irrational!

Ständig hier aufzutauchen war gefährlich! Sowohl für ihn als auch für Marinette und ihre Familie. Was wenn Hawk Moth dies irgendwie erfahren würde? Keiner von ihnen wäre mehr sicher.

Und jetzt schlich dieser neugierige Kater erneut durch das Zimmer der Bluenetten und schaute sich um. Besonders interessiert schien er an Marinettes Skizzen.

Oje… wenn er las für wen… oder besser auf welches junge Model sie die Maße abgestimmt hatte…

Tikki passte einen günstigen Moment ab und flog lautlos durch den Raum und durchstieß die Decke. Vorsichtig vergewisserte sich der kleine Marienkäfergeist, dass Marinette allein in der Küche stand. Ihre Eltern waren wohl im Laden unten. Eilig surrte Tikki zu ihrer Besitzerin, die gerade ein Tablett mit einem Teller Croissants und zwei Gläsern selbstgemachter Limonade belud: „Marinette! Kommt es dir nicht auch seltsam vor, dass Chat Noir ständig hier auftaucht?“

Das Mädchen wandte sich ihrer Freundin zu: „Hmmm? Was meinst du Tikki?“

Gute Frage. Tikki konnte ja nicht erzählen wer sich hinter der schwarzen Maske verbarg. Selbst wenn sie es gewollte hätte, wären nur blubbernde Seifenblasen aus ihrem Mund gekommen. Wie sollte der rote Kwami also Marinette begreiflich machen, dass das stets viel umschwärmte und ewig ausgebuchte junge Model nun schon seit Wochen scheinbar seine rare Freizeit bei ihr verbrachte. Nicht zu überhören war dabei das stetig ansteigende Herzklopfer der beiden jungen Menschen. Auch wenn diese es noch nicht einordnen konnten, so ahnte Tikki, was es bedeutete. Schließlich lebte sie schon tausende von Jahren unter den Menschen und hatte das eine oder andere erlebt.

„Naja…“ wie sagte sie es am besten? „Sollte er nicht auf… Patrouille sein? Ihr habt doch sowas ausgemacht.“

Marinette holte Erdbeeren aus dem Kühlschrank und schüttelte diese in ein Nudelsieb. Gleich darauf waren die süßen roten Früchte gewaschen.

„Naja… heute bin eigentlich ich dran. Aber erst heute Abend.“

Ok gut. Das hätte Tikki wissen müssen. Es gab keine abwechselnden Tage. Es war eher ein wann kannst du, da kann ich, wie die Beiden ihre Touren durch die Stadt festlegten.

„Aber,“ versuchte der Kwami es erneut „meinst du nicht, er sollte woanders sein, als oben in deinem Zimmer?“

Stutzig legte Marinette die Erdbeeren zur Seite, drehte sich um und lehnte mit dem Gesäß am Waschbecken: „Tikki raus mit der Sprache! Was versuchst du mir zu sagen?“

Oh Mann! Wenn sie nur wissen würde, wie sie der Bluenetten klar machen könnte, dass die ganze Situation verfänglich wurde.

Einerseits wollte Tikki die Liebe der Beiden unterstützen, aber andererseits auch, dass diese ihre Aufgaben ernst nahmen und zum Beispiel nicht ständig aus eigenem Interesse in der Verwandlung herumhüpften. Klar gönnte sie Plagg die Strapazen und doch hatte sie auch Mitleid.

„Chat Noir durchwühlt deine Skizzen für Adrien!“

„Was?“ geschockt packte Marinette das Tablett und huschte die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf.

Manchmal war die Wahrheit zu sagen doch am effektivsten, lächelte Tikki.
 

~Adrien~

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Mit einem dumpfen Geräusch hörte er den Kopf der Bluenette gegen ihre Bodenluke dotzen. Gleich darauf ein unschönes Wort.

Chat Noir ließ das Papier, welches er eben betrachtet wollte sinken und trat zu der Eingangstüre um sie anzuheben.

