STAR TREK - AFTERMATH - 01 von ulimann644 (Eiskalt erwischt) ================================================================================ Kapitel 3: Unter Verdacht ------------------------- Der Flug in die Schweiz verlief zwischen den beiden so unterschiedlichen Kriminalermittlern schweigsamer, als ansonsten üblich. Erst wenige Minuten bevor Taner den Gleiter zur Landung in Chur ansetzen ließ, wandte sich die hagere Frau nachdenklich an ihren Kollegen: „Wie wird diese Vulkanierin wohl darauf reagieren, wenn wir sie mit dem Mord an ihrem Chef konfrontieren?“ „Emotionslos, würde ich vermuten.“ Kri´Styan Taner sah Henrike Xi Manski von der Seite an. Mit verändertem Tonfall meinte er: „Um nochmal auf diese Widerstände im Föderationsrat zu sprechen zu kommen, von denen ich erfahren habe. Meine Freundin wusste zu berichten, dass viele Mitglieder im Rat es lieber gesehen hätten, wenn alle Systeme nicht von privaten Firmen hergestellt würden, sondern ausschließlich von staatlichen Betrieben. Über Kurz oder Lang will man wohl auch erreichen, dass Geld ganz abgeschafft wird.“ Henrike Xi Manski machte ein etwas überraschtes Gesicht. „Soll das etwa heißen, dass ich mich zwar nach wie vor jeden verdammten Tag voll reinhängen soll, in meinem Job, aber dafür zukünftig nicht einmal mehr bezahlt werde? Sind die irre?“ „Ich vermute, die wissen selbst noch nicht genau wie das funktionieren soll“, spottete der Andorianer. „Vermutlich werden wir zwei das gar nicht mehr erleben.“ „Besser wär´s“, knurrte Henrike. „Denn ich werde garantiert nicht für Lau arbeiten.“ Für einen Moment blieb es still in der Gleiterkanzel, bis Henrike nachdenklich überlegte: „Verstehen kann ich den Rat allerdings, wenn ich daran denke, was vor dem Dritten Weltkrieg auf der Erde passierte. Damals hatten die Großkonzerne mehr Macht in sich vereinigt, als die Regierungen der Erde. Unser Planet wurde von Finanzmagnaten regiert und nicht mehr von demokratisch gewählten Regierungen, deren Abgeordnete zu der Zeit kaum noch mehr gewesen sind, als die Marionetten von Milliardären. Die Eugenischen Krieger hatten sich das seinerzeit zunutze gemacht. Nicht zuletzt waren es machthungrige Manager von Großkonzernen, wie AURIC-ENTERPRISE und einiger anderer, die den Augments in die verbrecherischen Hände spielten. Ohne sie wäre der rasche Aufstieg der Augments wohl nie in diesem Umfang machbar gewesen.“ „So war das also“, murmelte Taner. „Ich habe darüber bisher nur unzureichende Informationen gehabt. Offenbar versucht man auf der Erde, über dieses dunkle Kapitel nicht allzu viele Informationen öffentlich zu machen.“ „Viel Wissen über diese Zeit ging während des post-apokalyptischen Horrors wohl auch einfach nur verloren“, erklärte Henrike. „Aber einige meiner Vorfahren haben diese Zeit überlebt und ihr Wissen, zumindest innerhalb der Familie, weitergegeben. Mein Großvater warnte mich einmal davor, solchen Tendenzen so tatenlos zuzusehen, wie es die Generation seines Vaters und seines Großvaters getan hat.“ „Die hatten keine andorianischen Freunde an ihrer Seite“, erwiderte Taner ernsthaft. „Auf meine Hilfe kannst du immer zählen, wenn es um das neuerliche Verhindern einer solchen Katastrophe geht.“ Impulsiv legte die hagere Frau ihre Hand auf den Unterarm des Andorianers. Der kleine Zwist von vorhin war vergessen, als sie sagte: „Darauf verlasse ich mich, Dicker. Ach, noch etwas, was ich dich schon seit dem Start fragen wollte. Ist dir eigentlich dieser seltsame Ring aufgefallen, den der Tellarit trug? Obwohl der, wegen der Knubbelfinger des Tellariten, anders gearbeitet wurde, hatte er dasselbe Symbol, wie der von Tharan. Drei Sonnen und in der Mitte die Buchstaben T und S. Ziemlich auffälliges Ding.“ „Darauf habe ich nicht so geachtet, bei all den Leichen am Tatort“, gab der Andorianer zu. „Ich hielt das auch bisher nicht für wichtig. Aber ich verlasse mich auf deinen Instinkt, Henrike.