Finding Love von writer (Sasusaku Highschool Lovestory) ================================================================================ Kapitel 52: Schuld ------------------ Wir traten in den Flur und Sasuke schloss die Tür hinter uns. Ich fühlte mich merkwürdig nervös, obwohl es ja gar nicht um mich ging. Sasuke wirkte wieder vollkommen abgeklärt, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es ihn wirklich so kalt lassen würde, wenn seine Familie seinen Gefühlsausbruch und alles, was damit zusammen hing, nun einfach übergehen würde, als wäre nichts gewesen. Er schien sich offenbar sicher zu sein, dass es so laufen würde. Natürlich kannte er sie alle viel besser als ich, vielleicht hatte er ähnliche Situationen schon erlebt und da war es möglicherweise genau so abgelaufen. Für mich jedenfalls fühlte sich die Vorstellung, einfach so zu tun, als wäre nichts, dermaßen falsch an, dass ich das dringende Bedürfnis hatte, irgendetwas unternehmen zu wollen, damit sie über die Sache sprechen würden. Aber ich war mir nicht sicher, ob ich ein Recht hatte, mich einzumischen. Und ich fragte mich, ob sie überhaupt in der Lage waren, darüber zu sprechen. Ich war der Meinung, jeder konnte über seine Gefühle reden, wenn er nur bereit war, ehrlich zu sich selbst zu sein und es ernsthaft zu versuchen. Aber waren sie dazu bereit? Sasukes Mutter, sein Vater und Madara? Ich fand, sie hatten Sasuke gegenüber eine Verantwortung. Sie konnten doch nicht ignorieren, dass er so litt und sich vor allem auch noch solche Selbstvorwürfe machte. Ihn traf doch wirklich keine Schuld. Er schien im Rahmen seiner damaligen Möglichkeiten alles versucht zu haben und nichtmal das wäre seine Verantwortung gewesen. Wussten seine Eltern überhaupt, dass er nicht nur ihnen, sondern auch sich selbst Schuld zuschrieb? Ich hoffte so sehr, dass nun irgendetwas passieren würde, das dafür sorgen würde, dass er sich ein wenig, nur ein klitzekleines bisschen, besser fühlen würde. Diese Last und Verantwortung, die er schultern musste oder die er sich selbst auferlegte, war einfach zu viel für jemanden in seinem Alter. Und sie konnten doch nicht wollen, dass er sich so derart schlecht fühlte. Offenbar waren sie alle noch im Wohnzimmer, denn als Sasuke die Haustür hinter uns geschlossen hatte, hörte ich, wie jemand aufstand und auf uns zu kam. Einen Moment später erschien Sasukes Vater in dem Türbogen. Er wirkte gefasst und ehrfurchtgebietend wie immer. "Zieht bitte die Mäntel aus und kommt ins Wohnzimmer. Wir haben zu reden", sagte er und bis auf die Tatsache, dass sein Tonfall klar machte, dass er absolut keinen Widerspruch dulden würde, war aus seinen Worten nichts herauszuhören. Ich fand ein 'schön, dass du zurückgekommen bist' oder etwas in der Art, wäre deutlich angebrachter gewesen. Sasuke sagte dazu nichts, er hängte bloß seinen Mantel an die Gaderobe, zog seine Schuhe aus und ging ein paar Schritte auf seinen Vater und den Türbogen zu. Dann blieb er stehen, wandte sich zu mir um und sah mich abwartend an. Und weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, beeilte ich mich, es ihm gleich zu tun. Immer noch in der Hoffnung, dass sie das jetzt nicht ernsthaft totschweigen würden. Fugaku deutete schweigend auf ein Sofa gegenüber von dem, wo Mikoto saß und Sasuke ging hin und setzte sich. Ich nahm neben ihm Platz und Fugaku setzte sich uns gegenüber neben seine Frau. Madara saß auf seiner anderen Seite in einem Sessel. Auch die beiden hatten ihre Mienen wieder perfekt unter Kontrolle. Ich kam mir vor, als wäre ich die Einzige in diesem Raum mit Emotionen. Wahrscheinlich sah man mir an, dass ich mich schon wieder überfordert fühlte. Sie machten mich echt fertig. Und ich hatte momentan auch absolut keine Lust, mir Mühe zu geben, das zu verbergen. "Mach es kurz, ich habe für heute genug", sagte Sasuke kühl zu seinem Vater. "Ich bin dein Vater und du wirst mir jetzt zuhören", antwortete Fugaku ihm in einem Ton, der Sasuke zwar ganz leicht das Gesicht verziehen, aber ihn schweigen ließ. Das verstand ich absolut. Obwohl ich mich über seinen Vater ärgerte, hätte ich mich auch nicht getraut, ihm jetzt zu widersprechen. Er strahlte in diesem Moment so bemerkenswert viel Autorität aus, dass man es automatisch für klüger hielt, sich dem, zumindest fürs Erste, zu beugen. Sasukes Mutter und sein Onkel schwiegen, für alle schien absolut klar zu sein, dass Sasukes Vater sprechen würde. Fugaku sah seinen Sohn ernst an. "Die Pflicht zuerst", sagte er. "Ich möchte von dir wissen, ob du dich dazu in der Lage fühlst, morgen in der Firma deine Rolle zuverlässig zu spielen." "Ja", antwortete Sasuke kühl und emotionslos. "Gut", sagte Fugaku. Er sah zu Madara. "Infomiere Shisui und Obito, dass wir wie geplant vorgehen werden, sie sollen alles in die Wege leiten. Ich möchte, dass sie in einer Stunde hier sind, damit wir uns im Detail mit Sasuke besprechen können." Madara