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A Cats' Fishing Ground

von
Koautor:  Caracola

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18. Kapitel

Es war schon merkwürdig, am Morgen aufzuwachen, die eindeutige Entspannung im eigenen Körper zu spüren, die Zufriedenheit, die man nach einer solchen Nacht empfand und dann ganz genau zu wissen, wo man war und mit wem.

Viola war es schon des Öfteren passiert, dass sie das nicht auf Anhieb gewusst hatte. Ein Grund mehr, danach ins eigene Bett zu verschwinden, anstatt zu bleiben. Aber dieses Mal ... wusste sie auch schon so, welche Hand sie da umschlungen hielt, ohne auch nur die Augen zu öffnen.

Viola wusste, wessen Atem da über ihren Nacken streichelte, welche kühle Haut sich da an ihren nackten Rücken schmiegte und wem der Arm gehörte, der sie so sanft aber energisch festhielt.

Sofort erschien mit Zins Namen in ihren Gedanken ein glückliches Lächeln auf ihren Lippen, ehe sie in die Stille horchte und nur den Herzschlag neben sich und das Meer rauschen hören konnte.

Langsam und träge öffnete Viola ihre Augen. Der Sturm war vorbei und sanftes Sonnenlicht fiel durch die Ritzen der Fensterbalken.

Es war noch angenehm kühl im Raum und die Feuchtigkeit des Regens konnte man fast auf der Zunge schmecken.

Sie lockte Viola, und als eine der wenigen Arten von Nässe die sie mochte, konnte sie sich diesem Drang nicht entziehen.

Langsam, damit sie Zin nicht aufweckte, zog sie seinen Arm von sich und schlüpfte unter der Decke hervor, um auf nackten Sohlen um die Wäschehäufchen herumzuschleichen, direkt auf das Fenster zu.

Da das Haus alt, die Fenster dank eines Taifuns vor etlichen Jahren aber neu waren, war es Viola möglich, es leise zu öffnen. Dann klappte sie die Balken zur Seite und schloss genießerisch die Augen. Herrliches Sonnenlicht kitzelte ihre Haut, während sich der Morgendunst wie eine sanfte Liebkosung ebenfalls darauf legte.

Ja, diese Art von Feuchtigkeit mochte sie auf alle Fälle und so sehr sie Regen verabscheute, der Duft von nasser Walderde und Meersalz würde ihr immer das Gefühl von Heimat vermitteln.

Genießerisch reckte Viola ihre Glieder und konnte gar nicht mehr aufhören zu lächeln.

Mann, wenn es Glück zum Abfüllen in Gläsern gebe, hätte sie jetzt einen ganzen Vorrat für die nächsten paar Monate!
 

Dass die Lichtverhältnisse sich änderten und kühle Luft ins Zimmer floss, weckte ihn auf. Es war natürlicher Instinkt, gepaart mit einer lebenslangen Erfahrung. Wenn sich etwas änderte, sollte man auf der Hut sein. Und die Licht- und Temperaturverhältnisse waren nicht das Einzige, was anders war. Außerdem war da ... Ein Wohlfühlfaktor fehlte. Und das in dramatischen Ausmaßen! Zin gab ein Klicken des Unmuts von sich und öffnete dann die Augen, um sich umzusehen.

Er erkannte den Raum und wusste, wo er sich befand. Allerdings sah bei Tageslicht doch alles ein wenig anders aus. Wenn auch nicht weniger ... unordentlich.

Ein breites Lächeln schlich sich auf Zins Lippen und er stemmte sich umständlich in den Kissen hoch, so dass er seitlich fast aufrecht saß und Violas nackten Körper vor dem Fenster betrachten konnte.

„Gut, dass du keine Nachbarn hast ...“, meinte er mit noch leicht belegter Stimme und blinzelte ihr zu, als Viola sich umwandte.

„Ich müsste deine Blöße mit meinen Händen bedecken, weißt du.“ Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Aber das Opfer würde ich bringen. Für dich.“

Mit einem unterdrückten Stöhnen, da sein Rücken ihn am Morgen immer besonders herumkommandierte, stellte er seine Füße neben dem Bett auf den Boden, schob die Decke vollkommen beiseite und stand auf, um zu Viola hinüber zum Fenster zu gehen.

