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Marionette

Dofladile (AU)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und es geht weiter :)
Dieses Mal mit einem Zeitsprung: Wir hüpfen in das 5. Dates unserers liebsten Flamingos und Krokodils :)
Viel Spaß beim Lesen!

bye
sb Komplett anzeigen

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Kapitel 4

„Darf ich dir eine Tasse Kaffee anbieten, Wani?“, fragte Doflamingo mit zärtlicher Stimme und einem neckischen Grinsen auf den Lippen, während er die Kaffeekanne bereits in Händen hielt.

„Nur, wenn du endlich damit aufhörst, mich mit diesem bescheuerten Spitznamen anzusprechen“, erwiderte Crocodile, der ein wenig genervt, doch noch lange nicht ernsthaft verärgert wirkte.

„Tja, dann wirst du doch wohl mit Wasser begnügen müssen“, meinte Doflamingo und kicherte leise. „Denn dieser Spitzname ist definitiv viel zu niedlich, um ihn aufzugeben.“

Crocodile seufzte und rieb sich mit der rechten Hand über die Schläfe, ehe er sich schließlich geschlagen gab: „Wenn du meinst. Und jetzt schenk mir endlich den verdammten Kaffee ein, bevor ich es mir doch anders überlege und wieder nach Hause fahre. Die Arbeit war heute sehr stressig.“

Doflamingo lächelte und kam dem Wunsch seines Gastes nach. Sie saßen zu zweit im weitläufigen Garten seiner Villa; die Nachmittagssonne stand hoch am Himmel und der runde Gartentisch war mit Geschirr für Zwei, einer großen Kaffeekanne und erlesenem Gebäck gedeckt.

Wenn man ihr erstes Kennenlernen mitzählte, dann handelte es sich bei dieser Verabredung bereits um ihr fünftes Date und es war das erste, das wochentags stattfand. Zwar befanden sie sich offiziell noch nicht in einer festen Beziehung, doch Doflamingo war zuversichtlich, dass sie sich auf dem besten Weg dorthin befanden.

Schließlich wurde Crocodile ihm gegenüber stetig aufgeschlossener und die Atmosphäre, die herrschte, wirkte mit jeder Verabredung gelassener und intimer. Inzwischen hatten sie auch schon zwei längere Telefonate miteinander geführt, in denen es um nichts Anderes als nette Bagatellen gegangen war. Nicht ein einziges Mal hatten sie über Geschäftliches gesprochen. Insgesamt ließ sich also durchaus sagen, dass es außerordentlich gut mit ihnen lief.

„Was hat dich denn heute bei der Arbeit so stark gestresst?“, fragte Doflamingo neugierig und griff nach einem Plätzchen mit Marmeladenfüllung. Leider fiel ihm erst, nachdem er hinein gebissen hatte, auf, dass seine Worte äußerst ungünstig gewählt waren. Bisher hatten sie noch niemals über die Arbeit von einem von ihnen beiden gesprochen; bei all ihren Verabredungen war dies immer ein absolutes Tabu-Thema gewesen, auch wenn es niemand dazu erklärt hatte. Auf der anderen Seite allerdings hatte Crocodile diesen Punkt selbst angesprochen.

„Ach, Verschiedenes“, meinte sein Gast recht ausweichend, während Doflamingo nervös an seinem Plätzchen knabberte. „Es ist eigentlich nichts Schlimmes passiert, es gab eben nur sehr viel für mich zu tun. Daher der Stress.“

„Dann ist ja gut“, erwiderte Doflamingo zögernd. Das Beste würde sein, wenn er ein anderes Thema anschnitt, um die eingefrorene Stimmung wieder aufzulockern, dachte er. Außerdem nahm er sich fest vor heute in kein weiteres Fettnäpfchen mehr zu treten. Schließlich wollte er vor Crocodile auf keinen Fall den Eindruck erwecken, er wäre an irgendwelchen geschäftlichen Informationen interessiert. Ihre Verabredungen sollten unbedingt ausschließlich privater Natur bleiben.

„Schmeckt dir der Kaffee?“, meinte Doflamingo also bloß, um sich vom dem unangenehmen Gesprächsstoff von eben zu distanzieren. „Es ist eine sehr seltene und erlesene Sorte. Ich habe sie nur für dich aus dem Süden einfliegen lassen.“

„Der Kaffee schmeckt ausgezeichnet“, erwiderte Crocodile, der glücklicherweise auf den Zug aufsprang. Anscheinend schien er genauso erpicht wie sein Gastgeber darauf zu sein rasch das Thema zu wechseln. „Genauso wie das Gebäck. Vor allen Dingen die Plätzchen mit der Marmeladenfüllung sind absolut köstlich.“

„Das freut mich zu hören“, sagte Doflamingo. „Sie sind nicht gekauft, sondern in meiner Küche selbst gebacken worden.“

„Nun, dann richte den Konditoren bitte mein Kompliment aus.“

„Gerne.“

Nach diesem recht kurzen und sehr improvisiert wirkenden Gespräch schwiegen sie beide für eine Weile betreten. Doflamingo wurde schmerzlich bewusst, dass seine unangebrachte Frage zu Crocodiles Arbeit noch immer unausgesprochen in der Luft hing und die Stimmung knickte. Er hätte sich nicht hinreißen lassen dürfen, nur weil es sich bei diesem Treffen bereits um ihre fünfte Verabredung handelte. Er hatte sich in falsche Sicherheit gewiegt und war leichtsinnig geworden! Dabei war diese Schlacht längst nicht gewonnen. Schließlich waren sie beide noch immer kein festes Paar!

