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Aus vielem Holz geschnitzt

Aus dem Leben des Zauberstabmachers
von

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Forschung über Grenzen hinweg

Vom ersten Hahnenschrei, bis zum letzten Blöken der einsamen Graphorns, arbeite Garrick an der Erforschung des Elderstabes. Es war eine Aufgabe welche seine ganze Konzentration und Aufmerksamkeit erforderte, denn nur ein Fehler … und wer wusste schon, was dann passieren konnte? Ollivander hatte auf jeden Fall nicht vor es auszuprobieren!

Mr. Snape hatte recht, es lagen mächtige Schutzzauber auf dem Stab, welche ihn ein wenig behinderten, aber auch da war er als Zauberstabmacher und Mensch zu erfahren, um diese zu löschen. Allerdings war ein weiterer Grund auch, dass er einige Zauber davon nicht kannte. Was kein Wunder war, denn der Potter hatte sich als Hobby vor einigen Jahren den Studien der Zauberkunde verschrieben. Garantiert waren diese also Banne a la Harry Potter und damit auch für Garrick als deutlich älteren eine ganz andere Hausnummer.
 

Was er recht schnell bemerkt hatte, waren zusammengefasst folgende Dinge:

Der Stab ließ ihn gewähren, solange er ihn nur ‘ansah’. Sprich, er durfte mit bestimmten durchsichtig machenden Sprüchen Schicht für Schicht den Stab scannen. Er durfte ihn wiegen und von a nach b tragen. Das alles auch ohne Handschuhe. Auch durfte er sich den Kern ansehen. Doch damit kam er auch schon zum zweiten Punkt.

Er durfte den Stab nicht nutzen. Versuchte er auch nur irgendwie den Stab zu schwingen in der Absicht, einen Zauber oder eine Reaktion zu provozieren, fing dieses kleine Stück Holz an zu bocken wie ein alter Esel. Der Elderstab vibrierte, wurde heiß und spukte mal Lichtkugeln, Flammenkugeln oder Konfetti aus.
 

Nein, kein alter Esel, eher ein bockiges Kleinkind! Aber die Einschränkungen konnten den Ollivander nicht davon abhalten mit vollem Herzblut an dem Projekt zu arbeiten.

Er tat es ja auch nicht nur für sich, sondern vor allem für Harry. Der Junge tat ihm irgendwie leid, so wie er unter der Trennung des Stabes litt.

Seltsamerweise kam es ihm vor, als wenn es dem Stab ähnlich ging. Hatte dieser bei der Übergabe geglänzt und geradezu gestrahlt, so wirkte das kleine mächtige Stück Holz doch nun irgendwie matt. Und egal welche Politur-Tinktur er mit größter Vorsicht auftrug, es änderte sich nichts. Deswegen hatte er heute, nach über zwei Wochen, die Eheleute Potter-Snape zu sich eingeladen. Nur so konnte er seine Vermutungen bestätigen.
 

Gedankenverloren saß er in seinem Lieblingssessel vor dem Kamin in der kleinen Bibliothek und blickte aus dem Fenster. Von hier aus hatte er einen wunderbaren Blick in den Garten, wo er das Lichterspiel der Januarsonne und die umherfliegenden toten Blätter beobachten konnte. Zwei kleine Knarle suchten unter den Blättern nach Früchten und Insekten, während geschäftige Billywigs laut surrend vor dem Fenster hin und her zischten. Eigentlich sah man immer nur blaue Schimmer hin und her schwirren, so schnell waren die kleinen Biester. Und selbst das nur, wenn man wusste worauf man achten musste.
 

Am Horizont meinte Ollivander kurz den goldenen Schimmer eines Re’em gesehen zu haben, doch es konnte nur eine Halluzination sein. Ein Hirngespinst, welches ihm sein müder Geist und die schwachen Augen suggerierten, denn trotz Zuchtprogrammen im Kaukasus, gab es diesen goldenen Wildochsen kaum noch, und in Irland ganz gewiss NICHT. Wenn ihre Anzahl in der Wildbahn eine Hand füllte, war dies schon Glück. Es bewies wieder einmal dass er nicht das Wunderwerk Fernseher vor dem zu Bett gehen aufsuchen sollte und ebenso, dass nun eine weitere Phasen seiner Krankheit eingetreten war: Die Halluzinationsphase.

Jeder Heiler hatte ihn darauf hingewiesen, dass diese Phase kommen würde. Sei es nun durch die verschiedensten Tränke, welche, so gut sie ihm auch halfen, immer noch Chemie waren und damit auch ihre Nebenwirkungen hatten. Und Ollivander wusste um diese, hatte eine einfache Kosten-Nutzen Abwägung getätigt und schließlich jegliche Medizin geschluckt.

