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Im Wechsel der Jahreszeiten

von

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Frühling, Sommer, Ja Teil 20 / Sturmzyklus Teil 4 - Sturmglocke und Schlafsack

Wenn die Sturmglocke läutet, bleibt nicht viel Zeit. Doch sie reicht, um alles zu verriegeln, die Fensterläden zu verrammeln, die Tiere in den Stall zu treiben und die Familie in den Sturmkeller zu bringen.

Dann überlebt man, und wenn man Glück hat halten sich die Schäden in Grenzen.
 

Bei Jako und Marti hatte es keine warnende Sturmglocke gegeben. Oder vielleicht hatten sie sie auch einfach überhört.
 

Marti starrte Jako entsetzt an.

Seine Wange brannte. Aber schlimmer war die Demütigung. Die Missachtung. Die Ungerechtigkeit.

Jako starrte entsetzt auf seine Hand, dann zu Marti. Entsetzt über sich selbst.
 

Marti sprang auf. Er stieß dabei gegen den kleinen Tisch. Die Tassen schepperten, eine fiel um und der Kaffee lief über den Tisch, tropfte auf das Fell von Midnight, die auf dem Boden eingerollt geschlafen hatte. Sie fuhr fauchend auf.

Marti stürzte an Jako vorbei. Er rannte durch die Wohnung, schlug die Tür hinter sich zu und rannte die Treppen runter. Wohin? Keine Ahnung, erst mal nur weg.
 

Jako stand wie versteinert. Wäre Midnight nicht vor Ärger über ihr nasses Fell und vor Mitleid mit ihrem Marti fauchend und kratzend auf sein Bein losgegangen, hätte er noch lange so gestanden.

Aber Midnights Krallen brachten ihn ins hier und jetzt zurück.

Und so rannte er hinterher, flog fast die Treppen runter. Rannte aus der Haustür auf den Bürgersteig.

"Marti!"

Er schrie es laut, aber Marti war nicht mehr zu sehen.

"Marti!"

Es hatte keinen Zweck. Er wusste nicht, wo Marti hingelaufen war.

Er musste nachdenken.

Scheiße.
 

Er ging mühsam die Treppen nach oben, zurück in die Wohnung.

Schloss die Wohnungstür hinter sich.

Er lehnte sich gegen die Wand, rutschte an ihr entlang zu Boden, legte den Kopf auf die Arme und begann zu schluchzen.

Midnight spürte, dass es ihm schlecht ging. Und wie immer in solchen Augenblicken kam sie trösten. Sie schleckte ihm über seine Hände, rieb ihr kleines Köpfchen an seinem Gesicht.

Sie spürte, dass ihr Freund jetzt Liebe brauchte, und sie öffnete ihr kleines Herz für den großen, schönen, traurigen Mann.
 

Marti war einfach nur fort gerannt. Als er zu sich kam, fand er sich im Park, ihrem Park. Er atmete durch.

Marti, verdammt, du musst nachdenken.

Nachdenken.

Scheiße.

Unwillkürlich war er die gewohnten Wege gelaufen. Und so stand er plötzlich vor "ihrer" Parkbank. Die Bank, auf der sie schon manchmal gesessen und geredet hatten.

Er setzte sich. Es fühlte sich komisch an, allein hier zu sitzen.

Er schloss die Augen und drehte das Gesicht in Richtung Sonne.
 

Was zum Henker sollte er jetzt tun?

Erst einmal das naheliegende.

Er brauchte Zeit für sich.

Er nahm sein Handy und wählte Ricks Nummer.

"Ja?"

"Rick? Ich... Marti hier. Ich brauche Hilfe."

"Marti, was ist los?"

"Rick, kannst du mir bitte deine Luftmatratze und deinen Schlafsack leihen und in mein altes Zimmer packen? Ich brauche einen Platz zum pennen. Für heute Nacht. Vielleicht auch länger."

"Ja klar, Marti, aber - was ist passiert?"

"Sei mir nicht böse, Rick, ich möchte jetzt nicht darüber reden."

"Marti, klar kannst du hier schlafen. Auch wieder hier wohnen, wenn du willst. Und reden, wann immer du möchtest."

"Danke, Rick. Ich komme nachher."

Er legte auf.
 

Wie nun weiter?

Er würde ein paar Tage brauchen, um sich klar zu werden, wie es weiter gehen sollte.

Verdammt noch mal.

Verfickte Scheiße.

Er liebte Jako. Liebte ihn bis zum Wahnsinn. Liebte ihn, dass es schmerzte. Liebte ihn, und wollte sein Leben mit ihm verbringen. Mit ihm alt werden. Für ihn da sein.

Aber nicht so.

Es ging nicht ohne Vertrauen.

Er wusste, dass Jako ihn ebenso liebte. Scheiße, es musste Jako jetzt schlecht gehen...

Aber es ging nicht ohne Vertrauen.

Er wollte mehr als all das. Er wollte Jakos Mann werden. Jako gehören. Ihm gehorchen. Ihm dienen. Ja, auch das. Sein Leben an seiner Seite verbringen.

Lachend in seinen Armen; kniend zu seinen Füßen; stöhnend unter ihm liegend; fröhlich mit ihm Hand in Hand. Und noch so viel mehr.

Aber... es ging nicht ohne Vertrauen.
 

Verdammte Scheiße, was war los? Was hatte Jako dazu gebracht, sich so zu gebärden?

Irgend etwas musste geschehen sein, aber er, Marti, hatte nichts getan.

Scheiße, Scheiße, Scheiße!

Er ließ den Tränen freien Lauf. Wenn er jetzt nicht heulen sollte, wann dann? Schließlich war sein Leben gerade dabei, den Bach runter zu gehen. Sein Traum schien zu platzen. Oder konnten sie das wieder hinkriegen, er und Jako?

Er wusste es nicht.
 

Jako saß noch immer auf dem Boden kauernd neben der Wohnungstür, als es klingelte.

Marti.

Er sprang auf, mit Midnight im Arm, und riß die Tür auf.

Vor ihm standen Felix und Bianca.

Hand in Hand.

Was?!

"Hallo, Jako", plapperte Felix.

"Wir wollen oben ein bißchen feiern, und wollten euch fragen..."

Dann schien Felix zu bemerken, was los war. Dass Jako heulend... und mit Midnight auf dem Arm!...vor ihm stand.

Felix brauchte einen Augenblick, um sich zu fassen.

"Jako, was ist hier los?"

"Felix! Oh, Felix, gut dass du da bist!"

Er zog Felix hinter sich her.
 

Eine halbe Stunde später saßen sie alle drei, Jako, Felix und Bianca, um den Küchentisch.

Felix und Bianca noch immer Hand in Hand.
 

Jako hatte ihnen alles erzählt.
 

Der Sturm tobte.



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