[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 113: Vol. 5 - Auswegsloser Kampf ---------------------------------------- "Ist es nicht so, Shizuku Shizuhara?", damit habe ich den Nagel wohl auf den Kopf getroffen, denn Erika-sans Augen weiten sich gewaltig. "Ist lange her, dass dich jemand so genannt hat, was? Dann muss ich wohl Recht haben. Beenden wir es. Gib auf, alte Frau, laut meiner Hypothese hast du die Bomben, die die Stadt zerstören wohl schon längst aktiviert. Ich lasse nicht zu, dass du jeden umbringst. Deine bescheuerten Bomben werde ich eigenhändig entschärfen. Deshalb kann ich nicht gegen dich kämpfen. Es gibt bessere Methoden, also-", "Was fällt dir ein, so überheblich mit mir zu sprechen?!", brüllt sie und kommt auf mich zu, schneller als ich aussprechen kann. Ehe sie mir aber das Messer in den Körper rammt, halte ich es mit meiner Faust auf, nur um es im nächsten Moment zu bereuen. Meine Hand! Blut... Nein, ich... ich muss stark bleiben, ich... ich darf nicht verlieren! Meine Gegnerin bringt mich erneut mit ihren Blicken um, als sie versucht, das Messer umzudrehen und aus meiner Hand zu ziehen. Kurz schaffe ich es, zu widerstehen, meine Handflächen nicht abgeschabt zu bekommen, doch als ich merke, wie mich die Kraft verlässt, erinnere ich mich an den Plan. Panisch sehe ich mich in dem schwachen, gelblichen Licht um. Irgendwo muss es sein, ihr Schwachpunkt. Wenn ich loslasse, ohne zu wissen, was ich tue, sterbe ich. Ich bin nicht bei Sinnen genug, um sie abzuknallen! Mir fällt vor Panik wieder fast die Klinge aus der Hand, sie sind schleißnass. Dass ich das Messer festhalten kann, sollte faktisch eigentlich überhaupt nicht möglich sein! Aber was soll's, es lebe die Plot-Armor! Und tatsächlich erscheint die Lösung direkt vor meinen Augen... Das ist es! Dafür, dass die Widersacher dieser Geschichte so böse und mächtig sind, sind sie nämlich ganz schön... bezwingbar. In einem Aspekt sind sie mir gegenüber nämlich nicht im Vorteil: Sie haben nicht daran gedacht, die Kappe ihres Sicherheitskastens zu reparieren. Und das wird mir wiederum zum Sieg verhelfen. Lebensmüde wie ich bin, reiße ich das blutige Messer samt noch blutigere Hand nach unten, zücke meine eigene Waffe, ziele und im nächsten Moment ist das Licht komplett verschwunden. "Verdammt, der Sicherheitskasten! Du fühlst dich sicherlich total schlau, nicht wahr? Du entkommst mir nicht, Bastard!", flucht sie, bevor ich die schmerzenden Beine in die Hand nehme und die Flucht ergreife. Ich weiß nicht genau, wie lange ich in der Dunkelheit umherirre. Es könnten Sekunden, Minuten, aber auch Stunden sein, in denen ich durch die Tiefen des Verstecks haste und mir die größte Mühe gebe, ihre Schritte nicht zu hören. Sie ist wahnsinnig schnell. Nie gelingt es mir, in einem Versteck länger als fünf Minuten durchzuschnaufen und dabei auch noch meinen Atem zu kontrollieren, damit sie mein aufgeregtes Keuchen nicht hört. Das Ticken der Bomben, die die ganze Stadt binnen kurzer Zeit auf dem Gewissen haben könnten, macht die ganze Sache auch nicht besser. Sie könnten alle sterben! Ich könnte sterben! Und nun liegt das Schicksal aller Beteiligten auf meinen schwachen Schultern... Herrschaft noch mal, wieso ausgerechnet ich?! Selbst wenn es mir gelingen sollte, Erika-san zu töten, man kann doch nicht von mir erwarten, eine Bombe zu entschärfen, ohne zu wissen, ob nach dem Entschärfen der einen mit den anderen