Als allererstes musste er das verlegene Schweigen, das sich zwischen ihnen beiden ausbreitete und die Luft verdickte, beenden. Zu schweigen war niemals gut; vor allen Dingen bei einem Date nicht. Ganz egal, welchen Unsinn man auch reden mochte: Alles war besser als betretenes Schweigen!

„Wie gefällt dir denn eigentlich mein Garten?“, fragte Doflamingo und bemühte sich um einen möglichst unbefangen klingenden Tonfall. Es war das erste Mal, dass sie beide sich im weitläufigen und gut gepflegten Garten seiner Villa trafen. Ihre ersten beiden Verabredungen hatten an neutralen Orten stattgefunden, erst zum dritten Date hatte Doflamingo seinen Schwarm erneut zu sich nach Hause eingeladen; und das vierte fand nun bei ihm im Garten statt. „Die Inneneinrichtung meines Zuhauses scheint deinen Geschmack ja schließlich überhaupt nicht zu treffen. Zu gut erinnere ich mich noch an deinen entsetzten und verächtlichen Blick, als du dich das erste Mal in meinem Wohnzimmer umgesehen hast. Kommt wenigstens mein Garten besser weg?“

Glücklicherweise gelang es ihm mittels dieser schelmischen Aussage seinem Gast ein kleines Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Die Geste wirkte so zaghaft, dass sie kaum auffiel, doch Doflamingo bemerkte sie selbstverständlich sofort. Prompt überkam ihn Erleichterung. Wenn Crocodile lächelte, dann konnte die Situation nicht allzu schlimm sein.

„Du übertreibst“, meinte Crocodile und nahm einen großen Schluck Kaffee. „Ich habe mich sicher nicht mit einem entsetzten Blick umgeschaut. Jeder Mensch hat eben seinen eigenen Geschmack. Deiner ist zwar absolut ridikül und albern, aber das muss ich wohl akzeptieren.“

Doflamingo grinste bloß angesichts des deutlichen Seitenhiebs, den sein Gast ausgeteilt hatte. Es machte ihm überhaupt nichts aus, wenn sich Crocodile ein wenig über ihn lustig machte. Ganz im Gegenteil: Auch solches Verhalten stellte definitiv ein gutes Zeichen dar, denn es drückte Intimität und Ungezwungenheit aus. Außerdem mochte Doflamingo es geneckt zu werden (und natürlich noch viel mehr seinen Gegenüber ebenfalls zu necken).

„Trotzdem muss ich zugeben, dass dein Garten es deutlich besser getroffen hat als die Einrichtung deiner Villa“, fuhr Crocodile fort und ließ seinen Blick über die weitläufigen Grünflächen und kostbaren Pflanzen gleiten. „Auch wenn ich persönlich deutlich weniger Blumen mit ausgerechnet rosafarbenen Blüten hätte pflanzen lassen.“

„Rosa ist eben mein Markenzeichen!“, gluckste Doflamingo, der die angebrachte Kritik nur halb ernst nahm. „Aber wenn dir der Garten ansonsten gut gefällt, dann freue ich mich.“ Er stockte kurz, ehe er anfügte: „Hast du auch Pflanzen Zuhause? Oder vielleicht sogar einen Garten? Welche Farben haben denn da die Blüten deiner Blumen? Jedenfalls habe ich noch niemals eine Blume mit einer grünen Blüte gesehen. Zumindest in der freien Natur nicht.“

Selbstverständlich wusste Doflamingo sehr gut darüber Bescheid, wo und wie Crocodile wohnte, doch er wollte das aktuelle und angenehm harmlose Gesprächsthema so weit wie möglich ausschöpfen. Außerdem war es gut, wenn er Fragen privater Natur stellte. Vielleicht würde es ihm sogar gelingen, seinen Gast dazu zu überreden, ihn das nächste Mal zu sich nach Hause einzuladen. Crocodile in seinem eigenem Heim zu besuchen wäre nämlich auf jeden Fall ein großer Schritt in die richtige Richtung.

„Ich habe nicht sonderlich viel für Pflanzen übrig“, gab Crocodile zu. „Tiere mag ich lieber. Aber ich habe auch wirklich kein Talent, was die Aufzucht von Blumen angeht. Man könnte beinahe schon sagen, dass jede Pflanze, die mit mir auch nur in Berührung kommt, eingeht.“

„Ach, das glaube ich dir nicht“, meinte Doflamingo, obwohl er es besser wusste. Tatsächlich schien sein Schwarm definitiv keine Begabung im Bereich der Gärtnerei vorzuweisen. Er wohnte mitten im Stadtzentrum in einer modernen und teuren Wohnung ohne Garten oder Balkon.

