Schatten der Gegenwart von Kittykate ================================================================================ Kapitel 3: verhärtete Fronten ----------------------------- ***~~~***~~~***~~~***~~~*** ***~~~***~~~***~~~***~~~*** Der Abschlussball war wunderschön. Eine Live-Band sorgte für die musikalische Untermalung. Die Turnhalle war bunt geschmückt und nach der Begrüßung durch Direktor Hayato, wie auch allen Lehrkräften, wurde die große Feier eröffnet. Die Abschlussprüfungen waren geschrieben und die Übergabe der Zeugnisse würde nächste Woche stattfinden. Dann waren sie offiziell mit der Oberstufe fertig und der Ernst des Lebens begann. Die Wege würden sich trennen. Ein paar wenige Schüler wollten sich direkt dem Arbeitsleben widmen, wie Hitomi. Erst in den letzten Monaten kam heraus, dass sie aus einer recht armen Familie stammte, die sich die Universitätsgebühren nicht leisten konnte. Und für ein Stipendium reichte die schulische Leistung einfach nicht aus. Sie würde eine Ausbildung beginnen und schon bald Geld verdienen um ihre Familie finanziell unterstützen zu können. Erstaunlich viele Schüler würden ein Jahr im Ausland verbringen, ehe sie mit dem Studium beginnen oder sich um einen Ausbildungsplatz zu kümmern. Viele wollten nach Amerika, Australien oder Europa reisen. Und der Rest hatte sich an Universitäten, über ganz Japan verteilt, beworben. Je nachdem welchen Studiengang und welchen Abschluss man bevorzugte. Die letzten Klänge der Musik verhallten und nach vielen Tänzen führte Kaito Aoko von der Tanzfläche, reichte ihr an der Getränkebar ein Glas Wasser, welches Aoko in nur einem Zug hinunterkippte, und führte sie schließlich ganz hinaus, in den nur spärlich beleuchteten Schulhof. Der Sternenhimmel leuchtete über ihnen und sorgte für einen ganz romantischen Flair in dieser besonderen Nacht. Aoko betrachtete wie gebannt die leuchtenden Punkte, die Sternenbilder und suchte unbewusst den Polarstern, den hellsten Punkt am Firmament. Kaito näherte sich von hinten, schlang seine Arme um ihren Körper und zog sie fest an sich. Schon platzierte er sanfte Küsse auf ihrer nackten Schulter. „Ich liebe dich!“ Aoko, die dieses Prickeln in sich spürte, seufzte kurz, lehnte ihren Kopf an seine Brust und schloss die Augen. „Ich liebe dich auch.“ Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, das spürte sie zu deutlich, während er weiterhin ihre Schulter bearbeitete. „Du bist die heißeste Oberschülerin auf dieser Veranstaltung! Am liebsten würde ich dich hier und jetzt sofort vernaschen.“ „Übertreib mal nicht“, mahnte sie ihn. „Alle Mädchen präsentieren heute neue Kleider. Nur Ran und ich sind die Ausnahme und tragen das Kleid vom Winterball ein zweites Mal.“ „Dennoch verliert es nicht seinen Reiz“, hauchte er heißer und rau. Die Erregung, die ihn füllte, sprang auf sie über. Seine Hände fuhren ihren Bauch hinab zu ihrer Hüfte, platzierten sich geschickt zu ihren Seiten und drückten ihren Po an seinen Unterleib. Heiße Schauer durchliefen sie und Aoko kämpfte mit sich selbst. Es wäre zu leicht sich in seinen Armen umzudrehen, seinen Küssen nachzugeben, sich in eine dunkle Ecke drängen zu lassen und der Leidenschaft vollkommen nachzugeben. „Hey, ihr zwei! Genießt ihr den schönen Nachthimmel?