dasselbe passiert? Ich komme in einem Raum an, in dem als einziger noch die Stromversorgung noch intakt ist. Als mir dämmert, dass das die Konsole ist, die den ganzen Plan am Leben erhält, dämmert mir, wieso. Alle Knöpfe müssen bereit sein, wenn es nötig ist. In diesem Raum also keine Notstromversorgung zu haben, wäre also ziemlich... idiotisch. Noch immer umklammere ich die Pistole in meinen schweißnassen Händen voller Blut. Mittlerweile schwitze ich dieses sogar, so sehr stresst mich das alles. Die ebenso roten Ziffern, die den Countdown darstellen, beruhigen mich auch nicht gerade. Mir bleiben etwa zwei Minuten, bevor der Laden und das Leben, dass ich mir in dieser Stadt aufgebaut habe, von der einen auf die andere Sekunde in Flammen aufgeht. Inzwischen bin ich aber schon so gestresst, dass es mich fast schon wieder entspannt, absolut machtlos und überfordert zu sein. Ich schüttle den Kopf. Nichts daran ist entspannend, machtlos am Arsch, es ist noch nicht zu spät! Okay, okay, ich muss irgendwie dafür sorgen, dass alle Bomben gleichzeitig abgeschaltet werden... Aber wie? Ich könnte die Pistole nehmen und wie bescheuert so lange auf das Ding draufballern, bis niemand darauf kommt, dass das mal unser Untergang hätte sein sollen. Aber was für eine Garantie habe ich bitte? Okay, okay, hier ist der Plan mit den Bomben im Versteck, dort der mit denen, die in der ganzen Stadt verteilt sind. Wenn ich es mir recht überlege, ist entschärfen vielleicht das falsche Wort. Ich will ja gar nicht, dass es überhaupt explodiert! Ich will, dass der Countdown einfach aufhört, meine Freunde zu bedrohen. Die Bomben könnten alle miteinander verbunden sein, müssen es aber nicht. Herrschaft noch mal, es könnte alles umsonst sein, wenn ich hier... Augenblick! Das ist doch... Ich fasse es nicht! Es war die ganze Zeit vor meiner Nase! War ja klar, dass selbst dieser Drecksverein auch noch so ein bisschen weiterdenkt und sich den Rückzug freihält, falls es nicht anders geht. Du kannst mir glauben oder nicht, aber... da ist ein Knopf! Ein verdammter roter Knopf! "Ahaha... Ahahahahaha!!!", versuche ich, mein Kichern zu unterdrücken. Das ist selbst in so einer lebensbedrohlichen Situation einfach zu komisch! Ich schlage also mit der Pistole das Glas kaputt und und drücke grinsend den Kopf, bevor die letzten Sekunden verstreichen, die uns alle umgebracht hätten. Der Countdown stoppt und die sämtliche Bomben auf beiden Karten verblassen, als hätten sie nie existiert. So unrealistisch und einfach hätte ich mir meinen Sieg hier unten nicht vorgestellt. Ich meine, wenn man es genau nimmt, hat die Autorin es sich hier wirklich leicht gemacht, absolut überhaupt niemandem etwas in Bezug auf das Entschärfen von Bomben beizubringen. Ich freu mich trotzdem! Freudentränen tropfen auf die Knöpfe. "Ich... ich habe... sie alle gerettet. Ich... ich war gerade... total cool, oder?", schluchze ich und wische mir mein Gesicht trocken. Genug der Heulerei, es ist Zeit, nach Hause zu gehen. Ich drehe mich also um, will gerade gehen, nur, um wieder ihrem grausamen Grinsen zu begegnen. "Glaubst du, du entkommst mir einfach so, Elvis Kyokei?", und hätte ich mich nicht schon vorher eingenässt, ich schwöre, ich hätte es wieder getan. Ich bin so was von gefickt. Die Angst umhüllt mich wieder, sie kommt näher mit jedem Schritt, den Erika-san in meine Richtung macht. Es ist das Gleiche. Wieder greift der Tod nach mir. Und