Zin legte seine Hände nicht an die Stellen, von denen er sehr wohl der Meinung war, dass kein Nachbar sie sehen sollte. Stattdessen nahm er ihr Gesicht und küsste sie sanft, aber innig, bevor er sie in die Arme nahm.

„Guten Morgen.“
 

„Hmm ... Dann ist es ja direkt schade, dass ich keine Nachbarn habe“, konterte Viola und machte einen Schritt auf Zin zu. Im Gegensatz zu ihr sah er unglaublich gut aus, wenn auch noch etwas verschlafen. Aber ihm standen wenigstens nicht die Haare in allen Richtungen ab. Nur war ihr das momentan auch ziemlich egal. Sie musste einfach diesen hinreißenden Mann küssen und sich an ihn schmiegen.

„Dir auch einen guten Morgen“, nuschelte sie gegen seine Lippen, ehe Viola seinen Mund wieder voll und ganz in Beschlag nahm.

Gott, von dem Kerl konnte sie einfach nicht genug kriegen!

Die Hände auf seinen festen Pobacken bewiesen das, genauso wie die Art, in der sie sich an ihn schmiegte.

Doch dann ließ sie doch mit einem Lächeln von seinen Lippen ab.
 

Über Violas Aussage schmunzelnd versuchte Zin sich nicht über die Tatsache zu wundern, dass sie einfach ihre Hände auf seinen Po legte und noch dazu so aussah, als würde sie das genießen. Es gab wirklich ... enorme Unterschiede, zwischen ihr und den Meerfrauen, die er gewohnt war. Allerdings ... hätte Zin sich an die Unterschiede durchaus gewöhnen können. Wie schon gesagt ... er würde Einiges an Opfern bringen. Vor allem, wenn sie dieser Art waren.

Daher war es eine zwar dumme, aber für ihn trotzdem logische Reaktion darauf, dass Viola sich zurückzuziehen begann. Zin hatte so schnell die Arme um sie geschlungen, dass er gar nicht so genau mitbekam, was er da eigentlich machte. Da hatte er sie schon hochgehoben, sie wieder mit geschlossenen Augen geküsst und sie anschließend wieder auf ihre Füße gestellt.

Sein Rücken brannte. Aber das war nicht der Grund, warum er etwas entschuldigend grinsend aus der Wäsche schaute. Herrgott, er verhielt sich ja wie eine junge, verknallte Flunder!

Zum Glück lenkte Viola ihn etwas von seinem Übermut ab, als sie fragte: „Lust auf Frühstück?“

„Ja, sehr gern. Frühstück klingt gut.“
 

Einen Moment lang, freute Viola sich über Zins spontane Reaktion, doch im nächsten Augenblick war da einfach nur noch Sorge, ob ihm sowas nicht zu viel war.

Eigentlich machte sie sich ständig Sorgen wegen Kleinigkeiten und sie fragte sich allmählich wirklich, ob das irgendwann aufhören würde, doch dann sah sie in Zins Gesicht und war sich mit einem Schlag sehr deutlich bewusst, dass das nicht der Fall war.

Dafür mochte sie ihn einfach zu gerne.

„Gut, dann mach dich mal auf ein üppiges Mahl gefasst. Ich bin nämlich verdammt hungrig.“ Und daran war Zin nicht ganz unbeteiligt.

Viola nahm seine Hand und führte ihn nackt wie Gott sie beide schuf die Treppe hinunter in die Wohnküche. Erst dort fischte sie sich ihren Morgenmantel von einer der Stuhllehnen und zog ihn sich über.

„Macht es dir was aus, die Balken zu öffnen, während ich uns was zubereite? Die Sonnenanbeterin in mir lechzt nämlich schon nach ihrer täglichen Dosis.“

Das tat sie immer. Besonders nach einer stürmischen Nacht. Wobei diese hier auch verdammt toll gewesen war.

Während Viola den Kühlschrank öffnete, um alles für das Frühstück herauszuholen, schenkte sie Zin noch einmal einen genüsslichen Seitenblick und ließ keinen Zentimeter seiner Haut aus.

Bevor ihr jedoch die Idee kommen konnte, dass sie zum Frühstück doch lieber Appetit auf etwas anderes als Eier und gebratenen Speck hatte, wandte sie ihren Blick von ihm ab.

