Arrangierte Liebe von R1kku ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Eigentlich hatte ich gedacht, dass es so etwas wie arrangierte Ehen nicht mehr geben würde. Zu komisch, dass ich jetzt in einer drinsteckte. Ich wusste natürlich, wer er war. Jeder Zauberer und jede Hexe unserer Zeit wusste, wer er war, schon allein wegen der Rolle, die er im Krieg gegen den dunklen Lord gespielt hatte. Unsere Eltern kannten sich ebenfalls, obwohl ich nicht dachte, dass sie eine so enge Verbindung hatten, die sie jetzt durch ihre Kinder noch weiter festigten. Ich dachte nicht daran, zu protestieren. Meine Familie hatte so oft und so lange mit mir darüber gesprochen, bis ich am Ende selbst glaubte, dass ich diese Ehe wollte. Es war eine vorteilhafte Verbindung und was sollte man mehr verlangen? Doch am Ende merkte ich, dass ich mich getäuscht hatte. Die Zeremonie war klein. Nur unsere Eltern und meine Schwester waren zur Trauung anwesend. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit Weste und Schlips. Mein Kleid war schlicht, trägerlos mit einem weiten Rock und meine dunklen, langen Haare waren unter dem durchsichtigen Schleier kunstvoll hochgesteckt. Ich empfand das alles als äußerst steif und formell, nicht so wie ich mir den schönsten Tag meines Lebens vorgestellt hätte. Auch die Feier danach hatte eher etwas Offizielles an sich. Unsere Eltern sprachen in den höchsten Tönen von uns, doch wir saßen nur schweigend nebeneinander. Wir kannten uns im Grunde nicht, wir hatten uns vor der Hochzeit nur zweimal getroffen: das erste Mal, als wir einander vorgestellt wurden und das zweite Mal zur Bekanntgabe der Hochzeit. Nun sollten wir unser ganzes Leben miteinander verbringen. Unsere Eltern hatten uns eine Wohnung in London gekauft. Ein wunderschönes, helles Apartment mit zwei Stockwerken, die über eine Wendeltreppe und eine Galerie miteinander verbunden waren. Der kurze Flur führte vom Eingang direkt ins Wohnzimmer mit offenem Kamin, einer Couch und zwei gemütlichen Sesseln. Von hier führte eine Schiebetür auf den Balkon, den wir mit Korbmöbeln ausgestattet hatten. Im Raum daneben befand sich eine offene Küche. Die Küchenzeile und die davor stehenden Barhocker dienten als Raumtrenner zum Esszimmer. Auf der anderen Seite des Wohnzimmers befand sich ein kleinerer Raum, den ich mir als Büro eingerichtet hatte, da ich teilweise von zu Hause arbeitete und außerdem eine beachtliche Büchersammlung unterbringen musste. Oben befanden sich ein Schlafzimmer mit einem Himmelbett sowie einem begehbaren Kleiderschrank und ein Bad mit Dusche und Eckbadewanne. Es hätte ein wahrgewordener Traum sein müssen, dort zu wohnen, doch die Umstände gestalteten dies etwas schwieriger. Einerseits war ich froh, als die Hochzeitsfeier spät am Abend endlich vorbei war. Andererseits fürchtete ich mich vor dem, was mir bevorstand. Wir waren beide traditionell erzogen worden, doch ich hoffte, dass er nicht von mir erwartete, dass ich noch Jungfrau war, genauso wenig wie ich es von ihm erwartete. Nichtsdestotrotz war es etwas anderes, mit jemandem zu schlafen, den man mochte, als mit jemandem, den man kaum kannte. Ich fand ihn überaus attraktiv, gar keine Frage, aber das änderte nichts daran, dass er mir gänzlich fremd war. Doch meine Sorgen waren unbegründet. Nachdem wir uns in unsere Wohnung zurückgezogen hatten und ich in aller Ruhe meine persönlichen Sachen verstaut hatte, die schon heute Morgen in die Wohnung gebracht worden waren, setzte ich mich mit einem Tee auf die Couch. Mit einem kurzen Schwenken meines Zauberstabes entfachte ich ein Feuer im Kamin und ließ mich in die Kissen sinken. Kurz darauf kam er zu mir, setzte sich aber nicht auf die Couch, sondern in einen der Sessel, um Abstand zu halten, wie es schien. „Ich kann auf der Couch schlafen, wenn dir das lieber ist“, sagte er in einem kalten Ton. „Oh nein, ich… ähm…“, stotterte ich. „Ich glaube, das ist nicht der Sinn der Sache.“ Ich spürte, wie ich rot anlief, doch glücklicherweise sah er mich überhaupt nicht an. „Na schön“, sagte er nur und stand wieder auf. Ich hörte, wie er die Treppe hinaufging und dann wurde oben eine Tür geschlossen. Anscheinend war er jetzt also ins Bett gegangen und hatte mich allein sitzen lassen. „Na schön“, murmelte ich vor mich hin und seufzte tief. Eine ganze Weile saß ich noch vor dem Kamin, schaute in die Flammen und trank langsam meinen Tee. Ich ließ den Tag noch einmal Revue passieren und dachte darüber nach, was die Zukunft wohl bringen würde. Ob wir wohl für immer nebeneinander sitzen würden ohne miteinander zu reden? Ob wir einfach so nebeneinander her leben konnten? Was sollte das nur werden? Dann überlegte ich, ob ich nicht lieber seine Idee aufgreifen und auf der Couch schlafen sollte, verwarf den Gedanken jedoch. Ich war noch nie ein Feigling gewesen, und jetzt musste ich mich eben einer neuen Herausforderung stellen. Wahrscheinlich schlief er sowieso schon. Also löschte ich den Kamin, brachte meine Tasse in die Küche und erklomm die Wendeltreppe. Vor der Tür zum Schlafzimmer hielt ich kurz inne und lauschte. Doch ich konnte kein Geräusch hören, was mir verraten hätte, ob er schlief oder wach war. Leise öffnete ich die Tür und spähte in den dunklen Raum. Nichts bewegte sich. Auf Zehenspitzen schlich ich durch das Zimmer. Als sich meine Augen immer mehr an die Dunkelheit gewöhnten, konnte ich seine Silhouette unter der Bettdecke erkennen. Im Bad zog ich mich um, bürstete meine Haare und putzte meine Zähne. Dann betrachtete ich mich noch einmal lange im Spiegel. Ich sah nicht anders aus als am Tag zuvor, nicht älter, nicht erwachsener, nicht wie eine Ehefrau. „Wo bist du da nur hineingeraten?“, fragte ich mein Spiegelbild. Leider erhielt ich keine Antwort, also knipste ich das Licht aus und ging leise durch das Schlafzimmer zum Bett. Vorsichtig hob ich die Decke hoch und legte mich hin. Dabei achtete ich auf die kleinste Bewegung von ihm, doch er lag einfach nur still da und atmete ruhig und gleichmäßig. Würde das jetzt den Rest meines Lebens so sein? Würde ich mit einem Mann im selben Bett schlafen, den Rücken zugekehrt und das wäre es? Was für ein Leben wäre das? Mit diesen trüben Gedanken schloss ich die Augen und wartete auf den Schlaf. Ich lag noch eine ganze Weile wach, aber ich traute mich nicht, mich zu bewegen. Irgendwann wurde mein Körper dann doch schwer und ich muss wohl eingeschlafen sein. Einfach so. In meiner Hochzeitsnacht. Ach ja übrigens, falls ihr euch fragt, wer ich eigentlich bin: Am Tag zuvor war mein Name noch Astoria Greengrass. Nun war ich die Frau von Draco Malfoy. Fortsetzung folgt Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Als ich aufwachte, wusste ich zuerst nicht, wo ich war. Die Sonne schien durch die hohen Fenster direkt auf das Bett. Ich setzte mich auf und sah mich um, dann kamen so langsam die Erinnerungen an den letzten Tag wieder. Mein Hochzeitstag. Ich schaute neben mich, doch die andere Seite des Bettes war leer. Unvermittelt stiegen mir Tränen in die Augen, ohne dass ich wusste warum. Mit einer wütenden Bewegung wischte ich sie mir von den Wangen, schlug die Bettdecke zurück und stand auf. In Jeans und eine dunkle Bluse gekleidet ging ich die Wendeltreppe hinunter und betrat die Küche. Draco saß auf einem der Barhocker, vor ihm eine Tasse dampfender Kaffee und der Tagesprophet. Ich konnte mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen, ich arbeitete nämlich in der Redaktion des Tagespropheten. Ich war dafür zuständig, gute Stories ausfindig zu machen, unsere Reporter darauf anzusetzen und letztendlich zu entscheiden, welche Artikel auf welcher Seite erschienen. Daher brauchte ich auch ein Büro zu Hause, da ich viel unterwegs war und es nicht immer in die Redaktion schaffte. Ich liebte meinen Job, allerdings hatte ich keine Ahnung, ob Draco davon wusste. „Guten Morgen“, sagte ich und ging an ihm vorbei, um mir einen Tee zu machen. Kaffee hatte mir noch nie geschmeckt, daher konnte ich auch nichts mit neumodischen Kaffeemaschinen anfangen. Mir zuliebe war die Küche mit den unterschiedlichsten Teesorten aus aller Welt ausgestattet worden, was mich in gewisser Weise sehr zufrieden machte. Als Draco nach einer Weile immer noch nichts gesagt hatte, drehte ich mich zu ihm um mit dem Gedanken, dass er mich wohl nicht gehört hatte. Aber da irrte ich mich. Er hatte mich gehört und starrte mich jetzt merkwürdig an. „Wir müssen das nicht tun“, sagte er. „Was tun?“, fragte ich zurück. „Wir müssen uns keinen guten Morgen wünschen oder zusammen frühstücken oder abends gemeinsam vor dem Kamin sitzen, über unseren Tag reden und kuscheln. Das interessiert mich alles nicht.“ Seine Stimme war eiskalt und das machte mich rasend. „Niemand hat etwas von Kuscheln erzählt, ich habe einfach aus Höflichkeit Guten Morgen gesagt“, gab ich patzig zurück. „Was auch immer“, nuschelte er, trank seinen Kaffee aus, faltete die Zeitung zusammen und stand auf. „Ich gehe ins Ministerium… Wichtiges Meeting…“ Ach ja, Draco arbeitete jetzt im Zaubereiministerium, ging es mir durch den Kopf. Doch ich hatte keinen blassen Schimmer, was genau er dort tat. So wie es aussah, würde er mir das wohl auch nicht erklären, denn ohne ein weiteres Wort verließ er die Küche. Kurz darauf hörte ich die Wohnungstür auf- und wieder zugehen. Seine Kaffeetasse hatte er einfach auf der Theke stehen lassen. Während ich langsam meinen Tee trank und meine Gedanken wandern ließ, hatte ich meinen Blick fest auf die Kaffeetasse geheftet. Wenn Draco dachte, dass ich ihm hinterherräumen würde, hatte er sich aber geschnitten. Ich war eine berufstätige, eigenständige Frau und nicht sein Hausmädchen. „Idiot“, murmelte ich. Wieder fragte ich mich, wie ich in dieser Situation hatte landen können. Ich dachte an meine Eltern, die auch nach über 30 Jahren Ehe noch so verliebt waren wie am ersten Tag. Ich dachte an meine Schwester, die ihr Singleleben genoss, ständig neue Männer kennenlernte und auf die ich in diesem Augenblick so neidisch war, dass ich merkte, wie ich rot anlief. Im nächsten Moment wurde mir allerdings klar, dass es überhaupt nichts brachte, in Selbstmitleid zu baden. Ich musste mit dieser Situation eben so gut wie möglich klar kommen. Ich räumte meine Tasse weg und ließ die von Draco absichtlich stehen. Oben holte ich mir eine dünne Jacke, da das Wetter in London immer unberechenbar war. Wutentbrannt ging ich dann die Treppe wieder hinunter, säuberte schnaufend Dracos Tasse, schnappte mir meine Handtasche und verließ die Wohnung. Ich war den ganzen Tag in London unterwegs. Zuerst ging es zum Covent Garden wegen einer eindeutig magischen Explosion, von dort aus zur National Gallery am Trafalgar Square, weil sich eines der Bilder selbstständig gemacht hatte und dann noch in eine Antiquitätenhandlung am Oxford Circus, in der ein Niffler sein Unwesen trieb. Ich hatte überall Reporter und Fotografen verteilt und war so lange vor Ort, bis ich das Gefühl hatte, dass die Stories gut werden würden. Wir mussten uns immer beeilen, dass wir vor den Mitarbeitern des Zaubereiministeriums vor Ort waren, bevor sie alles wieder in Ordnung brachten. Doch ich hatte sehr gute Informanten und war meistens tatsächlich schneller. In Ausnahmefällen schrieb ich auch selbst, doch dann musste die Story wirklich brisant sein. Als ich abends todmüde nach Hause kam – es war immer noch komisch, die Wohnung „zu Hause“ zu nennen – wollte ich nur noch auf die Couch und die Füße hochlegen. Als ich gerade meine Tasche und meine Jacke abgelegt hatte und ins Wohnzimmer wankte, stellte sich mir ein großer Schatten in den Weg. Ich wollte schon meinen Zauberstab ziehen, doch dann erkannte ich Draco, der mich wütend anstarrte. „Wo warst du?