Only Love von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 6: Besser ----------------- „Hey!“ Tenzou stoppte abrupt und ließ seine beiden Teammitglieder anhalten, als er die ihm wohlbekannte Stimme eines ihm wohlbekannten Mopses hörte. „Was für ein Glück, dass du gerade hier bist.“ Pakkun landete genau vor seinen Füßen. „Pakkun, was ist los? Ist etwas mit Kakashi?“ Er hatte nicht mehr viel mit seinem ehemaligen Vorgesetzten geredet, seit dieser damals ein Genin-Team übernommen hatte. Von ihm und besagtem Team hatte Tenzou derweil jedoch einiges gehört. Auch, dass es diese Gruppe mittlerweile nicht mehr gab. Der Junge mit dem Fuchsgeist, Naruto, war mit Jiraiya weggegangen, das Mädchen namens Sakura – Tsunade hatte sie mal erwähnt – trainierte nun bei der Godaime und der letzte Uchiha-Nachkomme Sasuke hatte das Dorf verlassen, um bei Orochimaru zu sein. (Und Tenzou wusste nicht, was er weniger nachvollziehen konnte: das Dorf einfach so verraten oder sich freiwillig zu Orochimaru zu begeben.) Was er nicht genau wusste, aber gerne gewusst hätte, war, was Kakashi nun machte. Einmal, ein paar Monate musste es nun her sein, waren sie sich im Flur des Hokage-Turms begegnet. Tenzou hatte seine Anbu-Maske getragen, aber Kakashi hatte ihn nichtsdestotrotz direkt erkannt. Er war mit einem Mal stehen geblieben, als er ihn bemerkt hatte und Tenzou hatte es ihm gleichgetan. „Ich habe leider keine Zeit zum Reden.“ „Eine Mission?“ „Ja.“ „Alleine?“ „Ja.“ Es tat Tenzou – auch wenn er es nicht zugeben wollte – ein wenig in der Seele weh, dass dies ihre ganze Konversation gewesen war. Dass Kakashi keine Zeit zum Reden hatte, hatte er auch nicht zum ersten Mal von ihm gehört. Ging er ihm aus dem Weg? Hatte Tenzou irgendetwas getan, um seinen Unmut zu erregen? Schon seit einer gefühlten Ewigkeit grübelte er immer und immer wieder darüber nach, aber es fiel ihm nichts ein. „Ist wohl nichts so Schlimmes“, antwortete Pakkun hörbar verschwiegen, ehe er seinen Blick kurz über die beiden anderen Anbu schweifen und wieder zu Tenzou zurückkehren ließ, „aber er könnte gerade etwas Hilfe von dir vertragen.“ Dank der Anbu-Maske konnte niemand das fragende Gesicht des jungen Teamführers sehen. Was war los, dass allem Anschein nach Diskretion angebracht war? Und was sollte er tun? Seine Mission war zwar beendet und sie waren nicht mehr weit von Konoha entfernt, aber eigentlich sollte er sein Team bis ins Dorf zurückbegleiten.... Allerdings wenn ein Kamerad Hilfe brauchte und dieser Kamerad auch noch Kakashi war.... „Na schön“, sagte er an die zwei Anderen gewandt, „ihr kehrt ins Dorf zurück und erstattet der Hokage schon einmal Bericht. Ich werde nachkommen, wenn das hier erledigt ist.“ „Sollen wir ihr sagen, dass etwas mit Kakashi Hatake ist?“, fragte eine der Anbu. „Vielleicht lasst ihr das erst mal unter den Tisch fallen“, wandte Pakkun ein und spürte Tenzous fragenden Blick auf sich. „Und was sollen wir dann sagen?“ Tenzou seufzte innerlich. Was auch immer Kakashi angestellt hatte, er hatte kein Interesse daran, Tsunade deswegen anzulügen. „Sagt ihr, ich musste noch etwas überprüfen.“ Sollte Kakashi ihr doch erklären, was los war. Die beiden Anbu nickten und setzten ihren Weg in Richtung Dorf fort. „Wir müssen hier lang.“ Pakkun sprintete nach Osten hin los und Tenzou nahm sogleich die Verfolgung auf. „Was ist hier überhaupt los?