Der Lauf der Zeit von Sharry ================================================================================ Kapitel 11: Kapitel 11 ---------------------- Kapitel 11   Eine innere Ruhe erfüllte ihn. Nicht, dass es ihn überraschte, schließlich ruhte er gerade und das war besser als schlafen. Anders als Menschen regenerierten Drachen nicht über den Schlaf, sondern über das Ruhen, eine seiner Lieblingsbeschäftigungen. Im Gegensatz zum Schlafen, konnte er entweder leicht ruhen oder tief ruhen. Ersteres konnte man vielleicht mit der Effektivität eines Nickerchens vergleichen, obwohl es deutlich mehr Zeit in Anspruch nahm. Leichtes Ruhen konnte er ausschließlich nutzen um kurzfristig Energie zu erlangen, denn während dieser Phase bekam er alles aus seiner Umgebung mit, sodass es nicht wirklich erholsam war. Er brauchte circa zwölf Stunden leichtes Ruhen um so ausgeruht zu sein, wie er innerhalb von vier Stunden Schlaf sein konnte. Nicht, dass er früher geschlafen hätte. Damals war er so gut wie nie als Mensch unterwegs gewesen und konnte sich dementsprechend nicht erinnern, jemals geschlafen zu haben. In diesem Leben sah das natürlich anders aus. Obwohl er nicht lange am Stück ruhig schlafen konnte und deswegen seine kleinen Nickerchen zwischendurch wertschätzte, so war es doch seine liebste Beschäftigung, neben dem Training. Seitdem er die Crew verlassen hatte, nein, seitdem ihm die Korekutas wieder über den Weg gelaufen waren, seitdem war Schlaf keine Option mehr gewesen, denn anders als beim Ruhen, konnte er sich nicht aktiv zum Schlaf entscheiden sondern musste sich dafür entspannen und Entspannung war ein Luxus, den er sich meist nicht leisten konnte. Aber leichtes Ruhen kostete ihn viel zu viel Zeit um sich wirklich zu erholen, er tat es nur ungern, wenn er es vermeiden konnte. Es war ein unnötiger Zeitvertreib. Somit blieb ihm nur noch das tiefe Ruhen, wenn er noch irgendwas anderes Sinnvolles schaffen wollte, wie Trainieren zum Beispiel und das musste er, schließlich hatte er noch einen langen Weg vor sich um wieder seine alte Stärke zu erlangen. Das tiefe Ruhen war komplett gegensätzlich zum leichten Ruhen. Innerhalb ein bis zwei Stunden konnte er sich komplett erholen, und das Lotteriespiel ob er entspannt erwachen würde – wie beim Schlafen – gab es nicht. Trotzdem war es etwas, was er nie leichtfertig tat. Während man beim leichten Ruhen seine Umgebung ununterbrochen wahrnahm und auch beim Schlafen jederzeit aufwachen konnte, so passierte das beim echten Ruhen eben nicht. Gerade war er von seiner Umwelt komplett abgeschottet. Wenn nun die Welt untergehen würde, er würde es nicht mitbekommen. Selbst wenn jemand ihm den Arm abhacken würde, würde er es erst beim Aufwachen bemerken. Er erinnerte sich daran, als er das zweite Mal in Rayleighs und Rogers Anwesenheit geruht hatte und sie angegriffen worden waren. Er wäre beinahe im Meer ertrunken und hatte es noch nicht einmal mitbekommen. Wenn Silver nicht in seiner unmittelbaren Nähe wäre, würde er auch jetzt nicht tief ruhen. Früher, bevor er die beiden Piraten kennen gelernt hatte, damals hatte er es so gut wie nie getan, es wäre viel zu gefährlich gewesen und auch jetzt konnte er sich es wirklich nur erlauben, da der andere anwesend war und er ihm sein Leben anvertrauen konnte. Doch Ruhen war kein tiefer, traumloser Schlaf, nein, während sein Unterbewusstsein Dinge verarbeitete, die es verarbeiten musste, war er in der Lage bewusst seine Gedanken zu ordnen oder sogar Erinnerungen aus der Sicht eines Außenstehenden noch einmal