wieder gibt es nichts, was ich dagegen tun kann. "Du hast sämtliche Bomben außer Kraft gesetzt? Alle Achtung, Elvis. Es ist ja nicht so, als könnte jeder Idiot einen Knopf betätigen. Ich hätte nicht gedacht, dass du es mit deiner Beinverletzung schaffen würdest, so weit zu laufen. Ich hätte wisseb müssen, dass man Ryuzaki keine Schlüssel anvertrauen sollte. Aber egal, selbst wenn die Stadt heute doch nicht in die Luft geht. Du wirst trotzdem sterben. Genau wie ich.", ihre Worte hallen in meinem Kopf wieder, der vor Angst so leergefegt ist, dass es schmerzt. Doch da ist eine Sache, die ich inmitten der Leere nicht verdrängt habe. Welche mir in diesem Moment so eine Kraft verleiht, als hätte Gott persönlich durch diesen Menschen gesprochen, ohne dass dieser es überhaupt wusste. "Der Grund, weshalb ich lebe, bist du. Ich war eine lange Zeit sehr traurig, ich hatte mir alle Welt zum Feind gemacht. Meine Familie und jeden, der von den Vorfällen wusste, die allein meine Schuld waren. Der Einzige, den ich hatte, auf den ich zählen konnte, Ellie, das warst du. Deshalb sag sowas nicht, verliere nicht den Mut. Sei nicht so gemein zu dir. Egal was kommt, egal was in der Vergangenheit, die du vergessen hast, vorgefallen ist. Egal, ob du dich vielleicht nie wieder an mich erinnern wirst. Ich bleibe für immer und ewig an deiner Seite, Ellie.", bekräftigt mich meine vergangene Freundin. Das Mädchen mit den grünen Haaren und der Iris aus Gold. Der Mensch, der nie den Glauben an mich verlor. Durch den ich ein besserer Mensch wurde, durch den mir mehr übernatürliche, nahezu göttliche Kraft zuteil wurde, als ich es je für möglich gehalten hätte. Ich darf nicht sterben. Nicht, solange, Chika Failman irgendwo da draußen noch auf mich wartet! Furchtlos wie ich bin, und das überrascht mich selbst, trotze ich ihrem Blick und halte ihr schneller die Pistole an den Kopf als sie die Klinge an meinen Hals halten könnte. "W-was... was zur Hölle ist auf einmal los mit dir?! Wo ist deine Angst hin?! Warum... warum lächelst du?! ... Wie... wie kommt es, dass du scheinbar absolut keine Angst vor mir hast...? Ich habe deine Mutter umbringen wollen... Ich habe deinen Vater ermordet. Deine Freundin wäre beinahe durch die Pläne meines Komplizen getötet worden... Ich habe deinen Bruder angeschossen... Ich habe sogar deine Tante vor deinen Augen erstochen und doch... bist du so gefasst... Dabei... hast du doch auch... diese eine Seite an dir... Ich verstehe es nicht...", stammelt Erika-san. "Das stimmt nicht ganz. Ich zeige es nicht, aber gerade habe ich so viel Angst wie noch nie zuvor... Ich könnte sterben und weiß das... Tante Akanes Tod und deine Enthüllung schockieren mich zutiefst und ich... ich kann dir nicht verzeihen, weißt du? Aber... trotz allem habe ich vor dir persönlich keine Angst... Es war nur dein Blick. Wir sind uns... ähnlich, da hast du Recht, diese Seite an mir, die alles beendet hat, die dafür gesorgt hat, dass ich überhaupt... geflohen bin... ja, wir... wir sind durchaus verwandt... Jedoch... lasse ich dennoch nicht zu, dass du...", ich atme ein und wieder aus. "Alle dafür büßen lässt. Meine Mutter hat dir vielleicht nicht helfen können, aber sei dir bewusst, dass sie dich immer irgendwo geliebt hat. Deine Eltern auch, selbst wenn du mir nicht glaubst. Wir alle könnten dich wieder willkommen heißen, wenn du nur wieder zurückkehren würdest... Du gehörst trotz allem immer noch zur