A Cats' Fishing Ground von Darklover ================================================================================ Kapitel 5: 5. Kapitel --------------------- Irgendwann, als es für Viola nichts mehr zu tun gab, was derzeit wichtig gewesen wäre und sie interessiert hätte, sah sie wieder nach Zin. Fast wäre sie vor Schreck gestorben, als sie nur noch sein Bein aus der Wanne hängen sah, ganz so, als wäre er ertrunken. Der Anblick, der sich ihr dann beim Näherkommen bot, ließ ihr Herz sogar noch mehr rasen. Reglos lag der Fremde im leicht rosafarbenen Wasser. Die Augen geschlossen, jeder Muskel erschlafft, allein die Bewegung an seinem Kiefer zog ihre Aufmerksamkeit auf sich und Viola kam noch näher, um es sich anzusehen. Erst nach mehrmaligem Hinsehen erkannte sie, dass er auch hier Kiemen hatte. Allerdings waren sie sonst gut versteckt in so einer Art Hautlappen oder wohl einfach nur zugeklappt. Auf alle Fälle waren sie ihr bisher nicht aufgefallen, nun aber war es das einzige Zeichen an ihm, das sie langsam wieder zu beruhigen begann. Da es in ihrer Badewanne unmöglich eine Strömung gab, musste er es sein, der diese Bewegung verursachte, folglich war er nicht tot. Gott sei Dank. Für einen Moment hätte Viola nicht gewusst, was sie sonst getan hätte. Eine Weile beobachtete sie ihn noch beim Schlafen, als ihr Blick dann allerdings an ihm herab nach unten zu tendieren begann, drehte sie sich um und ging, um sich eine Beschäftigung zu suchen. Außerdem war es so verdammt still im Haus. Das war sie überhaupt nicht gewohnt, weshalb Viola letztendlich ihren iPod und das Kästchen mit ihren verschiedenfarbigen Nagellackfläschchen holte. Sie machte es sich auf dem geschlossenen Klodeckel bequem und begann sich zuerst um ihre Zehennägel zu kümmern, während leise Musik durch ihre Ohrstöpsel wummerte. Erst ablackieren, dann feilen, polieren, Watte dazwischen gestopft und schließlich trug sie silberfarbenen Nagellack auf, da der so schön glitzerte. Überhaupt liebte sie alles, was glitzerte und die Tätigkeit entspannte sie. Hin und wieder warf sie einen Blick zu Zins Bein hinüber, konzentrierte sich dann aber wieder auf ihre Schönheitspflege, die sie von ihren Sorgen um ihn ablenkte. Dazu sang sie leise zu der Musik in ihrem Ohr und wippte mit dem Kopf. Eigentlich ... war fast alles in Ordnung, wenn sie sich ganz fest anstrengte, doch dann wurde es Zeit für Zins Tabletten und ihre Ruhe war wieder vorüber. Mit den Tablettenschachteln und frischer Milch in der Hand kam sie schließlich zur Badewanne hinüber und sah etwas ratlos auf Zin herab. Wie weckte man jemanden, der unter Wasser schlief? Ein kurzes Schulterzucken. Vermutlich wie jeden anderen auch, also beugte sie sich über die Wanne, gerade so, dass ihre Haarspitzen nicht die Wasseroberfläche streiften und berührte Zins Wange. Sofort, als er auch nur eine Kräuselung der Wasseroberfläche bemerkte, wachte Zin auf. Ihm war das erste Mal auf Anhieb klar, wo er sich befand und dass er mindestens ein paar Stunden geschlafen haben musste. Als Finger seine Wange berührten, öffnete Zin langsam die Augen und er konnte durch sein geschlossenes drittes Lid, ein menschliches Schema über sich erkennen. Viola, wer sonst? Da Zin klar war, dass sie seine Sprache nicht verstand und er ihre nicht sprechen konnte, solange er unter Wasser war, zog er sein Bein wieder ins Wasser, drückte seine Füße gegen das Ende der Wanne und schob sich so weit hoch, dass sein Kopf auftauchte und er Viola schwach anlächeln konnte. „Hallo.“ Der Gesprächseinstieg war bestimmt bald abgeschmackt, wenn er noch länger in ihrem Haus blieb. Und sie die Einzige, die er zu Gesicht bekam. Aber was hätte er sonst sagen sollen? Es war das erste Mal, dass Zin sich vor Viola diese Gedanken machte. Dass er reflektierte, welches Bild sie sich wohl von ihm machte und ... wie übel er dabei wegkam. „Wie geht’s dir?“ Sein Lächeln wurde bei ihrem Gesichtsausdruck um Einiges breiter und Zin versuchte die Situation, die durchaus ins Peinliche abdriften konnte, durch einen weiteren Satz zu retten. „Das Wasser ist ... gut.“ Voll daneben. Zin beglückwünschte sich zu seiner außerordentlich charmanten, weltmännischen Wortwahl und versuchte dabei nicht allzu gequält auszusehen. Vielleicht half ihm diesmal Violas Hang zum Reden weiter. Er fragte sie tatsächlich, wie es ihr ging? „Ganz gut soweit. Vielleicht schon etwas zu heiß hier drin, aber ansonsten, ganz okay.