zu erleben. Die Zeit schien beim tiefen Ruhen langsamer zu vergehen, etwas was er nie ganz verstanden hatte. Manchmal wiederholte er Erinnerungen ganzer Tage und es verging kaum mehr Zeit als ein paar Stunden. Auf der anderen Seite hatte er manchmal seinen Kopf nur für gefühlte Minuten ausgeschaltet und war drei Stunden später aufgewacht. Zeit war etwas, auf das er schon lange nichts mehr gab, was war das schon? Die letzten Tage waren auch zu einer seltsamen Einheit verschwommen. Wenn die Sonne nicht immer wieder auf und untergegangen wäre und sein ehemaliger Vizekapitän ihn nicht immer wieder zu Pausen gedrängt hätte, dann hätte er nicht mehr sagen können, wie viel Zeit vergangen war. Er hatte nur trainiert, genau wie die letzten zwei Jahre, jedoch hauptsächlich in seiner wahren Gestalt. Aber eigentlich hatte ihm das Training eher schlecht als recht geholfen. Es war ein jämmerlicher Versuch sich abzulenken, abzulenken von der Wahrheit, bei der Rayleigh kein Blatt vor den Mund nahm. Von nun an würde seine Zukunft also so aussehen? Langsam begann er seinen Körper wieder wahrzunehmen, in wenigen Sekunden bis Minuten würde er aufwachen. Früher war es einfacher; es war zwar nicht leicht gewesen, damals die Crew zu verlassen, aber er hatte es immer erwartet, hatte sein ganzes Leben lang damit gerechnet, sie irgendwann zu verlassen, wie eine dunkle Vorahnung. Genau diese Vorahnung hatte er damals auch bei Ruffy gehabt, hatte ihm gesagt, dass er dem Jungen mit dem Strohhut nur solange folgen würde, solange es seinem Traum nicht hinderlich war. Nun hatte er diesen ganz einfach verworfen, aufgegeben. Etwas für das er über zwanzig Jahre lang trainiert, gekämpft, gelebt hatte. Es tat weh, es tat unglaublich weh. Aber er wusste, dass weder Rayleigh noch irgendwer aus seiner Crew es je verstehen konnte, vielleicht am ehesten doch noch Nami. Die Navigatorin hatte auch einen Traum, doch damals, als ihre Insel vom Piraten Arlong tyrannisiert worden war, hatte sie diesen für ein Ziel geopfert, für das Ziel ihre Insel - ihre Heimat - zu retten. Nun war sie frei, ihre Insel war frei und sie konnte endlich ihren Traum verfolgen. Sie hatte ein paar wertvolle Jahre verloren, aber noch genügend Zeit um ihren Traum vom Zeichnen der ersten Weltkarte zu erfüllen. Bei ihm sah es etwas anders aus. Irgendwann würde Falkenauge zu alt werden und selbst wenn ihn jemand noch besseres besiegen würde, wenn Zorro ehrlich war, ging es schon lange nicht mehr nur darum, der beste Schwertkämpfer der Welt zu werden. Seit ihrem Aufeinandertreffen im East Blue war es etwas persönliches zwischen ihm und Falkenauge. Er wollte dem anderen die Wunde zurückgeben, so wie er es versprochen hatte. Er wollte immer noch den Titel, wollte immer noch, dass die Welt seinen Namen schrie, dass die ganze Welt wusste, dass Lorenor Zorro der beste Schwertkämpfer der Welt war, dass zukünftige Generationen von Schwertkämpfern seinen Namen im gleichen Atemzug mit den ganz Großen nannten. Aber er wollte nicht, wollte auf keinen Fall, dass die Leute glaubten es läge nur an seinen Drachenkräften. Er wollte keinen unfairen Vorteil, nicht einmal wenn er nichts dafür konnte. Ab einem gewissen Alter würden ihm seine Drachengene selbst im menschlichen Körper Vorteile verschaffen, er würde nicht so schnell altern wie der Durchschnitt. Wenn er also seinen Traum wirklich verwirklichen wollte, musste er es eigentlich vorher erreichen damit er sich nicht selbst betrügen würde. Doch selbst dann hatte er das Gefühl bereits einen ungerechten Vorteil erhalten