zog wortlos sein Smartphone aus der Tasche und tippte eine kurze Nachricht. Dann steckte er es wieder weg. Fugaku wandte sich erneut Sasuke zu. "Du verstehst, dass das zu deinem Besten ist und ich das tue, damit du es in Zukunft ein wenig leichter haben wirst, dir trotz deines jungen Alters Respekt zu verschaffen?", fragte er nüchtern. "Ja", antwortete Sasuke wieder. "Gut. Außerdem hast du das Problem aufgedeckt. Du hast es verdient, dabei zu sein, wenn wir es aus der Welt schaffen." Ich warf Sasukes Mutter einen kurzen Blick zu. Hatte sie wirklich vor, einfach neben ihrem Mann zu sitzen und nichts zu sagen? Wollte sie einfach zulassen, dass sie nur über die Firma sprachen? Mikoto bemerkte meinen Blick und lächelte kaum merklich. Ich sah wieder Fugaku an. Ich hatte gerade wirklich nicht das Gefühl, ihr Lächeln erwidern zu wollen. "War es das?", fragte Sasuke kühl an seinen Vater gewandt. "Dann würde ich bis Shisui und Obito kommen mit Sakura nach oben-" "Sei still und hör zu", sagte Madara streng. "Dein Vater ist noch nicht fertig." "Nein, das bin ich nicht", bestätigte Fugaku ruhig. "Allerdings steht es dir ab jetzt frei zu gehen, wenn du nicht mehr von mir hören möchtest. Falls du dich aber entscheiden solltest, mich anzuhören, erwarte ich, dass du ruhig bleibst und zuhörst, bis ich fertig bin." Schweigen breitete sich aus. Alle, mich eingeschlossen, sahen Sasuke an. Und der schien sich nicht ganz sicher zu sein, was er wollte. Vermutlich schien er zwar wissen zu wollen, was sein Vater zu sagen hatte, doch schien er sich nicht ganz sicher zu sein, ob er den Inhalt auch wirklich hören wollte. "Bitte bleib, Sasuke", sagte Mikoto leise in die Stille. Weil ich direkt neben ihm saß, spürte ich, wie angespannt Sasuke war. Er war kurz davor aufzustehen. Wahrscheinlich hatte er das Gefühl, dass sie ihn früher und heute so sehr verletzt hatten, dass er nicht glaubte, dass irgendetwas, was sie sagen könnten, es für ihn besser machen würde. Doch ich wollte unbedingt, dass sie zumindest versuchen würden, miteinander zu reden. Also hob ich vorsichtig meine Hand und legte sie auf Sasukes Oberschenkel, in der Hoffnung, dass ich mich damit nicht zu sehr einmischen würde, aber dass ich Sasuke davon abhalten konnte, aufzustehen und zu gehen. Er warf mir einen kurzen Blick zu und ich lächelte leicht. Sasuke sah wieder seinen Vater an. "Ich will, dass Sakura auch hört, was du zu sagen hast." "Ich hatte nicht vor, sie wegzuschicken", sagte Fugaku mit einem kurzen Blick zu mir. "Im Gegenteil. Mit ihr möchte ich auch sprechen." Ich sah ihn überrascht an, aber er hatte sich schon wieder Sasuke zugewandt. Ich war nicht sicher, ob mir das gefiel. Bisher hatte ich die Erfahrung gemacht, dass es nie so richtig gut für für mich war, wenn Fugaku Uchiha mit mir sprechen wollte. "Okay. Sag, was du sagen willst", erwiderte Sasuke schließlich nach einer kleinen Pause und griff nach der Hand, die ich auf seinem Bein liegen hatte. "Danke", sagte Fugaku. "Zunächst möchte ich mich erklären, was diesen Vertrag angeht, den ich Sakura unterschreiben lassen wollte." Er musterte uns beide. "Wie du dir ja denken kannst, war das nicht die Idee deiner Mutter. Sie kann nichts dafür." Sasuke schnaubte verächtlich und warf seiner Mutter einen kurzen Blick zu. "Sei bitte nicht ungerecht. Du weißt genau, dass es nicht jedem leicht fällt, sich gegen mich durchzusetzen", sagte Fugaku streng und warf dann seiner Frau einen kurzen Blick zu. Mikoto sah auf ihre Hände. Fugaku fuhr fort: "Nach deiner Ankündigung, Sakura auf die Firmenfeier mitbringen zu wollen, war ich der Ansicht, dass es besser wäre, dem einen Riegel vorzuschieben. Madara und mir gefiel der Gedanke nicht, dass du so besessen von ihr zu sein schienst. Ich bitte dich, das aus unserer Perspektive zu betrachten. In der Regel bist du nicht besonders zugänglich und plötzlich ist da diese junge, außergewöhnlich gut aussehende Frau, die du erst seit ein paar Monaten kennst und auf einmal bestehst du darauf, dich mit ihr vor der ganzen Belegschaft öffentlich zu zeigen und zwar auf eine Weise, die deutlich macht, dass es für dich ernst ist. Gemessen an dem Zeitraum, den ihr euch erst kanntet, ein ziemlich drastischer Schritt. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine junge, hübsche Frau ihre Vorzüge nutzt, um an Geld und Einfluss zu gewinnen. Und du bist mit deinem Namen und deinem Reichtum für solche Vorhaben ein hervorragendes Ziel. Kannst du verstehen, dass ich ein gewisses Bedürfnis habe, dich vor so etwas zu bewahren?" "Ich hatte dir zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits mitgeteilt, wie ernst mir diese Sache ist!", sagte Sasuke kalt. "Und du hast dich einfach über meinen Wunsch hinweggesetzt. Und tu bitte nicht so, als wäre es dir dabei nur um mich gegangen! Du hast dir einfach eine Frau aus unserer Schicht für mich vorgestellt!" Fugaku sah Sasuke nachdenklich an. "Ich habe nicht daran gezweifelt, dass es dir dieses Mal ernst war, Sasuke. Ich habe daran gezweifelt, dass es Sakura ernst mit dir ist. Die halbe Millionen, die ich ihr angeboten habe, war großzügig, gemessen daran, dass ihr euch noch nicht lange kanntet und daran, dass Beziehungen in eurem Alter in der Regel ohnehin von nicht allzu langer Dauer sind. Ich war sicher, dass sie einwilligen würde. Madara stimmte mit mir darin überein. Deine Mutter war dagegen, sie hielt es für möglich, dass Sakura ablehnen würde. Offenbar besaß deine Mutter in diesem Fall das bessere Urteilsvermögen. Doch selbst du musst zugeben Sasuke, dass es ziemlich ungewöhnlich ist, dass ihr, du und Sakura, innerhalb so kurzer Zeit eine so enge Bindung entwickeln konntet." Er wandte sich an mich. "Es hat mich beeindruckt, dass du in deinem Alter in der Lage warst, dem Druck, den ich auf dich ausgeübt habe, zu widerstehen, Haltung zu wahren und auf deiner Position zu beharren. Zudem hast du geschickte Worte gewählt. Ich ging mit dem Eindruck, dass dir Sasuke vielleicht wirklich wichtig wäre. Ja, mir gefällt dein gesellschaftlicher Hintergrund nicht. Doch du hast Stärke und Charakter bewiesen und das hat dich in meinen Augen als Partnerin für meinen Sohn auf gewisse Weise qualifiziert. Ich entschied, dich zu beobachten und bisher hat sich mein positiver Eindruck eher verstärkt." "Trotzdem", mischte sich Madara kühl an Sasuke gewandt ein, "hielt ich es für ratsam, heute zu versuchen, sie ein wenig besser unter Kontrolle zu bringen. Eben genau weil dein Vater und ich keinen Zweifel mehr daran hatten, dass ihr einander offensichtlich ungewöhnlich viel bedeutet. Das war nicht besonders nett von mir, aber ich hielt es für geboten, das zumindest zu versuchen. Wir, dein Vater und ich, haben eine Verantwortung der Familie und der Belegschaft gegenüber. Man erwartet von uns, und das zurecht, dass wir Risiken im Blick behalten und minimieren, wo wir können." Madara sah Sasuke fest in die Augen. "Damit wollten wir Sakura nicht schaden. Dein Vater schien der Ansicht zu sein, dass sie gut für dich wäre und ich wollte lediglich, dass wir zur Sicherheit etwas in der Hand hätten. Wir hatten nicht vor, sie loszuwerden. Behalte sie, wenn es dir so wichtig ist. Auch wenn ich deine Risikobereitschaft in dieser Sache nach wie vor missbillige." Sasuke sah zu seinem Vater und seiner Mutter. Mikoto lächelte ihn vorsichtig an und Fugaku sagte: "Deine Mutter und ich billigen eure Beziehung. Sakura hat vorhin, als du draußen warst, um dich zu sammeln, wieder bewiesen, wie gut sie dich versteht und dass sie einen positiven Einfluss auf dich hat." Ich verspürte Erleichterung. Das war gut. Wirklich gut. Vielleicht würde ich mich in Zukunft hier etwas wohler fühlen können. Ich warf Sasuke einen Blick zu. Er hatte seinen Griff um meine Hand etwas gelockert und schien sich ein ganz klein wenig entspannt zu haben. "Okay", sagte er schließlich. "Möchtest du dazu noch etwas sagen oder ist das Thema damit erledigt?", fragte Fugaku. "Belassen wir es dabei", sagte Sasuke. "Zumindest solange ich mich darauf verlassen kann, dass du es ernst meinst." "Du hast mein Wort", sagte Fugaku und Sasuke schien das zufrieden zu stellen. Beinahe. "Ich habe eine Bedingung. Damit kannst du direkt beweisen, dass es auch wirklich so ist", sagte er kühl. "Und die wäre?", fragte sein Vater, ohne, dass sich erkennen ließ, ob ihn das ärgerte. "Ich möchte, dass du Obito und Shisui darauf hinweist, dass sie Sakura mit Respekt zu behandeln haben. Ich will nicht, dass sie sie "Süße" und "Kleine" nennen. Ich habe es versucht, aber sie hören nicht richtig auf mich. Beziehungsweise nur vorübergehend. Ich werde mich bald besser gegen sie behaupten können aber momentan testen sie die Grenzen aus, wo sie nur können. Es ist anstrengend diesen Kampf jedes Mal wieder neu austragen zu müssen. Wenn du es nicht für Sakura tun willst, tu es für mich. Gespektloses Verhalten Sakura gegenüber ist auch respektloses Verhalten mir gegenüber." "Darum kümmere ich mich später", sagte Madara. "Betrachte es als erledigt." Sasuke sah seinen Onkel ein wenig misstrauisch an, als könne er nicht ganz glauben, was er hörte. "Als Nächstes", fuhr Fugaku fort, "möchte ich, dass du entscheidest, was mit der Hausangestellten passieren soll." Sasuke antwortete ohne zu überlegen: "Ich möchte, dass sie fristlos entlassen wird. Und ich möchte, dass sie weitere sechs Monate volles Gehalt und ein vernünftiges Zeugnis bekommt." Sein Vater zog leicht die Augenbrauen hoch. "Warum diese Milde?" "Das ist keine Milde", sagte Sasuke kühl. "Das ist eine Sicherheitsmaßnahme, um Sakura zu schützen. Ich habe die Erfahrung machen müssen, dass sie leider leicht Probleme anzieht, die ich von ihr fernhalten will. Ich brauche keine verletzten Gefühle und Racheaktionen. Das hatte ich schon und es wäre beinahe schief gegangen." Fugaku warf mir wieder einen kurzen Blick zu und auch