“ In Henrike Xi Manski verursachte es ein gutes Gefühl, zu spüren, dass nicht das geringste Bisschen ihrer bereits Jahre andauernden Freundschaft verlorengegangen war. Denn tief in ihrem Innern mochte sie Kri´Styan sehr. So, wie auch er sie sehr mochte. Nicht zuletzt deshalb war sie bester Laune, als der Gleiter endlich aufsetzte. Als die schnittige Maschine sicher auf dem weiten Landefeld des Chalets stand, eröffnete Henrike ihrem Kollegen: „Bitte lass mich zuerst mit dieser T´Viran reden. Du behältst die Vulkanierin währenddessen scharf im Blick. Erst wenn ich dich nach deinem Befinden frage, dann übernimmst du es, die Unterhaltung zu führen. Ach und wundere dich nicht, wenn ich bei der Unterhaltung nicht ganz bei den Tatsachen bleibe.“ „Die Antennen des Andorianers richteten sich auf Henrike. „Ich verstehe. Du willst ihr eine Falle stellen. Aber wird sie hineintappen?“ „Probieren kann man es“, entgegnete die Frau leichthin. Sie stiegen aus und sahen sich um. Das Chalet lag etwa zweihundert Meter oberhalb des Ortes Chur. Zu beiden Seiten der unter ihnen liegenden Ortschaft konnte man bis weit in der Ferne die schneebedeckten Gipfel der beiden einschließenden Bergketten sehen. Henrike Xi Manski breitete ihre Arme aus. „Tolle Aussicht von hier oben, was?“ Bevor der Andorianer etwas darauf erwidern konnte, öffnete sich die verglaste Holztür des Chalet-Eingangs. Ein dunkel gekleideter Security-Offizier kam zu ihnen heraus und Henrike rief ihm entgegen: „Entschuldigen Sie unser unangemeldetes Erscheinen. Wir sind Kriminal-Ermittler aus Duisburg und wir würden gerne mit Frau T´Viran reden. Es handelt sich um eine Sache, die T´Viran beruflich betrifft. Bitte melden Sie uns an.“ Der kräftige Bedienstete blieb stehen und beobachtete die beiden Ermittler scharf. Dann aktivierte er ein Kom-Gerät am Kragen seiner dunklen Kombination und sprach leise mit jemandem im Innern des Hauses, wie Henrike vermutete. Nach einem Moment hellte sich die Miene des Mannes sichtlich auf und er bat Henrike Xi Manski und Kri´Styan Taner ins Haus, das einen recht betagten Eindruck auf die beiden Ermittler machte. Zweifellos war es aber in bestem Zustand. Über eine breite, nach unten führende, Holztreppe erreichten die beiden Ermittler den Haupt-Wohnraum, der gut und gerne einhundert Quadratmeter besaß. Was etwas mehr, als die halbe Bodenfläche des Chalets ausmachte. Eine hochgewachsene, schlanke Frauengestalt stand vor dem riesigen, kunstvoll unterteilten Panoramafenster, das zum Ort Chur zeigte und einen tollen Ausblick bot. Gegen das einfallende Licht konnte man die Frau vor dem Fenster im ersten Moment nur als Schemen erkennen. Erst nach einem Moment erkannten die beiden Ermittler deutlichere Details, nach der Adaption ihrer Augen. Als die beiden Ermittler sich dem Schreibtisch näherten, der vor dem Fenster stand, stellte Henrike Xi Manski fest, dass die Vulkanierin, gut und gerne, eine Handbreit höher gewachsen war, als sie. Die Kommissarin vermutete, dass ihr das deshalb sofort auffiel, weil es nur sehr selten vorkam, dass sie, zumindest in körperlicher Hinsicht, zu einer anderen Frau aufsehen musste. So, wie in diesem Fall. Die Vulkanierin, hinter dem Schreibtisch, trug eine dunkelblaue Robe, auf der sich goldene Symbole in der alten, verschnörkelten Schrift des Volkes von Vulkan abhoben. Die Polizistin hatte solche Symbole, während ihrer Zeit bei der Sternenflotte, bereits gesehen. Das Gesicht der hochgewachsenen Frau am Fenster wurde dabei von einer weiten Kapuze verdeckt. Erst, als die beiden Kommissare vor dem Schreibtisch stehen blieben, hob die Vulkanierin die Hände und zog den Stoff von ihrem Kopf. Dabei blinkte am Ringfinger ihrer linken Hand kurz in dem von draußen einfallenden Licht auf. Für einen kurzen Augenblick wechselte Henrike einen Blick mit Taner. Er wirkte in höchstem Maß warnend. Die Antennen des Andorianer richteten sich zur Bestätigung steil auf, bevor er wieder zu der gertenschlanken Vulkanierin sah. Wobei er kritisch überlegte, dass Gertenschlank momentan wohl gerade IN zu sein schien. Zumindest auf der Erde. Mit klarer und etwas dunkler Stimme fragte die Vulkanierin: „Ich muss Sie bitten, sich kurz zu fassen, da ich sehr viel zu tun habe. Wer also sind Sie und was wollen Sie hier?