“ Sie lächelte einen Moment, weil ihn das überhaupt interessiert hatte. Aber vermutlich war er da wie alle Männer. Er fragte der Höflichkeit halber, obwohl es ihn einen Scheiß interessierte. Sie würde es ihm nicht nachtragen. „Magst du es denn nicht, wenn es heiß ist?“ Zin legte den Kopf ein bisschen schräg, damit ein Schluck Wasser aus den Kiemen an seinem Hals laufen konnte. Und außerdem war er wirklich daran interessiert, ob Viola sich in diesem Klima wohlfühlte. Immerhin lebte sie hier, hatte einen festen Wohnsitz und Zin nahm an, dass das für sie als menschliche Frau etwas zu bedeuten hatte. Auch wenn er wusste, dass es auch bei ihnen die Einen und die Anderen gab. Manche mochten es, sesshaft zu sein. Für Wenige war es auch überhaupt nicht von Bedeutung. „Normalerweise wäre ich jetzt schon gar nicht mehr in dieser heißen Gegend, sondern unterwegs in Richtung Pol.“ Ja. Wäre da nicht ... Aufmunternd, um den Patienten zu motivieren, behielt Viola auch weiterhin das Lächeln im Gesicht, während sie sich mit überschlagenen Beinen auf den Wannenrand setzte. „Hier, ich hab dir wieder deine Folterinstrumente mitgebracht, aber wenn du jetzt Hunger hast, könnte ich dir schnell was machen. Vielleicht schmecken die dann nicht gar so übel.“ Sie hielt Zin die Tabletten hin, während sie über seine Frage nachdachte. „Ach, eigentlich liebe ich die Sonne, und wenn es schön warm ist“, gab Viola ehrlich zu, während sie Zin eine Tablette nach der anderen reichte und jedes Mal dazwischen das Glas mit der Milch. Dabei beobachtete sie seine Hand mit den Schwimmhäuten fasziniert, aber unauffällig und fragte sich insgeheim, was noch so alles anders an ihm war. „Allerdings bin ich dann meistens draußen, lass mich von der Sonne bescheinen oder döse im Schatten. Sehr angenehm ist es dann auch, wenn frischer Wind einen abkühlt. Aber hier im Haus ist es einfach nur heiß.“ Und es fehlten die frischen Umgebungsdüfte, die Geräusche, die aus dem Wald kamen, auch wenn man selbst hier noch schwach das Rauschen des Meeres hören konnte. Aber es war eben kein Ersatz dafür, draußen zu sein. Nur das würde sie Zin jetzt sicherlich nicht auf die Nase binden, weil er sonst auch noch ein schlechtes Gewissen davon bekam, dass er sie zwang, hier im Haus bei ihm zu bleiben. Dabei war das im Grunde kein Problem. Ihre Sorge und Neugierde hielt sie bei ihm. Das war alles. Kurz musterte sie noch einmal ihre lackierten Zehennägel. Sie sollte trotzdem ihre Flipflops vom Strand holen, bevor sie irgendwie verschwinden konnten. „Und bei dir? Irgendwelche Besserung in Sicht? Brauchst du vielleicht noch etwas? Hast du einen Wunsch?“ Vielleicht eine Badehose? Kaum, dass Zin wieder ansprechbar war, wollte Violas Verstand auch schon wieder mehr in ihm sehen, als einen Sorgenfall. Sein markantes Gesicht faszinierte sie ebenso sehr, wie der tiefe Ausdruck seiner Augen, und obwohl sie Krallen statt Schwimmhäute hatte, stieß sie das ganz und gar nicht ab. Nein, eigentlich fragte sie sich, wie sich die Teile wohl anfühlten. Weich und nachgiebig? Oder doch robust oder rau? Mal ganz von der absoluten Absonderlichkeit seiner Körpermitte abgesehen, zu der sie sich sogar ziemlich zwingen musste, nicht hinzublicken. Nicht nur, dass es extrem unhöflich und in seiner Situation mehr als unpassend war, es sollte sie auch nicht interessieren. Aber bei Gott, so neugierig war sie noch nicht mal bei einem Kerl gewesen, bei dem man schon von weitem Sehen konnte, was für ein Mordsteil er da hin der Hose herumtrug. Zudem kamen dann völlig unangebrachte Fragen, wie: Wie pinkelt er eigentlich? Sehen bei ihm alle Männer so aus? Wie sind dann wohl die Frauen gebaut? Gibt es überhaupt Frauen bei seiner Art? Wenn ja, wie soll man da Spaß beim Sex haben? Oder hatten da die Frauen die entsprechenden Teile? Bei dem Gedanken musste Viola gezwungenermaßen kurz grinsen. Nein. Das war einfach zu verrückt. Allerdings, wenn bei den Seepferdchen die Männer den Nachwuchs bekamen und manche Tiere sogar je nach Bedarf das Geschlecht wechseln konnten, warum eigentlich nicht? Mutternatur schien nichts unmöglich zu sein. Trotzdem fand sie ihre Gedanken mehr als albern, was wiederum darauf hinwies, dass sie sich mehr Sorgen machte, als sie sollte. Und sie war immer noch nervös ob Zins Zustandes. Wieder hatte Zin Glück und Viola lenkte ihn von seinen düsteren Gedanken mit einer weiteren Frage ab. Und er musste weder über die Formulierung noch die Antwort besonders lange nachdenken. „Ja, es geht besser. Mein Kopf ist freier. Vielleicht sind das schon die ... Tabletten?