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Schwarzrot - Dunkelheit kann man nicht färben

von

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Verschwunden

Mit mieser Stimmung war Gin auf dem Rückweg zu seiner Wohnung. Einkaufen war schon lange nicht mehr so stressig gewesen. Er hatte nie damit gerechnet, länger als sonst wegzubleiben.

"Alles nur wegen diesem Weib vor mir an der Kasse!", schimpfte er gedanklich. Als er nämlich zuvor bezahlen wollte, hatten die Kassiererin und eine ältere Kundin ewig mit dessen Kreditkarte herumgefummelt, welche dann letztlich doch nicht funktionierte. Danach musste sie unbedingt noch mit Kleingeld bezahlen, was auch eine halbe Ewigkeit dauerte...

Gin seufzte. Aber er konnte sich mit etwas anderem aufheitern. Denn vor dem Einkaufen hatte er noch bei einem Juwelier Halt gemacht, um seinem Geliebten auch einen schönen Ring zu kaufen. Schon der Gedanke daran, dass Shuichi zu Hause auf ihn wartete und das Gesicht von diesem, welches er machen würde, wenn er das Geschenk erhielt, vertrieben Gins schlechte Laune sofort wieder.

Mit wiederkehrender, glücklicher Stimmung überquerte der Silberhaarige die letzte Straße und kam schließlich nach wenigen Minuten an seinem Haus an. Dort stellte er kurz die Einkäufe vor der Haustür ab, um den Schlüssel aus seiner Jackentasche zu holen. Zu seinem Erschrecken musste er aber feststellen, dass die Tür nicht mehr verschlossen war.

"Shuichi!" Am liebsten wäre er direkt in die Wohnung gestürmt, doch sein früheres Training verhinderte dies. So schnell wie möglich überprüfte er die Umgebung. Abgesehen von ein paar kleinen Kratzern am Schloss, fiel ihm jedoch nichts auf.

Er lauschte.

Doch das Einzige was er hörte, war sein eigener Atem.

Nach ein paar Minuten öffnete er langsam die Tür. Erst fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf. Sobald sich seine Augen jedoch an das schwächere Licht im Flur gewöhnt hatten, bemerkte er die Tropfen auf dem Boden.

"NEIN!" Sein Körper fing an zu zittern und Bilder seines Traumes tauchten vor seinen Augen auf.

"Das... ist bestimmt nicht von Shuichi... Er... ist ein hervorragender Kämpfer," versuchte er sich zu beruhigen, doch dann bemerkte er die vielen Schusslöcher im Boden und an der Wand.

"Das war mehr als nur eine Person," wurde dem erfahrenen Mörder klar. Seine über Jahre geschärften Sinne und antrainierten Reflexe kontrollierten seine nächsten Handlungen.

 

Das Haus war weiterhin still. Außer seinem Atem und den leisen Schritten, konnte er nichts hören. Dennoch ließ er seine Deckung nicht sinken, während er der Blutspur folgte. Unterwegs legte er leise die Tüte mit den Einkäufen ab und zog seine Beretta. Vor der Schlafzimmertür hielt er inne und lauschte erneut. "Nichts zu hören."

Die Tür hatte ebenso Schusslöcher und war leicht geöffnet. Vorsichtig schob er sie weiter auf, rechnete damit, dass gleich jemand hinter der Tür hervorspringen würde, doch alles blieb ruhig. Sobald sich Gin sicher war, dass der Raum leer war, fiel sein Blick wieder auf die Blutspur.

Als er den großen Blutfleck fast in der Mitte des Raumes sah, krampfte sich sein Magen zusammen. Erneut blitzte ein Bild in seinem Kopf auf, wie Shuichi tot am Boden lag…

Der Silberhaarige schüttelte den Kopf, um das Bild zu vertreiben. "Er ist nicht hier, also lebt er noch."

 

Er zwang sich dazu, nicht in die Knie zu gehen und nach Spuren zu suchen, dass das Blut nicht von Shuichi war, denn die Chancen standen schlecht. Würde er seinem Bedürfnis nachgeben, würde er vielleicht die Kraft verlieren wieder aufzustehen.