“, verlangte er zu wissen. Ich schaute ihn an, als ob ich ihn zum ersten Mal sehen würde. Was sollte das? Was interessierte ihn, wo ich gewesen war? Und warum war er so sauer? „Ich war arbeiten, genau wie du“, antwortete ich abwehrend. „Arbeiten?“, fragte Draco ungläubig. „Ja, arbeiten. Was dagegen?“ „Du bist eine Frau“, sagte er. „Das hast du gut erkannt. Sonst noch etwas?“ „Warum gehst du arbeiten?“, fragte er. So langsam platzte mir der Kragen. Wenn er schon sexistische Ansichten hatte, sollte er sie gefälligst für sich behalten. So wie er mich ansah, fühlte ich mich wie ein Alien, das auf dem Arbeitsmarkt nichts zu suchen hatte. Ich hasste es, dass er es schaffte, mein Selbstvertrauen und meine Gefühle so durcheinander zu bringen. Wenn ich wollte, dass das aufhörte, musste ich ihm eben Paroli bieten. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“, fuhr ich ihn an. „Ich habe genau so ein Recht wie du, arbeiten zu gehen. Denkst du etwa, ich bleibe den ganzen Tag zu Hause, putze und warte, bis du wieder kommst? Heute Morgen hast du deutlich genug gemacht, dass du an meinem Leben nicht interessiert bist, also halte dich gefälligst auch raus!“ Mit diesen Worten schob ich mich an ihm vorbei, ging die Treppe nach oben und verschwand mit knallenden Türen im Bad. Schwer atmend stützte ich mich auf dem Waschbecken ab und betrachtete mich im Spiegel. Mein Gesicht war rot und auch am Hals waren rote Flecken zu sehen. Meine Gedanken wollten sich einfach nicht beruhigen, immer wieder kehrten sie zu Draco zurück. Mir war nicht klar, warum er mich so wütend machte. Eigentlich sollte er mir komplett egal sein, genauso egal, wie ich ihm zu sein schien. Ich durfte mich nicht mehr so von ihm provozieren lassen, sonst würde ich wahnsinnig werden. Als sich meine Atmung einigermaßen beruhigt hatte, zog ich mich aus und ließ mir ein heißes Bad ein. Wozu hatte man immerhin so eine Luxusbadewanne? Ich ließ mir absichtlich Zeit, nicht nur um wieder runterzukommen, sondern auch um Draco aus dem Weg zu gehen. Ich hatte keine Lust, ihm heute noch einmal ins Gesicht zu sehen. Als das Wasser kalt wurde und ich zu frieren begann, stieg ich widerwillig aus der Wanne und trocknete mich ab. Vor lauter Wut und knallenden Türen hatte ich vergessen, mir Schlafsachen mit ins Bad zu nehmen. Vorsichtig öffnete ich die Tür zum Schlafzimmer und spähte hinaus. Erleichtert stellte ich fest, dass das Zimmer leer war. Splitterfasernackt verließ ich das Bad und ging in Richtung Kleiderschrank. In dem Moment, als ich einen Schritt ins Zimmer machte, ging die Tür am anderen Ende des Raumes auf und Draco kam herein. Hätte ich die Zeit gehabt, wäre ich zurück ins Bad geflüchtet, doch Draco kam so schnell in das Zimmer herein, dass ich auf der Stelle stehenblieb. Einen Augenblick lang sahen wir uns irritiert an. Mein Kopf war komplett leer und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Doch dann entschied ich mich, dass beste daraus zu machen und mir nichts anmerken zu lassen. Ich stellte mich gerade hin und hob trotzig mein Kinn an, um Draco zu verstehen zu geben, dass ich mich für nichts schämte. Immerhin waren wir verheiratet, sollte er doch den ersten Schritt machen. Und das tat er dann auch. Sein Gesichtsausdruck wechselte von überrascht zu beherrscht. Sein Blick wanderte an meinem Körper hinab und ich bemerkte, dass seine grauen Augen dunkel wurden. Langsam kam er auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen. Ich hatte mich immer noch nicht bewegt und versuchte ruhig zu bleiben, aber mein Herz klopfte wild. Dann hob Draco seinen Arm. Ich hatte schon die Befürchtung, dass er mich vielleicht schlagen würde, doch dann legte er seine Hand ganz zärtlich an meinen Hals. Seine Beherrschung war nur eine gut gespielte Fassade, denn als er so nah vor mir stand, merkte ich, dass sein Atem genauso schnell ging wie meiner. Langsam hob er mein Kinn an, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. Sein Gesicht kam meinem immer näher und ich merkte, wie meine Knie weich wurden. Als ich dachte, dass er mich gleich küssen würde, schloss ich meine Augen. Doch dann spürte ich, wie er mich im letzten Moment losließ. Verwirrt öffnete ich meine Augen wieder und dann hörte ich nur, wie sich die Badezimmertür schloss. Immer noch nackt stand ich mutterseelenallein mitten in unserem Schlafzimmer. Was war nur gerade passiert? Ich schüttelte mehrmals meinen Kopf, in der Hoffnung, einen klaren Gedanken fassen zu können. Das war nur leider gar nicht so einfach. Ohne darüber nachzudenken ging ich zum Kleiderschrank, zog mir etwas an, löschte das Licht und legte mich ins Bett. Als mein Herz und mein Gehirn anfingen, die Szene mit Draco zu verarbeiten, wurde mir das ganze Ausmaß an Peinlichkeit bewusst. Schwere, heiße Tränen liefen mir über die Wangen, ohne dass ich eine Chance hatte sie aufzuhalten. Ich hatte mich ihm einfach ohne Scham präsentiert und als er mir so nah war, hätte ich mich ihm einfach hingegeben, das war glasklar. Ich hatte mich plötzlich so sehr zu ihm hingezogen gefühlt, dass ich schon fast gewollt hatte, dass er mich küsste und dann unaussprechliche Dinge mit mir tat. Als Draco schließlich aus dem Badezimmer kam, hatte ich mich unter der Decke zusammengerollt und lag mit dem Rücken zu ihm. Meine Tränen waren mittlerweile versiegt, doch ich fühlte mich immer noch schrecklich. Draco verlor kein Wort, sondern legte sich einfach auf seine Seite. Genau wie am Tag zuvor, fiel es mir schwer einzuschlafen, doch irgendwann driftete ich weg und sank in einen schwarzen Schlaf. So vergingen die Tage und Wochen. Wir standen früh auf, ignorierten uns, gingen zur Arbeit, kamen nach Hause, ignorierten uns und gingen ins Bett. Wenn ich von zu Hause aus arbeitete, hatte ich die Wohnung wenigstens ein paar Stunden für mich. Dann räumte ich zwischendurch auf oder dekorierte die Zimmer mit Dingen, die ich in der Stadt kaufte. Draco schien das egal zu sein, zumindest sagte er dazu nichts. Er sagte allgemein nicht viel, nur das nötigste, um mich zu informieren, wann er zur Arbeit ging und wann er wiederkam. Mit der Zeit machte mich das spürbar trübsinnig, doch ich wusste nicht, was ich tun sollte, um die Situation zu ändern. Eines schönen Nachmittages traf ich mich mit meiner Schwester Daphne zum Mittagessen, bevor ich wieder in die Redaktion musste. Sie spürte sofort, dass mit mir etwas nicht stimmte und löcherte mich so lange, bis ich ihr schließlich alles erzählte. „Das klingt wirklich schrecklich“, sagte sie, als ich geendet hatte und nur mit Mühe die Tränen zurückhalten konnte. „Vielleicht solltest du mit Mum und Dad reden, ob die Ehe nicht wieder aufgelöst werden kann.“ Empört schaute ich auf. „Das kann ich nicht machen“, sagte ich. „Ich könnte die Enttäuschung nicht ertragen.“ „Stattdessen lebst du lieber vor dich hin und ich sehe zu, wie du daran zerbrichst?“, fragte sie ungläubig. „Ich zerbreche schon nicht“, gab ich zurück. „Irgendwie komme ich klar.“ „Willst du denn nur klar kommen oder willst du, dass es besser wird?“ Ich überlegte. „Na ja“, sagte ich dann, „ich möchte, dass wir uns verstehen und wenigstens vernünftig miteinander umgehen.“ Daphne nickte. „Dann musst du dir etwas einfallen lassen. Rede mit ihm. Sag ihm, wie du dich fühlst. So kalt kann doch kein Mensch sein. Wahrscheinlich wünscht er sich auch einen ganz anderen Umgang mit dir.“ „Hoffentlich“, antwortete ich. „Aber du hast Recht, ich muss mir irgendetwas einfallen lassen.“ In meinem Kopf formte sich bereits ein Gedanke. Ob er funktionieren würde, würde sich zeigen. Fortsetzung folgt Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Eines Tages machte ich früher in der Redaktion Schluss, um auf dem Wochenmarkt in Whitechapel einkaufen zu gehen. Während ich nacheinander die Verkaufsstände begutachtete, entwickelte sich in meinem Kopf nach und nach ein Plan für den Abend. Ich kaufte frisches Fleisch, Gemüse und eine Flasche Rotwein, die mir der Händler empfahl, da ich selbst überhaupt keine Ahnung hatte. Beladen mit Tüten kehrte ich nach Hause zurück und machte mich sofort an die Arbeit. Ich breitete mich in der Küche aus, wusch und schnitt das Gemüse und gab das Fleisch in die Pfanne. Ich hatte schon immer gern gekocht und ich konnte es auch gut. Es hatte etwas Beruhigendes, vor sich hin zu arbeiten, zuzuschauen, wie das Fleisch braun wurde und am Ende zu verzehren, was man selbst hergerichtet hatte. Ich hatte Draco nie essen sehen. Wenn er nach Hause kam, schien er immer schon gegessen zu haben und morgens trank er nur einen Kaffee. Abends hatte ich mir immer Kleinigkeiten zubereitet, aber Draco hatte mir nie Gesellschaft geleistet. Mit dem Festmahl, das ich gerade kochte, würde sich das hoffentlich ändern. Nachdem ich das Fleisch zum Warmhalten in den Ofen getan hatte, fing ich an den Tisch zu decken. Wir hatten einen wunderschönen Esstisch aus dunklem, leichtem Holz, den die hohen Fenster sehr romantisch in Szene setzten, da immer das richtige Licht auf den Tisch zu fallen schien. Doch wir hatten ihn in all den Wochen nie benutzt. Als ich die Weingläser gefüllt und gerade die letzte Kerze angezündet hatte, hörte ich das Schlüsselklappern an der Tür. Mein Herz begann wieder, sich selbstständig zu machen und hüpfte mir fast bis zum Hals. „Perfektes Timing“, rief ich in Richtung Flur, um meine Unsicherheit zu überspielen. Langsam und mit einem unübersehbar skeptischen Blick betrat Draco die Küche und sah sich um. „Was soll das alles?“, fragte er mit seiner gewohnt kalten Stimme, doch ich versuchte, mich davon nicht einschüchtern zu lassen. „Ich habe für uns gekocht“, antwortete ich. „Das sehe ich“, gab er zurück. „Ich frage mich nur, warum.“ „Weil ich gut kochen kann, weil ich Lust hatte zu kochen und weil ich es begrüßen würde, wenn wir endlich anfangen würden miteinander zu reden, statt uns aus dem Weg zu gehen“, sagte ich. Er machte nur „Hmm“, zuckte dann aber mit den Schultern und setzte sich. Ich spürte, wie mir ein riesiger Stein vom Herzen fiel. Ich eilte in die Küche, holte das Fleisch aus dem Ofen, servierte das Gemüse in kleinen Schüsseln und trug alles zum Esstisch. Draco hatte derweil den Wein probiert und schien ein wenig aufzutauen. „Der ist gut. Wo hast du den her?“, fragte er. „Vom Wochenmarkt“, antwortete ich. „Der Händler hat ihn empfohlen. Ich habe ehrlicherweise keine Ahnung von Weinen.