Vielleicht später. Nun, wenn es nach ihr ging, konnte man das 'Vielleicht' sogar aus dem Gedanken wegstreichen.
 

Bevor Zin sich um die Fenster kümmerte, drehte er Viola seine Rückenansicht zu und tat das, zu was er schon den ganzen Weg aus ihrem Schlafzimmer hier hinunter das Bedürfnis gehabt hatte. Mit einer kurzen, bereits automatisierten Bewegung, verstaute er sein bestes Stück wieder in der dafür vorgesehenen Hautfalte, streckte sich anschließend einmal und beschloss sich erst einmal waschen zu gehen, nachdem er Violas Wunsch entsprochen hatte. Schließlich konnte er nicht so ... angeschmutzt mit ihr am Frühstückstisch sitzen.

„Weißt du ... eigentlich finde ich das faszinierend. Dass du in der Sonne liegen so gern hast und ich nicht unbedingt sehr gut beraten bin, das auch zu tun.“

Zin schob den ersten Riegel auf und öffnete die Fenster weit, sodass das erwünschte Sonnenlicht und die Morgenluft auch in diesen Raum fluten konnten. Der Duft eines vorbei gezogenen Gewitters hatte wirklich etwas Schönes an sich. Abenteuerlich, aber doch sicher ... Und das Meer, das noch immer aufgewühlt, aber schon wieder angenehm beruhigt war, schien mit einem Mal noch viel anziehender. Vor allem, wenn es heute richtig heiß wurde. Zin könnte ja ... Während Viola am Strand ihrer Sonnenlust frönte ...

„Ich werde nachher einmal meine Kiemen ausprobieren", meinte er gelassen, aber mit einer gewissen Vorfreude in der Stimme, die er nicht unterdrücken konnte.
 

Viola lächelte leicht, während sie eine große Pfanne auf den Herd stellte und sie warmlaufen ließ, ehe sie Fett dazugab.

„Nun, wir können es ja so machen. Ich liege für dich in der Sonne und du gehst für mich eine Runde schwimmen.“

Auch wenn sie sich etwas unsicher war, ob Zin sich bereits gut genug dafür fühlte. Doch das konnte nur er beantworten, weshalb sie nichts sagen würde.

„Ich bin ohnehin dafür, dass wir wieder einmal einen Blick unter deine Verbände werfen. Wer weiß, vielleicht kann ich dir heute schon die Fäden ziehen.“

Sie klopfte gekonnt mit einer Hand ein Ei nach dem anderen in die Pfanne, ehe sie noch einen Topf für die Milch aufstellte, um sie aufzuwärmen.

Danach verfrachtete sie noch eine Ladung Toast nach der anderen in den Toaster. Zum Glück war der Strom wieder da, und da ihre Stereoanlage dann automatisch auf Standby ging, wurden sie auch nicht davon gestört.

Ja, alles in allem war es ein wunderbarer Morgen.

Als sie den Speck fertig gebrutzelt hatte, war schon der Esstisch gedeckt und alles für das Frühstück vorbereitet. Fehlte eigentlich nur noch Zin, der nach einer Weile verschwunden war. Dafür hatte sich Flocke wieder einmal blickenlassen und verlangte lautstark nach Nahrung und Aufmerksamkeit.

Das Erste bekam sie sofort, das Zweite erst, nachdem Viola den Speck noch auf zwei Teller verteilt und an den Esstisch gebracht hatte. Danach nahm sie Flocke auf den Arm und streichelte sie einmal ausgiebig von oben bis unten durch.

Ihre Süße hatte das Unwetter wohl ebenso gut überstanden, wie sie selbst. Wenn auch sicherlich nicht ganz so ... genussvoll.
 

Frisch gewaschen kam Zin aus dem Bad, fischte auf dem Weg das Shirt auf, das er gestern getragen hatte, und hängte es in einer nebensächlichen Bewegung über die Lehne der Couch, bevor er mit einem begeisterten Lächeln in die duftende Luft schnupperte.

„Das riecht absolut lecker. Wieder Ei und ... Speck.“

Ohne groß darüber nachzudenken, ob es wohl eine der Damen erschrecken könnte, umarmte Zin Viola von hinten, küsste sie auf die Schulter und dann sanft auf den Hals, bevor er auf Flocke hinunter sah und auch ihr einen guten Morgen wünschte.