“ Er sah beim letzten Wort auf ihre Hand. Wenn er das falsche Wort benutzt hatte, würde sie ihn verbessern, da war Zin sich sicher. Und wenn es so war, würde er diesen Fehler nie wieder machen. So etwas merkte er sich. „Was den Rücken angeht ...“ Er sah, wie Violas Haltung sich änderte, kaum dass er das Thema ansprach und Zin wunderte sich, ob sie sich tatsächlich so viel Sorgen um ihn machte. Wenn ja, dann ... „Er ist auch besser.“ Zin machte sich lieber keine Gedanken darüber, warum er nur halb ehrlich zu Viola war, um nicht noch mehr Sorgenfalten auf ihrer Stirn und über ihrer süßen Nase sehen zu müssen. Stattdessen ging er auf ein anderes Thema ein, das sie nur am Rande gestreift hatte. „Würdest du denn auch etwas essen?“ Dass es ihm besser ging, freute sie, allerdings würde sie wohl erst wieder richtig aufatmen, wenn er auf eigenen Beinen stehen konnte und sein Rücken keinem blutigen Schlachtfeld mehr glich. Wenigstens hielten die Nähte. Eine Technik, die ihr Ben beigebracht hatte. Wenn er schon als Vater nichts taugte, als inoffizieller Arzt für ihre eigene Spezies war er immer zu gebrauchen. Zin holte sie aus ihren Gedanken zurück, woraufhin sie sofort wieder zu lächeln begann. Überhaupt lachte sie oft und gerne. Trübsal zu blasen, lag ihr gar nicht. „Klar. Ich habe sogar schon tierischen Hunger. Also wenn’s dir nichts ausmacht, mach’ ich uns schnell was und dann bin ich gleich wieder da.“ Sofort sprang Viola von der Wanne auf, drehte sich aber noch einmal um, um Zin ein Lächeln zu schenken. „Lauf mir ja nicht weg.“ Sie zwinkerte ihm zu und rauschte in die Küche. Schmunzelnd tat Zin nichts dergleichen, sondern blieb in der Wanne sitzen und sah sich im Raum um, während er auf Violas Rückkehr wartete. Sein Rücken spannte nur ein wenig, als er sich streckte, um eine der vielen halbvollen Flaschen auf dem Fensterbrett über ihm zu erreichen. Es war ein halb durchsichtiges Behältnis mit einem Bild darauf, das eine Frucht zeigte, die in eine milchige Flüssigkeit fiel. Zin hatte keine Idee, was das für Zeug sein könnte. Daher öffnete er den Deckel mit einem Klacken und roch vorsichtig an der Flasche. Er zog die Augenbrauen hoch. Das roch gar nicht nach Milch. Sondern nach ... einer Fruchtmischung mit ... etwas Fettigem. Er schloss den Deckel wieder und stellte die Flasche dann an ihren Platz zu den Anderen zurück. „Aromapflege“ hatte auf dem Aufkleber gestanden. Zin nahm sich vor, nachher noch einmal unauffällig an Viola zu schnuppern. Die Flaschen gehörten vielleicht alle ihr? Mochte sie ... solche falschen Früchte? Rührei war jetzt wirklich eine gute Idee. Allerdings würde Viola noch etwas Gemüse und Zwiebeln dazu mischen, damit das alles mehr Gewicht hatte. Vor sich hinsummend, um ihre gute Laune nicht zu verlieren, da Zin jetzt schon wacher auf sie gewirkt hatte, rührte sie Eier in einer Schüssel zusammen, schnippelte noch anständig Paprika, Zwiebeln und auch etwas Speck hinein und warf dann alles zum Braten in eine große Pfanne. Sie brauchte vielleicht fünfzehn Minuten dafür, ehe sie alles auf zwei tiefe Teller anrichtete und mit zwei Gabeln zurück ins Bad kam. Einen Sessel in der einen, die zwei Teller und das Besteck in der anderen Hand. Sie war ja schließlich nicht umsonst Kellnerin! „So, der Herr. Das Essen ist angerichtet.“ Ein ganz anderer Geruch schlug ihm entgegen, als er Viola auf den knarzenden Dielen des Flurs kommen hörte. Es ... duftete. Nach Salz und vielen verschiedenen, anderen Dingen. Jedenfalls nicht schlecht, wenn auch ziemlich unbekannt. Trotzdem erwartete Zin Viola mit einem Lächeln und musste sich zusammenreißen, sich nicht aus Reflex in der Wanne nach vorne zu lehnen, weil er ihr mit dem Stuhl oder den Tellern helfen wollte. Schon bei der kleinsten Bewegung machte sein Rücken ihm klar, dass er auf Gentleman-Gehabe leider gerade verzichten musste. So sehr ihn das auch ärgern mochte. Umso freundlicher lächelte er Viola an und setzte sich einigermaßen gerade im Wasser auf. „Vielen Dank. Das ist wirklich nett von dir.“ Er spähte auf die Sachen in Violas Hand und konnte sein Interesse nun wirklich nicht mehr verbergen. „Und das ist Rührei?