Er ließ seinen Blick stattdessen weiter durch das Zimmer wandern. Als er die Rückseite der Tür sah, stockte ihm der Atem. Langsam ging er näher, doch das Blut, das gegen diese Seite der Tür geschmiert war, verschwand nicht.

"Shuichi…"

Er fuhr vorsichtig mit den Fingern über das getrocknete Blut.

"Ich hätte nicht so lange wegbleiben dürfen... Er hat mir vertraut und ich…"

Erneut schüttelte Gin den Kopf. Selbstvorwürfe würden Shuichi auch nicht helfen. Das FBI würde ihn nie verletzten, also blieb nur die Organisation übrig. Er ballte die Hand zur Faust.

"Sie haben mich ausfindig gemacht. Ich war zu lange hier. Es hätte mir klar sein müssen, dass sie es rausfinden. Allein die Tatsache, dass es so lange gedauert hat ist ein Wunder. Ich war zu sehr abgelenkt von Akai! Ich hätte schon viel früher den Standort wechseln müssen!" Wütend auf sich selbst und überzeugt, den gleichen Fehler nicht mehr zu wiederholen, steckte Gin seine Beretta ein und verließ das Schlafzimmer. Er musste sofort einen neuen Unterschlupf finden und... Ein kurzes aufblitzen an seinem Finger, als er nach den Einkaufstüten griff, unterbrach seinen Gedankengang. Shuichis Ring.

"Nein... Ich kann ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Sie haben ihn nicht getötet, sonst wäre seine ... Leiche... noch hier." Es war unerwartet schwer, dieses Wort in Zusammenhang mit seinem Geliebten zu bringen.

Er hob die Tüte mit den Einkäufen auf und begab sich dann in die Küche.

"Es muss schon eine Weile her sein, dass sie hier waren. Das Blut ist bereits getrocknet. Es muss einen Grund geben, warum sie nicht hier gewartet haben. Glauben sie, dass ich bereits weg bin? Nein, das ergibt keinen Sinn. Aber vielleicht dachten sie, dass Shuichi die Person ist, die hier lebt? Warum haben sie dann nicht ihre Spuren beseitigt? War noch nicht genug Zeit dafür?"

 

Gin seufzte. Das entsprach nicht wirklich seiner Ausbildung. Würde eine Person, auf die sie es abgesehen hatten, verschwinden, beauftragte er jemanden, der auf dem Gebiet spezialisiert war. Manchmal suchte er selbst noch nach Hinweisen, diese gab er jedoch weiter und forschte nie selbst.

"Wie soll ich herausfinden, wo sie ihn hingebracht haben? Haben sie den Boss informiert? Oder es geheim gehalten? Wer war damit beauftragt, mich hier festzunehmen?" Die Fragen in Gins Kopf überschlugen sich. Nur für die wenigsten kannte er einen Weg, um Antworten zu erhalten und für noch weniger war es ihm möglich, diesen Weg umzusetzen. Die Mittel der Organisation standen ihm nicht zur Verfügung. Er konnte auch nicht mal eben kurz den Boss benachrichtigen.

 

Ratlos taumelte er zurück in den Flur. Er wusste einfach nicht, wie er jetzt vorgehen sollte. Schließlich dominierten seine Gefühle für Shuichi seinen Verstand und er ließ sich an der Wand zu Boden sinken. Er vergrub die Hände in seinem Gesicht.

Kurz darauf spürte er die Nässe an seinen Fingern entlanglaufen, welche aus seinen Augen stammte.

"Wie konnte ich so unvorsichtig sein... Verzeih mir...", sprach er zu seinem Geliebten in Gedanken. Das letztere wiederholte er einige Male.

Was wäre, wenn er das, was er am meisten auf dieser Welt liebte, nun für immer verloren hatte? Das einzige, was die Dunkelheit um ihn vertreiben konnte, das einzige Licht in seinem Leben…

"Mein Gejammer wird die Situation auch nicht rückgängig machen...", begann er irgendwann sich gedanklich wieder zurechtzuweisen. "Das bin nicht ich.", versuchte er sich einzugestehen. Er nahm langsam seine Hände aus dem Gesicht. Da geriet plötzlich etwas Entscheidendes in sein Blickfeld. Hinter der Tür lag doch tatsächlich eine sorgfältig gefaltete Morgenzeitung.

