Im Wechsel der Jahreszeiten von DieLadi ================================================================================ Kapitel 18: Frühling, Sommer, Ja Teil 13 - Country und Hinterwäldler -------------------------------------------------------------------- Marti langweilte sich ein bisschen. Er war seit ein paar Tagen aus der Klinik wieder zurück. Es war alles gut gelaufen, und er trug nun eine Schiene, mit der er relativ beweglich war. Er humpelte noch, aber es war ganz okay. Sein Problem war eher, dass Jako ihm auch diesmal wieder verboten hatte, alleine loszuziehen. Marti hielt das eigentlich wieder für übertrieben besorgt, aber er verstand Jako ja auch. Er hatte mit ihm wenigstens ausgehandelt, dass er den Weg zum Bioladen laufen durfte. Immerhin war der gleich um die Ecke. Dort lief er nun jeden Tag hin und besorgte ein paar Kleinigkeiten, aber das füllte einen Tag ja auch nicht aus. Wenn Jako von der Uni kam, hatte er bereits den Tisch gedeckt und alles für eine Vesper hergerichtet. Aber jetzt war es später Vormittag, der Einkauf war erledigt, der Abwasch gemacht und bis Jako kam, würde es noch dauern. Er langweilte sich. Er humpelte rüber in sein Musikzimmer, nahm sich seine Lieblingsgitarre und begann, vor sich hin zu zupfen. Er klimperte eine Weile und nach und nach entstand eine kleine, neue Melodie. Sie schlüpfte aus seinen Fingern und sprang fröhlich und guten Mutes auf den Saiten herum. Nach einer Weile begann sie sich einsam zu fühlen. Sie sehnte sich danach, wonach alle Melodien sich sehnen: nach Worten. Nach einem Text, der zu ihr gesungen werden konnte. Martis Hirn schaltete auf Poesie-Modus um und nach und nach fanden sich Worte zu etwas mehr oder weniger sinnvollem zusammen. Marti spürte, dass da etwas am entstehen war und schmiss das Laptop an. Er ließ seine Gefühle und Gedanken sprudeln, seine Liebe, seine  besondere Verbundenheit mit Jako. Und so entstand an diesem stillen Maitag ein neuer Song. Walk by narrow streets and wide fields of life with dirty shoes and a wounded heart doesn't matter as long as you're by my side... I submit to you, you hold me you forbid me you allow me you demand obedience and I obey you you, babe, protect me and, babe, I love you walk through freezing rain and over lava fields with bleeding wounds and heavy breathing doesn't matter as long as you're by my side... walk through deep forests and the dark of the nights with a sweaty body and a  tiny hope doesn't matter as long as you're by my side... Marti mochte den Text. Aber dafür ließ er die romantische, kleine Melodie über die Klinge springen. Sie passte einfach nicht, er hatte da eine andere Idee. Er grinste. Die Melodie jedoch hauchte ihr kleines Leben aus und entschwand im musikalischen Nirwana. Marti hatte beschlossen, den Song zu loopen, und zwar in Form eines Countrysongs. Er probierte mit seiner Akustikgitarre ein bisschen rum, bis er eine nun dazu passende Melodie gefunden hatte. Sie hatte die Chance, ein wenig länger zu leben. Und dann legte er los. Er nahm zuerst den Hintergrund auf. Spielte, wie er es selbst einmal in einem „Wie geht eigentlich Musik“-Video genannt hatte, den „Hoppereiter“- Rhythmus. Sang ein paar Hintergrund-Vocals ein. Ließ die Melodie-führende Gitarre so richtig schön „schrebbeln“. Und sang den Text – mit extrem näselnder Stimme. Das ganze war so auf die Spitze getrieben, dass es fast schon die Parodie eines Countrysongs wurde. Als wäre es von Hank Hinterwäldler mühsam aus seinen maulfaulen Lippen geknautscht worden. Und dazu dann dieser gefühlsbeseelte Text, der durchaus auch zu was schnulzig-poppigem gepasst