“ Viola stellte ihm seinen Teller auf den Rand der Badewanne und gab ihm die Gabel. „Genau. Rührei mit Speck, Zwiebeln und Paprika.“ Sie pflanzte sich auf den Stuhl und stützte ihre Füße weiter unten am Rand der Badewanne ab. „Ich kann noch immer nicht fassen, dass du so etwas noch nie gegessen hast. Ich muss das ungefähr schon tausendmal gegessen haben. Was wiederum klar macht, wie wenig Zeit ich manchmal zum Kochen habe.“ Etwas nachdenklich stocherte sie in ihrem Ei herum, ehe sie sich ein Stück Speck herauspickte und in den Mund schob. Dann zuckte sie einfach mit den Schultern. Sie war eben oft beschäftigt. „Und dir ist es am Pol nicht zu kalt? Ich meine, da schwimmen doch Eisschollen und so herum, oder?“, begann sie zwanglos zu plaudern und auch um auf Zins Worte von vorhin einzugehen. „Hey, siehst du auch öfter Schwertwale? Also die schwarzen Wale mit dieser schönen weißen Zeichnung? Ich finde die total schön. Soweit ich gelesen habe, können sie aber auch ganz schön brutal sein. Aber das tut ihrer Schönheit ja keinen Abbruch.“ Gott, sie sollte nicht so viel quatschen, aber ... ihr fiel es auch schwer, einfach nur zu schweigen. Das Schweigen am Tisch mit ihrem Vater war ihr beim Essen immer mehr als verhasst gewesen. Klar hatten sie sich nichts mehr zu sagen gehabt, als ihre Mutter abgehauen war, aber trotzdem. Die Gabel nahm er noch voller Zuversicht in die Hand, aber als dann der Teller ungewöhnlich warm auf seinen gespreizten Fingern lag, sah Zin doch mit einer gehörigen Portion Skepsis auf sein Essen hinunter. Es roch gut. Aber es war gleichzeitig auch so ... warm. Dämpfe stiegen davon hoch und in seine Nase. Wenn er seinen Mund öffnete, konnte er das Essen schon auf seiner Zunge schmecken, bevor er es gekostet hatte. Das war ungewöhnlich und merkwürdig. Deshalb nahm er Violas Frage auch zum Anlass, das Probieren noch etwas zu verschieben. Selbst wenn ihn das Nachdenken über die Reise zum Pol an etwas Anderes erinnerte, mit dem er sich nicht beschäftigen wollte. Aber das Eine konnte er mit viel Mühe vom Zweiten trennen. Auch wenn es ihm dann schwerer fiel, Viola anzusehen, wenn er sprach. „Bis an das Eis kommen wir selten heran. Es geht nur darum, dass die Fischgründe hier während der heißen Jahreszeit ausdünnen. In kälteren Gewässern gibt es mehr zu essen.“ Als sie von den Schwertwalen mit einer kindlichen Begeisterung sprach, die Zin ein Kitzeln in die Mundwinkel jagte, sah er doch wieder auf und begegnete ihren schönen Augen. „Sie sind schön, da gebe ich dir Recht. Und sie können auch sehr sanft und freundlich sein. Das, was Menschen allgemein grausam nennen, hat mit ihrem Spieltrieb zu tun, den sie auch nicht verlieren, wenn sie auf Jagd sind.“ Er unterdrückte ein Schulterzucken, weil er Viola nicht beleidigen wollte. Einem ‚Killerwal‘ dabei zuzusehen, wie er mit einem Opfer spielte, war auch wirklich alles Andere als schön. Aber er tat es nicht aus grausamen Gründen. Dafür war sein Hirn gar nicht groß genug. „Ja, das stimmt schon“, gab Viola ihm recht. „Ist wohl auch wie bei Katzen. Wenn man denen zusieht, wie sie mit lebenden Mäusen umgehen, denkt man auch, sie seien grausam. Aber gerade das macht für sie doch den Reiz des Spiels aus. Es bewegt sich, es gibt Laute von sich und man kann es herumschubsen. Menschen machen noch sehr viel grausamere Dinge, als es Tiere überhaupt könnten.“ Es entstand eine kurze Pause, die Viola auch jetzt wieder gekonnt, mit einer weiteren Frage überbrückte. „Und, wie schmeckt es dir?“, wollte sie schließlich von ihm wissen, nachdem er sein Essen immer noch nicht angerührt hatte. Zin sah Viola überrascht an, bloß um seinen Teller erneut zu mustern und die Gabel fester zu fassen. Sie hatte es für ihn zubereitet. Da würde er es auch probieren. Selbst wenn es ... so ähnlich schmecken sollte, wie ihr Wasser. Vorsichtig, als könne er sich schon von Weitem daran die Zunge verbrennen, hielt er das Stückchen Rührei auf Abstand, pustete konzentriert und lange darauf und hielt es dann zuerst an die Lippen, um die Temperatur zu testen. Es war ... tatsächlich warm. Der winzige, warme Bissen landete in Zins Mund, lag auf seiner Zunge und entlockte ihm nach zurückhaltendem Kauen ein neutrales „Hm“. Viola versuchte nicht allzu neugierig zu schauen, während sie Zin dabei zusah, wie er erst lange ein Stück Ei anpustete, um es zu kühlen und dann nur zaghaft in den Mund nahm. Als dann nur ein einfaches „Hm“ kam, wusste sie nicht so recht, wie sie jetzt reagieren sollte. „Auf jeden Fall besser, als wenn du es gleich wieder ausgespuckt hättest. So schlimm kann es also doch nicht sein“, meinte sie scherzend und nahm selber noch einen großen Bissen. Sie war wirklich verdammt hungrig, schließlich hatte sie seit dem Morgen noch nichts gegessen. „Und du lebst tatsächlich die ganze Zeit im Meer? Ich meine, bevor du an meinen Strand gespült wurdest, hatte ich nicht den blassesten Schimmer, dass es so ... jemanden, wie dich gibt.