Aus vielem Holz geschnitzt von Chaosbande (Aus dem Leben des Zauberstabmachers) ================================================================================ Kapitel 1: Flackernde Erinnerung -------------------------------- Unbarmherzig wütete der kalte Januarwind über die Weiten Irlands. Ein Wind, der das lockige Fell der vielen Schafe glatt werden ließ und sich nur jemand der nicht anders konnte oder nichts zu verlieren hatte diesem hingab. Mensch wie Tier. Muggel wie Zauberer. Ein Wind, der direkt vom Meer kam und dicken Nebel über das saftige Gras trieb. Er brachte gleichzeitig gute Nährstoffe und Chaos. Doch all das nahm ein alter Mann nur am Rande war. Hörte das Klappern der hölzernen Fensterläden, während der Wind an ihnen riss. Hörte das leise Poltern eines davon fliegenden Blecheimers. Es waren Geräusche die ihm keine Angst machten, sondern für eine innere Ruhe sorgten. Es waren Geräusche die er gewohnt war und die Normalität versprachen. Dass er diese Worte noch einmal in den Mund nehmen würde, das war nicht immer klar gewesen. Spätestens bei seiner Gefangennahme durch Voldemorts Speichellecker, hatte er mit seinem Leben abgeschlossen. Doch es war anders gekommen. All die Qualen und Folter hatten ihn nicht verrückt gemacht oder umgebracht. Wobei dies beides wohl nur noch eine Frage von Tagen gewesen war, wenn nicht Harry Potter und die kleine Miss Granger aufgetaucht wären. Wenn durch diese nicht dieser Hauself namens Dobby aufgetaucht wäre und sie alle herausgebracht hätte … ja, dann wäre seine Zeit wohl in dem dunklen Kellerraum von Malfoy Manor abgelaufen. Seine und ebenso die des Kobolds und der freundlichen, kleinen Miss Lovegood. “Lang lang ist es her …”, flüsterte er, während er das Feuer beobachtete, dass im eindringenden Wind tanzte. Ein Husten überfiel den alten Mann, sodass er sich schließlich keuchend in seinen geliebten Ohrensessel vor dem Kamin sinken ließ. Ohne das er etwas sagte erschien die Hauselfe namens Knubbli und brachte ihm ein Glas Wasser, sowie einige Tabletten. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen nahm er schließlich die Tabletten mit dem Wasser ein, während ihn die Elfe genau im Auge behielt. So langsam ging es Ollivander auf die Nerven. Was dachte sich sein Sohn eigentlich, diese Hauselfe - wie einen Babysitter - für seine Überwachung abzustellen? Es brachte doch eh nichts. Er hatte akzeptiert, dass nun eintrat, was wohl schon damals in Malfoy Manor für ihn vorgesehen gewesen war. Es gab Dinge, dagegen waren selbst mit Magie gesegnete Menschen machtlos. Doch das sah sein Sohn anscheinend ganz anders. Nun, was sollte man von so einem so jungen Burschen - mit seinen gerade Mal hundertsechzig Jahren - auch anderes erwarten? Genauso wenig verstand der Enkel, Ollivanders Meinung. Aber der hatte auch mal gerade hundertvierzig Jahre auf dem Buckel. Wenn sie erstmal, so wie er, die zweihundert Marke überschritten hatten, würden sie auch anfangen Dinge im anderen Licht zu sehen! Warum sollte er sich weiter quälen und weiter gegen das Unvermeidliche angehen, wo er doch so viel in seinem Leben erlebt, gelernt und verloren hatte. Sohn und Enkel führten das Familiengeschäft schon seit Ende des Krieges und mit dem Tod seiner geliebten Frau, hatte er ein Teil seiner Seele verloren. Warum sollte er Angst vor dem rasch näherkommenden Tod haben, wenn er doch dann endlich wieder bei ihr sein konnte? Warum verstand die Familie es nicht und ließen ihn überwachen wie einen Schwerverbrecher? Alles nur, weil sie sein Bestes wollten. Mit einem tiefen Seufzen beschwor er sich eine Flasche Whisky, sowie ein Glas herbei. Den tadelnden Blick der Hauselfe mit einem “Pssssst!” und einem verschwörerischen Zwinkern konternt. “Man kann das Heute nicht erkennen, wenn man das Gestern nicht sehen will.” Das Sprichwort der Muggeliren kam ihm in den Kopf, während er den mehrere Jahre alten edlen Tropfen in das Glas kippte. “Mögest du immer einen Blick haben für die Sonne, die durch dein Fenster fällt; und nicht für den Staub, der