„Doch, wirklich“, hielt Crocodile dagegen. „In meiner Wohnung wirst du nicht eine einzige Pflanze finden! Ich habe sogar einmal schon guten Willen gezeigt und mir einen einfach zu pflegenden Kaktus zugelegt, aber selbst der ist mir nach nur zwei Wochen eingegangen!“

„Ehrlich?“, fragte Doflamingo nach und erlaubte es sich ein wenig zu lachen. „Nun ja, jeder Mensch hat seine Schwächen und Stärken, denke ich.“

„Da hast du wohl Recht“, stimmte Crocodile zu, der ihm glücklicherweise sein Lachen nicht übel zu nehmen schien. „Aber wieso hast du eben von Blumen mit grünen Blüten gesprochen? Die Farbe Rosa ist vielleicht dein Markenzeichen, aber Grün doch nicht meines. Oder?“

„Also, wenn ich an dich denke, dann fällt mir immer sofort die Farbe Grün ein“, erwiderte Doflamingo recht ungeniert. „Ist dir denn noch nie aufgefallen, dass du häufig grüne Kleidung trägst? Ich glaube, bisher hast du bei jeder einzelnen unserer Verabredungen irgendetwas Grünes angehabt. Sogar jetzt gerade trägst du Grün! Dein Schal ist grün!“

Crocodile zog gedankenvoll die Augenbrauen zusammen. „Mir ist bisher nie wirklich aufgefallen, dass ich häufig Grün trage“, meinte er nachdenklich, „aber jetzt, wo ich es mir überlege, hast du nicht Unrecht. Worauf du so alles achtest, Doflamingo...“

„Tja, ich habe eben einen ziemlich guten Blick für meine Umgebung“, lenkte Doflamingo rasch ein, um nicht aufdringlich zu wirken. Er wollte seinem Gast unter keinen Umständen das Gefühl vermitteln, dass er diesem womöglich nachstellte (völlig unabhängig von dem tatsächlichen Faktum).

Crocodile schwieg für einen Moment, ehe er einen Blick nach oben zum inzwischen recht wolkenverhangenen Himmel warf und schließlich meinte: „Es sieht so aus, als könntest du es dir heute sparen die Sprinkleranlage anzustellen. Bestimmt fängt es gleich zu regnen an.“

„Das wäre sehr schade“, entgegnete Doflamingo, der sich sehr darüber freute, dass sich die Stimmung wieder deutlich aufgebessert hatte. „Ich finde es nämlich sehr schön mit dir hier draußen im Garten zu sitzen und zu plaudern. Hoffentlich ziehen die Wolken vorüber.“

„Das hoffe ich auch“, pflichtete Crocodile ihm bei und veranlasste unbewusst, dass Doflamingo ein überaus glückliches und vor allen Dingen triumphierendes Grinsen unterdrücken musste. Es tat unwahrscheinlich gut, solch verheißungsvolle Worte aus dem Mund seines Schwarms zu hören.
 

Zu ihrem Unglück hielt sich das gute Wetter nicht allzu viel länger und Crocodiles Befürchtung, es könnte anfangen zu regnen, bewahrheitete sich recht bald. Kaum waren die ersten, noch eher spärlichen Regentropfen vom Himmel gefallen, verzog dieser missmutig den Mund und schlüpfte hastig in die Jacke, die er über die Lehne seines Gartenstuhls gehängt hatte. Da für heute eigentlich kein schlechtes Wetter angesagt worden war, hatte er seinen dicken Mantel Zuhause gelassen und sich stattdessen für ein leichtes Sakko entschieden. Gemessen an der Tatsache, wie eng er das Sakko nun um seinen Körper schlang, schien er diese Entscheidung bereits wieder zu bereuen.

„Wir sollten das Kaffeestündchen lieber nach drinnen verlegen“, improvisierte Doflamingo, „bevor wir beide uns eine Erkältung holen.“ Er wusste, dass sein Gast auf Regen und Kälte sehr empfindlich reagierte und wollte unter keinen Umständen in Kauf nehmen, dass sich dessen bisher recht gute Laune wegen der Witterungsverhältnisse verschlechterte. Auch wenn er selbst gegen einen romantischen Spaziergang im Regen nichts einzuwenden gehabt hätte.

„Sehr gerne“, pflichtete Crocodile ihm rasch bei und schien sich über die Aussicht, gleich wieder im Warmen und Trockenen zu sein, sehr zu freuen.

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg durch das weitläufige Gartengelände zurück zu Doflamingos Villa. Während des Fußweges von etwa fünf bis zehn Minuten verschlimmerte sich der zuerst eher harmlos wirkende Regen um ein Vielfaches und noch ehe sie beide die trockenen Räume der Villa erreicht hatte, waren sie nahezu komplett durchnässt.

Auch wenn sein Gast es zu vertuschen versuchte, bemerkte Doflamingo verdrossen, dass Crocodile zu zittern und zu bibbern anfing. So hatte er sich diese Verabredung nicht vorgestellt! Es sollte ein romantisches Plauderstündchen im Grünen werden, kein verregnetes und von schlechter Stimmung durchsetztes Treffen. Doch selbstverständlich wäre Doflamingo nicht Doflamingo gewesen, wenn er nicht auch diese missgünstige Situation zu seinem Vorteil genutzt hätte. Er war ein talentierter Puppenspieler und Schauspieler; er wusste immer genau, was er zu sagen und zu tun hatte, um im rechten Licht zu erscheinen.

„Am besten gehen wir hinüber ins Wohnzimmer“, meinte Doflamingo mit freundlicher, aber bestimmter Stimme, während sie sich von dem Nebeneingang aus, durch den sie die große Villa betreten hatten, auf den Weg zum Foyer machten und anschließend linkerhand das geräumige Wohnzimmer der Villa betraten. Unterwegs wies er ein Dienstmädchen dazu an das Feuerholz im Kamin zu entzünden und neu für sie beide zu decken. Wenn schon keine romantische Verabredung draußen an der Sonne möglich war, dann wollte er das unangenehme Wetter wenigstens dazu nutzen, um drinnen ein romantisches und gemütliches Setting zu schaffen. Währenddessen gab Crocodile sich recht zurückhaltend und wortkarg, folgte bloß stumm (und sich unauffällig die Finger mit dem heißen Atem wärmend) seinem Gastgeber.