Familie. Ich will... die echte Erika-san sehen. Shizuku Shizuhara, wie sie wirklich leibt und lebt!", ich drücke die Waffe noch immer an ihre Stirn. Absolute Funkstille. Nur ganz leise hört man noch Kleinigkeiten in der Szenerie. Ich höre Helikopter und mehrere Leute hier reinlaufen. Ob sie alle gekommen sind, um mich, der doch alles zerstört hat, zu retten? Hat einer meiner Freunde etwa Hilfe geholt? Werden sie Erika-san denn verzeihen, auch wenn sie ihre beste Freundin und meine geliebte Tante umgebracht hat? Vermutlich nicht, aber... ich will diese Frau verstehen. Ich will die Sache aus ihrer Sicht sehen. Ich will ihr Sagen, dass sie nicht allein ist und dass es nichts bringt, die Stadt zu zerstören, um ihrer kleinen Schwester eins auszuwischen. Ich will die echte Erika-san sehen. "Jetzt reicht es... hör verdammt noch mal auf, mir ins Gesicht zu lügen!", schreit sie und als ich für die stille Zeit nur einen Moment unachtsam war, rammt sie mir mit voller Wucht ihr gezahntes und absolut nicht für den Küchengebrauch vorhergesehenes Messer in den Bauch. "Aaaaaaaaaahhhhh!!!!", noch nie habe ich so einen scharfen Schmerz verspürt. Die kalte Klinge in meinem warmen Innenlenen fühlt sich schrecklich an. Ich spüre Luft, wo ich verdammt noch mal keine zu spüren habe! Es tut so weh! Es ist schlimmer als meine Verletzung zuvor. Versteh mich bloß nicht falsch, von einem Schuldach zu stürzen und mit der unteren Hälfte auf Treppen zu landen, ist absolut nicht geil. Aber das hier, das ist ein völlig anderes Paar Schuhe! Es gibt kein Zurück. Das kalte Metall hat sich bereits unumkehrbar in meinen Körper gebohrt. Dasselbe kalte Metall, dass noch immer mit dem Blut meiner Tante getränkt ist. Das gleiche Metall, welches ebenso in meinem Vater gesteckt hat! Erika-san keucht und atmet schwer, dann liegen wir beide wie die letzten Idioten an der Wand gelehnt. Und ich versuche, nicht zu sterben. Ich stöhne vor Schmerz. Es will nicht aufhören zu bluten. Meine Finger sind voller Blut. Mein Pullover ist längst nicht mehr blau. Und in meinem Kopf erscheint immer wieder das Bild, wie ich blutverschmiert im Regen und im Sterben liege. "Tut mir leid, ich... ich kann mich nicht kontrollieren...", flüstert Erika-san und verwirrt mich in meinem Schmerz. Geht wieder ihre empfindliche Seite mit ihr durch? "Ich habe, um ehrlich zu sein... Angst vor ihr... meiner Schwester... ich habe ihr so viel Leid zugefügt... und jetzt habe ich ihren Sohn tödlich verwundet, das... das habe ich immer gewollt, aber jetzt... fühlt es sich absolut nicht so toll an... Ich habe noch immer keine Genugtuung erhalten... Ich weiß, es ist unmöglich von mir, aber... kannst du deinem Mörder nicht vielleicht doch... noch ein letztes Mal verzeihen...?", murmelt sie und ich spüre heiße Tränen in meine Wunde tropfen. "Nur, wenn du mir... alle Einzelheiten erzählst, Erika-san... und du Mama eine letzte Botschaft überbringst, eine nette... nur, dann... Tantchen...", stammle ich, so gut es mit einer Wunde, die einem bestimmt einige Organe eingerissen hat, geht. "Also schön... Ich bin, nachdem ich Setsuna habe umbringen wollen, geflohen... ein paar Jahre ging ich einfach mit mehreren falschen Namen durch das Land und habe den Sinn im Leben verloren. Irgendwas hat mich jedoch in die Szene gebracht, sowohl dort, wo deine Eltern jetzt leben, als auch die Stadt, in der du jetzt lebst. Ich lernte Ryuzaki kennen, der mir Unterschlupf