zu haben. Schließlich blickte er nun nicht mehr nur auf zwanzig Jahre Lebenserfahrung zurück, sondern glatt auf das Vierfache. Er hatte nicht darum gebeten als Bronze in diese Welt geboren zu werden und er hatte nicht darum gebeten ohne all diese Erinnerungen aufzuwachsen, hatte nicht darum gebeten sie wiederzuerlangen. Nun trug er die Last seines alten Lebens auf seinen Schultern und wusste nicht was er tun sollte. Aber zwei Dinge wusste er. Zum ersten hatte er einen Auftrag, er war die neunte Generation von Stammhaltern, er musste das Überleben der Drachen und des Lebensbaum sicher stellen ohne Rücksicht auf Verluste. Das bedeutete, dass er irgendwann die Drachenknospe würde pflanzen müssen, aus deren Früchte neue Drachen schlüpfen würden um die Baumkrone des Baum des Lebens wieder zu beschützen. Zum anderen wusste er nur noch eine Sache ganz sicher. Egal was passieren würde, nie wieder würde er sich von Korekuta gefangen nehmen lassen. Das war die eine Sache die er selbst für seinen Auftrag nicht hinnehmen würde. Aber die wahre Frage war doch, hatte Rayleigh Recht? Würde er in ferner Zukunft, wenn die Menschen die ihm wichtig waren nicht mehr leben würden, würde er dann wirklich sein Ziel von damals verfolgen und den Weltadel, der den Namen seines Volkes – Himmelsdrachenmenschen – an sich gerissen hatte, vollkommen auslöschen? Er wusste es nicht. Auf der einen Seite wusste er, dass es ihm nicht helfen würde. Rache war nie etwas, das er gutheißen würde. Auf der anderen Seite reichte alleine ein Gedanke an die Vergangenheit und er wollte es. Er wollte es mehr als alles andere. Wie von selbst spürte er einen tiefen Seufzer in seiner Brust. Bald würde er aufwachen. Wie sehr er doch seinen Vater beneidet hatte, der seine Gefühle komplett von seinem rationalen Denken hatte abkapseln können. Als Kind hatte er nie verstanden, warum er anders gewesen war, doch mittlerweile wusste er natürlich den Grund. Ja, er war rational, ja er konnte seine Gefühle für seine Entscheidungen ignorieren, aber sie waren immer da, sie taten immer weh und sie waren meistens sehr klar. Er fühlte nicht Wut, Trauer, Freude und Leid auf einmal, er fühlte nur Wut, nur Schmerz, nur Freude. Ein Gefühl übertönte alle anderen und es kostete ihn viele Mühen die anderen darunter liegenden überhaupt wahrzunehmen. Nicht das er sich normalerweise die Zeit nahm, darüber überhaupt nachzudenken. Mittlerweile war es einfacher, die zwanzig Jahre in menschlicher Gestalt hatten ihm dabei geholfen. Langsam öffnete er die Augen. Es begrüßte ihn ein Baldachin aus grünen Laub. Noch ein paar Sekunden, dann würde er sich wieder bewegen können. Seine Finger kribbelten, er hörte die umliegender Natur, das Rascheln von Blättern, entfernte Vogelstimmen, leise Pfoten über den Waldboden. „Na guten Morgen.“ Umständlich richtete er sich auf und sah zum ehemaligen Piraten hinüber. Seine Lippen waren noch zu schwer um verständliche Worte bilden zu können. Nie würde er sich an diese halbe Minute gewöhnen, die sein Körper brauchte um vollständig zu erwachen. „Zwei Stunden und 18 Minuten“, antwortete Rayleigh auf die Frage, die er schon seit Jahren nicht mehr zu stellen brauchte. Der alte Mann saß an der gleichen Stelle wo er gesessen hatte als Zorro zum Ruhen gekommen war und las entspannt die Zeitung. Ungelenk stand Zorro auf und streckte sich. „Hast du wirklich vor ununterbrochen über mich zu wachen?“, nuschelte er und griff nach einer der Flaschen, die der andere ihm mitgebracht hatte. „Wenn das nötig ist natürlich.“ „Muss doch ziemlich langweilig sein.