Mikoto und Madara musterten mich. Dabei war mir nicht ganz wohl. "Wie du möchtest", sagte Fugaku und sah seine Frau an. "Ich werde mich gleich morgen darum kümmern, Sasuke!", sagte sie rasch. "Ich werde freundlich und feinfühlig sein und ihr keinen Grund für negative Gefühle gegeben. Und ich werde die Stelle mit einer Person besetzen, bei der es keine Gefahr gibt, dass ein ähnliches Problem erneut auftritt." Sasuke entspannte sich noch ein wenig mehr. Und ich konnte nicht leugnen, dass mich das auch ziemlich erleichtete. Das entwickelte sich alles ziemlich gut. Allerdings hatten sie das wichtigste Thema bisher erfolgreich ausgespart. "War es das jetzt?", fragte Sasuke erneut. Vielleicht hatte er das Gefühl, dass er sich gerade wieder in den Griff bekommen hatte und er sich nicht erneut aufregen wollte. "Noch nicht ganz", sagte Fugaku streng. Er sah Sasuke ernst an. "Wir möchten wissen, was du vorhin mit 'fast vergewaltigt und verbrannt' gemeint hast." Seine Augen huschten kurz über den Verband an meinem Arm. Ich sah Sasuke nervös an. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie das überhaupt groß interessieren würde. Und ich wollte nicht, dass Neji noch mehr Probleme bekam, als er vermutlich ohnehin bereits hatte. Immerhin kam er mit einem immer noch etwas demolierten Gesicht nach Hause. Ich hoffte bloß, dass Hinata ihm beistehen würde. Sasuke schien das Gleiche zu denken, denn er sagte: "Ich meinte das wortwörtlich. Allerdings haben Sakura und ich uns darum bereits gekümmert. Diese Probleme bestehen nicht mehr." Fugaku verengte die Augen. "Das klingt allerdings ein bisschen zu ernst, als dass sich zwei Menschen in eurem Alter darum kümmern sollten." "Tja, wir sind aber beide geübt darin, uns um Probleme zu kümmern, die Menschen in unserem Alter für gewöhnlich überfordern würden", sage Sasuke kühl und ein wenig gereizt. Sein Vater musterte ihn schweigend, ohne auf den Seitenhieb einzugehen. "Sakura, hast du eine Brandverletzung am Arm?", fragte Mikoto freundlich an mich gewandt. Ich sah sie etwas überfordert an. Ein wenig, ein ganz ganz kleines bisschen, fühlte ich mich plötzlich daran erinnert, wie es war, wenn eine Mutter sich besorgt nach meinem Befinden erkundigte. Dieses Gefühl der Erinnerung traf mich vollkommen unerwartet und ich konnte nicht gut damit umgehen. "Es ist nicht schlimm", sagte ich ganz leise und griff reflexartig mit meiner Hand nach dem bandagierten Arm. "Ein Arzt hat es sich angesehen, in ein paar Tagen sollte es wieder gut sein", sagte Sasuke mit fester Stimme. "Wie ist das passiert?", fragte Fugaku. "Temari war zufällig auch dort auf Klassenfahrt", sagte Sasuke kühl. "Sie ist durchgedreht, hat Sakura in eine Fackel gestoßen und ihr Kleid hat Feuer gefangen. Ich konnte es gerade rechtzeitig löschen." "Wie schrecklich!", sagte Mikoto vollkommen entsetzt. "Danzo Shimuras Tochter?", fragte Fugaku ruhig. "Ja", sagte Sasuke. Madara sah Sasuke streng an. "Ich habe dir immer gesagt, dass Frauen nicht dazu da sind, damit du dich an ihnen abreagieren kannst! So benimmt man sich nicht und es schafft Probleme." "Danke, das habe ich mittlerweile verstanden", sagte Sasuke gereizt. "Aber Temari macht das mit Männern genauso. Die ist garantiert kein Opfer! Die hat bloß nicht vertragen, dass sie nicht mehr der Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit war!" "Das reicht!", sagte Fugaku und Madara, der gerade etwas hatte erwidern wollen, schloss den Mund wieder und schwieg. "Ich werde wegen Temari mit Danzo sprechen. So ein Verhalten toleriere ich nicht", sagte Fugaku. "Nicht dir gegenüber und auch nicht Sakura gegenüber." Ich fühlte mich noch seltsamer und überforderter. Es war total merkwürdig für mich, dass sich jemand Erwachsenes um mich kümmerte, ohne, dass er oder sie dafür bezahlt wurden, weil es nunmal ihr Job war. Auch wenn Sasukes Vater vielleicht nur erreichen wollte, dass Sasuke ihm verzieh, war es doch irgendwie angenehm, dass er mich nun scheinbar ebenso wie seinen Sohn zu verteidigen schien, zumindest in diesem Fall. Es war angenehm und es verwirrte mich zutiefst. Madara hatte sein Smartphone aus der Tasche gezogen und sich eine kurze Notiz gemacht. Er steckte es wieder weg und sah Fugaku an. "Ich habe dir bereits gesagt, dass ich es ohnehin für notwendig halte, dass wir mit Danzo sprechen. Das bietet uns eine günstige Gelegenheit für einen Anlass." Fugaku nickte knapp. "Soll ich wegen der anderen Sache etwas unternehmen?", fragte Madara kühl und sachlich an Sasuke gewandt. Ich sah rasch zu Sasuke und schüttelte den Kopf. Er lächelte mich beruhigend an und sagte dann zu Madara. "Nein, das haben wir wirklich geklärt. Das Problem ist aus der Welt." Madara nickte leicht. "In Ordnung." "Für die Zukunft", sagte Fugaku und fixierte Sasuke mit seinem Blick, "möchte ich, dass dir bewusst ist, dass du mit solchen Problemen zu mir kommen kannst. Niemand von uns erwartet, dass du