True Heart von yamimaru ================================================================================ Kapitel 5: -----------  „Diana.“ Sie brummte leise und drehte sich auf die andere Seite, weg von den Stimmen und weg von der Helligkeit, die sie unaufhörlich aus ihrem Schlummer reißen wollten. „Diana, wach auf.“   „Was ist denn?“, murmelte sie schlaftrunken, rieb sich über die Augen und blinzelte. Für einen Moment fühlte sie sich orientierungslos, wusste nicht, wo sie war, auch wenn ihr das blaue Leuchten seltsam bekannt vorkam. Ebenso wie der Geruch nach verbranntem Holz und etwas, das sie nicht zuordnen konnte eine eigenartige Vertrautheit mit sich brachte. Dennoch brauchte es einen mutigen Bewahrer, der sich beinahe auf ihre Nasenspitze setzte, um sie vollends erwachen zu lassen. Sie gab einen erschrockenen Laut von sich, scheuchte das glühende Geschöpf mit einer hektischen Bewegung hinfort und legte eine Hand auf ihr wild pochendes Herz. „Himmel, wie könnt ihr mich nur so erschrecken?“ Langsam erst begriff sie, dass es tatsächlich jene Glühwürmchen waren, die sich selbst die Bewahrer nannten, die nach ihr gerufen hatten und ein forschender Blick bestätigte ihr, dass der Platz auf den Fellen neben ihr leer war. Eigenartig. Vermutlich hätte sie sich gefragt, ob sie nur geträumt hatte, ob das Gespräch mit Leija – einer wahrhaftigen Drachin – wirklich so stattgefunden hatte, würde nicht noch immer das blaue Glühwürmchen erwartungsfroh vor ihrem Gesicht auf und ab schweben. „Warum habt ihr mich geweckt? Ist es schon Morgen?“   „Diana. Komm mit uns.“ Sie seufzte. Vielleicht sollte sie im Umgang mit den Bewahrern gar keine Antworten mehr erwarten und auch dieser Satz kam ihr doch sehr bekannt vor. Am liebsten hätte sie mit den Augen gerollt, aber wahrscheinlich würde die Bedeutung dieser Geste den eigenwilligen Geschöpfen sowieso gänzlich unbekannt sein. Also rappelte sie sich mühsam auf, schwankte leicht, als sie wieder auf ihren schmerzenden Füßen stand und folgte den kleinen Störenfrieden.   „Wo genau wollt ihr mich diesmal hinbringen?“ Sie wartete geduldig, aber ihre Begleiter blieben ihr erneut eine Antwort schuldig. Wer hätte das gedacht? Ergeben seufzte sie, rieb sich erneut über die Augen und gähnte. Sie war noch immer so unglaublich müde, außerdem fröstelte es sie, nun da sie die wärmende Glut des schwindenden Feuers zurückgelassen hatten. Wo Leija wohl abgeblieben war? So verstrickt war sie in ihren Überlegungen, dass sie gar nicht auf den Weg achtete und so auch nicht bemerkte, dass sie diese Strecke heute schon einmal gegangen war. Erst als sie das Nest vor sich sah, wurde ihr diese Tatsache bewusst und abrupt blieb sie stehen, blickte vorwurfsvoll in Richtung des blau leuchtenden Schwarms, der sich, wie auch schon früher am Abend, an die Höhlendecke zurückgezogen hatte. „Was soll das? Was soll ich hier?“   „Sie rufen nach dir, hörst du sie nicht?“   „Was?“ Fragend runzelte sie die Stirn, blickte von den kleinen Geschöpfen auf das Nest und wieder zurück. Nur zögerlich trat sie näher an das Gelege heran, aber die Bewahrer hatten tatsächlich recht, sie konnte erneut dieses hohe Summen hören, das sie jetzt, da sie sich darauf konzentrierte, beinahe wie magisch anzuziehen schien. Ein gewisses Unbehagen stieg in ihr hoch, hatte sie Leijas Worte von vorhin doch noch nur zu präsent im Kopf. Allein der Versuch würde deinen Tod bedeuten. Sie erschauderte und rieb sich über die Oberarme, wo sich eine dicke Gänsehaut ausgebreitet hatte. Dennoch kniete sie sich vor die versteinerten Eier, streckte eine Hand nach ihnen aus und streichelte vorsichtig über die zerklüfteten Schalen. „Und was soll ich nun tun?