Mit verkniffenen Gesicht kam Marinette nach oben, stellte das Tablett auf der lilanen Koffertruhe ab und rieb sich die Stirn: „Uuuuh…“

„Alles ok?“ den Kater klang belustigt. Doch eigentlich war er besorgt um diesen zarten Kopf, der nun schon zum wiederholten male in seiner Anwesenheit das Holz der Luke rammte. Wie oft geschah ihr das auch ohne ihn?

Marinette wischte abwehrend seine Worte mit der Hand aus der Luft und starrte ihn an. Auf ihrer Stirn war die Haut so gerötet wie ihre Wangen. Ihre Augen wanderten über Chat Noir und fanden schließlich was sie gesucht hatte: die Skizze der Weste in seiner Hand.

„Ah… ah…“ die Hitze stieg in das Gesicht der Bluenetten. Sogar ihre Ohren glühten. Der junge Mann im schwarzen Suit folgte irritiert ebenfalls ihrem Blick und hob das Stück Papier an um es zu betrachten, doch Marinette sprang vor und riss es ihm aus den Klauen… nur um von ihrem eigenen Schwung zu Boden gestreckt zu werden.

Chat Noir sah ihr konsterniert nach, die Arme angewinkelt und nah am Oberkörper. Was war das denn jetzt gewesen?

Marinette stöhnte und setzte sich schwerfällig auf. Schuldbewusst blickte sie in das erschrockene Gesicht des Katers und sah auf ihren zurückgewonnenen Entwurf. Ihre Gesichtsfarbe wurde panisch.

„Das… das… das… ist alles ganz anders!“ stotterte Marinette und fuchtelte wild mit ihren Händen durch die Luft. Dann ließ sie diese plötzlich sinken und machte ein unglückliches Gesicht: „Ach… wem mache ich etwas vor… es ist genauso wie es aussieht!“

Chat Noir sah sie einen Moment undeutbar an, dann schmunzelte er, bot dem Mädchen die Hand an und zog sie in die Senkrechte: „Klär mich auf!“

Beschämt reichte die Bluenette das Papier zurück und der katzenohrige Held betrachte dieses nun endgültig.

Vorher hatte er nur kurz erkannt, dass die Weste abgebildet war, jetzt aber konnte er die Maße lesen, die grobe Skizze des Models erahnen und erkannte seinen wahren Namen in der rechten oberen Ecke. Die Weste war für ihn. Nun nicht für Chat Noir, sondern sein wahres Ich.

Wieder fuhr ein Schauer durch sein Innerstes. Erneut schlich sich der Gedanke in seinen Kopf, dass das Mädchen, welches nun betreten zu Boden blickte, um die von ihm gehütete wahre Identität wusste. Warum sollte sie sonst so reagieren?

„Ich…“ der junge Mann schluckte und lauschte den Worten, die nun langsam von der Bluenetten kamen. „…ich interessiere mich sehr für Mode und… gerade bereiten sich alle auf die Fashion Week vor. Ja ich mach nicht mit… aber mich inspiriert… die Mode von Gabriel Agreste. Also nicht nur seine… der ganze Flair… der Zauber der gerade in Paris herrscht.“

Marinette hatte mit der linken Hand ihren rechten Arm an sich gezogen und bis jetzt zur Seite gesehen. Nun aber sah sie Chat Noir schüchtern an: „Ist das nicht irgendwie blöde? Ich bin kein Teil davon und doch möchte ich entwerfen und nähen und… träumen.“

Mit einem Mal füllte sich Chat Noirs Brust mit Wärme. Nicht zum ersten Mal dachte er, dass Marinette absolut bezaubernd war. In allem was sie tat war sie so passioniert. Und auch entspannte sich sein Verdacht. Scheinbar wusste das Mädchen mit den schwarzblauen Haaren doch nicht wer vor ihr stand. Er hatte sich umsonst fast verrückt gemacht.

„Also… ist die Weste für dieses junge Model? Adrien Agreste?“

Marinette nickte und ging zu ihrer Chaiselongue, auf der immer noch die Weste lag.