“ Er zog den Korken heraus und nahm einen tiefen Schluck. „Ach, ich wollte mir schon seit einer Ewigkeit mal Zeit nehmen um ein paar neue Hobbys auszuprobieren. Stricken zum Beispiel.“ Zorro konnte ein leises Glucksen nicht verhindern und verschluckte sich prompt. „Was denn?“, meinte der andere grinsend. „Traust du mir so etwas nicht zu?“ „Ich traue dir zu hier eine Bar aufzumachen, nur um eine Ausrede zu haben den ganzen Tag zu trinken und Karten zu spielen.“ Seine Stimme war noch leicht kratzig. „Unnötig, das Dorf unten hat eine Bar. Die Kellnerin ist wirklich ein Augenschmaus.“ Er sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Das bedeutet du hast bereits Hausverbot bekommen. Wieder geschummelt?“ „Wie kommst du darauf?“ Leicht beleidigt blätterte der andere um. „Weil du schlecht im Kartenspielen bist. Sogar ich hab dich besiegt und ich hab das Spielen von dir gelernt, erinnerst du dich.“ Schwer seufzend lehnte der andere die Flasche ab, die er ihm anbot. „Nein danke, in meinem Alter sollte ich etwas so hochprozentiges nicht mehr zu mir nehmen. Da krieg ich Magenschmerzen von.“ Er schüttelte den Kopf. „War schon traurig, dass ein Einfaltspinsel wie Roger uns das Geld so aus der Tasche ziehen konnte.“ Dem konnte der Schwertkämpfer nur zustimmen. Doch plötzlich merkte Zorro, dass sich auf der Insel etwas verändert hatte. Seine nackten Füße gruben sich leicht in die Erde. „Hast du es erst jetzt bemerkt?“, fragte sein ehemaliger Vize höhnisch. „Du meine Güte, deine Sinne sind echt noch ausbaufähig, mein Lieber.“ „Du hast es gewusst?“ Er schluckte schwer und sah zum anderen hinüber. „Was? Warum glaubst du habe ich dich zum Ruhen gedrängt. Nur damit du nicht auf dumme Gedanken kommen würdest.“ Wütend starrte er den anderen an. „Guck doch nicht so. Wärst du abgehauen? Wärst du nicht abgehauen? Du warst übermüdet und hättest mit Sicherheit irgendetwas Schwachsinniges gemacht.“ „Silver, ich bin doch nicht gegangen, nur damit sie mich jetzt wieder einsammeln können. Das war nicht der Sinn der Sache.“ „Ja, dann warte doch erst einmal ab. Vielleicht wollen sie nur mit dir reden. Schließlich hast du dich ja nicht wirklich verabschiedet. Aber du musst doch schon zugeben, dass sie gut sind. Meiner Vivre Card zu folgen um dich zu finden.“ Zorro drehte sich vom anderen weg und sah in die Ferne. Rayleigh richtete sich auf und kam zu ihm, sah ebenfalls in die gleiche Richtung. „Also Bronze, sie sind gerade an Land gegangen. Ich weiß nicht wie lange sie brauchen um uns zu finden. Was hast du vor? Wenn du jetzt abhaust würdest du mit Sicherheit davon kommen, ich meine sie würden dich auf jeden Fall sehen, aber dann würden sie zumindest mit Sicherheit wissen, dass du nicht mehr zurückkommen wirst.“ „Halt die Klappe!“ „Ach, bist du etwa nervös?“, feixte der andere. „Was ist, wenn Korekuta sie verfolgt? Er ist kein Idiot. Was ist, wenn sie ihn unwissentlich hergeführt haben?“ Plötzlich griff der andere ihn fest an der Schulter und sah ihn ernst an. „Dann weiß ich genau was zu tun ist.