“ Überrascht und aus dem intensiven Moment gerissen, blickten sie auf und direkt Ran entgegen, die an Shinichis Arm hing. „Für Ende März haben wir einen wunderschönen Abend erwischt, wenn auch noch etwas frisch“, bemerkte Makoto, der sich mit Sonoko dazugesellte. Aoko drehte sich nun doch in Kaitos Armen und kuschelte sich an seine starke Brust. Sie war so aufgewärmt vom vielen Tanzen, dass sie die kühle Nachtluft auf ihrer erhitzten Haut als angenehm empfand, doch langsam begann sie zu frösteln. Ihre Jacke hing noch in der Garderobe. „Heute ist eine ganz besondere Nacht“, bemerkte Saguru, der mit Keiko im Arm ebenfalls näher trat. Seine Freundin nickte und erklärte: „Heute sollen Sternschnuppen zu sehen sein.“ Sonoko strahlte und hob einen Zeigefinger um diesen an ihr Kinn zu legen: „Vielleicht haben wir Glück und können uns was wünschen!“ Dabei zwinkerte die Kurzhaarige ihren Freundinnen verschwörerisch zu. Erst jetzt bemerkte Aoko, das alle an ihre Jacken gedacht hatten nur sie selbst mal wieder nicht. Doch schon spürte sie, wie Kaito sich aus seiner Anzugjacke schälte und ihr diese um die Schultern legte. Im nächsten Moment zog er sie fest an seinen Brustkorb und hielt sie einfach nur fest. So sicher und geborgen hatte sie sich noch nie zuvor gefühlt und sie würde dieses Gefühl nie wieder missen wollen. Auch war sie der festen Überzeugung, dass ihr kein anderer Mann jemals solche Gefühle vermitteln könnte. „Dort ist eine“, rief Ran plötzlich, die bereits den Blick in den Nachthimmel gerichtet hatte, und alle folgten dem Fingerzeig. Nach und nach tauchten vereinzelt Sternschnuppen auf, zogen einen leuchtenden Schweif hinter sich her und verschwanden am dunklen Nachthimmel. „Ich wünsche mir, dass die Zeit stehen bleibt. So wie jetzt soll es für immer bleiben“, flüsterte Aoko. Kaito, der ihren Wunsch durchaus gehört hatte, verstärkte seinen Griff um ihren Oberkörper und legte liebevoll seine Lippen an ihren Schopf. ***~~~***~~~***~~~***~~~*** ***~~~***~~~***~~~***~~~*** Gemeinsam saßen sie beim Abendessen und Aoko bedankte sich bei ihrer Schwester, wie auch ihrem Schwager in Spe für die Unterstützung. „Morgen kommen Hiroshi und Sanjo und wollen mit Taro etwas spazieren gehen. Dann komm ich mal zum Aufräumen“, grinste Aoko verlegen und entschuldigte sich fast schon für die liegengebliebenen Dinge. „Du weißt, dass du uns Taro jederzeit auch vorbei bringen kannst“, bemerkte Ran eindringlich, während Shinichi nickte. „Wir helfen dir so gut wir können.“ „Ich weiß und ich bin euch sehr dankbar.“ „Dafür hat man eine Familie“, bestätigte Ran liebevoll und strich Taro, der in Aokos Arm lag und kuschelte, über die kleinen Hände. „Familie ist ein gutes Stichwort“, bemerkte Shinichi ernsthaft. Ran schüttelte sofort alarmiert den Kopf, während Aoko überrascht aufsah. „Findest du nicht, dass es langsam an der Zeit ist Kaito die Wahrheit zu sagen?“ Sofort versteifte sich Aoko. „Du kannst ihm nicht sein Kind vorenthalten. Taro ist schon drei Monate alt. Kaito hat das Recht von seinem Sohn zu erfahren und irgendwann wird Taro sowieso Fragen stellen.“ Aoko blickte Shinichi in die Augen. „Das ist meine Sache.