“, fragte er den Mops, als er ihn eingeholt hatte. „Jemand“, begann Pakkun spöttisch, „hat ein kleines Problem damit, seine eigenen Grenzen zu akzeptieren.“ Na toll, dachte Tenzou, das Ganze wurde ja immer mysteriöser. „Ich bin froh, dass du hier gerade rumliefst“, fuhr Pakkun fort, „ich denke damit wird Kakashi einverstanden sein.“ Kakashi gab Tenzou immer wieder neue Rätsel auf. Zu ihren letzten gemeinsamen Anbu-Zeiten hatte er geglaubt, ihn mittlerweile sehr gut zu kennen, doch Kakashi hatte sich immer mehr zurückgezogen, war selbst ihm gegenüber wortkarg geworden. Nach der Sache mit Itachi war es noch viel schlimmer geworden. „Ich mache immer noch zu viele Fehler“, hatte Kakashi eines Tages aus dem Nichts zu ihm gesagt. „Was meinst du?“, hatte Tenzou ihn gefragt, doch der Andere war ihm eine Antwort schuldig geblieben. Und einige Zeit später hatte Kakashi seinen Ausstieg aus der Anbu verkündet. Der Hokage hatte gewollt, dass er ein Genin-Team übernahm. Tenzou war damals geschockt gewesen. Kakashi war stets da gewesen, so lange er bei den Anbu gewesen war, ja, ohne Kakashi wäre er nie dorthin gekommen. Ohne Kakashi wäre sowieso so viel anders gekommen und nichts davon wollte Tenzou sich ausmalen. Damals, mit Kakashis plötzlichem Weggang, nicht nur aus der Anbu, sondern auch aus seinem Leben, war es ihm bewusst geworden, wie viel der Andere ihm eigentlich bedeutete. Natürlich hatte er schon vorher bemerkt, dass er für Kakashi andere Gefühle hegte als für andere Kameraden. Er konnte nicht behaupten, ganz alleine hinter das Rätsel gekommen zu sein, was diese teils überwältigenden Emotionen eigentlich zu bedeuten hatten (er war schließlich unter Ne aufgewachsen), aber seine Empfindungen waren nicht so sehr abgestumpft, dass er vollkommen ahnungslos gewesen war. So hatte er gewusst, wonach er suchen musste und Konohas Bibliothek hatte zum Glück schon immer eine erstaunliche Anzahl an Lebenshilfe erteilenden Ratgebern besessen. So peinlich berührt er auch gewesen war, als er es ausgeliehen hatte, Tenzou war dem Buch Hintergründe und Fakten zur ersten Liebe bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen auf ewig zu Dank verpflichtet. Dadurch war er sich damals dann sicher: Er hatte sich in Kakashi verliebt. Und dies hatte sich bis zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich nicht geändert. Wahrscheinlich empfand Kakashi nicht das gleiche für ihn, was er für den Anderen empfand. Wahrscheinlich hatte er das auch früher schon nicht. Aber Tenzou hatte immer das Gefühl gehabt, dass da etwas gewesen war. War alles nur Einbildung gewesen? Vielleicht war es das gewesen, aber trotzdem wollte Tenzou keinen Moment davon missen. Nie war er glücklicher gewesen, als in den Jahren, die er an Kakashis Seite hatte verbringen können. „Wir sind gleich da“, riss Pakkun ihn aus seinen Gedanken. „Da vorne ist unser Problemfall.“ Pakkun und Tenzou landeten vor Kakashi, der erschöpft und kraftlos gegen einen Baum lehnte und nun zu den beiden Neuankömmlingen hinaufblickte. „Du hast ...“, presste er atemlos und ungläubig hervor, „ihn mitgebracht?“ Tenzou zuckte zusammen. Was sollte das denn heißen? Stand es noch viel schlimmer um ihre Beziehung zueinander, als er angenommen hatte? „Du hast gesagt, du brauchst Hilfe. Möglichst schnell und diskret, da Tsunade ja nichts mitbekommen darf. Ich hab meine Aufgabe erledigt“, erwiderte Pakkun nonchalant. „Ja ja... schon gut. Du darfst gehen.