Chat Noir stieg der Duft der Croissants in die Nase. Schnell schnappte er sich eines und folgte ihr dann.

Nachdenklich besah das Mädchen sich ihr Werk, wirkte plötzlich nicht mehr so fröhlich wie zuvor. Der Kater wollte gerade nachfragen, was los sei, da begann Marinette von sich aus zu sprechen: „Weißt du Chat… es ist irgendwie wirklich blöde… all die Mühe, mein verfluchter Perfektionismus… und wofür? Für noch einen Entwurf der in meiner Kiste verschwindet. Ich meine… wer außer uns beiden wird je von diesem Kleidungsstück erfahren?“

Der Kater kaute: „Ich nehme an das junge Model wenn du ihm die Weste gibst. Wenn du sie schon auf seine Maße schneiderst wäre es doch sonst Verschwendung.“

Marinette sah ihn an, als hätte er etwas süßes und gleichzeitig unmögliches gesagt, nahm den unfertige Entwurf hoch und legte ihn wieder zu ihrer Nähmaschine. Chat Noir setzte sich auf das Sofa mit nur einer Seitenlehne und beobachtete sie genau, während er erneut in das Croissant biss. Damals, nachdem er zusammen mit Ladybug die akumatisierte Assistentin des Sängers Jagged Stone besiegte, hatte Marinette ihm am nächsten Tag anvertraut, dass sie sich sehr zur Modewelt hingezogen fühlte und ein Fan von seinem Vater war. Adrien hatte sich sehr darüber gefreut, dass sie auch ein Fan von ihm zu sein schien, trotz ihrer ansonsten verschreckten Art ihm gegenüber. Warum machte seine Aussage von eben sie so traurig?

Lag er wirklich richtig in der Annahme, dass sie mit ihm als Adrien nur auskommen wollte wegen seines berühmten Vaters? Aber warum schneiderte die Bluenette dann die Weste auf seine Maße?

Ah, manchmal lag die Lösung näher als gedacht! Bestimmt weil er nicht nur Gabriel Agreste Sohn sondern auch sein Hauptmodel war.

Dieser Gedanke deprimierte nun auch Chat Noir. Langsam sackten seine Arme auf die Oberschenkel und der Blick wanderte zum Boden. Dann stutzte er. Was lag da Gelbes hinter dem Fuß der Chaiselongue? Der Kater griff neugierig mit der freien Hand danach und besah den quadratischen Blister genauer. So schnell wie er diesen von sich warf und die Gesichtsfarbe änderte konnte man gar nicht in Millisekunden messen.

Von der plötzlichen Bewegung hinter ihr alarmiert drehte sich Marinette um, folgte den geweiteten Augen des Katers auf den kleinen Gegenstand und… schrie panisch auf. Erneut machte sie einen Satz nach vorne, landete auf ihrer Nase und schlitterte über den Boden, das Kondom mit ausgestreckten Händen verdeckend.

Ok diese Situation hatte etwas von Slapstick Comedy… nur das keiner lachte. Genau genommen war die Stimmung mehr als peinlich und unangenehm. Wie viele Sekunden waren vergangen? Waren es schon Minuten? Chat Noir wusste es nicht. Verlegen legte er eine Hand in den Nacken und versuchte sich zu beruhigen. Gut, Marinette besaß Kondome… was war schon dabei? Das war doch… gut, oder? Sicherheit ging vor. Aber für wen brauchte sie die?