“   „Am besten du nimmst die Finger weg, bevor ich mich doch noch vergesse. Ich wusste, dass ich dir nicht trauen kann. Du bist eben doch nur ein Mensch.“ Das letzte Wort wurde ihr beinahe vor die Füße gespuckt, als sie erschrocken herumwirbelte, nur um sich nun einer jungen Frau gegenüber zu sehen. Derart überrumpelt war sie, dass sie kein Wort herausbrachte, die andere nur mustern konnte, während sich der gelbliche Schein ihrer Fackel mit dem blauen Leuchten der Bewahrer vermischte.   „Leija?“, flüsterte sie, auch wenn sie nicht fassen konnte, dass diese eindeutig menschlich aussehende Frau die majestätische Drachin sein sollte, die ihr sowohl Furcht einflößen, als auch Geborgenheit schenken konnte. „Wie ist das möglich?“ Leija lachte spöttisch, ein so durchdringender Laut, dass sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufrichteten und alles in ihr nach Flucht verlangte.   „Das, Diana, ist eine nette Grausamkeit, die der Fluch mit sich bringt.“ Leija kam langsam auf sie zu und jetzt, mehr noch als bei der ersten Begegnung mit der Drachin, stieg in ihr das Gefühl auf einem Raubtier gegenüberzustehen. Dennoch zwang sie sich dazu ruhig zu bleiben, Leijas Blick so gut es ihr möglich war fest zu erwidern.   „Ich verstehe nicht …?“ Sie schüttelte den Kopf und nun, da die andere so nahe gekommen war, dass sie kaum noch eine Armeslänge voneinander trennte, erkannte sie die langen, schwarzen Locken, die ihr blasses Gesicht umrahmten und ebenso wie die Schuppen der Drachin das Licht förmlich zu absorbieren schienen. Selbst in dieser Gestalt war Leija größer als sie, auch wenn es vielleicht nur eine Handbreite war und das schlichte, dunkle Kleid, welches sie trug, betonte ihre weiblichen Rundungen auf eine fast unanständige Art und Weise. Wie schön sie doch ist. Beschämt ob ihrer Musterung senkte Diana den Blick und schluckte schwer. Wie konnte ihr in diesem Augenblick nur ein so überaus unpassender Gedanke kommen? Erst Leijas Stimme, die zwar auch in dieser Gestalt unverkennbar war, jedoch weitaus leiser, sanfter klang, brachte sie dazu ihr wieder ins Gesicht zu sehen.   „Magie, Diana, eine Hintertür, die mir der Fluch offen hält. Wenn ich mich in diese Form zwänge,  kann ich mich unter Deinesgleichen bewegen, ohne erkannt zu werden.“ Leija war ihr noch näher gekommen, so nahe, dass sie das rote Flackern in ihren menschlich braunen Augen sehen konnte. „Dann kann ich euch beobachten, nach passenden Opfern suchen, verstehst du? Ich jage euch, Diana, genau wie die Menschen uns gejagt haben.“ Eine warme Hand legte sich an ihre Wange, brachte eine Gänsehaut mit sich, die ihr langsam den Rücken hinabrann. „Du hättest nicht noch einmal hierherkommen sollen. Warum hast du nicht auf mich gehört?“ Diana erschauderte, als sie zu begreifen versuchte, was Leija ihr gerade offenbart hatte. Der Fluch gab ihr ein menschliches Aussehen, nur damit sie die Menschen jagen konnte? Warum?   „Ich …“ Sie schüttelte den Kopf, versuchte wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. „Die Bewahrer, sie haben mich hierher gebracht, sie meinten, die Eier würden mich rufen. Und ich kann sie hören, Leija, ich weiß, dass ich mir das nicht nur einbilde.“ Ihre Unterlippe zitterte leicht, ach was, ihr ganzer Körper begann zu beben, als Leijas Hand langsam an ihrer Wange tiefer glitt, sanft über ihren Hals streichelte.   „Weißt du, was ich mit den Menschen getan habe, von denen ich dachte, sie könnten unsere Nachkommenschaft retten?“ Die Hand strich tiefer, bis sie genau über Dianas wild pochendem Herzen stoppte. Plötzlich gruben sich spitze Fingernägel, beinahe schon Klauen gleich, in die Haut ihrer Brust, durchbrachen sie stellenweise sogar. Erschrocken atmete sie ein, das Gesicht vor Schmerz verzogen und wollte zurückweichen, aber Leijas andere Hand an ihrer Schulter hielt sie unnachgiebig an Ort und Stelle. „Ich habe ihnen das schlagende Herz aus dem Leib gerissen“, zischte sie und ihr Gesicht war ihr so nahe, dass sie den warmen Atem auf ihren Lippen spüren konnte. „Verstehst du? Nur das reine Herz eines aufrichtigen Menschen kann diesen Fluch brechen.“ Der Druck der Krallen verschwand, ebenso wie der feste Griff um ihre Schulter, bevor Leija einen Schritt von ihr zurücktrat. „Und nun geh, Diana.“   „Was? Nein, Leija, ich …“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, ihr Körper zitterte noch immer und das Adrenalin jagte durch ihre Adern, machte ihr das Denken nur noch schwerer. Eben noch hatte ihr die Panik, die Angst vor diesem Wesen, das so andersartig war, so mächtig und unberechenbar, die Kehle zugeschnürt, doch jetzt sah sie nur eine gebrochene Frau, eine Mutter, die ihren Kindern ebenso wenig helfen konnte, wie Diana selbst ihrer eigenen Mutter. „Bitte, ich …“   „Verschwinde!“ Leija schrie und nicht nur ihre nun vollends roten Augen, sondern auch das tiefe Grollen in ihrer Stimme zeugten davon, dass der Drache nur noch Millimeter unter ihrer Haut schlummerte. „Hast du es so eilig zu sterben? Oder begreift dein dummer, menschlicher Verstand einfach nicht, was ich dir gerade offenbart habe?“   Diana begriff tatsächlich nicht, hatte doch kaum Zeit gehabt, das Gehörte zu verarbeiten. Das Einzige, was sie wusste war, das sie nicht gehen konnte. Langsam ging sie einige Schritte zurück, bis sie den rauen Stein der Eier an ihrer Wade spüren konnte. Das hohe Summen wurde lauter, beinahe als würde das Nest auf ihre Gegenwart reagieren, bis mit einem Mal die Bewahrer wie ein Wasserfall aus blauem Licht über sie hereinbrachen. Ein unerträglicher Schmerz stach in ihrer Brust, in ihrem Kopf, ließ sie keuchend zu Boden gehen, während sie noch immer umringt wurde. Die zahllosen, wispernden Stimmen trugen nur noch zur Kakofonie des Summens bei, welches von Sekunde zu Sekunde lauter in ihren Ohren wiederhallte.   „Du darfst sie nicht gehen lassen. Sie ist die Auserwählte, sie wird uns helfen, Leija“, forderten die winzigen Geschöpfe im Chor und hörten sich an, wie ein aufgeregter Bienenschwarm.   „Ich kann nicht! Geht weg von ihr!“ Leija fauchte, schlug nach den leuchtenden Wesen, während Diana leise wimmernd ihren schmerzenden Kopf hielt. Der Lärm war kaum noch zu ertragen und Tränen brannten in ihren Augenwinkeln, als sie glaubte, Leijas Verzweiflung am eigenen Leib spüren zu können.   „Bitte“, schluchzte sie, die Lider nur noch einen kleinen Spalt geöffnet, so sehr brannte das immer heller werdende Licht der Bewahrer in ihren Augen.    „Wirst du uns helfen?“, verlangten die vielen Stimmen zu wissen, trugen so nur mehr zur Agonie bei, die ihren Körper durchzog.   „Bitte. Macht, dass es aufhört.“ Sie wimmerte, grub die Finger in ihr Haar, versuchte so irgendwie dem Schmerz zu entfliehen.   „Wirst du uns helfen?“   „Ja.“ Ein heiseres Keuchen, zu mehr war sie nicht mehr fähig, als plötzlich Stille einkehrte und sie umringt vom Licht der Bewahrer den Boden unter den Füßen verlor.   „Nein!“ Mit schreckgeweiteten Augen musste Leija mit ansehen, wie das blaue Leuchten Diana förmlich zu verschlingen schien. Der Leib der Menschenfrau schwebte einige Meter über dem Nest, zuckte immer wieder, wie unter Schmerzen auf. Doch kein Laut war zu vernehmen, als nun auch das Gelege in Helligkeit eingehüllt wurde, die wie ein Herzschlag zu pulsieren begann. Als sie näher herantreten, Diana helfen wollte, stieß sie gegen eine unsichtbare Barriere, die ihr den Weg versperrte. „Hört auf!“, rief sie und schlug mit den Fäusten dagegen. Zwecklos. „Bitte, hört auf! Nicht sie, bitte, wir finden einen anderen Menschen.“   „Die Zeit ist abgelaufen, Leija, sie ist die Auserwählte. Nur sie wird uns retten können.“   „Nein“, wisperte sie, den Blick unverwandt auf Diana gerichtet, bis ein lautes Krachen von den Höhlenwänden widerhallte.   Mit einem Mal schienen die Eier von innen heraus zu glühen und mehr und mehr Risse breiteten sich auf der steinernen Hülle aus, die ebenso wie das Leuchten der Bewahrer zu pulsieren begann. Wieder krachte es, als der Stein endgültig zerbarst und wie feiner Sand über die nun wieder glatten, weißen Schalen rieselte. Für einen Moment tanzte dieser noch wie von sanften Windböen getragen um das Gelege herum, bis er mit einem leisen Laut, einem Aufatmen gleich, im Nichts verschwand. Tränen sammelten sich in Leijas Augen, Tränen der Freude über diesen wunderschönen Anblick, ebenso wie Tränen des Verlusts, als Dianas Leib fast zärtlich wieder zu Boden glitt und vor ihren Füßen zum Liegen kam. Zitternd kniete sie sich vor die Menschenfrau, streckte eine Hand nach ihrer Wange aus und streichelte sacht darüber.   „Diana.“ Ihre Stimme war kaum ein Wispern, aber die Lider der anderen hoben sich, ließen den Blick auf matte, grüne Augen zu. Eine erste Träne tropfte herab, benetzte das schmutzige Schürzenkleid, aber auf Dianas schöne Lippen legte sich nur ein sanftes, unendlich müdes Lächeln. „Es tut mir so leid.“ Leija versuchte sich einzureden, dass diese Frau vor ihr nichts anderes als ein Mensch war, ein Mitglied der Rasse, die für den Tod so vieler Drachen verantwortlich war. Dass es nur gerecht war, dass Diana nun ihr Leben hingab, um das Volk der Drachen zu retten. Aber es gelang ihr nicht. Sie fühlte nur den unerträglichen Schmerz des bevorstehenden Abschieds. Mit jeder verstreichenden Sekunde konnte sie erkennen, wie auch noch der letzte Rest Lebensenergie aus dem zerbrechlichen Leib schwand und Leija verwünschte nicht zum ersten Mal ihr Schicksal. Auch wenn die Bewahrer weniger brutal vorgegangen waren, als sie selbst in der Vergangenheit, hatten sie doch nichts anderes getan, als Diana ihr Herz zu rauben. Das Herz, zu dem sie sich so hingezogen fühlte, obwohl sie es doch vor wenigen Stunden erst kennengelernt hatte.   „Sie leben.