Erst als sie beide das behaglich eingerichtete und vor allem trockene Wohnzimmer erreicht hatten und Doflamingo ins Auge fasste, sich auf dem Sofa niederzulassen und seinem Gast eine neue Tasse Kaffee anzubieten, meldete sich dieser wieder zu Wort: „Doflamingo?“ Crocodiles Stimme klang untypisch schüchtern und er wirkte sehr befangen.

Sofort wurde Doflamingo hellhörig und widerstand der Versuchung sich mit der Hand nervös über den Mund zu fahren. Er hatte keine Ahnung, was sein Gast nun von ihm wollte. Nun, was auch immer es sein mochte: Doflamingo hoffte bloß, dass Crocodile seine durchnässte Kleidung nicht als Anlass nutzen würde, um diese Verabredung zu beenden und wieder zu sich nach Hause zu fahren. Ein solches Unterfangen wäre alles andere als förderlich für sein Ziel.

„Was gibt es, Wani?“

Crocodile zögerte für einen Augenblick. Unschlüssig ließ er den Blick über die teure Inneneinrichtung des Wohnzimmers gleiten, ehe er in einem sehr verlegenen Tonfall fragte: „Darf ich mal deine Dusche benutzen? Ich weiß, dass diese Bitte vielleicht ein wenig forsch klingt, aber ich hasse es wirklich so dreckig durchnässt zu sein. Außerdem möchte ich dein Sofa nicht versauen; ich tropfe ja bereits den Teppich nass.“

„Klar“, erwiderte Doflamingo behände. Er war bloß froh darüber, dass Crocodile ihn noch nicht verlassen wollte. Ganz im Gegenteil: Dass sich dieser wohl genug fühlte, um bei ihm Zuhause zu duschen, war ein sehr gutes Zeichen. „Ich, ähm, ich kann dir gerne auch Kleidung zum Wechseln bringen lassen. Es nützt schließlich nichts, wenn du nach der Dusche wieder in die nassen Sachen steigst. Allerdings müsstest du wohl mit meiner privaten Kleidung vorlieb nehmen, weil du ja doch recht groß bist und ich ansonsten nichts da habe, was dir passen könnte. Ich hoffe, das ist kein Problem für dich, auch wenn mein Kleidungsstil nicht unbedingt deinen Geschmack trifft.“

„Es macht mir nichts aus“, erwiderte sein Gast leichthin, der erpicht darauf zu sein schien, endlich aus seiner nassen und inzwischen auch kalten Kleidung schlüpfen zu können. „Ich bin bloß froh, wenn ich gleich wieder trocken bin. Ich kann Regen und Nässe absolut nicht ausstehen.“

Doflamingo ging voran, um Crocodile das nächstliegende Badezimmer zu zeigen. Nachdem er ihm erklärt hatte, dass gleich jemand vorbeikommen würde, um die versprochene Wechselkleidung zu bringen und ihm überdies versichert hatte, er dürfte sich gerne so viel Zeit lassen wie er wollte, machte er sich auf den Weg in sein eigenes Schlafzimmer, an das ebenfalls sowohl ein Bad als auch ein begehbarer Kleiderschrank grenzten.

Rasch wählte Doflamingo für seinen Schwarm eine orangefarbene Hose und ein weinrotes Hemd aus - diese Kleidungsstücke zählten noch mit zu den unauffälligsten in seiner eindrucksvollen Sammlung.

Für einen kurzen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, seinem Gast ebenfalls ein Paar Boxershorts und Socken von sich bringen zu lassen, entschied allerdings schlussendlich, dass er es lieber bei der Hose und dem Oberteil belassen sollte; auch wenn er den Gedanken, dass Crocodile seine Unterwäsche trug, als sehr reizvoll und verführerisch empfand. Doch Doflamingo durfte es nicht übertreiben: Noch befand er sich nicht in einer festen Beziehung mit Crocodile, und gerade bei einem solch unfassbar prüden und konservativ eingestellten Mann sollte er sein Glück lieber nicht herausfordern. Also vertröstete Doflamingo sich kurzerhand mit der optimistischen Aussicht, dass er Crocodile womöglich zu einem späteren Zeitpunkt in von ihm ausgeliehenen Boxershorts sehen dürfte.

Außerdem reichte ihm der Gedanke, dass sein Gast überhaupt Kleidungsstücke von ihm trug, gegenwärtig völlig aus. Er war sich nämlich sicher, dass Crocodile in der orangefarbenen Hose und dem weinroten Hemd einfach bezaubernd aussehen würde! Nun, zumindest seinem eigenen Geschmack entsprechend. Überdies war es kein schlechter Fingerzeig, wenn sein Schwarm ausgerechnet seine Kleidung trug - seine, und nicht die irgendeines Anderen!

Doflamingo gab die ausgewählten Kleidungsstücke an einen Angestellten weiter, der sie wiederum Crocodile abliefern sollte; darauf zu bestehen, sie diesem selbst zu bringen, wäre womöglich aufdringlich erschienen. Außerdem wollte Doflamingo ebenfalls gerne schnell duschen und in frische Kleidung zu schlüpfen; wenn Crocodile so viel Wert darauf legte, würde er sich eben anschließen.