“ „Hmm“, machte er wieder. Und damit war das Gespräch fürs erste beendet. Ich verteilte das Essen auf unseren Tellern, setzte mich dann hin und wünschte einen guten Appetit. Ohne ein weiteres Wort griff Draco kräftig zu. Nachdem er seine erste Portion verschlungen hatte, griff er direkt zur zweiten, sodass ich mich fragte, ob er abends tatsächlich immer schon gegessen hatte oder ob er abends einfach nichts aß, um keine Zeit mit mir verbringen zu müssen. Auf der einen Seite tat mir der Gedanke weh, auf der anderen Seite freute ich mich, dass ihm das Essen augenscheinlich schmeckte. Nachdem ich mit meiner Portion fertig war, nahm ich mein Weinglas, lehnte mich in meinem Stuhl zurück und beobachtete Draco. Er trug Anzüge auf Arbeit, die ihm wirklich gut standen. Der dunkle Stoff seines Jacketts hob seine weißblonden Haare hervor, die ihm teilweise in die Augen hingen. Durch seine Kiefer- und seine Wangenknochen war sein Gesicht sehr markant und seine grauen Augen wirkten so durchdringend, als ob sie einem in die Seele blicken konnten. Als ich gerade einen Schluck Wein trank, der wirklich gut schmeckte, blickte Draco auf. „Was?“, fragte er, während er Gemüse auf seine Gabel lud. „Nichts“, antwortete ich. „Ich versuche nur aus dir schlau zu werden.“ „Lass es lieber“, gab er zurück. „Warum?“ „Weil es sinnlos ist.“ „Du meinst also, ich soll den Rest meines Lebens mit einem Mann verbringen, den ich nicht kenne und der mich nicht kennenlernen will?“, fragte ich spöttisch. Als er nicht antwortete, sondern stur auf seinen Teller schaute, fuhr ich fort: „Ich habe genauso freiwillig geheiratet wie du, okay? Unsere Eltern haben das arrangiert und du wurdest wahrscheinlich auch nicht gefragt. Aber ich versuche wenigstens zu erreichen, dass wir einen normalen Umgang miteinander haben können und wäre dir dankbar, wenn du dir auch ein bisschen Mühe geben würdest.“ Lange Zeit sah er mich an, ohne etwas zu sagen. Ich hielt seinem Blick stand, so gut ich konnte. Als ich schon fast wieder zum Sprechen ansetzen wollte, legte Draco sein Besteck ab, lehnte sich nach vorn und stützte seine Ellenbogen auf den Esstisch. „Also gut“, setzte er an. „Du hast wohl ein Recht darauf, ein paar Dinge über denjenigen zu erfahren, mit dem du seit einigen Wochen zusammenlebst. Wobei ich denke, dass du dir einiges schon zusammengereimt hast.“ Fragend schaute er mich an. „Na ja“, sagte ich und versuchte mich zu beruhigen, „ich weiß, aus welcher Familie du kommst. Ich habe dich mehrmals in Hogwarts gesehen, aber wir haben nie miteinander gesprochen. Ich weiß, dass du im Ministerium arbeitest, dass du nicht frühstückst, aber morgens Kaffee brauchst. Du schläfst immer auf der Seite, du duscht morgens und du trägst maßgeschneiderte Anzüge, die dir sehr gut stehen.“ Bei meiner letzten Bemerkung zog sich Dracos Mundwinkel ein wenig nach oben, doch die Bewegung war so schnell, dass ich nicht sicher war, ob ich sie mir nur eingebildet hatte. „Ich frühstücke nicht, weil ich das morgens für Zeitverschwendung halte. Den Kaffee trinke ich nur aus Gewohnheit, wach macht er mich nicht. Dank meiner Familie habe ich im Ministerium nur einen kleinen, total nebensächlichen Posten wegen unserer Seitenwahl im letzten Krieg, doch ich muss wohl dankbar sein, dass ich überhaupt Arbeit habe. Mein Vater hat nämlich keine mehr. Um unseren Namen zu retten, wurde die Hochzeit mit dir vorgeschlagen, um unsere Familien zu vereinen und den Malfoys wieder eine Bedeutung zu geben.“ Er machte eine Pause, in der er tief durchatmete. „Und wenn du es unbedingt wissen willst“, fuhr er dann fort, „ich wurde gefragt, ob ich dich heiraten möchte. Und ich habe ja gesagt. In dem Punkt hattest du also Unrecht.“ Erst nachdem er geendet hatte, merkte ich, dass ich die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Jetzt atmete ich geräuschvoll aus und versuchte, seine Worte zu verarbeiten. Meine Gedanken überschlugen sich, und es half auch nicht, mit dem Kopf zu schütteln, um sie wieder in Ordnung zu bringen. „Also haben wir geheiratet, um euren Namen reinzuwaschen“, stellte ich leise fest. „Unter anderem“, antwortete er. „Was bedeutet unter anderem?“, fragte ich. Draco zögerte und ich hatte den Eindruck, dass er leicht rot anlief. „Der Name Malfoy muss weitergeführt werden“, sagte er dann. Ich schnaubte. „So wie wir miteinander umgehen, wird das aber nichts“, gab ich grinsend zurück. Auch Draco konnte sich daraufhin ein Grinsen nicht verkneifen. „Ich hätte auch gedacht, dass ich mit der Situation anders umgehen könnte, aber es ist nicht so leicht“, sagte er. „Warum hast du nicht auf jemanden gewartet, in den du dich verliebst?“, fragte ich. Ernst schaute er mich an. „Ich glaube nicht an die Liebe“, antwortete er. „Ich habe noch nie für jemanden Gefühle gehabt, die über Sympathie hinausgingen. So etwas scheint mir nicht im Blut zu liegen.“ „Und ich war dann nur die Erstbeste, die dir unterkam.“ „Nicht ganz.“ Das war alles, was er sagte. Auch auf meinen fragenden Blick reagierte er nicht, also schien das Thema für ihn beendet zu sein. Fürs Erste musste ich mich damit wohl zufrieden geben, wahrscheinlich sollte ich froh sein, dass er überhaupt mit mir redete. Trotzdem hörte mein Kopf nicht auf zu dröhnen. Er wurde gefragt, ob er mich heiraten wollte und er hatte zugestimmt. Ich fragte mich warum. Lag es wirklich nur an seinem Namen und seiner damit verbundenen Geschichte? Oder hatte er etwas in mir gesehen? Aber das sollte ich mich wahrscheinlich gar nicht fragen. Es war gefährlich, sich Hoffnungen auf irgendetwas zu machen. „Jetzt bist du dran“, sagte Draco und riss mich damit aus meinen Gedanken. Verständnislos sah ich ihn an. „Erzähl mir etwas von dir“, fügte er hinzu. „Was möchtest du denn wissen?“, fragte ich zurück. „Erzähl mir von deiner Arbeit“, sagte er. Also tat ich das. Ich erzählte, wie ich als Reporterin angefangen und mir einen Informantenkreis aufgebaut hatte. Ich erzählte, wie ich mich in die Redaktion hochgearbeitet hatte und ich erzählte von den letzten Tagen. Draco hörte aufmerksam zu und unterbrach mich nicht ein einziges Mal. „Ich wusste nicht, dass du in deiner Arbeit so aufgehst“, sagte er, als ich geendet hatte. Mir war bewusst, dass ich von meiner Arbeit geschwärmt hatte und mir war richtig warm geworden. Draco war das auch aufgefallen, und ich nickte ihm zu. Trotzdem weißt du so einiges nicht über mich, ging es mir durch den Kopf. Das Essen war mittlerweile kalt geworden. Ich stand auf, um das Geschirr abzuräumen und Fleisch und Gemüse kaltzustellen. Draco tat es mir gleich und half mir beim Aufräumen. Mit einem Schwenk meines Zauberstabes wanderte das dreckige Geschirr in den Abwasch und begann, sich selbst zu säubern. Über den Speisen breiteten sich Folien aus und alles zusammen wanderte in den Kühlschrank. Davon würden wir noch ein paar Abende essen können. Den Wein hatte ich absichtlich auf dem Tisch stehen lassen. Jetzt räumte ich ihn aber ins Wohnzimmer, entzündete den Kamin mit meinem Zauberstab, setzte mich auf die Couch und sah Draco auffordernd an, der unschlüssig im Esszimmer stehen geblieben war. „Es hat keiner etwas von Kuscheln gesagt“, rief ich ihm grinsend zu, woraufhin er sich etwas widerwillig neben mich auf die Couch setzte. Eine Weile starrten wir ins Feuer und nippten immer mal an unserem Wein. Irgendwie empfand ich es nicht als eine angenehme Stille, so wie es zwischen zwei vertrauten Personen sein sollte. Man musste sich in der Gesellschaft seines Partners doch wohlfühlen oder? Andererseits wusste ich auch nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht, ob es Draco genauso ging oder ob es ihm einfach egal war. Als es mir zu viel wurde, setzte ich trotzdem zum Sprechen an. „Glaubst du, wir können jemals so miteinander leben, wie es Verheiratete tun sollten?“, fragte ich leise. „Wie könnten wir das?“, gab er kalt zurück. „Wir lieben uns nicht, es wird nie eine normale Ehe werden.“ Obwohl ich nicht wusste warum, versetzte mir seine Aussage einen Stich ins Herz. Ich musste mich wirklich beherrschen, um meine Hand nicht an meine Brust zu legen. „Wieso gibst du die Hoffnung auf? Du weißt doch nicht, was sich noch entwickeln kann“, sagte ich gekränkt. „Astoria“, sagte er aufgebracht und stand auf, „ich gebe dir einen gut gemeinten Rat. Verliebe dich nicht in mich. Das macht alles nur kompliziert.“ Daraufhin stellte er sein Weinglas ab und verschwand kopfschüttelnd die Treppe hinauf im Schlafzimmer. Seufzend lehnte ich mich auf dem Sofa zurück. Was hatte ich jetzt falsch gemacht? Das Abendessen war doch gut gelaufen, also was hatte ihn wieder zurückgestoßen? War es meine Frage nach einem normalen Eheleben gewesen? Wie konnte ich auch so blöd sein und so etwas denken? Er hatte mir doch klar gemacht, was er von der Liebe hielt. Nichtsdestotrotz war er aufgetaut und hatte mir von sich erzählt, es hatte sogar so etwas wie Vertrauen zwischen uns geherrscht. Eines wurde mir in diesem Augenblick klar: Heute Abend war Dracos Herz einen ganz kleinen Spalt offen gewesen, doch nun hatte es sich wieder geschlossen. Und das tat mir mehr weh, als es sollte. Fortsetzung folgt Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Ein paar Tage später musste ich ins Ministerium, um mir eine Genehmigung für unsere nächste Ausgabe zu holen, da diese brisante Details über einen der Ministeriumsmitarbeiter enthielt. Er hatte streng geheime Daten aus dem Ministerium nach außen getragen und damit einen gehörigen Batzen Geld verdient. Dank einer meiner Informanten, der zufällig bei der Übergabe dabei gewesen war, konnten wir der Sache auf den Grund gehen. Wenn ich die Erlaubnis bekam, würde das ein spektakulärer Artikel werden, den ich selbst verfassen würde. Ich nahm den Besuchereingang über die Telefonzelle und betrat die große Eingangshalle. Der emsige Betrieb, der dort herrschte, beeindruckte mich immer wieder. Von überallher kamen Menschen in bunten Umhängen, mit großen Aktenkoffern oder Taschen. Mit meinem knielangen schwarzen Rock, der roten Bluse und den Lederpumps, die ich trug, um in die Muggelwelt zu passen, fiel ich hier auf wie ein bunter Hund. Die Hexen und Zauberer um mich herum strömten in Richtung der Fahrstühle, die alle paar Sekunden heransausten und wieder im Nichts verschwanden, um ihre Passagiere zu ihren Zielorten zu bringen. Mein Zielort war die Abteilung für die Sicherheit magischer Mitbürger, bei der ich regelmäßig zu Gast war. Der Abteilungsleiter war Mick Delaney, ein untersetzter Mann Mitte fünfzig mit schütterem blonden Haar. Er begrüßte mich freundlich, als ich sein Büro betrat und wies auf einen Lehnstuhl vor seinem Schreibtisch. Wir hatten schon oft wegen meiner Arbeit miteinander zu tun gehabt, da ich ihm mehrmals Informationen zugespielt und damit einen Skandal verhindert hatte. Dafür unterstützte er mich anderweitig mit Informationen, auf die ich dann meine Leute loslassen konnte. Als ich ihm dieses Mal von meinem Artikel erzählte, wurde Delaney allerdings sichtlich unglücklich. „Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das dieses Mal durchgehen lassen kann, Miss Greengrass“, sagte er. Bei der Erwähnung meines Mädchennamens zuckte ich kurz zusammen, doch ich korrigierte ihn nicht. Mein Gefühl sagte mir, dass der Name Malfoy mir hier nicht weiterhelfen würde, mir sogar schaden konnte. Ich schämte mich für meine Gedanken, doch momentan musste ich meine Arbeit in den Vordergrund stellen. Glücklicherweise schien Delaney meinen Ring auch nicht zu bemerken. Also setzte ich mein gewinnenstes Lächeln auf. „Sehen Sie es doch einfach als Mitarbeiterbeurteilung, Mr. Delaney“, sagte ich zuckersüß. „Ich liefere Ihnen die Fakten und Sie entscheiden, wie Sie damit umgehen.