“ „Sicher? Kommst du jetzt klar?“ „Tenzou wird sich schon um mich kümmern ... nicht wahr?“ Der Angesprochene verstand die Welt nicht mehr. Eben noch hatte Kakashi bei seinem Erscheinen gewirkt, als hätte er einen Geist gesehen, jetzt warf er ihm sein typisches Lächeln zu. Wobei - kam es Tenzou plötzlich in den Sinn - wie lange hatte er dieses Lächeln schon nicht mehr gesehen? „Na gut, dann bin ich weg. Pass auf ihn auf, Kleiner“, sagte der Mops und verschwand. „Warst du auf einer Mission?“, fragte Kakashi so beiläufig als wäre ihre letzte Begegnung nicht schon Monate her. „Ja, wir waren bereits auf dem Rückweg.“ Tenzou nahm sich die Anbu-Maske vom Gesicht und ließ seinen Blick umherschweifen. Was in aller Welt hatte Kakashi hier angestellt? Einige der umstehenden Bäume waren zerstört, aber sie sahen nicht so aus wie wenn er sein Raikiri auf sie angewendet hätte. Es wirkte so als fehlten Teile mitten aus den Stämmen und Ästen, doch sie waren nirgends zu entdecken. Die Bruchkanten sahen auch nicht nach geraden Schnitten aus, sondern als hätte man die Stücke gewaltsam herausgedreht. Seine Augen landeten wieder auf Kakashi, der seinem Blick gefolgt war, jedoch nichts sagte, sondern ihn abwartend ansah. „Was ist mit dir?“, fragte Tenzou endlich, was ihn seit Pakkuns Auftauchen beschäftigte. „Was hast du hier gemacht?“ Kakashi ließ sich Zeit mit seiner Antwort und blickte noch einmal zu den zerstörten Bäumen. „Trainiert“, antwortete er schließlich. Tenzou seufzte und kreuzte die Arme vor der Brust. Als wäre ihm das nicht klar gewesen! „Was genau hast du gemacht, dass du so fertig aussiehst?“ Er hatte den Älteren schon oft erschöpft erlebt. Kakashi hatte ein chakrafressendes Sharingan und, nun ja, nicht gerade viel Chakra. Aber er konnte sich nicht erinnern, dass es nur vom Sharingangebrauch je so schlimm gewesen war. Vor allem kannte Kakashi doch eigentlich seine Grenzen.... Moment, was hatte Pakkun gesagt? Tsunade durfte nichts mitbekommen? „Besteht die Möglichkeit, dass du hier an einem verbotenen Jutsu arbeitest?“ „Besteht die Möglichkeit, dass du zu neugierig bist, Tenzou?“, erwiderte Kakashi. „Hilf mir bitte hoch, wir werden wahrscheinlich lange für den Rückweg ins Dorf brauchen.“ Tenzou seufzte erneut und diesmal weitaus tiefer als beim vorigen Mal. „Du wirst Tsunade aber erklären müssen, wieso ich mein Team alleine vorgeschickt habe.“ Er packte Kakashi fest aber behutsam an den Armen und zog ihn vom Boden hoch … nur um festzustellen, dass der Andere alleine nicht stehen blieb. Kakashi lehnte mit seinem beinahe ganzen Gewicht auf ihm und schien dabei auch noch Schmerzen zu haben. „Vielleicht brauchst du einen Arzt“, sagte Tenzou besorgt und sah einen flüchtigen Schimmer von Überraschung in Kakashis sichtbarem Auge – so als hätte er nicht damit gerechnet, dass Tenzou sich Sorgen um ihn machen würde. „Nein, nein“, beschwichtigte er mit einem leichten Kopfschütteln die Besorgnis des Jüngeren, „die Anstrengung spüre ich jedes Mal. Heute habe ich es nur übertrieben.“ „Womit denn?“ Tenzou legte Kakashis rechten Arm um seine Schulter und seinen eigenen Linken um die Körpermitte des Anderen, sodass sie vorsichtig einen Schritt nach dem anderen machen konnten. „Ich finde, du bist mir eine etwas genauere Antwort schuldig, Sempai.