“ Ein Vertrauens- und Freundschaftsbeweis den Zorro nie einfordern wollen würde. Angespannt wartete er. Während Rayleigh seine Zeitung wieder aufgeschlagen hatte und weiter las versuchte er sich über seine üblichen Meditationstechniken zu entspannen, aber verdammt noch mal, wer hätte gedacht, dass die anderen ihn innerhalb so kurzer Zeit finden würden? Natürlich war es ein Risiko gewesen in der Nähe seines ehemaligen Vizekapitäns zu bleiben, aber er hatte tatsächlich nicht erwartet, dass die anderen ihren Kurs abbrechen würden nur um ihn zu suchen. Vielleicht vor diesem ganzen Debakel, aber er zweifelte stark daran, dass sämtliche Crewmitglieder ihn mit offenen Armen empfangen würden. Es stimmte schon, dass sein Abgang nicht der von der feinfühligsten Sorte war, aber es besser so gewesen, so hatte er zumindest die Diskussion ‚Robin oder Zorro‘ verhindern können. Er war dankbar, dass sie sich auf ein Gespräch eingelassen hatte und er hatte das Gefühl auf einer guten Note mit ihr einen Abschluss gefunden zu haben. Zum Ende hin hatte sich ihre Unterhaltung beinahe wie früher angefühlt, aber er wusste, dass der Riss im Vertrauen zu tief war. Ihr ganzes Leben lang hatte sie den Namen Bronze mit dem Schmerz ihres unfassbaren Verlusts verbunden, er konnte diesen Schmerz gut verstehen und wusste, dass er nicht so einfach vergehen konnte, nur weil sie jetzt wusste, dass er Bronze war, nur weil sie jetzt seinen Teil der Geschichte kannte. Dann hörte er sie. Ruffys Stimme war schon lange im voraus zu hören. Auf Rayleighs bestätigendes Nicken erhob er sich und trat in die Lichtung, in der sie ihr bescheidenes Lager aufgebaut hatten. Als erstes sah er den Mann, den er seinen Kapitän nannte und in dem Moment in dem Ruffy ihn sah rannte er, sprang auf ihn zu und fegte ihn regelrecht zu Boden. Es tat weh. Nicht der Aufprall, natürlich nicht. Aber das Wissen, dass sie wegen ihm da waren, dass sein Käpt‘n ihn offensichtlich vermisste und dass sie da waren. Verdammt! Er hätte nie gedacht, dass er sie so sehr vermissen würde. Es kostete seine ganze Kontrolle die Arme nicht um den Schwarzhaarigen zu schlingen. „Zorro!“ Ruffy grinste zu ihm herab. „Ruffy“, murmelte er. Im Hintergrund konnte er die anderen hören. Doch alles was er sah, waren die dunklen Augen seines Kapitäns, der einfach nur zu ihm herabsah. Zorro schluckte, er wusste, dass seine Augen für die meisten Menschen unangenehm waren und doch sah Ruffy ihn direkt an, wich nicht eine Sekunde seinem Blick aus. „Ich hab was für dich.“ Ruffy grinste immer noch und ließ sich neben Zorro auf den Hosenboden fallen. „Was?“ Verwirrt brachte der Grünschopf sich in eine sitzende Position. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet. Für eine Sekunde ließ er seinen Blick über die anderen schweifen. Sie alle wirkten aufgeregt, rosige Wangen, verstecktes oder offenes Grinsen. Sie waren alle da, keiner war bei der Thousand Sunny. „Hier.“ Der Junge mit dem Strohhut hatte beide Hände hinter seinen Rücken gestreckt und schien etwas unter seiner Weste hervorzuziehen. Dann präsentierte er ihm zwei Stöcke. Zumindest dachte er für eine Sekunde, dass es zwei Stöcke seien. „Nein“, flüsterte er und erstarrte regelrecht. Ruffy hielt nicht zwei einfache Stöcke, es war ein zerbrochener, weißer Gehstock. „Es gibt für dich keinen Grund mehr nicht nach Hause zu kommen“, sagte Ruffy überraschend sanft. „Er wird dir nie wieder etwas tun.“ Niemand sagte etwas und Zorro versuchte zu verstehen, versuchte zu begreifen. Aber es war unmöglich. Muchinushi war unbesiegbar, war unbezwingbar, war… Er schüttelte den Kopf. Was hatte das zu bedeuten? War der zerbrochene Stock ein Friedensangebot von Korekuta, dass er ihn in Frieden lassen würde, solange Ruffy leben würde? War es ein Zeichen, dass er nicht einmal den Gehstock brauchte um ihn sich wiederzuholen? Wollte er ihm damit sagen, dass er nicht mehr vergeben würde? „Warum sagt er denn gar nichts?“ „Was ist denn los?“ „Zorro?