Als Doflamingo in das Wohnzimmer zurückkehrte, hielt sein Gast sich noch immer im naheliegenden Badezimmer auf; ihm machte dieser Umstand jedoch nichts aus. Anstatt ungeduldig zu werden, nutzte er die Zeit, die er nun übrig hatte, um zu kontrollieren, ob auch wirkliche jede Einzelheit im Raum auf seine Wünsche und Ziele ausgerichtet war:

Im Kamin loderte inzwischen ein Feuer, das Wärme spendete und außerdem das Wohnzimmer in ein behagliches Licht tauchte. Auf dem Couchtisch standen sowohl eine große Kanne mit frisch aufgebrühtem Kaffee als auch eine mit Tee; dazu neues Gebäck. (In der Mitte des Tisches befand sich übrigens ein kunstvoll gearbeiteter Aschenbecher, obwohl Doflamingo nur sehr selten rauchte.) Auf der Seite des Sofas, an der Crocodile üblicherweise saß, war über die Armstütze eine kuschelige Decke gelegt worden. Insgesamt machte sein Wohnzimmer einen sehr heimeligen und beschaulichen Eindruck, stellte Doflamingo überaus zufrieden fest.

Für einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, die Vorhänge vor den hohen Fenstern zuziehen zu lassen, um das schlechte Wetter endgültig auszusperren, entschied sich am Ende allerdings dagegen: Crocodile sollte den Kontrast zwischen dem ihm so verhassten Regen draußen und der gemütlichen Atmosphäre hier drinnen ganz genau spüren.
 

Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis Crocodile ins Wohnzimmer zurückkehrte. Doflamingo war, auch wenn er es niemals zugegeben hätte, inzwischen beinahe schon ein wenig ungeduldig geworden (oder eher: nervös); sein Unmut löste sich jedoch sofort in Luft auf, kaum warf er den ersten Blick auf seinen frisch geduschten und umgezogenen Gast.

Crocodile sah nämlich sogar noch viel bezaubernder aus als er es sich in seinen kühnsten Vorstellungen ausgemalt hatte: Die orangefarbene Hose und das weinrote Hemd waren seinen Schwarm ein Stück zu groß und ließen den eigentlich nicht sonderlich schmächtigen Körper sehr zierlich und beinahe schon graziös erscheinen. Außerdem war das dunkle Haar nicht ganz so streng wie üblich nach hinten gekämmt worden; ein paar Strähnen hingen Crocodile sogar lose in sein blasses Gesicht.

„Setz dich doch, Wani“, meinte Doflamingo rasch und deutete auf den Platz neben ihm, nachdem ihm eingefallen war, dass es einen unverschämten und aufdringlichen Eindruck machte seinen Gast so lange unverwandt anzustarren.

„Danke“, erwiderte Crocodile mit relativ leiser Stimme und ließ sich ebenfalls auf dem Sofa nieder.

„Darf ich dir zum zweiten Mal eine Tasse Kaffee anbieten?“, fragte Doflamingo rasch, um einem verlegenen Schweigen vorzubeugen. „Oder ist dir Tee lieber?“

„Kaffee“, antwortete Crocodile kurz angebunden und warf einen unwilligen Blick durch eines der Fenster nach draußen in den Garten. Der heftige Regen, durch den sie beide eben gewatet waren, hatte sich sogar noch deutlich verschlimmert. Obwohl die Villa sehr dicke Außenwände besaß, konnte Doflamingo den Wind so klar pfeifen hören als befände er sich draußen und nicht hier drinnen in seinem wohligen Wohnzimmer.

„Vermutlich zieht ein Sturm auf“, murmelte Crocodile, ehe er an seiner Kaffeetasse nippte. Er klang alles andere als begeistert.

„Vielleicht“, meinte Doflamingo leichthin. „Aber zumindest sind wir beide im Trockenen. Und das ist doch die Hauptsache.“ Er schwieg für einen kurzen Augenblick, ehe er hinzufügte: „Außerdem darfst du gerne so lange bleiben wie du möchtest. Auch über Nacht, sollte der Sturm länger anhalten. Schließlich sollte man sich nicht selbst unnötig in Gefahr begeben.“

„Wir werden sehen“, erwiderte Crocodile ausweichend. „Aber trotzdem vielen Dank für das Angebot.“

Während sie für eine Weile dasaßen, Kaffee tranken und sich miteinander unterhielten, wurde das Wetter immer schlechter. Auch wenn die Sonne noch lange nicht untergegangen war, sah der wolkenverhangene Himmel sehr dunkel aus. Doflamingo warf zufällig gerade einen Blick auf die Uhr, die an der Querwand des Wohnzimmers hing, als sein Gast und er durch einen heftigen Donnerschlag erschreckt wurden. Es war neunzehn Uhr fünfzehn.

„Verfluchtes Mistwetter“, monierte Crocodile und nahm einen besonders großen Schluck Kaffee.

„Das kannst du laut sagen“, stimmte Doflamingo seinem Gast zu, während er nach einem weiteren mit Marmelade gefülltem Plätzchen griff. „Dabei wurde ein Sturm gar nicht angesagt. Ansonsten hätte ich schließlich nicht vorgeschlagen, unsere Verabredung nach draußen in den Garten zu verlegen. Es tut mir wirklich unendlich leid, dass du so furchtbar nass geworden bist.“

„Ist schon gut“, erwiderte Crocodile und warf einen unwilligen Blick durch eines der hohen Fenster nach draußen. „Du hast es ja nicht beabsichtigt. Außerdem ist es auch mein eigener Makel, dass ich Wasser und Kälte so sehr verabscheue. Andere Menschen sind in dieser Hinsicht nicht so empfindlich wie ich es bin.“