Was ihm jedoch auch all die Heiler gesagt hatten, war: Dieser Moment in dem die Halluzinationen anfingen, sollte deutlich später eintreten.
 

Schwer seufzend rieb er sich mit der Hand über sein Falten gezeichnetes Gesicht.

Er war so … müde und zudem tat ihm gefühlt jeder Knochen im Leib weh. Schon diese einfache Geste fühlte sich wie eine Grenzleistung an. Vielleicht war heute nicht der geeignete Tag um die Potter-Snapes einzuladen, doch dafür war es nun zu spät. Ihm lief die Zeit davon, dies spürte er und er wollte doch so gern noch mehr über den Elderstab herausfinden. Für sich und Harry. Und zudem, wenn er diesen Termin verschob, käme es ihm vor, als wenn die Krankheit gewinnen würde und von so einer Kleinigkeit würde er, Garrick Ollivander, sich doch nicht das Leben bestimmen lassen!
 

“Ooooh nein!”, rief er aus und schlug entschlossen mit der Faust auf die Armlehne des Sessels und bereute es zugleich. Nicht nur die Hand tat nun weh, dazu wurde er wieder einmal von einem schmerzhaften Hustenanfall geplagt. Nur schwer kam er wieder zu Atem, auch weil jeder Atemzug von einem ungesunden Rasseln begleitet wurde. Ein Glück waren alle Familienmitglieder - allen voran Mary - heute ausgeflogen! Diesen Anblick wollte er ihr wirklich ersparen.

So rief er schwach nach seiner Hauselfe, welche wie immer grimmig dreinblickend aufploppte und sich nach Wünschen erkundigte. Ein Glück dass er den Heiler angewiesen hatte, dem Wesen einige Medi Anwendungen anzulernen, denn so konnte Knubbli nicht nur Schmerz- und andere Meditränke sowie eine Decke herbeizaubern, sondern auch die Flüssigkeit welche sich um seinen Lungenflügel gesammelt hatte davon zaubern. Ein wahrlich erleichterndes Gefühl. Dies konnte Ollivander nur feststellen, während er nun wieder gierig die frische Luft einzog.
 

“Danke, alter Freund.”

“Dürfen Knubbli frei sprechen, Master?”

“Aber sicher.”

“Master sollten den Besuch heute absagen und sich zu Bett begeben. Master sehen blass um die Nase herum aus. Knubbli kann den Heiler rufen und …”

“Nein danke, mein Freund”, unterbrach Garrick das Wesen sanft, welches ihm wieder den missbilligsten Blick zuwarf, welchen es hinbekam. “Ich weiß deine Fürsorge wirklich zu schätzen und ich freue mich, dass ich dir anscheinend genug am Herzen liege, dass du dich so sorgst”, beruhigte der alte Mann seine Hauselfe. “Aber wir wissen beide, wie wichtig diese Forschung ist. Sie kann dem Jungen, der uns alle gerettet hat, vielleicht das weitere Leben erleichtern. Findest du nicht, dies ist die Mühen wert?”
 

Er ließ dem Elfen Zeit zu bedenken, während er an seinem kühlen Tee nippte. Als schließlich ein schwaches und widerstrebendes Nicken zu erkennen war, sprach er weiter.

“Weißt du, du hilfst mir am meisten wenn du dafür sorgst dass genug Medizin vorhanden ist und ich nicht irgendwann im Schlaf ertrinke.” Sanft wuschelte er dem Kleineren durch die wenigen Flusen auf dem Kopf.

“Meister ist ein guter Meister. Knubbli ist gern Hauselfe von Meister”, war das Letzte was der Elf sagte, ehe er einen leeren Kräckerteller an sich nahm und verschwinden wollte.

“Ach Stopp! Die Halluzinationen haben angefangen, bitte berücksichtige dies”, mahnte der Mensch den Elfen, welcher auch darin angewiesen wurde wie er mit diesen Auswirkungen umzugehen hatte. Erneut nickte der Elf grimmig und verschwand. Noch einmal seufzte Ollivander und ließ sich tiefer in die Polsterung sinken.

Verdammt, wenn selbst dieses Wesen Sorge zeigte, stand es wirklich schlecht um ihn.
 

“Die Herren Potter-Snape sind angekommen, Master.” Die ölige Stimme des Hauselfen riss Garrick aus dem Dämmerschlaf. Einen kurzen Moment brauchte er um die Müdigkeit genug abzuschütteln, dann bat er darum dass die Gäste ins kleine Esszimmer geleitet wurden und bekamen wonach ihnen gelüstete.

