Summerrain von Anja-Nejem (Trotz all den Wolken und dem Regen ... || Puppyshipping ||) ================================================================================ Prolog: Raintears ... ---------------------   Prolog   Tränen bedeuten nicht, dass man schwach ist, sondern dass das Herz mehr fühlt, als es verkraftet ...   „Du bist so nutzlos“, lallte mein Vater und gab mir eine schallende Ohrfeige. Ich biss die Zähne zusammen, als der Schmerz mich kurz schwindeln ließ. Stumm sah ich zu, wie der Alte von mir weg taumelte und mit einem Grunzen aufs Sofa fiel. Der Fernseher lief laut, irgendeine Nachrichtensendung, die mich nicht mal annähern interessierte. Vater schaute das eigentlich auch nicht wirklich, weil er in seinem Suff eh kaum was verstand.   Ich blieb nur einen kurzen Moment stehen, weil ich nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf mich lenken wollte, bevor ich langsam rückwärtsging und dann in meinem Zimmer verschwand. Schwer seufzend lehnte ich mich gegen die Tür und starrte ins Leere, während meine Wange brannte. Tränen wollten sich hervorkämpfen, doch ich biss mir auf die Unterlippe und schluckte sie runter.   Seit zwei Tagen waren Sommerferien und obwohl sich jeder normale Schüler darüber freuen sollte, hatte ich den Wunsch, wieder zur Schule zu gehen. Dann müsste ich zumindest nicht hier in dieser versifften Wohnung festsitzen und mich den Launen dieses besoffenen Alten hingeben. Dabei waren es nicht mal die Ohrfeigen und die Schläge in den Magen, die mir zu schaffen machten – es waren viel mehr seine Worte, die mich innerlich zerfraßen.   Du kannst nichts. Willst du lieber gleich auf die Straße? Na, jetzt weiß ich, wozu du zu gebrauchen bist … zu nichts!   Und das waren noch nette Worte. Seit Mutter ihn zusammen mit Serenity verlassen und mich bei ihm gelassen hatte, gab es nichts mehr, was den Penner aufrecht hielt. Am Anfang hatte ich noch versucht das Beste draus zu machen und ihn immer wieder aufgepäppelt, wenn es ihm dreckig ging. Bis er mir das erste Mal vor fünf Jahren die Faust ins Gesicht gerammt hatte. Er hatte mich beschimpft, angeschrien und bespuckt … und ich hatte es geschockt über mich ergehen lassen.   Seit dem half ich ihm nicht mehr. Wenn er trank, versuchte ich ihm aus dem Weg zu gehen. In der Schule klappte das am Besten, an Wochenenden versuchte ich mich bei Yugi oder Tristan zu verstecken und in den Ferien … in den jetzigen Ferien blieb mir nicht viel, wohin ich flüchten konnte. Yugi war zusammen mit Atemu – der nicht zurück in seine 3000 Jahre zurückliegende Zeit gereist war – nach Ägypten aufgebrochen, um die Wurzeln des ehemaligen Pharaos zu erkunden. Tea war in irgendeinem Tanz-Camp und Tristan hatte einen Ferienjob, bei dem er scheinbar seine Bald-Freundin getroffen hatte.   Und ich habe nichts …   Ich hörte meinen Vater laut schnarchen, rieb mir das Gesicht und schnappte dann nach meiner Tasche, um leise aus dem Zimmer zu schleichen. Eine Minute länger in diesen schimmligen vier Wänden und ich würde mich in meinem Kissen ersticken. Nicht dass mein Alter das bemerken würde, wahrscheinlich würde ihn nicht mal der Geruch einer verwesenden Leiche stören, da er selbst manchmal wie eine stank.   Die Haustür quietschte laut, doch nach einer kurzen Schreckminute stellte ich erleichtert fest, dass der Besoffene sich nicht rührte und lautstark weiter schnarchte. Schnell schlüpfte ich aus der Wohnung, fuhr mir seufzend durch Haare und trabte dann das Treppenhaus hinunter. Wir wohnten im 4ten Stock des Mehrfamilienhauses und in einer Gegend, die ich nicht mal meinen Freunden zeigen wollte.  Sie alle dachten, ich lebte in einer normalen Gegend aber in einer so kleinen Wohnung, dass Besuch immer unmöglich war.   Sobald meine Füße den Asphalt berührten, begann ich zu rennen. Einfach weg, war mein Gedanke, als ich meine Wohngegend verließ und die richtige Stadt betrat. Domino City war vieles – belebt, ruhig, wild, entspannend … aber ebenso konnte es gewalttätig, unmenschlich und zermürbend sein. Und das ich gerade diese Seite dieser Stadt zu spüren bekam, war unfair – zumindest für mich.   Außer Atem und schwitzend, kam ich im Stadtpark an und ließ mich schwer auf eine der unzähligen Holzbanken fallen. Die Sonne stand bereits tief am Horizont, doch es wurde bereits sehr viel dunkler, weil der Himmel von grauen Wolken überzogen wurde. Ich legte den Kopf in den Nacken und sah dabei zu, wie die Dunkelheit immer mehr wurde und mir der Geruch von Regen in die Nase stieg.   Ich musste anfangen zu lächeln, als die ersten Tropfen meine Stirn trafen, bevor der richtige Fall begann. Um mich herum begann die Panik, als der Schauer immer schlimmer wurde. Eine Mutter mit zwei Kindern rannte Richtung Ausgang, auch wenn die Kleinen lachten und in die bereits entstehenden Pfützen sprangen.   