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Arrangierte Liebe

von

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Kapitel 2

Eines Tages machte ich früher in der Redaktion Schluss, um auf dem Wochenmarkt in Whitechapel einkaufen zu gehen. Während ich nacheinander die Verkaufsstände begutachtete, entwickelte sich in meinem Kopf nach und nach ein Plan für den Abend. Ich kaufte frisches Fleisch, Gemüse und eine Flasche Rotwein, die mir der Händler empfahl, da ich selbst überhaupt keine Ahnung hatte.

Beladen mit Tüten kehrte ich nach Hause zurück und machte mich sofort an die Arbeit. Ich breitete mich in der Küche aus, wusch und schnitt das Gemüse und gab das Fleisch in die Pfanne. Ich hatte schon immer gern gekocht und ich konnte es auch gut. Es hatte etwas Beruhigendes, vor sich hin zu arbeiten, zuzuschauen, wie das Fleisch braun wurde und am Ende zu verzehren, was man selbst hergerichtet hatte.

Ich hatte Draco nie essen sehen. Wenn er nach Hause kam, schien er immer schon gegessen zu haben und morgens trank er nur einen Kaffee. Abends hatte ich mir immer Kleinigkeiten zubereitet, aber Draco hatte mir nie Gesellschaft geleistet. Mit dem Festmahl, das ich gerade kochte, würde sich das hoffentlich ändern.

Nachdem ich das Fleisch zum Warmhalten in den Ofen getan hatte, fing ich an den Tisch zu decken. Wir hatten einen wunderschönen Esstisch aus dunklem, leichtem Holz, den die hohen Fenster sehr romantisch in Szene setzten, da immer das richtige Licht auf den Tisch zu fallen schien. Doch wir hatten ihn in all den Wochen nie benutzt.

Als ich die Weingläser gefüllt und gerade die letzte Kerze angezündet hatte, hörte ich das Schlüsselklappern an der Tür. Mein Herz begann wieder, sich selbstständig zu machen und hüpfte mir fast bis zum Hals.

„Perfektes Timing“, rief ich in Richtung Flur, um meine Unsicherheit zu überspielen.

Langsam und mit einem unübersehbar skeptischen Blick betrat Draco die Küche und sah sich um. „Was soll das alles?“, fragte er mit seiner gewohnt kalten Stimme, doch ich versuchte, mich davon nicht einschüchtern zu lassen.

„Ich habe für uns gekocht“, antwortete ich.

„Das sehe ich“, gab er zurück. „Ich frage mich nur, warum.“

„Weil ich gut kochen kann, weil ich Lust hatte zu kochen und weil ich es begrüßen würde, wenn wir endlich anfangen würden miteinander zu reden, statt uns aus dem Weg zu gehen“, sagte ich.

Er machte nur „Hmm“, zuckte dann aber mit den Schultern und setzte sich. Ich spürte, wie mir ein riesiger Stein vom Herzen fiel. Ich eilte in die Küche, holte das Fleisch aus dem Ofen, servierte das Gemüse in kleinen Schüsseln und trug alles zum Esstisch. Draco hatte derweil den Wein probiert und schien ein wenig aufzutauen.

„Der ist gut. Wo hast du den her?“, fragte er.

„Vom Wochenmarkt“, antwortete ich. „Der Händler hat ihn empfohlen. Ich habe ehrlicherweise keine Ahnung von Weinen.“

„Hmm“, machte er wieder. Und damit war das Gespräch fürs erste beendet.

Ich verteilte das Essen auf unseren Tellern, setzte mich dann hin und wünschte einen guten Appetit. Ohne ein weiteres Wort griff Draco kräftig zu. Nachdem er seine erste Portion verschlungen hatte, griff er direkt zur zweiten, sodass ich mich fragte, ob er abends tatsächlich immer schon gegessen hatte oder ob er abends einfach nichts aß, um keine Zeit mit mir verbringen zu müssen. Auf der einen Seite tat mir der Gedanke weh, auf der anderen Seite freute ich mich, dass ihm das Essen augenscheinlich schmeckte.

Nachdem ich mit meiner Portion fertig war, nahm ich mein Weinglas, lehnte mich in meinem Stuhl zurück und beobachtete Draco. Er trug Anzüge auf Arbeit, die ihm wirklich gut standen. Der dunkle Stoff seines Jacketts hob seine weißblonden Haare hervor, die ihm teilweise in die Augen hingen. Durch seine Kiefer- und seine Wangenknochen war sein Gesicht sehr markant und seine grauen Augen wirkten so durchdringend, als ob sie einem in die Seele blicken konnten.

Als ich gerade einen Schluck Wein trank, der wirklich gut schmeckte, blickte Draco auf. „Was?“, fragte er, während er Gemüse auf seine Gabel lud.