Dies verschaffte Ollivander Zeit sich wieder etwas herzurichten, denn er fühlte sich nicht vorzeigbar. So begab er sich auf den Gehstab gestützt in sein Zimmer, während die Gäste von den eifrigen Hauselfen versorgt wurden.
 

“Es ist mir doch immer wieder eine besondere Freude, Sie beide hier in meinem Haus begrüßen zu dürfen, meine Herren.” Ehrlich lächelnd trat der alte Zauberstabmacher ungefähr eine Viertelstunde später in das gemütliche Zimmer.

Kaum hatte er geendet, erhoben sich die anderen beiden Männer auch schon um die Begrüßung zu erwidern und dem Hausherren für die Einladung zu danken. Diese, und weitere eigentlich längst veraltete und steifen Floskeln wurden ausgetauscht. Doch dann erhob der Älteste der Runde das Wort, ehe es Seitens des Ehepaares nicht nur bei musternden Blicken blieb.
 

“Wie ich Euch schrieb, geht es darum, dass ich einige Vermutungen bezüglich der Verbindung zwischen Harry und dem Elderstab habe. Wie Sie mir vorab mitteilten, Mr. Snape, ist der gute Stab relativ unkooperativ mir seine Geheimnisse zu offenbaren. Deine Banne halten übrigens tadellos, Harry”, meinte er mit einem Zwinkern in Richtung des Jüngsten.

“Vielen Dank, schätze ich?” Lächelnd zwinkerte der Potter zurück.

“So sehr es mich auch freut, dass die nervenzehrenden Bemühungen meines Gattens anscheinend nicht umsonst waren ...” Scharfe Blicke, welche von vergangenen Streitigkeiten zeugten, wurden ausgetauscht. “so würde mich doch wirklich interessieren, welche Fortschritte Sie inzwischen gemacht haben, Mr. Ollivander.” Aus Severus Snape sprach ganz der Forscher und so nahm er es dem Jüngeren auch nicht übel, dass dieser so harsch war.

“Aber sicher. Smal Ttalk können wir später auch noch betreiben. Folgt mir.” Damit schritt Garrick in Richtung Keller wo sich seine bestens gesicherten Versuchsräume befanden. Das gespannte Schweigen wurde einzig von leisen Schritten und dem dazu beinahe ohrenbetäubenden Klacken des Gehstabs unterbrochen.
 

“Ach du … was hast du mit ihm gemacht?” Es war Harrys hohe, alarmierte Stimme welche durch den Kellerraum schall, kaum dass sie diesen betreten hatten.

Schneller als irgendeiner der Älteren reagieren konnte, hatte sich Harry aus der Starre gelöst, war nach vorne gehechtet und hielt nur Sekunden nach dem Ausruf seinen Elderstab in den Händen.

Ollivander konnte den Blick überhaupt nicht von dem Bild abwenden, welches diese beiden Partner abgaben. Es sah so … vertraut und liebevoll aus. HA! Wenn ihm jetzt noch einmal irgendjemand erzählte, dass Mensch und Zauberstab keine emotionale Verbundenheit entwickeln konnten, demjenigen musste er nur die Erinnerung an diesen besonderen Moment zeigen.
 

Kaum das der Potter den Stab in den Händen hielt, fing dieser an zu vibrieren. Ach was, dies war ein zu schwaches Wort dafür. Der Stab sang gerade zu ein ganz eigenes Lied, welches wohl niemand außer Harry verstand. Dieser murmelte dem magischen Holzstück nämlich leise Dinge zu, wovon der Ollivander nur Bruchstücke verstehen konnte.

“Ich hab dich wieder.” “Endlich zusammen ...” “... auch gefehlt.” “... nicht gut aus.” Es klang in Garricks Ohren eher wie ein Gespräch einer Mutter, die ihr verlorenes Kind wieder in die Arme schließen konnte. Faszinierend! Wirklich faszinierend.
 

“Garrick, hatten Sie schon einmal in ihrem Leben das Problem, dass Sie auf einen Zauberstab eifersüchtig waren?” Es war der bittere Unterton in der Stimme von Severus Snape, welcher ihn von dem Wiedersehen abwenden ließ.

Mit zusammengezogenen Augen betrachtete er das verkrampft wirkende Gesicht des neben ihm stehenden Mannes. “Nein, dieses … Problem, wenn Sie es so nennen wollen, ist mir fremd.”