“ „Wir sind Ermittler der Mordkommission, von der Kriminalpolizei Duisburg“, eröffnete Henrike Xi Manski das Gespräch. Da die Vulkanierin ihnen keinen Platz angeboten hatte, blieb sie stehen, wie auch ihr Kollege und ihre unfreiwillige Gastgeberin. „Ich habe Sie davon zu unterrichten, dass ihr Chef heute Vormittag ermordet worden ist. Zusammen mit zehn weiteren, hochrangige Geschäftsleuten, der Waffen produzierenden Industrie. Einen Schwerverletzten haben wir in ein Medi-Zentrum der Polizei bringen und retten können. Wir hoffen darauf, durch ihn Klarheit darüber zu erlangen, was sich während der Zusammenkunft ereignete.“ Kri´Styan Taner achtete auf jede Bewegung der Vulkanierin. Dabei stellte er nebenbei fest, dass sie ihr Haar entgegen der klassischen Mode auf Vulkan lang trug. Er musste zugeben, dass ihr das ausgezeichnet stand. Wäre da nur nicht die vollkommen emotionslose Miene gewesen, die sie zur Schau trug. Mit einer ruhigen, beherrscht wirkenden Geste schob T´Viran eine Haarsträhne hinter ihr linkes Ohr. Dabei erwiderte sie, gleichgültig klingend: „Das ist tragisch. Haben Sie bereits Spuren gefunden die etwas zum Tathergang aussagen?“ Etwas enttäuscht darüber, dass die T´Viran, bei der Anzahl der Opfer und der Erwähnung eines Überlebenden nicht die geringste Reaktion gezeigt hatte, gab Henrike zurück: „Das kann man nicht sagen. Aber wir haben den Überlebenden. Er befindet sich an einem sicheren Ort, der nur wenigen Männern und Frauen der Polizei bekannt ist.“ T´Viran verschränkte die Finger ihrer gepflegten Hände vor dem Leib und erkundigte sich: „Sie sind also sicher, dass der Überlebende bald aussagen wird? Wenn dem so sein sollte, dann bitte ich Sie, mich umgehend zu informieren. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte, denn was Sie mir eben eröffnet haben grenzt meine Zeit noch mehr ein. Ich werde den Rest des Tages ganz sicher in meinem Büro in Chur verbringen müssen. Denn de facto führe ich jetzt THARAN-INDUSTRIES. Zumindest für eine gewisse Übergangszeit.“ Kri´Styan Taner wurmte es etwas, dass die Vulkanierin ihren Besuch hier so rasch abgewürgt hatte. Somit war er selbst nicht zum Einsatz gekommen. Noch während sich die Antennen von Taner leicht nach Innen bogen, umfasste die rechte Hand seiner Kollegin sein linkes Handgelenk und drückte zu. Dabei hörte er Henrike sagen: „Natürlich haben wir dafür Verständnis, Frau T´Viran. Wir verabschieden uns.“ Henrike zerrte kurz am Handgelenk des Andorianers, bevor sie los ließ und zur Treppe schritt. Kri´Styan Taner folgte ihr, wobei er das Gefühl nicht loswurde, vollkommen umsonst hergekommen zu sein. * * * Erst im Gleiter sitzend, ergriff Henrike Xi Manski wieder das Wort, während Taner die Aggregate der Maschine hochfuhr. „Mir sind zwei Dinge aufgefallen, bei diesem Gespräch. Und was ist mit dir, Dicker?“ „Sie trägt ihr Haar lang, was ziemlich aufregend aussieht.“ Damit wären es drei Dinge“, spottete die Hauptkommissarin. „Nun, zuerst einmal war da der Ring, den sie am Ringfinger der Linken trägt. Einerseits habe ich noch nie einen Vulkanier oder eine Vulkanierin mit Schmuck gesehen und andererseits könnte ich schwören, für einen kurzen Moment dasselbe Symbol erkannt zu haben, wie ich es bei den Ringen von Tharan und diesem Tellariten gesehen habe.