Unbreak My Heart von Last_Tear ================================================================================ Kapitel 5: Our Shattered Lives ------------------------------ Zurück in Koichis Wohnung, ließ sich Tsuzuku müde aufs Sofa fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Er fühlte sich grauenvoll erschlagen. Und auch, wenn Koichi bei ihm war, die innere Leere begann sich nur wieder mehr und mehr auszubreiten. Toki mochte nur eine Einbildung gewesen sein, aber dessen erneutes Erscheinen hatte gereicht um ihn vollständig zu verunsichern und aus der Bahn zu werfen. „Hazuki…“ Ein Wimmern entkam seinen Lippen und er suchte panisch nach seinem Handy. Dieser würde doch Zeit für ihn haben, oder nicht? Fast hätte er das Telefon fallen lassen, so sehr zitterten seine Hände und es wurde erst besser, als Koichi einen Arm um ihn legte und ihn eng an sich heran drückte. Halb hatte er sich in dessen Armen vergraben, während er sich zwang, tief durchzuatmen - hyperventilieren würde nicht helfen. Außerdem wollte er nicht, dass sein Freund sich direkt Sorgen um ihn machen würde. Allerdings klingelte das Handy fünf Minuten, ohne dass Hazuki sich meldete und Tsuzuku sank mehr und mehr in sich zusammen, hatte sein eigenes Telefon schließlich angestarrt als wäre es an allem Schuld und es aus seinen Händen auf den Boden gleiten lassen, wo es mit einem leisen Laut aufschlug und liegen blieb. „Tsu…“ Er hatte es gewusst. Er war wertlos und Hazuki egal. Er hatte ihn angelogen, die ganze Zeit. Tsuzuku erschauderte, bevor er in Tränen ausbrach. Diese Nacht verbrachte er in Koichis Armen, bis er sich in den Schlaf geweint hatte. Hätte Koichi ihn am nächsten Tag nicht ins Studio gebracht, wäre er wohl im Bett geblieben. Tsuzuku hatte das Frühstück verweigert und zuckte bei jedem unerwarteten Geräusch zusammen, während er sich mehr an seinen Kaffeebecher klammerte. Koichi hatte einen Abstecher zu Starbucks gemacht, bevor sie zum Studio gefahren waren, in der Hoffnung, dass es helfen könnte. Zumindest hielt es Tsuzuku jetzt davon ab, sich die Fingernägel in die Handgelenke zu rammen. Allerdings war es ein Kampf, Tsuzuku dazu zu bringen, seine Tasche und sein Handy außerhalb der Aufnahmekabine zu lassen, zusammen mit seinem halbleeren Kaffeebecher und beinahe unmöglich ihm gut zu zu reden, dass er sich so weit entspannen konnte, dass er singen konnte. Koichi seufzte tief auf, beobachtete seinen besten Freund müde - dieser zitterte am ganzen Körper während er sang. Aber was würde er tun können? Hazuki hatte sicherlich seine Gründe, warum er nicht ans Handy ging, jedoch hätte er sich melden können. Dieser wusste doch, dass es Tsuzuku wahnsinnig viel Kraft kostete, zuzugeben, wenn es ihm nicht gut ging und noch mehr, jemanden anzurufen. Es passte nicht zusammen. Koichi merkte erst, dass er ins Grübeln verfallen war, als Tsuzuku das Lied gewechselt hatte, was ihn die Stirn runzeln ließ. Klar, ihre neue Single beinhaltete zwei Lieder, aber Kore Wo Izon To Yobu Nara gehörte eindeutig nicht dazu. Spätestens als Tsuzuku dabei erneut anfing zu weinen, wusste er, dass es ein Fehler gewesen war, hier her zu kommen und er war aufgesprungen, bevor der Staff auf die Idee kam, dass sie sich einmischen mussten um das retten zu können - da war nichts mehr zu retten. Zum Glück war es nicht schwer gewesen, Tsuzuku aus der Aufnahmekabine zu holen und ihm seine Tabletten trotz schwacher Gegenwehr zu verabreichen. Jetzt zahlte es sich aus, dass er immer welche von Tsuzukus Notfalltabletten in der Handtasche hatte. Eine Stunde später hatten sie mit den Aufnahmen weiter machen und diese auch ohne erneute Zwischenfälle beenden können. Sie hatten Glück gehabt, dass Zeit dafür gewesen war und vermutlich würden sie die Überstunden bezahlen müssen, aber das war es wert. Besser als eine ruinierte Tonspur und mit dem Management zu kämpfen. Sie standen schon genug unter Druck, da musste nicht noch mehr dazu kommen. Tsuzuku zu überzeugen, nach hause zu gehen, war hingegen erschreckend einfach gewesen. Dieser hatte nicht mal protestiert. Kaum, dass sie allerdings in dessen gemeinsamer Wohnung mit Hazuki angekommen waren, hatte Koichi den Sänger auffangen müssen, weil dieser erneut bedenklich zu schwanken angefangen hatte. Hazukis Schuhe standen immer noch nicht wieder im Flur und in der ganzen Wohnung herrschte Totenstille, wenn man vom Ticken der Küchenuhr absah. Es war fast unheimlich. „Warum meldet er sich nicht, Koi?