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Cursed or not

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Betrachtet die ersten beiden Kapitel als Vorgeschichte zur eigentlichen Haupthandlung.
Ich habe lange mit mir gehadert, diese Geschichte hochzuladen. Schreibt mir doch, ob es eine gute oder eine schlechte Idee war. Komplett anzeigen

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Verflucht - Ein Fall in Salem


 

Verflucht

Ein Fall in Salem

"Saving people, hunting things, the family business."

Dean
 

Massachusetts war kühl zu dieser Jahreszeit. Eine raue Brise fegte durch die Straßen Salems und zerrte an den letzten Blättern, die noch verzweifelt an ihren Bäumen festhielten. Doch früher oder später würden auch sie fallen. Ein Wind gemacht um Häuser errichtet aus Karten einstürzen zu lassen.
 

Die Luft schmeckte nach Salz, Meer und Weite. Das Aroma der See, ein Gruß des nahen Ozeans, herb und lockend zugleich. Ein Kontrast, eine Ambivalenz zum Grau der Stadt. Es roch nach nassem Laub und ein wenig nach Abgasen. Die Frische des letzten Regens schon fast wieder verflogen, gerade noch spürbar wie eine langsam verblassende Erinnerung.
 

Das tief blecherne Röhren eines veralteten Motors zerriss die trügerische Ruhe dieses Spätnachmittags. Ein Echo längst vergangener Zeit. Die kleinen Steine auf dem bröckligen Asphalt knirschten, während der Wagen am Straßenrand hielt, und die Türen gaben ein quietschendes Geräusch von sich, als sie geöffnet wurden. Kurz darauf wurden sie wieder zugeschlagen, beinahe sanft.
 

Zwei Männer waren ausgestiegen. Jeans, Boots, Flanellhemden, Lederjacke. Jäger. Der Wind griff in die langen braunen Haare des Größeren und wehte sie ihm ins Gesicht. Ein Sonnenstrahl, der sich durch die dichte Wolkendecke und den Hochnebel gekämpft hatte, glänzte im dunklen Lack des 67’er Chevrolet Impalas, bevor auch er wieder verschwand als wäre er nie da gewesen. Der Kleinere der beiden blinzelte zum Himmel hinauf, dann als wollte er einen Gedanken vertreiben, schüttelte er sein blondes Haupt und bedeutete seinem Begleiter ihm zu folgen.
 

*
 

„Agents Novak und Lokhard, FBI.“

Der Größere richtete seine kürzlich angelegte Krawatte.
 

Flüchtig betrachte der Officer die ihm gezeigten Marken. „Sie kommen wegen der ungeklärten Todesfälle?“
 

„Erzählen Sie uns alles, was Sie darüber wissen.“
 

„Es sind fünf bisher, gefühlt fast einer in jedem Monat seit Anfang des Jahres.“ Es ist Oktober, dachten sich die Jäger. „Todesursache unbekannt“, fuhr der Beamte fort. Kurz zögerte er. „Anfangs haben wir es noch für Altersschwäche gehalten, aber es starben auch jüngere Männer. Alle waren Geistliche, Priester, Bischöfe, Mönche.“
 

„Und alle starben in Klöstern oder Kirchen nahe Salem?“
 

„Ja, hier in der Stadt oder im Umkreis.“
 

„Können wir den zuletzt Verstorbenen sehen?“
 

„Natürlich, folgen Sie mir.“
 

*
 

Es war kühl hier unten. An der Decke sirrten die Neonlampen. Der Körper eines Mannes zeichnete sich unter einem weißen Laken ab, aufgebahrt auf dem metallenen Tisch der Pathologie.
 

„Das hier ist er“, sagte der Detektive und deckte das Laken soweit auf, dass Kopf und Brust des Toten freigelegt waren. „Die Obduktionsergebnisse.“ Der Größere der beiden ‘Agents‘ nahm die dargereichte Akte entgegen.
 

„Würden Sie uns bitte allein lassen“, bat der Kleinere in einem Ton, der nicht wie eine Bitte klang.
 

„Natürlich.“ Der Polizeibeamte strich sich über seinen Schnauzbart und ging.
 

Während der eine die Aufzeichnungen der Pathologin studierte, betrachtete der andere eingehend die Leiche. Mitte vierzig, vielleicht etwas jünger, das war schwer zu sagen. Der Mann hatte sich gut in Form gehalten, für einen Diener der Kirche. Die nunmehr fahle Haut seines ebenmäßigen Gesichts war glatt rasiert. Eine kurze Strähne seines dunkelbraunen Haares war ihm in die Stirn gerutscht. ’Agent Novak‘ schluckte. Etwas irritierte ihn an diesem Mann.
 

„Sam, du schaffst das auch allein hier, oder?“
 

„Klar, was ist los?“
 

„Nichts. Ich muss nur kurz raus.“ Und damit war er auch schon durch die Tür geeilt.
 

„Dir wird doch sonst nie schlecht, Dean“, rief der jüngere Mann ihm etwas stichelnd hinterher.
 

