Arrangierte Liebe von R1kku ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Draco schon weg. Seine Decke lag zurückgeschlagen da, das Laken war kalt. Er musste also schon eine ganze Weile wach sein. Der Blick auf den Wecker verriet mir, dass es noch nicht ganz 7 Uhr war, also eigentlich dürfte er auch noch nicht auf dem Weg zur Arbeit sein. Ich gönnte mir noch ein paar Minuten zum wach werden, dann schälte ich mich aus dem Bett und schleppte mich zur Dusche. Eine halbe Stunde später kam ich einigermaßen vorzeigbar die Wendeltreppe hinunter. Im gleichen Moment ging die Wohnungstür auf und Draco kam herein mit zwei Kaffeebechern in der Hand. "Guten Morgen", sagte er. "Guten Morgen", gab ich erstaunt zurück. Peinlich berührt strich er sich über die Haare. "Ich konnte nicht schlafen, da habe ich einen Spaziergang gemacht und gedacht, ich bringe Kaffee zum Frühstück mit." Meine Schultern sackten einen Millimeter nach unten. Ich trank keinen Kaffee, immer nur Tee, auch in Dracos Anwesenheit. Ich wusste nicht, wie er auf die Idee kam, mir Kaffee mitzubringen. Hatte er mich in den letzten Wochen und Monaten gar nicht kennengelernt? Auf der anderen Seite fühlte ich mich natürlich geschmeichelt, dass er mir anscheinend etwas Gutes tun wollte. Und dass er allem Anschein nach mit mir frühstücken wollte. "Ähm… danke. Das ist… unerwartet", sagte ich und zog amüsiert die Augenbraue hoch. Ich hatte Draco bisher immer nur selbstsicher auftreten sehen. Seine jetzige Verlegenheit kam mir so unwirklich vor, dass ich ein Grinsen nicht unterdrücken konnte. "Du willst wirklich mit mir frühstücken?", fragte ich noch einmal nach. Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und gab nur ein unverständliches Brummen von sich, was ich als Zustimmung deutete. Um ihn nicht noch weiter aus der Fassung zu bringen, drehte ich mich um und lief vor ihm her in die Küche. Nachdem er seine Jacke abgelegt hatte, folgte er mir und setzte sich an die Theke. Mit einem Schwenken meines Zauberstabes sammelte ich alles zusammen, was ich für ein gutes Frühstück brauchte. Die Brötchen wanderten in den Ofen - Teller, Messer, Butter, Marmelade, Honig, Käse und Wurst schwebten auf die Theke. Ich blieb dahinter stehen, um zu warten, bis die Brötchen fertig waren. Mir war nicht klar, wie ich genügend Feingefühl aufbringen konnte, um Draco zu sagen, dass der Kaffee an mir verschwendet war. Während Draco immer mal an seinem Becher nippte, starrte er trübselig vor sich hin. Irgendwann gab der Ofen ein "Ping" von sich. Ich drehte mich um, schwang noch einmal den Zauberstab und die Brötchen sammelten sich in einem Korb und platzierten sich direkt vor Draco. Ich ging um die Theke herum, setzte mich auf den zweiten Hocker und drehte meinen Oberkörper zu Draco hin, damit ich ihn besser anschauen konnte. In all den Wochen, die wir jetzt schon verheiratet waren, war dies das erste Mal, dass wir zusammen frühstückten. Da Draco anscheinend nicht wusste, wo er anfangen sollte, schnappte ich mir ein Brötchen und begann es aufzuschneiden. Nach kurzem Zögern tat er es mir nach. Während ich meine Hälften süß belegte mit Honig und Marmelade, griff Draco zu den herzhaften Sachen. Eine Weile aßen wir schweigend vor uns hin, bis Draco letztendlich die Stille unterbrach. "Hör mal", begann er, "wegen gestern Nacht…" Ich spitzte die Ohren und biss vorsichtig von meinem Brötchen ab. Was würde jetzt wohl kommen? "Es tut mir leid", sagte er dann. Okay, das war unerwartet. Das, war wir letzte Nacht getan hatten, war für mich ziemlich gut gewesen. Daher war ich mir nicht sicher, wofür er sich entschuldigen müsste. "Was genau?", fragte ich daher. Er zögerte. "Was ich gesagt habe", antwortete er. "Dass ich dich nicht liebe. Das war… nicht der beste Zeitpunkt." "Naja", gab ich zurück. "Wann ist denn der beste Zeitpunkt, um jemandem zu sagen, dass man ihn oder sie nicht