Ich bemerkte meine Tränen erst, als sie mir salzig in den Mundwinkel liefen , während Schluchzer in meiner Brust bebten. Trotzdem schluckte ich jeden Laut runter, auch wenn ich bereits nach wenigen Minuten allein im Park war und mich niemand hören könnte. Stumm zu weinen erschien mir keine so große Schwäche, wie lautes Heulen und Geschluchze. Außerdem … wenn ich laut weinte, könnte man darauf kommen, dass ich wollte das man mich fand. Mich tröstete …   Aber das wird eh nicht passieren … aus dem Grund, weinte ich still und leise vor mich hin, während der Regen unablässig auf mich nieder prasselte.   ¥©¥   „Wieso halten wir, Roland?“ „Es tut mir leid, Mister Kaiba, aber auf der Kreuzung gab es einen Unfall und wir müssen warten, bis die Polizei alles freigegeben hat.“   Missmutig verzog Seto das Gesicht, ließ das Trennungsfenster wieder hochfahren und sah aus den getönten Scheiben. Es schüttete wie aus Eimern, was seine Laune stark senkte. Eigentlich war er zum Abendessen mit Mokuba verabredet gewesen, doch wiedermal hatte die Firma ihm einen Strich durch die Rechnung gezogen und ihn mehr Zeit gekostet als erwartet. Jetzt war es fast neun Uhr und sein kleiner Bruder würde bald zu Bett gehen, doch Seto hoffte, ihm wenigstens vorher Gute Nacht zu wünschen. Zumindest, wenn sich dieser Stau nicht so lange hinzog.   Sie standen neben dem Stadtpark, so, dass Seto perfekt hinein sehen konnte und obwohl alles durch den Regen verschwommen und kaum zu erkennen war, war da dennoch diese Person auf einer Bank, die direkt am Eingang saß. Seto konnte nicht sehen wer es war – nicht dass es ihn interessieren sollte – doch er sah helles Haar die Frisur und kam ihm entfernt bekannt vor.   So wie dieser Junge da saß – und die Person war eindeutig männlich – erinnerte er ihn an einen begossenen … Pudel. Einen Köter. Ein Ruck ging durch seinen Körper. „Warten Sie hier, Roland.“   „Mister Kaiba?!“   Er ignorierte die Rufe seines Chauffeurs, öffnete die Wagentür und trat in den Regen hinaus. Innerhalb weniger Sekunden war er klatschnass, während er mit langen Schritten den Park betrat und zu der Person ging. Je näher er kam, desto mehr kam ihm der Junge bekannt vor, bis er ihn tatsächlich als den identifizierte, den er geglaubt hatte.   „Wheeler?! Wieso sitzt bei diesem beschissenen Wetter hier draußen? Hat der Köter seine Hundehütte verloren oder was?“, fragte er mit einem verächtlichen Unterton, doch auf eine Erwiderung wartete er vergeblich. „Was ist? Ist dir das Gebell ausgegangen, Whe-“, die restlichen Worte blieben ihm in der Kehle stecken, als der Blonde endlich den Kopf hob und ihn mit so leerem Blick ansah, dass Seto eine Gänsehaut über den Rücken lief. Tränen liefen in einem stummen Bach die blassen Wangen hinab, während das blonde Haar dunkler als üblich am Kopf klebte.   Alles an Wheeler wirkte wie leer gesaugt. Da war kein Feuer, dass ihm entgegensprang, kein frecher Spruch der ihn einerseits erzürnte, ihn aber ebenso anstachelte. Da war bloß Leere … und Angst. Er konnte Angst in dem leeren Blick des Köters erkennen und selbst als er sich vorbeugte, machte der Blonde keine Anstalten, ihn zu erkennen.   „Wheeler. Sieh mich an, Wheeler“, er sprach langsam und deutlich und umfasste die rechte Schulter seines Gegenübers, doch gerade das, schien einen Schalter umzulegen. Die braunen Augen flackerten kurz, während Erkennen in seinem Blick aufblitzte, bevor sein Blick sich verklärte und er sie so stark verdrehte, dass das Weiße abstrakt hervortrat. Seto konnte ihn nur auffangen, während Wheeler zittern und völlig unterkühlt in seinen Armen zusammenbrach.   Wie lange sitzt er schon in diesem beschissenen Wetter?!   Eins war Seto sofort klar: Er würde definitiv Antworten verlangen. Doch zuerst musste er den Köter aus diesem Sauwetter schaffen, bevor er sich eine Lungenentzündung holte – wenn es dafür nicht sogar schon zu spät war. Roland hielt ihm bereits die Hintertür auf, sparte es sich jedoch, ihm den Regenschirm über zuhalten, nasser als jetzt konnte er nicht werden.   Die Kreuzung war zum Glück endlich wieder frei, als Seto den Blonden auf der Rückbank hinlegte und sich ihm gegenübersetzte. Der Wagen musste anschließend in die Reinigung, aber das war kaum der Rede wert, während er den Köter betrachtete, der selbst in seiner Bewusstlosigkeit nicht aufhörte zu weinen. Das Wimmern dass er ab und zu ausstieß, erinnerte ihn an einen getretenen Welpen und der Wunsch, jemanden die Fresse zu polieren, ließ Setos Faust kribbeln. Er würde herausfinden, wer so einem Sturkopf wie Wheeler eine so schreckliche Angst machte, dass jener statt zurückzubeißen, seelisch zusammenbrach. Und dann würde diese Person bluten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)