*
 

Als dieser nach einer Weile auch wieder ins Freie trat und begierig die vergleichsweise frische Luft einsog, traf er seinen Begleiter telefonierend an. „Ich muss jetzt auflegen, Cas. War gut dich zu hören.“
 

„Er hat dich angerufen, deswegen bist du so schnell weg? Was wollte er?“
 

„Nichts. Ich habe ihn angerufen.“
 

„Weswegen?“
 

Der Kleinere bedachte sein Gegenüber nur mit einem vernichtenden Blick, der ihm klar machen sollte, dass er es mit seiner brüderlichen Neugier zu weit getrieben hatte, und ging nicht weiter darauf ein. „Also was hast du herausgefunden?“
 

Nichts. Auch nicht in der Wohnung des letzten Opfers, ein Priester. Auch nicht am Fundort der Leiche. Keine Hexenbeutel, kein Schwefel, keine Ausschläge des EMFs. Lediglich ein Augenzeuge berichtete von soetwas wie Krampfanfällen.
 

*
 

Staubkörner tanzten im Licht der untergehenden Sonne, das durch die hohen Buntglasfenster fiel, als die beiden Jäger die Kirche betraten. Der Geruch von Weihrauch, brennenden Kerzen und altem Holz lag in der Luft und hüllte sie ein sobald die schwere Flügeltür geschlossen war. Die geschnitzte Figur eines Heiligen sah anklagend auf sie herab. Eine Frau erhob sich aus den knarrenden Bänken, bekreuzigte sich und ging.
 

Der Zeuge war ein schmächtiger Mann, der sicher schon seit Jahrzehnten hier arbeitete. Sein Gesicht war durchfurcht und wettergegerbt. Zeugnisse längst vergangener Tage eines langen Lebens. Bittersüß sickerte Wehmut in die andächtige Ruhe dieses Ortes und veränderte nur für ein paar Sekunden Deans Ausdruck. Lächeln fiel schwer bei dem Gedanken, dass sie dieses Alter niemals erreichen würden.
 

„Ich habe die Kirche gereinigt, da sah ich ihn beten, in aller Herrgottsfrühe“, begann der Küster, „Dann auf einmal fing er an zu zittern. Er ist umgekippt auf den Boden, hat sich gewunden und geschrien… Es war grauenhaft! Ich habe den Notarzt gerufen, aber als der kam, war Pater Nicolai bereits tot.“
 

„Ist es für ihn ungewöhnlich gewesen sich so früh in der Kirche aufzuhalten?“, fragte ‘Agent Lokhard‘.
 

„Ja, normalerweise ist nie jemand da, wenn ich vor der Morgenandacht sauber mache.“
 

„War sonst noch jemand vorort?“, wollte ‘Agent Novak‘ wissen, der soeben von seinem Streifzug durch das Kirchenschiff zurückgekehrt war. Nach den üblichen ‘ungewöhnlichen Vorkommnissen‘ fragten sie gar nicht erst. Kalte Stellen, seltsame Gerüche und flackernde Lichter waren an spirituellen Orten wie diesem nicht gerade Raritäten.
 

„Ich glaube schon… Eine Frau in der letzten Reihe. Aber sie war schon weg als der Krankenwagen kam. Vielleicht habe ich sie mir nur eingebildet.“
 

*
 

Auch an den vier anderen Tatorten fanden sich Indizien, dass eine weitere Person anwesend gewesen war. Berichte über eine dunkle Gestalt im Schutz der Schatten, ein offenes Fenster, eine angelehnte Tür, leise davoneilende Schritte. Die Spur führte sie nach einem langen Besuch im Stadtarchiv zu den Hexenprozessen von Salem, deren Opfern und einer alten Zeichnung.
 

„Sieh dir das hier an.“ Sam fegte den Staub vom Ledereinband einer alten handschriftlichen Prozessakte. „Im Alter von vier oder fünf Jahren wurde Dorcas Good zusammen mit ihrer schwangeren Mutter der Hexerei angeklagt. Einige Dorfbewohner hatten behauptet, das Kind sei geistesgestört und habe sie wiederholt gebissen, als wäre es ein Tier. Nach einem kurzen Verhör wurde sie für schuldig befunden und inhaftiert. Sie gab angeblich zu, eine Hexe zu sein und gesehen zu haben, wie ihre Mutter sich mit dem Teufel verbündet habe. Sie sagte aus, dass ihre Mutter ihr eine Schlange geschenkt hätte, die zu ihr gesprochen und Blut aus ihrem Finger gesaugt hätte. Ihre Mutter Sarah Good gebar im Gefängnis eine Tochter namens Mercy, die jedoch kurz nach der Geburt, wahrscheinlich durch Unterernährung und aufgrund der harten Haftbedingungen verstarb. Sarah Good wurde für schuldig befunden und am 19. Juli 1692 gehängt. Dorcas war fast neun Monate lang inhaftiert, bis sie im Dezember 1692 freigekauft wurde.“ (1)
 