„Nichts“, antwortete ich. „Ich versuche nur aus dir schlau zu werden.“

„Lass es lieber“, gab er zurück.

„Warum?“

„Weil es sinnlos ist.“

„Du meinst also, ich soll den Rest meines Lebens mit einem Mann verbringen, den ich nicht kenne und der mich nicht kennenlernen will?“, fragte ich spöttisch. Als er nicht antwortete, sondern stur auf seinen Teller schaute, fuhr ich fort: „Ich habe genauso freiwillig geheiratet wie du, okay? Unsere Eltern haben das arrangiert und du wurdest wahrscheinlich auch nicht gefragt. Aber ich versuche wenigstens zu erreichen, dass wir einen normalen Umgang miteinander haben können und wäre dir dankbar, wenn du dir auch ein bisschen Mühe geben würdest.“

Lange Zeit sah er mich an, ohne etwas zu sagen. Ich hielt seinem Blick stand, so gut ich konnte. Als ich schon fast wieder zum Sprechen ansetzen wollte, legte Draco sein Besteck ab, lehnte sich nach vorn und stützte seine Ellenbogen auf den Esstisch.

„Also gut“, setzte er an. „Du hast wohl ein Recht darauf, ein paar Dinge über denjenigen zu erfahren, mit dem du seit einigen Wochen zusammenlebst. Wobei ich denke, dass du dir einiges schon zusammengereimt hast.“ Fragend schaute er mich an.

„Na ja“, sagte ich und versuchte mich zu beruhigen, „ich weiß, aus welcher Familie du kommst. Ich habe dich mehrmals in Hogwarts gesehen, aber wir haben nie miteinander gesprochen. Ich weiß, dass du im Ministerium arbeitest, dass du nicht frühstückst, aber morgens Kaffee brauchst. Du schläfst immer auf der Seite, du duscht morgens und du trägst maßgeschneiderte Anzüge, die dir sehr gut stehen.“

Bei meiner letzten Bemerkung zog sich Dracos Mundwinkel ein wenig nach oben, doch die Bewegung war so schnell, dass ich nicht sicher war, ob ich sie mir nur eingebildet hatte.

„Ich frühstücke nicht, weil ich das morgens für Zeitverschwendung halte. Den Kaffee trinke ich nur aus Gewohnheit, wach macht er mich nicht. Dank meiner Familie habe ich im Ministerium nur einen kleinen, total nebensächlichen Posten wegen unserer Seitenwahl im letzten Krieg, doch ich muss wohl dankbar sein, dass ich überhaupt Arbeit habe. Mein Vater hat nämlich keine mehr. Um unseren Namen zu retten, wurde die Hochzeit mit dir vorgeschlagen, um unsere Familien zu vereinen und den Malfoys wieder eine Bedeutung zu geben.“ Er machte eine Pause, in der er tief durchatmete. „Und wenn du es unbedingt wissen willst“, fuhr er dann fort, „ich wurde gefragt, ob ich dich heiraten möchte. Und ich habe ja gesagt. In dem Punkt hattest du also Unrecht.“

Erst nachdem er geendet hatte, merkte ich, dass ich die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Jetzt atmete ich geräuschvoll aus und versuchte, seine Worte zu verarbeiten. Meine Gedanken überschlugen sich, und es half auch nicht, mit dem Kopf zu schütteln, um sie wieder in Ordnung zu bringen.

„Also haben wir geheiratet, um euren Namen reinzuwaschen“, stellte ich leise fest.

„Unter anderem“, antwortete er.

„Was bedeutet unter anderem?“, fragte ich.

Draco zögerte und ich hatte den Eindruck, dass er leicht rot anlief. „Der Name Malfoy muss weitergeführt werden“, sagte er dann.

Ich schnaubte. „So wie wir miteinander umgehen, wird das aber nichts“, gab ich grinsend zurück. Auch Draco konnte sich daraufhin ein Grinsen nicht verkneifen.

„Ich hätte auch gedacht, dass ich mit der Situation anders umgehen könnte, aber es ist nicht so leicht“, sagte er.

„Warum hast du nicht auf jemanden gewartet, in den du dich verliebst?“, fragte ich.

Ernst schaute er mich an. „Ich glaube nicht an die Liebe“, antwortete er. „Ich habe noch nie für jemanden Gefühle gehabt, die über Sympathie hinausgingen. So etwas scheint mir nicht im Blut zu liegen.“

„Und ich war dann nur die Erstbeste, die dir unterkam.“

„Nicht ganz.“

Das war alles, was er sagte. Auch auf meinen fragenden Blick reagierte er nicht, also schien das Thema für ihn beendet zu sein. Fürs Erste musste ich mich damit wohl zufrieden geben, wahrscheinlich sollte ich froh sein, dass er überhaupt mit mir redete. Trotzdem hörte mein Kopf nicht auf zu dröhnen. Er wurde gefragt, ob er mich heiraten wollte und er hatte zugestimmt. Ich fragte mich warum. Lag es wirklich nur an seinem Namen und seiner damit verbundenen Geschichte? Oder hatte er etwas in mir gesehen? Aber das sollte ich mich wahrscheinlich gar nicht fragen. Es war gefährlich, sich Hoffnungen auf irgendetwas zu machen.

