I Feel You von tobiiieee (Genesis' Villain Origin Story) ================================================================================ Kapitel 5: Birdie ----------------- Es roch köstlich, als Genesis Prakashs Wohnung betrat; er steuerte auf direktem Weg die Küche an. „Bitte sag mir, dass du für mich kochst, ich verhungere“, sagte er ohne Umschweife zur Begrüßung. Prakash, der in seiner kleinen Küche am Herd stand, drehte sich nur halb, aber lachend um. „Hast du jemals keinen Hunger?“ Genesis schüttelte lächelnd den Kopf und trat zu Prakash an den Herd. Er sah Reis, Auberginen, Fleisch und Tomatensauce. Er versuchte Prakash mit einem Seitenblick stumm zu vermitteln, wie sehr er ihn anhimmelte. Der gab ein ebenso stummes Lächeln zur Antwort. Er nickte in Richtung des Tisches, der in der Ecke des Raumes stand. „Du kannst dich ja schon mal setzen.“ Zwei Teller Mittagessen später seufzte Genesis wohlig und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Prakash setzte ihnen Tassen mit dampfendem Pfefferminztee vor. In seinem satten Zustand war Genesis nicht sonderlich nach Reden. „Was machen wir mit dem Wochenende?“, fragte er stattdessen. Prakash setzte seine Tasse auf dem Tisch ab. „Heute kann ich mich ganz dir widmen“, sagte er mit einem beschwörenden Blick. „Von Samstag auf Sonntag muss ich arbeiten, dann möchte ich mich richtig ausschlafen – dann kann ich zu dir kommen, von Sonntag auf Montag übernachten.“ Genesis nickte. Er hatte eindeutig zu viel gegessen; ihm fielen fast die Augen zu. Während Prakash das Geschirr spülte, döste Genesis in seinem Stuhl etwas vor sich hin. Er öffnete gerade wieder die Augen, als Prakash sich nach erledigter Arbeit zu ihm setzte. „Und du so?“, fragte der ihn. „Hm?“, machte Genesis. „Deine Pläne fürs Wochenende.“ „Ach so.“ Genesis wurde langsam wieder wach; er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Es gibt da morgen so eine Ausstellungseröffnung, zu der ich gehen wollte. – Was?“ Prakash schaute ihn vorwurfsvoll an. „Ist das dein Ernst?“ „Was?“ „Du willst lieber ins Museum gehen, anstatt den Tag hier bei mir zu verbringen?“ „Was, das hab ich doch überhaupt nicht –“ „Oder dachtest du, ich komm mit? Du weißt, dass das nicht mein Ding ist.“ Genesis war hilflos. „Ich weiß nicht, was ich genau dachte.“ Er suchte nach den richtigen Worten, fand aber keine. „Was machst du überhaupt für einen Alarm?“ „Ach, es ist einfach so typisch für dich, immer drauf rumzureiten, wie klug du doch bist.“ Genesis, fassungslos, stand der Mund offen. Prakash konnte das nicht ernst meinen. Er wandte den Blick ab. „Ich will jetzt aber auch nicht streiten.“ „Fein“, sagte Prakash kurz angebunden. Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber. Genesis konnte es nicht ertragen, wie sie demonstrativ in unterschiedliche Richtungen guckten. Er griff über den Tisch und berührte Prakash sanft am Arm. Der schaute zuerst auf seine Hand und lächelte ihn dann versöhnlich und liebevoll an. Gemeinsam begaben sie sich ins Wohnzimmer nebenan und ließen sich aneinander geschmiegt auf dem dortigen Sofa nieder. Genesis spürte, wie Prakash sanfte Küsse an seinem Hals verteilte, aber er konnte sich nicht darauf konzentrieren – denn er konnte ihren wenn auch kurzen Streit von eben noch nicht ganz vergessen. Nachdenklich lag er in Prakashs Armen und sah in eine unbestimmte Ferne. Prakash musste etwas gemerkt haben, denn er legte seinen Kopf auf Genesis‘ Schulter, sah ihn von der Seite an und fragte: „Bist du böse?“ „Nein“, antwortete Genesis wahrheitsgemäß – er war eher geschockt. „Du?“ „Dir doch nicht“, sagte Prakash geschmeidig. Genesis wandte sich in Prakashs Umarmung um. Als er in dessen Augen sah, konnte er nicht anders als zu strahlen; er war so erleichtert. Er ließ sich von Prakash auf die Wange küssen und fühlte sich augenblicklich wohler. So konnte er sich zurücklehnen und noch etwas dösen. Prakash war ihm nicht böse ... Das war doch etwas ... Prakash war ihm wichtig ... Niemand sonst ... Er fuhr sich übers Gesicht und positionierte sich etwas gemütlicher ... Prakash ... Ein lautes Geräusch riss ihn aus seinem Schlummer. Plötzlich war sein Kissen weg. Kissen? Er wandte sich um. Prakash war aufgestanden und zur Tür gegangen. Genesis streckte sich im Sitzen etwas und schaute sich um. Am Fußende lag noch sein Rucksack, den er dort abgelegt hatte. Er setzte sich