Wenn der Wind sich dreht von Tsuki_no_Hime ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Sakura war nicht dumm. Sie war Ärztin, hatte ihr Studium mit einem Einser-Durchschnitt absolviert und besaß einen IQ von 162. Sie hatte es durch Fleiß und Einsatzbereitschaft bisher weit gebracht im Leben, auch wenn ihre Eltern einen anderen Weg von ihr verlangt hatten. Diese wollten sie in ein Jura-Studium drängen, um einst mal die Kanzlei ihres Vaters übernehmen zu können. Dies war jedoch momentan nicht von Belang. Viel wichtiger war, dass sie trotz ihrer vermeintlichen Intelligenz nun kaum mehr im Stande war sich ordentlich zu artikulieren, geschweige denn mit dieser Situation, in welcher sie sich derzeit befand, umzugehen. Ruf die Polizei, schrie ihr Verstand ihr kreischend entgegen. Schlag sie k.o. und flüchte, hielt ihre innere Stimme dagegen, die ihr schön des Öfteren solch zweifelhafte Vorschläge unterbreitet hatte. Statt jedoch auf eine von den beiden Stimmen zu hören, blieb sie einfach stehen und betrieb Schnappatmung, während sie die beiden Männer vor sich keine Sekunde aus den Augen ließ.  Sie fühlte sich momentan nicht wie ein Mensch, sondern viel eher wie ein Fisch auf dem Trocknen. „Ihr seid“, keuchte sie mehr, als sie sprach und wagte es dabei nicht das Wort, welches deren Berufszweig charakterisierte, in den Mund zu nehmen. „Bankräuber“, half ihr Hidan gnädigerweise aus und grinste sie dabei noch immer überdimensional breit an. Kakuzu stieß nur ein halbwegs geräuschloses Schnauben aus, während er sie seinerseits mit seinen Blicken bannte.  Tief atmete Sakura durch. Mehrmals, um auch wirklich langsam die Kontrolle über ihren Körper und Geist zurück zu erlangen. Okay. Sie stand nun also gerade zwei Bankräubern entgegen und hatte einen von ihnen sogar ein Messer aus dem Rücken gezogen, was der Andere dort präzise platziert zu haben schien. Kein Grund zur Sorge. Es gab weitaus Schlimmeres, auch wenn ihr gerade kein passender Vergleich einfallen wollte. Erneut atmete sie tief durch. „Also schön, dann...nett euch kennen gelernt zu haben, aber...ich geh dann jetzt mal, Menschen operieren, und so.“  Sie wandte sich gerade ab und wollte den Raum schnellstmöglich verlassen, als sie plötzlich von hinten am Handgelenk gepackt wurde. Irgendwie kam ihr diese Szene bekannt vor. Erst Sasuke und nun Hidan. War das neuerdings irgend so ein komischer Trend, andere Leute von der Flucht abzuhalten?  „Du gehst nirgendwohin, Schätzchen.“ Das betonte Kosewort trug keineswegs zur Beruhigung ihrer Nerven bei. Im Gegenteil, ihr Körper gefror und stellte somit jegliche Möglichkeit zur Bewegung ein. Sie getraute sich kaum mehr zu atmen, oder irgendein Geräusch von sich zu geben. Schockstarre. Vielleicht würden die Beiden sie in Ruhe lassen, wenn sie sich tot stellen würde. Bei Opossums schien das doch auch wunderbar zu funktionieren. Es sei denn sie trafen auf Aasfresser. Dann sah die Sachlage schon wieder gänzlich anders aus. „Wir haben eigentlich nicht vor dir weh zu tun, allerdings setzt das voraus, dass du freiwillig mit uns kooperierst.“ Hidan konnte sich ja doch gewählt ausdrücken. Interessant. Fast hätte sie geschmunzelt, aber dafür war ihr Körper noch immer im Energiesparmodus gefangen. Momentan gab es für sie nur eine einzige Möglichkeit. Evolutionäre Anpassung. Und mit dieser fasste sie wieder neuen Mut. Äußerlich zumindest. Innerlich zitterte noch immer sie wie ein kleines Mädchen, das gerade von einer Lawine überrollt wurde. Oder so ähnlich. „Was wollt ihr?“ „Ersteinmal wollen wir dich an deine Schweigepflicht erinnern.“ Sakura verbat sich den Einspruch, dass diese nur für den medizinischen Rahmen galt und nicht für das Decken verbrecherischer Aktivitäten.  „Als nächstes hätten wir dir ein Angebot zu unterbreiten.“ „Was für ein Angebot?“ Und warum hatte sie bei dieser Frage nur das unbestimmte Gefühl, dass sie deren Antwort gar nicht hören wollte? Ach ja, weil sie gerade mit Verbrechern verhandelte…  Bestimmt entriss sie sich dem mittlerweile etwas lockerer gewordenen Griff und drehte sich wieder um, um von Angesicht zu Angesicht mit Hidan sprechen zu können. So war es weitaus einfacher hinter seine wahren Absichten blicken zu können. Immerhin war er der Einzige, der zu ihr sprach, während Kakuzu nur weiterhin teilnahmslos daneben stand. Warum war er eigentlich hier und bedrohte nicht irgendwo irgendwelchen hilflosen Angestellten einer Bankfiliale?   „Neben uns gibt es auch noch einige Andere im Team...“ Super, nun hatte sie es also auch noch mit einer ganzen Organisation zu tun. Ihr Tag konnte eindeutig nicht besser verlaufen. „...und einen davon hat es bei unsrem letzten Coup ziemlich mitgenommen. Ein paar Knochenbrüche und ein paar Kugeln, also nichts Großartiges. Trotzdem wäre es wohl angebracht mal ein geschultes Auge drüber schauen zu lassen.“ Frakturen und Schussverletzungen? Nichts Großartiges? Schnaubend zog sie ihre Augenbrauen zusammen und ließ ihren Gegenüber damit einen finsteren Blick zu kommen. Allmählich bekam sie echt schlechte Laune. Ihre Angst und Scheu geriet immer mehr in den Hintergrund. „Ihr wollt das ich für euch arbeite? ... Ist das euer verdammter Ernst!?“ Sie hatte mit einigen Reaktionen auf ihren kleinen Ausbruch gerechnet, aber nicht damit, dass Hidan plötzlich anfing aus voller Kehle zu lachen. Verwundert runzelte sie ihre Stirn. Hatte dieser Typ jetzt endgültig einen Schaden erlitten? „Die Kleine ist echt Gold wert, Narbenfresse. Wo, sagtest du gleich noch, hast du sie aufgegabelt?“  Fasziniert beobachtet Sakura, wie es Kakuzu schaffte Hidan mit nur einem Blick wieder ruhig zu stellen. Dieser Blick, gestand sie sich ein, hätte jedoch auch eine Herde wild gewordener Büffel zur Flucht bewogen. Nachdem ihr ehemaliger Patient sich also wieder beruhigt hatte und Sakura sich fragte, ob Hinata noch immer auf sie wartet, wandte sich nun schließlich Kakuzu an sie und trat dabei einige Schritte näher. „Heute Abend an der alten Lagerhalle im Grenzgebiet außerhalb der Stadt.“ Mehr sagt er nicht, dass musste er auch gar nicht. Die unausgesprochenen Worte und deren drohender Beiklang wogen schwer in der Luft. Keine Polizei. Kein Sterbenswörtchen zu Niemanden. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen würde, sollte sie gegen diese selbstverständlichen Regeln verstoßen.  Mit einem zaghaften Nicken willigte sie schließlich ein. Blieb ihr denn eine andere Wahl? Seufzend schüttelte sie kaum merklich den Kopf und verließ ohne einen weiteren Blick oder letzte Worte das Krankenzimmer. Ihr Tag war eindeutig gelaufen. Schlimmer konnte es nun nicht mehr werden.  Mit angeekelter Mine schluckte Sakura den kalten Kaffee herunter, der eindeutig mal heiß war, als Hinata ihn ihr gebracht hatte. Sie sollte dringend über die Anschaffung einer Thermoskanne nachdenken. Außerdem vermisste sie gerade sehnsüchtig die Gesellschaft ihrer besten Freundin, die es immer wieder schaffte sie aufzuheitern, wenn es ihr schlecht ging.  Ungeduldig blickte sie auf die Uhr über der Zimmertür. Kurz vor um sieben. In etwa einer Stunde wäre ihre Schicht vorüber, hieß, wenn keine weiteren Notfälle dazwischen kamen.  