“ Dianas Stimme war unglaublich dünn und brüchig und als sie vergebens versuchte ihre Hand zu heben, umfasste Leija sie behutsam und schmiegte ihre Wange dagegen. „Ich bin so glücklich, dass ich wenigstens euch helfen konnte.“ Leija kniff die Augen zusammen, küsste die Handinnenfläche, bevor sie sich ohne nachzudenken über die Menschenfrau beugte und ihre Lippen in einem zarten Kuss einfing.   „Ich danke dir“, wisperte sie gebrochen gegen den süßen Mund, konnte nicht anders, als ihn noch einmal zu verschließen und der schwindenden Wärme nachzuspüren, die von dem sterbenden Körper ausging.   „Nein.“ Dianas Lächeln war noch weiter geworden, auch wenn sie ihre Augen kaum noch offen halten konnte. „Ich danke dir. Ich wollte schon immer wissen, wie es sich anfühlt …“ Sie verstummte, ihre Lider schlossen sich und ihr Kopf sackte kraftlos zur Seite, als auch noch das letzte Leben aus ihr wich.   „Diana.“ Ein hohes Wimmern durchbrach die eingetretene Stille, als sich Leija über den leblosen Körper beugte, ihr Gesicht an der Brust der Menschenfrau verbarg. So hatte es nicht enden sollen, Himmel, so hatte es nicht enden sollen. Der Tag, an dem der Fluch gebrochen wurde, hätte ein Tag der Freude sein sollen, nicht der Trauer. „Diana … nein …“   ~*~   In der Höhle war es dämmrig geworden, die Fackel, die vergessen neben Leija und Diana auf dem Boden lag, würde bald abgebrannt sein und der blaue Schein der Bewahrer, die sich wie ein pulsierender Ring um das Nest gelegt hatten, wurde immer schwächer. Sie hatten ihre Aufgabe erfüllt, die Nachkommenschaft würde leben und sie würden nun endlich ihre verdiente Ruhe finden. Aber einer von ihnen verspürte keine Zufriedenheit, keine Genugtuung in sich und so verließ er den Schwarm, um zu dem Grund seiner Traurigkeit zu fliegen.   „Was willst du noch?“, grollte Leija, auch wenn ihr das in Menschengestalt weitaus weniger einschüchternd gelang. Aber die Bewahrer hatten bislang noch nie Angst vor ihr gehabt, warum sollte sich dies also in den letzten Momenten ihrer Existenz noch ändern.   „Ein Leben für ein Leben“, meinte das Wesen nur kryptisch und dann hatte Leija nicht einmal mehr Zeit zurückzuweichen, bevor ihr ein spitzer Schmerzensschrei entkam. Sie hatte die Hand auf ihre Brust gepresst, dort, wo der Bewahrer in ihren Leib gedrungen war, aber sie konnte sich nicht wehren, die Magie des Wesens war zu übermächtig, zog und zerrte an ihr, bis ihr nach und nach die Sinne schwanden.   ~*~   Zufrieden blickte er auf sein Werk herab, auf die beiden Frauen, die dort auf dem Höhlenboden nebeneinander lagen und auf das goldene Band, das pulsierend zwischen ihnen hing, nur langsam wieder verblasste. Diana hatte ihr Herz, ihre Menschlichkeit für die Nachkommenschaft geopfert und alles aufgegeben, was sie ausgemacht hatte, aber sie würde leben. Leija würde sie am Leben erhalten, denn das Band verknüpfte nun nicht nur ihr Schicksal, ihre ganze Existenz miteinander, sondern auch ihre Seelen.   „Ein Leben für ein Leben, verbunden bis in den Tod“, summte er, beinahe fröhlich klingend und kehrte zu seinem Schwarm zurück. Nun fühlte auch er die Zufriedenheit, die ihn wie eine Decke einzuhüllen schien, bis sein Licht gleichzeitig mit der Fackel erlosch und die Gewölbe in undurchdringlicher Dunkelheit zurückließ.   ~*~   Diana stöhnte leise, ihr Kopf schmerzte und ihre Glieder fühlten sich bleischwer an, als sie eine Hand hob, um sich über die Stirn zu reiben. Ihre Fingerspitzen trafen auf feuchten Stoff und neben sich glaubte sie das leise Prasseln eines Feuers zu hören, was die Wärme erklären würde, die von dort ausging. Langsam versuchte sie ihre verkrusteten Augen zu öffnen, blinzelte gegen die Helligkeit an. War sie hingefallen und hatte sich den Kopf gestoßen? Das würde zumindest erklären, warum sie ihre Umgebung nicht wiedererkannte. Sie konnte Wände ausmachen, die aussahen, als wären sie aus grobem Stein gehauen und unter ihren Fingern spürte sie weiches Fell. Seltsam. Sie hatte erwartet Stroh zu fühlen, obwohl sie sich nicht erinnern konnte, warum dem so war.   „Du bist wach“, hörte sie da plötzlich eine leise Stimme, in der beinahe so etwas wie Erleichterung mitzuschwingen schien. Mühsam drehte sie den Kopf, weg vom Feuer und blickte in das milde lächelnde Gesicht einer jungen Frau, die neben ihr auf den Fellen kniete. Das feuchte Tuch wurde von ihrer Stirn genommen, kurz in eine Schüssel getaucht und ebenso vorsichtig wieder zurückgelegt. Diana seufzte ob der angenehmen Kühle und atmete den wohltuenden Geruch von Kräutern ein, mit denen das Wasser wohl versetzt sein musste.   „Danke.“ Sie lächelte ihre Wohltäterin an, musterte das schöne Gesicht, die gütigen braunen Augen und die Flut schwarzer Locken, die ihr bis weit über die Schultern reichten. Für eine Sekunde glaubte sie die Fremde erkennen zu müssen, wissen zu müssen, wer sie war, als eine wahre Bilderflut über sie hereinbrach. Die Erinnerungen waren jedoch zu chaotisch, die Bilder zu schnell wieder verschwunden, als das sie auch nur einen klaren Gedanken hätte fassen können. Ein unerträglicher Schmerz zuckte durch ihren Kopf, ließ sie gepeinigt aufstöhnen, während sie versuchte sich zusammenzukrümmen, klein zu machen.   „Schsch, ganz ruhig“, durchbrach die sanfte Stimme der Frau den roten Schleier aus Schmerz. „Du musst dich noch ausruhen.“ Zärtliche Finger begannen über ihr Haar zu streicheln, bevor sie sich beruhigend über das feuchte Tuch auf ihrer Stirn legten.   Langsam ließ der Schmerz nach, brachte die Erschöpfung wieder, aber Diana entspannte sich, wurde ruhiger, bis sie ihre fest zusammengekniffenen Augen blinzelnd öffnete. Es dauerte einen Moment, bis sie etwas sehen konnte, aber dann gelang es ihr kaum ihren Blick von dem schönen Gesicht zu nehmen, das ihrem plötzlich so nahe gekommen war. Eine leise Stimme in ihrem Kopf regte sich erneut, bestand darauf, dass sie ihr Gegenüber kennen musste, aber die Erinnerungen stoben wie ein Schwarm wilder Vögel auseinander, immer wenn sie ihnen zu nahe kam.   „Wo bin ich hier?“, wisperte sie verunsichert, während ihr Herz nervös in ihrem Brustkorb flatterte. „Und … wer seid Ihr?“     ~ ENDE? ~   -_-_-_-_ So, anders als geplant, beende ich die Story an dieser Stelle erst einmal. Ich wollte sie eigentlich noch weiter ausbauen, weil ich noch so viele Ideen zu den beiden habe, dass ich damit einen ganzen Roman füllen könnte. Leider komme ich momentan aber einfach nicht dazu und will euch auch nicht so lange mit einer unvollendeten Story in der Luft hängen lassen. Das hier ist das ursprüngliche Ende, welches ich damals für die Kurzgeschichte vorgesehen hatte. Ich hoffe, es gefällt euch und vielleicht konnte ich mit diesem kurzen Einblick ja Lust auf ein späteres Mehr machen. ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)