auf und griff danach, um das Buch herauszuholen, das er mitgenommen hatte. Es war ein zauberhaftes Buch, er hatte es eben erst entdeckt, das sogar schon über eine Fortsetzung verfügte. Genesis öffnete das Buch etwa in der Mitte und auf der Stelle vertiefte er sich in die Szene, die in einem Zug weit in Richtung Norden spielte ... Ach, solche Bösewichte kannte er auch nur zu gut ... Ha, die Ratte kam zur Rettung, wie niedlich ... Er wusste gar nicht, warum dieses Mädchen so schlecht wegkam, sie war doch für ihr Alter nur schon sehr selbstbewusst – oder war das vielleicht bloß gespielt? Er blätterte gerade um, als Prakash wieder ins Zimmer kam. „Ernsthaft?“, erboste sich dieser erneut. „Ich bin eine Sekunde weg und du musst dich mit deinem Buch beschäftigen?“ „Was hast du denn schon wieder?“ „Manchmal frag ich mich, was du hier eigentlich machst, lesen kannst du doch auch überall sonst! Kannst du das nicht ein einziges Mal lassen?“ Er kam auf Genesis zu und machte Anstalten, ihm das Buch wegschnappen zu wollen. „Nein“, sagte der. Er hielt das Buch hinter seinen Rücken, außerhalb von Prakashs Reichweite. „Jetzt krieg dich doch mal ein, was ist los mit dir?“ „Nein, was ist los mit dir? Das ist doch nicht normal!“ Es entstand eine Pause, in der Genesis Prakash geschockt anstarrte. „Das ist nicht wahr“, erwiderte er verunsichert. „Wenn du meinst.“ Prakash verließ den Raum ohne einen weiteren Blick zurück. „Das ist nicht wahr“, wiederholte Genesis, leise, für sich. Den Rest des Tages hatte Genesis das Gefühl, dass Prakash in stiller Wut vor sich hin brodelte. Genesis wusste nicht, was er tun sollte. Das Buch hatte er vorsichtshalber wieder in seinem Rucksack verstaut, auch wenn es ihm ziemlich in den Fingern juckte, die Geschichte weiter zu verfolgen. Deshalb hatte er auch gleich den Rucksack außer Reichweite im Flur abgelegt. Weil Prakash ihm aber fehlte, schlich er sich vorsichtig in die Küche, wo er ihn werkeln hörte. Prakash wandte den Kopf zur Seite und schien ihn aus den Augenwinkeln zu bemerken, ignorierte ihn aber. Genesis versuchte sein Glück. „Was machst du denn da?“ „Ich würze das Fleisch für morgen.“ Auf so viel wäre Genesis auch gerade noch gekommen. Als mehr aus Prakash nicht herauszuholen war, stellte er sich neben ihn an die Theke. Er unternahm einen erneuten Versuch. „Das kannst du gut.“ „Ja, stimmt.“ Prakash sah ihn durchdringend an. „Und das hab ich ganz von selbst gelernt, ohne Bücher.“ Genesis schlug verletzt die Augen nieder. Um einen letzten Versuch zu starten, wappnete er sich, indem er tief durchatmete. Er sah Prakash hoffnungsvoll an. „Und das Abendessen heute?“ „Du hast auch immer nur Hunger, oder?“, versetzte dieser gnadenlos. „Im Leben tust du ungefähr drei Dinge, essen, schlafen und lesen – nicht unbedingt in der Reihenfolge.“ Genesis schaute Prakash nicht mehr an. Er spürte, wie ein Muskel auf seiner Stirn zuckte; seine Augen wurden feucht. Warum nur musste Prakash so sein? Er ließ einige Augenblicke verstreichen, in denen sich sein Gesicht vor Schmerz verzog, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Er versuchte, seine Stimme davon abzuhalten, zu brechen, als er sagte: „Wenn du nicht willst, dass ich hier bleibe, dann sag das.“ Allerdings war auch dieser Versuch nicht vom größten Erfolg gekrönt. Prakash wandte sich um. „Och, Schatz.“ Er wischte sich die Hände ab und nahm Genesis liebevoll in den Arm. Der schlang die Arme um Prakashs Hals und drückte das Gesicht an seine Schulter. „Es ist doch alles gut.“ „Ich liebe dich so“, sprudelte es aus Genesis heraus, „ich kann es nicht ertragen, wenn du mir böse bist.“ „Bin ich nicht.“ „Ich will nicht streiten.“ „Ich auch nicht.“ Prakash fasste ihn an den Oberarmen und drückte ihn mit sanfter Gewalt von sich. Sie sahen sich lange an, ehe Prakash wieder das Wort ergriff. „Aber ohne Streit auch kein Versöhnungssex, das musst du zugeben.“ Genesis sah ihn ungläubig an, dann brachen sie beide in Lachen aus. „Du bist unglaublich“, sagte er, „das ist so eine Gefühlsachterbahn mit dir.“ Prakash lächelte ihn verschmitzt an. „Ich hab kein Nein gehört, oder?“ „Scheinbar nicht, nein“, räumte Genesis vergnügt ein. Prakash kam ihm jetzt ganz nahe und sah ihm wieder auf diese beschwörende Art in die Augen wie eine Schlange. „Dann lass uns doch den Raum wechseln.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)