“ „Es gab nie Ärger mit diesem Mitarbeiter“, antwortete er. „Und trotzdem hat er Dreck am Stecken“, gab ich zurück. „Es könnte sich sogar auf seine Arbeit im Ministerium auswirken.“ Ich merkte, wie er einknickte und wartete geduldig ab. Nach ein paar Augenblicken bewahrheitete sich mein Eindruck, denn Delaney nickte langsam. „Na schön“, sagte er schließlich, „bringen Sie Ihren Artikel. Je nach Reaktion entscheide ich dann, wie es weitergeht.“ Strahlend lächelte ich ihn an und erhob mich. „Es ist mir immer eine Freude.“ „Ja ja, scheren Sie sich fort“, sagte er schroff, doch sein Grinsen verriet, dass er es nicht so meinte. Mit leicht hüpfenden Schritten verließ ich Delaneys Büro, schloss die Tür, drehte mich um und stieß direkt mit jemandem zusammen. Ich prallte zurück und stieß mit meiner Schulter gegen die Wand. Ein erschrockenes „Au“ entwich mir und ich hielt meine Schulter fest. „Entschuldigen Sie bitte“, hörte ich eine vertraute Stimme neben mir. Natürlich musste ich im riesengroßen Ministerium, in dem tausende Hexen und Zauberer arbeiteten, ausgerechnet mit Draco zusammenstoßen. „Oh, du bist es“, entfuhr es ihm, als ich zu ihm aufblickte. „Was machst du hier?“ „Arbeiten“, antwortete ich. „Und du hast mir gerade mal wieder gezeigt, was du davon hältst.“ „Sehr witzig. Geht’s dir gut?“ Sein Blick schweifte zu meiner Schulter und ich spürte, wie ich rot wurde. Sein besorgtes Gesicht rührte mich, doch trotzdem baute sich in meinem Inneren eine Schutzmauer auf. „Ja, geht schon“, sagte ich abwehrend. Er nickte kurz, legte eine Hand auf meinen Rücken und führte mich in Richtung der Fahrstühle. Nachdem wir ein paar Schritte gegangen waren, öffnete sich hinter uns die Tür und Delaney trat auf den Flur. "Vergessen Sie nicht, mir eine Ausgabe des nächsten Tagespropheten zu schicken, Miss Greengrass!", rief er uns hinterher. Kurz blickte ich über meine Schulter. "Mache ich doch jedes Mal, Mr. Delaney!", antwortete ich. Er hob noch einmal grüßend die Hand, dann wandte er sich ab und ging den Flur in die entgegengesetzte Richtung hinunter. "Miss Greengrass?", fragte Draco mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Mist, daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Anders als Delaney wusste Draco, dass ich verheiratet war und eigentlich einen anderen Namen hatte. Doch in diesem Moment hatte ich mir keine Gedanken mehr darüber gemacht, bis Draco es ausgesprochen hatte. Das Schlimmste war, dass er ehrlich verletzt klang. "Ich habe ihn nur nicht berichtigt, als er mich angesprochen hat", verteidigte ich mich. "Wieso nicht?" Dracos Augen wanderten zu meiner rechten Hand. Als er den Ring entdeckte, blickte er mir einigermaßen beruhigt wieder in die Augen. Er hatte wieder diesen Blick, bei dem man das Gefühl hatte, er blickte direkt ins Herz und in die Seele. Ich fragte mich, warum er auf einmal so besitzergreifend war. "Er kennt mich eben unter meinem Namen", sagte ich erstaunlich ruhig. "Das ist nicht mehr dein Name", sagte Draco kalt, und mir lief ein Schauer über den Rücken. Dann überkam mich das mittlerweile vertraute Gefühl der aufsteigenden Wut, doch ich unterdrückte es, so gut ich konnte. Immerhin hatte er irgendwo Recht. Greengrass war nicht mehr mein Name. Als ich ihm nach einer Weile immer noch nicht geantwortet hatte, drehte sich Draco ohne ein weiteres Wort um und verschwand im Gang hinter der nächsten Ecke. Er hatte mich einfach stehen gelassen. Am Abend kam ich spät nach Hause. Draco war schon da und saß mit einem Glas Rotwein auf der Couch. Ich legte meine Tasche und meine Jacke ab und ging zu ihm. "Hey", sagte ich und blieb unschlüssig vor dem Sofa stehen. "Hallo", gab er widerwillig zurück. Als er nichts weiter sagte, setzte ich mich vorsichtig auf die Lehne des Sofas. Wahrscheinlich hätte ich es einfach lassen sollen, aber ich hielt diese Distanz und die Stille nicht mehr aus. Ich wollte mich aussprechen, egal, ob es etwas brachte oder nicht. "Was sollte das heute im Ministerium?", fragte ich also. "Sag du es mir", gab er zurück. "Na ja, was soll ich da groß sagen? Ich war beruflich dort, bin durch Zufall auf dich gestoßen und dann hast du mich einfach stehen gelassen." "Ja, dafür muss ich mich wohl entschuldigen", sagte er nach einer Weile. Ich stutzte. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Wer hätte gedacht, dass das so einfach sein würde. Doch so ganz reichte mir das nicht. "Was war denn los?", fragte ich. "Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung", sagte er. "Mir ist wohl eine Sicherung durchgebrannt." Ich nickte. Doch bevor ich etwas antworten konnte, sprach er weiter. "Ich möchte nicht, dass du dir darauf etwas einbildest. Es wird nie wieder vorkommen." Verwirrt sah ich ihn an. "Was soll ich mir denn einbilden?" "Dass ich Gefühle für dich hätte oder sonst etwas. Denn das habe ich nicht." Wieder musste ich den Impuls unterdrücken, mir ans Herz zu fassen, um den Schmerz einzudämmen. Wieso tat er das immer wieder? Wieso tat er mir immer wieder weh, obwohl ich es nicht wollte? Trotz wallte in mir auf. "Ja, ich weiß", sagte ich, "du glaubst nicht an die Liebe. Bla bla bla." Draco wollte gerade einen Schluck von seinem Wein nehmen, doch meine Worte ließen ihn innehalten und er schaute mich mit einem schwer zu deutenden Blick an. Ich fuhr fort. "Ich glaube an die Liebe, weißt du. Ich glaube an Schmetterlinge im Bauch, an dieses Kribbeln, wenn man nur die Stimme des anderen hört. Und ich möchte das alles." "Ich glaube nicht, dass du das bei mir findest", antwortete er und verpasste meinem Herzen damit einen kleinen Riss. Wieso stellte er sich so quer? Wieso konnte er es nicht wenigstens versuchen? Für mich. "Wieso hast du dann heute so reagiert, als Delaney meinen Mädchennamen benutzt hat?", fragte ich, um meine Gefühle zu verbergen. "Es könnte dir doch egal sein." Mit einem Ruck stand er von der Couch auf. "Ich bin stolz auf meinen Namen, okay?", sagte er und sah mich mit funkelnden Augen an. "Egal, was meine Familie alles falsch gemacht hat, es ist trotzdem meine Familie." Rastlos lief er im Wohnzimmer hin und her, bis er schließlich auf die Wendeltreppe zusteuerte. "Das verstehe ich ja", sagte ich hastig. "Ich verstehe nur nicht, warum du empfindlich reagierst, wenn ich meinen Mädchennamen benutze, unter dem mich meine Informanten nun mal kennen."  „Mach, was du willst. Ich habe keine Lust, mit dir zu diskutieren, Astoria“, sagte er genervt, während er die Treppe hochging. Er wollte wieder im Schlafzimmer verschwinden und dann später so tun, als würde er schlafen, aber dieses Mal würde er damit nicht davon kommen. Hartnäckig nahm ich seine Verfolgung auf. „Warte doch mal bitte“, rief ich die Treppe hinauf, doch das zeigte keine Wirkung. Kurz bevor er die Tür zum Schlafzimmer schließen konnte, drückte ich mich dagegen und schlüpfte hindurch. Draco hatte immer noch nicht angehalten, sondern zog im Gehen sein Jackett aus und warf es auf das Bett. Schnurstracks lief er auf das Badezimmer zu. Seine Schultern und sein Rücken gefielen mir normalerweise, aber jetzt machte mich ihr Anblick rasend. „Hör endlich auf wegzulaufen und sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“ Mit einem Ruck drehte er sich zu mir um. „Ich kann dir nun mal nicht geben, was du suchst! Sieh das doch einfach ein!“, herrschte er mich an. „Warum hast du mich dann geheiratet? Warum hast du mich nicht einfach in Ruhe gelassen?“, schrie ich zurück. Das saß. Schwer atmend standen wir voreinander und schauten uns wütend an. Plötzlich kam Draco drei Schritte auf mich zu und schloss damit die Entfernung zwischen uns. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich. Er war nicht zärtlich, er war fordernd und leidenschaftlich, und das gefiel mir und verwirrte mich zugleich. Mit geschickten Bewegungen knöpfte er meine Bluse auf und strich mir über die Schultern, um die Bluse loszuwerden. Sein Hemd zog er sich kurzerhand über den Kopf und warf es zur Seite. Dann legte er seine Hände auf meine Hüfte und dirigierte mich zum Bett, ohne dabei aufzuhören mich zu küssen. Ich ließ mich von ihm führen und genoss jede seiner Berührungen. Als ich mich auf das Bett legte und Draco sich über mich schob, wurden seine Bewegungen genussvoller. Er küsste mich zärtlich auf den Mund und den Hals, seine Hände wanderten über den Stoff meines BHs und über meine Arme. Dann packte er meine Handgelenke und legte sie über meinen Kopf, sodass ich meine Arme nach oben strecken musste. Er wanderte wieder nach unten über meine Hüften und öffnete den Knopf meiner Hose. Er hob meinen Hintern an, wobei ich mich ihm automatisch entgegenstreckte. Langsam streifte er meine Stoffhose ab und sah mich an. Sein gieriger Blick hatte etwas unglaublich Erregendes, und ich spürte, wie mir die Hitze in den Kopf stieg. Außerdem war die Energie aus unserem Streit noch nicht vollständig verschwunden, und ich fühlte jeden Nerv in meinem Körper. Nach und nach wanderte auch unsere Unterwäsche auf den Boden, bis Draco schließlich komplett nackt auf mir lag. Er stützte sich auf seine Ellenbogen und sah sich meinen Körper ganz genau an. Zu meiner Verwunderung störte mich das überhaupt nicht. „Du bist wunderschön“, flüsterte er atemlos und küsste mich wieder. Auch ich atmete schwer und konnte gar nicht erwarten, was er mit mir anstellen würde. Ihm schien es ähnlich zu gehen. Ich spürte förmlich seine Beherrschung unter seinen angespannten Muskeln. Als Draco endlich in mich eindrang, atmeten wir beide erleichtert aus. Noch einmal sah er mir tief in die Augen, und ich konnte dort die Frage lesen, ob ich tatsächlich wollte, was wir hier taten. Zur Antwort schlang ich meine Beine um seine Hüfte und drückte zu, woraufhin er noch weiter in mich vordrang. Er stöhnte laut auf und küsste mich wieder. Dann verlor er die Beherrschung. In dieser Nacht taten wir es mehrmals nacheinander. Ich war verwundert über Dracos Einfallsreichtum und Fantasie, musste aber zugeben, dass es mir sehr gefiel. Ich ließ mich komplett fallen und tat, was er sagte, dafür belohnte er mich unzählige Male. Er achtete auf meine Bewegungen und Reaktionen und war auch mit seinen Händen äußerst geschickt. Vollständig verschwitzt, fertig und glücklich lag ich irgendwann in seinem Arm und legte meinen Kopf an seine Schulter, während er mich festhielt. Meine Muskeln schmerzten von den Bewegungen, doch ich hatte mich noch nie so lebendig gefühlt. Ich merkte noch, dass Draco mir leise Worte ins Ohr flüsterte, die wie „großartig“ und „schön“ klangen, doch ich konnte sie nicht festhalten und war Sekunden später eingeschlafen. Am nächsten Morgen wachte ich durch das Klingeln des Weckers auf und registrierte gleich darauf Bewegungen neben mir. Als ich unsanft weggeschoben wurde, öffnete ich verschlafen meine Augen. Ich ließ die vergangene Nacht noch einmal Revue passieren und konnte mir ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Draco hatte sich aufgesetzt und wischte sich ein paar Mal über das Gesicht, um wach zu werden. Dann schlug er die Decke zurück und stand auf. Ich brachte ein leises „Hey“ heraus, doch er reagierte nicht, sondern ging ins Bad und schlug die Tür hinter sich zu. Kurz darauf hörte ich, wie die Dusche ansprang. Verwirrt setzte ich mich auf. Was war das denn jetzt? Nach dieser unglaublichen Nacht konnte er mich doch nicht einfach wieder ignorieren. Ich spürte, wie die Wut in mir aufstieg. Es reichte, das würde ich nicht weiter ertragen. Nackt wie ich war, sprang ich aus dem Bett und stürmte in das Badezimmer. Mit in die Hüften gestemmten Händen stellte ich mich vor die Dusche und begann meine Tirade. „Was fällt dir eigentlich ein?