Der junge Mann in ihm wusste ja, dass Marinette keinen festen Freund… oder glaubte er nur zu wissen, dass sie keinen hatte? Was war mit diesem… wie hieß der Gitarrist von >Kitty Section<, der Band in der auch drei seiner Klassenkameraden mitspielten und für die Marinette die Kostüme entworfen hatte? Der Bruder von Juleka? Ah genau Luka! Mit ihm war die Bluenette gut befreundet. Sie wirkten recht vertraut miteinander. Ein unangenehmes Gefühl drückte den Kater plötzlich in der Brust. War Marinette etwa richtig mit ihm zusammen? Irgendwie wollte Chat Noir das nicht. Nicht mal die Vorstellung wollte er. Doch er konnte gar nichts dagegen tun. Plötzlich formten sich Bilder vor seinem inneren Auge. Nein das konnte nicht sein! Beruhig dich Adrien! Marinette selber hatte ihm doch erzählt, dass sie unglücklich verliebt war und sich daran auch in all der Zeit nichts verändert hatte. Nur in wen wusste er nicht.

Der Kater schüttelte sich, doch die rote Farbe in seinem Gesicht fiel nicht ab. Er blickte zu Marinette, die immer noch gefällt auf dem Boden lag und sich tot stellte. Mit einem unbehaglichen Gefühl rutschte Chat Noir von der Chaiselongue und setzte sich im Schneidersitz direkt neben das Mädchen.

„Ähm…“ er blickte zur Decke und spielte mit den Fingern an seinen Füßen herum. „…sind die von deinem Freund?“

Oh Mann… reib noch Salz rein! Aber Chat Noir wollte es wissen. Wieso hatte er so großes Interesse daran?

Marinette stöhnte vom Boden: „Lass mich einfach sterben! Das ist oberpeinlich!“

Der Kater versuchte sich an einem Grinsen: „Was denn? Der Pariser? Oder das wir Pariser sind?“

„Verarsch mich nicht!“ fauchte das Mädchen zerknirscht aus ihrer Position.

Langsam rappelte sie sich auf und saß schließlich auf ihrem Hosenboden, die Beine rechts und links neben sich angewinkelt. Noch immer hielt sie das Kleinod in den geschlossenen Händen und sah bestimmt in eine andere Richtung. Auf ihrem Kopf hätte man ein Spiegelei braten können.

„Du weißt genau, dass ich keinen Freund habe!“ Marinette schien sich wirklich zu schämen, dies auch noch zuzugeben. Mit einer schnellen Bewegung hielt sie dem Jungen mit den Katzenohren das Kondom unter die Nase. Vermied aber weiter Blickkontakt: „Die sind von meiner Mutter… also nein… es sind schon meine… meine Mutter hat sie gekauft, weil man immer auf alles vorbereitet sein sollte… also bin ich nicht… ich meine… ich hab noch nicht darüber nachgedacht… ich…“

Chat Noir umfasste die Hand vor ihm und die Bluenette zuckte zusammen.

„Auch nicht mit dem Jungen in den du schon so lange verliebt bist?“

Überrascht blickte Marinette den Kater nun doch an. Er war mindestens genauso rot im Gesicht wie sie und lächelte unglücklich.

Was war das plötzlich? Warum ließ ihn das jetzt nicht los? Es konnte ihm doch egal sein. War es aber nicht!

Das Mädchen sah scheu in alle Richtungen bevor ihre Augen wieder die leuchtend Grünen von Chat Noir fanden. Sie schüttelte den Kopf. Gleich darauf nickte sie und schluckte hörbar.

Was war das nur für ein Trottel, dachte sich Chat Noir. Wie konnte man dieses wundervolle Mädchen einfach nicht bemerken? Wäre er an dessen Stelle, er würde… ja was würde er? Erschrocken von sich selber stellte Chat Noir fest, dass Marinette ihm eine Frage gestellt hatte.

„Äh was?“ sehr Geistreich.

Unbeholfen lächelte die Bluenette und fragte erneut: „Und… und du? Wolltest du das mit… Ladybug?“

Was für eine Frage? Die Antwort musste ja lauten. Sie konnte gar nicht anders sein. Doch der Kater zögerte. Wieso zögerte er? Warum kam ihm dieses kleine Wort nicht über die Lippen?

Er seufzte: „So einfach ist das nicht Prinzessin.“

Chat Noir stand auf und zog Marinette mit sich nach oben. Zusammen setzten sie sich auf die Chaiselongue, noch immer ihre Hand in seiner und in der Mitte der gelb gefüllte Blister.