„Ich hoffe, du bist mir nicht böse, Flöckchen. Aber als mir Viola deinen Platz angeboten hat, konnte ich einfach nicht 'nein' sagen.“

Immer noch mit diesem gewissen Lächeln auf den Lippen zog er für Viola einen Stuhl heraus, ließ sie sich setzen und suchte sich dann seinen Platz, bevor er die Wasserflasche zur Hand nahm und ihr einschenkte.
 

Es knisterte durch ihren ganzen Körper und nicht nur an der Stelle, wo Zin sie am Hals küsste. Ein Gefühl, das sie beinahe dazu zwang, genussvoll die Augen zu schließen und einfach nur vor Wonne zu schnurren. Doch Viola konnte sich noch zusammenreißen und zeigte ihr Wohlbehagen in einem warmen Lächeln.

„Ach, sie ist eher böse auf mich, weil ich ihr ihren Platz streitig gemacht habe. Sie hat dich nämlich merkwürdig schnell in ihr Herz geschlossen. Ich glaube, du bist ein Katzenflüsterer.“

Das letzte Wort hatte sie mit einem ganz bestimmten Blick untermalt, der bedeutete, dass es hier nicht nur um Flocke ging. Auch sie war sehr von Zin angetan, vor allem über seine Manieren.

Gemütlich setzte sie sich auf den Stuhl, den er ihr anbot, nachdem sie Flocke auf den Boden gesetzt hatte, und zog ein Bein hoch an ihre Brust. Normal sitzen war etwas, das sie noch nie gerne getan hatte, wenn es nicht unbedingt sein musste.
 

„Um auf vorhin zurückzukommen. Ich denke schon, dass ich Glück haben könnte, was die Nähte angeht. Meine Selbstheilungskräfte sind besser, als die von Menschen. Nicht ganz so gut, wie bei euch Wandlern, aber das mit den Fäden dürfte hoffentlich schon gehen.“

Violas Augenbrauen verzogen sich überlegend. „Wir werden es nachher ja sehen. Ansonsten packe ich dich noch einmal ein wie eine Mumie.“

Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.

Zin schnupperte noch einmal an dem Essen, das so verführerisch auf seinem Teller duftete, und betrachtete dann doch noch eine Weile Violas Gesicht. Am liebsten hätte er sich ständig zu ihr hinüber gelehnt und sie geküsst. Einfach nur, damit dieser Zauber länger bestehen blieb. Dass sie nicht herausgerissen wurden oder sich die Situation einfach verflüchtigte. Wenn Zin dagegen etwas tun konnte, dann würde er es auch. Es sollte nicht einfach ... vergehen.

Genau aus diesem Grund legte er auch seine Hand an Violas Wange, lehnte sich zu ihr und küsste sie sanft mit geschlossenen Augen. Länger, als nur ein freundschaftlicher Kuss oder etwas, das alles Mögliche hätte bedeuten können. Denn das war es nicht. Dafür knisterte es viel zu sehr auf seinen Lippen.

Er lächelte viel zu zufrieden, selbst nachdem er sich wieder von ihr gelöst hatte.
 

Eigentlich hatte Viola vorgehabt, das Besteck zur Hand zu nehmen und zu essen, doch Zins Blick auf ihr ließ sie innehalten und zu ihm hinübersehen.

Als sie ihn gerade fragen wollte, ob sie etwas auf der Nase hätte oder sonst etwas Derartiges, das einen so intensiven Blick verdiente, beugte er sich einfach zu ihr hinüber und küsste sie noch mal. Doch dieses Mal nicht einfach flüchtig, sondern so zart und gefühlvoll, dass sie das Essen vollkommen vergaß und stattdessen einfach noch ein bisschen mehr Schmetterlinge in ihrem Bauch produzierte, in dem sie seinen Kuss mit gleicher Intensität erwiderte.

Als sie sich dieses Mal voneinander lösten, flatterte ihr Herz aufgeregt und ihr wurde etwas heiß.

„Wir sollten essen, bevor es kalt wird und ich nicht doch noch etwas anderes zum Frühstück vernasche.“

Sie schenkte Zin ein eindeutiges Lächeln und nahm dann vorsichtig einen Bissen von ihrem Speck, der genau richtig kross gebraten war, so wie sie ihn mochte. Trotzdem schweifte ihr Blick immer wieder zu dem Mann hinüber, der da mit ihr am Tisch saß und obwohl sie nichts sehen konnte, erweckte gerade der Anschein von seiner Nacktheit neue Lust in ihr.
 