„Woher kommt denn diese Abscheu?“, fragte Doflamingo, der angesichts dieser Andeutung hellhörig geworden war, interessiert nach. Sehr gerne besäße er nähere Informationen zu den Vorlieben und sogenannten Makeln seines Schwarms. Gleichzeitig musste er allerdings darauf Acht geben nicht forsch oder aufdringlich zu erscheinen. Schließlich wollte er Crocodile dazu bewegen sich ihm freiwillig anzuvertrauen, und diesem nicht das unangenehme Gefühl vermitteln, in einem Kreuzverhör zu sitzen. „Wenn ich fragen darf.“

Crocodile wandte seinen Blick nicht vom Fenster ab und schwieg so lang, dass Doflamingo schon gar nicht mehr mit einer Antwort rechnete und es bereits bereute, eine möglicherweise zu brisante Frage gestellt zu haben. Irgendwann sagte Crocodile dann in einem völlig undefinierbaren Tonfall: „Ich bin als Kind einmal beinahe ertrunken. Seitdem bringe ich es nicht mal mehr über mich ins Schwimmbad zu gehen oder auch nur in die Badewanne zu steigen.“

Wenn Doflamingo ehrlich war, dann hatte er mit einer solchen Beichte nicht gerechnet. Verblüfft zwinkerte er zweimal hintereinander und versuchte die äußerst intimen Informationen, die sein Gast ihm gerade eben hatte zukommen lassen, zu verarbeiten. Er wusste nicht so recht wie er darauf reagieren sollte. Auf der einen Seite tat ihm das Bild eines halbwüchiges Crocodiles, der hilflos im Wasser um sein junges Leben kämpfte, in der Seele weh, doch auf der anderen Seite freute er sich sehr darüber, dass Crocodile diese schmerzhafte Erinnerung mit ihm teilen wollte.

Vor allem weil dieser kein Mensch war, der sich schnell jemand Anderem anvertraute und ihm von irgendwelchen schlimmen Kindheitserinnerungen berichtete. Man musste Crocodiles Vertrauen erobern, um an solch brisante Informationen zu kommen. Und es stimmte Doflamingo ungeheuer fröhlich, dass sein Schwarm ausgerechnet ihm dieses absolut private und intime Geständnis gemacht hatte. Denn indem man die eigene Schwäche oder Angst preisgab, machte man sich selbst immer ein Stück weit verletzlich. Crocodile allerdings schien ihm inzwischen so sehr zu vertrauen, dass er dazu bereit war dieses Risiko einzugehen und darauf zu bauen, dass er die preisgegebene Verletzlichkeit nicht missbrauchen würde. Was Doflamingo selbstverständlich auch nicht vorhatte.

„Das tut mir leid“, sagte er also und bemühte sich darum den richtigen Tonfall zu treffen. Er ahnte, dass Crocodile keine Person war, die gerne bemitleidet wurde, und wollte diesen durch übertriebenes Beileid oder geheucheltes Verständnis nicht in eine unangenehme Lage bringen. Gleichzeitig allerdings sollte er deutlich machen, dass er immer ein offenes Ohr für diesen hatte und sich durch Beichten solcher Art sehr geehrt fühlte. Es handelte sich um eine hochbedeutsame und sehr heikle Situation; er durfte nun in kein Fettnäpfchen treten. „Die Erfahrungen, die wir als Kinder gemacht haben, prägen uns unser ganzes Leben lang; die guten genauso wie die schlechten.“

„Da hast du Recht“, stimmte Crocodile ihm mit relativ gelassen klingender Stimme zu und nahm einen großen Schluck Kaffee.

Doflamingo wiederum unterdrückte ein erleichtertes und zufriedenes Seufzen; diese überaus delikate Situation schien er recht gut gemeistert zu haben. Zumindest machte sein Gast weder einen beleidigten noch einen unempfänglichen Eindruck.

Der Sturm, der draußen tobte, nahm verheerende Ausmaße an. Die Blitze, die den wolkenverhangenen Himmel hell erleuchteten, erschienen inzwischen alle paar Sekunden und die Donnerschläge waren so laut, dass sie sogar im gut schallisolierten Inneren der Villa überdeutlich zu hören waren. Doflamingo sah, dass Crocodile sorgenvoll die Augenbrauen zusammenzog und einen weiteren unwilligen Blick durch eines der Fenster nach draußen in den Garten warf. Viele der Sträucher, die dort gepflanzt worden waren, hatten mit dem heftigen Wind schwer zu kämpfen.

„Das sieht wirklich übel aus“, murmelte Doflamingo absichtlich so laut, dass sein Gast es hören musste. „Sehr verwunderlich, immerhin gab es keine Warnung. Wir sollten den Fernseher einschalten; sicherlich wird über diesen Sturm in allen lokalen Nachrichtensendern berichtet.“

Und noch ehe Crocodile die Gelegenheit bekam sich zu diesem Vorschlag zu äußern, hatte Doflamingo bereits nach der Fernbedienung gegriffen und schaltete den großen Flachbildfernseher ein, der an der Wand hing.

Da ihm so langsam die Gesprächshemen ausgingen, war es keine schlechte Idee den Fernseher einzuschalten. Doflamingo sah nicht allzu oft fern (er hörte in seiner Freizeit lieber Musik als dass er sich irgendwelche Sendungen ansah), doch seine Erfahrung sagte ihm, dass man durch das Programm häufig auf neue Themen zu sprechen kam und vor allem leicht ein peinliches Schweigen vermied. Außerdem erhoffte er sich tatsächlich wertvolle Informationen zu dem Unwetter, das so unerwartet aufgezogen war.