“ „Was willst du Taro denn erzählen? Er wird sicherlich wissen wollen wo und vor allem wer sein Vater ist.“ „Noch stellt er keine Fragen und bis dahin hab ich noch Zeit mir was zu überlegen.“ „Er ist mein Freund, Aoko, und ich werde ihn nicht länger anlügen.“ „Niemand hat gesagt, dass du lügen sollst. Du sollst Taro nur nicht in seiner Anwesenheit erwähnen.“ „Wenn er mich nach dir befragt, dann muss ich ihm ausweichen – das kommt einer Lüge gleich.“ Aoko hielt überrascht inne. Ran ebenso und bohrte sofort neugierig nach: „Er hat nach ihr gefragt? Wann?!“ Dass Shinichi und Kaito hin und wieder telefonierten oder sich Nachrichten schickten wusste sie bereits. Aber dass die beiden sich über Aoko austauschten war ihr neu. „Nein, hat er nicht“, antwortete der Student ehrlich und schüttelte mitfühlend seinen Kopf. Er seufzte, ärgerte sich über seine Wortwahl und korrigierte seine Aussage: „Aber wenn er mich nach Aoko fragt, bin ich gezwungen ihn anzulügen.“ Traurig senkte Aoko ihren Kopf und betrachtete ihren kleinen Schatz, der schlummerte. „Aus diesem Grund wird er nichts von seinem Sohn erfahren“, bestimmte sie entschlossen. „Er hat nie Interesse gezeigt, er hat sich nie nach mir erkundigt. Schon bevor wir uns getrennt haben, war er so abweisend und mit dem Kopf ständig woanders.“ Sie sah zu Shinichi. „Er hat sich von mir abgewandt als wir noch zusammen waren und darum ist die Sache für mich erledigt.“ „Er kommt zur Hochzeit“, stellte Shinichi trocken fest. „Ich weiß“, stimmte Aoko zu. „Er wird Taro kennen lernen und Fragen stellen“, bemerkte Shinichi erneut. „Mir wird bis dahin schon was einfallen.“ „Aoko!“ „Vergiss es, Shinichi! Kaito wird von seinem Sohn nichts erfahren! Er wird mir nur Ärger machen und das können wir nicht brauchen. Taro und ich sind ein Zwei-Mann-Team und wir haben es bis jetzt geschafft, dann schaffen wir alles andere auch.“ Shinichi musterte sie skeptisch. Ihr Sturkopf ärgerte ihn maßlos. Sauer und enttäuscht knurrte er: „Ich kann verstehen, dass er sich nach einer neuen Freundin umgesehen hat.“ „Shinichi!“ Ran sprang empört auf und schlug ihre Hände auf die Tischplatte, dass das Geschirr klirrte. Taro erschrak so sehr, dass er auch sofort losbrüllte, während Aoko ihren zukünftigen Schwager nur fassungslos anstarren konnte. Ein schmerzhafter Stich durchfuhr sie. Kaito hatte also eine Freundin. Schnell schob sie die Gedanken daran zur Seite und kümmerte sich um das schreiende Baby. „Ich wünsche ihm viel Glück mit ihr und hoffe für sie, dass sie nicht so dumm ist und sich ein Kind anhängen lässt“, knurrte sie, stand auf und versuchte ihren Sohn zu beruhigen. Der spürte aber die innere Zerrissenheit seiner Mama zu deutlich und steigerte sich weiter in sein kleines persönliches Elend. Shinichi stand auch auf, die mahnenden Blicke seiner Verlobten ignorierend, fixierte er seine Schwägerin. „Er würde auch für sein Kind gerade stehen und Verantwortung übernehmen, wenn man ihm die Chance gibt.“ Aoko drehte sich dem jungen Mann zu und fauchte: „Was würde mir das bringen? Er tingelt durch Japan, ist nie fest und für längere Zeit an einem Ort. Es wäre doch nicht anders als jetzt. So hat er ein ungebundenes Leben, kann machen was er will und muss niemandem eine Rechenschaft ablegen.