gewährte... Er war es, der mein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verändert hat, er... er ist so etwas wie ein illegaler Arzt. Wie du mich da noch als Shizuku Shizuhara identifizieren konntest, grenzt an ein Wunder. Es müssen wohl meine Haare sein. Wie auch immer, wie haben uns immer wieder getroffen. Wir merkten schnell, dass mein Racheplan und sein Wunsch, etwas Verbotenes zu tun, sich deckten. Und wir gründeten bald so etwas wie eine Bootleg-Mafia. Den Clan. Und wie ich vorhin zugab, haben wir zusammen einen Anschlag auf jenes Büro ausgeübt und ich habe deinen Vater ermordet. Ich wusste, dass es Setsuna das Herz brechen würde. Ich wollte ihr erst ihren Ehemann und dann ihren Sohn wegnehmen. Ich habe mich für besonders schlau gehalten, weil ich es so weit gebracht hatte. Anscheinend wusste Kyokei noch nicht einmal, dass es eine Frau war, die sein Leben beendete. Zurück zum Thema, Ich begann mich mehr und mehr in Ryuzaki zu verlieben. Doch eines Nachts, als wir gerade dabei waren, meinte er, wir könnten uns nicht mehr sehen, da er ins Krankenhaus müsse. Dass er aussteigen wollte. Sinneswandel, schlechtes Gewissen, so etwas. Er wollte sich weigern, seiner eigene Grausamkeit weiter freien Lauf zu lassen, in dem er mit mir zusammen war. Er meinte, er habe eine schwangere Frau namens Hotaru, welche ein Kind erwartete und zwar von ihm. In mir zog sich alles zusammen. Diese Schlampe nahm mir meinen Geliebten weg, dachte ich, obwohl es doch eigentlich umgekehrt war. Nach der Geburt, als alles schlief, habe ich sie umgebracht und das Baby entführt. Einfach so. mich hat die Verzweiflung gepackt. Ich konnte nicht anders. Ryuzaki war alles, was meinem Leben einen Sinn gab, der Einzige, der mich verstand. Doch als er herausfand, dass ich sie umbrachte, schien er noch nicht einmal mit der Wimper zu zucken. Er hatte keine Gefühle, weder für sie noch für mich. Er meinte, er sei so etwas wie das Äquivalent eines Psychopathen. Das waren für mich so etwas wie die magischen Worte, er freute sich, dass wir mehr oder weniger dasselbe fühlten. Wir gaben dem Kind, dass eigentlich auf den Namen Haku Hanazawa hörte, den neuen Namen Kiara Nojimiya, damit der Schwindel aufrechterhalten blieb. Kiara weiß ihren richtigen Namen noch immer nicht. Ich als ihre Stiefmutter habe sie dazu benutzt, um an Informationen zu kommen. Sie ist sehr gewissenhaft in ihrer Arbeit, jedoch scheint sie sich doch tatsächlich in dich verliebt zu haben. Ich kann mir vorstellen, dass sie unsäglich eifersüchtig auf dieses grünhaarige Mädchen ist, dass immer bei dir ist. Ein wenig leid tut sie mir, aber zugleich interessiert es mich eigentlich nicht weiter. Ich habe immer nur an mein eigenes Wohl gedacht. Ich habe das Leben noch nie lieb gehabt. Die Bomben hätten nicht mehr lange gebraucht, das alles war nichts weiter als ein riesiger Gruppensuizid. Ryuzaki wollte auch sterben. Aber jetzt... jetzt ist alles egal. Dein Bein hat die längste Zeit zum Rennen ausgehalten. Und an der Stichwunde, die ich dir in meinem Zorn zugefügt habe, wirst du verbluten. Ich habe jedem wehgetan, sogar dir... Dabei bist du ja eigentlich unschuldig gewesen und... hattest nur das Pech, der Sohn meiner Schwester zu sein. Deshalb... Ich bitte dich, Elvis Kyokei. Töte mich. Jetzt!", fleht sie. "Ich... ich kann nicht.", meine ich und merke, wie mir selbst noch mehr Tränen kommen, nicht nur wegen der Schmerzen. "Doch, du... du