„Gute Idee“, meinte glücklicherweise auch Crocodile und richtete seinen Blick gespannt auf den Fernsehbildschirm. Doflamingo schaltete rasch einen lokalen Nachrichtensender ein, der wie erwartet tatsächlich zu dem wütenden Sturm Stellung nahm.

Ein Nachrichtensprecher berichtete, dass ein vermeintlich harmloses Tiefdruckgebiet erheblich unterschätzt worden war und das Unwetter, das draußen tobte, bereits schwere Schäden angerichtet hätte. Es wurden Bilder von ausgerissenen Bäumen und überfluteten Kellern eingeblendet. Außerdem wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass die Menschen aufgrund der gefährlichen Wetterlage ihre Häuser möglichst nicht verlassen sollten.

„Das sieht ja absolut furchtbar aus“, meinte Doflamingo, obwohl ihm diese Situation natürlich sehr gelegen kam. So wie es aussah, würde sein lieber Gast nämlich mehr oder weniger dazu gezwungen sein, den heutigen Abend oder vielleicht sogar die ganze Nacht bei ihm Zuhause zu verbringen. Und eine weitere Übernachtung wäre natürlich durchaus von Vorteil für das Ziel, das er verfolgte. Doflamingo überlegte sich sogar, ob dieser Abend nicht vielleicht derjenige werden sollte, an dem er Crocodile endlich völlig unmissverständlich klar machte, was er für diesen empfand. Immerhin handelte es sich bei diesem Treffen bereits um ihre vierte Verabredung. Dieser verheerende Sturm behagte ihm also eigentlich doch ganz gut.

Er hörte Crocodile neben sich seufzen. Sein Gast hatte die Augenbrauen sorgenvoll zusammengezogen und fixierte mit einem unwilligen Gesichtsausdruck den Fernsehbildschirm. Ihm schienen die Nachrichten leider nicht so gut zu gefallen wie Doflamingo.

„Wie gesagt, du darfst sehr gerne hier übernachten“, beteuerte Doflamingo erneut und warf absichtlich einen deutlichen Blick nach draußen; zufälligerweise war in genau diesem Augenblick ein besonders lautes Donnergrollen zu hören. „Ich möchte nämlich auf keinen Fall riskieren, dass dir etwas zustößt. Immerhin sind die Zustände draußen absolut chaotisch und vor allem sehr gefährlich.“

„Mir scheint nichts anderes übrig zu bleiben, wenn ich mir die derzeitige Wetterlage anschaue“, erwiderte Crocodile und scharrte mit den besockten Füßen über den flauschigen Teppichboden. „Eigentlich habe ich auch nichts dagegen bei dir zu schlafen. Mein Problem ist nur, dass für morgen ein sehr wichtiges Gespräch mit einem Geschäftspartner vorgesehen war. Nun fürchte ich allerdings, dass ich diesen Termin nicht werde wahrnehmen können. Und das ist alles andere als gut.“

„Oh“, machte Doflamingo und wusste für einen Moment gar nicht, was er sagen sollte. Nervös griff er nach seiner Tasse und nahm einen großen Schluck Tee, während er hektisch überlegte, was er auf diese Aussage am besten erwidern sollte. Um ehrlich zu sein, verwirrte es ihn sehr, dass Crocodile nun wieder das Tabu-Thema Arbeit ansprach, wo sie beide sich doch vor kurzem erst mit viel Mühe davon distanziert hatten.

„Das ist natürlich sehr schade für dich.“

Crocodile war kein einfach gestricketer Geist, der nicht abschätzen konnte, ob ein bestimmtes Gesprächsthema unangemessen war oder nicht. Genausowenig ging er leichtfertig mit vertraulichen Informationen um. Hinter diesem überaus brisanten Gesprächsthema steckte ein Plan. Crocodile verfolgte durch das augenscheinlich unbefangene Verstreuen dieses Hinweises irgendeinen höheren Zweck.

„Nun ja, das Wetter kann niemand beherrschen. So ist das eben. Ich sehe gerade, dass die Kaffeekanne beinahe schon wieder leer ist. Entschuldige mich bitte für einen Moment, ich werde rasch dem Dienstmädchen Bescheid geben, damit es uns nachschenkt.“

Crocodile hatte Zweifel, dachte Doflamingo, während er aufstand und zur Tür hinüberging, um eines der Dienstmädchen herbeizurufen. Auch nach fünf privaten Verabredungen war Crocodile sich noch immer nicht ganz sicher, ob er nicht doch irgendwelche zweifelhaften Ziele verfolgte. Ihn aushorchen wollte. Vorhatte, an vertrauliche Informationen zu gelangen, indem er ihm eine intime Beziehung vorgaukelte. Immerhin hatte er sich bisher stets sowohl außerordentlich zuvorkommend als auch gewitzt verhalten.

Die Preisgabe der Information, dass Crocodile geplant hatte, sich morgen mit einem wichtigen Gesprächspartner zu treffen, war ein Test gewesen. Und Doflamingo hatte ihn bestanden, indem er nicht nachgebohrt, sondern rasch das Thema gewechselt hatte. Seine Reaktion war goldrichtig gewesen. Er musste Crocodile unbedingt beweisen, dass er an einer Beziehung rein privater Natur interessiert war. Er interessiert sich für keine geschäftlichen Informationen. Nur für Crocodile selbst.