“Nun, mir in keinster Weise. Was Sie dort sehen, ist noch harmlos. Dieser Stab hat schon für mehr Streit in unserer Ehe geführt, als Sie glauben. Daher lege ich große Hoffnung in Ihre Untersuchungen, Garrick. Es kann doch nicht normal sein, oder?” Mit hochgezogener Augenbraue blickte der Snape ihn an. Und so sehr dieser auch schimpfte, sowie auf beleidigten Greif machte und um sich biss, Garrick hörte deutlich die große Portion Sorge und Angst um Harry. Sanft legte er dem Schwarzhaarigen eine Hand auf die Schulter.

“Keine Sorge, Severus. Auch wenn es nicht normal ist, ist es nicht gleich schlecht. Das müssten Sie doch genau wissen, oder? Los, lassen Sie uns mit den Tests anfangen. Sonst stehen wir hier im Hochsommer noch.” So löste er sich von dem ehemaligen Hogwartsprofessor und schritt auf den Potter zu.
 

“Harry?” Zaghaft sprach er den jüngsten der Runde an. Snape hatte recht, dies hier war nicht normal und so konnte er auch nicht einschätzen, wie Stab und Besitzer reagierten sobald diese sich auch nur ansatzweise bedroht fühlten.

“Hast du zufällig etwas Politur Tinktur? Egal wie viele Reinigungszauber ich auf den Elderstab lege, er fühlt sich doch seltsam an.”
 

Nickend deutete der Zauberstabmacher auf ein Regal. Sollte Harry sich aus all den Produkten selber eines aussuchen. Dies gab noch mehr verwertbare Informationen für seine Forschung. Neugierig beobachtete er den Jüngeren, wie dieser an den entsprechenden Schrank trat und aufmerksam den Blick schweifen ließ. Schließlich ergriff Harry entschlossen eine kleine braune Flasche. Diese Tat brachte Ollivander dazu, kritisch die Augenbrauen hochzuziehen, obwohl … so richtig wunderte es ihn nicht. Gedanklich machte er sich Notizen, während der Jungspund behutsam die Politur auftrug.

Nun ja … eigentlich konnte von behutsam keine Rede sein, denn der Schwarzhaarige ließ die Flüssigkeit einfach über den Stab laufen, während er diesen drehte.
 

Diese Tinktur bestand aus vergleichsweise wenig Rohstoffen und war doch umso schwerer herzustellen. War es doch eine amerikanische Mischung. Sie wurde einzig in einem kleinen Ort, mitten in der Wildnis, hergestellt. Zudem hüteten die Einwohner das Gebiet großräumig wie einen Schatz. Einzig dort fand man die magische Bienenart sowie heiligen Peyote und gesegneten Rittersporn. Nur selten gaben die Indianer etwas davon ab.

Wahrscheinlich war dieses Reservat besser geschützt als Stonehenge, denn durch die seltenen besonderen Wildpferde, halfen auch die Muggel begeistert mit es zu schützen. Es war ein Paradebeispiel an Zusammenarbeit von Magiern und Nicht-Magiern. Die Muggel mussten ja nicht wissen, dass sie eigentlich geflohene, flügellose oder warum auch immer frei gelassene Aethons und Abraxaner Pferde schützten. Aber er schweifte erneut gedanklich ab. Kopfschüttelnd konzentrierte er sich wieder auf das hier und jetzt.
 

“Harry, vielleicht bist du nicht ganz so dreist?”, erklang Severus dunkle Stimme.

“Keine Sorge, ich ersetze es dir natürlich, Ollivander”, murmelte Gefragter, ohne weiter auf die Frage seines Mannes einzugehen.

Der Zauberstabmacher winkte nur ab und beobachtete wie Harry unter anhaltendem Drehen die aufgetragene Menge Politur verteilt hatte und nun leise murmelnd die freie Hand über den Elderstab wandern ließ. Garrick musste gestehen, dass dieser beinahe fanatische Blick Harrys etwas skurril wirkte.

“Sehen Sie nun was ich meine? Ich habe auf zig Arten versucht, diesen Stab von Harry zu trennen. Verschiedenste kraftvolle Zauber. Tränke, Säuren, Laugen. Ich bin der Meinung, dass dieser verfluchte Stab nicht gut für meinen Mann ist. Immerhin konnten wir dann eine Einigung finden, dass es zu gefährlich wurde diesen Stab im Haus zu haben, als Nachwuchs anstand. Damals fand ich ein Versteck und brachte den Elderstab dort unter. Auf Harrys Wunsch hin ohne dass dieser wusste wo oder was dieses Versteck ist.

Wissen Sie was, Garrick? Daraufhin machte Harry alle Phasen eines kalten Entzuges durch. So schlimm, dass es eine Gefahr für eine reibungslose Schwangerschaft wurde, also holte ich dieses Ding zurück ins Haus.