“ Mit einem verzweifelten Laut ließ sich Tsuzuku an der Wohnungstür entlang nach unten sinken und legte den Kopf in den Nacken, während Koichi hilflos mit den Schultern zuckte. „Versuch doch noch mal, ihn anzurufen. Vielleicht war er vorhin nur beschäftigt.“ Tsuzuku sah müde auf, dann schüttelte er den Kopf und schloss die Augen. Er wollte nicht anrufen wenn er ehrlich war. Er hatte Angst vor dem, was passieren könnte. Es war grauenvoll. Alles in seinem Kopf drehte sich, er konnte beinahe spüren, wie seine heile Welt erneut Risse bekam und es würde nicht viel brauchen um sie zum Einsturz zu bringen. Mit einem leisen Schniefen hatte er sich schließlich wieder erhoben und fuhr sich langsam durch die Haare. „Ich geh mich eben umziehen, dann können wir kochen.“ Er musste das einfach verdrängen, von sich schieben, wie immer. Nur nicht drauf eingehen. Und sich einreden, das Hazuki nicht einfach nur froh war, endlich von ihm wegzukommen. Im Schlafzimmer hatte er murrend Jeans gegen Jogginghose getauscht und erstarrte, als ihm etwas auf Hazukis Bettseite ins Auge fiel. Das war die Kette, die er für ihn in Chiba gemacht hatte. Im nächsten Moment hatte er das Handy in der Hand und wählte panisch Hazukis Nummer. Er hatte ihm versprochen, dass er die Kette immer tragen würde, damit er ein Stück von ihm bei sich haben würde. Wieso lag sie jetzt auf dem Nachttisch? Die Welt begann sich um Tsuzuku zu drehen, als sein Handy ihm mitteilte, dass der angerufene Teilnehmer nicht antworten konnte und seine Beine begannen zu zittern, als ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Hazuki hatte sein Handy ausgeschalten. Und dafür würde er es in die Hand genommen haben müssen und den verpassten Anruf gesehen…Es war nicht typisch für Hazuki, dass dessen Handy ausging weil es keinen Akku mehr hatte. Normaler Weise trug dieser immer eine Powerbank mit sich herum, vor allem wenn sie nicht zusammen waren. Irgendwie hatte er es geschafft, ins Bad zu schwanken und die Tür so leise wie möglich hinter sich zu schließen - und abzusperren. Für gewöhnlich bewahrte Hazuki seine Rasierklingen im Nachttisch auf und schloss die Schublade ab, wenn er nicht zuhause war, aber dass er sich selbst ein paar Ersatzklingen gekauft gehabt hatte, wusste sein Freund nicht. Es war Monate her und er hatte diese bisher im Spülkasten der Toilette versteckt. Aber jetzt…Mit zitternden Fingern war es schwerer, die Packung aus dem Versteck zu fischen, aber er schaffte es und verzog leicht das Gesicht. Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte, zog Tsuzuku aus dem Erste-Hilfe-Kasten das Desinfektionsspray und kurz musste er über sich selbst schmunzeln. An sich war es völlig egal ob die Klinge sauber war oder nicht, es spielte absolut keine Rolle mehr. Hätte er Hazuki doch nur nie ein Wort geglaubt. War das alles gelogen gewesen, was er ihm gesagt hatte? Und falls nicht, wieso ließ er ihn jetzt hier allein? Es wollte alles keinen Sinn ergeben und mit einem leisen Laut war er vor der Dusche zusammen gesunken und starrte auf den hellen Boden. Darauf sah man Blut bestimmt auch gut. Warum hatte sich Hazuki die ganze Mühe gemacht, mit ihm zusammen zu ziehen und sich um ihn zu kümmern, wenn er nicht vorgehabt hatte, bei ihm zu bleiben? Oder lag es an seinem letzten Zusammenbruch? Hatte er da erst gemerkt, dass es sich nicht lohnen würde, zu versuchen, ihn wieder aufzubauen, weil es vergeblich war? Weil egal wie man es drehen oder wenden wollte, er einfach kaputt war und für ein normales Leben nicht geschaffen? War der Besuch bei seiner Schwester nur ein Vorwand um sich in einer anderen Stadt ein neues Leben aufbauen zu können, ohne ihn, dass er ihn wegwerfen konnte wie eine kaputte Puppe? Immerhin, er hatte ihn bereits am Straßenrand aufgesammelt, wieso ihn nicht wieder zurück auf die Straße werfen? Tsuzuku erschauderte, während er die Klinge auf seinen Arm presste. Tränen begannen sich in seinen Augen zu bilden, als er die Rasierklinge