An der Tür nahm Doflamingo behutsam die mit frisch aufgebrühten Kaffee gefüllte Kanne entgegen, die das Dienstmädchen ihm reichte, und kehrte zu Crocodile ins Wohnzimmer zurück. Dieser warf ihm aus zwei bernsteinfarbenen Augen einen Blick zu, den er nur schwer einschätzen konnte.

„Hättest du vielleicht Lust einen Film anzusehen, Wani?“, fragte Doflamingo, um ein weiteres harmloses Thema anzusprechen und seinem Schwarm unmissverständlich klar zu machen, dass er an keinen Details zu irgendwelchen Verträgen oder Geschäftspartnern interessiert war. Er musste Crocodile von sich überzeugen. Nur wenn ihm dies gelang, würde eine liebevolle und vertrauensvolle Beziehung zwischen ihnen beiden möglich sein. Er musste endlich unterbinden, dass Crocodiles Misstrauen weiterhin wie eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen stand.

„Klar, wieso nicht“, erwiderte Crocodile, der seinen Blick von ihm abwandte und wieder zum Fernsehbildschirm hinübersah. Er wirkte abwesend, nachdenklich, beinahe schon wach träumend. Zu gerne wüsste Doflamingo, woran sein Gast gerade denken mochte. Vielleicht dachte er ja über ihn nach. Über sie beide.

„Ich mag gerne Komödien“, meinte Doflamingo, der ahnte, dass es klüger wäre Crocodile für einen Moment seinen Gedanken zu überlassen und nicht zu vielen Worten zu drängen. Er spürte, dass dies ein sehr wichtiger Moment für diesen war. Um trotzdem einem verlegenen Schweigen zwischen ihnen beiden vorzubeugen, erzählte er ein bisschen Belangloses über sich selbst. „Und alte Filme. Du weißt schon, so echte Klassiker eben. Auch wenn die Effekte lange nicht so gut sind wie bei neueren Streifen, gefallen sie mir besser. Man hat damals noch viel mehr Liebe und Mühe in eine Produktion gesteckt, finde ich. Vom Winde verweht, Zurück in die Zukunft, Planet der Affen oder auch die alten James Bond-Filme. Dagegen kommt einfach nichts an. Und auch die neu gedrehten Versionen gefallen mir nicht so gut wie die alten. Meiner Meinung nach könnte man sich diese blöden Remakes gut und gerne sparen. Oh, was hältst vom Paten? Wie wäre es, wenn wir uns den Film zusammen anschauen?“

„Von mir aus“, stimmte Crocodile ihm zu, ohne aufzusehen, den Blick noch immer nachdenklich auf seine im Schoß liegende Hand gerichtet. Doflamingo beobachtete, dass er mit den Fingern geistesabwesend über den weichen Stoff der orangefarbenen Hose strich, die er diesem ausgeliehen hatte.

Doflamingo stand auf und ging zu dem Schrank hinüber, in dem sorgsam geordnet seine Lieblingsfilme aufbewahrt wurden. Manchmal, wenn er besonders faul oder erschöpft war, rief er eines seiner Dienstmädchen herbei, um den gewünschten Streifen einzulegen, doch er hielt es nicht für ratsam, die intime Atmosphäre zwischen ihm und Crocodile durch das Auftreten einer fremden Person zu zerstören. Außerdem wollte er vor seinem Gast nicht dekadent erscheinen. Denn er wusste, dass Crocodile selbst ein sehr zielstrebiger, ehrgeiziger und fleißiger Mann war.

Die mehr als zweieinhalb Stunden Spiellänge des Films verbrachten sie beide zu großen Teilen schweigend. Doflamingo versuchte zwei- oder dreimal, ein Gespräch aufzubauen, doch ließ es schlussendlich bleiben, als sein Gast immer bloß lediglich einsilbig antwortete. Er konnte nicht so recht einschätzen, ob Crocodiles plötzlich Schweigsamkeit ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Noch immer wirkte er sehr gedankenversunken.

Als der Film zu Ende war, wies der kurze Zeiger der wertvollen Uhr, die im Wohnzimmer an der Wand hing, auf die Zahl zehn. Der schlimme Sturm, der draußen getobt hatte, war inzwischen stark abgeflaut; als Doflamingo allerdings ein weiteres Mal einen lokalen Nachrichtensender einschaltete, erfuhr er, dass noch immer die dringende Empfehlung galt, in den Häusern zu bleiben. Dabei handelte es sich für ihn um eine überaus gute Nachricht, denn er hätte nicht gewollt, dass Crocodile -so schweigsam und gedankenverloren, wie dieser im Moment war- ihn verließ. In diffuser Stimmung auseinanderzugehen war nämlich niemals gut.

„Wie wäre es mit einem kleinem Abendessen, bevor wir uns schlafen legen?“, bot Doflamingo an und stand vom Sofa auf. Crocodile sagte nichts, doch nickte fahrig, ehe er sich ebenfalls erhob und seinem Gastgeber hinüber in das Speisezimmer der Villa folgte. Unterwegs wies Doflamingo ein Dienstmädchen dazu an, für sie beide Abendbrot anzurichten. Selbstverständlich ein vegetarisches.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nelepil
2019-08-03T19:48:48+00:00 03.08.2019 21:48
Ich finde die Fanfiktion schön geschrieben und freue mich schon auf das nächste Kapitel zudem finde ich Doflamingo und Crocodile mega süß zusammen 💚
Antwort von:  kleines-sama
03.08.2019 21:49
Vielen Dank für deinen Kommentar :) Es freut mich, dass dir die Ff gefällt ;)

bye
sb


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