“ „Vielleicht würde er alles auch überdenken und sich an einen Ort fest binden“, bemerkte Shinichi ebenso finster. „Um Taro vor diesem ‚Vielleicht‘ zu beschützen, wird Kaito nichts von seinem Sohn erfahren. Diesen verletzten und einsamen Ausdruck in seinen Augen mit ansehen zu müssen, wenn er feststellt dass sein Vater keine Zeit für ihn hat und immer nur durch Abwesenheit glänzt...“ Sie schüttelte den Kopf. „So ist es besser.“ Shinichi zog seine Augenbrauen zusammen. „Besser für wen?!“ Er erwartete keine Antwort und Aoko würde diese auch nicht geben. Die Fronten waren verhärtet. Ein letzter Blickaustausch bevor Aoko mit dem schreienden Baby auf dem Arm die Küche verließ. Der Abend war gelaufen. Auf dem Rückweg schmollte Ran und ließ ihren Verlobten zu deutlich spüren, dass sie mit seiner Handlungsweise nicht zufrieden war. Schweigend betrat Ran die Wohnung und Shinichi folgte ihr. Er legte seinen Schlüsselbund auf die kleine Kommode und entledigte sich seiner Schuhe. Die Türe fiel ins Schloss. Entnervt strich sich der Student über die Augen, als Ran sich auch schon zu ihm drehte und ihn vorwurfsvoll ansah. „Du weißt, dass das nicht besonders geschickt war.“ „Du weißt, dass es ausgesprochen werden muss“, rechtfertigte er sich. Ran stemmte ihre Hände in die Hüfte. „Du hast kein Recht dich in Aokos Leben einzumischen. Es ist ihre Entscheidung und Vorhaltungen jeder Art sind nicht angemessen.“ „Du weißt, dass sie falsch handelt“, beharrte Shinichi. „Und doch kann ich ihre Reaktion verstehen.“ Ran verschränkte ihre Arme vor der Brust und senkte mitfühlend den Kopf. „Wer möchte schon einen Mann an sich binden, der einen nicht mehr liebt und nur der Verantwortung wegen bleibt.“ Sie sah ihren Verlobten ernst an. „Kaito war wirklich selten zuhause und Aoko viel alleine. Die Beziehung ist letztendlich daran zerbrochen. Wir müssen die Entscheidung akzeptieren.“ Shinichi verschränkte seine Arme vor der Brust. „Ein Kind zu verheimlichen ist keine akzeptable Lösung. Es ist nicht richtig, fair schon mal gar nicht. Vielleicht wäre er ja in Tokio geblieben?“ Ran funkelte zornig. „Glaubst du das? Wirklich?! Er ist so erfolgreich, du siehst ja wie lange er an einem Ort bleibt.“ Sie wartete einen Moment, dann fügte sie bitter hinzu: „Er hat es endlich geschafft – sein beruflicher Erfolg ist gigantisch. Die Presse schreibt inzwischen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis er seinen Vater übertrumpfen wird. Er hat sich einen Namen gemacht, er ist berühmt.“ Ran musterte Shinichi. „Ein zu frühes Karriereende, wäre sein Untergang und die dümmste Entscheidung überhaupt.“ „Er kann das trennen“, behauptete Shinichi. „Er wird nie zuhause sein. Taro wird seinen Vater nicht als solchen kennenlernen und wahrnehmen. Die Presse, die Pendelei, der Ruhm, das alles würde nur für einen noch größeren Scherbenhaufen sorgen.“ Schnell bemerkten sie, dass sie an diesem Punkt nicht weiter kamen. Jeder wünschte sich doch nur das Beste für die Freunde und dennoch schien es keine Lösung zu geben. Shinichi seufzte auf, rieb sich müde über die Augen und trat auf seine Verlobte zu. Versöhnlich schloss er sie in seine Arme und drückte ihr sanft die Lippen an die Schläfe. „Es war ein langer Tag.