Sam blätterte weiter durch die Archive und stellte fest: „Danach verliert sich ihre Spur. Keine weiteren Aufzeichnungen, keine Todesurkunde. Nur diese alte Zeichnung, die sie angeblich als junge Frau zeigen soll.“ Er drehte das vergilbte Blatt Papier um. „Aber Moment, das kann nicht sein. Die Zeichnung ist von 1855…“
 

„Vielleicht ein Zahlendreher oder verwischte Tinte.“
 

„Nein, schau selbst“, er reichte seinem Bruder das Dokument. Und tatsächlich…
 

„Also, was ist sie? Ein rachsüchtiger Geist?“
 

„Geister sind für gewöhnlich an einen Ort oder Gegenstand gebunden“, gab der Jüngere zu bedenken.
 

*
 

Der Augenzeuge des letzten Vorfalls identifizierte mit etwas ‘Nachhilfe‘ schließlich die Frau auf dem Bild als diejenige, die er in der Kirche gesehen hatte. Dorcas Good. In der Stadt lebte eine Dorothy Good.
 

Ein kleines Haus in einem abgelegenen Bezirk. Efeu wuchs bis zu den Dachziegeln hinauf und verbarg die alte Holzfassade fast vollständig. Gespickt von hohen Eichen und Obstbäumen, die sich unter ihrer purpurnen Last krümmten, lag ein Garten, den man wohl am ehesten als naturbelassenen bezeichnen konnte. Dort suchten sich wilde Blumen ihren Weg ins Licht zwischen Brombeeren und Sträuchern. Im hohen Gras stimmte eine Grille ihr letztes Lied an zu den melodischen Klängen eines Windspiels, die von irgendwo herüberwehten.
 

Eine junge Frau öffnete ihnen die Tür. Helle Haut, graue Augen, unscheinbar bis auf ihr dunkles wirres Haar. Violette und blaue Vergissmeinnicht waren hineingeflochten. Der sanfte Duft von Kräutern umhüllte sie. Ihr schlichtes Kleid wehte im kühlen Wind, der durch die geöffnete Tür ungebeten in ihr Haus kam. Fröstelnd zog sie ihre olivfarbene Jacke enger um ihren dünnen Körper. Sie war einer dieser Menschen, deren Schönheit man erst auf den zweiten Blick erkannte. Und sie hatte große Ähnlichkeit mit der Frau auf der Zeichnung. Nein, sie sah exakt so aus.
 

„Dorothy Good?“
 

„Ja. Wer sind Sie? Was wollen Sie?“
 

„Agents Novak und Lokhard, FBI. Wir ermitteln im Fall des verstorbenen Paters. Dürfen wir hereinkommen?“
 

„Nein, stellen Sie ihre Fragen hier draußen“, antwortete sie überraschend harsch.
 

„Sind Sie mit einer Dorcas Good verwandt? Vielleicht auch schon sehr weit zurückliegend?“
 

Ihr Gesicht verfinsterte sich. „Es gab nie eine Dorcas Good.“ Und damit schlug sie den Jägern die Tür vor der Nase zu.
 

*
 

„Sie ist es.“ Dean war sich sicher. Er hatte einbrechen und die Frau konfrontieren wollen, aber Sam hatte ihn überredet, sie vorerst zu beschatten. Nun warteten die Jäger im Wagen in der Nähe ihres Hauses versteckt hinter einigen Wachholderbüschen.
 

„Das wissen wir nicht.“

Die Sonne ging bereits unter. Sam fröstelte. Das war das Problem mit alten Autos, keine Standheizung. Dean griff nach hinten zur Rückbank und reichte ihm eine Wolldecke.
 

„Sie hat den selben Familiennamen, einen ähnlichen Vornamen und sie sieht genauso aus. Das sind doch wirklich ein paar zu viele Zufälle.“
 

„Also mal angenommen, sie hat es irgendwie geschafft so lang zu leben …“
 

„Hexe“, fiel der Ältere ihm ins Wort.
 

Sam machte eine Pause, dachte nach. Das konnte man ihm ansehen, dieser nach innen gerichtete konzentrierte Blick. Er grübelte zu viel, machte sich zu viele Gedanken über Dinge, die man nicht wissen sollte, fand der Blonde.
 

„Wieso jetzt, Dean?“
 

„Hm?“, er verstand nicht worauf sein Bruder hinaus wollte.
 

„Wieso rächt sie sich erst jetzt für den Tod ihrer Mutter und das, was ihr angetan wurde?“
 

„Keine Ahnung“, Dean zuckte mit den Schultern, „Wer kann schon wissen, was im Kopf dieser Verrückten vorgeht.“ Hexen, er hasste sie. Sie machten alles kompliziert. Die Vermutung beschlich ihn, dass dieser Fall sie mehr beschäftigen würde als er sollte. Eine dunkle Vorahnung, dass er Spuren hinterlassen würde.
 


 

"It doesn't matter what you are. It only matters what you do."

Sam
 

1) Quelle Wikipedia



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