Er mochte es sich nur einbilden, aber Zin glaubte trotzdem so etwas wie einen leicht rosa Schimmer auf Violas Wangen zu erkennen, als er sich wieder von ihr löste, sich aber nicht sofort wieder ganz zurücklehnte. Dafür war die Wärme ihrer Haut einfach viel zu verführerisch und ihr Duft viel zu anziehend. Wenn er ehrlich war, hätte Zin sich am liebsten direkt neben sie gesetzt oder Viola auf seinen Schoß gezogen. Aber da das dann bestimmt tatsächlich in etwas Anderem als Frühstück geendet hätte, ließ er es bleiben. Schließlich war es auch so schon schwierig genug, seine Augen auf seinen Teller zu richten und nicht ständig die schöne Frau am selben Tisch anzustarren.

„Sollen wir dann nachher deine Hängematte mit an den Strand nehmen?“

Während Zin genießerisch auf einem kleinen Stückchen Speck herumkaute, das so ansprechend zwischen den Zähnen knusperte, überlegte er sich, dass das wirklich eine gute Idee wäre. Er konnte sich vorstellen, eine Runde zu schwimmen, sich dann mit Viola im Halbschatten in die Hängematte zu legen und den Tag mit Kuscheln und Knutschen zu verbringen. Ja, das konnte er sich sogar sehr gut vorstellen. Und wenn er das tat, zeichnete sich ein versonnenes, aber freudiges Lächeln auf seinen Zügen ab, das Zin selbst gar nicht wirklich registrierte.
 

„Oh ja, auf alle Fälle!“, stimmte Viola begeistert zu und machte sich dann über eines ihrer gebratenen Eier her.

„Aber es wäre nett, wenn du mir nachher auch den Rücken mit Sonnencreme einschmieren könntest. Da komme ich selbst immer so schwer ran und danach seh ich an der Stelle nicht nur gut durch aus, sondern pelle auch noch wie blöde ab.“
 

„Natürlich. Mache ich doch mit Vergnügen.“ Sehr großem Vergnügen sogar. Jetzt, da sich ein paar Sachen geklärt hatten und Zin nicht mehr durch Violas wunderschönen Körper hindurch oder auf seine eigenen Finger starren musste. Nach der vergangenen Nacht würde sie es ihm hoffentlich nicht übel nehmen, wenn er ihre Kurven auch betrachtete, während er Sonnencreme auf ihr verteilte. Wenn er es richtig bedachte ... vermutlich hatte Viola damit gestern sogar weniger ein Problem gehabt, als er selbst.
 

Viola nahm eine Toastscheibe zur Hand und bestrich sie sich dick mit Butter, ehe sie einen winzigen Klecks Erdbeerkonfitüre darauf strich und herzhaft hineinbiss.

Oh Mann! Sie kam tatsächlich viel zu selten dazu, einmal ausgiebig zu frühstücken. Kein Wunder, wenn sie die meiste Zeit bis Mittag schlief, und die Gesellschaft war auch wirklich ganz und gar nicht zu verachten.

„Bekommst du eigentlich einen Sonnenbrand oder bist du dann eher schon kurz vorm Ausdörren, bevor man es dir ansieht?“
 

„Nein, ich bekomme keinen Sonnenbrand", antwortete er seinen Erfahrungen gemäß. Denn es war ja nicht so, dass die UV-Strahlung durch Wasser sonderlich gebremst wurde. Da hätte sich seine Familie eigentlich jedes Mal eincremen müssen, wenn sie in tropischen Gewässern, nah an der Oberfläche unterwegs waren. Dieses Bild ließ Zin leise schmunzeln.

„Aber austrocknen kann ich wohl schneller als jeder Mensch. Allerdings denke ich, dass es mir vorher schon viel zu unangenehm werden würde, wenn es heiß und sonnig ist. Das mag ich einfach nicht besonders.“

Halbschatten war da viel eher was für Zin.
 

Viola lächelte breit.

„Gut. Dann genieß du, was ich nicht mag und ich genieße, was du nicht magst und dann treffen wir uns irgendwo in der Mitte.“

Ein weiteres Mal biss sie herzhaft von ihrem Toast ab, während sich in Violas Gedanken schon der Tag entfaltete.