“ Er hörte Stimmen. Was hatten sie nur getan? Was hatten sie nur dafür gegeben und was würde es ihn kosten? Er war geflohen, es war nicht die beste Lösung, aber es war eine vertretbare Lösung, eine Lösung, die weder sie noch ihn gefährden sollte. „Guck doch nicht so.“ Ruffy lachte. „Es ist alles gut.“ „Was habt ihr getan?“, flüsterte Zorro ohnmächtig. „Deinen schlimmsten Albtraum ausgeschaltet wie es scheint“, kam es trocken vom Koch. Die Worte hörend aber nicht verstehend sah er zum Blondschopf auf. „Was denn, kannst du nicht einmal mehr sprechen?“, murrte ebendieser. „Du hast es doch gehört oder bist du zu blöd um es zu verstehen? Die Korekutas gibt es nicht mehr. Ruffy hat Muchinushi besiegt.“ Hinter ihm schnappte Silver nach Luft, doch Zorro wusste immer noch nicht, was das bedeuten sollte. Verwirrt sah er wieder seinen Kapitän an, der immer noch breit grinste. „Es war gar nicht so einfach“, lachte er. „Bis ich verstanden habe, wie er kämpft hab ich mir ein paar ordentliche blauen Flecken geholt. Aber der Trick besteht darin, dass er nur so stark ist, wie der eigene Angriff und als ich das kapiert habe, war es echt lustig. Aber als dann sein Stab kaputt gegangen ist, wurde es verdammt öde, denn ohne den ist dieser Muschelnuschel nämlich total schwach.“ „Muchinushi“, korrigierte Lysop hinter vorgehaltener Hand. „Ich verstehe nicht“, schaffte Zorro es endlich zu sagen. „Was für einen Deal bist du eingegangen?“ Nun sah der Strohhutjunge ihn überaus verwirrt an. „Deal?“, fragte er. „Ach so.“ Dann nickte er grinsend. „Ja, also der Deal war, dass ich ihm sämtliche Zähne aus seinem breiten Grinsen gekickt habe und ihm gesagt habe, dass er die Finger von seiner blöden Liste lassen soll, wenn er nicht will, dass ich ihm jeden einzeln breche.“ Ruffy hörte nicht eine Sekunde auf zu grinsen, aber es passte überhaupt nicht, dass eine naive Hohlbirne wie Zorros Kapitän solche Drohungen von sich geben würde. „Was?“ „Hast du es noch immer nicht kapiert?“, fragte nun Nami mit einem breiten Lächeln. „Ruffy hat mit Muchinushi den Fußboden geputzt, hat ihn zur Schnecke gemacht, ihn fertig gemacht, wie auch immer du es ausdrücken willst. Und wir haben uns um Joudama gekümmert.“ „Erstaunlich“, flüsterte der dunkle König hinter ihm eher erfreut als ungläubig. Und ganz langsam, ganz langsam verstand er. Er sah den zerbrochenen Stab vor sich und verstand was er zu bedeuten hatte. Er bekam keine Luft, irgendetwas Unbekanntes passierte mit ihm, als er eine Hand ausstreckte und den zerbrochenen Gehstock berührte. Fast zeitgleich kehrten all diese Erinnerungen zurück und zerbrachen vor seinem inneren Auge. Die andere Hand presste er vor den Mund als er es endlich begriff, als er endlich begriff, was Ruffy getan hatte, was er für ihn getan hatte, und dass er es geschafft hatte. Heiß rannen die Tränen seine Wangen hinab, brannten regelrecht in seiner Haut. „Zorro?“ „Was?“ Er konnte sie hören, ihre Sorge, aber er konnte es nicht aufhalten. Krümmte sich zusammen als diese eine Emotion ihn vereinnahmte und die Tränen ungehindert ihren Lauf nahmen. Er schrie den Schmerz hinaus, konnte es nicht in sich halten, konnte es nicht aushalten, es nicht mehr aushalten und dann spürte er Wärme. Arme schlangen sich um ihn, Hände berührten ihn, vertraute Gerüche, vertraute Berührungen, am Rücken, den Armen, den Schultern, den Händen, der Brust, den Beinen. Lange Haare fielen sein Ohr hinab, Fell streifte seine Wange auf der anderen Seite, Finger strichen durch sein Haar. Er weinte und weinte, während sie ihn hielten. Er war Zuhause. Er war endlich Zuhause. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)