Glauben Sie mir … rückblickend weiß ich nicht, wie ich die Zeit überstanden habe.”
 

“Mr. Snape, ich habe eine Vermutung, warum die Bindung zwischen diesen beiden so ganz anders ist, als das Bekannte. Aber das würde ich gerne mit Ihnen beiden besprechen. Ich wiederhole mich dabei so ungern.” Ein Husten schüttelte den alten Mann durch und ließ ihn röchelnd zurück. Er spürte wie sich eine Hand auf seinen Oberarm legte, und er zu einem der Ohrensessel geführt wurde. Ein Glas Wasser tauchte in seinem Blickfeld aus. Mühsam ergriff er dieses und während er es zum Mund führte, zitterten seine Hände so sehr, dass er beinahe ein Malheur angerichtet hätte.

Kleinere deutlich faltenfreiere Hände ergriffen seine und halfen, damit das Wasser nicht auf Kleidung oder Boden landete.
 

“Gehts?”, erkundigte sich Harry unsicher, als er das Glas absetzte.

“Es wird schon gehen, mein Junge.”

Der Blick, welcher zwischen dem Ehepaar gewechselt wurde, zeigte nur zu deutlich, dass die beiden ihm nicht ein klitzekleines bisschen glaubten. Doch zu Ollivanders Erleichterung nahmen sie es trotzdem so hin.

Räuspernd setzte sich der älteste der Runde richtig hin und bat darum, dass sich auch die beiden Schwarzhaarigen hinsetzten.
 

“Nun, ich sagte schon zu Severus, dass ich eine Vermutung habe, was die Verbindung zwischen dir und dem Elderstab betrifft. Habt ihr schon einmal von ‘Sintehla Wicasa' gehört?”

“Ähm…” “Nein”, kam es zeitgleich aus den Mündern der Gäste.

Schmunzelnd lehnte sich Ollivander zurück, schluckte einen von den Stärkungstränken welche er bei sich trug und erhob schließlich wieder die Stimme. Insgeheim erinnerte ihn dieser Augenblick an die vielen Abende, an denen er einem der jüngeren Familienmitglieder Geschichten, Märchen und Erfahrungen erzählt hatte. So lange, waren diese Abende her …
 

“Der Begriff ‘Sintehla Wicasa’ stammt aus dem indianischen, um genau zu sein von den Lakota Indianern, und heißt so viel wie Klapperschlangenmann”, riss Garrick sich selbst brachial aus den sehnsüchtigen Gedanken. “Wie wir aus der Muggel Geschichte wissen, gab es bei den Ureinwohner Amerikas den sogenannten Medizinmann oder auch Schamane. Diesem wurden Hellseherei, heilerische Fähigkeiten und vieles mehr zugesprochen. Nun, was die Muggel nicht wussten und wissen, ist, dass diese Person niemand anderes war, als der fähigsten Magier des Stammes.

Die Magie damals war noch viel ursprünglicher und wilder als heute und sie war noch nicht so in den Menschen verankert. Der Medizinmann musste sich oftmals aus der Natur bedienen und die Natur ist nunmal ein wenig … ja, nennen wir es ein wenig eigen. Also brauchte der Mensch Hilfsmittel wie den Medizinstab.

Was letztendlich nichts anderes war, als ein Zauberstab in Übergröße.”
 

“Davon habe ich Bilder gesehen. Die Medizinmänner trugen immer Felle und waren genau wie ihre Stäbe reichhaltig beschmückt. Sie hatten, wenn ich mich recht erinnere, ein recht zwiespältiges Ansehen. Die einen haben sie verehrt wegen ihren Fähigkeiten und die anderen nicht.” Es war Harry, der dies mit grüblerischer Miene von sich gab. “Aber warum dieser Name?”
 

“Nun warte ab, junger Potter.

Es stimmt, dass die Leute innerhalb eines Stammes zwiegespalten bezüglich des Medizinmannes waren. So lange jedoch der Häuptling oder der stärkste, beste, Krieger auf Seiten des Medizinmannes stand, wurde die Kritik nicht offen vorgetragen. Die Ängste, dass der mächtige Mann nicht nur gutes tat, still im eigenen Zelt besprochen.

Es waren die gleichen Ängste, die wir auch heutzutage kennen. Nämlich dass eine mächtige, starke, Person ihre Kräfte dafür nutzt um dem Stamm, der Familie, dem Land, insgeheim zu schaden. Erinnere dich Harry, was wurde kurz nach dem Krieg am meisten wegen dir befürchtet?”
 

“Dass ich der nächste Voldemort werde”, grollte Harry. Immer noch schienen diese Aussagen an dem Jungen zu fressen, so wie dieser das Gesicht verzog und Severus beruhigend eine Hand auf die seines Mannes legte.
 