liebt?" Draco wollte gerade von seinem Brötchen abbeißen, ließ es bei meinen Worten allerdings wieder sinken. "So meinte ich das doch nicht", sagte er und biss nun doch ab. "Das alles hier tut mir leid. Ich habe es dir wirklich nicht leicht gemacht und du bist trotzdem immer noch hier. Das hast du nicht verdient." Eine Weile knabberten wir schweigend an unserem Frühstück. Seine Worte gaben mir zu denken. Er hatte natürlich vollkommen recht. Ich hatte es nicht leicht gehabt. Draco ist furchtbar zu mir gewesen, hat mich abgewiesen und mir die kalte Schulter gezeigt. Und trotzdem war ich noch da. Mit keiner Silbe hatte ich daran gedacht, ihn zu verlassen, zu meinen Eltern zurückzugehen oder mir eine eigene Wohnung zu suchen. Ich grübelte einen Moment über den Grund dafür nach, aber eigentlich war es ganz einfach: Ich wollte nicht aufgeben. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass das alles hier keinen Sinn hatte. Ein kleiner Teil von mir hatte immer noch Hoffnung. Hoffnung, dass Draco und ich funktionieren konnten. Hoffnung, dass er meine Gefühle irgendwann erwidern würde. Vielleicht sogar in nicht allzu ferner Zukunft. "Astoria?", hörte ich Draco sagen und sah abrupt auf. Anscheinend war ich so in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekommen hatte, dass Draco mit mir sprach. "Entschuldige, was?", fragte ich verwirrt. Er lächelte mich nachsichtig an. "Schon gut", sagte er. "War nicht so wichtig." Mit einem letzten Bissen aß er sein Brötchen auf und griff nach seinem Kaffeebecher. Doch plötzlich hielt er in seiner Bewegung inne. "Du hast noch gar nichts von deinem Kaffee getrunken", bemerkte er betont beiläufig. Oha. Jetzt hatte er es doch gemerkt. Ich hatte gehofft, dass ich den Kaffee unbemerkt an ihm vorbeischmuggeln und wegschütten konnte, wenn er nicht hinsah. Das hatte wohl nicht geklappt. Wie sollte ich ihm schonend beibringen, dass er mir keinen Gefallen getan hatte, obwohl er es ganz eindeutig wollte? Ich musste mir ein Herz fassen. Ich musste ehrlich zu ihm sein. Immerhin waren wir verheiratet und er hatte gefälligst zu wissen, was ich mochte und was nicht. "Ich trinke gar keinen Kaffee", antwortete ich also und blickte ihm direkt in die Augen. Stoisch schaute er zurück. Ein paar Sekunden sahen wir uns einfach nur stumm an, keiner von beiden wollte wegschauen. Doch schließlich seufzte Draco, blickte weg und ließ seine Schultern sinken. "Ich bin wohl der schlechteste Ehemann auf der Welt", sagte er niedergeschlagen. Das brachte mich wirklich zum Lachen, obwohl ich nicht wusste warum. Draco sah wirklich traurig aus und ich fühlte mich schlecht, aber ich konnte einfach nicht aufhören zu lachen. Zum Glück ließ Draco sich von mir anstecken, und sein Gesicht hellte sich merklich auf. Irgendwann lachten wir einfach gemeinsam, ohne überhaupt noch den Grund zu wissen. Ich glaube, in diesem Moment rastete endgültig etwas bei mir ein. Als wir uns langsam wieder beruhigten, trank Draco seinen Kaffee aus, schnappte sich dann meinen Becher und nahm ihn mit auf Arbeit. Mit einem Schwenk unserer Zauberstäbe war die Küche im Nu wieder aufgeräumt und sauber. Mit einem Lächeln im Gesicht machte ich mich dann selbst auf den Weg zum Tagespropheten. Ein paar Tage später saß ich abends mit einem Glas Weißwein im Wohnzimmer auf dem Sofa und starrte in den Kamin, den ich angezündet hatte, nachdem ich von Arbeit nach Hause gekommen war. Draußen war es stürmisch und regnete, typisches London-Wetter. Ich hatte einen harten Tag gehabt. Auf meinem Schreibtisch hatten sich die Artikel gehäuft, die ich für die nächste Ausgabe des Tagespropheten sortieren und auswählen musste. Zwischendurch kamen immer wieder Leute in mein Büro gestürmt, um mir noch Änderungen zuzurufen oder neue Themen zu besprechen. Um 17:00 Uhr war ich so gerädert, dass ich einfach meine Tasche und meine Jacke schnappte und