Anfang des Jahres waren die Leute immer besonders einfallsreich, was gewisse Verletzungen betraf. Schlimmer waren nur Männertag, Weihnachten, Silvester und ganz besonders Halloween. Dabei erinnerte sie sich an so manche kuriose Begebenheit, wie zum Beispiel an einen Pfeil in der Pobacke, eine Klobrille als extravagantes Collier, oder gar, und das war ihr persönlicher Favorit, eine halbvolle (zugeschraubte) Wodkaflasche im Anus eines jungen Mannes, der kaum die Volljährigkeit erreicht hatte. Menschen konnten auf die absonderlichsten Ideen kommen und diese hatten meist etwas mit ganz viel Alkohol und oftmals daraus resultierender Selbstüberschätzung zu tun. Davon konnte sie bereits ein Lied singen, wenn Gesang ihr den liegen würde. Sasuke meinte einst, als er sie unter der Dusche trällern hören hatte, dass ihr Gejaule klang, wie eine Katze in ‘ner Kreissäge und das selbst diese noch ansprechendere Töne von sich geben würde. War er nicht herzallerliebst?  Seufzend vertrieb Sakura diese merkwürdigen Gedanken wieder und kippte den restlichen abgestandenen und vor allem kalten Kaffee in des Ausguss des Waschbeckens. Nicht dass dieses Gesöff ihr später noch auf den Magen schlagen würde. Das konnte sie heute ganz und gar nicht mehr gebrauchen. Wie so vieles eigentlich.  Einen weiteren Seufzer ausstoßend verließ sie das Untersuchungszimmer, welches zugleich auch ihr 'Büro' darstellte und machte sich auf den Weg in die Kantine. Dank des Vorfalls mit ihren zwei neuen besten Freunden war sie heute nicht einmal zum Essen gekommen. Allmählich begann ihr Magen zu rebellieren und lautstark zu rumoren. Eigentlich wollte sie mit Hinata essen gehen. Asiatisch wäre ihr zumindest weitaus lieber gewesen, als den Fraß, denn man ihnen hier stets anbot. Undefinierbare Substanzen mit dem Geschmack nach altem Pappmaché. Sehr schmackhaft. Konnte sie jedem weiterempfehlen…  „Sakura!“ Ruckartig blieb sie stehen und drehte sich um. Mit hängenden Schultern kam Hinata auf sie zu. Sie sah mindestens genau mitgenommen aus, wie sie sich fühlte. Scheinbar hatte sie einen ebenso anstrengenden Tag hinter sich, oder Tsunade, die Leiterin des Krankenhauses, hatte mal wieder schlechte Laune und Hinata war dieser zuerst vor die Linse gekommen. Der Erste war immer der Sündenbock. War heute etwa bereits Freitag? Nachdenklich kräuselte Sakura ihre Stirn, als ihre beste Freundin sie auch schon eingeholt hatte und vor ihr zum stehen kam. „Und wie ist es bei dir heute gelaufen? Du warst die ganze Mittagspause weg. Etwas Schlimmes?“ Ohne mit der Wimper zu zucken schüttelte Sakura den Kopf. „Messerstecherei. Mehr Blut als Schaden. Und bei dir?“ Schnaufend zog Hinata ihren Zopf, der sich etwas gelöst hatte, wieder straff und harkte sich anschließend bei ihr unter, um den Weg zur Kantine weiter zu beschreiten. „Nakamura war wieder da und er wurde mir zugeteilt.“ Ein kleines Grinsen zuckte über Sakuras Mundwinkel. Nakamura war mittlerweile Stammgast bei ihnen. Er kam mindestens einmal in der Woche und verlangte stets einen Rundum-Check, weil er angeblich unter irgendwelchen ominösen Krankheiten litt. Mal bildete er sich Knochenschwund ein, ein anderes Mal war es ein Hirntumor und wieder ein anderes Mal glaubte er, dass er, während einer kleinen Erkältung, Drüsenfieber hatte. Dabei war er für seine knapp 70 Jahre noch überaus fit, sowohl körperlich, als auch geistig. Vielleicht war er auch einfach nur einsam und suchte Gesellschaft. So richtig schlau war Sakura bisher noch nicht aus ihm geworden.  „Was war es diesmal?“ „Ein Alien.“ Skeptisch blickte sie zu Hinata, zwecks des ersten Tonfalls mit welchem sie diese Information preis gegeben hatte.  „Bitte?“ „Er wollte mir und zwei weiteren Schwestern weiß machen, dass ein außerirdisches Wesen in ihm brütet.“ Glucksend schüttelte Sakura den Kopf. Eindeutig dieser Tag war an verrückten Geschehnissen kaum mehr zu überbieten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)