“, sprudelte ich los. „Erst sprichst du wochenlang nicht mit mir. Dann koche ich dir ein riesiges Abendessen, bei dem du mir von dir erzählst, nur um mir danach wieder aus dem Weg zu gehen und jetzt machst du nach dieser wahnsinnigen Nacht dasselbe! Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Und was glaubst du, wer ich bin? Was lässt dich denken, dass es okay ist, so mit mir umzuspringen? Ich bin ein Mensch und ich habe Gefühle, verdammt nochmal! Und wenn du mit mir schläfst und Dinge mit mir tust, von denen ich noch nicht einmal geträumt habe, dann erwarte ich, dass du danach wenigstens ‚Guten Morgen‘ sagst!“ Zuerst dusche er ungerührt weiter, ohne auch nur das kleinste Geräusch von sich zu geben. Das machte mich nur noch rasender. Ich wollte schon wieder zum Schimpfen ansetzen und Draco mehr oder weniger freundlich fragen, ob er noch alle Latten am Zaun hatte, als sich die Schiebetür der Dusche öffnete, Draco nach mir griff und mich in die Dusche hineinzog. In einer fließenden Bewegung drehte er mich um und drückte mich gegen die kalten Fliesen, die einen extremen Kontrast zu dem heißen Wasser bildeten, das mich am Körper traf. Noch ehe ich anfangen konnte, mich zu wehren, presste er seine Lippen auf meine, was meinen Widerstand komplett schmelzen ließ. Ich spürte, wie meine Knie weich wurden und ein leises Stöhnen entwich meinem Mund. „Du hast Recht“, sagte Draco heiser, als wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit voneinander lösten. „Das ist alles neu für mich. Ich weiß nicht, wie ich mit dir umgehen soll. Gib mir ein bisschen Zeit.“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, also nickte ich nur. Er fing wieder an mich zu küssen. Er wanderte von meinen Lippen über meine Wange hinunter zu meinem Hals. Ich spürte seine Hände auf meinem gesamten Oberkörper, bis er unter meinen Hintern fasste und mich mit einem Ruck hochhob. Dann sorgte er dafür, dass ich alles um mich herum vergaß. Fortsetzung folgt Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Danach wurde unsere Beziehung komplizierter. Wir gingen zwar sehr vorsichtig miteinander um und redeten mehr, aber es wollte sich kein Gefühl der Vertrautheit einstellen. Es herrschte eher eine gewisse Verunsicherung, da wir beide nichts falsch machen wollten. Ein paar Wochen später erhielten wir eine Einladung zum Essen von meinen Eltern. Sie wollten am Sonntag einen Brunch mit ein paar Freunden veranstalten, und da wir uns seit der Hochzeit nur selten gesehen hatten – und immer ohne Draco – wollten sie uns diesmal wohl keinen Raum für Ausreden lassen. Als der Tag dann kam, stand ich gerade in unserem begehbaren Kleiderschrank und schlüpfte in eine cremefarbene Bluse. Ich hatte gerade den ersten Knopf geschlossen, als Draco aus dem Badezimmer kam. Er trug eine dunkle Jeans und ein hellblaues Hemd und seine Haare waren noch nass vom Duschen. Er trat zu mir in den Kleiderschrank, um nach einem Jackett zu suchen, sodass ich leicht zurückweichen musste, um ihm Platz zu machen. Dabei wanderte sein Blick meinen Oberkörper hinab. Es gefiel mir, wie er mich ansah. Es war ein Verlangen in seinem Blick, das mir ein unglaublich gutes Gefühl gab. Er drehte sich zu mir und legte eine Hand ganz leicht an meine Wange. Wir waren uns so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte, was einen Schauer über meinen Rücken jagte. „Schade, dass wir jetzt keine Zeit haben“, flüsterte Draco. Er strich mit dem Daumen über meine Wange, dann seufzte er leise, schnappte sich seine Jacke und ging zur Zimmertür. Mit einem Blick über seine Schulter verließ er das Schlafzimmer. Schwer atmend und zitternd blieb ich zurück. Dieser blöde Brunch. Wir apparierten in eine kleine Gasse nicht weit weg vom Stadthaus meiner Eltern in Notting Hill. Das Haus war eines dieser typischen Reihenhäuser, ganz in weiß gehalten und mit einem von Säulen gestützten Vordach versehen. Die Straße lag ganz ruhig da, nur am anderen Ende sahen wir eine Frau mit einem Kinderwagen spazieren gehen. Als wir vor dem Haus ankamen und auf die Klingel drückten, legte Draco seinen Arm um meine Schultern. Bevor ich ihn fragend anschauen konnte, öffnete sich bereits die Haustür und meine Mutter begrüßte uns strahlend. Während sie uns beide umarmte und uns versicherte, wie schön es war uns zu sehen, wurde mir Dracos Geste klar. Er wollte den Schein wahren und gleichzeitig machte er meiner Mutter damit eine riesige Freude. Mum scheuchte uns dann durch die Diele in den Garten hinter dem Haus, der zwar schmal war, aber sich in die Länge zog, bis er an das nächste Haus angrenzte. An den Seiten waren mehrere Blumenbeete angelegt, die in der Sonne bunt schimmerten. Da ich bezweifelte, dass das der Verdienst meiner Eltern war, zollte ich im Stillen dem Gärtner meinen Respekt. Mum selbst verschwand in der Küche, um sich um die kulinarische Versorgung zu kümmern. Wir begrüßten die anderen Gäste mit Küsschen links und Küsschen rechts und blieben schließlich bei meinem Vater und meiner Schwester stehen. Draco hatte seinen Arm wieder um mich gelegt und ich legte meinen um seine Hüfte. Komischerweise fühlte sich das ziemlich gut an. Zuerst schauten Dad und Daphne uns verwundert an, doch dann schienen sie es zu akzeptieren und ich glaubte sogar, ein kleines Grinsen auf Daphnes Gesicht zu sehen. Tatsächlich kamen wir ins Plaudern, als Dad Draco nach seiner Arbeit fragte. Ich wusste nicht, dass Draco so ein angenehmer Gesprächspartner sein konnte, doch er stellte interessierte Fragen und sprach in einem sehr höflichen Ton. Er bezog sogar meine Schwester und mich in die Unterhaltung ein. Alles in allem hatte ich mich lange nicht mehr so wohl gefühlt. Nachdem Dracos Eltern auch eingetroffen waren, setzten wir uns an die aufgestellten Gartentische und bewunderten, was meine Mutter gezaubert hatte. Es gab Caprese, verschiedene Salate, Käse- und Wurstplatten, frische Baguettes, Lachs, gebratenes Hähnchen, Gemüse, Kartoffeln, Kroketten und noch vieles mehr. Meine Mutter hatte sich wieder einmal selbst übertroffen und ich fragte mich, wie viele Leute wohl noch kommen mochten. Mein Vater als Herr des Hauses saß am Kopf des gedeckten Tisches, rechts neben ihm meine Mutter, links neben ihm meine Schwester. Draco und ich saßen neben meiner Mutter und Dracos Eltern saßen uns gegenüber. Die anderen Gäste verteilten sich an weiteren Tischen. „Habt ihr euch gut in eurer Wohnung eingelebt, Astoria?“, fragte meine Mutter, als ich gerade ein Stück Mozzarella aß. „Oh ja“, sagte ich und fing an, von meinem Arbeitszimmer und der großen Küche zu schwärmen. „Benutzt du deine Küche denn regelmäßig?“, fragte Dad. „Bei uns hast du immer gern gekocht.“ Ich versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass ich meistens nur etwas für mich selbst zubereitete, da Draco auswärts aß. Am Wochenende aßen wir manchmal zusammen, aber das war nicht so regelmäßig, wie man es sich in einer Ehe wünschen würde. In meinem Kopf legte ich mir eine diplomatische Antwort auf Dads Frage zurecht, aber Draco kam mir zuvor. „Astoria ist eine hervorragende Köchin“, sagte er. „Einmal hat sie ein wahres Festessen gezaubert mit allem, was das Herz begehrt.“ Erstaunt schaute ich ihn an, nur um zu sehen, dass er mich mit einem warmen Gesichtsausdruck anlächelte. Ich konnte nicht anders, als zurückzulächeln und meine Eltern schienen zufrieden zu sein. „Aber habt ihr durch eure Jobs denn genug Zeit füreinander?“, fragte meine Mutter besorgt. „Ich muss zugeben, dass ich zuerst überrascht war, als ich erfahren habe, dass Astoria arbeiten geht“, antwortete Draco „Da war ich in meinen Ansichten offensichtlich sehr altmodisch. Ich war immer fest davon überzeugt, dass der Ehemann die Brötchen verdient. Doch dann hat sie mir davon erzählt und ihre Begeisterung war absolut ansteckend. Ich bewundere sie dafür, dass sie mit so viel Herzblut dabei ist.“ Lächelnd drehte ich mich zu meiner Mum. „Wir sind beide den ganzen Tag unterwegs, aber abends sehen wir uns ja“ sagte ich. Das Gespräch ging noch einige Zeit weiter. Draco hatte seinen Arm über die Lehne meines Stuhles gelegt und ich lehnte mich leicht gegen seine Schulter. Er war warm und er roch gut. Daran hätte ich mich tatsächlich gewöhnen können. Nach dem Essen verteilten wir uns wieder im Garten. Daphne und ich halfen Mum beim Aufräumen und beim Abwasch und die Männer saßen draußen, unterhielten sich und einige rauchten. Ich beobachtete Draco, wie er sich mit einem Glas Wein in der Hand mit unseren Vätern unterhielt. Alle drei wirkten locker, als würden sie sich jedes Wochenende auf ein Butterbier treffen. So entspannt hatte ich Draco noch nie gesehen. „Pass auf, dass dir nicht die Augen rausfallen“, sagte meine Schwester und stupste mich mit dem Ellenbogen an. „Lass sie in Ruhe, Daphne“, sagte meine Mutter streng, wofür ich ihr einen dankbaren Blick zuwarf. „Astoria ist eben verliebt“, fügte sie an, woraufhin meine Dankbarkeit schwand und meine Gesichtszüge entgleisten. Daphne brach in schallendes Gelächter aus. Ich ließ mich nicht zu einer Antwort herab, sondern wusch stoisch die letzten Teller ab, die ich meiner Schwester dann zum Abtrocknen hinknallte. Glücklicherweise sah sie meinen Blick und enthielt sich weiterer Kommentare, doch für den Rest des Nachmittags versuchte ich mich, soweit wie möglich von ihr und Draco fernzuhalten. „Was du beim Essen zu meinen Eltern gesagt hast…“, sagte ich vorsichtig, als wir abends wieder zu Hause waren und ich gerade aus dem Bad kam. Draco lag schon im Bett und las. Das hatte er sich in den letzten Wochen angewöhnt. Jetzt blickte er auf. „Was meinst du?“, fragte er. „Na ja, über meinen… meinen Job und… meine Kochkünste…“, fuhr ich stotternd fort. „Das war alles ernst gemeint“, sagte er und sah mich durchdringend an. Langsam ging ich um das Bett herum auf meine Seite, schlug die Decke zurück und setzte mich im Schneidersitz auf das Laken, sodass ich ihn ansehen konnte. „Ich weiß nicht, wann du etwas ernst meinst und wann du nur eine Rolle spielst“, sagte ich. „Ich kann das nicht unterscheiden.“ Er legte ein Lesezeichen in sein Buch, klappte es zu und legte es auf den Nachttisch. Dabei beobachtete ich die Bewegungen seiner schlanken Finger. Mir fiel wieder ein, was morgens zwischen uns passiert war, beziehungsweise fast passiert wäre. Er wandte sich mir zu und sah mir direkt in die Augen. „Ehrlich gesagt, weiß ich das im Moment selbst nicht so genau“, sagte er. Eine Weile ließ ich mich von seinen Augen gefangen nehmen, dann begann ich, meinen Blick schweifen zu lassen. Er trug ein schwarzes Tank Top und die Decke hatte er bis zu seiner Hüfte hinaufgezogen. Er stützte sich mit den Unterarmen auf dem Bett ab, sodass die Muskeln in seinen Schultern und seinen Armen angespannt waren. Zögernd legte ich meine Hand auf seinen Arm und beobachtete staunend, wie sich eine Gänsehaut bildete. „Wie weit kann ich bei dir gehen?