Es würde ein guter Tag werden. Da war sie sich sicher.

Mit Zin an ihrer Seite ... wie könnte er da nicht gut werden?
 

***
 

„Hmm. Ich weiß, ich hab es schon hundertmal gedacht, aber jetzt muss ich es einfach einmal aussprechen.“

Viola strich über Zins nackte Schultern, während sie seinen Rücken betrachtete.

„Ich bin verdammt froh, dass du kein Mensch bist.“

Und das war ein Kompliment, wie es nur nichtmenschliche Wesen wie sie beide es verstehen konnten.

Da ihre Freude darüber, dass sein Rücken schon sehr viel besser aussah und sie ihm tatsächlich die Fäden ziehen konnte, so groß war, hauchte Viola einen langen Kuss auf Zins Nacken und schmiegte einen Moment ihre Wange daran.

Danach griff sie zu der vorbereiteten Pinzette und der Schere, um jeden einzelnen Faden aus Zins Rücken zu entfernen.

Es waren viele Stiche gewesen, daher brauchte sie auch entsprechend lange, aber als sie schließlich fertig war, bestrich sie die ehemaligen Nähte dick mit ihrer Kräutersalbe und tastete dann Zins Kiemen entlang.

„Die Creme ist übrigens relativ Wasserfest. Sie dürfte also auch eine Weile halten und ich denke nicht, dass dich deswegen jemand anknabbern wird. Na ja, vielleicht Vegetarier.“

Sie lachte leise, ehe sie wieder ernst wurde.

„Wie sieht’s mit deinen Kiemen aus? Alles klar so weit? Sie sehen zumindest nicht mehr so schlimm aus, wie am Anfang.“

Aber um ehrlich zu sein, Viola wusste gar nicht, wie sie im Normalfall aussehen sollten. Dafür hatte sie zu wenig Erfahrung mit Fischwesen. An der Anatomie von normalen Fischen wollte sie sich da jedenfalls nicht so einfach halten.
 

„Das Kompliment kann ich zurückgeben", meinte Zin zu der Aussage mit dem nichtmenschlichen Wesen und freute sich über Violas warme Lippen und ihre Wange an seinem Nacken. Allerdings währte diese Berührung viel zu kurz, bevor sich seine Retterin mit großer Emsigkeit über seine Nähte hermachte. Was zwar im Ganzen positiv war, sich aber während der Prozedur leider nicht immer so anfühlte. Im Gegensatz zum Anfangsstadium seiner Verletzung allerdings ein Kinderspiel.

Als Viola die Creme auftrug, wurde es auch wieder angenehmer. Jetzt, wo sie nichts mehr davon in offene Wunden bringen konnte, war Zin sogar nah daran, die Streicheleinheiten zu genießen, bevor er schließlich einen Arm hob und an seiner Seite entlang spähte, um Violas Frage beantworten zu können.

„Ich kann es nicht richtig sehen. Warte ...“

Es fühlte sich richtiggehend seltsam an, sich ohne die Verbände zu bewegen. Zins Körper hatte sich anscheinend so schnell daran gewöhnt, dass ihm etwas zu fehlen schien, als er aufstand, sich vor dem Schrankspiegel umdrehte und über seine Schulter sah.

Ein Kloß bildete sich in Zins Hals, kaum dass er das Desaster auf seinem Rücken einigermaßen überblicken konnte. Heilige Scheiße und da sagte Viola, das sah schon sehr viel besser aus?

Vorsichtig, als könnte das rosa Fleisch, das sich in Fetzen, Kerben und frischen Narben über seine Seite und vor allem die rechte Seite seines Rückens zog, aufplatzen, hob Zin den Arm. Zuerst auf Schulterhöhe, dann weiter hinauf.

Die Narben spannten zusehends und Zin biss die Zähne zusammen. Ihm wurde heiß und sein Puls raste ihm bis in die Trommelfelle. Was, wenn seine Kiemen vollkommen hinüberwaren? So, wie das aussah ... sollte er wohl damit rechnen.

Ein bisschen wich ihm die Farbe aus dem Gesicht, als Zin es wagte, seine Kieferkiemen zu öffnen und etwas Luft anzusaugen. Es ergab ein leicht röchelndes Geräusch, aber ...