musst, anders ziehe ich das Messer wieder raus und töte mich damit selbst... Du würdest ohnehin sterben. Also nimm die verdammte Pistole und töte mich! Nimm es und räche dich für all das Leid, dass ich allen zugefügt habe. Tu es. Und falls du es doch überleben solltest, aus welchem Grund auch immer, sag Setsuna, dass ist ein Waffenstillstand und viel Glück. Sag ihr, dass ich es nicht geschafft habe, mich zu ändern. Aber sag ihr auch, ich hätte dich darum gebeten. Das habe ich. Und jetzt drück ab. Es ist mein letzter Wille. Vom Sohn meiner verhassten und zugleich geliebten Schwester getötet zu werden. Das ist mir jetzt klar. Mach hinne!", schluchzt sie. Ich greife mit letzten Kräften nach der Waffe, die ich vorhin habe fallen lassen. "Eins noch, Erika-san... glaubst du an Jesus?", will ich wissen, komme mir dumm vor und kotze Blut. "Daran zu glauben, dass es eine höhere Macht gibt, reicht nicht, um ewig in Frieden zu ruhen. In diesem Moment... durch dich Idioten, den ich bis zuletzt getroffen habe, bereue ich sowieso alles, was ich getan habe. Verflucht sei das alles. Es gurkt mich an, weder meine Schwester, noch meinen Schwager, dich oder sonst wen jemals gut behandelt zu haben. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, um noch einmal Setsunas große Schwester sein zu können... Ehrlich, ich würde es wirklich tun.", haucht sie, so schwach, als würde sie auch ohne meine Hilfe gleich sterben. "Es ist zu spät.", bedauert sie schließlich. "Es ist niemals zu spät, um sich seine Fehler einzugestehen.", wiederspreche ich. "Dummkopf.", sie sieht mich mit Tränen in den Augen an. "Wenn ich ehrlich bin, tröstet es mich etwas, an der Seite eines Familienmitgliedes zu sterben. Mit dir zusammen. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit, um dich zu lieben wie eine richtige Tante es tun würde. Wie Akane-chan dich geliebt hat.", kichert sie. Daraufhin grinse ich schmerzerfüllt. Da steckt immer noch ein Messer in mir drin. "Dann lass uns zusammen sterben.", flüstere ich. "Wenn es wirklich dein Wunsch ist, dass ich dein Leben beende, dann... soll es so sein.", entschließe ich mich doch dafür und schiebe ihr die Pistole zwischen die Brüste. "Danke, Elvis.", höre ich sie. sagen Ich kneife die Augen zu und drücke ab. Knall. Ich habe gerade einen Menschen umgebracht. "Ruhe in Frieden, Tante Shizuku.", flüstere ich, als ich sie vorsichtig wieder öffne. Derr Schmerz in meiner Körpermitte zerreißt michmach wie vor fast. Ich beiße die Zähne zusammen. Das Blut hört und hört nicht auf zu fließen. "Ich... ich lebe.", flüstere ichm Ich lebe. Und dennoch. Ich bin wohl kurz davor. Zu sterben. Dass meine Geschichte so enden würde. Dass ich alle meine Freunde und meine Familie verlieren würde, dass ich beide Tanten verlieren würde und eine davon sogar selbst umgebracht habe? Ich habe alles verloren. Vor meinem Antlitz erscheint Nokia-chan. Sie tritt in den Kontrollraum und sieht mich wie immer aus emotionslosen Augen an. Nur diesmal schwingt wie beim letzten Mal ein kleiner Fetzen Trauer mit. Obwohl sie meine Gegnerin ist und ebenfalls hinter all dem steckt, bin ich irgendwie irgendwo trotzdem erleichtert, dass es ihr gut geht. Gott sei Dank. "Hey, Nokia-chan, dein... dein echter Name lautet... Haku… Haku Hanazawa... Du bist echt bemitleidenswert.", kommt es mir stotternd über die Lippen. Sie nickt nur und tritt näher. Hanakos kleine Halbschwester also... irgendwas in ihrem Gesicht