mit so etwas alleine fertig werden musst. Ich werde dann Verständnis haben, wenn du deine Aufgaben nicht wie erwartet erfüllst und ich werde so etwas nicht verwenden, um Sakura loszuwerden. Ich verstehe, falls du mit solchen Problemen nicht zu mir kommen möchtest. Doch ich will, dass du dir im Klaren darüber bist, dass diese Möglichkeit für dich besteht." Mikoto nickte bei diesen Worten bekräftigend. Madara saß ruhig da und ließ nicht erkennen, was er dachte. Sasuke ließ ebenfalls nicht erkennen, was er davon hielt. Vielleicht überforderte ihn das. "Und zuletzt", sagte Fugaku, "möchte ich dich darauf hinweisen, dass deine Annahme falsch ist, dass uns dein Bruder gleichgültig ist." Sasuke spannte sich wieder an und sah seinen Vater an, als würde er nicht recht wissen, ob er es schaffen würde, ruhig zu bleiben, wie es von ihm erwartet wurde. "Itachi ist uns nicht gleichgültig", sagte Mikoto leise und traurig. "Und sei versichert Sasuke, dass ich mir meiner Schuld bewusst bin", sagte Fugaku. "Unserer Schuld", sagte Madara mit einem schnellen Blick zu seinem Bruder. "Das gilt ebenso für mich. Und es fällt deinem Vater daher nicht leicht, darüber zu sprechen." "Aber", sagte Sasuke und er klang aufgewühlt und etwas flehentlich, "dann müsst ihr doch irgendetwas tun!" "Das tun wir", sagte Fugaku leise. "Wir versuchen ihn zu finden. Madara investiert viel Zeit in die Suche nach deinem Bruder. Ich hätte einfach gerne Ergebnisse gehabt, bevor ich mir dir spreche." Sasuke sah entsetzt aus und das konnte ich gut verstehen. Er sah flehentlich zu Madara, aber der sagte: "Nichts. Ich finde nichts." "Du versuchst es nicht richtig!", sagte Sasuke sofort laut und heftig. "Du willst ihn doch gar nicht wirklich finden!" Diese Neuigkeit schien wieder zu viel für ihn zu sein. Sie nahm ihm noch mehr von seiner Hoffnung, dass Itachi wohlbehalten wieder auftauchen könnte. Ich merkte, dass ich schon wieder meine Tränen unterdrücken musste. Er tat mir so leid. Irgendwie taten sie mir alle leid. "Hör auf!", sagte Fugaku streng. "Madara versucht es richtig. Ich weiß, du hättest es lieber, du müsstest diese Realität nicht akzeptieren. Weil dir bewusst ist, dass es kein gutes Zeichen ist, wenn Madara nicht in der Lage ist, jemanden zu finden. Aber so ist es nunmal." "Aber Itachi hat eine Menge Geld zur Verfügung und er ist sehr intelligent!", sagte Sasuke. Er klang verzweifelt. "Das stimmt", sagte Madara. "Du solltest dir allerdings nicht allzu viel Hoffnung machen. Du weißt, wozu ich in der Lage bin. Du weißt, was ich, wenn nötig, bereit bin zu tun, um meine Ziele zu erreichen. Und wenn es mir trotzdem nicht gelingt, dann besteht leider Anlass zu der Annahme, dass es unmöglich ist." "Trotzdem!", sagte Sasuke. "Wieso sollte ich dir glauben, dass du ihn wirklich finden willst? Du magst ihn nicht, du hast ihn nie verstanden!" Madara musterte Sasuke einen Moment schweigend. "Das stimmt. Ich habe ihn nie verstanden. Trotzdem versuche ich ernsthaft ihn zu finden. Und wenn du mir nicht glaubst, dass ich es um seinentwillen tue, dann wirst du doch wenigstens glauben, dass ich es für die Familie und das Unternehmen tue. Mir wäre es lieber, ich wüsste, was aus ihm geworden ist, alleine schon, um die Risiken für unseren guten Ruf besser beurteilen zu können." Sasuke starrte ihn einen Moment wütend an, dann schien ihm aufzufallen, dass er meine Hand zu dolle drückte und er ließ rasch los. "Mehr gibt es dazu vorerst nicht zu sagen", sagte Sasukes Vater. "Ich bin fertig. Ihr könnt gehen." Doch ich fand nicht, dass es damit nun erledigt wäre. Zwar war ich durchaus positiv überrascht davon, wie sich alles entwickelt hatte, abgesehen natürlich von der leider deutlich geschmälerten Hoffnung, dass Sasukes Bruder wohlbehalten wieder auftauchen würde, doch ich wollte unbedingt etwas zu dem Thema 'Schuld' sagen. Bloß hatte ich Angst, damit alle, Sasuke eingeschlossen, zu verärgern. Und doch war ich mir sicher, dass es gut wäre, das anzusprechen. Sasuke stand auf. "Ich bin mit Sakura oben, bis Obito und Shisui hier sind." Sein Vater nickte. Sasuke sah mich an, weil ich zögerte und nicht aufstand. "Komm", sagte er und hielt mir seine Hand hin. Ich musste mich entscheiden. Sollte ich es wirklich riskieren, mich einzumischen und Sasukes Zorn auf mich zu ziehen? Und den Zorn seiner Familie, wo doch gerade alles so gut für mich lief? Aber es ging nicht um mich. Es ging um Sasuke. Ich musste einfach etwas tun, um ihm zu helfen! Ich entschied mich dafür, mutig zu sein. "Entschuldigung, dürfte ich vielleicht etwas sagen?", fragte ich vorsichtig und so höflich, wie ich konnte. Alle sahen mich an. Ich vermied den Blick zu Sasuke. "Ich glaube nicht, dass es dazu noch etwas zu sagen gibt", sagte Fugaku in neutralem Ton. "Oder, dass dich unsere familiären Probleme etwas angehen", fügte Madara kühl hinzu. Ich vermied es immer noch Sasuke anzusehen und blickte stattdessen zu seiner