„Weißt du,“ versuchte der junge Mann seine Gedanken in Worte zu packen, „nach gestern, weiß ich nicht mal, ob mich je wieder der Glanz ihrer Anwesenheit bestahlen wird. Ich habe ihre Grenze überschritten. Oh Gott weiß, dass hätte ich nie getan, wenn ich bei klaren Verstand gewesen wäre. Aber auch unter Akumaeinfluss hätte ich das nie zulassen dürfen. Ich muss sie beschützen… wie du schon sagtest: Meine Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass Ladybug ihre Arbeit machen kann. Außerdienstliche Gefühle mag meine Lady nicht. Also schlucke ich das meiste, was ich ihr sagen will hinunter und verpacke den Rest in oberflächliches Geflirte. Hoffe so, sie zumindest zum lachen zu bringen, damit sie meiner Gesellschaft nicht überdrüssig wird. Aber das ist… hart und ja es tut auch weh. Darum habe ich mir nie weiter Gedanken gemacht, als dass sie irgendwann meine Gefühle erwidern könnte.“
 

~Marinette und Adrien~

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Chat Noir seufzte, ließ Marinettes Hand los und lehnte sich zurück. Einen Moment legte er den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, dann wandte er sich aufmunternd lächelnd der Bluenetten zu.

„Und du? Magst du mir heute endlich erzählen, wer dir das Herz gebrochen hat?“

Marinette überlegte, dabei setzte sie sich in einen bequemen Schneidersitz und griff nach dem Kissen, welches sie auf ihrem Schoß umarmte. Das Kondom immer noch fest mit dem Fingern umschlossen. Eigentlich hatte sie mit sich ausgemacht ihrem Partner niemals wissen zu lassen, in wem sie verliebt war, aber jetzt gerade war sie nicht Ladybug sondern ein trauriges Mädchen, dass neben einem Superhelden saß, welcher ihr sein ebenfalls von Liebeskummer geplagtes Herz anvertraut hatte.

Marinette zeigte auf all die Poster und Fotos an ihrer Wand. Chat Noir war mit den Augen und dann mit dem Kopf ihrem Finger gefolgt und sah sich nun aufmerksam im Zimmer um. Auf was hatte seine Prinzessin gezeigt? Nichts schien sich verändert zu haben in all den Wochen, in denen er nun zu Besuch kam. Immer noch blickten in hunderte seiner Augen entgegen. Und seine eigenen weiteten sich. Nein! Das konnte doch nicht sein!?

Der Junge, der seiner Prinzessin das Herz schwer machte war…

„Adrien Agreste?“

Marinette versank noch tiefer in ihren Schneidersitz und konnte so nicht sehen, wie fassungslos Chat Noir sie anstarrte.

Er schluckte: „Du… bist nicht nur ein Fan der Mode von Gabriel Agreste, sondern auch in seinen Sohn verliebt?“

Das Nicken des Mädchens war so schwach, dass Chat Noir es fast übersehen hätte. Er war so geschockt, dass ihm die Worte fehlten. Warum war ihm das nie aufgefallen? Warum hatte er all die Zeit ihre Art ihm gegenüber falsch interpretiert? Der junge Mann fühlte sich mit einem Mal hundeelend… pardon, katzenelend. Plötzlich ergab alles einen Sinn! Sie konnte ihn doch leiden… sogar mehr als das. Statt der gedachten Ablehnung waren ihre Gefühle tiefer und vor allem romantischer gewesen. Adrien selber war der Trottel, der es nie bemerkt hatte. Schnell! Er musste etwas sagen. Sein schweigen schien ihm verdächtig. Also räusperte sich der Kater: „Weiß er es?“

Blöde Frage! Ganz blöde Frage! Oh Hirn funktioniere!

Marinette schüttelte den Kopf.

„Warum sagst du es ihm nicht einfach?“

Nun hob das Mädchen endlich wieder den Kopf und sah Chat Noir ungläubig an.