“ „Und sie ist eitel“, ergänzte Taner, zur Überraschung seiner Kollegin und grinste, beinahe jungenhaft. „Mir fiel das auf, als sie sich in Gedanken mit der Hand über das Haar strich. Ich hatte es bereits mit Vulkaniern zu tun und darum weiß ich eins ganz sicher. Keiner aus diesem Volk ist eitel. Das passt nicht zu ihrem grundsätzlichen Wesen.“ Henrike Xi Manski beobachtete Taner dabei, wie er den Gleiter vom Boden abheben ließ und ihn in Richtung Chur steuerte. Dabei meinte sie. „Na, sieh mal an. Du bist also doch zu was zu gebrauchen. Was also schließt du nun daraus, und was tun wir als Nächstes?“ Der Andorianer machte ein etwas ratloses Gesicht. „Ich weiß es nicht.“ „Zum Glück weiß ich es“, schmunzelte die Frau. „Wir werden diese Frau beobachten und sehen, ob sie wirklich den ganzen Tag in ihrem Büro hocken wird.“ „Du willst sie beschatten? Ohne Genehmigung?“ Die Frau lachte spitzbübisch. „Aber wer redet denn von beschatten, Dicker. Wir sehen uns nur mal ganz allgemein in der Nähe des Bürogebäudes um. Und sollte uns dabei diese T´Viran über den Weg laufen, so ist das natürlich reiner Zufall. Also los.“ „Ob der Chef das wohl auch so sehen wird?“ „Er muss es nicht erfahren“, erwiderte Henrike gedehnt. Seufzend gab Taner das Ziel ihres Fluges in das automatische Navigationssystem des Gleiters ein. Währenddessen erklärte Henrike verschwörerisch: „Hör zu, du besorgst uns zwei Zimmer in einem nahegelegenen Hotel, während ich das Bürogebäude im Auge behalte. Außerdem könntest du dich im Ort umsehen und mal herausfinden, welche Bankverbindungen THARAN-INDUSTRIES in Chur nutzt. Um 20:00 Uhr löst du mich ab.“ Der Andorianer machte eine zustimmende Geste, obwohl ihm nichts Gutes schwante. Düster meinte er: „Das nimmt bestimmt kein gutes Ende.“ * * * Nachdem Kri´Styan Taner den Gleiter an einem Platz gelandet hatte, von dem aus man den Eingang der THARAN-INDUSTRIES Handelsniederlassung sehr gut einsehen konnte, und er sich von ihr verabschiedet hatte, stellte Henrike Xi Manski einmal mehr fest, dass polizeiliche Überwachungen zu 98 Prozent aus purer Langeweile bestanden. Kurz nach ihrem Eintreffen hier war der Privatgleiter von T´Viran auf dem Firmenlandeplatz niedergegangen. Rasch war die Vulkanierin in dem Gebäude verschwunden und seitdem nicht wieder aufgetaucht. Das war vor geschlagenen sieben Stunden gewesen. In den letzten Stunden hatte sie über die Begegnung mit T´Viran nachgedacht. Diese Vulkanierin passte so gar nicht in das Schema für diese Spezies. Außerdem hatte sie die Datenbank aufgerufen und sich vom Bordcomputer die Geschichte der Firma vorlesen lassen. Doch das hatte für keinerlei bahnbrechende Erkenntnisse gesorgt. Danach hatte sie versucht, das Symbol des Rings zu entschlüsseln. Auch hier hatte sich zuerst ein Misserfolg abgezeichnet. Doch dann hatte sie die Suchparameter erweitert und vom Computer die Auskunft erhalten, das in der Vergangenheit des vulkanischen Volkes, vor dem Atomkrieg auf Vulkan, ein politischer Bund existiert hatte, der drei Sonnen als Symbol benutzt hatte. Ein Bund von Extremisten. Doch einerseits gab es zu dieser Zeit, da die Vulkanier da noch nicht ihre Emotionen beherrscht hatten, quasi nur Extremisten auf Vulkan und andererseits war das ziemlich weit her geholt. Außerdem schien der Ermittlerin der Gedanke an eine Verbindung schon deshalb abwegig, weil seitdem rund zweitausend Jahre irdischer Zeitrechnung vergangen waren. Den historischen Dateien nach, war dieser Bund zu jener Zeit untergegangen und hatte danach nie wieder Erwähnung gefunden. Die Ermittlungen schienen in eine Sackgasse zu laufen. Zwischendurch hatte Henrike Xi Manski etwas gegessen und getrunken. Doch eher lustlos und mit wenig Appetit. Als sie endlich von Taner abgelöst wurde, teilte sie ihm in knapper Form mit, was sie herausgefunden hatte und dass sich T´Viran immer noch im Gebäude aufhielt. Danach nahm sie den Impulsschlüssel von ihm in Empfang, der zur Suite eines Hotels, ganz hier in der Nähe gehörte. Mit einem leisen Seufzen stopfte sie ihn in ihre Hosentasche und meinte: „Wird Zeit, dass ich unter die Dusche komme. Und danach brauche ich dringend Ruhe.