“, fragte ich leise. „Probier es aus“, antwortete er. Meinen Gefühlen folgend lehnte ich mich nach vorn und krabbelte langsam auf Draco zu, bis ich meinen Arm über ihn legen und mich auf der anderen Seite abstützen konnte. Er ließ mich keine Sekunde aus den Augen und saß ganz still da. Dann küsste ich ihn, und ohne zu zögern erwiderte Draco den Kuss. Er richtete sich ein wenig auf, legte eine Hand auf meine Hüfte und griff mit der anderen meinen Oberschenkel. So zog er mich auf sich, während er sich wieder zurückfallen ließ. Ich legte meine Hände an seinen Hals und küsste ihn weiter. Meine Hände wanderten nach unten bis zum Saum seines Tank Tops und schoben es nach oben. Mit den Fingerspitzen fuhr ich über seinen Bauch, sodass sich seine Muskeln anspannten. Langsam schob ich sein Shirt immer weiter nach oben, bis er mir half, es komplett auszuziehen. Dann wanderten meine Hände wieder nach unten und streiften seine Stoffhose ab. Nun lag er komplett nackt unter mir, allerdings ließ er sich das nicht lange gefallen. Innerhalb kurzer Zeit gesellten sich meine Schlafsachen zu seinen auf den Boden. Dann setzte er sich plötzlich auf, hob mich hoch und zog mich mit sich zum Kopfende, sodass er sich an der Rückwand des Bettes anlehnen konnte. Einen kurzen Moment sahen wir uns direkt in die Augen und etwas machte in meinem Kopf „klick“. Dann begann er wieder mich zu küssen. Während er mich mit einem Arm weiterhin festhielt, wanderte seine andere Hand nach unten und zwischen meine Beine. Ich atmete scharf ein, als er mit zwei Fingern in mich eindrang und sie sachte zu bewegen begann. Meine Reaktion erregte wiederum ihn und er passte seine Bewegungen entsprechend an. Als ich es nicht mehr aushielt, packte ich seine Hand, sodass seine Finger aus mir heraus glitten. Stattdessen hob ich meine Hüfte, brachte mich in Position und ließ mich langsam auf Draco herabsinken. Dann begann ich mich zu bewegen, und wir verbrachten die nächste Stunde damit, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. Danach lagen wir schweißgebadet nebeneinander und versuchten, unsere Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Ich fühlte mich ganz leicht und spürte noch den Nachhall von Dracos Berührungen. Mein Bauch kribbelte wohlig und ich konnte mir mein Grinsen nicht verkneifen. Doch als ich mich gerade zu Draco drehen und mich an ihn kuscheln wollte, wischte er mir mit seinen Worten das Grinsen aus dem Gesicht. „Du musst wissen, dass ich nicht glaube, dass ich dich liebe. Ich glaube nicht, dass ich das kann.“ Ich spürte, wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich. Mir wurde zugleich heiß und kalt, und in meinem Kopf herrschte gähnende Leere. Es dauerte eine Weile, bis mich seine Worte wirklich erreichten und mir das Herz zerrissen. Denn in diesem Moment wurde mir klar, dass mir das genaue Gegenteil passiert war. Meine Mutter hatte Recht. Ich hatte mich in ihn verliebt. Verdammt. Fortsetzung folgt Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Draco schon weg. Seine Decke lag zurückgeschlagen da, das Laken war kalt. Er musste also schon eine ganze Weile wach sein. Der Blick auf den Wecker verriet mir, dass es noch nicht ganz 7 Uhr war, also eigentlich dürfte er auch noch nicht auf dem Weg zur Arbeit sein. Ich gönnte mir noch ein paar Minuten zum wach werden, dann schälte ich mich aus dem Bett und schleppte mich zur Dusche. Eine halbe Stunde später kam ich einigermaßen vorzeigbar die Wendeltreppe hinunter. Im gleichen Moment ging die Wohnungstür auf und Draco kam herein mit zwei Kaffeebechern in der Hand. "Guten Morgen", sagte er. "Guten Morgen", gab ich erstaunt zurück. Peinlich berührt strich er sich über die Haare. "Ich konnte nicht schlafen, da habe ich einen Spaziergang gemacht und gedacht, ich bringe Kaffee zum Frühstück mit." Meine Schultern sackten einen Millimeter nach unten. Ich trank keinen Kaffee, immer nur Tee, auch in Dracos Anwesenheit. Ich wusste nicht, wie er auf die Idee kam, mir Kaffee mitzubringen. Hatte er mich in den letzten Wochen und Monaten gar nicht kennengelernt? Auf der anderen Seite fühlte ich mich natürlich geschmeichelt, dass er mir anscheinend etwas Gutes tun wollte. Und dass er allem Anschein nach mit mir frühstücken wollte. "Ähm… danke. Das ist… unerwartet", sagte ich und zog amüsiert die Augenbraue hoch. Ich hatte Draco bisher immer nur selbstsicher auftreten sehen. Seine jetzige Verlegenheit kam mir so unwirklich vor, dass ich ein Grinsen nicht unterdrücken konnte. "Du willst wirklich mit mir frühstücken?", fragte ich noch einmal nach. Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und gab nur ein unverständliches Brummen von sich, was ich als Zustimmung deutete. Um ihn nicht noch weiter aus der Fassung zu bringen, drehte ich mich um und lief vor ihm her in die Küche. Nachdem er seine Jacke abgelegt hatte, folgte er mir und setzte sich an die Theke. Mit einem Schwenken meines Zauberstabes sammelte ich alles zusammen, was ich für ein gutes Frühstück brauchte. Die Brötchen wanderten in den Ofen - Teller, Messer, Butter, Marmelade, Honig, Käse und Wurst schwebten auf die Theke. Ich blieb dahinter stehen, um zu warten, bis die Brötchen fertig waren. Mir war nicht klar, wie ich genügend Feingefühl aufbringen konnte, um Draco zu sagen, dass der Kaffee an mir verschwendet war. Während Draco immer mal an seinem Becher nippte, starrte er trübselig vor sich hin. Irgendwann gab der Ofen ein "Ping" von sich. Ich drehte mich um, schwang noch einmal den Zauberstab und die Brötchen sammelten sich in einem Korb und platzierten sich direkt vor Draco. Ich ging um die Theke herum, setzte mich auf den zweiten Hocker und drehte meinen Oberkörper zu Draco hin, damit ich ihn besser anschauen konnte. In all den Wochen, die wir jetzt schon verheiratet waren, war dies das erste Mal, dass wir zusammen frühstückten. Da Draco anscheinend nicht wusste, wo er anfangen sollte, schnappte ich mir ein Brötchen und begann es aufzuschneiden. Nach kurzem Zögern tat er es mir nach. Während ich meine Hälften süß belegte mit Honig und Marmelade, griff Draco zu den herzhaften Sachen. Eine Weile aßen wir schweigend vor uns hin, bis Draco letztendlich die Stille unterbrach. "Hör mal", begann er, "wegen gestern Nacht…" Ich spitzte die Ohren und biss vorsichtig von meinem Brötchen ab. Was würde jetzt wohl kommen? "Es tut mir leid", sagte er dann. Okay, das war unerwartet. Das, war wir letzte Nacht getan hatten, war für mich ziemlich gut gewesen. Daher war ich mir nicht sicher, wofür er sich entschuldigen müsste. "Was genau?", fragte ich daher. Er zögerte. "Was ich gesagt habe", antwortete er. "Dass ich dich nicht liebe. Das war… nicht der beste Zeitpunkt." "Naja", gab ich zurück. "Wann ist denn der beste Zeitpunkt, um jemandem zu sagen, dass man ihn oder sie nicht liebt?" Draco wollte gerade von seinem Brötchen abbeißen, ließ es bei meinen Worten allerdings wieder sinken. "So meinte ich das doch nicht", sagte er und biss nun doch ab. "Das alles hier tut mir leid. Ich habe es dir wirklich nicht leicht gemacht und du bist trotzdem immer noch hier. Das hast du nicht verdient." Eine Weile knabberten wir schweigend an unserem Frühstück. Seine Worte gaben mir zu denken. Er hatte natürlich vollkommen recht. Ich hatte es nicht leicht gehabt. Draco ist furchtbar zu mir gewesen, hat mich abgewiesen und mir die kalte Schulter gezeigt. Und trotzdem war ich noch da. Mit keiner Silbe hatte ich daran gedacht, ihn zu verlassen, zu meinen Eltern zurückzugehen oder mir eine eigene Wohnung zu suchen. Ich grübelte einen Moment über den Grund dafür nach, aber eigentlich war es ganz einfach: Ich wollte nicht aufgeben. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass das alles hier keinen Sinn hatte. Ein kleiner Teil von mir hatte immer noch Hoffnung. Hoffnung, dass Draco und ich funktionieren konnten. Hoffnung, dass er meine Gefühle irgendwann erwidern würde. Vielleicht sogar in nicht allzu ferner Zukunft. "Astoria?", hörte ich Draco sagen und sah abrupt auf. Anscheinend war ich so in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekommen hatte, dass Draco mit mir sprach. "Entschuldige, was?", fragte ich verwirrt. Er lächelte mich nachsichtig an. "Schon gut", sagte er. "War nicht so wichtig." Mit einem letzten Bissen aß er sein Brötchen auf und griff nach seinem Kaffeebecher. Doch plötzlich hielt er in seiner Bewegung inne. "Du hast noch gar nichts von deinem Kaffee getrunken", bemerkte er betont beiläufig. Oha. Jetzt hatte er es doch gemerkt. Ich hatte gehofft, dass ich den Kaffee unbemerkt an ihm vorbeischmuggeln und wegschütten konnte, wenn er nicht hinsah. Das hatte wohl nicht geklappt. Wie sollte ich ihm schonend beibringen, dass er mir keinen Gefallen getan hatte, obwohl er es ganz eindeutig wollte? Ich musste mir ein Herz fassen. Ich musste ehrlich zu ihm sein. Immerhin waren wir verheiratet und er hatte gefälligst zu wissen, was ich mochte und was nicht. "Ich trinke gar keinen Kaffee", antwortete ich also und blickte ihm direkt in die Augen. Stoisch schaute er zurück. Ein paar Sekunden sahen wir uns einfach nur stumm an, keiner von beiden wollte wegschauen. Doch schließlich seufzte Draco, blickte weg und ließ seine Schultern sinken. "Ich bin wohl der schlechteste Ehemann auf der Welt", sagte er niedergeschlagen. Das brachte mich wirklich zum Lachen, obwohl ich nicht wusste warum. Draco sah wirklich traurig aus und ich fühlte mich schlecht, aber ich konnte einfach nicht aufhören zu lachen. Zum Glück ließ Draco sich von mir anstecken, und sein Gesicht hellte sich merklich auf. Irgendwann lachten wir einfach gemeinsam, ohne überhaupt noch den Grund zu wissen. Ich glaube, in diesem Moment rastete endgültig etwas bei mir ein. Als wir uns langsam wieder beruhigten, trank Draco seinen Kaffee aus, schnappte sich dann meinen Becher und nahm ihn mit auf Arbeit. Mit einem Schwenk unserer Zauberstäbe war die Küche im Nu wieder aufgeräumt und sauber. Mit einem Lächeln im Gesicht machte ich mich dann selbst auf den Weg zum Tagespropheten. Ein paar Tage später saß ich abends mit einem Glas Weißwein im Wohnzimmer auf dem Sofa und starrte in den Kamin, den ich angezündet hatte, nachdem ich von Arbeit nach Hause gekommen war. Draußen war es stürmisch und regnete, typisches London-Wetter. Ich hatte einen harten Tag gehabt. Auf meinem Schreibtisch hatten sich die Artikel gehäuft, die ich für die nächste Ausgabe des Tagespropheten sortieren und auswählen musste. Zwischendurch kamen immer wieder Leute in mein Büro gestürmt, um mir noch Änderungen zuzurufen oder neue Themen zu besprechen. Um 17:00 Uhr war ich so gerädert, dass ich einfach meine Tasche und meine Jacke schnappte und meine Bürotür zuknallte. Als ich zu Hause ankam, lag die Wohnung dunkel da. Also entzündete ich den Kamin und machte es mir auf dem Sofa gemütlich. Als ich mir gerade das zweite Glas Wein einschenkte, hörte ich, wie die Wohnungstür auf und wieder zu ging. Langsam drehte ich mich in Richtung Flur, um meinen Wein nicht zu verschütten und sah Draco müde an. "Hey", sagte er und klang genauso fertig. "Hey", gab ich zurück. Er ließ seine Tasche und seine Jacke einfach fallen, holte sich ebenfalls ein Weinglas und setzte sich wortlos zu mir aufs Sofa. Er goss sich ein und lehnte sich zurück. Seine Haare waren zerzaust und nass und er hatte dunkle Schatten unter den Augen. Gemeinsam schauten wir ins Feuer und