meine Bürotür zuknallte. Als ich zu Hause ankam, lag die Wohnung dunkel da. Also entzündete ich den Kamin und machte es mir auf dem Sofa gemütlich. Als ich mir gerade das zweite Glas Wein einschenkte, hörte ich, wie die Wohnungstür auf und wieder zu ging. Langsam drehte ich mich in Richtung Flur, um meinen Wein nicht zu verschütten und sah Draco müde an. "Hey", sagte er und klang genauso fertig. "Hey", gab ich zurück. Er ließ seine Tasche und seine Jacke einfach fallen, holte sich ebenfalls ein Weinglas und setzte sich wortlos zu mir aufs Sofa. Er goss sich ein und lehnte sich zurück. Seine Haare waren zerzaust und nass und er hatte dunkle Schatten unter den Augen. Gemeinsam schauten wir ins Feuer und ließen das Knacken des Holzes unsere Nerven beruhigen. Ich hatte meine Füße angezogen, um es mir ein wenig bequemer zu machen. Dadurch berührten meine Knie fast die von Draco. Wahrscheinlich ohne es zu merken, legte er nach einer Weile eine Hand auf meinen Oberschenkel, was einen Schauer durch meinen Körper jagte. Doch Draco schien darauf überhaupt nicht zu reagieren. "Woran denkst du?", fragte Draco plötzlich, ohne den Blick vom Feuer abzuwenden. "Ich versuche gerade an gar nichts zu denken", antwortete ich. "Harten Tag gehabt?", fragte er weiter. Ich gab nur ein zustimmendes Brummen von mir. Ich wollte nicht mehr über diesen Tag nachdenken. Wenn ich es tat, würde ich den ganzen Abend nur mit dem Kopf schütteln können. "Was ist mit dir?", fragte ich stattdessen. Er nickte langsam. Ich rechnete nicht damit, dass er noch etwas sagte. Umso überraschter war ich, als er es doch tat. "Es ist anstrengend, die Fehler seiner Eltern ausbaden zu müssen", sagte er. Irritiert blickte ich ihn an. Ich wusste nicht, was er meinte oder was ich darauf antworten sollte, also gab ich ihm Zeit zu überlegen, ob er weiterreden wollte. Letztendlich wollte er. "Mein Vater war schon immer ein Anhänger des Dunklen Lords gewesen, schon vor meiner Geburt", erzählte Draco. "Ich bin in friedlichen Zeiten aufgewachsen, ich wusste nicht, was es bedeutete, ein Todesser zu sein. Doch als der Dunkle Lord zurückkehrte, versanken meine Eltern in ihrer Angst." Er machte eine kurze Pause und trank einen Schluck Wein, um sich zu sammeln. Seine Stimme klang belegt, obwohl er sich alle Mühe gab, sie so neutral wie möglich klingen zu lassen. "Sie mussten ihm natürlich wieder folgen, sie hatten gar keine andere Wahl. Aber dieses Mal haben sie mich mit hineingezogen, und das war das Letzte, was sie wollten. Nach der Schlacht von Hogwarts sind wir untergetaucht und erst Jahre später zurück nach England gekommen." Ohne es zu merken, war ich näher an Draco heran gerutscht und hatte ihm die Hand auf den Unterarm gelegt. Draco schien das nicht zu merken, aber mir gab es das Gefühl, dass ich ihn bei seiner Erzählung unterstützte. Jeder kannte die Beteiligung der Malfoys an diesen dunklen Tagen. Man hatte sie dafür verurteilt, doch durch die Anstrengungen, die sie nach ihrer Rückkehr unternommen hatten, um die Welt der Zauberer wieder aufzubauen, waren sie eigentlich rehabilitiert worden. "Dein Name sagt nichts darüber aus, wer du bist", sagte ich. "Ja… so einfach ist das leider nicht", gab er zurück. "Aber unsere Familien verstehen sich gut. Wir veranstalten Brunches zusammen", sagte ich und imitierte einen britischen Akzent, der die Queen hätte vor Neid erblassen lassen. Dabei legte ich mir die Hand auf das Herz, um die überkandidelten Damen der Gesellschaft nachzumachen. Draco lachte leicht auf. "Wen interessiert es, was die andere denken? Und außerdem hast du einen Job im Zaubereiministerium." "Einen Scheiß habe ich im Zaubereiministerium." Ich zuckte zusammen bei seinen harschen Worten und dem kalten Ton. Das amüsierte Lächeln war von seinen Lippen verschwunden. "Wie meinst du das?", hakte ich nach. "Ich bin der allerletzte in der Nahrungskette. Mein Boss nimmt mich nicht ernst, die ganze Abteilung macht sich über mich lustig. Ich muss alle Aufgaben übernehmen, auf die die anderen keine Lust haben, und ich habe keine Chance, mich in irgendeiner Weise zu wehren. Das einzige, was mir übrig bleibt, ist die Arbeit zähneknirschend zu erledigen und zu hoffen, dass ich irgendwann wechseln kann. Mein Name wird jeden Tag in den Schmutz gezogen, und ich kann nichts dagegen tun." Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt. Frust und Enttäuschung sprachen aus jedem einzelnen Wort und jeder einzelnen Geste. Es berührte mich, wie sehr er unter diesen ganzen Umständen litt und das machte mich unendlich traurig. Trotz der Wärme des Kamins war mir eiskalt und ich konnte ein kurzes Zittern nicht unterdrücken. Draco merkte das sofort und sah mich besorgt an. "Ist alles in Ordnung?", fragte er. Ich nickte nur. "Tut mir leid", sagte er. "Ich habe nicht gedacht, dass mich das so fertig macht. Ich wollte dir keine Angst machen." Ich schüttelte den Kopf. "Du machst mir keine Angst", antwortete ich. "Es… es tut weh, dich so zu sehen." Verwirrt schaute er mich an, als könnte er nicht glauben, dass ich mir Sorgen um ihn machte. Doch innerhalb von Sekunden wurden seine Augen wieder kalt. "Ich brauche dein Mitleid nicht", fauchte er und wollte von der Couch aufstehen. "Nein warte, hör mir zu", sagte ich, fasst seinen Oberarm und hielt ihn mit mehr Kraft zurück, als ich selbst von mir dachte. Draco schien genauso erstaunt zu sein und ließ sich zurück auf das Polster sinken. Ich versuchte mich zu sammeln und die Worte zu finden, die ich aussprechen wollte. "Ich habe kein Mitleid mit dir", sagte ich dann, "aber ich verstehe deinen Frust. Und ich möchte dir gern helfen, wenn du es zulässt." Draco zögerte. Mehrmals öffnete er seinen Mund, als ob er etwas sagen wollte, schloss ihn aber direkt wieder. Schließlich nickte er kurz. "Was schwebt dir vor?", fragte er. Ich entspannte mich ein wenig, trank meinen Wein aus und füllte mein Glas noch einmal auf. Die Flasche war inzwischen fast leer. Mit dem Weinglas in der Hand lehnte ich mich auf dem Sofa zurück. "Möchtest du denn überhaupt im Ministerium arbeiten?", frage ich. "Es gab nie eine andere Option", antwortete Draco. "Mein Vater hat schon immer im Ministerium gearbeitet, ich kenne nichts anderes." "Das beantwortet meine Frage nicht. Was willst du?" Wieder zögerte Draco. Ich konnte förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn ratterte. Natürlich kannte er nichts anderes. Aber war es wirklich das, was er wollte? Hatte er sich überhaupt jemals Gedanken über das gemacht, was ER wollte? Oder war es immer nur um seinen Familiennamen gegangen? Draco wandte den Blick von mir ab und starrte eine Weile ins Feuer. Ich ließ ihm die Zeit und beschäftigte mich mit meinem Wein. Vor ein paar Wochen hätte ich es nie für möglich gehalten, dass Draco und ich so nahe beieinander sitzen und reden könnten. Über die Zeit hatte sich so etwas wie eine Vertrautheit eingestellt, ohne dass wir es wirklich gemerkt hätten. Wir gingen anders miteinander um, als noch zu Anfang. Wahrscheinlich half auch der Wein ein ganzes Stück. "Was kann ich denn tun?", fragte Draco irgendwann leise. Ich schaute zu ihm, er blickte immer noch ins Feuer. Er hatte seine Unterarme auf seine Oberschenkel gestützt und drehte den Stiel seines Weinglases zwischen seinen Fingern. Er sah so verloren aus, dass ich einen kleinen Stich in meiner Brust fühlte. Doch ich musste mich daran erinnern, dass er kein Mitleid wollte. Er wollte vorankommen und nicht mehr zurückschauen. Ich musste mich zusammenreißen. "Es gibt einige Möglichkeiten", sagte ich. "Du kannst in deiner Abteilung bleiben und mit deinem Boss über andere Aufgaben sprechen. Du kannst innerhalb des Ministeriums in eine Abteilung wechseln, die dir mehr bietet. Oder du verlässt das Ministerium und machst