“Genau das, und warum?”
 

“Weil ich Voldemort besiegt habe, weil ich Schwarze Magie nicht verabscheue und sie sogar anwende. Zudem die Fähigkeit mit dem Parsel, welche ich ja seltsamerweise immer noch beherrsche. Ach, und als dann die Sache mit den Horcruxen heraus kam, war es komplett vorbei. Ab dem Zeitpunkt musste ich tierisch aufpassen, dass ich nicht alleine unterwegs war oder welche Briefe ich öffnete …” Wut klang in der Stimme mit, ehe sich Harry abrupt erhob und mit dem vibrierenden Stab in der Hand ans andere Ende des Zimmers verschwand.
 

“Es ist die anfängliche Verwunderung und schließlich die Enttäuschung über all die, welche ihm misstrauten. Diese haben sich mit all dem anderen zu Wut verbunden und diese sitzt tief in ihm verankert.

Er will und wollte nie Lob, Danksagungen, Medaillen oder andere Preise für den Sieg. Alles was Harry wollte, und ich mir mehr als alles andere für ihn wünsche, ist dass er ganz normal leben kann. Dass Voldemortsschatten endlich aus seinem Leben verschwinden.

Doch das tun sie nicht, denn er ist wer er ist und die Menschen sind weiterhin dumme Angsthasen.” Nun schwang auch in der anfänglich neutralen Snapschen Stimme Verbitterung mit.
 

“Nun, dann bin ich wohl geradewegs in Flubberwurmsekret getreten”, unterbrach Ollivander schließlich das eingetretene Schweigen. Immer wieder hatte er einen Blick auf den jüngeren Schwarzhaarigen geworfen. Dieser stand so weit es ging von ihnen entfernt, hatte sich Trainingspuppen gezaubert und traktierte diese mit der Hilfe des Elderstabes.

“Es ist … faszinierend”, kommentierte Ollivander dieses Schauspiel. “Man spürt die Kraft bis hierhin. Genauso diese … Kälte. Das Zusammenspiel der beiden ist hervorragend. Merkwürdig, wirklich merkwürdig.”
 

“Ich kenne den Unterschied, wenn er, nicht wie jetzt, die Schutzzauber abnimmt. Diese verhindern, dass zuviel Kraft in die Umgebung abgegeben wird. Was ein wirklich zweischneidiges Schwert ist, denn irgendwo muss die Kraft ja hin …”
 

“Also werden die ausgeführten Zauber dadurch letztendlich nur NOCH stärker?” Eine Frage, welche von dem schwarzhaarigen Gast nickend bestätigt wurde. Mit großen Augen nahm der alte Zauberstabmacher diese Information auf, während sofort sein Forscherinstinkt reagierte. Wenn man diesen Spruch auch auf andere Stäbe anwenden konnte … vielleicht zeitlich begrenzt?
 

“Entschuldigt bitte …”, kam es schüchtern von dem zurückgekehrten Harry. Ohne sich groß um Ollivander zu stören, setzte er sich auf Severus Schoß. Diese beiden waren der Beweis dafür, dass das Schicksal vielleicht manchmal etwas langsam war, aber doch durchaus gut sein konnte. Wie jede Ehe, mochten auch diese beiden gute und schlechte Zeiten haben, doch wenn es drauf ankam, zeigten sie aller Welt wer an erster Stelle stand. Zeigten einander dass sie da waren und die Sorgen teilten oder minderten. Leise wechselte das Ehepaar einige Worte miteinander und Ollivander ließ sie.
 

Wehmütig glitten die eigenen Gedanken an seine viel zu früh verstorbene Frau und ja, auch hin zu einem gewissen Mann Namens Gregorowitsch. Diese beiden Menschen waren so verschieden gewesen und doch … doch waren sie die Personen, welche Garrick in seinem Leben geliebt hatte.

Er bereute das Leben und die Ehe mit seiner Frau keineswegs! Sie waren aus Liebe zusammengekommen, geblieben und aus Liebe war Nachwuchs entstanden. Seine gute Frau, die all seine Allüren hingenommen und so manche Schnapsidee verhindert hatte. Die sein Anker und wachsames Auge gewesen war. Oh, wie schmerzte ihr Verlust doch immer noch.

Gregor hingegen war wild und ungezähmt - ein Tausendsassa. Zusammen hatten sie so einigen Unsinn angestellt und anstatt sich gegenseitig zu bremsen, noch ermutigt.

Bald würde er die beiden wieder sehen, das bezweifelte er gar nicht.
 

Ein Ploppen riss die drei Männer aus den Gesprächen und Gedanken.