“ Sie hätte beinahe 'so etwas' gesagt. Aber er war kein Es, sondern ein Er. Darauf legte sie bei ihrer eigenen Art auch immer wert. Nur weil sie keine banalen Menschen waren, hieß das noch lange nicht, dass sie weniger als das waren. Eigentlich waren sie sogar mehr. Beinahe wäre ihm das nächste, winzig kleine Stückchen Ei ins Wasser gefallen. „Nein, ich ... Es ist lecker.“ Wäre es vielleicht, wenn er sich mehr auf den Geschmack und weniger auf den ... Zustand des Essens konzentrieren würde. Er wollte Viola auch bestimmt nicht beleidigen. Deshalb sah er sich an, wie viel sie von dem Rührei auf ihre Gabel nahm und steckte sich dann in etwa die gleiche Menge in den Mund und kaute. Ja, tatsächlich. Das war lecker! Kauend lächelte er sein Gegenüber an und nickte sogar bekräftigend, bevor er hinunterschluckte und sich Gedanken darüber machte, wie detailliert er Violas Frage beantworten sollte. „Ich lebe die meiste Zeit im Wasser, ja. Nicht nur im Meer, sondern auch in Deltas, Flüssen und Seen, wenn sie groß genug sind, um neugierige Blicke zu vermeiden. Aber normalerweise bin ich nicht an Stränden oder noch weiter landeinwärts unterwegs. Dass ich an deinen Strand gespült wurde, war ...“ Er sah grübelnd auf seine Gabel hinab. Ja, was war es denn gewesen? Glück? Oder genau das Gegenteil davon? Zins Augen blickten auf und sein Blick legte sich auf Violas hübsches Gesicht. Der Ausdruck in seinem eigenen war traurig und doch ... war etwas dabei, das ihm noch neu und ziemlich unbegreiflich war. „Das Meer hatte wohl Mitleid mit mir.“ Viola hatte bereits den Mund geöffnet, um ihn noch einmal zu fragen, was denn passiert sei. Doch der Ausdruck in seinen Augen und die Tatsache, dass er ihr beim ersten Mal nicht geantwortet hatte, hielten sie zurück. Er erholte sich noch von den schweren körperlichen Verletzungen. Sie wusste nicht, wie tief seine seelischen waren. Statt der Frage, die sie hatte stellen wollen, nahm sie noch einen nachdenklichen Bissen von dem Ei und kaute ihn gründlicher, als es nötig war. „Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, meinte sie schließlich und sah wieder hoch, um ihre Worte zu erklären, da sie doch absolut nichtssagend waren. „Ich meine, dass ich ständig im Wasser sein müsste. Ich ... kann Wasser nicht ausstehen. Genauso wenig wie Regen. Alles ist dann nass und einfach igitt ... Nein, wäre ganz und gar nicht meine Welt. Aber ich habe ja auch keine Kiemen, Schwimmhäute und ...“ Sie dachte kurz an seine fehlenden Attribute. „... dieses dritte Augenlied.“ Das war zwar nicht das, was sie gemeint hatte, aber das konnte Zin ja nicht wissen. „Und dann auch noch die Sache mit dem immerkalten Essen. Hm ... Ich mag ab und zu was Warmes, obwohl ich Fisch total gerne habe. Davon könnte ich so viel essen, bis ich beinahe platze. Obwohl ich das natürlich vermutlich nicht sollte.“ Mit einem breiten Grinsen klopfte Viola auf ihr nicht vorhandenes Bäuchlein. Aber das kam schließlich auch nicht von irgendwoher. Nachdem er nun Geschmack daran gefunden hatte, stopfte Zin sich noch eine große Portion Ei in den Mund, schob das warme Paprikastückchen mit der Zunge hin und her und kaute dann mit Genuss, bevor er Viola durchdringend ansah. Sie konnte Wasser nicht ausstehen? Das schockierte ihn ein bisschen. Aber so locker, wie Viola diese Tatsache nahm, obwohl sie nur wenige Meter vom Wasser entfernt wohnte, schien sie damit zurechtzukommen. Auch wenn ihre Abscheu etwas war, das Zin wohl niemals würde verstehen können. Trotzdem hob er mit einem interessierten Blick seine eigene Hand, spreizte die Finger und warf dann ein Auge auf Violas kleine Gliedmaßen, die so elegant die Gabel hielten und auf ihren absolut flachen Bauch klopften. „Isst du den Fisch kalt und roh?