etwas komplett anderes. Du kannst zum Tagespropheten kommen. Es kommt darauf an, was dich wirklich interessiert." Er ließ sich meine Worte eine Weile durch den Kopf gehen, dann sagte er: "Ich denke schon, dass ich im Ministerium bleiben möchte. Ich möchte eine tragende Rolle in der Zaubererwelt spielen. Ich möchte etwas verändern." "Okay, das ist doch schon mal eine Erkenntnis", sagte ich und musste lächeln. "Gut und wie stell ich das an?", fragte Draco, der nun ebenfalls etwas hoffnungsvoller wirkte. "Die Mitarbeiter des Ministeriums sind nach der Übernahme durch die Todesser komplett ausgetauscht worden. Wie soll ich an andere Abteilungen herantreten, wenn ich niemanden in den Leitungspositionen kenne?" "Du wirst es nicht für möglich halten, aber ich habe tatsächlich Kontakte", sagte ich grinsend. Nach der dritten Flasche Wein redeten Draco und ich immer noch. Draußen war es komplett dunkel geworden, und in der Wohnung brannte kein Licht. Nur das Kaminfeuer sorgte für eine dämmrige Atmosphäre. Mittlerweile zeigte der Alkohol seine Wirkung, und wir kicherten wie betrunkene Teenager. Ich hatte meine Beine auf seinem Schoß ausgestreckt. Seine Hand lag locker auf meinem Schienbein, mit der anderen hielt er sein Glas. "Nein, ich hatte nie etwas mit Pansy Parkinson", sagte Draco lachend und trank noch einen Schluck Wein. "Ich glaube dir kein Wort", gab ich grinsend zurück. "Ganz Slytherin hat darüber gesprochen." "Dann hatte ganz Slytherin keine Ahnung. Da war nie etwas." "Und ich war mir so sicher!" Wir kicherten schon wieder. Doch dieses Mal verebbten unsere Stimmen irgendwann. Schweigend saßen wir uns gegenüber und schauten uns an. Aber es war kein unangenehmes Schweigen. Ohne dass ich es kontrollieren konnte, wanderten meine Augen über seine Gesichtszüge. Er war wirklich wahnsinnig attraktiv. Sein seltenes Lächeln verstärkte dies nur noch. Obwohl seine Augen immer so kalt waren, schienen sie einem in die Seele zu blicken. Im Moment sah er ganz entspannt aus und hatte ein selbstsicheres Grinsen auf den Lippen, von denen ich wusste, wie gut sie küssen konnten. Sein Gesicht lag halb im Dunkeln und sah dadurch noch viel besser aus. "Was machst du?", fragte Draco und riss mich aus meinen Gedanken. Ertappt schaute ich zur Seite und gab mir alle Mühe nicht rot anzulaufen. Ich hoffte, die Dunkelheit in der Wohnung versteckte mein Gesicht. "Darf ich dich etwas fragen?", drang Dracos leise Stimme zu mir durch. Ich drehte meinen Kopf wieder zu ihm. "Natürlich", sagte ich verwundert. "Als deine Eltern dir gesagt haben, dass du mich heiraten sollst, was hast du da gedacht?" Okay, das hatte ich nicht erwartet. Ich versuchte mich an den Tag zurückzuerinnern, als meine Eltern mir die "frohe Botschaft" verkündeten. Was ging mir da durch den Kopf? "Ehrlich gesagt war ich zuerst ziemlich sauer", gab ich dann zu. "Ich habe immer gehofft, dass ich mal aus Liebe heiraten würde und mir meinen Mann würde aussuchen können. Aber meine Eltern bedeuten mir alles und ich wollte sie stolz machen. Daher habe ich eingewilligt, aber es war nicht unbedingt freiwillig." "Was hast du erwartet?" "Auf jeden Fall nicht das", sagte ich lachend. "Und trotzdem hast du mich geheiratet", sagte er leise. "Und ich würde es immer wieder tun", antwortete ich. Ein mutiges Geständnis, aber jedes Wort war wahr. Zu Anfang wusste ich nicht, worauf ich mich einlasse. Ich wollte meinen Eltern gefallen, die mir gar keine andere Wahl gelassen hatten. Draco war abweisend, kalt und mürrisch, doch irgendwie hatte ich es geschafft, dass das Eis zu tauen begann. Er war kein schlechter Mensch, und für seine Vergangenheit konnte er nichts. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, steckte auch unter seiner harten Schale ein weicher Kern. Er hatte ihn mir schon ein paar Mal gezeigt, auch wenn er darauf bedacht gewesen war, ihn schnell wieder zu verschließen. Jetzt saß er neben mir auf dem Sofa, in unserer gemeinsamen Wohnung, vor dem prasselnden Kamin. Und ich war mir noch nie so sicher, wie in diesem Moment, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Doch zum ersten Mal gab ich es wirklich zu. Er blickte mich mit seinen grauen Augen an, als suchte er etwas. Antworten vielleicht. Aber auf welche Fragen? Eine Gänsehaut jagte mir über den Körper, doch ich hielt seinem Blick stand. Draco legte seinen Arm auf die Lehne des Sofas hinter meinem Rücken und blickte mich an. Ich rutschte ein wenig herum, damit ich ihn ebenfalls direkt ansehen konnte. Seine Augen waren warm, was mich aus dem Konzept brachte, da ich das überhaupt nicht gewöhnt war. Normalerweise konnte man seine Abneigung förmlich greifen, doch heute schien diese vollständig verschwunden zu sein. Ganz langsam kam er mir immer näher. Ich konnte seinen Atem auf meinen Wangen spüren. Mein Blick wanderte von seinen Augen, über seine Nase und seine Wange bis hin zu seinem Mund. Meine Muskeln waren stocksteif, aber ich hatte auch überhaupt nicht das Bedürfnis, mich auch nur einen Zentimeter wegzubewegen. Dann küsste Draco mich endlich. Der Kuss war unglaublich zärtlich, nicht so wie die anderen Male, bei denen wir so viel Verlangen verspürt hatten, dass der Kuss damit endete, dass unsere Klamotten auf dem Boden landeten. Diesmal war es anders. Es war kein Verlangen darin, sondern Gefühl. Es war angenehm, nicht leidenschaftlich. Es war ankommen. Draco legte einen Arm um mich und zog mich näher zu sich heran. Den anderen ließ er auf der Lehne liegen, als würde er verhindern wollen, dass ich über das Sofa sprang und verschwand. Ich legte eine Hand an seine Brust und spürte seinen Herzschlag. Während mein Herz wild in meiner Brust pochte, schlug seins ganz ruhig und regelmäßig. Als würde er das jeden Tag tun, als würde es ihm überhaupt nichts ausmachen. Nach einer Weile löste Draco sich von mir, schaute mich mit glasigen Augen an und strich mir sacht über die Wange. "Ich würde wirklich gern schlafen gehen", flüsterte er. "Kommst du mit?" Alles, was ich zustande brachte, war ein Nicken. Und so entwirrten wir uns, Draco stand auf, nahm meine Hand, zog mich auf die Beine und hinter sich her ins Schlafzimmer. Mir war nicht entgangen, dass er auf mein verstecktes Geständnis nicht geantwortet hatte. Als wir im Dunkeln aneinander geschmiegt dalagen, tanzten die Gedanken durch meinen Kopf. Welche Gefühle hatte er für mich? Hatte er überhaupt welche? Bisher hatte er es immer dementiert. War es ein gutes Zeichen, dass er mich geküsst hatte, anstatt sich zurückzuziehen und sich vor mir zu verschließen? Irgendwann drangen die ruhigen und regelmäßigen Atemzüge von Draco zu mir durch. Mit seinem Arm hielt er mich ganz fest an sich gepresst, so als würde er untergehen, wenn er mich losließ. Ich lag noch eine ganze Weile wach und versuchte meine Gedanken zu ordnen, was mir kläglich misslang. Doch irgendwann driftete ich ab und schlief ein. Am nächsten Morgen war mir einfach nur schlecht. Pochende Kopfschmerzen machten sich breit und ich fühlte mich hundeelend. Es war noch dunkel, als ich mich aus dem Bett quälte, ins Badezimmer wankte und vor der Toilette in die Knie ging. Nachdem sich mein Magen einigermaßen beruhigt hatte, ließ ich mich neben das Klo fallen und lehnte meinen Rücken und meinen Hinterkopf an die kühlen Fliesen der Wand. Hätte ich nur nicht so viel Wein getrunken gestern Abend. Das würde mir eine Lehre sein. Ich zog die Knie an, schlang meine Arme um sie und wartete, dass es mir besser ging. In dieser Stellung fand Draco mich etwa eine halbe Stunde später. Verschlafen blickte er ins Badezimmer und versuchte, die Szene in sich aufzunehmen. "Was machst du da?", fragte er. Ich seufzte auf. "Ich habe es mir auf den kalten Fliesen gemütlich gemacht." Obwohl ich mich schwach und elend fühlte, konnte