Mutter. Sie runzelte leicht die Stirn. Aber dann sagte sie: "Ich möchte gerne hören, was Sakura zu sagen hat. Sag es mir, wenn sie es nicht hören wollen." Nun warf ich leider doch einen ganz kurzen Blick zu Sasuke. Er stand nach wie vor da und sah mich an, aber er hatte die Hand, die er mir entgegen gehalten hatte, etwas sinken lassen. Er wirkte irritiert und schien nicht ganz sicher zu sein, was nun passieren würde und was er davon halten sollte. Ich sah schnell wieder zu Mikoto. "Ich weiß, dass es mich nichts angeht!", sagte ich eilig. "Und ich möchte mir wirklich nicht herausnehmen, mich einzumischen. Aber ich habe mich gefragt, ob Ihnen allen bewusst ist, dass Sasuke glaubt, er wäre ebenfalls Schuld an der Sache mit seinem Bruder. Dass er sich Vorwürfe macht, dass er es nicht geschafft hat, das alles zu verhindern." Fugaku und Mikoto starrten mich an. Ich mied Sasukes Blick. "Das ist lächerlich!", sagte Madara. "Warum sollte er denn-" Doch Mikoto unterbrach ihn und beachtete ihn gar nicht. "Stimmt das Sasuke?", fragte sie leise. Jetzt sah ich doch zu ihm hin. Sasuke wirkte verwirrt und verärgert. "Ich...", setzte er an, aber er schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte. Er warf mir einen wütenden Blick zu. "Gehen wir hoch!", sagte er kühl zu mir. "Komm!" Doch offenbar hatte ich erreicht, was ich hatte erreichen wollen, denn Sasukes Vater sagte: "Setz dich wieder hin Sasuke! Offensichtlich gibt es doch noch etwas zu sagen!" Sasuke sah seinen Vater wütend an, aber Fugaku blickte ihn so streng an, dass er sich tatsächlich wieder neben mich setzte. "Stimmt das Sasuke?", fragte Mikoto erneut. "Denkst du das wirklich?" Sasuke sah von seiner Mutter, zu seinem Vater, zu Madara. "Beantworte die Frage", sagte Sasukes Vater. "Denkst du, du hättest Schuld daran?" "Ja verdammt!", sagte Sasuke laut. "Natürlich! Wir sind alle Schuld daran! Wir haben alle nichts getan! Ich habe ihm nicht genug geholfen! Ich habe nicht früh genug kapiert, wie ernst es war! Ich hätte ihn zwingen müssen, sich Hilfe zu holen! Ich hätte euch zwingen müssen! Ich hätte mehr für ihn da sein müssen! Ich hätte irgendetwas unternehmen müssen! Ich hätte mit ihm weglaufen sollen! Ich bin Schuld, dass er verschwunden ist, weil ich euch von den Drogen erzählt habe! Ich bin Schuld, dass er wahrscheinlich tot ist! Diesen Streit gab es nur, weil ich falsch entschieden habe und am nächsten Morgen war er weg! Ich hätte ihn in dieser Nacht nicht alleine lassen dürfen, aber er war so wütend auf mich und ich war durcheinander. Doch ich hätte es nicht tun dürfen, ich wusste, wie schlecht es ihm ging! Ich hätte-" Aber weiter kam er nicht, denn Fugaku sagte sehr laut und entschieden: "Das reicht Sasuke!" Sasuke verstummte und sah seinen Vater verzweifelt an. Fugaku und Mikoto tauschten einen Blick. "Sasuke...", sagte seine Mutter sanft. "Das stimmt einfach nicht!" "Doch! Ich-", setzte Sasuke an aber sein Vater schnitt ihm das Wort ab. "Sei still und hör deiner Mutter zu!" Sasuke funkelte ihn wütend an aber er verstummte wieder. Mikoto stand auf und kam zu uns herüber. Sie ging vor Sasuke in die Hocke und wollte nach seiner Hand greifen. Aber er zuckte vor ihr zurück. Doch ich war unendlich dankbar, dass sie dieses Mal offenbar nicht vorhatte, sich einschüchtern zu lassen. Sie griff trotzdem nach seiner Hand. "Sasuke, wenn jemand nicht daran schuld ist, dann du!", sagte sie mit fester Stimme. "Du bist nicht daran Schuld. Gar nicht. Nicht mal ein ganz kleines bisschen! Du hast viel viel mehr getan, als überhaupt zu erwarten gewesen wäre. Wir sind schuld. Wir allein. Dein Vater, dein Onkel und ich. Du hast versucht, mit uns zu sprechen. Du hast alles versucht. Und nichts, was du hättest anders machen können, hätte etwas geändert!" "Da stimme ich deiner Mutter zu!", sagte Fugaku deutlich. "Und selbst wenn es anders gewesen wäre, wäre es trotzdem nicht deine Schuld. Du warst ein Kind. Du bist vor ein paar Monaten erst volljährig geworden. Es war nicht deine Verantwortung sondern unsere. Unsere allein." "Ja", sagte Madara bloß. Sasuke wirkte verwirrt. Seine Mutter sah ihn liebvoll an und lächelte traurig. "Läufst du wirklich seit drei Jahren mit der Vorstellung herum, du würdest daran eine Mitschuld tragen? Es tut mir so leid Sasuke. Es tut mir so leid, dass ich das nicht verstanden habe! Der Gedanke ist für mich, für uns alle, so abwegig, dass wir nicht einmal darauf gekommen wären, dass du so etwas denken könntest! Wir dachten, du wärst einfach unglaublich wütend auf uns. Wir dachten, dass du uns einfach dafür hasst. Und wir fanden, wir hatten kein Recht, dir das zu nehmen. Wir fanden, dass wir das auszuhalten hatten, weil wir es verdient haben. Nie hätte ich geglaubt, dass du so etwas mit dir herumschleppst und sich deine Wut auch gegen dich richtet!" Sasuke sah sie an und in seinem Gesicht spiegelten sich so viele Emotionen. Wut, Verzweiflung, Traurigkeit, Verwirrung, aber