“ Etwas wirklich Fragendes mischte sich in seine Stimme. Denn er hatte nur von sehr wenigen Menschen gehört, die große Mengen Fleisch oder Fisch roh zu sich nahmen. Das war sogar schädlich für ihr System, weil sie nicht so widerstandsfähig gegenüber Bakterien waren wie Zins eigene Art. „Nein, natürlich esse ich den Fisch nicht immer kalt und roh. Sushi ist zwar lecker, aber ich mag auch gebratenen Fisch, gekochten Fisch, überbackenen Fisch ... eigentlich alles, was man so mit Fisch machen kann.“ Und wenn Viola einmal wirklich rohen, blutigen Fisch aß, dann war sie auf vier Pfoten unterwegs und nicht auf zwei Beinen. Aber das würde sie Zin nicht auf die Nase binden. Er hatte seine Geheimnisse. Sie hatte die ihren. Wenigstens schien es ihm zu schmecken, so wie sich nun langsam sein Teller leerte, was gut war. So kam er sicher noch ein bisschen schneller zu Kräften. „Ich könnte dir aber Fisch besorgen, wenn du welchen willst. Ist zwar bestimmt nicht so fangfrisch, wie der den du gewohnt bist, aber ich finde ihn trotzdem lecker.“ Derzeit allerdings nicht. Sie war inzwischen pappsatt und stellte den Teller mit dem wenigen Rest, der noch darauf war, auf den Boden, ehe sie sich gemütlicher auf den Sessel setzte und mit ihm zu wippen anfing. „Hm. Dann muss ich noch Einiges probieren, wenn Fisch auf so viele Arten lecker zubereitet werden kann.“ Er lächelte Viola über seinen Teller hinweg an und beschloss sehr wohl, dass er die verschiedenen Varianten einmal kosten wollte. Allerdings würde er nicht von Viola verlangen, dass sie ihm diese Köstlichkeiten herankarrte. Immerhin fing sich ein Fisch nicht von selbst. Und sie machte sich schon genug Arbeit mit seiner Pflege. Schon allein, dass sie ihm Rührei gemacht hatte, war ein Umstand, der eigentlich hätte vermieden werden können. Er hätte auch ... Ach, irgendetwas hätte sich bestimmt gefunden, was er hätte essen können. Daher auch die eher ausweichende Antwort auf ihre nächste Frage. „Danke, aber mach dir bitte nicht so viel Aufwand meinetwegen. Ich ... komme auch gut ein paar Tage ohne Essen aus.“ Wenn das Wasser in der Wanne nachts noch mehr abkühlte, würden auch seine Körperfunktionen zurückgehen. Was bedeutete, dass er nicht so viel verbrauchte und anschließend nicht mehr viel Nahrung zu sich nehmen musste. Wohingegen er eigentlich viel mehr Kalorien brauchte, um seine Wunden zu heilen. Es wurde wirklich Zeit, dass er selbst zu seiner Erholung beitragen konnte und Viola etwas entlasteten. „Zin, du kannst mir nicht weißmachen, dass du mehrere Tage ohne Essen auskommst, ohne dass es dir etwas ausmacht“, widersprach sie ihm auch schon. „Ich meine, jeder kommt mehrere Tage ohne Essen aus. Aber das sind nur Notfälle und ich mache mir wirklich keine Umstände, wenn ich für mehrere Personen koche, also lass den Quatsch von wegen Umstände. Du bist hier. Punkt.“ Da er sich gerade bestimmt nicht in der Lage fühlte, mit Viola zu diskutieren, geschweige denn mit ihr zu streiten, schwieg er lieber dazu, was er konnte oder nicht. Er würde sehen, was kam. Aber in keinem Fall würde er etwas von ihr verlangen. Er hatte Wasser, er hatte etwas im Magen, er hatte Medizin. Eigentlich ... war das schon genug. Gerade als er etwas in diese Richtung sagen wollte, wurde er von einem Ton unterbrochen, auf den Viola sofort reagierte und auch in Zin verursachte es etwas, das wie Wiedererkennen wirkte. Bloß wusste er nicht, warum. War es nur das Gefühl noch ein weiteres Paar Augen - nein, ein weiteres Auge auf sich zu spüren? Ein leises Tappen aus dem Flur ließ sie hochsehen, und schon bevor sie sich ganz herumgedreht hatte, stand Flocke in der Tür und beobachtete die Szene eingehend, die sich ihr da im Badezimmer bot. Mit einem leisen „Miau“, das so viel hieß wie: „Hi Leute, was duftet hier so lecker?“ kam sie näher und beschnupperte Violas Teller. „Bedien dich ruhig, Süße. Ich bin satt.“ Viola lächelte und strich ihrer kleinen Schneekönigin einmal über den Rücken, danach sah sie zu Zin. „Darf ich vorstellen: Flocke, das ist Zin. Zin, das ist Flocke. Eigentlich Schneeflocke, aber das erklärt sich dann ja wohl von selbst.“ Wie immer, wenn sie ihre Katze vorstellte, beobachtet sie genau, wie das verstümmelte Kätzchen auf Fremde wirkte. Flocke selbst störte sich nicht an dem Gast, sondern fiel erst mal über den Rest der Rühreier her. Nachdem er vorgestellt worden war, schmunzelte Zin ein bisschen. „Ich glaube, sie kennt mich schon. Aber trotzdem ‚Guten Tag, Flocke‘.