hätte. Marti grinste. So gefiel ihm das. Jetzt noch einen Titel für das Machwerk finden. Mal überlegen. Vielleicht ein bisschen übertrieben dramatisch... „Dirty Frozen Lavafields of Love“. Ja, das war es. Marti begann das Video zu schneiden und nachzubearbeiten, und ca. zwei Stunden  später hatte er alles geschafft. Er gönnte sich eine Pause. Er hatte Hunger und machte sich erst einmal ein Brot. Avocado, Tomate, Salz, Pfeffer und Käse zwischen zwei Scheiben knusprigem Vollkornbrot. Köstlich. Er biss herzhaft hinein und ließ es sich schmecken. Er brauchte das Video nur noch hochzuladen. Das würde er im Anschluss tun... „Nein!“, schrie  da ein kleiner Gedanke und hüpfte aufgeregt hin und her. „Nein, das kannst du nicht machen! Nicht, ohne Jako zu fragen!“ Mh, dachte Marti, eigentlich mischt Jako sich nicht in meine künstlerische Arbeit ein. „Aber...aber...aber...“, rief der Gedanke. „Der Text gibt immerhin einiges preis, hast du dir das gut überlegt?“ Scheiße, der hatte ja recht. Der Text war ganz schön persönlich. Marti überlegte. Was sollte er tun? Natürlich konnte er das Ding einfach einstellen. Klar, wenn Jako dann nicht einverstanden war, würde er eine Bestrafung riskieren... aber das war nicht seine Hauptsorge. Vielmehr befürchtete er, Jako zu verletzen. Immerhin betraf dieser Text auch ihn, und er würde tiefe Gefühle aus ihrer Beziehung an die Öffentlichkeit tragen. Der Gedanke an Jakos Enttäuschung, wenn er so etwas tat, ohne ihn zu fragen, wog schwer. Also beschloss er, zu warten und Jako um Erlaubnis zu bitten. Jako kam gegen Vier. Der gedeckte Tisch erwartete ihn, und er genoss das sehr. Denn wenn Marti nächste Woche wieder zur Arbeit gehen würde, wäre das erst mal wieder vorbei. Nachdem sie gegessen hatten und das Geschirr zur Seite räumten, sagte Marti: „Jako, ich möchte dir was zeigen.“ Er nahm Jakos Hand, humpelte in Richtung Musikzimmer und zog ihn hinter sich her. Dort angekommen, schob er Jako auf den Hocker und startete das Video. „Klasse“, sagte Jako, nachdem es zu Ende war. „Das ist wunderschön und total witzig. Genau wie du.“ Marti strahlte. Das liebe Kompliment tat ihm gut. „Jako“, sagte er schließlich, „ ich wollte das auf meinem Kanal einstellen. Als 'Ein Loop zwischendurch'- Video. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.“ Er sah Jako bittend an. Jako überlegte einen Augenblick. „Also wenn ich ehrlich bin, möchte ich das tatsächlich nicht so gerne.“ Er sah Marti an. „Du wärst traurig, wenn ich es dir verbiete, oder? „Vielleicht ein kleines bisschen. Aber andererseits weiß ich selber nicht so recht, ob ich es möchte.“ Marti grinste unsicher. „Für so was hab ich ja dich.“ „Also gut“, sagte Jako. „Dann verbiete ich es. Ich halte es für keine gute Idee, so viel von uns preiszugeben. Denn selbst, wenn du nicht explizit erwähnst, dass du das Lied für mich geschrieben hast, ist das eigentlich klar. Die Community würde Bescheid wissen.“ Marti nickte mit gesenktem Kopf. Es war okay, er würde gehorchen, na ja, ein bisschen Schade war es schon. Jako nahm ihn in den Arm. „Ich hab dich lieb, Kleiner. „Ich dich auch.“ Marti kuschelte sich tief in Jakos Umarmung. Hier fühlte er sich wohl, hier gehörte er hin. Solange das in Ordnung war, war alles andere halb so schlimm. „Und Danke“, sagte Jako. „Danke für den Song. Ich finde ihn wunderschön. Passt total gut zu dir. Und er ist nur für uns zwei. Das ist etwas ganz besonderes.“ Er küsste Marti, und der erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Sie hatten sich lieb, sie waren füreinander da. Ihre Welt war rundum in Ordnung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)