ich mir die bissige Bemerkung nicht verkneifen. Draco blinzelte immer noch verschlafen. Ich sah ihm an, dass sein Kopf noch nicht funktionstüchtig war. Ein wenig bereute ich, dass ich ihn so angefahren hatte. Er wischte sich mehrmals mit seinen Fingern über die Augen. Dann sagte er etwas, was ich aber nicht verstehen konnte. Ich sah, dass sich seine Lippen bewegten, doch die Worte kamen nicht bei mir an. Ich spürte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat, gleichzeitig war mir unglaublich kalt. Wahrscheinlich taten die Fliesen doch nicht so gut. Mein Blickfeld wurde immer kleiner und kleiner. Ich sah nur noch, wie Draco vor mir kniete und mich eindringlich ansah, bevor alles schwarz wurde. Als ich aufwachte, war ich erst einmal komplett desorientiert. Ich wusste nicht, wo ich war und was passiert war. Langsam sah ich mich um. Mir war immer noch schwindlig und ich wollte meinen Kopf nicht überanstrengen. Ich lag in einem hellen Zimmer mit weißen Wänden und gelben Vorhängen vor dem Fenster. Ich lag in dem einzigen Bett, und neben mir gab es einen Sessel sowie einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen. Zwei Türen am anderen Ende des Zimmers führten hinaus, wahrscheinlich führte eine davon in ein Badezimmer. So wie es aussah, war ich im Krankenhaus. Ich versuchte mich ein wenig aufzusetzen, was mir mein Körper mit einer erneuten Schwindelattacke dankte. Also ließ ich mich zurück in die Kissen fallen und atmete tief durch. In diesem Moment ging eine der Türen auf und eine Hexe in einem langen weinroten Umhang kam herein. Sie steuerte zielsicher auf mein Bett zu und begrüßte mich mit einem warmen Lächeln. "Wie geht es Ihnen, Liebes?", gurrte sie. Ihre Stimme war ruhig und vergleichsweise tief für eine Frau, was einen positiven Effekt auf mich hatte. "Mir ist schwindlig", antwortete ich wahrheitsgemäß. Sie nickte, schwang kurz ihren Zauberstab und sah mich abwartend an. Mein Kopf klärte sich und ich fühlte mich augenblicklich besser. Als ich nochmal versuchte mich aufzusetzen, sprang die Hexe zu mir, um mir zu helfen. "Haben Sie Schmerzen?", wollte sie dann wissen. Ich überlegte kurz und konzentrierte mich auf meinen Körper. Da ich nichts Bemerkbares spürte, schüttelte ich leicht den Kopf. Das schien meine Pflegerin zufrieden zu stellen. "Ich werde dem Arzt sagen, dass Sie wach sind, Liebes. Er wird mit Ihnen sprechen wollen. Danach können Sie sicher nach Hause", sagte sie und rauschte aus dem Zimmer hinaus. Als ich in die warme Nachmittagssonne trat, hatte sich der Eingang zum St. Mungo's schon hinter mir geschlossen. Das zugenagelte Schaufenster sah so trostlos aus wie eh und je. Die Muggel, die um diese Zeit unterwegs waren - wahrscheinlich gingen sie von der Arbeit nach Hause - beachteten das Schaufenster und mich überhaupt nicht. Man hatte mir erzählt, dass Draco mich am Morgen ins St. Mungo's gebracht hatte. Er war komplett durcheinander gewesen und hatte jeden in seinem gewohnt befehlshaberischen Ton aufgefordert, mir auf der Stelle zu helfen. Er wollte die ganze Zeit nicht von meiner Seite weichen, bis er schließlich vom Arzt weggeschickt wurde mit der Begründung, dass sowohl ich als auch Draco selbst Ruhe benötigen würden. Ich war mir nicht sicher, was ich von dieser Erzählung halten sollte. War Draco tatsächlich um mich besorgt gewesen? Oder tat er nur so, um den Anschein eines guten Ehemannes zu wahren? Schwach konnte ich mich an sein Gesicht erinnern, das direkt vor meinem schwebte, kurz bevor ich ohnmächtig geworden sein musste. Nicht lange nachdem die Hexe in dem weinroten Umhang gegangen war, hatte sich die Tür erneut geöffnet und ein freundlicher Herr mit grau meliertem Haar war eingetreten. Er hatte sich mir als mein behandelnder Arzt vorgestellt und ruhig mit mir geredet. Er hatte mir den Grund meines Kreislaufzusammenbruchs verraten und damit ein bisschen