“ Ja, er erinnerte sich daran, wie er sich gefühlt hatte. Als hätte ihn in dem anderen Zimmer jemand oder etwas beobachtet. Das könnte dieses kleine Tier gewesen sein. Immer noch lächelnd betrachtete er das Tier mit dem langen, weißen Fell eine Weile und streckte sogar seine Hand aus dem Wasser, um sie neben der Wanne baumeln zu lassen. Vielleicht wollte Flocke daran schnuppern, um den Fremden endlich einschätzen zu können, der sich einfach so, ohne Anmeldung in den Palast geschlichen hatte? „Ich habe noch nie trockenes Fell berührt“, gab er leise zu und hoffte fast, dass Flocke ihm den Gefallen tun würde. Es sah aus, als wäre das weiße Haar wirklich weich. Er hatte noch nie trockenes Fell berührt? Selbst gespannt auf die Frage, ob Flocke überhaupt in seine Nähe ging, da sie normalerweise keine Männer mochte, wartete Viola ab, was ihre kleine Freundin tat. Tatsächlich aß diese erst zu Ende, schleckte sich dann ausgiebig das Mäulchen, ehe sie Zin mit schräg gelegtem Kopf beobachtete. Dann kam sie zögernd näher und schnupperte an seinen Fingern, ehe sie damit begann, sie abzulecken. Kein Wunder. Der Kerl roch aber auch so verdammt gut, wenn man seine frisch gewaschene Haut damit meinte und nicht das Blut oder die Entzündung von seinem Rücken. Für Viola duftete er ungefähr so, wie ein Fisch duftete. Nicht wie toter Fisch, sondern viel mehr wie der Geruch nach Meersalz, Frische und in ihrem Fall durchaus auch interessant, wie ein Mann, der stundenlang im Meer geschwommen war. Mmh ... Bevor sie allerdings ihre Katze, wegen deren Privilegien, beneiden konnte, rief sich Viola wieder zur Ordnung. Zin war kein Mann im herkömmlichen Sinne, auch wenn er durchaus so aussah. Und selbst wenn ihm nicht etwas Entscheidendes fehlen würde, trennten sie Welten. Wortwörtlich. Er war also nichts für sie. Zudem war er auch noch schwer verletzt. Als die Katze auf den runden Pfoten leise näher kam, sich an Violas Bein vorbei auf ihn zubewegte, hielt Zin unwillkürlich die Luft an. Und er entließ sie auch erst wieder aus seinen Lungen, als eine raue Zunge über seine Fingerspitzen leckte. Zin lächelte und wagte es nach einer Weile sogar, seine Hand zu bewegen und nach dem pelzigen Kopf von Flocke zu fassen. Allerdings war er anscheinend zu schnell zu mutig geworden. Flocke zog sich zurück, hüpfte ein paar Schritte davon und brachte sich hinter Viola in Sicherheit, bevor Zin auch nur den Eindruck ihres Fells hatte spüren können. „Schade. Ich bin wohl zu gruselig für sie.“ Er lehnte sich in der Wanne zurück, ließ sich vorsichtig wieder tiefer ins Wasser sinken und stellte den Teller auf dem Rand ab, bevor er kurz die Augen schloss und entspannt seine Kieferkiemen öffnete. „Ich würde gern noch eine Weile hier bleiben. Kann ich die Nacht über hier schlafen?“ Lieber fragte er nach, denn die Toilette stand auch in diesem Raum. Bevor er Viola in die Bredouille brachte, ging er auch auf die Matratze zurück. Bei Zins Worten musste Viola unwillkürlich lachen. „Nein, das Einzige für sie Gruselige an dir ist dein Y-Chromosom. Der Rest muss ihr allerdings gefallen haben. Ansonsten hättest du schon ihre Krallen zu spüren bekommen.“ Viola streichelte Flocke einmal über den Kopf, ehe sie vom Stuhl aufstand und die Teller einsammelte. „Es macht mir nichts aus, wenn du hier bleibst. Dir scheint es ja im Wasser besser zu gehen, da will ich dich nicht auf dem Trockenen sitzen lassen.“ Mit diesen Worten trug sie die Teller hinaus und spülte schnell das Geschirr ab, ehe sie alles Nötige aus dem Bad in einen Kulturbeutel räumte, um es nach oben ins WC zu bringen, wo auch ein großer Spiegel und ein kleines Waschbecken waren. Das würde ihren Zwecken vorerst genügen und Zin konnte in Ruhe schlafen, ohne dass sie ihn morgens um zwei weckte, weil sie Mal musste, oder das Bedürfnis hatte, sich die Beine zu enthaaren. War schließlich alles schon einmal vorgekommen. Als sie mit ihrem kleinen Umzug fertig war, stellte sie Zin noch alles für die Nacht bereit. Genügend Wasser und Milch, wenn er selbst daran dachte, die Tabletten einzunehmen. „Falls dir später kalt wird, ich heize noch den Ofen für den Boiler ein. Dann kannst du dir frühestens in einer halben Stunde heißes Wasser dazulassen.