„Mit Luft ... funktioniert es.“

Verdammt. Ja, das schon, aber seine Kiemen hatten sich nicht einmal aufgestellt. Nur die im oberen Bereich seines Brustkorbs, recht nah am Schulterblatt, wo sich kaum Narbengewebe über die Öffnungen zog.

Scheiße. Jetzt erstmal keine Panik. Selbst wenn er nur auf einer Seite atmen konnte ...

Seine Stimme klang leicht belegt. „Ich werde es einfach ausprobieren.“
 

Am liebsten hätte Viola ihn gewarnt oder Zin ganz davon abgehalten, sich das Desaster auf seinem Rücken jetzt schon anzusehen. Andererseits hätte ihre Weigerung ihn nur noch misstrauischer gemacht und er sah jetzt schon ziemlich ... schockiert aus.

Natürlich hatte er seine Gesichtszüge ziemlich gut unter Kontrolle, aber ihrer Nase entgingen die anderen Details keinesfalls. Genauso wenig sein Pupillenreflex.

Es klang nicht sehr optimistisch, als er davon sprach, dass es zumindest schon einmal mit Luft funktionierte und sein zweiter Satz kam nicht einmal mehr richtig bei ihr durch.

Violas Herz krampfte sich bei seinem belegten Tonfall zusammen und sie stand auf. Sanft nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und drehte ihn vom Spiegel weg, bis er nur noch sie ansah.

„Gib ihnen Zeit, Zin. Wenn sich jemand einen Fuß bricht oder sonst irgendein schwerwiegender Eingriff in die Gesundheit stattfindet, brauchen sie alle Zeit. Dafür sind ja diese teuren Kuren und Rehabilitationszentren da.“

Viola hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen, ehe sie ihre Arme um seinen Nacken schlang und sich an ihn schmiegte.

„Du hast deinen Körper ganz schön beleidigt. Nimm es ihm also nicht übel, wenn er ein bisschen braucht, um wieder in den Normalzustand zurückzukehren. Außerdem hat er schon großartige Arbeit geleistet. Menschen bräuchten Monate, um sich so schnell zu erholen, wie du.“

Und es machte ihr ganz bestimmt nichts aus, sich noch ein bisschen länger um Zin zu kümmern. Ihn noch ein bisschen länger bei sich zu behalten, für ihn zu kochen, mit ihm zu lachen, ihn zu küssen und sich von ihm küssen zu lassen. Aber allen voran, machte es ihr ganz und gar nichts aus, wenn er ihre heilige Ruhe störte und sie mit seiner angenehmen Anwesenheit erfüllte.

Außerdem, selbst wenn er nie wieder ganz gesund werden würde, wäre sie – die Besitzerin einer einäugigen, dreibeinigen Katze mit zerfetztem Ohr – die Letzte, die ihn als Invaliden behandeln und ihm die dementsprechende Reaktion entgegen bringen würde. Nur weil einem etwas fehlte, hieß das nicht, das man nicht doch noch ganz war. Viel mehr wurde man dadurch stärker.

Flocke war schließlich nicht umsonst immer noch die beste Mäusefängerin in diesem Haus. Trotz ihrer Einschränkungen.

„Komm. Ich zieh mir noch schnell den Bikini an und dann entlassen wir deine Kiemen einmal wieder in die Freiheit. Luft ist doch für jemanden wie dich kein Ersatz. Da wäre ich auch schwer beleidigt.“

Noch einmal küsste Viola ihn aufmunternd und schenkte ihm ein zuversichtliches Lächeln, das nichts ins Wanken bringen würde.

Sie glaubte an Zin. Sie konnte gar nicht anders.
 

Nachdem Viola aus dem Gästezimmer verschwunden war, warf Zin einen letzten Blick in den Spiegel. Diesmal betrachtete er nicht seinen vernarbten Rücken, sondern starrte sich selbst in die metallgrauen Augen. Eine Weile stand er dort, versunken in den Anblick, der sich ihm vor wenigen Minuten geboten hatte. Seine Augen brannten, sein Hals zog sich zusammen und seine Hände ballten sich so fest zu Fäusten, dass seine Knöchel weiß hervortraten.

Viola hatte leider Unrecht.

„Nicht ich war es, der meinem Körper das angetan hat.“



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