auf ihnen liegt.” Lächelnd schwenkte er das Glas im Schein des Kaminfeuers, ehe er daran nippte. Muggel waren erstaunlich gut darin, Sprichwörter zu kreieren. Ja, sein “Gestern” war Ereignis- und Lehrreich. Welch Wissen er doch angesammelt hatte. Was für interessante Menschen er in all den Jahrhunderten er doch kennengelernt hatte. Schmunzelnd leerte Garrick Ollivander sein Whiskey Glas, füllte es nach und gab sich im Schein des flackernden Feuers ganz seinen Erinnerungen hin. “Das ist verrückt … verrückt und nicht durchführbar!” “Nein und doch!” “Garrick mein Sohn, werde doch vernünftig!”, bat ihn Ollivander Senior eindringlich und legte die große Hand auf der Schulter des Jüngeren ab. Doch Ollivander Junior entwand sich kopfschüttelnd dem Griff. “Versteh doch Vater! Es ist nicht verrückt, sondern logisch. Es funktioniert! Sieh doch nur die Unterschiede bei mir!” Zur Untermalung seiner Worte hielt er seine beiden Zauberstäbe empor und murmelte “Orchideus”. Aus beiden Zauberstäben wuchsen bunte Blumen, doch das war auch schon die einzige Gemeinsamkeit. Während bei dem einen Zauberstab - in seiner linken Hand - ein Strauß mit fünf Blumen erschien, wovon einige den Kopf hängen ließen, war in seiner rechten Hand ein prächtiger Blumenstrauß zu sehen. Ollivander Junior schätzte die Anzahl der Blumen auf fünfzehn Stück und es waren alle Farben des Regenbogens zu sehen. Mit glänzenden Augen strahlte er seinen Vater an. “Siehst du Dad? Diese Unterschiede. Es funktioniert! Glaub mir!”, rief er begeistert aus, und seine Aufregung wurde größer, als er sah, wie ein kleines bisschen Skepsis aus den Augen des Familienoberhaupt verschwand. “Es klappt bei dir, aber auch bei anderen, Sohn? Aus welchen Materialien ist dein neuer Stab?”, erkundigte sich der Ältere skeptisch und trat näher. Ollivander Junior konnte die Skepsis ja verstehen. Schließlich brach er mit dieser Idee alle Familientraditionen. Traditionen die die Familie Ollivander als hochangesehen Zauberstabmacher hochgehalten und bewahrt hatte. Doch nach der Meinung des intelligenten Jüngeren, war es Zeit für eine Veränderung. Egal welche Wellen das schlagen würde, denn der Erfolg sollte ihm garantiert Recht geben! “Weißbuche und Drachenherzfaser als Kern. Zwölfdreiviertel Zoll mit der Biegsamkeitsstufe leicht”, sagte er mit unverkennbarem Stolz, ließ die Blumen verschwinden und drückte seinem Vater die Selbstkreation in die Hand. “Interessant …”, murmelte der Ältere und begutachtete den Stab eindringlich. Am liebsten würde der Junge nun springen und tanzen, denn dies war für den wortkargen Vater beinahe wie ein Zustimmung! Er hatte die Diskussion schon so gut wie gewonnen. Ein erneuter Hustenanfall holte ihn aus seiner Erinnerung und ließ ihn keuchend zurück. Ja, damals hatte er es geschafft. Sein erster Sieg über Tradition und Starrsinn. Er hatte seinen Vater von seiner revolutionären Idee überzeugt, dass Zauberstäbe die sich ihren Träger selber aussuchten, eine deutlich bessere Kompatibilität aufwiesen, als rein nach den Wünschen der Zauberer hergestellte. Damals hatte es noch Zauberstäbe gegeben, die - entgegen jeder Logik - rein auf Wunsch der Träger erstellt wurden. Egal ob der Zauberstabmacher dafür oder dagegen war. Doch dann hatte Garrick immer mehr den Vater vertreten in den Ferien. Nach dem er schließlich Hogwarts, sowie das Studium der Zauberstabkunde, abgeschlossen hatte konnte er den Laden komplett alleine führen. Damit war seine Art der ‘Zauberstabvermittlung’ eingeschlagen wie eine Bombe und hatte für ordentlich Wirbel gesorgt. Doch als die Zaubergemeinschaft gemerkt hatte, dass er Recht hatte, hatte sich alles innerhalb weniger Jahre beruhigt. Was hatte er doch dadurch alles für Menschen kennengelernt. All die Stärken und Schwächen. Rückblickend gesehen, gab wohl schon die Zauberstabwahl Hinweise auf mögliche Gefahren. Naja, er hatte sich nichts vorzuwerfen, denn er war nur ein Zauberstabmacher und kein Hellseher oder Auror. Oder? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)