„Glaubst du, dass hätte ich nicht versucht? Aber egal was ich anfange – es geht immer schief. Ich bin so tollpatschig und in seiner Gegenwart bekomme ich nicht mal einen richtigen Satz heraus. Vermutlich hält er mich für total bescheuert.“ Marinette seufzte und sprach dann mit belegter Stimme weiter: „Und am schlimmsten ist, dass Chloe in jeder sich bietenden Gelegenheit an ihm hängt. Und wenn nicht sie, dann dieses Mädchen vom Fechtclub.“ Nun wurde ihre Stimmenfarbe eindeutig traurig: „Da hab ich doch gar keine Chance.“

Chat Noir schluckte. So hatte er das nie gesehen und musste ihr nun leider Recht geben. Es war ihm nie aufgefallen, da Marinette immer um jeden bemüht war. Sie war immer fröhlich und hilfsbereit, fand stets die richtigen Worte… außer in seiner Gegenwart. Und nun stellte sich heraus, dass er selber sie einfach falsch gesehen hatte. Nicht sie mochte ihn nicht… sie mochte ihn zu sehr und deswegen benahm Marinette sich gegenüber Adrien so… so anders.

Der Kater fluchte innerlich. Warum hatte er die Zeichen falsch gedeutet? Alles könnte einfacher sein, wäre ihm schon früher ein Licht aufgegangen. Dann hätte er sich sicherlich in Marinette verliebt!

Was?

Chat Noir starrte auf den Boden vor sich. Was hatte er da eben gedacht?

Ein kurzer Blick auf die Bluenette, welche wieder in ihren Schneidersitz versunken war und das Kissen drückte und er wusste es. Wenn Adrien sich die Mühe gemacht hätte, hinter die Fassade des schusseligen Auftretens von Marinette zu schauen, dann wäre er ihr verfallen! Sofort und mit Sicherheit!

Er dachte, wie auch nicht? Wie könnte jemand dieses Mädchen nicht lieben? Sie war talentiert, führsorglich und im Moment… so verletzlich. Irgendwie ganz anders als Ladybug.

Dann amüsierte ihn jedoch die Vorstellung, dass Marinette wohl auf Chloe und Kagami eifersüchtig war. Gut, bei letzterer war Adrien tatsächlich versucht gewesen, sich ein neues Ziel zu setzen.

Auch Marinette machte sich ihre Gedanken. Sie hatte Chat Noir ihr größtes Geheimnis, neben ihrer geheimen Identität erzählt und… es tat ihr gut… erstaunlicherweise. Der Kater war ein so viel einfühlsamerer Zuhörer, wenn sie nicht in ihrer Verwandlung war, wo er pausenlos versuchte ihr den Hof zu machen. Seine Gegenwart tat ihr gut. Mit jedem Mal, wo er sie besuchte schätzte sie seine Anwesenheit mehr. Gestern hatte sie ihn aufgefangen und heute…

„Ich bin froh, dass du da bist Chat.“ Flüsterte Marinette und der Kater sah sie fragend an. Erst schüttelte das Mädchen den Kopf, sprach dann doch ihre Gedanken aus: „Ich glaube… jetzt bin ich es, die nicht allein sein will.“

Chat Noir sah sie perplex an. Dann musste er über ihre Worte sanft lächeln und rutschte näher neben sie, um ihr einen Arm um die Schultern zu legen: „Gern zu Diensten Prinzessin!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yuna_musume_satan
2019-08-02T02:34:46+00:00 02.08.2019 04:34
Hach warum einfach den es auch schwer geht nicht wahr. Mari/lady liebt adri, adri/cat liebt Lady, und nun vangen bride an cat in mari 72nd mari in cat. *Kopfschüttel* die beiden erschaffen ihr eigenes liebesdreieck und das nur weil cat sich oft bei Mari rum treibt manoman das hält man ja nicht aus.

Hihi Klasse Kapitel und ich freu mich schon aufs nächste


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