“ „Ausgerechnet du?“, spöttelte Taner. „Du, die Party-Löwin von Duisburg, redest davon, Ruhe zu brauchen? Fräulein Dingeling? Du setzt deinen Ruf auf´s Spiel.“ „Pass du lieber auf, dass dir die Vulkanierin nicht durch die Lappen geht“, beschied ihm seine Kollegin und stieg schnell aus dem Gleiter. Dabei rief sie ihm noch schnell zu, bevor sie das Schott verriegelte: „Ich löse dich morgen Früh um 06:00 Uhr ab, Dicker.“ * * * Es dauerte nur wenige Minuten, bis Henrike Xi Manski das Hotel erreicht hatte. Mit Wohlwollen stellte sie fest, dass es sich nicht um eine billige Absteige handelte, sondern um ein Hotel das auch gehobenen Ansprüchen genügte. Vermutlich wird Dezernatsleiter Königsberg einen Tobsuchtsanfall bekommen, wenn er die Spesenabrechnung zu Gesicht kriegt, dachte die Frau ironisch. Aber was soll der Geiz, der Laden wird ohnehin in knapp zwei Jahren dichtgemacht. Und danach kann ich beim Sicherheitsdienst der Sternenflotte anheuern. Scheiße, genau von der Truppe wollte ich weg. Mit langen Schritten durchquerte sie das Foyer und erkundigte sich an der Rezeption, bei einer freundlichen Bediensteten, nach der Lage ihres Zimmers. „Machen Sie auch Urlaub in Chur?“ Die sonore Männerstimme riss Henrike Xi Manski aus den Gedanken. Neben ihr stand ein freundlich lächelnder Mittvierziger, der sie auffallend intensiv musterte. Er trug lockere Freizeitkleidung, so wie sie. Auf den ersten Eindruck wirkte der gutaussehende Dunkelblonde sympathisch. „Könnte man sagen“, erwiderte die Ermittlerin und bedankte sich mit einem verbindlichen Lächeln bei der Bediensteten, für die Auskunft. Da sie hier offiziell nicht ermittelte war das nicht einmal gelogen. Dabei fuhr sie sich mit der linken Hand über das Haar. „Verraten Sie mir auch, mit wem ich die Ehre habe?“ Der Fremde besann sich auf seine Manieren und erwiderte: „Entschuldigen Sie. Mein Name ist Bondorkan. James Bondorkan. Und Sie sind…?“ „Henrike Xi Manski.“ Die Frau wandte sich dem Mann zu. „Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Mister Bondorkan. Sprechen Sie übrigens jede Frau, die Sie an der Rezeption eines Hotels treffen, so zwanglos an?“ „Der hochgewachsene, athletisch wirkende Mann verneigte sich leicht und erwiderte mit gewinnendem Lächeln: „Nur, wenn sie so außergewöhnlich hübsch ist, wie Sie.“ Trotz ihres Alters war Henrike in diesem Moment nicht davor gefeit, dass sich ihre Wangen leicht röteten, bei diesem galant vorgebrachten Kompliment. Außerdem war es bereits einige Zeit her, dass sie ein solches Kompliment bekommen hatte. „Na, Sie sehen ja auch ganz gut aus“, wehrte die Kommissarin verlegen ab. „An willigen Begleiterinnen, die jünger sind als ich, dürfte es Ihnen bestimmt nicht mangeln.“ „Aber die besitzen doch weder Ihre Ausstrahlung, noch Ihre Klasse, Madame. Begleiten Sie mich zur Bar und trinken etwas mit mir?“ Für einen Moment war Henrike unentschieden. Doch dann fragte sie sich, was schon dabei war, diesen Abend in Chur angenehm ausklingen zu lassen. Darum antwortete sie, mit einem zufriedenen Lächeln: „Sehr gerne, Mister Bondorkan.“ Der Mann lächelte warm. „Nennen Sie mich Jim.“ „Gerne, Jim“, erwiderte die Frau und hakte sich bei dem Mann unter, als er ihr seinen Arm anbot. „Sie gefallen mir.“ James Bondorkan geleitete Henrike zum Tresen der Hotelbar, wo sie sich auf bequemen Barhockern niederließen. Dabei bedauerte die Frau es ein wenig, den körperlichen Kontakt zu dem Mann zu verlieren. Nachdem der Athletische zwei Wodka-Martini für sie bestellt hatte, wandte er sich Henrike zu und fragte: „Sind sie in festen Händen, Henrike? Es wäre mir ziemlich unangenehm, wenn plötzlich ein eventueller Partner von Ihnen bei uns auftauchen, und uns eine Szene machen würde.