“ Ran kuschelte sich an den starken Brustkorb und lauschte dem kräftigen Herzschlag. Dann nickte sie zustimmend. Wieder eine durchwachte Nacht. Aber an diesem Nachmittag würden Sanjo und Hiroshi mit Taro spazieren gehen. So käme Aoko zumindest einmal zum Aufräumen, bevor Eri wieder nach Hause kam. Nach der Uni gingen die Freunde gemeinsam zur Kindertagesstätte. Während Aoko ihren Sohn abholte, warteten die Studenten draußen vor dem Eingang. Keine zehn Minuten später schob die junge Mutter den Kinderwagen zur Türe hinaus und Taro betrachtete die beiden neugierigen, jungen Erwachsenen mit großen tiefblauen Augen. Dann lachte er fröhlich und begann zu quietschen. „Du bist so ein süßer Knopf“, quietschte Sanjo begeistert und hielt ihm ihren Finger entgegen, den der kleine Junge sofort in seine Hand schloss und fröhlich lachte. „Oh, dutzidutziduuuuu!“ Hiroshi und Aoko betrachteten verwirrt die Freundin, die ganz automatisch in die Babysprache verfiel und damit Taro einen freudigen Laut nach dem anderen entlockte. Der einzige männliche Student in der Runde grinste plötzlich und legte aufmunternd seine Hand auf Aokos Schulter. „Du kannst alles in Ruhe erledigen. Sanjo und Taro sind schon Freunde. Wir kriegen das auf jeden Fall hin.“ Aoko nickte und gemeinsam gingen sie zu Nakamoris. Vor der Türe trennten sie sich dann. Die junge Mutter deutete auf eine Tasche. „Da ist ein Milchfläschchen vorbereitet. Wasser ist auch in der Tasche. Wenn er Hunger hat und ihr nicht schnell genug zurück seid, könnt ihr ihm das geben.“ Sanjo schob Aoko zur Haustüre. „Mach dir nicht so viele Gedanken, wir machen das schon! Und jetzt leg dich mal aufs Ohr. Seit Tagen siehst du aus wie eine Schlafwandlerin.“ Natürlich war diese Beschreibung keinesfalls bösartig gemeint, aber sie zeigte Aoko auch ganz deutlich das sie unbesorgt sein konnte. Ihre Freunde würden das schon schaffen und notfalls konnten sie jederzeit zurückkommen. Aoko lächelte, winkte kurz und die beiden Studenten spazierten mit dem Kinderwagen davon. Ganz allein fand Aoko sich im Hausflur wieder. Eine ungewohnte Situation. Seit Taros Geburt war sie nicht mehr allein. Sie zog ihre Schuhe aus und begann Stück für Stück Ordnung zu schaffen. Zwischen drin setzte sie das Essen auf, denn ihre Studienkollegen hatten sich eine Belohnung für das Babysitten verdient. Die Zeit verging dann auch wie im Fluge und die Wohnung war seit einer Woche endlich wieder aufgeräumt und annähernd blitzeblank. Das Essen würde auch in wenigen Minuten fertig sein und die Freunde könnten so langsam kommen. Wie auf Kommando läutete es an der Haustüre. Sanjo hielt Taro auf dem Arm. Und Hiroshi, der scheinbar den Kinderwagen geschoben hatte, stand vom vielen laufen etwas ermüdet vor der Türe. Aoko lächelte, als sie ihre Freundin mit dem schlafendem Baby an der Schulter vorfand und ließ ihre Freunde eintreten. „Das Essen ist auch gleich fertig“, verkündete sie und nahm ihren Sohn entgegen. Im nächsten Moment legte sie ihn in den Stubenwagen, der im Wohnzimmer stand. Dann kehrte sie zurück und führte ihre Freunde in die Küche. Die letzten Handgriffe und der Tisch war gedeckt wie auch das Essen auf den Tellern verteilt. „War alles okay?