an seinem Handgelenk ansetzte und durchzog. Es brannte grauenvoll und ein Wimmern entkam seinen Lippen, bevor er das Gleiche an der anderen Seite wiederholte und aufschluchzen musste. Das Blut floss schneller als seine Tränen und er ließ die blutverschmierte Klinge fallen, während sein Kopf mehr gegen die Wand sank. Wie er es sich gedacht hatte. Der Kontrast von rot auf hellgrau war wunderschön und er konnte nicht anders als zu lachen. Zumindest würde Hazuki ihn so nicht vergessen können…Das war sicherlich auch schon ein Anfang oder besser gesagt, ein Ende. Zwar hatte er sich seinen Tod jetzt auch nicht unbedingt so beschissen vorgestellt, aber passend war es. Langsam begannen ihm die Augen zuzufallen, er hörte nur noch Koichi nach ihm rufen - ach ja. Oh. Er hätte sich bei ihm entschuldigen müssen. Aber das würde er sicherlich auch noch im nächsten Leben tun können. Auch wenn Tsuzuku nicht sagen konnte, wieso er sich so sicher war, dass er Koichi wiedersehen würde, er wusste es einfach und mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen verlor er schließlich auch das Bewusstsein. Wenn nichtmal Hazuki ihn haben wollte, gab es keinen Ort mehr auf dieser Welt an dem er sein wollte. Hazuki gähnte leise, bevor er sich ordentlich streckte und nur erneut wahnsinnig froh über seine Sonnenbrille war. Zum Glück hatte sich die Situation mit seiner Schwester schnell geklärt, sie hatten gestern noch zusammen getrunken und waren in den frühen Morgenstunden nachhause getaumelt. Jetzt war er froh, wieder zurück zu sein. Auch wenn er nicht viel Schlaf bekommen hatte, er war früh hochgeschreckt und seitdem wahnsinnig unruhig gewesen. Deswegen hatte ihn der erste Weg auch in seinen Tattooladen geführt, statt nach hause, er wusste, dass Tsuzuku in guten Händen bei Koichi war, außerdem wollte er diesen nicht bei den Aufnahmen stören. Yusuke holte ihnen gerade Kaffee und Akinori war noch unterwegs. Also war alles in Ordnung. Es gab keinen Grund, nervös zu sein. Hazuki murrte leise, bevor er aufschreckte, als sein Handy zu klingeln begann und er runzelte die Stirn, bevor er den Anruf auch annahm und im nächsten Moment sein Handy fallen ließ. Seine Beine gaben nach und er fand sich auf den Knien wieder, während er versuchte zu verarbeiten, was er gerade gehört hatte. Als Yusuke wenige Minuten später den Raum betrat, befand sich Hazuki immer noch auf dem Boden, davon überzeugt, dass es ein Alptraum war, in den er hinein geraten und aus dem er aber sicherlich bald wieder erwachen würde. Es konnte nicht wahr sein. „Hazuki?“ Fast hätte er Yusuke nicht erkannt, zuckte dementsprechend heftig zusammen und starrte seinen Exfreund mehrere Sekunden stumm an, bevor er das Gesicht in den Händen vergrub und schrie. Dass Yusuke die Arme um ihn schlang registrierte er kaum, auch nicht, dass dieser ihn eng an sich heran zog und leise, beruhigend auf ihn einredete. Wie lange sie so auf dem Boden verbrachten war schwer zu sagen, aber irgendwann ließ Hazuki den Kopf an Yusukes Schulter fallen und lachte trocken auf. „Ich muss ins Krankenhaus, Yu. Tsuzuku hat versucht sich umzubringen.“ Kaum dass er es ausgesprochen gehabt hatte, kamen die Tränen und schluchzend sank Hazuki mehr und mehr zusammen. Es ergab keinen Sinn. Natürlich war Tsuzuku nicht begeistert gewesen, dass er zu seiner Schwester hatte fahren müssen, nachdem er sich gerade erst von einem Krankenhausaufenthalt erholt hatte, aber er hatte ihm doch versprochen, dass sie reden konnten, wenn es ihm schlecht ging. Dass er nicht lange weg sein würde. Wie hatte das alles passieren können? Koichi kannte doch Tsuzukus psychischen Probleme, er wusste, wie er mit ihm umgehen musste und wie er ihn beruhigen konnte - es ergab alles keinen Sinn. Er hatte nicht mal verpasste Anrufe von Tsuzuku auf dem Handy gehabt. Warum hatte sein Freund sich nicht gemeldet, wenn es ihm so schlecht gegangen war? Er hatte ihm doch gesagt, dass er immer für ihn da war. Selbst wenn er geschlafen hätte, Tsuzuku hatte seinen eigenen Klingelton und der weckte ihn jedes Mal. Was war passiert, dass der Mann mit dem er den Rest seines Lebens verbringen wollte, ihm nicht mehr vertraute? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)