“ „Nein, ich bin ungebunden“, gab die Frau bereitwillig Auskunft. „Was ist mit Ihnen Jim? Gibt es da eine Ehefrau, die von diesem Abend nichts erfahren darf?“ „Keine Ehefrau, keine Verlobte und keine Freundin“, entgegnete der Mann. „Ich bin wohl beruflich zu sehr eingebunden und zu viel auf Reisen. Wenn ich Sie so ansehe, dann schätze ich, dass Ähnliches auf Sie zutrifft?“ „Da liegen Sie richtig.“ Sie tranken von ihren Drinks und Henrike sah etwas überrascht auf. „Der geht ganz schön ins Blut. Welche Absichten verfolgen Sie?“ Der Mann stellte sein Glas neben dem der Ermittlerin auf den Tresen und seine linke Hand legte sich sanft auf ihre Rechte, die sie auf den Tresen gelegt hatte. Fast gehaucht streichelte sein Daumen über ihren Handrücken. „Ist das so schwer zu erraten? Sie sind eine tolle Frau und es wäre beinahe dumm, Sie nicht verführen zu wollen.“ Ein Kribbeln zog sich von ihrer Hand, den Arm hinauf und schien ihren gesamten Körper zu erfassen. Lächelnd legte sie ihre Linke auf die Wange des Mannes und raunte ihm leise zu: „Dann sollten Sie nicht noch mehr Zeit vergeuden, Jim.“ Sie tranken noch einen Schluck von ihren Drinks, bevor James Bondorkan geschmeidig von seinem Hocker stieg und Henrike ungezwungen an die Hand nahm. „Zu deiner Suite, oder zu meiner?“ „Gehen wir zu mir“, entschied Henrike und der Mann an ihrer Seite lächelte amüsiert. „Das gefällt mir. Eine Frau, die weiß, was sie will.“ Hand in Hand verließen sie die Bar, in Richtung der Aufzüge. Wobei ihnen beiden entging, dass sie dabei von einem schwarzhaarigen, markant aussehenden, Mann sehr aufmerksam beobachtet wurden. Bereits in der Aufzugkabine drängte sich Henrike gegen den festen Körper des Mannes und näherte sich mit ihrem Gesicht ganz nah dem seinen. Für einen Augenblick sah sie ihn nur forschend an, bevor sich ihre Nasenflügel gerade eben berührten und sich ihre Lippen auf seine legten. Sie küsste ihn sanft, bevor sie sich wieder von ihm löste und ihn etwas von sich schob. Dabei zwinkerte sie ihm verführerisch zu. Gleich darauf hielt der Aufzug und sie traten auf den Korridor hinaus. Sie beeilten sich, die Suite zu betreten. Für eine Weile standen sie eng umarmt und küssten sich, bevor sich Henrikes linke Hand zum Lichtkontakt vortastete. Etwas geblendet die Augen schließend hauchte sie: „Ich schlage vor, wir duschen zuerst einmal.“ „Gute Idee“, befand der Mann und ließ sich von der Polizistin willig ins Bad ziehen. Als Henrikes Blick durch den Raum schweifte änderte sie rasch ihre Meinung und raunte heiser: „Nein, ich lasse uns ein Bad ein. Dieser Whirlpool ist schlicht ein Traum.“ Es dauerte fast genauso lange, sich gegenseitig zu entkleiden, wie es dauerte, bis der Pool sich mit angenehm temperiertem Wasser gefüllt hatte. Ein automatisch zugegebener Zusatz sorgte dabei für jede Menge Schaum. Wenig später lagen Henrike und James, splitternackt und eng umschlungen, in dem großen Whirlpool im Wasser und schickten ihre Hände auf Erkundungstour. Dabei gab die Frau ein leises Gurren von sich, als der Mann ihre Brüste streichelte und seine Linke sich an ihrem straffen Körper hinunter bewegte, weiter zu ihrer Hüfte und zu ihrem Po. Unter zahllosen Küssen tastete sich ihre Rechte schließlich zu seiner Männlichkeit vor und leise sagte sie schließlich: „Wow, das nenne ich eine Waffe.