von meiner Welt zerstört. Nun stand ich hier, wusste nicht, was ich mit den Neuigkeiten anfangen sollte und vor allem, wie ich es Draco beibringen sollte. Zu spät. Das hatte der Arzt gesagt. Ich apparierte in eine kleine Gasse ein paar Straßen von unserer Wohnung entfernt. Das letzte Stück wollte ich zu Fuß zurücklegen, damit ich meine Gedanken ein bisschen sortieren konnte. Die Nachmittagssonne wärmte mir das Gesicht, als wollte sie sagen, dass schon alle gut werden würde. Wie konnte an so einem Tag bloß die Sonne scheinen? Viel zu schnell war ich vor der Tür unseres Wohnhauses angekommen. Unsere Fenster setzten sich dunkel gegen die helle Fassade ab. Es war unmöglich zu sagen, ob Draco zu Hause war oder nicht. Langsam stieg ich die Treppen zur Wohnung hinauf, in der Hoffnung sie verlassen vorzufinden. Doch ich hatte kein Glück. Sofort nachdem ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, stürzte Draco in den Flur. "Astoria, Gott sei Dank", sagte er atemlos und begann in dem engen Gang hin und her zu laufen. Mal kam er auf mich zu, mal entfernte er sich wieder. Immer wieder fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht und durch die Haare. "Wie geht es dir? Warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du entlassen wirst? Ich hätte dich doch abgeholt. Geht es dir gut? Es tut mir so leid, was ich gesagt habe. Weißt du, während du im St. Mungo's warst, hatte ich Zeit nachzudenken. Als du heute Morgen zusammengebrochen bist, da wurde mir erst klar, wie viel du mir eigentlich bedeutest. Ich habe gelogen, als ich sagte, ich liebe dich nicht. Aber ich kann mit diesen Gefühlen nicht so viel anfangen. Ich habe so etwas noch nie gefühlt. Als ich dich so gesehen habe, da hatte ich Angst, dich zu verlieren. Im St. Mungo's war ich außer mir, ich habe jede Hexe und jeden Zauberer angefleht dir zu helfen. Wahrscheinlich darf ich mich nie wieder dort blicken lassen. Aber du sahst so krank aus und ich hatte Angst…" Draco sprach immer schneller und schneller, sodass mir irgendwann der Kopf schwirrte und ich gar nicht mehr verstand, was er eigentlich sagte. Als ich es nicht mehr aushielt, trat ich auf ihn zu, versperrte ihm den Weg, legte ihm erst die Hände auf die Brust und dann auf die Wangen und zwang ihn mich anzusehen. Seine grauen Augen bohrten sich in meine, und er schien sich etwas zu beruhigen. "Was ich sagen will", flüsterte er und atmete noch einmal tief durch. "Ich liebe dich, Astoria." Mein Herz setzte einen Schlag aus. Hatte ich mich gerade verhört? Hatte er wirklich gesagt, was ich dachte? Sein warmer Blick sprach dafür, auch seine Hände, die sich um meine Handgelenke gelegt hatten und sie festhielten. Konnte das wirklich wahr sein? Draco Malfoy, der immer betont hatte, dass er nichts fühlte, liebte mich? Vielleicht war doch noch nicht alles verloren. Konnte ich ihm jetzt sagen, was mit mir los war? Ich entschied mich kurzerhand für die Wahrheit, bevor ich es mir anders überlegen konnte. "Draco?", sagte ich leise. "Ja?" "Bevor ich aus dem St. Mungo's entlassen wurde, hat ein Arzt mit mir gesprochen", sprach ich weiter und Draco nickte, um mir zu zeigen, dass er zuhörte und ich weitermachen sollte. "Ich bitte dich inständig nicht auszuflippen, okay?" Er zögerte kurz. Doch ich sah ihn so flehentlich an, dass er schließlich noch einmal nickte. "Der Arzt sagt, man könne zu diesem Zeitpunkt nichts mehr ändern. Es wäre schon zu spät", fuhr ich fort. Panik blitzte in Dracos Augen auf. Ich nahm meine Hände von seinen Wangen und ließ meine Arme sinken. Draco folgte meiner Bewegung und hielt meine Hände fest in seinen. Er gab mir mehr Hoffnung, als er jemals ahnen könnte, und so entschloss ich mich, den letzten Schritt zu gehen und Draco über die Klippe mit mir in den Abgrund zu reißen. Ich lächelte ihn an. "Ich bin schwanger." 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