“ Noch einmal kontrollierte Viola, ob sie alles hatte, ehe sie Zin ein zufriedenes Lächeln schenkte. „Falls was ist, einfach rufen. Ich hab’ einen sehr leichten Schlaf, ich werde dich also auf alle Fälle hören. Dann ... gute Nacht und gute Besserung.“ „Gute Nacht.“ Zin wollte sich schon wieder bedanken, ließ es aber diesmal bleiben. Er befürchtete, dass Viola es irgendwann nur noch als leere Worte hinnehmen würde, wenn er sich für jeden Handgriff bedankte. Selbst wenn er das gern tat. Sobald Viola gegangen und er allein war, holte er sich das Handtuch, das halb im Wasser hing und schon ziemlich viel davon aufgesaugt hatte. Zin rollte es zusammen, so wie es Viola am Nachmittag getan hatte und steckte es sich in den Nacken. So wenig Sauerstoff, wie im Wasser war, sollte er nicht mehr komplett untertauchen. Das war erst wieder ratsam, wenn er Neues hinzu gelassen hatte. Ansonsten würde er nicht genügend Luft bekommen, um anständig zu schlafen. Aber das machte nichts. So, bis zum Kinn im Wasser, die Knie an die Seiten der Wanne gelehnt, war es auch ganz in Ordnung. Nur schade, dass er zu lang für die Wanne war. So konnte er nie wirklich ganz untertauchen und sich schwerelos fühlen. Zin gähnte herzhaft, faltete seine Arme über seinem Bauch und musste lächeln, als ihm auffiel, dass er immer noch das Rührei auf der Zunge schmecken konnte. *** Ein paar Stunden später – das konnte er deshalb sagen, weil es bereits dunkel war – wachte Zin auf. Ihm stand der Schweiß auf der Stirn, obwohl das Wasser inzwischen ziemlich stark abgekühlt war. Wäre nicht sein klopfendes Herz und der trockene Mund gewesen, hätte er an Fieber geglaubt. Aber er fühlte sich nicht auf diese Art und Weise schlecht ... Mit einem prüfenden Blick über den Wannenrand hinweg machte Zin sich endgültig klar, was passiert sein musste. Mist. Hoffentlich hatte er Viola nicht aufgeweckt. Wegen seines Problems sich in beengten Verhältnissen auf Dauer nicht entspannen zu können und wegen seiner ... Alpträume sollte sie sich keine Sorgen machen. Schon gar nicht sollte sie aus ihrem hoffentlich warmen und gemütlichen Bett aufstehen und im Dunkeln herunter kommen müssen. „Schlaf weiter ...“, murmelte Zin leise, bevor er mit seinen kalten Fingern nach der Mischbatterie an der Wanne tastete und den Hebel nach oben zog. Wieder schwappte Wasser über, als er vor dem wirklich heißen Wasser zur Seite zuckte. Ihm entkam ein kleiner Schmerzenslaut, als sein Rücken gegen das harte Material der Wanne drückte. Sofort brannte und brodelte es unangenehm an seinen Kiemen, was Zin aber mit zusammengebissenen Zähnen hinnahm. Trotzdem schaffte Zin es nach einer Weile des Herumprobierens, die Temperatur so einzustellen, dass er sich nicht verbrühte und es zusätzlich angenehm warm im Wasser wurde. Das ersetzte kalte Wasser gluckerte den Überfluss hinaus und schaffte es sogar, Zin ein kleines Lächeln zu entlocken. Dann noch ein bisschen von dem Salz dazu mischen und sich vorsichtig wieder hineinsinken lassen. Zur Sicherheit schluckte er auch noch eine Portion Pillen und versuchte dann wieder einzuschlafen. Ganz automatisch rutschte er dabei mit dem Kopf unter Wasser ... und rollte sich auf der Seite ein bisschen zusammen. Viola schlief ziemlich spät ein, weil sie wegen Zin nicht schlafen konnte und beschlossen hatte, einfach noch zu lesen. Sie sollte sich zwar wirklich keine Sorgen mehr um ihn machen, aber natürlich war das leichter gesagt, als gedacht. Natürlich machte sie sich Sorgen. Bis er nicht wieder ganz gesund war, würde sich das wohl auch nicht ändern. Schon seltsam, wie das so schnell so hatte kommen können. Als sie dann doch irgendwann über ihrem Buch eingeschlafen war, träumte sie nur blödsinnige Sachen von schwanzlosen Männern, die ihr den Hof machten, während all die gut bestückten Schätze dort draußen, sie nicht einmal mit dem Arsch ansahen, egal wie sehr sie sich bemühte, ihre Aufmerksamkeit zu erringen. Zum Glück fuhr sie irgendwann in der Nacht einmal hoch, so dass dieser Alptraum von ihr abfiel und sie kurz in die Dunkelheit lauschte. Sie konnte Zin hören, wie er sich Wasser nachließ, also würde ja wohl alles bei ihm in Ordnung sein. Eine Weile hörte sie ihm noch zu, ehe Viola sich in ihrem Bett herumwarf und erneut auf der Decke zusammenrollte. Kaum dass sie richtig zum Liegen kam, war sie auch schon wieder eingeschlafen. Dieses Mal träumte sie von Fischen. Stinknormalen Fischen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)