vor allem, und das ganz deutlich, unendliche Erleichterung. Es schien, als ob er diesen Freispruch von seiner Familie wirklich gebraucht hatte. "Hass mich, wenn du willst!", sagte Fugaku deutlich. "Aber ich verbiete dir, dich selbst dafür zu hassen! Das ergibt keinen Sinn. Niemand, der die Situation von außen betrachtet, würde dir irgendeine Schuld zuweisen. Also solltest du es auch selbst nicht tun. In dieser Sache liegst du falsch." "Es ist nur unsere Schuld!", sagte Madara nachdrücklich. "Kannst du uns das bitte glauben?", fragte Mikoto sanft und versuchte Sasuke ins Gesicht zu sehen. Er schien nicht ganz zu wissen, wie er mit all dem umgehen sollte und sah auf seine Hände. "Siehst du?", fragte ich sanft. "Niemand denkt, dass du schuld bist. Niemand außer dir. Darum solltest du vielleicht in Betracht ziehen, dass du dich eventuell irrst, oder nicht?" Sasuke sah zu mir und schien nun genauso überfordert, wie ich mich ständigt fühlte. Wie er sich wahrscheinlich auch ständig fühlte. Und nun zeigte er es endlich mal. "Ich bin zutiefst beeindruckt, dass du es geschafft hast, mit dieser Last weiter zu funktionieren!", sagte Fugaku entschieden. "Ich wünschte, ich hätte das früher verstanden." Er sah mich an. "Ich weiß deinen Einsatz für ihn zu schätzen!" In diesem Moment klingelte es an der Tür und Madara stand auf, um zu öffnen. Mikoto erhob sich ebenfalls und Sasuke schien mit sich zu kämpfen, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Es schien ihm sogar zu gelingen, denn als Madara mit Obito und Shisui ins Wohnzimmer kam, wirkte er wieder vollkommen normal. "Hallo Zusammen! Wir sind etwas zu früh, aber ich wollte noch etwas anderes besprechen", sagte Obito. Shisui warf mir einen überheblichen Blick zu. Dann wandte er sich belustigt an Sasuke. "Du machst sie jetzt zu einem richtigen Familienmitglied, was Sasuke? Wenn sie sogar schon mit euch im Wohnzimmer sitzt..." "Das genügt", sagte Madara. "Ich erwarte sowohl Sasuke als auch Sakura gegenüber in Zukunft ein wenig mehr Respekt von euch. Ihr sollt ihn unterstützen und euch nicht über ihn lustig machen. Verhaltet euch angemessen." Obito und Shisui sahen ihn ein wenig irritiert an. "Habt ihr mich verstanden?", fragte Madara. "Klar", sagte Obito verwirrt. "Verstanden", antwortete Shisui. "Gut", sagte Fugaku. "Sasuke, möchtest du einen Moment nach oben gehen und dich Ausruhen?" "Nein", antwortete Sasuke. "Ich fühle mich gut. Danke." Er klang wieder vollkommen normal. Vielleicht tat es ihm gerade sogar ganz gut, dass er sich wieder mit solchen, für ihn alltäglichen, Dingen beschäftigen konnte. Den Rest musste er vermutlich erstmal verdauen. Obito und Shisui tauschten einen Blick miteinander. Vielleicht fragten sie sich, ob sie irgendwas verpasst hatten. "Möchtet ihr mit uns essen, wenn ihr hier fertig seid?", fragte Mikoto freundlich an die beiden gewandt. "Ich werde etwas zubereiten und herbringen lassen." Sie bejahten das und Mikoto ging kurz aus dem Raum, um zu telefonieren. Ich stand auf und warf Sasuke einen vorsichtigen Blick zu, um zu sehen, ob zwischen uns alles in Ordnung war. Das war schließlich etwas übergriffig von mir gewesen. Er legte seine Hand in meinen Nacken, zog mich zu sich und gab mir einen kurzen Kuss. "Danke", flüsterte er in mein Ohr, dann ließ er mich wieder los. Ich lächelte. Ich war erleichtert. Obito schien dazu schon wieder einen Kommentar machen zu wollen, aber nach einem Blick zu Madara besann er sich offenbar einen Besseren und ließ es sein. Mikoto kam zurück. "Du isst auch mit uns, Sakura!", sagte sie entschieden. "Ich würde vorschlagen, wir lassen sie sich jetzt besprechen und in der Zwischenzeit fahre ich dich zu deiner Wohnung. Dann kannst du in Ruhe deine Sachen von der Reise auspacken und alles holen, was du morgen für die Schule benötigst. Und dann nehme ich dich wieder mit hier her und du kannst bei Sasuke übernachten. Möchtest du das?" "Ja", sagte ich leise und überglücklich. "Danke!" Sie lächelte. Dann sah sie Sasuke an. "Das ist doch in deinem Sinne, nicht wahr?" "Ja", sagte er. Und zwar in einem sehr viel freundlicheren Ton, als dem, den er normalerweise ihr gegenüber gebrauchte. "Sasuke kann morgen nicht zur Schule", sagte Fugaku. Das Unternehmen geht vor." "Selbstverständlich!", sagte Mikoto lächelnd. "Ich werde Sakura morgen nach dem Frühstück zur Schule bringen und ihr könnt in die Firma fahren." Fugaku nickte. Und damit war das nun offenbar für alle beschlossene Sache. Ich sparte mir den Hinweis, dass ich doch auch einfach mit dem Bus zu Schule fahren konnte. Ich wollte niemanden vor den Kopf stoßen. Außerdem fühlte ich mich zwar nun viel wohler als vorher, aber ich war immer noch eingeschüchtert von dieser Familie und dieser Welt mit ihren Regeln und dem vielen Geld. Also beschloss ich fürs Erste, mich einfach zu fügen. Zumindest für heute Abend und Morgen früh. Denn ich wollte heute noch bei