“ „Ein ganz braves Baby“, bestätigte Sanjo, streckte aber unter dem Tisch ihre Beine. „Er hat vor sich hin gegluckst und ist dann eingeschlafen. Wir sind ewig gelaufen und haben hier in der Nähe sogar einen kleinen Spielplatz entdeckt.“ Hiroshi nickte. „Dieses Viertel kennen wir nun in- und auswendig. Jetzt finden wir uns hier zurecht.“ Er lachte, denn normalerweise wohnte er in einem ganz anderen Stadtteil von Tokio, mehrere Minuten mit der Bahn entfernt. Auch Sanjo wohnte im Norden der Stadt und hatte eine weitere Anreise mit der Bahn. So gesehen hatte Aoko Glück, dass die Universität gar nicht so weit weg von ihrem zuhause lag. „Übrigens hab ich diesen Flyer gefunden“, verkündete Sanjo plötzlich ganz aufgeregt. Sie zog etwas aus ihrer Hosentasche hervor und präsentierte ihren Fund. „Magic Kaito kommt Mitte November nach Tokio. Ist das zu fassen? Zwei Wochen wird die beste Zaubershow ever in unserer Stadt verweilen. Ich werde uns gleich morgen Tickets besorgen.“ Sie legte den Flyer auf die Tischplatte zu Aoko und Hiroshi gedreht. Ein junger Mann, in einem grauen Anzug mit blauem Hemd und einer grauen Fliege, grinste von dem Titelblatt entgegen. Die Hände in weißen Handschuhen versteckt, hielt er einen Zylinder verkehrt herum und aus diesem flog eine Taube heraus. Die Haare fielen wie es ihnen beliebte und wirkten verstrubbelt, wild und unzähmbar. Das spielerische Grinsen, leicht arrogant und überheblich. Die ozeanblauen Augen blitzten regelrecht aus dem hübschen Gesicht hervor. Aokos Herz raste in ihrer Brust, als ihre Augen auf das erwachsene Ebenbild ihres Sohnes trafen. Sie fühlte eine Beklemmung in ihrem Brustkorb, spürte wie sich ihr Hals zuschnürte. Sie sollte das Bild nicht ansehen, das wusste sie zu gut, aber ihre Augen konnte sie auch nicht von der Erscheinung des jungen Mann lösen. „Kaito Kuroba ist der Sohn des bekannten Magier und Illusionisten Toichi Kuroba und befindet sich auf großer Japan-Tournee. Er ist ein sehr talentierter Jungmagier, der bereits jetzt schon mit internationalen und weltbekannten Magiern und Illusionisten mithalten kann“, las Hiroshi aus dem Flyer vor. Aoko schluckte schwer. Sie musste sich regelrecht zwingen, den Blick von dem Flyer abzuwenden. „Ist das nicht ein heißer Typ?“, schwärmte Sanjo. Dann drehte sie den Flyer zu sich und betrachtete den Mann intensiv. Auf der Rückseite, war ein kleineres Foto, das während einer der Shows aufgenommen wurde. Sanjo zeigte zielstrebig auf eine kleinere, sehr zierliche Japanerin mit rötlichen Haaren. Sie trug ein dunkelgraues glitzerndes Minikleid und ihre schlanken Beine schienen trotz der kurzen Körpergröße endlos. „Das hier ist seine Freundin“, erklärte Sanjo. „Zu schade, dass dieser Typ in festen Händen ist. Aber was soll man bei solch einem Bild von Mann auch anderes erwarten? So einer bleibt nicht lange allein.“ Aoko wurde blass. Dass er eine Freundin hatte wusste sie bereits von Shinichi, aber dass diese ausgerechnet seine Assistentin Rui war, schockierte sie. War er deswegen so abwesend in den letzten Wochen vor ihrer Trennung? Lief da bereits etwas, von dem sie nichts wissen sollte? Ihre Gedanken rotierten plötzlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)