"Shuichi hat sie doch aber schon...", begann Gin seinen Gedankengang, doch jetzt wurde es ihm klar.

 

Sofort richtete er sich auf und griff nach der Zeitung. Der obere Artikel stach ihm sofort ins Auge, welcher über eine niedergebrannte Wohnung in Haido berichtete.

"Wodkas Wohnung!", erkannte er sofort und begann daraufhin den Artikel zu lesen. Doch mit jedem Satz vermischte sich nur mehr Trauer mit aufkommender Wut.

"Dieser Idiot!", fluchte er in Bezug auf den Agenten, welcher doch vorhin einfach... "Wieso hat er mir den Bericht nicht gezeigt?!" Gin konnte es sich nicht erklären, dabei hatte er noch nachgefragt, ob irgendetwas sei. Shuichi hatte es ihm mit Absicht verheimlicht.

"Und jetzt siehst du, in was für eine Lage es dich gebracht hat..." Es verfolgte ihn gerade regelrecht, dieses 'Tut mir leid', was sein Geliebter jetzt wohl sagen würde, wenn er denn noch da wäre.

Die Zeitung entglitt Gins Händen und sie fiel auf dem Boden, auf welchem kurz darauf ein paar weitere Tränen landeten. Der Silberhaarige war sich sicher, dass wenn er von dem Artikel gewusst hätte, noch Zeit gewesen wäre zu fliehen und er so hätte Shuichis Entführung verhindern können.

 

Ein Vibrieren unterbrach auf einmal die Stille in der Luft.

Erschrocken richtete sich Gins Blick zu der Kommode vor sich. Dort lag ein Handy.

Stutzig betrachtete er das Teil und stellte dabei fest, dass es weder sein eigenes Handy noch das von Shuichi war.

"Hat einer von ihnen es vergessen?" Gin schüttelte hastig den Kopf. "So blöd sind die nicht."

Er nahm das Handy erst mal nur in die Hand. Eine kleine Lampe leuchtete an der oberen Ecke auf, das Zeichen für eine neue Benachrichtigung.

"Also war es Absicht?" Schon fragte Gin sich, ob man dieses Ding vielleicht orten könnte und so herausfinden könnte wann er es benutzt, oder vielleicht ist es anderweitig manipuliert worden. Sein rational denkender Teil befahl ihm das Handy einfach zurückzulegen und so schnell wie möglich zu verschwinden, da es sich um eine Falle handeln könnte.

Doch der andere Teil, nämlich seine Gefühle für Shuichi, wiesen ihn darauf hin, dass dies vielleicht die einzige Möglichkeit sei, Kontakt mit den Entführern aufzunehmen und so herauszufinden, wo sie den Agenten hingebracht haben.

"Oder ob er noch lebt...", fügte Gin hinzu. Seine Hand begann zu zittern und noch immer traute er sich einfach nicht, sich die Nachricht auf dem Handy anzusehen. Er glaubte, dessen Inhalt würde ihn so oder so nicht erfreuen…

Aber wie von allein drückte sein Finger auf dem Home-Button. Das Display leuchtete auf. Es war keine Sperre vorhanden und man konnte problemlos auf die Daten zugreifen.

So überwand Gin sich auch, die Nachricht aufzurufen, welche eben von einer unterdrückten Nummer gesendet worden war…
 

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Hallo Gin,

Wir haben uns erlaubt dich spontan zu besuchen, aber du warst leider nicht zu Hause und stattdessen haben wir jemand anderen dort gefunden. Da haben wir ihn soeben mal mitgenommen, ich hoffe, das macht dir nichts aus.

[Bild]

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Gin glitt das Handy aus den schlaffen Fingern. Es zu befürchten und es bestätigt zu bekommen, waren zwei ganz andere Dinge, wie er jetzt feststellen musste. Zum ersten mal in seinem Leben hatte Gin Angst um das Leben einer anderen Person. Er fürchtete um Shuichis Leben.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Eigentlich wollte ich an der SMS noch ein Bild von einen
entführten Akai dranhängen... aber ich weiß leider nicht wie man das hier einstellt
Also stellt euch einfach vor da wäre noch ein passendes Bild dabei :D Komplett anzeigen

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