“ Ein leises Lachen des Mannes war die Antwort, als Henrike ihn mit sanfter Gewalt auf den Rücken drehte und sich über ihn schob. Dabei jauchzte sie, als er seine kräftigen Hände auf ihre Pobacken legte und sie fest drückte. Die schlanke Frau bäumte sich leicht auf, als sie sich mit Jim vereinigte und schmiegte sich dann eng gegen ihn. Für einen Moment verharrte sie so, während sie ihn leidenschaftlich küsste, bevor ihre Hüften damit begannen, langsam und sinnlich zu kreisen. Nach einer Weile packte James die Frau fest in den Hüften und gab den Takt vor. In dem Moment, in dem sie beide, fast gleichzeitig, Erfüllung fanden, richtete sich Henrikes Oberkörper auf und sie legte ihre Hände hinter den Kopf. Mit weit geöffnetem Mund warf sie ihr Haar zurück und einige heisere, raue Töne entfuhren ihrer Kehle, als sie spürte, wie auch James in ihr kam. Mit einem schwebenden Gefühl sank sie schließlich wieder auf James hinunter und sie legte ihren Kopf an seine breite Schulter. Dabei küsste sie immer wieder sanft seinen Hals, bis er ihr sein Gesicht zuwandte und sich ihre Lippen zu sanften, langen Küssen fanden. Erst, als das Wasser nur noch lauwarm war, flüsterte Henrike: „Das war klasse, Jim. Komm, trocknen wir uns ab und wiederholen das Ganze nochmal im Bett.“ „Klingt verlockend“, gab der Mann ebenso leise zurück. Sie stiegen aus dem Pool, trockneten sich gegenseitig, unter zahllosen Küssen und anderen Zärtlichkeiten, ab um anschließend, eng umschlungen, zum Schlafraum hinüber zu gehen. Dabei verzichteten sie darauf das Licht zu aktivieren, als sie den Schlafraum erreichten und ihn betraten. Henrike spürte etwas Kaltes, das sich gegen ihre Halsschlagader drückte. Sie wollte noch etwas sagen, als ihr bereits die Sinne schwanden. Dass sie langsam zu Boden sank bemerkte sie schon nicht mehr. * * * Mit einem Gefühl, als würden winzige Geschöpfe in ihrem Kopf, mit Hämmern von Innen gegen ihre Schädeldecke klopfen, erwachte Henrike auf dem breiten Bett ihrer Suite. Durch das Fenster schien das erste, fahle Licht des anbrechenden Tages. Während die Frau dies alles wahrnahm, versuchte sie sich daran zu erinnern, wie sie ins Bett gekommen war. Sie erinnerte sich noch daran mit Jim das Bad verlassen zu haben. Sie hatten gemeinsam das Schlafzimmer betreten. Etwas Kaltes hatte ihren Hals berührt und dann… Ja, was war dann passiert? Henrike erinnerte sich nicht. Die Frau fasste sich an die schmerzende Stirn und drehte sich dabei auf die rechte Seite. Dabei berührte sie etwas, das sich wie eine Hand anfühlte. Sie war kalt. Ihre linke Hand ertastete einen Körper und ein Gesicht. Das musste Jim sein. Erst einen Moment später setzte ihr gewohnt analytisches Denken wieder ein. Der Körper neben ihr schien seltsam starr. Mit einem Gefühl als würden sich Eisklumpen in ihrem Magen befinden, richtete sich die Kommissarin ruckartig auf und sah entsetzt in das leblose Gesicht des Mannes, mit dem sie eine heiße Affäre im Bad gehabt hatte. Seine leblosen Augen sahen starr zur Decke hinauf und es brauchte nicht die Tatsache, dass sich sein Körper nicht hob und senkte, um zu erkennen, dass er tot war. Henrikes Augen füllten sich unaufhaltsam mit Tränen, die schließlich über ihre Wangen rannen, während sie, mit kratziger Stimme, leise zu sich selbst sagte: „Das kann doch nicht wahr sein. Das kann doch Alles nicht wahr sein. Warum…?“ Erst nach einem Moment realisierte sie, dass jemand ihre Schleife aus andorianischer Seide um den Hals des Mannes, mit dem sie kurz zuvor noch glücklich gewesen war, gewickelt hatte. Er war offenbar damit erdrosselt worden. Doch weshalb?“ Endgültig wieder zu sich findend, wischte sich Henrike die Tränen von den Wangen. Ein Mord war passiert und sie musste die lokalen Behörden einschalten. Zunächst wollte sie sich jedoch ankleiden. Ihre Sachen mussten sich noch im Badezimmer befinden. Als sie das Bad betreten wollte erwartete sie eine unangenehme Überraschung, denn das Schott ließ sich nicht öffnen, egal was sie auch versuchte. Na toll, was ist denn hier nur los?, fragte sich Henrike verwirrt. Einen Moment später hörte sie vor dem Schott der Suite schnelle Schritte. Gleich darauf pochte Jemand heftig gegen das verriegelte Schott und rief mit lauter Stimme: „Öffnen Sie das Schott! Hier ist die Polizei von Chur! Ich wiederhole! Öffnen Sie das Schott, oder ich lasse die Verriegelung von einem Angestellten überbrücken und es öffnen!