kam mir schon immer bekannt vor, auch wenn sie die schwarze Haare und Augen ihres Vaters geerbt hat. "Du hast mich all die Zeit geliebt, was? Es tut mir leid, dass ich deine... Gefühle nicht erwidern kann, Nokia-chan... Ist es okay, wenn ich dich weiterhin so nenne?", frage ich und versuche, am Leben zu bleiben. Wieder nickt sie und kniet vor mir. Sie tippt etwas in ihr Handy und zeigt es mir. "Ich habe dich sehr geliebt. Tut mir leid, dass ich dabei helfen musste, dich umzubringen.", steht da. "Ach was... und, Nokia-chan... von deiner Zugehörigkeit mal ganz abgesehen, bist du ein... wirklich liebes Mädchen, weißt du? Lass uns im nächsten Leben bessere Freunde sein, ja? Für mich jedenfalls... warst du indirekt bereits ein Teil dessen, welchen ich meinen Freundeskreis nenne.", ich lache. Nokia-chan kommt meinem Gesicht wieder näher, doch ist diesmal weitaus dezenter und küsst mich sanft auf die Wange. Währenddessen schmerzt das Loch in mir ein paar Prozent weniger. Sie löst sich wieder von mir und zeigt mehr Emotionen als je zuvor. Sie lächelt süß und gibt sich gleichzeitig Mühe, nicht zu weinen. Ich greife mit meiner blutverschmierten Hand nach ihrem Kopf und fahre ihr über die unordentlichen Haare. Nokia-chan zeigt mir wieder ihre Freude und steht wieder auf. Sie verbeugt sich und verschwindet in der Dunkelheit. Dort höre ich eine elektronische Stimme, die ich aber nur noch ganz schwer verstehen kann. Nicht, weil ich anfange, schlecht zuhören. Sondern, weil ich vor Todesgefühl gar nicht mehr wach genug bin, um auf irgendwas zu achten. Im nächsten Moment sacke ich zur Seite und lande in meinem eigenen Blut. Es ist kalt. Es ist heiß. Ich kann mich nicht mehr spüren. Ich kann förmlich fühlen, wie das Leben aus meiner physischen Gestalt weicht. Ich habe Angst. Dann ist das wohl wirklich das Ende meiner Geschichte. Meine Zeit ist gekommen. Dann ist es wohl an der Zeit für meine letzten Worte. Vielen Dank, Failman-san. Ich werde Ihre weisen Worte immer in meinem Herzen wahren. Vielen Dank, Taiyo. Dafür, dass ich dein Bruder sein durfte. Vielen Dank, Eltern. Für alles, was ihr für mich getan habt. Vielen Dank, Katsuoka-sensei. Dass Sie sich immer um mich gekümmert haben. Vielen Dank, Shuichiro. Dass du wenigstens für eine gewisse Zeitspanne mein Freund warst. Du hast mir immer wieder gezeigt, dass es Menschen gibt, die viel zu witzig sind, um wahr zu sein. Vielen Dank, Kaishi. Dass du mich aufgefangen hast, als es mir schlecht ging, du auch sonst immer jemand warst, der mich verstand. Vielen Dank, Akira. Dass du mein bester Freund warst und mich immer wieder dazu gebracht hast, Neues von dieser Welt zu lernen. Vielen Dank, Chika. Du hast mir gezeigt, was Leben bedeutet. Du hast mir zurückgegeben, was ich glaubte, für immer verloren zu haben. Mit diesen Worten verlasse ich diese Welt, als etliche Nerven ihren Job kündigen und ich aufhöre, etwas zu fühlen. Mein Herz scheint aufzugeben und mein Geist schläft ein für immer. "Vielen Dank, meine Lieben.", flüstere ich, dann wird alles kalt. Meine Sinne funktionieren nicht mehr. Die Schafe sind gezählt, wie meine Tage gezählt sind. Die Zeit ist gekommen und ich höre aus weiter Ferne eine Explosion. Das vielleicht Letzte, was ich von dieser Welt, diesem Leben noch wahrnehmen werde. Ich vergehe tatsächlich. Es fühlt sich an, als ob ich schwebe. Ich habe gegen den Tod verloren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)