“ Bei der vertrauten doch lange nicht mehr gehörten Anrede musste Kakashi ein wenig lächeln. „Wirklich? Du nennst mich immer noch so?“ „Natürlich, wieso auch nicht?“ Kakashi schwieg einige Augenblicke lang und Tenzou hatte schon befürchtet, die Konversation wäre vorbei, als Kakashi wieder das Wort ergriff: „Ich war in letzter Zeit sehr beschäftigt.“ Rätselhafter konnte er sich wahrscheinlich nicht ausdrücken. Und wie lange war „die letzte Zeit“? Die letzten paar Jahre? Aber Tenzou würde ihm nie Vorwürfe machen. „Du hattest ja schließlich auch ein Genin-Team.“ „Ja“, sagte Kakashi so bitter, dass er Tenzou direkt leid tat. „Ich hatte ein Genin-Team.“ „Entschuldige“, korrigierte der Jüngere hastig und schuldbewusst. „Ich wollte nicht.... Ich weiß, dass sie... dass Sasuke Uchiha ....“ „Ich habe sie nicht beschützen können. Ich mache immer noch so viele Fehler.“ Entsetzt sah Tenzou zu seinem früheren Vorgesetzten. Dieser Satz; da war er wieder. Was auch immer damals Kakashi beschäftigt hatte, war immer noch da und belastete ihn. Vielleicht hätte er damals schon etwas zu ihm sagen sollen; aber was? Was konnte er tun oder sagen, was Kakashi irgendwie eine Hilfe sein konnte? Kakashi hatte auf ihn immer wie ein Fels in der Brandung gewirkt, allerdings wie ein Fels, der einen direkt ins tosende Meer schubste, wenn man ihm zu nahe kam. „Ich glaube nicht, dass du bei Itachi oder Sasuke einen Fehler gemacht hast.“ Tenzou bemerkte wie Kakashis Blick verkniffener wurde. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, ich muss einen Weg finden, um besser zu werden.“ „Und deswegen … deswegen arbeitest du jetzt an diesem Jutsu?“ „Es ist eine Technik, die ich nur erlangen kann, weil ich so viele Fehler gemacht habe. Ich hoffe, sie hilft dabei, weitere zu vermeiden.“ Eine Zeitlang setzten sie schweigend ihren Weg fort. Mittlerweile ging bereits die Sonne unter und Konoha kam langsam in Sichtweite. „Ich war vor allem mit der Wut auf mich selbst beschäftigt“, sagte Kakashi plötzlich in die Stille hinein. „Das hatte nichts mit dir zu tun.“ Tenzou zuckte leichte zusammen und hoffte sogleich, dass der Andere dies nicht bemerkt hatte. All die Jahre, in denen sie nicht miteinander gesprochen hatten, all die Jahre, in denen er sich gefragt hatte, ob er etwas falsch gemacht hatte und nun sprachen sie ganz plötzlich wieder völlig vertraut miteinander und es fühlte sich auch gleich wieder so vertraut an. „Das ist gut zu wissen. Wirklich.“ Aus dem Augenwinkel heraus sah Tenzou wie Kakashis Auge den Boden fixierte. „Tut mir leid.“ Nun auch noch eine Entschuldigung von Kakashi? Konnte dieser Tag noch verrückter werden? Tenzou spürte wie die alten Gefühle für den Anderen wieder hervorkamen. Sie waren nie weg gewesen, nur in den Hintergrund gerückt. Und Tenzou hatte sie vermisst, auch wenn die Hoffnung, seine Wünsche irgendwann erfüllen zu können, verschwindend gering war; sie ließen ihn sich lebendiger und menschlicher fühlen. „Ist schon in Ordnung, Sempai,“ sagte Tenzou schließlich als sie vor Kakashis Wohnung angekommen waren und er musste lächeln als sein Blick auf Kakashis traf, in dem Moment, in dem dieser wieder aufsah. „Danke. Tenzou.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)