„Jetzt bist du dran“, sagte Draco und riss mich damit aus meinen Gedanken. Verständnislos sah ich ihn an. „Erzähl mir etwas von dir“, fügte er hinzu.

„Was möchtest du denn wissen?“, fragte ich zurück.

„Erzähl mir von deiner Arbeit“, sagte er.

Also tat ich das. Ich erzählte, wie ich als Reporterin angefangen und mir einen Informantenkreis aufgebaut hatte. Ich erzählte, wie ich mich in die Redaktion hochgearbeitet hatte und ich erzählte von den letzten Tagen. Draco hörte aufmerksam zu und unterbrach mich nicht ein einziges Mal.

„Ich wusste nicht, dass du in deiner Arbeit so aufgehst“, sagte er, als ich geendet hatte. Mir war bewusst, dass ich von meiner Arbeit geschwärmt hatte und mir war richtig warm geworden. Draco war das auch aufgefallen, und ich nickte ihm zu. Trotzdem weißt du so einiges nicht über mich, ging es mir durch den Kopf.

Das Essen war mittlerweile kalt geworden. Ich stand auf, um das Geschirr abzuräumen und Fleisch und Gemüse kaltzustellen. Draco tat es mir gleich und half mir beim Aufräumen. Mit einem Schwenk meines Zauberstabes wanderte das dreckige Geschirr in den Abwasch und begann, sich selbst zu säubern. Über den Speisen breiteten sich Folien aus und alles zusammen wanderte in den Kühlschrank. Davon würden wir noch ein paar Abende essen können. Den Wein hatte ich absichtlich auf dem Tisch stehen lassen. Jetzt räumte ich ihn aber ins Wohnzimmer, entzündete den Kamin mit meinem Zauberstab, setzte mich auf die Couch und sah Draco auffordernd an, der unschlüssig im Esszimmer stehen geblieben war.

„Es hat keiner etwas von Kuscheln gesagt“, rief ich ihm grinsend zu, woraufhin er sich etwas widerwillig neben mich auf die Couch setzte.

Eine Weile starrten wir ins Feuer und nippten immer mal an unserem Wein. Irgendwie empfand ich es nicht als eine angenehme Stille, so wie es zwischen zwei vertrauten Personen sein sollte. Man musste sich in der Gesellschaft seines Partners doch wohlfühlen oder? Andererseits wusste ich auch nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht, ob es Draco genauso ging oder ob es ihm einfach egal war.

Als es mir zu viel wurde, setzte ich trotzdem zum Sprechen an. „Glaubst du, wir können jemals so miteinander leben, wie es Verheiratete tun sollten?“, fragte ich leise.

„Wie könnten wir das?“, gab er kalt zurück. „Wir lieben uns nicht, es wird nie eine normale Ehe werden.“

Obwohl ich nicht wusste warum, versetzte mir seine Aussage einen Stich ins Herz. Ich musste mich wirklich beherrschen, um meine Hand nicht an meine Brust zu legen. „Wieso gibst du die Hoffnung auf? Du weißt doch nicht, was sich noch entwickeln kann“, sagte ich gekränkt.

„Astoria“, sagte er aufgebracht und stand auf, „ich gebe dir einen gut gemeinten Rat. Verliebe dich nicht in mich. Das macht alles nur kompliziert.“ Daraufhin stellte er sein Weinglas ab und verschwand kopfschüttelnd die Treppe hinauf im Schlafzimmer.

Seufzend lehnte ich mich auf dem Sofa zurück. Was hatte ich jetzt falsch gemacht? Das Abendessen war doch gut gelaufen, also was hatte ihn wieder zurückgestoßen? War es meine Frage nach einem normalen Eheleben gewesen? Wie konnte ich auch so blöd sein und so etwas denken? Er hatte mir doch klar gemacht, was er von der Liebe hielt. Nichtsdestotrotz war er aufgetaut und hatte mir von sich erzählt, es hatte sogar so etwas wie Vertrauen zwischen uns geherrscht. Eines wurde mir in diesem Augenblick klar: Heute Abend war Dracos Herz einen ganz kleinen Spalt offen gewesen, doch nun hatte es sich wieder geschlossen. Und das tat mir mehr weh, als es sollte.
 

Fortsetzung folgt



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