Sasuke bleiben. Und ich wollte nicht ganz alleine in meiner winzigen Wohnung sein. "Wie fühlst du dich jetzt?", fragte ich Sasuke, als wir ein paar Stunden später endlich zusammen in seinem Bett lagen, um zu schlafen. "Machst du dir jetzt nicht noch viel mehr Sorgen, weil dein Vater und dein Onkel deinen Bruder auch nicht finden können?" Er strich mir durch die Haare und küsste meine Stirn. Dann zog er mich in eine etwas engere Umarmung. "Nein. Ich habe sowieso nicht mehr viel Hoffnung. Ich rechne schon lange nicht mehr wirklich damit, dass ich ihn wiederbekomme. Ich bin eher froh, weil ich es scheinbar nicht an mir liegt, dass ich es nicht schaffe, ihn zu finden. Wenn Madara es auch nicht schafft, liegt es nicht daran, dass ich etwas falsch mache oder ich zu wenig Geld und Zeit investiere. Auf gewisse Weise ist das eine Erleichterung. Ich werde dennoch weiter versuchen, etwas herauszufinden." Ich schmiegte mich an ihn. Der Tag war so voll von Wendungen und Emotionen gewesen, dass ich ganz erschöpft war. "Allerdings", sagte Sasuke nach einem kurzen Moment und ich hörte an seiner Stimme, dass er grinste, "weiß ich gerade nicht, ob mein Ego es so gut verkraftet, dass du in den letzten Stunden mehr auf mich aufgepasst hast, als ich auf dich!" Ich lachte. "Dafür bekommst du von mir kein Mitgefühl. Probleme, die du mit deinem übertriebenen Stolz hast, interessieren mich grundsätzlich eher weniger!" Das überging er geflissentlich. "Willst du nicht hier einziehen?", fragte er unvermittelt und ich hörte an seinem Ton, dass er immer noch grinste. "Nein!", sagte ich. "Du übertreibst es schon wieder Sasuke!" Er lachte und ich musste auch lachen, weil es so schön war, sein Lachen zu hören. Und zu wissen, dass ich dafür verantwortlich war. Obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob er das nicht auch ein kleines bisschen ernst gemeint hatte. "Wieso nicht?" "Weil ich eine selbstbestimmte, eigenständige Frau bin! Dann kann ich dich ja auch gleich heiraten!" "Hätte ich kein Problem mit!" "Lass das nicht Madara und deinen Vater hören! Dann misstrauen sie mir wieder und dann würden sie mich garantiert zwingen, irgendwelches Zeug zu unterschreiben!" Er lachte wieder. "Aber ich fürchte, mit deiner Selbstbestimmtheit und Eigenständigkeit wird es sowieso leider in Zukunft ein bisschen schwierig werden Prinzessin! Meine Familie hat dich zwar nun akzeptiert, aber jetzt werden sie alle anfangen, an dir herumzuerziehen!" "Oje!", sagte ich belustigt. Allerdings war mir der Gedanke auch schon gekommen und eigentlich fand ich das gar nicht so witzig. Aber erstmal abwarten. Er lachte. "Gut, dass ich es geschafft habe, dass du dich unsterblich in mich verliebst, bevor dir richtig klar wurde, in was du dich da hineinbegibst!" "Hey!", sagte ich empört. "Von 'unsterblich verliebt', war nie die Rede! Du bist doch komplett größenwahnsinnig!" "Ach ja, ist das so?", raunte er in mein Ohr und bei dem Tonfall überlief mich eine Gänsehaut. Er lachte leise und ein wenig fies, weil er es wahrscheinlich bemerkt hatte. Er zog mich noch ein wenig enger an sich und sagte leise und selbstsicher: "Sträube dich ruhig dagegen, soviel du willst! Ich brauche nichts, womit ich dich erpressen kann, um dich an mich zu binden. Ich werde ich behalten!" "Das klingt jetzt irgendwie wie eine Drohung!", sagte ich lachend und wich ihm aus, als er mich küssen wollte. "Selber schuld, wenn du so großartig bist!", raunte er zufrieden. "Ich wäre ein Idiot, wenn ich dich wieder hergeben würde!" "Da ich dir nicht gehöre, brauchst du dir übers Hergeben keine Gedanken zu machen!", sagte ich lachend. "Hmm", machte er desinteressiert und versuchte wieder mich zu küssen aber ich wich erneut aus und er knurrte unzufrieden. "Halt deinen hübschen Mund und hör auf dich zu sträuben Prinzessin!" "Manchmal bist du echt ein bisschen sexistisch!", sagte ich. Allerdings nur so halb ernst. "Bin ich überhaupt nicht!", antwortete er empört. "Was hat mein Verhalten denn mit dem Geschlecht zu tun? Glaubst du, wenn ich auf Männer stehen würde und keine Frau wärst, würde das irgendwie anders laufen?" Ich lachte. "Nein. Du hast recht. Entschuldige! Du bist einfach nur ein Idiot!" "Und du bist ganz schön frech", sagte er halb belustigt und halb verärgert. "Du kannst gleich auf dem Boden schlafen meine Liebe!" "Als ob du das übers Herz bringen würdest!" "Wetten?" "Lieber nicht! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob du mich oder das Gewinnen mehr magst!" Und obwohl wir noch ein wenig herumscherzten und ich mich wirklich glücklich fühlte, musste ich beim Einschlafen an Sasukes Bruder denken. Und daran, wie sehr ich mir wünschte, dass der unwahrscheinliche Fall eintreten würde, dass Madara oder Sasuke ihn schließlich doch noch aufspüren würden. Dieser Wunsch wurde mir allerdings nicht erfüllt. Jedenfalls nicht genau auf diese Weise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)