“Es ist Zeit. Master wollen nun Nachmittagssnack?”, erkundigte sich eine diensteifrige Hauselfe.

“Oh, schon so spät? Aber ja, bitte bringe uns alles dafür.” Ein Nicken und schon war das Wesen wieder verschwunden. Natürlich sollten die Gäste nicht hungern, das gehörte sich als guter Gastgeber nicht. Jedoch war die Frage der Hauselfe nichts anderes gewesen, als Ollivander an die Einnahme seiner Medizin zu erinnern. So saßen die drei Erwachsenen schließlich einige Zeit später bei Tee und Sandwich zusammen und besprachen alles.
 

“Also fassen wir zusammen, nur damit ich auch wirklich alles richtig verstanden habe natürlich.”

Harry, welcher inzwischen wieder alleine saß, hob einen Finger in empor.

“In Amerika gab es magisch begabte Indianer. Die Besten wurden Medizinmann. Sie wurden Klapperschlangenmann genannt, weil sie Parsel konnten. Dies geschah durch die Nutzung der Ur-Natur-Magie. Es schaffte eine Verbindung zu der Natur, da man sich ihr öffnete und so ein Teil dieser Magie in der Seele des Menschen Platz fand. Woraus sich wohl gemerkt, im Lauf der Jahrhunderte, der Magiekern gebildet hat bei den Amerikaner. Der Medizinmann war gefürchtet und geehrt zugleich wegen der Kräfte. Ach und sie benutzten große, bis zum Boden reichende, Zauberstäbe. Diese hießen Medizinstäbe und damit konnten sie die wilde Magie kontrollieren und lenken. Insgeheim war es nicht der Häuptling, welcher für den Schutz des Stammes sorgte, sondern der Medizinmann.
 

Mit diesem Geschichtsteil hast du gemeint, wäre jetzt alles klar und erklärt wegen mir. Dass ich quasi ein moderner Medizinmann/Schamane wäre und der Elderstab mein ‘Medizinstab’. Nur frag ich mich nun … warum noch mal?

Ich meine, weder geht der Stab bis zum Boden, noch habe ich ihn mit was auch immer verschmückt und in die Zukunft sehen, kann ich schon dreimal nicht.” Ratlos zuckte der Potter mit den Schultern.
 

“Ich glaube, worauf Ollivander raus will, ist die Ur-Magie Amerikas, habe ich das richtig verstanden?”
 

Milde lächelnd bejahte der Älteste diese Frage.

“Ja, denn meine Vermutung ist, dass Harry sich der Magie der Natur bedient. Große grüne und schwarze Augen blickten ihn an. “Harry, spürst du einen Unterschied dabei, wenn du deine Stäbe benutzt?”
 

Stirnrunzelnd blickte Gefragter seinen Mann an, welcher nur meinte er könne dies ja wohl schlecht beantworten.

“Nun … also … jetzt wo du es sagst…

Also wenn ich den Stab von dir benutze, bin ich irgendwie ruhiger und die Magie fließt konstanter. Beim Elderstab jedoch … ich weiß auch nicht, es ist einfach anders. Ich brauche mehr Konzentration, zu gleich ist es irgendwie intuitiver und … oh Severus, erinnerst du dich an den Tag, als ich unser Haus vergrößerte?” Wieder ein Nicken und Ollivander wurde hellhörig.

“Ich habe dafür Bäume mit meinem normalen Zauberstab gefällt, doch irgendwie sagte mir etwas, dass dies mit dem Elderstab besser ging. Ende vom Lied war, dass die Bäume schnell und ordentlich in die passende Größe gebracht wurden, jedoch wächst an der Stelle einfach kein Gras mehr.”

“Interessant … und ein weiterer Beweis meiner Theorie. Denn ich bin der Meinung, dass du mit dem Elderstab unbewusst die Ur-Magie der Natur nutzt. Dadurch sind diese Zauber wilder, auf ihre Art stärker und unkontrollierbarer. Dass der Stab darauf zu greift, ist für mich auch ungewöhnlich denn laut meinen Recherchen hat der Stab nichts mit Amerika zu tun. Vielleicht war er mit einem seiner vorherigen Besitzer einmal dort, doch die ersten Legenden stammen aus England.

Dass gerade du diese Art der Magie nutzen kannst, wundert mich jedoch keineswegs, denn dafür braucht es eine intuitive Verbundenheit zur Natur, eine reine Seele und dazu einen von sich aus starken Willen für ein Gleichgewicht von gut und schlecht. Leben und Tod. Erschaffen und Vernichten.

Herzlichen Glückwunsch Harry!”
 