“ Fieberhaft begannen sich die Gedanken von Henrike zu jagen. Außer ihr und dem Mörder konnte unmöglich schon Jemand von dem Mord wissen. Das bedeutete, dass ihr Irgendwer eine Falle gestellt hatte. Auch wenn dieser Gedanke völlig absurd schien. „Ja, ja!“, rief sie in Richtung des Schotts. „Geben Sie mir eine Minute! Ich bin nackt!“ Während von Draußen eine ungeduldig klingende Stimme bestätigte, sah sich Henrike fieberhaft um und wägte ihre Optionen ab. Sich ihren Kollegen zu stellen kam nicht in Betracht, denn wer ihr diese Falle gestellt hatte, der würde dann auch einen Weg finden die zuständigen Beamten zu bestechen. Auf dem Boden des Raumes lag lediglich ein Handtuch. Darin hatte sie ihr Haar eingewickelt, als sie mit Jim das Bad verlassen hatte. Da sich auch seine Sachen und die Badetücher im Bad befanden, war es das Einzige, mit dem sie ihren Körper bedecken konnte. Rasch klaubte die Frau das Handtuch vom Boden auf, wickelte es sich um die schmalen Hüften und schloss es notdürftig. Danach eilte sie zum Fenster des Wohnraumes, öffnete es und blickte hinaus. Ein kalter Morgenwind ließ sie erschaudern und sie spürte, wie sich ihre Brustwarzen fest zusammenzogen. Die einzige Möglichkeit, vorerst zu entkommen, um vielleicht den Gleiter zu erreichen, in dem Taner auf sie wartete war, über den Sims, unter den Fenstern dieser Etage. Sie musste versuchen, eine andere Suite zu erreichen und sich an den Beamten, draußen auf dem Gang, dann irgendwie vorbei zu mogeln. Nur mit einem Handtuch um den Hüften, schoss es Henrike dabei durch den Kopf. Sie blickte bei diesem Gedanken kurz zum Schott des Schlafraumes hinüber und leistete in Gedanken Abbitte dafür, sich so sang und klanglos aus dem Staub zu machen. Tut mir leid, James Bondorkan. Du warst zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich werde dich nie vergessen. Henrike war dabei aus dem Fenster zu klettern, als es wieder gegen das Schott klopfte. Dabei dachte sie: Ihr könnt mich mal. Barfuß, frierend und Oben ohne stand sie auf dem schmalen Sims und begann, sich auf ihm entlang zu tasten. Dabei schwor sie sich zornbebend, fürchterliche Rache an der Person zu nehmen, die ihr diese Falle gestellt hatte. Flach mit dem Rücken gegen die Hauswand gepresst, und dabei die rechte Hand ebenfalls dagegen gelegt, während sie mit der Linken, in dem auffrischenden Wind verzweifelt das Handtuch festhielt machte sie einen Schritt nach dem anderen, auf dem Sims. Dabei jubelte sie innerlich, als sie erkannte, dass das übernächste Fenster geöffnet war. Henrike Xi Manski hatte das Fenster fast erreicht, als die Luft vor ihr scheinbar flüssig zu werden begann. Zuerst dachte die Frau an eine Sinnestäuschung, doch gleich darauf bildete sich aus dieser Erscheinung in der Luft ein Ball leuchtender Partikel der rasch expandierte um im nächsten Moment die Konturen eines uniformierten Mannes anzunehmen. Ein Commander der Sternenflotte, in der typisch dunkelblauen Uniform, mit rot abgesetzten Schulterstücken. Das Alles nahm Henrike innerhalb eines Wimpernschlags wahr. Unbewusst ließ Henrike Xi Manski das Handtuch los, während der Schwarzhaarige bei ihrem Anblick unmerklich schmunzelte. Eine heftige Windböe fegte unter das Handtuch und riss es ihr in dem Augenblick von den Hüften, als der Sternenflottenoffizier nach ihrer rechten Hand griff. Entsetzt sah Henrike dem Handtuch hinterher, als es davon segelte. Ihr mit seinen dunklen Augen ernst in die Augen sehend, meinte der Mann, nicht ohne ein flüchtiges Lächeln, ob des kleinen Handtuch-Missgeschicks: „Ich finde, Sie sollten es lieber mit mir versuchen, als mit denen, Ma´am.“ Dabei aktivierte er mit der anderen Hand den Kommunikator, den er darin hielt und sagte, deutlich vernehmbar: „Energie!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)