ließen das Knacken des Holzes unsere Nerven beruhigen. Ich hatte meine Füße angezogen, um es mir ein wenig bequemer zu machen. Dadurch berührten meine Knie fast die von Draco. Wahrscheinlich ohne es zu merken, legte er nach einer Weile eine Hand auf meinen Oberschenkel, was einen Schauer durch meinen Körper jagte. Doch Draco schien darauf überhaupt nicht zu reagieren. "Woran denkst du?", fragte Draco plötzlich, ohne den Blick vom Feuer abzuwenden. "Ich versuche gerade an gar nichts zu denken", antwortete ich. "Harten Tag gehabt?", fragte er weiter. Ich gab nur ein zustimmendes Brummen von mir. Ich wollte nicht mehr über diesen Tag nachdenken. Wenn ich es tat, würde ich den ganzen Abend nur mit dem Kopf schütteln können. "Was ist mit dir?", fragte ich stattdessen. Er nickte langsam. Ich rechnete nicht damit, dass er noch etwas sagte. Umso überraschter war ich, als er es doch tat. "Es ist anstrengend, die Fehler seiner Eltern ausbaden zu müssen", sagte er. Irritiert blickte ich ihn an. Ich wusste nicht, was er meinte oder was ich darauf antworten sollte, also gab ich ihm Zeit zu überlegen, ob er weiterreden wollte. Letztendlich wollte er. "Mein Vater war schon immer ein Anhänger des Dunklen Lords gewesen, schon vor meiner Geburt", erzählte Draco. "Ich bin in friedlichen Zeiten aufgewachsen, ich wusste nicht, was es bedeutete, ein Todesser zu sein. Doch als der Dunkle Lord zurückkehrte, versanken meine Eltern in ihrer Angst." Er machte eine kurze Pause und trank einen Schluck Wein, um sich zu sammeln. Seine Stimme klang belegt, obwohl er sich alle Mühe gab, sie so neutral wie möglich klingen zu lassen. "Sie mussten ihm natürlich wieder folgen, sie hatten gar keine andere Wahl. Aber dieses Mal haben sie mich mit hineingezogen, und das war das Letzte, was sie wollten. Nach der Schlacht von Hogwarts sind wir untergetaucht und erst Jahre später zurück nach England gekommen." Ohne es zu merken, war ich näher an Draco heran gerutscht und hatte ihm die Hand auf den Unterarm gelegt. Draco schien das nicht zu merken, aber mir gab es das Gefühl, dass ich ihn bei seiner Erzählung unterstützte. Jeder kannte die Beteiligung der Malfoys an diesen dunklen Tagen. Man hatte sie dafür verurteilt, doch durch die Anstrengungen, die sie nach ihrer Rückkehr unternommen hatten, um die Welt der Zauberer wieder aufzubauen, waren sie eigentlich rehabilitiert worden. "Dein Name sagt nichts darüber aus, wer du bist", sagte ich. "Ja… so einfach ist das leider nicht", gab er zurück. "Aber unsere Familien verstehen sich gut. Wir veranstalten Brunches zusammen", sagte ich und imitierte einen britischen Akzent, der die Queen hätte vor Neid erblassen lassen. Dabei legte ich mir die Hand auf das Herz, um die überkandidelten Damen der Gesellschaft nachzumachen. Draco lachte leicht auf. "Wen interessiert es, was die andere denken? Und außerdem hast du einen Job im Zaubereiministerium." "Einen Scheiß habe ich im Zaubereiministerium." Ich zuckte zusammen bei seinen harschen Worten und dem kalten Ton. Das amüsierte Lächeln war von seinen Lippen verschwunden. "Wie meinst du das?", hakte ich nach. "Ich bin der allerletzte in der Nahrungskette. Mein Boss nimmt mich nicht ernst, die ganze Abteilung macht sich über mich lustig. Ich muss alle Aufgaben übernehmen, auf die die anderen keine Lust haben, und ich habe keine Chance, mich in irgendeiner Weise zu wehren. Das einzige, was mir übrig bleibt, ist die Arbeit zähneknirschend zu erledigen und zu hoffen, dass ich irgendwann wechseln kann. Mein Name wird jeden Tag in den Schmutz gezogen, und ich kann nichts dagegen tun." Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt. Frust und Enttäuschung sprachen aus jedem einzelnen Wort und jeder einzelnen Geste. Es berührte mich, wie sehr er unter diesen ganzen Umständen litt und das machte mich unendlich traurig. Trotz der Wärme des Kamins war mir eiskalt und ich konnte ein kurzes Zittern nicht unterdrücken. Draco merkte das sofort und sah mich besorgt an. "Ist alles in Ordnung?", fragte er. Ich nickte nur. "Tut mir leid", sagte er. "Ich habe nicht gedacht, dass mich das so fertig macht. Ich wollte dir keine Angst machen." Ich schüttelte den Kopf. "Du machst mir keine Angst", antwortete ich. "Es… es tut weh, dich so zu sehen." Verwirrt schaute er mich an, als könnte er nicht glauben, dass ich mir Sorgen um ihn machte. Doch innerhalb von Sekunden wurden seine Augen wieder kalt. "Ich brauche dein Mitleid nicht", fauchte er und wollte von der Couch aufstehen. "Nein warte, hör mir zu", sagte ich, fasst seinen Oberarm und hielt ihn mit mehr Kraft zurück, als ich selbst von mir dachte. Draco schien genauso erstaunt zu sein und ließ sich zurück auf das Polster sinken. Ich versuchte mich zu sammeln und die Worte zu finden, die ich aussprechen wollte. "Ich habe kein Mitleid mit dir", sagte ich dann, "aber ich verstehe deinen Frust. Und ich möchte dir gern helfen, wenn du es zulässt." Draco zögerte. Mehrmals öffnete er seinen Mund, als ob er etwas sagen wollte, schloss ihn aber direkt wieder. Schließlich nickte er kurz. "Was schwebt dir vor?", fragte er. Ich entspannte mich ein wenig, trank meinen Wein aus und füllte mein Glas noch einmal auf. Die Flasche war inzwischen fast leer. Mit dem Weinglas in der Hand lehnte ich mich auf dem Sofa zurück. "Möchtest du denn überhaupt im Ministerium arbeiten?", frage ich. "Es gab nie eine andere Option", antwortete Draco. "Mein Vater hat schon immer im Ministerium gearbeitet, ich kenne nichts anderes." "Das beantwortet meine Frage nicht. Was willst du?" Wieder zögerte Draco. Ich konnte förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn ratterte. Natürlich kannte er nichts anderes. Aber war es wirklich das, was er wollte? Hatte er sich überhaupt jemals Gedanken über das gemacht, was ER wollte? Oder war es immer nur um seinen Familiennamen gegangen? Draco wandte den Blick von mir ab und starrte eine Weile ins Feuer. Ich ließ ihm die Zeit und beschäftigte mich mit meinem Wein. Vor ein paar Wochen hätte ich es nie für möglich gehalten, dass Draco und ich so nahe beieinander sitzen und reden könnten. Über die Zeit hatte sich so etwas wie eine Vertrautheit eingestellt, ohne dass wir es wirklich gemerkt hätten. Wir gingen anders miteinander um, als noch zu Anfang. Wahrscheinlich half auch der Wein ein ganzes Stück. "Was kann ich denn tun?", fragte Draco irgendwann leise. Ich schaute zu ihm, er blickte immer noch ins Feuer. Er hatte seine Unterarme auf seine Oberschenkel gestützt und drehte den Stiel seines Weinglases zwischen seinen Fingern. Er sah so verloren aus, dass ich einen kleinen Stich in meiner Brust fühlte. Doch ich musste mich daran erinnern, dass er kein Mitleid wollte. Er wollte vorankommen und nicht mehr zurückschauen. Ich musste mich zusammenreißen. "Es gibt einige Möglichkeiten", sagte ich. "Du kannst in deiner Abteilung bleiben und mit deinem Boss über andere Aufgaben sprechen. Du kannst innerhalb des Ministeriums in eine Abteilung wechseln, die dir mehr bietet. Oder du verlässt das Ministerium und machst etwas komplett anderes. Du kannst zum Tagespropheten kommen. Es kommt darauf an, was dich wirklich interessiert." Er ließ sich meine Worte eine Weile durch den Kopf gehen, dann sagte er: "Ich denke schon, dass ich im Ministerium bleiben möchte. Ich möchte eine tragende Rolle in der Zaubererwelt spielen. Ich möchte etwas verändern." "Okay, das ist doch schon mal eine Erkenntnis", sagte ich und musste lächeln. "Gut und wie stell ich das an?", fragte Draco, der nun ebenfalls etwas hoffnungsvoller wirkte. "Die Mitarbeiter des Ministeriums sind nach der Übernahme durch die Todesser komplett ausgetauscht worden. Wie soll ich an andere Abteilungen herantreten, wenn ich niemanden in den Leitungspositionen kenne?" "Du wirst es nicht für möglich halten, aber ich habe tatsächlich Kontakte", sagte ich grinsend. Nach der dritten Flasche Wein redeten Draco und ich immer noch. Draußen war es komplett dunkel geworden, und in der Wohnung brannte kein Licht. Nur das Kaminfeuer sorgte für eine dämmrige Atmosphäre. Mittlerweile zeigte der Alkohol seine Wirkung, und wir kicherten wie betrunkene Teenager. Ich hatte meine Beine auf seinem Schoß ausgestreckt. Seine Hand lag locker auf meinem Schienbein, mit der anderen hielt er sein Glas. "Nein, ich hatte nie etwas mit Pansy Parkinson", sagte Draco lachend und trank noch einen Schluck Wein. "Ich glaube dir kein Wort", gab ich grinsend zurück. "Ganz Slytherin hat darüber gesprochen." "Dann hatte ganz Slytherin keine Ahnung. Da war nie etwas." "Und ich war mir so sicher!" Wir kicherten schon wieder. Doch dieses Mal verebbten unsere Stimmen irgendwann. Schweigend saßen wir uns gegenüber und schauten uns an. Aber es war kein unangenehmes Schweigen. Ohne dass ich es kontrollieren konnte, wanderten meine Augen über seine Gesichtszüge. Er war wirklich wahnsinnig attraktiv. Sein seltenes Lächeln verstärkte dies nur noch. Obwohl seine Augen immer so kalt waren, schienen sie einem in die Seele zu blicken. Im Moment sah er ganz entspannt aus und hatte ein selbstsicheres Grinsen auf den Lippen, von denen ich wusste, wie gut sie küssen konnten. Sein Gesicht lag halb im Dunkeln und sah dadurch noch viel besser aus. "Was machst du?", fragte Draco und riss mich aus meinen Gedanken. Ertappt schaute ich zur Seite und gab mir alle Mühe nicht rot anzulaufen. Ich hoffte, die Dunkelheit in der Wohnung versteckte mein Gesicht. "Darf ich dich etwas fragen?", drang Dracos leise Stimme zu mir durch. Ich drehte meinen Kopf wieder zu ihm. "Natürlich", sagte ich verwundert. "Als deine Eltern dir gesagt haben, dass du mich heiraten sollst, was hast du da gedacht?" Okay, das hatte ich nicht erwartet. Ich versuchte mich an den Tag zurückzuerinnern, als meine Eltern mir die "frohe Botschaft" verkündeten. Was ging mir da durch den Kopf? "Ehrlich gesagt war ich zuerst ziemlich sauer", gab ich dann zu. "Ich habe immer gehofft, dass ich mal aus Liebe heiraten würde und mir meinen Mann würde aussuchen können. Aber meine Eltern bedeuten mir alles und ich wollte sie stolz machen. Daher habe ich eingewilligt, aber es war nicht unbedingt freiwillig." "Was hast du erwartet?" "Auf jeden Fall nicht das", sagte ich lachend. "Und trotzdem hast du mich geheiratet", sagte er leise. "Und ich würde es immer wieder tun", antwortete ich. Ein mutiges Geständnis, aber jedes Wort war wahr. Zu Anfang wusste ich nicht, worauf ich mich einlasse. Ich wollte meinen Eltern gefallen, die mir gar keine andere Wahl gelassen hatten. Draco war abweisend, kalt und mürrisch, doch irgendwie hatte ich es geschafft, dass das Eis zu tauen begann. Er war kein schlechter Mensch, und für seine Vergangenheit konnte er nichts. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, steckte auch unter seiner harten Schale ein weicher Kern. Er hatte ihn mir schon ein paar Mal gezeigt, auch wenn er darauf bedacht gewesen war, ihn schnell wieder zu verschließen. Jetzt saß er neben mir auf dem Sofa, in unserer gemeinsamen Wohnung, vor dem prasselnden Kamin. Und ich war mir noch nie so sicher, wie in diesem Moment, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Doch zum ersten Mal gab ich es wirklich zu. Er blickte mich mit seinen grauen Augen an, als suchte er etwas. Antworten vielleicht. Aber auf welche Fragen? Eine Gänsehaut jagte mir über den Körper, doch ich hielt seinem Blick stand. Draco legte seinen Arm auf die Lehne des Sofas hinter meinem Rücken und blickte mich an. Ich rutschte ein wenig herum, damit ich ihn ebenfalls direkt ansehen konnte. Seine Augen waren warm, was mich aus dem Konzept brachte, da ich das überhaupt nicht gewöhnt war. Normalerweise konnte man seine Abneigung förmlich greifen, doch heute schien diese vollständig verschwunden zu sein. Ganz langsam kam er mir immer näher. Ich konnte seinen Atem auf meinen Wangen spüren. Mein Blick wanderte von seinen Augen, über seine Nase und seine Wange bis hin zu seinem Mund. Meine Muskeln waren stocksteif, aber ich hatte auch überhaupt nicht das Bedürfnis, mich auch nur einen Zentimeter wegzubewegen. Dann küsste Draco mich endlich. Der Kuss war unglaublich zärtlich, nicht so wie die anderen Male, bei denen wir so viel Verlangen verspürt hatten, dass der Kuss damit endete, dass unsere Klamotten auf dem Boden landeten. Diesmal war es anders. Es war kein Verlangen darin, sondern Gefühl. Es war angenehm, nicht leidenschaftlich. Es war ankommen. Draco legte einen Arm um mich und zog mich näher zu sich heran. Den anderen ließ er auf der Lehne liegen, als würde er verhindern wollen, dass ich über das Sofa sprang und verschwand. Ich legte eine Hand an seine Brust und spürte seinen Herzschlag. Während mein Herz wild in meiner Brust pochte, schlug seins ganz ruhig und regelmäßig. Als würde er das jeden Tag tun, als würde es ihm überhaupt nichts ausmachen. Nach einer Weile löste Draco sich von mir, schaute mich mit glasigen Augen an und strich mir sacht über die Wange. "Ich würde wirklich gern schlafen gehen", flüsterte er. "Kommst du mit?" Alles, was ich zustande brachte, war ein Nicken. Und so entwirrten wir uns, Draco stand auf, nahm meine Hand, zog mich auf die Beine und hinter sich her ins Schlafzimmer. Mir war nicht entgangen, dass er auf mein verstecktes Geständnis nicht geantwortet hatte. Als wir im Dunkeln aneinander geschmiegt dalagen, tanzten die Gedanken durch meinen Kopf. Welche Gefühle hatte er für mich? Hatte er überhaupt welche? Bisher hatte er es immer dementiert. War es ein gutes Zeichen, dass er mich geküsst hatte, anstatt sich zurückzuziehen und sich vor mir zu verschließen? Irgendwann drangen die ruhigen und regelmäßigen Atemzüge von Draco zu mir durch. Mit seinem Arm hielt er mich ganz fest an sich gepresst, so als würde er untergehen, wenn er mich losließ. Ich lag noch eine ganze Weile wach und versuchte meine Gedanken zu ordnen, was mir kläglich misslang. Doch irgendwann driftete ich ab und schlief ein. Am nächsten Morgen war mir einfach nur schlecht. Pochende Kopfschmerzen machten sich breit und ich fühlte mich hundeelend. Es war noch dunkel, als ich mich aus dem Bett quälte, ins Badezimmer wankte und vor der Toilette in die Knie ging. Nachdem sich mein Magen einigermaßen beruhigt hatte, ließ ich mich neben das Klo fallen und lehnte meinen Rücken und meinen Hinterkopf an die kühlen Fliesen der Wand. Hätte ich nur nicht so viel Wein getrunken gestern Abend. Das würde mir eine Lehre sein. Ich zog die Knie an, schlang meine Arme um sie und wartete, dass es mir besser ging. In dieser Stellung fand Draco mich etwa eine halbe Stunde später. Verschlafen blickte er ins Badezimmer und versuchte, die Szene in sich aufzunehmen. "Was machst du da?", fragte er. Ich seufzte auf. "Ich habe es mir auf den kalten Fliesen gemütlich gemacht." Obwohl ich mich schwach und elend fühlte, konnte ich mir die bissige Bemerkung nicht verkneifen. Draco blinzelte immer noch verschlafen. Ich sah ihm an, dass sein Kopf noch nicht funktionstüchtig war. Ein wenig bereute ich, dass ich ihn so angefahren hatte. Er wischte sich mehrmals mit seinen Fingern über die Augen. Dann sagte er etwas, was ich aber nicht verstehen konnte. Ich sah, dass sich seine Lippen bewegten, doch die Worte kamen nicht bei mir an. Ich spürte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat, gleichzeitig war mir unglaublich kalt. Wahrscheinlich taten die Fliesen doch nicht so gut. Mein Blickfeld wurde immer kleiner und kleiner. Ich sah nur noch, wie Draco vor mir kniete und mich eindringlich ansah, bevor alles schwarz wurde. Als ich aufwachte, war ich erst einmal komplett desorientiert. Ich wusste nicht, wo ich war und was passiert war. Langsam sah ich mich um. Mir war immer noch schwindlig und ich wollte meinen Kopf nicht überanstrengen. Ich lag in einem hellen Zimmer mit weißen Wänden und gelben Vorhängen vor dem Fenster. Ich lag in dem einzigen Bett, und neben mir gab es einen Sessel sowie einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen. Zwei Türen am anderen Ende des Zimmers führten hinaus, wahrscheinlich führte eine davon in ein Badezimmer. So wie es aussah, war ich im Krankenhaus. Ich versuchte mich ein wenig aufzusetzen, was mir mein Körper mit einer erneuten Schwindelattacke dankte. Also ließ ich mich zurück in die Kissen fallen und atmete tief durch. In diesem Moment ging eine der Türen auf und eine Hexe in einem langen weinroten Umhang kam herein. Sie steuerte zielsicher auf mein Bett zu und begrüßte mich mit einem warmen Lächeln. "Wie geht es Ihnen, Liebes?", gurrte sie. Ihre Stimme war ruhig und vergleichsweise tief für eine Frau, was einen positiven Effekt auf mich hatte. "Mir ist schwindlig", antwortete ich wahrheitsgemäß. Sie nickte, schwang kurz ihren Zauberstab und sah mich abwartend an. Mein Kopf klärte sich und ich fühlte mich augenblicklich besser. Als ich nochmal versuchte mich aufzusetzen, sprang die Hexe zu mir, um mir zu helfen. "Haben Sie Schmerzen?", wollte sie dann wissen. Ich überlegte kurz und konzentrierte mich auf meinen Körper. Da ich nichts Bemerkbares spürte, schüttelte ich leicht den Kopf. Das schien meine Pflegerin zufrieden zu stellen. "Ich werde dem Arzt sagen, dass Sie wach sind, Liebes. Er wird mit Ihnen sprechen wollen. Danach können Sie sicher nach Hause", sagte sie und rauschte aus dem Zimmer hinaus. Als ich in die warme Nachmittagssonne trat, hatte sich der Eingang zum St. Mungo's schon hinter mir geschlossen. Das zugenagelte Schaufenster sah so trostlos aus wie eh und je. Die Muggel, die um diese Zeit unterwegs waren - wahrscheinlich gingen sie von der Arbeit nach Hause - beachteten das Schaufenster und mich überhaupt nicht. Man hatte mir erzählt, dass Draco mich am Morgen ins St. Mungo's gebracht hatte. Er war komplett durcheinander gewesen und hatte jeden in seinem gewohnt befehlshaberischen Ton aufgefordert, mir auf der Stelle zu helfen. Er wollte die ganze Zeit nicht von meiner Seite weichen, bis er schließlich vom Arzt weggeschickt wurde mit der Begründung, dass sowohl ich als auch Draco selbst Ruhe benötigen würden. Ich war mir nicht sicher, was ich von dieser Erzählung halten sollte. War Draco tatsächlich um mich besorgt gewesen? Oder tat er nur so, um den Anschein eines guten Ehemannes zu wahren? Schwach konnte ich mich an sein Gesicht erinnern, das direkt vor meinem schwebte, kurz bevor ich ohnmächtig geworden sein musste. Nicht lange nachdem die Hexe in dem weinroten Umhang gegangen war, hatte sich die Tür erneut geöffnet und ein freundlicher Herr mit grau meliertem Haar war eingetreten. Er hatte sich mir als mein behandelnder Arzt vorgestellt und ruhig mit mir geredet. Er hatte mir den Grund meines Kreislaufzusammenbruchs verraten und damit ein bisschen von meiner Welt zerstört. Nun stand ich hier, wusste nicht, was ich mit den Neuigkeiten anfangen sollte und vor allem, wie ich es Draco beibringen sollte. Zu spät. Das hatte der Arzt gesagt. Ich apparierte in eine kleine Gasse ein paar Straßen von unserer Wohnung entfernt. Das letzte Stück wollte ich zu Fuß zurücklegen, damit ich meine Gedanken ein bisschen sortieren konnte. Die Nachmittagssonne wärmte mir das Gesicht, als wollte sie sagen, dass schon alle gut werden würde. Wie konnte an so einem Tag bloß die Sonne scheinen? Viel zu schnell war ich vor der Tür unseres Wohnhauses angekommen. Unsere Fenster setzten sich dunkel gegen die helle Fassade ab. Es war unmöglich zu sagen, ob Draco zu Hause war oder nicht. Langsam stieg ich die Treppen zur Wohnung hinauf, in der Hoffnung sie verlassen vorzufinden. Doch ich hatte kein Glück. Sofort nachdem ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, stürzte Draco in den Flur. "Astoria, Gott sei Dank", sagte er atemlos und begann in dem engen Gang hin und her zu laufen. Mal kam er auf mich zu, mal entfernte er sich wieder. Immer wieder fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht und durch die Haare. "Wie geht es dir? Warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du entlassen wirst? Ich hätte dich doch abgeholt. Geht es dir gut? Es tut mir so leid, was ich gesagt habe. Weißt du, während du im St. Mungo's warst, hatte ich Zeit nachzudenken. Als du heute Morgen zusammengebrochen bist, da wurde mir erst klar, wie viel du mir eigentlich bedeutest. Ich habe gelogen, als ich sagte, ich liebe dich nicht. Aber ich kann mit diesen Gefühlen nicht so viel anfangen. Ich habe so etwas noch nie gefühlt. Als ich dich so gesehen habe, da hatte ich Angst, dich zu verlieren. Im St. Mungo's war ich außer mir, ich habe jede Hexe und jeden Zauberer angefleht dir zu helfen. Wahrscheinlich darf ich mich nie wieder dort blicken lassen. Aber du sahst so krank aus und ich hatte Angst…" Draco sprach immer schneller und schneller, sodass mir irgendwann der Kopf schwirrte und ich gar nicht mehr verstand, was er eigentlich sagte. Als ich es nicht mehr aushielt, trat ich auf ihn zu, versperrte ihm den Weg, legte ihm erst die Hände auf die Brust und dann auf die Wangen und zwang ihn mich anzusehen. Seine grauen Augen bohrten sich in meine, und er schien sich etwas zu beruhigen. "Was ich sagen will", flüsterte er und atmete noch einmal tief durch. "Ich liebe dich, Astoria." Mein Herz setzte einen Schlag aus. Hatte ich mich gerade verhört? Hatte er wirklich gesagt, was ich dachte? Sein warmer Blick sprach dafür, auch seine Hände, die sich um meine Handgelenke gelegt hatten und sie festhielten. Konnte das wirklich wahr sein? Draco Malfoy, der immer betont hatte, dass er nichts fühlte, liebte mich? Vielleicht war doch noch nicht alles verloren. Konnte ich ihm jetzt sagen, was mit mir los war? Ich entschied mich kurzerhand für die Wahrheit, bevor ich es mir anders überlegen konnte. "Draco?", sagte ich leise. "Ja?" "Bevor ich aus dem St. Mungo's entlassen wurde, hat ein Arzt mit mir gesprochen", sprach ich weiter und Draco nickte, um mir zu zeigen, dass er zuhörte und ich weitermachen sollte. "Ich bitte dich inständig nicht auszuflippen, okay?" Er zögerte kurz. Doch ich sah ihn so flehentlich an, dass er schließlich noch einmal nickte. "Der Arzt sagt, man könne zu diesem Zeitpunkt nichts mehr ändern. Es wäre schon zu spät", fuhr ich fort. Panik blitzte in Dracos Augen auf. Ich nahm meine Hände von seinen Wangen und ließ meine Arme sinken. Draco folgte meiner Bewegung und hielt meine Hände fest in seinen. Er gab mir mehr Hoffnung, als er jemals ahnen könnte, und so entschloss ich mich, den letzten Schritt zu gehen und Draco über die Klippe mit mir in den Abgrund zu reißen. Ich lächelte ihn an. "Ich bin schwanger." 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