“Wow …”, hauchte das Ehepaar und blickte sich ungläubig an, doch dann geschah etwas, dass Ollivander insgeheim schon befürchtet hatte. Vor allem nach dem letzten Ausraster des Jungen.
 

“Also schützen meine Banne nicht nur alle davor, dass sie zu viel ‘bestrahlt’ werden, sondern auch dass ihnen und der Natur zu viel Magie entzogen wird?”

Das Gesicht verfinsterte sich und ein zynisches, Grimassen gleiches Lächeln zierte dieses. “Yeah … einmal Freak, immer Freak.”

Nachdenklich lief der Junge auf und ab.
 

Eigentlich hätte die Entschlüsselung des Mysteriums ‘Harry-Elderstab’, ein Grund zum Freuen sein sollen. Jedoch kam diese Freude nicht wirklich auf. Dafür steckten sie alle viel zu sehr in den Gedanken.

Ollivander in einer Mischung aus Mitleid und wissenschaftlicher Neugierde, sowie Freude. Die Kombination Ur-Magie und Elderstab, in Verbindung mit dem eh schon starken Harry Potter, war einfach … einfach faszinierend!

Severus verspürte vor allem Sorge und Bewunderung. Harry hasste es, ‘besonders’ zu sein. Eins war klar, diese mehr als schlüssige Erklärung des Zauberstabmachers musste unbedingt unter Verschluss bleiben.

Harry hingegen lief unruhig auf und ab, das Gesicht immer wieder grüblerisch verziehend. Doch dann unterbrach ein tiefes Seufzen die drückende Stille.
 

“Ollivander, hast du vielleicht ein Buch über Natur-, Ur-Magie oder wie auch immer sie heißt? Ich weiß einfach so gar nichts darüber und das muss ich, wenn ich eine Veränderung will. Und die will ich wirklich. Ich bin im Kopf all unsere Bücher durchgegangen, aber mir fällt keines ein, wo wirklich Informationen darüber drin stehen. Dir vielleicht, Severus?”

“Nicht bewusst”, gab dieser grüblerisch zurück. “Vielleicht in den Verliesen oder bei den Malfoys.” Schulterzuckend schien der Mann in Gedanken die Wahrscheinlichkeit durchzugehen. Also wenn Ollivander da an seinen eigenen Bücherbestand dachte, eingerechnet jener die im Verlies waren, … er würde heute nicht mehr mit zählen fertig werden. Wenigstens konnte Garrick dem Ehepaar in diesem Punkt etwas Gutes tun.
 

“Keine Sorge, bis ihr andere Bücher dazu gefunden habt, habe ich eines mit guten Informationen. Es ist ziemlich alt und direkt aus Amerika. Ach und sogar von einem Indianer geschrieben.”
 

Für weitere Gespräche und der Übergabe des Buches war die kleine Gruppe schließlich hinauf in Ollivanders Privatbibliothek gegangen. Dort war es durch das Dekor, die Möbel und die Bücher um sie herum, deutlich gemütlicher. Hiier flackerte in einem großen Kamin ein Feuer vor sich hin und brachte dicke Stämme zum zerbersten, während es sich dadurch fraß. Große weiche Teppiche waren auf dem Boden verteilt und an den Wänden hingen Bilder die Geschehnisse der Vergangenheit zeigten. Die Hauselfen brachten neuen Tee und Scones.

Während die Gruppe in Büchern schmökerte und sich austauschte, wurde es vor dem Fenster dunkler und bald erhüllten nur noch einzelne, vorbeifliegende Glühwürmchen kurz den Regenwolken verhangenen Nachthimmel.
 

Irgendwann, Ollivander wusste nicht genau wie viel Uhr es inzwischen war, saß er auf seiner Bettkante. Gedankenverloren strich er sich immer wieder über das eigentlich faltenlose Nachtgewand.

Dieser Tag heute, hatte es wirklich in sich gehabt. Jedoch hatte sich alle Mühe mehr als nur gelohnt. Es war wie eine Erfüllung und Garrick war sich sicher, dass die Ur-Magie nicht nur eine reine Theorie war, sondern Fakt. Dass Harry, so er diese zu händeln wusste, deutlich besser mit dem Stab und ebenso mit sich selbst im Reinen.

Ja … es war ein wirklich guter Tag gewesen!
 

Mit einem Plopp erschien der ewig missbilligend dreinblickende Hauself, welcher ihm dabei half die schweren Beine ins Bett zu bekommen.

“Master haben sich überanstrengt. Master seien nicht vernünftig. Master müssen Medizin nehmen!” Und schon schwebte ein Tablett, voll mit Tränken und Salbenkruken, auf ihn zu.



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